FORSCHUNGSWELT
Quantensprung in der Quantenwelt
Physiker transportieren gespeichertes Licht
Die kontrollierte Manipulation von Quan tensystemen sowie die Speicherung von Quanteninformationen stellen eine we sentliche Basis für die Quantenkommuni kation dar. Nur mit diesen Grundlagen sind Fortschritte möglich, damit entsprechende Rechenoperationen in der Quantenwelt durchführbar werden. «Wir haben Licht gespeichert, wenn Sie so wollen, in einen Koffer eingesperrt, nur dass der Koffer aus einer Wolke aus kalten Atomen besteht. Diesen Koffer haben wir ein Stückchen weit transportiert und dann das Licht wieder rausgeholt. Das ist im All gemeinen und im Zusammenhang mit Quantenkommunikation höchst interes sant, denn Licht lässt sich nicht besonders leicht ‹einfangen› und wenn man es dann auch noch kontrolliert woanders hin trans portieren will, geht es in der Regel verlo ren», veranschaulicht Prof. Dr. Patrick Wind passinger von der Universität Mainz den komplizierten Prozess.
Lichtinformation speichern und von neuem lesen Optische Quantenspeicher, die das Spei chern und Abrufen von durch Licht übertra genen Quanteninformationen ermöglichen, sind für skalierbare Quantenkommunika tionsnetzwerke unerlässlich, beispielsweise als wichtige Bausteine in Quantenrepeatern oder als Werkzeuge für das lineare Quan tencomputing. Ensembles von Atomen ha ben sich in diesem Zusammenhang in den letzten Jahrzehnten als sehr gute Medien für die Speicherung und Wiederauslese von optischen Quanteninformationen erwiesen: Basierend auf der sogenannten elektroma gnetisch induzierten Transparenz (EIT) wer den einfallende Lichtimpulse eingefangen und kohärent in eine kollektive Anregung 12 / 2 0 2 0
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Physikern an der Universität Mainz ist es gelungen, Licht in einem Quantenspeicher über eine Strecke von 1,2 Millimeter kontrolliert zu transportieren, wobei der Transportprozess und seine Dynamik erfreulich geringe Auswirkungen auf die Eigenschaften des gespeicherten Lichts hatten. Als Speichermedium für das Licht dienten ultrakalte Rubidium-87-Atome, mit denen sich eine hohe Speichereffizienz und -dauer erreichen lassen.
Die Lichter der vorbeiflitzenden Fahrzeuge am Thunersee erinnern an die quantenmechanische Idee eines «Rennbahn»-Speichers für Licht. Damit könnten Lichtinformationen gespeichert und gelesen werden.
der Atome abgebildet. Da der Prozess weit gehend umkehrbar ist, kann das Licht an schliessend wieder mit hoher Effizienz aus gelesen werden.
Atomwolken sind Kuriere Windpassinger und seine Kollegen zeigen nun in ihrer Veröffentlichung den aktiv kontrollierten Transport dieses gespeicher ten Lichts über Entfernungen, die grösser sind als die Grösse des Speichermediums: Vor einiger Zeit haben sie eine Technik entwickelt, mit deren Hilfe Ensembles kal ter Atome auf einem «optischen Förder band», erzeugt aus zwei Laserstrahlen, «fahren» können. Der Vorteil dieser Metho de ist, dass relativ viele Atome mit grosser Genauigkeit transportiert und positioniert werden, ohne einen nennenswerten Ver lust an Atomen und ohne, dass die Atome versehentlich erhitzt werden. Den Physi kern ist es mittels dieser Methode jetzt gelungen, als Lichtspeicher fungierende Atomwolken zu transportieren, die gespei
cherten Informationen können dann an anderer Stelle wieder abgerufen werden. Eine Erweiterung des vorgestellten Kon zepts könnte es in Zukunft ermöglichen, neuartige Quantengeräte zu entwickeln, wie etwa einen «Rennbahn»-Speicher für Licht mit verschiedenen Lese- und Schreib abschnitten. Originalpublikation Wei Li, Parvez Islam, Patrick Windpassinger, «Controlled transport of stored light», Physi cal Review (2020); DOI: https://doi. org/10.1103/PhysRevLett.125.150501
Kontakt Prof. Dr. Patrick Windpassinger Universität Mainz Saarstrasse 21 D-55122 Mainz +49 6131 39 20202 windpass@uni-mainz.de www.qoqi.physik.uni-mainz.de
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