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CHEMIE

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VERBANDSSEITEN

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Ionische Flüssigkeiten

Lösungsmittel ist zugleich reaktives Agens

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Organische Lösungsmittel sind nicht gerade gesund. Alternativen sind nicht nur aus gesundheitlicher Sicht, sondern auch aus der chemischen Perspektive interessant. Eine vielversprechende Abwechslung bieten hierbei ionische Flüssigkeiten. Diese sind nicht so reaktionsträge wie bislang angenommen – bei besonders eigenwilligen Reaktionspartnern bieten sie sogar endlich einen Hebel, um diese gezielt zu verändern. Das zeigte nun ein deutsches Team von Chemikerinnen und Chemikern.

Bei ionischen Flüssigkeiten handelt es sich um Salze, die nicht kristallisiert vorliegen und bei Raum- bzw. Reaktionstemperatur sich in der flüssigen Phase befinden. «Sie eignen sich gut als Reaktionsmedien und zeigen dabei auch eine geringere Giftigkeit als viele gängige organische Substanzen», sagt die Chemieprofessorin Dr. Stefanie Dehnen von der Philipps-Universität Marburg, Mitverfasserin der aktuellen Veröffentlichung. «Wir untersuchen derzeit systematisch den möglichen Einsatz ionischer Flüssigkeiten als Lösungsmittel und zugleich reaktives Agens, das dabei hilft, gezielt organische Seitengruppen an Metallchalkogenid-Cluster anzuhängen.» Metallchalkogenid-Cluster sind Verbindungen, die Metallatome mit Elementen wie Schwefel, Selen oder Tellur vereinen. «Es gibt viele Einsatzmöglichkeiten für Verbindungen, die solche Cluster enthalten», berichtet Dehnens Mitarbeiter Bertram Peters, der federführende Autor der Studie. Als Beispiele nennt der Chemiker optoelektronische Anwendungen wie Leuchtdioden oder Solarzellen. Um bestimmte Eigenschaften der Cluster zu verbessern, etwa ihre Löslichkeit in gängigen Lösungsmitteln, muss man organische Seitengruppen anhängen, die aus Kohlen

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Weniger giftig

Die mittelhessische Forschungsgruppe präsentiert nun «Produkte einer beispiellosen chemischen Reaktion», wie die Autoren schreiben. Sie tritt auf, wenn man als Lösungsmittel für die Synthese der Metallchalkogenid-Cluster eine ionische Flüssigkeit einsetzt, die dabei gleichzeitig als Quelle der Methylgruppe dient. Dadurch erhielten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler neun Salze der in dieser neuartigen Weise veränderten Cluster. Das Team um Koautor Professor Dr. Bernd Smarsly von der Justus-Liebig-Universität Giessen bestätigte die Ergebnisse mittels Raman-Spektroskopie. «Der wichtigste Aspekt ist dabei das Vorhandensein der endständigen Methylgruppen», heben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hervor. Dieses Ziel liess sich für verschiedene Clustergrössen und Kombinationen von Elementen verwirklichen, was die breite Anwendbarkeit der Methode belegt. «Unsere Ergebnisse ebnen neuen Strategien den Weg, mit denen sich Metallchalkogenid-Cluster zielgerichtet mit verhältnismässig ungiftigen Reagenzien modifizieren lassen», resümiert das Autorenteam.

Acetonitril – immer noch ein gebräuchliches Lösungsmittel.

Professorin Dr. Stefanie Dehnen lehrt Anor ganische Chemie an der Philipps-Universität. Auch in der breitenwirksamen Vermittlung naturwissenschaftlicher Fragestellungen ist die Hochschullehrerin aktiv: Dehnen ist Direktorin des Mitmachlabors «Chemikum Marburg». Die Deutsche Forschungsgemeinschaft förderte die Forschungsarbeiten durch ihr Schwerpunktprogramm «Materialsynthese nahe Raumtemperatur».

Originalpublikation Bertram Peters et al., «Ionic liquid cations as methylation agent for extremely weak chal-cogenido metalate nucleophiles», Chemical Science (2019)

Kontakt Prof. Dr. Stefanie Dehnen Fachbereich Chemie Philipps-Universität Marburg Hans-Meerwein-Strasse 4 D-35043 Marburg +49 6421 28 25751 dehnen@chemie.uni-marburg.de www.uni-marburg.de

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Die energiereichen Wasserstoffmoleküle sind als Energieträger geradezu prädestiniert. Doch häufig ist die Wasserstoffausbeute zu gering.

Iridium-Elektroden

Wasserstoffproduktion mit Elektrolyse

Das Edelmetall Iridium scheint bestens für die Gewinnung von Wasserstoff per Elektrolyse geeignet. Allerdings ist dieses Element auch äusserst teuer. Wie kann die hervorragende Eigenschaft von Iridium dennoch möglichst wirtschaftlich genutzt werden? Richtig sparen kann man mit einer neuen Elektrode aus hochporösem Material, die bereits mit geringsten Konzentrationen an Iridiumoxid hervorragende Ergebnisse erzielt.

Das Motto einer besonders effektiven Elektrolysemethode zur Wasserstoffgewinnung lautet: Membran statt flüssigen Elektrolyten. Die Wasserstoff-Ionen wandern hierbei über eine Protonen-AustauschMembran (PEM) von der Sauerstoff-bil dende Anode zur Wasserstoff-bildenden Kathode. Die Membrantechnik hat viele Vorteile. Die Elektrolysezelle wird durch die dünne Membran schlanker und vielseitiger einsetzbar. Das System ist ohne Elektrolytlösung fast wartungsfrei. Es hält hohen Druck aus und reagiert in Sekundenschnelle auf schwankende Stromzufuhr. Doch die Technologie hat auch einen Ha ken. Für die Katalyse der Sauerstoffbildung an der Anode ist oxidiertes Iridium (IrO 2 ) verantwortlich. Die Reaktion verläuft sehr stabil und effizient. Aber Iridium ist selte ner als Gold und Platin und mindestens genauso teuer. Viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben Alternativen getestet, aber nichts ist so lange und stabil katalytisch aktiv wie Iridiumoxid.

Ein Hauch von Iridium Chemikerinnen und Chemikern des Exzellenzclusters «e-conversion» ist es jedoch gemeinsam mit einem Team vom For

Iridium ist seltener als Gold und Platin und mindestens genauso teuer.

schungszentrum Jülich gelungen, mithilfe eines neuen hochporösen Materials die Wasserstoffausbeute gegenüber einem kommerziellen Referenzkatalysator auf das Achtfache zu steigern. In Zukunft könnte man daher einen Elektrolyseur entwickeln, der umgerechnet nur noch 10 Prozent der bisherigen Iridiummenge benötigt. Das Verfahren entstand im Rahmen des vom BMBF geförderten Kopernikus Power-2-X-Verbundprojekts und wurde jetzt in der Fachzeitschrift «Advanced Functional Materials» veröffentlicht. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entwickelten für die Elektrode ein hochporöses Material, in dem sich das Iridiumoxid hauchdünn

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verteilt. Dadurch ist es für die Wassermoleküle gut zugänglich und kann hoch katalytisch aktiv sein.

Bis in die letzte Pore

Für das Elektrodenmaterial synthetisierte das Team leitfähige Mikropartikel aus Antimon-Zinnoxid, welche eine hochporöse Katalysator-Trägerstruktur bilden. Anschliessend erhitzten sie das Material mit gelöstem Iridium unter Druck in einem sogenannten solvothermalen Verfahren. Eine letzte Hitzebehandlung zur Oxidation des Iridiums und es war geschafft: Der Blick durch das Elektronenmikroskop bewies, dass sich die Iridiumoxid-Partikel tatsächlich wie ein dünner Film bis in die letzte Pore verteilt hatten. Auch den Praxistest bestand die neue Elektrode mit Bravour: Bezogen auf Aktivität und somit Wasserstoffproduktion pro Gramm Iridium übertraf der entwickelte Katalysator ein herkömmliches, kommerziell erhältliches Material um das Achtfache.

Das mehrstufige Syntheseverfahren hat einen grossen Vorteil, erklärt Daniel Böhm, Erstautor der Veröffentlichung: «Wir können dadurch jeden einzelnen Schritt erst einmal für sich optimieren. Dazu gehören die Zusammensetzung, Struktur und Porengrösse des Materials, dessen Leitfähigkeit und die Beladung mit Iridium. Am Ende steht dann ein hochaktives, optimiertes Gesamtsystem. Die verwendeten Syntheseschritte lassen dabei eine industrielle Produktion zu, was eine baldige technische Anwendung ermöglichen könnte.» Das Material in kommerziellen PEM-Elektrolyseuren muss sehr hohe Anforderungen erfüllen, um einen jahrelangen stabilen Betrieb zu garantieren. Die nächsten Projekte in dieser Richtung stehen schon an, berichtet Prof. Dina Fattakhova-Rohlfing vom Forschungszentrum Jülich: «Zunächst möchten wir mithilfe von neuartigen Nanostrukturen noch stabilere Katalysatoren herstellen. Und anschliessend untersuchen, wie sich die Materialeigenschaften im Laufe der Zeit durch die Betriebsparameter verändern.»

Originalpublikation Daniel Böhm, Michael Beetz, Maximilian Schuster, Kristina Peters, Alexander G. Hufnagel, Markus Döblinger, Bernhard Böller, Thomas Bein, Dina Fattakhova-Rohlfing, «Efficient OER Catalyst with Low Ir Volume Density Obtained by Homogeneous Deposition of Iridium Oxide Nanoparticles on Macroporous Antimony-Doped Tin Oxide Support», Adv. Funct. Mater. (2019)

Kontakt Daniel Böhm Universität München Department Chemie Butenandtstr. 5–13, Haus F D-81377 München +49 89 2180 7760 daniel.boehm@cup.lmu.de www.uni-muenchen.de

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