SKIP März 2020

Page 27

SKIP

EXKLUSIV

#KINO

INTERVIEW

STEFAN RUZOWITZKY

NARZISS UND GOLDMUND Oscarpreisträger Stefan Ruzowitzky (Die Fälscher) hat dem noch nie verfilmten Klassiker der Schulliteratur zum Sprung auf die Leinwand verholfen. Nicht nur Hesse-Jünger haben guten Grund zur Sichtung ins Kino zu pilgern. Narziss, der Asket, Goldmund, der Genussmensch – dazwischen ein unerschütterliches Band der Freundschaft. Der 1877 geborene Hermann Hesse siedelte seine Erzählung über die zwei unterschiedlichen, aber tief verbundenen Männer eher vage im Mittelalter an: Narziss ist Lehrender an einer Klosterschule, in der er sich mit disziplinierter Gottesfürchtigkeit zum Abt emporarbeitet. Der jüngere Goldmund, Schüler und Seelenverwandter Narziss’, kann dem frommen Leben hingegen nur wenig abgewinnen. Der Kuss einer Frau lässt den blonden Beau sein wahres Ich erkennen: Nicht im engen Gemäuer des Klosters, sondern in der freien Welt findet der ungestüme Jüngling seine Comfort Zone; nicht das Beten wird zur Leidenschaft, sondern die Kunst. Goldmunds verbringt Jahre zügellosen Yolo-Lebens, in denen er aber niemals seinen Freund Narziss vergisst.

Verwunderlich, dass der Klassiker bisher noch nie verfilmt wurde, zeitlos ist sie nämlich allemal, Hesses Parabel über Freundschaft und den Sinn des Lebens. Nicht gerade das einfachste Unterfangen stellte für den österreichischen Drehbuchautor und Regisseur Stefan Ruzowitzky die Erarbeitung des Skripts dar. Die Beziehung zwischen Narziss und Goldmund wie im Roman nur an Anfang und Ende zu stellen, war für den Oscarpreisträger nämlich keine Option. Mit dramaturgischer Fingerfertigkeit ist er dem Problem schließlich Herr geworden – und hat den intensiven Begegnungen und Gesprächen der beiden Freunde durch gekonnt gesetzte Rückblenden mehr Screen Time verschafft. Gedreht wurde mit den Darsteller-Talenten Jannis Niewöhner und Sabin Tambrea sowie einer ganzen Schar Klosterschüler und Mönchs-Komparsen u. a. auf Burg Hardegg in Niederösterreich. Mit Sicherheit wird die Schulliteraturverfilmung auch den Weg in die Klassenzimmer finden – erst einmal laden aber die Kinos des Landes zur Beschau. Claudia Dlapa

#SKIPvibe

AB 13.03. IM KINO

29 Haben Sie schon mal den Mann im Mohn gesehen?

Drama/Literaturverfilmung. OT: Narziss und Goldmund. Deutschland/Österreich 2020. Regie: Stefan Ruzowitzky. Besetzung: Jannis Niewöhner, Sabin Tambrea, Henriette Confurius, Georg Friedrich, Uwe Ochsenknecht. Verleih: Sony Pictures.


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.