6 minute read

UMWELT

Next Article
MEDIZIN

MEDIZIN

Das flüssige Metall im Abwasser

Kläranlagen halten 96 Prozent des Quecksilbers

Advertisement

Jedes Jahr fliessen rund 130 Kilogramm Quecksilber in Schweizer Kläranlagen. Den Löwenanteil können diese Anlagen aus dem Abwasser herausfiltern. Das zeigt eine Untersuchung des Wasserforschungsinstituts Eawag und des Bundesamts für Umwelt (Bafu). Fast dreissig Schweizer Kläranlagen haben sie unter die Lupe genommen.

Stephanie Schnydrig ¹

Quecksilber ist äusserst giftig für Mensch und Ökosysteme. Es verdampft sehr schnell, wird in der Luft über weite Strecken transportiert und reichert sich in Organismen an. Das Schwermetall ist daher seit Jahrzehnten als ein Schadstoff von globaler Bedeutung bekannt – und in der Schweiz für fast alle Anwendungen verboten.

Woher das Quecksilber wohl kommt?

Zerbrechen aber beispielsweise alte Thermometer, gelangt nach wie vor Quecksilber ins Abwasser. Repräsentative Studien, welche Mengen tatsächlich in Kläranlagen (ARA) fliessen und wie effektiv diese die giftige Substanz herausfiltern, existierten bisher nicht. Nun zeigen Forscherinnen und Forscher der Eawag in Zusammenarbeit mit dem Bafu in einer Studie in der Zeitschrift «Aqua&Gas», dass Schweizer ARA 96 Prozent des Quecksilbers herausfiltern. In Zahlen ausgedrückt: Pro Jahr fliessen mit dem Abwasser 130 Kilogramm Quecksilber in die ARA, davon gelangen etwa 5 Kilogramm in Bäche und Flüsse. «Verglichen mit der gesamten Menge Quecksilber in Schweizer Oberflächengewässern macht der Eintrag aus Kläranlagen jedoch nur etwa 1,5 bis 3 Prozent aus», sagt Michael Berg, Geochemiker an der Eawag und Mitautor der Studie. Das restliche Quecksilber wird aus diffusen, noch nicht eindeutig identifizierten Quellen in die Gewässer eingetragen; es wird etwa durch atmosphärischen Transport aus den Ozeanen

Eine Quecksilberperle (Mitte) umgeben von rötlichem Zinnober.

Ermittelte Gesamt-Quecksilber-Frachten der Schweizer ARA und der Oberflächengewässer. Der Beitrag der ARAs zur schweizerischen Gesamt-Quecksilber-Fracht der Oberflächengewässer ist mit ungefähr 1,5–3 % relativ gering. Beispiele potenzieller diffuser Quellen sind atmosphärische Deposition, Bodenerosion und Abschwemmung – oder historische Quellen wie z. B. Quecksilber in Seesedimenten aus früheren Ablagerungen.

oder Böden verfrachtet oder aus historisch belasteten Standorten oder Sedimenten ausgewaschen.

Hohe Werte in der Westschweiz

Verglichen mit anderen Ländern gelangt hierzulande eher wenig Quecksilber in Abwasserreinigungsanlagen. Die Zahlen bewegen sich im ähnlichen Rahmen wie in Kanada oder England. Die höchsten Quecksilberwerte fallen in ARA der Westschweiz an, vor allem in Regionen, in denen die Uhren- und Schmuckindustrie angesiedelt ist. Doch: «Ob das Quecksilber tatsächlich aus diesen Regionen stammt oder durch die Atmosphäre von weither transportiert wurde, müsste man noch genauer untersuchen», sagt Michael Berg. Die gemessenen Konzentrationen in den Gewässern seien gesundheitlich aber unbedenklich.

Grundlagen für MinamataÜbereinkommen

Die Studie erscheint zu einem wichtigen Zeitpunkt. Denn das im Jahr 2017 in Kraft getretene Minamata-Übereinkommen verlangt von allen Ländern, ein Inventar der Quecksilberkonzentrationen in den Gewässern zu erstellen. Ziel des Übereinkommens ist es, die Emissionen von Quecksilber weltweit einzudämmen und zu überwachen. Weil die Studie der Eawag-Forschenden repräsentativ für andere entwickelte Regionen auf der ganzen Welt ist, liefert sie nun Methoden und Zahlen für die Inventarisierung. Originalpublikationen E. Suess et al., «Mercury loads and fluxes from wastewater: A nationwide survey in Switzerland», Water Research (2020); DOI:10.1016/j.watres.2020.115708 M. Berg et al., «Quecksilber in Schweizer Abwasser – Konzentrationen, Massenflüsse, Speziierung und Rückhalt», Aqua & Gas, 1/2021, pp (2021)

Kontakt Eawag Überlandstrasse 133 CH-8600 Dübendorf +41 58 765 55 11 info@eawag.ch www.eawag.ch

Hitzesommer 2018

Wie reagieren Wälder auf extreme Trockenheit?

Der Trockensommer 2018 strapazierte die Buchen in der Schweiz im besonderen Masse. Forschende der Eidgenössischen Forschungsanstalt WSL untersuchten während und nach dem Hitzesommer 2018 die Buchenwälder. Die Bäume zeigten typische Anzeichen von Vitalitätsverlust wie frühzeitiges Verfärben der Blätter oder ein geringes Wachstum.

Bereits im späten Frühjahr 2018 hörte es fast überall in der Schweiz für längere Zeit auf zu regnen. Es folgten überdurchschnittlich hohe Sommertemperaturen, was in weiten Teilen Mitteleuropas zu einer extremen Dürre führte. An vielen Orten im Schweizer Mittelland und im Jura alterten die Blätter von Laubbaumarten vorzeitig. Viele Buchen trugen bereits ab Mitte Juli braun verfärbte, kleine und leicht eingerollte Blätter, die an den Ästen hängen blieben.

Günstige Datenlage

Noch vor dieser Trockenheit starteten die Erhebungen für das fünfte Landesforstinventar (LFI), das die WSL in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Umwelt (Bafu) durchführt. Bis Ende Mai hatten die LFI-Aufnahmeteams der WSL in Buchenwäldern in der Deutschschweiz und Romandie bereits Messungen auf 75 Stichprobeflächen vorgenommen. Im Rahmen der WSL-Initiative «Trockenheit 2018» ergriffen die Forschenden kurzerhand die Gelegenheit, diese LFI Flächen im Spätsommer 2018 und dann auch 2019 erneut aufzusuchen, um zu ermitteln, wie die dort wachsenden 271 Buchen auf die Trockenheit reagiert hatten.

Klare Diagnose bei drei Symptomen

Die Forschenden beurteilten also im Spätsommer 2018 und 2019 anhand der Kronentransparenz, der Blattverfärbung und des Durchmesserzuwachses der Stämme, wie sich die Vitalität der Buchen während und nach der extremen Trockenheit entwickelte. Die Ergebnisse der Studie veröffentlichte das Team aus Forschenden der WSL und der ETH Zürich in der Fachzeitschrift «Ecological Indicators». Bei den Messungen im Spätsommer 2018 fiel auf, dass Buchen mit braun verfärbten Blättern und ungewöhnlich lichten Kronen im Vergleich zu langjährigen Beobachtungen viel häufiger waren. Als mögliche Ursachen kamen vor allem vermindertes Wachstum in vergangenen Jahren, grosse Konkurrenz durch benachbarte Bäume und das lokale Niederschlagsdefizit infrage. Ausserdem stellten die Forschenden fest, dass grosse Bäume tendenziell stärker betroffen waren als kleine.

Aussehen und Wachstum

Der Holzzuwachs im Jahr 2018 war im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 2010 bis 2017 über alle 75 Flächen hinweg deutlich niedriger. Ausserdem wuchsen Buchen, die sowohl frühzeitig braune Blätter als auch lichte Kronen aufwiesen, deutlich schlechter als jene Bäume, die noch vitaler aussahen. Dank der günstigen Witterung 2019 verbesserte sich der Zustand vieler untersuchter Buchen wieder. Nur noch bei einem einzigen Baum wurde eine starke Laubverfärbung festgestellt, und die Kronentransparenz entsprach annähernd den langfristigen Beobachtungen. Der Zuwachs im Jahr 2019 war deutlich grösser als 2018 und lag sogar über dem Durchschnitt der Periode 2010–2017. Diese kurzfristig realisierte Studie verdeutlicht die schnelle Reaktion der Buchen auf den Trockensommer 2018, die sich durch frühzeitige Braunfärbung der Blätter und eine überdurchschnittliche Kronentransparenz äusserte. Folglich blieb auch der Zuwachs in den untersuchten Bäumen gering. Diese Auswirkungen der heissen

Die Bäume liessen frühzeitig ihre Blätter fallen und nicht wie hier erst im Herbst.

und niederschlagsarmen Witterung waren jedoch bei einer grossen Mehrheit der untersuchten Buchen – zumindest vorerst – nur vorübergehend. Sollten sich Niederschläge und Sommertemperaturen klimabedingt weiter verändern, ist damit zu rechnen, dass sich dies auf die Gesundheit, die Funktionsweise und das Wachstum der Wälder auswirkt. Und Wälder, die wegen starker Trockenheit weniger Holz als üblich produzieren, binden weniger Kohlenstoff. Diese Studie war nur möglich, weil es im Schweizer Wald seit mehr als 35 Jahren ein festes Netz von mehr als 6000 LFIStichprobenflächen gibt. Damit entfiel nicht nur eine aufwendige, fundierte Flächensuche, sondern es standen auch schon langjährige robuste Messreihen zur Verfügung, mit denen die Messungen der Jahre 2018 und 2019 verglichen werden konnten.

Medienmitteilung Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL www.wsl.ch

This article is from: