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Das Weibliche als Fürsorge für das Leben

Das Weibliche als Fürsorge für das Leben

Ungeachtet der zahllosen Arten der Verdrängung, die das Weibliche im Laufe der Geschichte erfahren hat, beherbergt die Idee des Weiblichen in sich Möglichkeiten, wie wir die Welt gemeinsam bewohnen und teilen könnten: Möglichkeiten, die zu einem guten Teil noch unausgeschöpft sind oder die wir in uns selbst noch gar nicht erkennen.

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Das Weibliche zu befreien, es zutage treten zu lassen als neue Nahrung für unser Leben und Zusammenleben, bedeutet auch, es von seinem Namen zu befreien; bedeutet, symbolische Vorstellungen, die irreführend sind, zu überwinden, um in dem, was wir weiblich genannt haben, ein Lebensprinzip zu sehen, das wir alle zusammen pflegen müssen.

Lange in den Frauen gefangen, häufig zum Merkmal ihrer Unzulänglichkeit und Minderwertigkeit erklärt, könnte das Weibliche sich für uns als außerordentliche Chance erweisen, endlich das anzunehmen, was es schon immer enthält: vor allem die Erfahrung des Fühlens, die den Wunsch nach Schönheit und Harmonie weckt und uns Gelegenheiten bietet, uns selbst, die Anderen und die Welt zu verstehen. Das Leben spüren heißt, die eigene Verletzlichkeit wahrzunehmen als Vorbedingung für eine Öffnung gegenüber dem Anderen.

Das Leben spüren heißt, für es Sorge zu tragen und ihm Aufmerksamkeit zu schenken, damit Öffnung und Bewegung entstehen.

Außerhalb des häuslichen Käfigs, in den es eingeschlossen wurde und wo den Frauen die Rolle der Betreuenden übergeben worden ist, kann das Weibliche seine Bedeutung entfalten. Es offenbart sich als ein Zugang zum Leben, der uns alle in Berührung bringt mit den innersten Schichten unseres Menschseins, in denen auch unser Fühlen beheimatet ist. Sich um das Lebendige kümmern heißt auch, die Werte des Zusammenlebens anzuerkennen; heißt, sich zu sorgen um die eigenen Schwächen, wie wir sie auch im Anderen gespiegelt sehen; heißt, sich zu öffnen gegenüber den Worten und den Blicken, die uns befragen; heißt, sich der Zerbrechlichkeit bewusst zu sein, die uns miteinander verbindet und voneinander abhängig sein lässt.

Für das Leben Sorge zu tragen erlaubt uns, das « Erkenne dich selbst!» zu pflegen, das den inneren Dialog und die Verbindung zum Anderen aufrechterhält. Auf das Empfinden zu hören, ihm Worte zu verleihen, bedeutet auch, sich neuen ethischen Erfahrungen zu öffnen.

Schon Aristoteles hatte erkannt, dass der Respekt, Grundlage der Ethik, zuerst ein Gefühl ist und erst in zweiter Linie ein Prinzip der Vernunft.

Endlich von seinem Namen befreit, eröffnet dieses Weibliche die Möglichkeit, das ins kognitive Bewusstsein gebrachte Empfinden auszudrücken und dem Leben mit seinen unzähligen Nuancen Worte zu geben.

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