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FOKUS
from ChemieXtra 1-2/2020
by SIGWERB GmbH
Es bleibt spannend
Die facettenreiche Batterieforschung
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Klimawandel, CO 2 -Anstieg auf der einen Seite und eine wachsende Weltbevölkerung bei knapper werdenden Ressourcen auf der anderen befeuern die Diskussionen über einen passenden Ersatz für fossile Brennstoffe. Die allseits geforderte Energiewende ruft Hoffnungen hervor und birgt doch Herausforderungen. Grosse Erwartungen werden dabei an die Batterieforschung gestellt und die Elektromobilität gilt gar als der Hoffnungsträger.
Derzeit und in naher Zukunft sind Lithium-Batterien noch ultimativ die Leistungsträger in der mobilen und stationären Stromversorgung. Erst durch sie wurde die Elektromobilität möglich und praxistauglich. Mit Blick auf die Ressourcenknappheit werden jedoch eindringlich Alternativen benötigt. Da sich nun die Entwicklung hochleistungsfähiger Batteriesysteme als äusserst komplex herausgestellt hat, bedingt sie zum einen interdisziplinäre Forschungsstrategien und robuste Netzwerke in Wissenschaft und Industrie.
Akkus der nächsten Generation Die Entwicklung nachhaltiger und umweltschonender Energiespeicher zählt zu den grossen Herausforderungen der Energiewende. Die bisher sehr erfolgreich eingesetzten kompakten Lithium-Ionen-Batterien haben aufgrund ihrer hervorragenden Energie- und Leistungsdichte ein hohes Marktpotenzial, sind aber in der Herstellung in Bezug auf Energie und der gesteigerten Nachfrage nach wertvollen und knapper werdenden Rohstoffen wie Lithium und Kobalt extrem kostenintensiv und fragwürdig geworden. Deshalb wird zunehmend die Forderung nach energieeffizienteren leistungsfähigeren, kostengünstigeren und umweltfreundlicheren Alternativen laut. Natrium-Ionen-Batterien könnten zukünftig adäquate Lösungen bieten. Andere forschen an leistungsstarken Lithium-Schwefel-Batterien. Der Forschungsbedarf ist jedenfalls hoch. «Diese Forschungsrichtung erlebt gerade einen stürmischen Boom. In Deutschland hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) im April ein Schwerpunktprogramm eingerichtet und die EU ein Training-Net
Die innovativen Batterien sollen nachhaltig und umweltfreundlich, kostengünstig und zudem hochleistungsfähig sein.
work – beide Programme darf ich koordinieren», sagt Professor Dr. S. Ulrich Schubert vom Zentrum für Energie und Umweltchemie der Universität Jena. «Das Interesse und das Investment von Evonik Industries AG zeigt eindeutig auch das wirtschaftliche Potenzial. Und es gibt weiterhin ein grosses Interesse aus China und Japan.» «Polymer-basierte Batterien, d. h. Batterien, die Polymere als Aktivmaterialien für die Speicherung von elektrischer Energie verwenden, werden seit 2011 in meiner Arbeitsgruppe intensiv untersucht» merkt Schubert an. «Dabei konnten wir erstmals eine durch Tintenstrahldruck erzeugte Dünnfilm-Batterie vorstellen. Auch konnten wir eine Reihe von neuen Aktivmaterialien patentieren und publizieren. Die Firma Evonik Industries AG ist gerade dabei diese neuen Polymere als druckbare Tinten zu kommerzialisieren.» Die innovativen Batterien sollen nachhaltig und umweltfreundlich, kostengünstig und zudem hochleistungsfähig sein. Die Entwicklung neuartiger metallfreier und druckbarer Energiespeicher auf Polymerbasis eröffnen zukunftsträchtige Anwendungsbereiche im Gesundheitswesen, in der Sensorik und für das Internet der Dinge. «Dies betrifft vor allem den Bereich der druckbaren Dünnfilm-Batterien. Von aktiven RFIT-Tags über ‹Pflaster› zur Übermittlung von Gesundheitsfunktionen bis zu intelligenter Kleidung», ergänzt Schubert.
Energieeffizienz und High Performance Batterien müssen auch unter schwierigsten Bedingungen ihre Funktions- und Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen. Gleichzeitig müssen Gefährdungspotenzi
Dünner und doch leistungsstark: Die Batterien der Zukunft können auch in der Medizin vielseitig eingesetzt werden.
ale und Risiken bei Fehlbedienung und Zerstörung über den gesamten Lebenszyklus hinweg ausgeschlossen werden. Und insbesondere in der Diskussion um die E-Mobilität steht die Langzeitbetriebsbereitschaft von Batteriezellen im Mittelpunkt. Neuartige Batterien auf Kunststoffbasis haben gegenüber den etablierten Lithium-Ionen-Batterien zahlreiche Vorteile. Bereits die Herstellung solcher Batterien ist auf grund der verwendeten organischen und polymeren Materialien wesentlich energieeffizienter. Polymere als Aktivmaterialien erfordern einen kleineren CO 2 -Footprint bei der Herstellung. Weiterhin sind diese allgemein weniger toxisch und entflammbar. Und diese Batterien können über Druck
techniken (Siebdruck, Tintenstrahldruck, Rolle-zu-Rolle-Druck) verarbeitet werden. Gleiches gilt für ihre Anwendung. Schliesslich gestalten sich auch Entsorgung und Recycling umweltfreundlicher und kostengünstiger. Batterien mit Polymeren als aktives Elektrodenmaterial sind zudem nachhaltiger, da auf den Einsatz von Schwermetallen verzichtet werden kann. Der Prototyp einer Natrium-Ionen-Batterie wie aus dem Verbundprojekt Transition besteht auf der Anodenseite aus Hartkohlenstoff auf Biomassebasis in Kombination mit wässrigen Bindemitteln und Aluminium als Stromab nehmer sowie auf der Kathodenseite aus Übergangsmetalloxiden. Verbesserte Struktur-Eigenschaftsbeziehungen bilden darüber hinaus die Voraussetzung für kontrollierte elektrochemische Reaktionen.
Saft für Elektrofahrzeuge
Kurz- und mittelfristig sind Lithium-Ionen-Batterien aufgrund ihrer Leistungsfähigkeit und Energiedichte der Motor jeglicher Elektromobilität. Sie gewährleisten Betriebsdauer und Reichweite in Abhängigkeit von äusseren Bedingungen wie Einsatzgebieten, Temperaturen und Fahrverhalten. In absehbarer Zeit werden Natrium-Ionen-Batterien die Lithium-IonenBatterien nicht ersetzen, sondern nach Einschätzung der Fachwelt nur ergänzen können. Im Bereich der Elektromobilität werden zudem der Wassertechnologie unter Einhaltung verschiedener Sicherheitsaspekte durchaus Potenziale eingeräumt.
Analytik und Charakterisierung Jedes Forschungs- und Entwicklungsergebnis ist so gut wie seine prozessbegleitende Analytik. Deshalb sind moderne Analysenmethoden zur Bestimmung von Elektrolyten und zur Identifizierung von Spurenstoffen, Rohstoffen und Materialkomponenten in der Batterieforschung von heute unverzichtbar. Die neuesten Gerätetechnologien für solche Messungen und Materialprüfungen werden in ihrer ganzen Bandbreite auf der Analytica in München (31.03.2020 – 03.04.2020) umfassend abgebildet. Experten präsentieren auf der Weltleitmesse die neuesten Technologien und Methoden aus Chromatographie, Spektrometrie, Mikroskopie, Oberflächen- und Ionenanalytik.
Quelle: Analytica/Messe München
Kontakt Messe München GmbH Messegelände D-81823 München +49 89 949 11488 info@analytica.de www.analytica.de
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Ein Forscherteam am KIT erklärt bislang unverstandene Degradationsmechanismen im Kathodenmaterial für zukünftige Hochenergie-LithiumIonen-Batterien.
Einen besseren Einblick
Mehr Kapazität für Lithium-Ionen-Akkus
Durch Untersuchungen struktureller Veränderungen während der Synthese von Kathodenmaterialien für zukünftige Hochenergie-Lithium-Ionen-Akkus haben Forscherinnen und Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und kooperierender Einrichtungen neue und wesentliche Erkenntnisse über Degradationsmechanismen gewonnen. Diese könnten zur Entwicklung von Akkus mit deutlich erhöhter Kapazität beitragen.
Ein Durchbruch der Elektromobilität wird bislang unter anderem durch ungenügende Reichweiten der Fahrzeuge behindert. Helfen könnten Lithium-Ionen-Akkus mit einer grösseren Ladekapazität. «Wir sind dabei, solche Hochenergie-Systeme zu entwickeln», sagt Professor Helmut Eh renberg, Leiter des Instituts für Angewandte Materialien – Energiespeichersysteme (IAM-ESS). «Auf Basis eines grundlegenden Verständnisses der elektrochemischen Vorgänge in den Batterien sowie durch den innovativen Einsatz von neuen Materialien lässt sich die Speicherkapazität von Lithium-Ionen-Akkus nach unserer Einschätzung um bis zu 30 Prozent erhöhen.» Am KIT läuft diese Forschung im Rahmen des Center for Electrochemical Energy Storage Ulm & Karlsruhe (Celest), der grössten deut schen Forschungsplattform für elektrochemische Speicher, deren stellvertretender Sprecher Ehrenberg ist.
Das Forscherteam am KIT (v. l. n. r.): Michael Knapp, Sylvio Indris, Weibo Hua und Björn Schwarz.
Die Hochenergievariante der Lithium-Ionen-Technologie unterscheidet sich von der herkömmlichen durch ein spezifisches Kathodenmaterial: Während bislang überwiegend Schichtoxide mit unterschiedlichen Verhältnissen von Nickel, Mangan und Kobalt eingesetzt werden, kommen nun manganreiche Materialien mit Lithi um-Überschuss zum Einsatz, was die Energiespeicherfähigkeit deutlich erhöht. Allerdings gibt es beim Einsatz dieser Materialien bislang noch ein Problem: Bei der
Ein- und Auslagerung von Lithium-Ionen – also der grundlegenden Funktionsweise einer Batterie – degradiert das Hochenergie-Kathodenmaterial. Das Schichtoxid wandelt sich nach einiger Zeit in eine Kristallstruktur mit sehr ungünstigen elektrochemischen Eigenschaften um. Als unerwünschte Folge sinkt die mittlere Lade- und Entladespannung von Beginn an, was die Entwicklung von brauchbaren Hochenergie-Lithium-Ionen-Akkus bislang verhinderte.
Neue Erkenntnisse über Degradation Wie genau dieser Degradationsprozess abläuft, war noch nicht vollständig verstanden. Ein Forscherteam aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des KIT und kooperierender Einrichtungen hat den grundlegenden Mechanismus nun in der Zeitschrift «Nature Communications» beschrieben: «Auf Basis von detaillierten Untersuchungen des Hochenergie-Kathodenmaterials
konnten wir zeigen, dass die Degradation nicht direkt, sondern indirekt über die Bildung einer bislang wenig beachteten lithiumhaltigen Kochsalzstruktur abläuft», sagt Weibo Hua (IAM-ESS), einer der Hauptautoren der Studie. «Ausserdem spielt auch Sauerstoff bei den Reaktionen eine entscheidende Rolle.» Neben diesen Ergebnissen zeigt die Studie ausserdem, dass neue Erkenntnisse über das Verhalten einer Bat terietechnologie nicht unbedingt direkt aus dem Degradationsprozess stammen müssen: Ihre Entdeckung hatten Weibo und die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nämlich anhand von Untersuchungen gewonnen, die während der Synthese des Kathodenmaterials durchgeführt wurden. Auf dem Weg zu Hochenergie-Lit hium-Ionen-Akkus für Elektroautos stellen die Forschungsergebnisse des KIT einen wichtigen Schritt dar: Sie machen es möglich, nun neue Ansätze zur Minimierung der Degradation in den Schichtoxiden zu testen und in die eigentliche Entwicklungsarbeit zu diesem neuen Batterietyp einzusteigen. Originalbeitrag Weibo Hua, Suning Wang, Michael Knapp, Steven J. Leake, Anatoliy Senyshyn, Carsten Richter, Murat Yavuz, Joachim R. Binder, Clare P. Grey, Helmut Ehrenberg, Sylvio Indris, Björn Schwarz, «Structural insights into the formation and voltage degradation of high-energy lithium- and manganese-rich layered oxides», Nature Communications (2019); DOI 10.1038/ s41467-019-13240-z
Kontakt Weibo Hua Karlsruher Institut für Technologie (KIT) Institut für Angewandte Materialien (IAM-ESS) D-76344 Eggenstein-Leopoldshafen +49 721 608 28509 weibo.hua@partner.kit.edu www.iam.kit.edu
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Eine Polymerkathode für neue Akkus
Die günstigere Batterievariante
Preiswerte und umweltfreundliche Metalle wie Natrium und mehrwertige Leichtmetalle sollen einmal Lithium in der Batterietechnologie ersetzen. Eine grosse Herausforderung ist jedoch die Entwicklung langlebiger und stabiler Elektroden mit hoher Energiedichte und gleichzeitig schneller Lade- und Entladerate. Ein amerikanisch-chinesisches Wissenschaftlerteam hat hierfür eine Hochleistungskathode aus einem organischen Polymer entwickelt.
Dr. Chunsheng Wang¹
Wie sie in der Zeitschrift «Angewandte Chemie» schreiben, eignet sich das Polymer besonders für wiederaufladbare Batterien mit Natrium-Ionen-Technik. Lithium-Ionen-Akkus hingegen stecken heutzutage in nahezu allen tragbaren elektronischen Geräten, Energiespeichersystemen und Elektrofahrzeugen. Ihre Entwicklung wurde mit dem Nobelpreis für Chemie 2019 ausgezeichnet. Der Batterietyp der nächsten Generation muss jedoch eine höhere Energiedichte und eine bessere Kapazität aufweisen sowie aus preiswerten, sichereren und umweltfreundlicheren Materialien bestehen. Intensiv untersucht werden wiederaufladbare Batterien, die grundsätzlich nach der gleichen Technologie funktionieren wie die Lithium-Ionen-Batterien, bei denen aber das Lithium-Ion durch billigere Metall-Ionen wie Natrium-, Magnesium- und Aluminium-Ionen ersetzt wird. Allerdings machen die Elektrodenmaterialien das nicht so einfach mit. Neue Materialien sind gesucht.
Stabile organische Substanzen sind gefragt Organische Materialien bieten sich hierbei an, denn sie enthalten (meist) keine schädlichen und teuren Schwermetalle und können leicht für verschiedene Zwecke angepasst werden. Leider lösen sie sich im flüssigen Elektrolyten auf, so dass eine solche Elektrode instabil ist. Chunsheng Wang und sein Team von der Uni
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Bild 1: Hexaazatrinaphthalene (HATN).
versity of Maryland (USA) und ein internationales Team von Wissenschaftlern haben eine organische Polymerkathode entwickelt, die sich nicht auflöst, gleichzeitig aber mit einer hohen Kapazität bei schneller Entladung und Ladung aufwartet. Für das Natrium-Ion zeigte sie eine deutlich bessere kurz- und langfristige Kapazität als andere Kathoden aus polymeren oder anorganischen Materialien. Auch für das Magnesium- und Aluminium-Ion waren die Daten laut der Studie hervorragend. Als Kathodenmaterial mit hoher Energiedichte und guter Einlagerungsbereitschaft für Metallionen identifizierten die Wissenschaftler die organische Verbindung Hexaazatrinaphthalin (HATN, siehe Bild 1).
Vielversprechende Werte
In Lithium-Ionen-Batterien und Superkondensatoren wurde das HATN bereits getestet, aber wie die meisten organischen Materialien löste es sich im Elektrolyten auf. Der Trick sei nun, erzählten die Autoren, das Material zu stabilisieren. Dafür ver knüpften die Forscher die einzelnen Moleküle mit Bindungsbrücken. Entstanden war
Bild 2: Poly(hexaazatrinaphthalin) (PHATN).
ein organisches Polymer namens polyme res HATN oder PHATN (siehe Bild 2). Die Kapazität für das Natrium-, Aluminium- und das Magnesium-Ion war eminent. Getestet wurde die PHATN-Kathode dann in Metall-Ionen-Batterien mit einem hochkonzentrierten Elektrolyten (der ionenleitenden Flüssigkeit, die die beiden Elektroden miteinander verbindet). Die Batteriedaten waren hervorragend. Die Natrium-Ionen-Batterie konnte bei einer Spannung von 3,5 Volt betrieben werden und wies den Angaben nach selbst nach 50000 Lade-Entlade-Zyklen noch eine stolze Kapazität von über 100 Milliamperestunden pro Gramm auf. Die Magnesium-Ionen- und die Aluminium-Ionen-Batterie waren kaum schlechter. Solche weiterentwickelten Pyrazin-Polymerkathoden (Pyrazin ist die Grundsubstanz von HATN, es ist eine aromatische ben zolähnliche, aber stickstoffreiche organische Substanz mit fruchtigem Duft) könnten in umweltfreundlichen, langlebigen, wiederaufladbaren Hochleistungsbatterien der nächsten Generation eingesetzt werden.
Fehlfunktionen erkennen
Lithium-Akkus unter die Lupe nehmen
Akkus mit Anoden aus metallischem Lithium wären aufgrund ihrer höheren Kapazität herkömmlichen Lithium-Ionen-Akkus eigentlich deutlich überlegen. In der Praxis sprechen jedoch Sicherheitsrisiken und kurze Lebensdauer dagegen. Um die Ursachen für Fehlfunktionen und vorzeitiges Versagen besser analysieren zu können, haben Forscher jetzt eine Methode entwickelt, die die Verteilung von aktivem Lithium auf der Anode sichtbar macht und Dendriten sowie «totes» Lithium unterscheidet.
Prof. Dr. Guanglei Cui¹
Beim Entladen eines Akkus mit Lithium-Anode gibt diese Elektronen in den Stromkreis und positiv geladene Lithium-Ionen an den Elektrolyten ab. Beim Wiederaufladen kehrt sich der Vorgang um und Lithium scheidet sich wieder an der Anode ab – leider nicht gleichmässig. Es können sich Verästelungen bilden, die Dendriten, die so stark wuchern können, dass ein Kurzschluss auftritt. Ausserdem verstärken sie aufgrund der vergrösserten Oberfläche unerwünschte Nebenreaktionen zwischen Lithium und Bestandteilen des Elektrolyten, die das Lithium inaktivieren. Manche Dendriten bestehen am Ende nur noch aus solchem «toten» Lithium. Obwohl sowohl Dendriten als auch totes Lithium die Leistung des Akkus beeinträchtigen, haben sie doch einen völlig unterschiedlichen Einfluss auf die Anode. Da die Morphologie in beiden Fällen gleich ist, gelang eine Unterscheidung dieser beiden Formen mit konventionellen mikroskopischen Methoden bisher nicht. Um die unerwünschten Prozesse an Lithi um-Anoden besser zu verstehen, wäre dies jedoch wichtig. Die Forscher um Shougang Chen, Shanmu Dong und Guanglei Cui von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften und der Ocean University of China in Qingdao haben nun eine neuartige Methode entwickelt, mit der sich die Verteilung aktiver Lithium-Spezies auf der Anodenoberfläche analysieren lässt und Lithium-Dendriten von anderen
CH 3
Bild 1: 9,10-Dimethylanthracene (DMA).
CH 3
2 + 2Li
CH 3 CH 3
2 Li
CH 3 + H 2
Bild 2: DMA reagiert mit aktivem Lithium unter Auslöschung seiner Fluoreszenz.
Nebenprodukt-Spezies unterschieden werden können.
Inaktive Spezies leuchten auf
Die Oberfläche gebrauchter Lithium-Anoden wird dazu mit dem Fluoreszenzfarbstoff 9,10-Dimethylanthracen (DMA) beschichtet (siehe Bild 1). DMA reagiert dann mit aktivem Lithium unter Auslöschung seiner Fluoreszenz (siehe Reaktionsgleichung auf Bild 2). Stellen mit aktivem Lithium erscheinen daher dunkel, Stellen mit inaktiven Lithium-Spezies fluoreszieren weiter. Die Morphologie der Anode wird dabei nicht beeinflusst. Für eine sichere Benutzung von Lithium-Metall-Akkus ist es sehr wichtig, die Ursachen für potenziell gefährliche Fehlfunktionen zu identifizieren. Mit der neuen Methode lassen sich Dendriten nachweisen, die zum Versagen eines Lithium-Akkus geführt haben. Bei der Entwicklung von Akkus unterstützt die Methode zudem die Suche nach besseren Elektrolyten und liefert Vor hersagen über die ungleichmässige Abscheidung von Lithium. Eine Identifikation der Stellen, an denen sich Lithium-Dendriten bevorzugt bilden, könnte helfen, den Aufbau von Akkus zu optimieren.
Originalbeitrag Xiangyang Cheng et al., «Fluorescence Probing of Active Lithium Distribution in Lithium Metal Anodes», Angewandte Chemie (2019); https://doi.org/10.1002/ange. 201900105
Alle Werkstoffe im Blick
Umfassendes Recycling von Batteriezellen
Bei Papier oder PET-Flaschen haben wir uns an das Recycling längst gewöhnt. Auch werden seit Jahren handelsübliche Lithium-Ionen-Batterien recycelt. Gerade aber angesichts der wachsenden Nachfrage an Batterien und Hochleistungsakkus ist es besonders wichtig, dass möglichst alle Bestandteile dieser Energieträger sinnvoll wiederverwertet werden. Wissenschaftler am Batterieforschungszentrum der Universität Münster erweitern deshalb ihren Horizont.
Pia Niehues¹
Fossile Ressourcen haben – nicht erst seit der schwedischen Klima-Aktivistin Greta Thunberg – ein Imageproblem. Ihre Nutzung belastet die Umwelt, und ihr Abbau gestaltet sich zunehmend schwierig, teuer und riskant. Aber auch in einem Energiesystem, das auf Windkraft und anderen erneuerbaren Energiequellen basiert, werden Ressourcen gebraucht, die nicht so unerschöpflich sind wie die Kraft des Windes. Um das Stromnetz trotz unregelmässiger Stromeinspeisung durch Windkraftund Solaranlagen zu stabilisieren oder auch um Elektroautos zu bewegen, werden Batteriezellen benötigt. Einige der Materialien, die in der Zelle Verwendung finden, sind in ihrer Produktion oder Entsorgung umweltbelastend oder in ihrer Verfügbarkeit sehr begrenzt. Beispielsweise könnte der steigende Bedarf an Lithium, das derzeit mit keinem anderen Material zu ersetzen ist, aufgrund der stark wachsenden Nachfrage die Preise nach oben treiben oder sogar die globale Produktion im kommenden Jahrzehnt überschreiten.
Methode gleicht der Entkoffeinierung von Kaffee Diese Probleme sollen durch die Wiederverwendung der Zellmaterialien entschärft werden. Dabei geht es nicht nur um die geläufigen Bestandteile wie Lithium oder Kobalt. Nach der EU-Batterie-Richtlinie soll eine Recyclingeffizienz von 50 Gewichts
Schematische Darstellung des mechanisch-hydrometallurgischen «LithoRec Recycling»-Prozesses: Links neben dem Recyclingsymbol befinden sich die ausgedienten Batterien und der Zyklus beginnt hier. In einem allerersten Schritt werden die Energieträger geschreddert und anschliessend wichtige Rohstoffe aus ihnen zurückgewonnen.
prozent der gesamten Zelle erreicht werden, um den steigenden Bedarf an Batteriezellen zu gewährleisten. Dafür müssen auch bislang wenig betrachtete Bestandteile in den Fokus genommen werden. Der Elektrolyt, der als Ionenleiter den Stromfluss zwischen Minus- und Pluspol und somit das Funktionieren einer Batterie überhaupt erst möglich macht sowie die restlichen organischen Bestandteile wie der Binder, der die chemisch aktiven Substanzen der Elektrode zusammenhält, werden normalerweise verbrannt oder anderweitig entsorgt. Eine Forschergruppe um Dr. Sascha Nowak am Batterieforschungszentrum der Universität Münster beschäftigte sich daher mit der Elektrolyt-Wiedergewinnung. Es handelt sich dabei um ein Verfahren, welches in ähnlicher Weise auch zur Entkoffeinierung von Kaffee eingesetzt wird. Dazu wird entweder subkritisches oder überkritisches Kohlendioxid (CO 2 ) mit Ko-Lösungsmitteln eingesetzt. Überkritisches oder subkritisches CO 2 besitzt Eigenschaften, die zwischen Gas und Flüssigkeit liegen und wichtig für das Extraktionsverfahren sind. Auf diesem Wege konnte die Forschungsgruppe 90 Prozent des Elektrolyten – inklusive des Leitsalzes und entstandener Alterungsprodukte aus den handelsüblichen Batteriezellen – zurückgewinnen. «Diese Ergebnisse zeigen,
Am Forschungszentrum Meet arbeitet ein internationales Team von rund 140 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern an der Forschung und Entwicklung innovativer elektrochemischer Energiespeicher. Auch die Entwicklung neuer Optimierung bestehender Recyclingverfahren spielt dabei eine wichtige Rolle.
dass die Recyclingeffizienz von Batteriezellen noch weiter erhöht werden kann», betont Nowak. Auch beim Kathodenmaterial konnte das Forscherteam bemerkenswerte Resultate
erzielen. Nach dem Öffnen und Demontieren der Zellen lösten sie das Kathodenmaterial in zehnprozentiger Schwefelsäure auf, und die Übergangsmetalle wurden als schwerlösliche Carbonate gefällt und getrennt. Das zurückgewonnene Material wies nach anschliessender Synthese eine elektrochemische Performance auf, welche vergleichbar mit dem kommerziellen Kathodenmaterial war.
Fast alle Materialien können neu verwertet werden Durch Methodenkombination extrahierten die Forscher neben dem Elektrolyten und dem Kathodenmaterial auch den Graphit, welcher für Anoden verwendet wird. Es ist demnach durchaus möglich, fast sämtliche Bestandteile einer gebrauchten Lithium-Ionen-Batterie erneut zu verwenden. Für die Vision einer nachhaltigen Energieversor
gung ist das Erreichen einer hohen Recyclingeffizienz von Batteriezellen ein zwingend notwendiger Schritt.
Literatur [1] S. Rothermel ,M. Evertz, J. Kasnatscheew, X. Qi, M. Grützke, M. Winter, S. Nowak, «Graphite Recycling from Spent Lithium Ion Batteries», ChemSusChem 9, Nr. 24: 3473–3484; DOI: 10.1002/ cssc.201601062.
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