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von Sigfried Schibli

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DEMNÄCHST

DEMNÄCHST

MOZARTKUGELN

VON SIGFRIED SCHIBLI Es ist schon fast ein unvermeidlicher Reflex: Wer ‹Salzburg› sagt, denkt ‹Mozart›. Dort wurde am 27. Januar 1756 ein Knäblein geboren, das einen Monat und einen Tag später im Dom auf den Namen Johannes Chrysostomus Wolfgangus Theophilus getauft wurde. Und nach Salzburg pilgern alljährlich Tausende ouristinnen und Touristen, strömen durch die enge Getreidegasse an Mozarts Geburtshaus vorbei, lauschen den Strassenmusikerinnen und -musikern mit ihren Mozart-Perücken, besuchen die Zauberflöte im Marionettentheater und lassen sich das ‹Tanzmeisterhaus› zeigen. In diesem lang gestreckten Gebäude am heutigen Makartplatz auf der anderen Seite der Salzach wohnte Mozarts Familie von 1773 bis 1787; heute ist es ein viel besuchtes Museum.

Es hiesse Eulen nach Athen (oder Mozartkugeln nach Salzburg) tragen, wollte man alle Stätten benennen, die in dieser Stadt mit dem Leben und Schaffen Wolfgang Amadé Mozarts verbunden sind – vom Geburtshaus an der Getreidegasse 9 bis zum Sebastiansfriedhof, auf welchem nicht nur Paracelsus, sondern auch Mozarts Vater Leopold und seine aus Zell im Wiesental stammende Frau Constanze begraben liegen. Mozart selbst starb am 5. Dezember 1791 nicht in Salzburg, sondern in Wien. Dort war auch sein im heutigen Konzert erklingendes Klavierkonzert in c-Moll, KV 491, entstanden und vom Komponisten am Piano uraufgeführt worden. Seither müssen sich Salzburg und Wien den Ruf als ‹Mozart-Städte› teilen.

Mozartplatz in Salzburg

Zwischen Salzburg und Wien gibt es eine durch die Tradition gut befestigte und bis heute spürbare Rivalität, die sich immer wieder entzündet – auch und gerade an der sogenannten Hochkultur. So lässt sich jedes Jahr bei den Salzburger Festspielen ein offensichtlicher Wettstreit zwischen den beiden Musikstädten beobachten. Die Wiener Musikkritik ist häufig gegenüber den Premieren in Salzburg ein Quäntchen (oder mehr) kritischer als der Rest der Weltpresse. Für Besucherinnen und Besucher aus Wien gehört es nachgerade zum guten Ton, über die bisweilen stark dem modernen ‹Regietheater› verpflichteten Opernproduktionen an der Salzach die Nase zu rümpfen: Solches wäre doch in Wien mit seiner konservativen Staatsoper nicht denkbar! Hier die Festspielstadt Salzburg nahe der Grenze zu Deutschland, da weiter im Osten die Metropole Wien, die ganzjährig für Höchstleistungen gut ist – wenigstens in ihrem Selbstbild. Wer wäre da objektiv genug, die Bedeutung der beiden Städte gegeneinander abzuwägen? Unbestritten ist, dass Salzburg mit dem ‹Mozarteum› über eine höchst renommierte Musikhochschule verfügt, die auch als Konzertort erstrangig ist. Bis 1910 sprach man in der Planungsphase vom ‹Mozarthaus›, seit der Eröffnung des Gebäudes 1914 vom ‹Mozarteum›. Im grösseren, 800 Plätze zählenden Konzertsaal der Stiftung Mozarteum finden seit über hundert Jahren Konzerte mit internationaler Ausstrahlung statt.

Darunter befinden sich immer wieder Aufführungen von Auftragswerken des Mozarteumorchesters. Zu diesen zählt die Komposition Dialog mit Mozart. Da Capo für Orchester, des gebürtigen Ungarn Péter Eötvös, uraufgeführt 2016 im Mozarteum Salzburg. Äusserer Anlass dafür war das 175-jährige Bestehen des Orchesters. Und um den Reigen der Salzburg-Bezüge im heutigen Programm abzurunden: Das Mozarteumorchester ernannte den Briten Ivor Bolton 2004 zu seinem Chefdirigenten; das blieb er bis 2016. Heute ist Bolton ‹Ehrendirigent› dieses Orchesters, das gleichermassen der ‹historisch informierten› Aufführungspraxis und der musikalischen Gegenwart verpflichtet ist. Mit dem Sinfonieorchester Basel, dessen Chefdirigent er heute ist, gastierte Bolton am vergangenen 26. und 27. Mai in Salzburg.

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