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VERFAHRENSTECHNIK
from ChemieXtra 1-2/2021
by SIGWERB GmbH
Peristaltisches Abfüllen in der Biopharmazeutik
Der Anspruch auf maximale Flexibilität
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Neue biopharmazeutische Produkte verändern die Produktion. Die Chargen schrumpfen, wodurch schnelle Produkt- und Packmittelwechsel immer bedeutender werden. Im Fill/Finish-Bereich bieten diese Eigenschaften vor allem Systeme zur peristaltischen Abfüllung: Vollautomatische Anlagen, die auf Schlauchpumpen setzen, ermöglichen nicht nur eine schnelle Umrüstung. Sie sorgen auch für hohe Prozesssicherheit, Genauigkeit sowie eine besonders schonende Abfüllung.
Biopharmazeutika, also gentechnisch aus lebenden Zellen hergestellte Medikamente, sorgten in der Schweiz 2019 für einen Umsatz von 1,6 Milliarden Franken. Ihr Umsatzanteil am Erstattungsmarkt der Krankenkassen macht bereits 24 Prozent aus. Biopharmazeutische Produkte ermöglichen immer mehr Patienten mit meist sehr schweren Krankheiten eine Therapie. Haupteinsatzgebiete der innovativen Medikamente sind neben immunologischen Erkrankungen und Krebs vor allem Stoffwechselerkrankungen. Der bemerkenswerte Erfolg dieser auf kleine Stückzahlen ausgerichteten Produkte, aber auch der Wandel bei der Produktion von klassisch chemisch hergestellten Arzneimitteln hin zu immer stärker spezialisierten Nischenprodukten und damit verbunden zu kleineren Stückzahlen machen ein Neudenken der Produktionsabläufe notwendig und verändern so auch den Markt für pharmazeutische Produktionstechniken rasant und nachhaltig.
Neuartige Anlagenkonzepte
Viele Anlagen spiegeln diese neue Wirklichkeit der (bio-)pharmazeutischen Produktion allerdings noch nicht wider: Der Planung und Ausrüstung der meisten Produktionsstandorte, die heute in Betrieb sind, lag noch die Idee des Blockbusters zugrunde – eines einzelnen Produktes, das in grossen Volumen und für einen längeren Zeitraum produziert wird. In den letzten Jahren hinterlässt der Trend zu kleineren Produktionsgrössen und Mehrproduktfähigkeit jedoch auch im Anlagenbau zusehends seine Spuren: Hersteller von pharmazeutischen Produkten legen immer mehr Wert auf die Gesamt-
Arzneimittel werden vermehrt mit biotechnologischen anstatt mit klassisch chemischen Verfahren produziert. Eine Biologin betrachtet die Kulturen auf einer Petrischale.
anlageneffektivität (Overall Equipment Effectiveness). Dabei geraten neben wartungsbedingten Ausfällen insbesondere Stillstandszeiten für Produkt-, Chargen- oder Formatwechsel in den Fokus. Was viele Produzenten heute verlangen, sind dementsprechend vor allem hohe Flexibilität und schnelle Umrüstzeiten, um einen reibungslosen Wechsel des Produktes zu ermöglichen. Dieser Trend gilt insbesondere für Lohnhersteller, deren Bedeutung auf dem Markt im Zuge der fortschreitenden Flexibilisierung von Produktionskapazitäten in den vergangenen Jahren signifikant gewachsen ist: Denn naturgemäss führen sie besonders häufig Produktwechsel durch und sind daher in besonderem Masse auf flexible Anlagen angewiesen. «Single-Use» hat sich zu einem weiteren Schlüsselbegriff entwickelt, der mittlerweile untrennbar mit dem Fill/Finish-Bereich verbunden ist. Ermöglicht doch der Einsatz von Einmal-Komponenten in den Produktionsanlagen die gewünschte höhere Flexibilität, da Produktwechsel schneller vollzogen werden können und lange Vorbereitungs- und Reinigungszeiten im Idealfall entfallen. Gleichzeitig bieten Single-Use-Komponenten die notwendige Minimierung des Risikos von Kreuzkontaminationen zwischen den Produkten. Die Nachfrage nach flexiblen Anlagen für kleine Chargen, die ganz nebenbei natürlich auch noch möglichst wenig Platz benötigen sollen, steigt seit einigen Jahren rapide an. Von diesem Trend erfasst sind alle Prozessschritte, vom Upstreaming bis hin zum Fill/Finish. Gerade die Anbieter von Abfüll- und Verschliessanlagen sind von dieser Entwicklung betroffen. Denn die neuen biopharmazeutischen Produkte werden aufgrund der auftretenden Molekülgrössen in der Regel flüssig verabreicht. Zum Zeitpunkt der Abfüllung verfügt das
Labormitarbeitende bereiten die noch leeren Vials für die aseptische Abfüllung vor. Vorne hängt ein Einwegbeutel mit blauer Flüssigkeit und im Hintergrund steht die peristaltische Abfülleinheit der Anlage FPC60. Die Abfülleinheit dosiert die flüssigen Biopharmazeutika mit einer Nadel in die Vials (0,2–100 ml ± 1 %). Unmittelbar danach werden diese steril verschlossen. Die Anlage füllt und verschliesst so bis zu 2700 Vials pro Stunde.
Produkt dann über seinen maximalen Wert und eine mögliche Störung des Produktionsprozesses verursacht die grössten Kosten.
Flexibilität als Spezialisierung
Neben Herstellern aus dem High-Speed- und Grossseriensegment, die ihre Anlagen für schnellen Produkt- und Chargenwechsel umrüsten, agieren auch solche Anbieter auf dem Markt, die sich speziell auf Abfüll- und Verschliesslösungen für kleine Chargen und häufige Produktwechsel – zum Beispiel für Abfülllösungen für Phase III-Studien oder kleinere Serien – spezialisiert haben. Solche Anlagen werden bereits in ihrer Entwicklung und Konzeption auf häufige Umrüstung ausgelegt, in der Regel ohne den aufwendigen Austausch von Formatteilen. Sie bieten so von Haus aus die notwendige Spezialisierung auf maximale Flexibilität. Vorreiter im Segment flexibler Anlagen für kleine Chargen und häufige Produktwechsel ist Flexicon Liquid Filling, ein Geschäftsbereich der Watson-Marlow Fluid Technology Group. Bereits seit 1986 ist das dänische Unternehmen mit Sitz in Ringsted in der Nähe von Kopenhagen spezialisiert auf Abfülllösungen für Pharma und Diagnostik nach dem peristaltischen Funktionsprinzip. Flexicon Liquid Filling ist Marktführer im Bereich der peristaltischen Abfüllung.
Die peristaltische Abfüllung
Gegenüber anderen Pumpenarten – wie beispielsweise Kolbenpumpen – bietet die peristaltische Abfüllung signifikante Vorteile: Insbesondere bei häufigen Produktwechseln punkten Schlauchpumpen bauartbedingt mit hoher Reinheit dank minimalem Risiko einer Kreuzkontamination. Das Medium wird in einem geschlossenen System gefördert und kommt ausschliesslich mit einem nach USP Class 6 zertifizierten Schlauch und der Füllnadel in Berührung. Beide können problemlos mit wenigen Handgriffen ausgetauscht werden. Durch die geringe Scherwirkung und sanfte Förderung werden auch empfindliche Produkte und lebende Zellen ohne Beeinträchtigungen verarbeitet bei einer hohen Abfüll- und Wiederholgenauigkeit von – selbst bei geringsten Mengen – bis zu 0,5 Prozent. Flexicon Liquid Filling verfügt über eine breite Auswahl an Systemen – von manuellen Tisch-Abfüllgeräten und halbautomatischen Systemen bis hin zu vollautomatischen Abfüll- und Verschliesssystemen. Dank kurzer Umrüstzeiten eignen sich diese für die effiziente Verarbeitung von kleinen und mittleren Chargen.
Eine Anlage nach Mass
Die neue Flexicon FPC60 des Unternehmens füllt und verschliesst bis zu 2700 Vials pro Stunde und eignet sich so insbesondere für klinische Phase-II- und IIIStudien sowie kleine Serien. Sie ist modular aufgebaut, so dass jeder Arbeitsschritt des Fill/Finish-Prozesses nach den spezifischen Anforderungen ausgelegt werden kann. Dank einer optionalen, automatischen Inline-Gewichtskontrolle bietet das innovative System eine einzigartige dynamische Ansaugung, Erstkalibrierung ohne manuellen Eingriff und eine dynamische Rekalibrierung. Anwender können daher sicher sein, dass jedes Vial, vom Ersten bis zum Letzten, zuverlässig die festgelegten Füllparameter erfüllt. Teurer Ausschuss in der Anlaufphase nach einer Umrüstung wird so minimiert. Für eine hohe Flexibilität und einen schnellen Wechsel des Packmittels wurde das System auf alle gängigen Vialgrössen von 2R bis 100H ausgelegt. Bei einem Wechsel zu grösseren oder kleineren Vials und Stopfen müssen am gesamten Gerät nur wenige Teile – darunter keine Formatteile – ausgewechselt werden, ohne dass Werkzeuge benötigt werden. Die Neuentwicklung eignet sich auch speziell für den Einsatz bei zu lyophilisierenden Produkten. Als besonders kompakt konzipiertes System benötigt die Anlage nur eine geringe Stellfläche und eignet sich dank dem modularen Aufbau standardmässig zum Betrieb in einem Laminar Flow (LAF) oder Restricted Access Barrier Systeme (Rabs).
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