ChemieXtra 5/2020

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LABOR

Neue Markierungsmethode

Grosse RNA elegant charakterisieren

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Wissenschaftler möchten viel besser verstehen, für welche Steuerungsprozesse die nicht-kodierende RNA zuständig ist.

hundert oder gar tausend Bausteinen bestehen.

«Fähnchen» zur Markierung Die Wissenschaftler um Dr. Stephanie ­Kath-Schorr fügten zunächst zwei künstliche Bausteine (Nukleotide) in den Erbgutstrang der DNA ein, die in dieser Form nicht in der Natur vorkommen. Bei der anschliessenden Übersetzung in die RNA dienten diese künstlichen Nukleotide als eine Art «Fähnchen». Das heisst, sie markierten bestimmte Orte auf der Ribonukleinsäure, die aus mehreren hundert Bausteinen besteht.

Bild: Barbara Frommann/Uni Bonn

In lebenden Zellen läuft alles nach Plan: Die Blaupausen für sämtliche Bau- und Betriebsstoffe sind im Zellkern abgelegt. Wird zum Beispiel ein bestimmtes Protein benötigt, wird hierfür die genetische Information an der DNA abgelesen und in Ribonukleinsäure (RNA) übersetzt. Die RNA übermittelt den Bauplan an die «Proteinfabriken» der Zelle, die Ribosomen. «Mehr als 80 Prozent der Ribonukleinsäuren sind aber überhaupt nicht an der Produktion von Proteinen beteiligt», sagt Dr. Stephanie Kath-Schorr vom Limes-Institut der Universität Bonn. Wahrscheinlich ist diese nicht-kodierenden RNA an verschiedenen Regulierungsvorgängen in der Zelle beteiligt. Wissenschaftler möchten viel besser verstehen, für welche Steuerungsprozesse die nicht-kodierende RNA zuständig ist. «Hierfür müssen wir aber zunächst verstehen, welche Strukturen Ribonukleinsäuren haben und wie sie gefaltet sind», sagt ­Kath-Schorr. Die räumliche Struktur scheint für die Funktion der RNA eine wichtige Bedeutung zu haben. Sie entscheidet darüber, an welche Moleküle eine bestimmte RNA bindet und damit wichtige Prozesse in der Zelle auslöst. Ein Team aus Chemikern unterschiedlicher Fachbereiche der Universität Bonn hat gemeinsam eine Methode entwickelt, wie sich die Struktur und Faltung von besonders langen RNA-Molekülen aufklären lässt. «Kürzere RNAs lassen sich mit der Kristallstrukturanalyse untersuchen, doch für grosse und flexible Ribonukleinsäurekomplexe ist diese Methode sehr schwierig anzuwenden», sagt Erstautor Christof Domnick. Die Wissenschaftler suchten deshalb nach einem neuen Weg für RNAs, die aus mehreren

Bild: Adobe Stock

Ribonukleinsäuren (RNA) sorgen dafür, dass die DNA im Zellkern in lebenswichtige Proteine übersetzt und die Zellfunktionen reguliert werden. Allerdings ist wenig über die Struktur und Funktionsweise besonders langer RNAs, die aus hunderten oder tausenden Bausteinen bestehen, bekannt. Chemiker der Universität Bonn haben nun hierfür eine neue Methode entwickelt: Mit winzigen «Fähnchen» markieren sie die komplexen Moleküle und messen mit einem «molekularen Lineal» die Abstände dazwischen.

Stephanie Kath-Schorr vom Limes-Institut der Universität Bonn im Labor.

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