SLAPSHOT No. 7 2009/10

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Das Hockey-Magazin der Schweiz

CHF 7.50 • März/April 2010 • Nr. 7 • Saison 2009/2010

Punktesammler

Die PostFinance Top Scorer unter der Lupe Homestory:

Die Bieler WG Berra/Lötscher Medienpartner

Schweizer im Ausland:

Zu Besuch bei Andres Ambühl


ŠkodaSuperb Combi

DIE ECHTE GRÖSSE ab CHF 35’900.–*

Wenn Sie mehr als 105 Jahre Erfahrung im Fahrzeugbau gesammelt haben, nimmt Grösse oft neue Dimensionen an. Wie der neue Škoda Superb Combi. Ein Auto, das die Summe aller unserer grössten Ideen und Innovationen vereinigt. Wie zum Beispiel einen grosszügigen Kofferraum mit bis zu 1’865 Litern Ladevolumen, unterstützt durch viele intelligente Funktionen. Oder einen leistungsstarken 3.6-l-FSI-V6-Motor mit automatischem 6-Stufen-DSG-Getriebe und 4x4-Antrieb. Es ist auch die Summe von durchdachten Features, wie dem Panorama-Schiebedach und der Heckklappe, die auf Knopfdruck öffnet und schliesst. Entdecken Sie diese und viele weitere Innovationen während einer Probefahrt. www.skoda.ch * Škoda Superb Combi, 1.4 l TSI, 125 PS/92 kW, 5 Türen. Empfohlener Verkaufspreis inklusive 7,6% MwSt. Treibstoffverbrauch/CO2-Ausstoss 1.4 l TSI: Gesamtverbrauch: 6.9 l/100 km, CO2: 159 g/km. Energieeffizienz-Kategorie: B. Mittelwert aller Neuwagenmarken und Modelle in der Schweiz: 204 g/km.


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Face Off

Die perfekte Werbeidee Eishockey gilt als letzter Fokus echter Teamsport. Einen ­einzelnen Spieler für gute Leistungen durch besondere Kleidung und Kopfbe­ deckung zu belohnen und optisch dem Publikum ­vorzuzeigen, ist auf den ersten Blick ein Trend ­wider das Ur-Interesse des Eis­ hockeys. Kein Wunder, wollte einst Slawa Bykow den goldenen Helm für den Top Scorer nicht ­tragen: Verbandsgeneral Erich Wüthrich hatte diese Form des Sponsorings in den 1990er Jahren erfunden.

«PostFinance Top Scorer»-Ehru

364’600.– für den Nachwu

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Für die Jungstars kam die Bescherung schon vor den PlayoFFs. d den PostFinance toP scorern, ank die mit ihren toren und assists 364’600 Franken Für den nachwuchs einsPielten .

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Doch auf den zweiten Blick zeigt sich, dass ein bunter Top Scorer sehr wohl im ­Interesse des Eishockeys liegt. Wer fleissig seine Defensivarbeit verrichtet, wer ­klaglos für die Mannschaft arbeitet, kann nie so viel Geld verdienen wie jene, die regelmässig ins Tor treffen oder Tore ­vorbereiten. Teams stehen und fallen mit den Goalies und den Skorern. So gesehen ist es nur ehrlich und sinnvoll, wenn der Spieler, der am meisten Skorerpunkte er­ zielt, als Werbeträger genutzt wird. Wird dazu noch ein System kreiert, das den Er­ trag dieser Werbung direkt dem Nach­ wuchs zuführt, dann haben wir die perfek­ te Werbeidee. Weil der PostFinance Top Scorer so wichtig ist für sein Team, befassen wir uns in dieser Nummer intensiv mit eben diesem Post­ Finance Top Scorer.

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Ups, jetzt habe ich doch gleich zweimal hintereinander PostFinance geschrieben. Noch immer haben wir in der Schweiz eine seltsame Hemmung, Ross und Reiter zu nennen. In Nordamerika ist es selbst­ verständlich, dass Sponsoren ­genannt werden. Bei uns hat diese Namens­nennung immer noch da und dort den Schwefel­ geruch der Sünde, und ich erinnere mich noch an die Zeit, als der Chefredaktor ­einer Sportfachzeitung anordnete, dass bei Fussballbildern die Werbeschriften auf den Trikots mit einem schwarzen Balken abgedeckt werden mussten. Diese Zeiten sind inzwischen vorbei. So ein braves Edito? Damit bei mir nicht der Verdacht der Altersmilde aufkommt, gestatte ich mir zum Abschluss doch noch eine kleine Bösartigkeit, für die ich mich auch gleich im Voraus entschuldige: Es ist schön und es ist gut, wenn für alle sichtbar ist, und wenn ­landauflandab gesagt und geschrieben und gesendet wird, wer ­Werbung macht und Geld in unser Eis­ hockey investiert. Diese Transparenz ­bewahrt vor Sünde. Schliesslich sind schon tüchtige Manager eines Hockeyunter­ nehmens, dessen Name mir in ­diesem Augenblick entfallen ist, der Schwarzgeldzahlung, der heimlichen Annahme und ­Weitergabe von Geld im ­Hockeybusiness, schuldig ­gesprochen worden. Nein, davon lesen Sie nichts in ­dieser Nummer. Aber etwas über gutes, vorbildliches ­Management. Beim NL BKlub EHC Olten. l

1125 CHF

*

chosen by Michael Owen - Football Player

in TOUCH wiTH yOUr Time

Klaus Zaugg SLAPSHOT-Autor

E xp erien ce m ore a t www.tissot.ch


Inhalt History Zürcher SC – Panini 1984

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PostFinance Top Scorer

364’600.– für den Nachwuchs Thomas Zimmermann: «Eishockey passt perfekt zu uns» PostFinance Top Scorer Ehrung: Live aus der Dampfzentrale Versus: Paolo Duca vs. Tommi Santala

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InTeam - die NL A von A bis Z HC Lugano: Randy Robitaille – Am Ende blieb ihm nur der Frust EV Zug: Josh Holden – Der König von Zug ZSC Lions: Patrik Bärtschi – «Ich bereue definitiv nichts» HC Genf-Servette: Toni Salmelainen – Die Genfer Patrone Lakers: Stacy Roest – Die Konstanz in Person SC Bern: Ivo Rüthemann – Die treue Seele HC Davos: Peter Guggisberg – «Ich würde es in der NHL versuchen» Fribourg-Gottéron: Serge Aubin – Geist gesund, Körper verletzt EHC Biel: Sébastien Bordeleau – Hockeyleidenschaft über Generationen SCL Tigers: Brendan Brooks – «On the road again» Poster Raphael Diaz, EV Zug Brady Murray, HC Lugano

22 24 26 28 30 32 34 36

Klar, wurde höchste Zeit 35.1% RvA ist gut, aber die Nati ist kein Wunschkonzert 11.4% Nein, die Nati braucht jüngere Spieler 50.0% RvA ist für die Nati nicht gut genug 3.5% Reto von Arx sagte einst, er werde unter Krueger nicht mehr in der Nationalmannschaft spielen. Jetzt ist Ralph Krueger weg und es stellte sich die Frage, ob RvA unter Sean Simpson ein Nati-Comeback gibt. Ein Grossteil der

Eishockey-Gemeinde hätte dies begrüsst. Doch RvA ­entschied sich anders, gab Simpson nach längeren Über­ legungen und Gesprächen einen Korb und erklärte seine internationale Karriere für beendet. Q uelle: slapshot.ch

180'000 Franken für den Nachwuchs

44 Der Zürcher Schlittschuh Club steht in seinem 80. Jahr und feierte dieses Jubiläum am 7. März in der Kunsteisbahn ­Oerlikon mit dem traditionellen Skateathon. Ein Anlass mit viel Spass – und Prominenten, die sich für den Nachwuchs aufs Glatteis wagten. Auf Rundenjagd gingen nicht nur die Cracks der Lions und die Spielerinnen und Spieler des ZSC, bis zum kleinsten «Pfupfi», sondern auch einige Prominente: Zum Beispiel: Leichtathlet Dany El-Idrissi, die Sängerinnen Eve

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Kolumnen Roost’s Blue Line – Wer auftritt, muss spielen! Zaugg’s Red Line – Plädoyer für eine Pleite-Liga

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Homestory Reto Berra, Kevin Lötscher – Essen, schlafen, Hockey

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NL B Exklusiv EHC Olten – 75 Jahre Powermäuse

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Schweizer im Ausland Andres Ambühl – Der Weg zum Nobelpreis ist nicht weit

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Mein Arbeitsplatz

SLAPSHOT.CH – Online-Umfrage

Vreni Eichenberger / Masseurin SCL Tigers

Vreni eichenberger (51) ist Masseurin und gute seele der scl tigers. Vor acht Jahren übte sie dieses aMt drei saisons lang aus und Jetzt wieder seit Vier Jahren. «ich bin sport- und eishockeyfan und Mache diesen Job so lange ich spass habe und genügend fit bin», sagt sie. für slapshot hat Vreni eichenberger die türe zu ihreM reich geöffnet und präsentiert fünf wichtige utensilien.

Titelbild

CHF 7.50 • März/ April 2010 • Nr. 7 • Saison 2009/2010

eiz

Viele Tore erzielen und zahl­reiche Assists geben ist das Ziel jedes Eishockeyspielers. Auch von Josh Holden, dem König von Punktesammle r Die PostFinanc e Top Scorer Zug, der sogar während der unter der Lupe Playoffs für dieses Bild ­posierte. Einerseits bringt es dem Spieler persönlichen Stolz und Anerkennung der Kollegen. Andererseits auch Geld für die Stars von morgen. Denn PostFinance belohnt den Top Scorer von jedem NL A- und NL B-Klub mit einer Sonderprämie, die in die jeweiligen Nachwuchskassen fliesst. Zudem überweist PostFinance denselben Betrag zur Unterstützung der ­Junioren-Nationalteams auch an Swiss Ice Hockey. In diesem Jahr sind es insgesamt stolze 364'600 Franken, die dem Nachwuchs zu Gute kommen. Fotos Pius Koller Das Hockey-M agazin der Schw

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Reportagen Mein Arbeitsplatz: Vreni Eichenberger/SCL Tigers Virtual National League: Kloten Flyers Meister Schiedsrichter: Internationale Einsätze als Sahnehäubchen Regio League: Wenn zwei sich streiten… Andy Murray: Der Chef als Assistent Red Bull Crashed Ice WC 2010

64 65 66 76

2010 IIHF World Championship Germany Eröffnungsspiel auf Schalke: Die Rekord Arena

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Overtime Philippe Bozon: Au Backe…

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Homestory:

Die Bieler WG Berra/Lötsch er Schweizer im Ausla Zu Besuch bei nd: Andres Amb ühl

Medienpar tner

Fussgänger zu Jäger: «Sind sie wahnsinnig auf Jogger zu schiessen?» Erwiedert der Jäger: «Jogger? Warum Jogger? Auf dem T-Shirt stand doch Reebok?!» Lieblingswitz von Sébastien Reuille, L akers


SLAPShots hotSHOT des Monats Nicht nur im sportlichen Bereich fehlt uns noch der berühmte kleine Schritt an die Spitze des Welt-Eishockeys. Auch im Ice-Entertainement sind uns die grossen Ligen NHL und KHL um Schritte voraus. Während hier zu Lande das Cheerleading eher noch in den Kinderschuhen steckt, wird das Unterstützen des eigenen Teams in Nordamerika wesentlich ernster genommen. Cheerleading-Contest ist Leistungssport! Und die IceGirls sind in den Spielunterbrüchen «part of the game». Seien wir ehrlich: Das sieht bei Stephanie von den «New York Islanders Ice Girls» auch sehr viel besser aus, als wenn der schnauzbärtige Eismeister, der mit Schaufel, Besen und Metalleimer bewaffnet ist, das Eis vom überflüssigen Schnee befreit... l

iPod Top 10 von

Caryl Neuenschwander, SC Bern

1. Pink Floyd The Dogs of War 2. Pink Floyd, Learning To Fly ond 3. Pink Floyd, Shine on you crazy diam 4. AC/DC, Hells Bells 5. Hans Zimmer, The Battle 6. Roger Waters, The tide is turning 7. U2, With or without you 8. Rihanna, Russian Roulette 9. Michael Jackson, Beat it 10. Renaud, Mistral gagnant

Foto: Peter Eggi

Kay und Suzanne Klee, Miss und Mister Teenie 2010, die Handball-­ Legende Carlos Lima oder Jetset-Queen Vera Dillier. Bei diesem fröh­ lichen Fund-Raising-Tag flossen insgesamt rund 180'000 Franken in die Kasse des Zürcher Nachwuchses. l

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der ZSC Lions

Furrer und der Vogler... Mit den Rapperswil-Jona ­Lakers hat Andreas Furrer (Bild) ein versöhnliches ­Saisonende ­erreicht und in den Playouts gegen die SCL Tigers den ­Ligaerhalt gesichtert. Der Verteidiger der Eisblauen zeigt sich aber auch neben dem Eis schlagfertig – ­zumindest verbal. Im ­Lakers-Magazin «inside» gibt er seine Gedanken zu den Buchstaben A bis Z preis. Bei A beginnt es ganz harmlos. Furrers Erklärung: «A wie Andreas. Nein, das ist zu ­billig. A wie Anfang. Denn aller Anfang ist ­bekanntlich schwer.» Dann kommt er aber langsam auf Touren und erreicht beim V den Höhepunkt: «V wie Vogler. René Vogler war mein langjähriger Sturm­partner beim EHC Winterthur. Wegen seinem Namen wurde er gar nicht so oft angezündet, schliesslich hatten wir noch einen Wichser und einen Blaser im Team...» l

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SLAPShots

Entweder oder… Dino Wieser HC Davos 13.06.1989 180 cm 83 kg

Name Club bu Ge rtstag Grösse Gewicht

Paolo Duca HC Ambrì-Piotta 03.06.1981 178 cm 84 kg

Beides Pizza oder Pasta? Pizza Fleisch Fisch oder Fleisch? Fleisch Kaffee e oder Tee? ffe Ka e ffe Ka Kino Kino oder Disco? Disco Telefonieren Telefonieren oder SMS? SMS h? Pünktlich Pünktlich oder Unpünktlic Pünktlich Meer oder Meer? e rg Be e rg Be Rock Rock oder Pop? Rock Tennis Tennis oder Fussball? Fussball Beides Buch oder DVD? DVD Ski Ski oder Snowboard? Ski Fondue Raclette oder Fondue? Raclette Blond Blond oder Brunette? Blond Wein Bier oder Wein? Bier T-Shirt er Jeans + T-Shirt? Jeans + od g zu An irt Sh T+ s Jean Oper Theater oder Oper? Keines eher Land Stadt oder Land? LAND Keines Facebook oder Twitter? KEINES Jassen Pokern oder Jassen? Pokern BBQ Après Ski oder BBQ? Après Ski

eisstark:

DJ ÖtZi POLO HOFer UND

& Die BaND

Mittwoch, 14. April 2010 ab 16 Uhr auf dem Ochsenbühl bei der Eishalle in Arosa um 20.10 Uhr Eishockey-Länderspiel Schweiz vs. Schweden in der Eishalle Vorverkauf: www.ticketcorner.com, www.swiss-icehockey.ch

Knallharter Verteidger und sanfter Papi

Als Beat ­Forster noch mit dem HCD um den HalbfinalEinzug kämpfte, erlebte er einen schönen Höhenflug. Zwischen Playoffspiel eins und zwei wurde der Davoser Abwehrrecke zum zweiten Mal Vater. Sohnemann Luca erblickte das Licht der Welt und gesellte sich zu Schwester Chiara. Die Freude über den gesunden Sprössling kann auch das frühe ­Playoff-Aus gegen die Kloten Flyers nicht trüben. Im ­Gegenteil, nun hat Beat Forster jede Menge Zeit, die er mit seiner Familie verbringen kann. Denn der knallharte Eishockeycrack ist Familienmensch durch und durch. Auf dem Eis ein kompromissloser Verteidiger, der ­keinen Zweikampf scheut und in der Defensive aufräumt, so sanft und umsorgend ist Beat Forster zu Hause bei seiner Familie. Gerne spielt er mit Töchterchen Chiara, die mit Brüderchen Luca ihren Papa in den kommenden Wochen ­sicherlich auf Trab halten wird. So kann das Ausscheiden aus den Playoffs auch mal seine guten Seiten haben. l


SLAPShots Fitness für die Playoff

Ici c'est Fribourg!

Schlusspfiff im Spiel zwischen FribourgGottéron und Zürich am 4. März 1980. 6:0 für die Westschweizer, Fribourg-Gottéron steigt in die Nationalliga A auf und ­verbleibt bis heute in der höchsten Spielklasse. Genau 30 Jahre später feierte der Club zu Ehren der damaligen Helden das Aufstiegs-Jubiläum: Am 4. März 2010 in Bern und zwei Tage später in Fribourg. Im Zähringer-Derby am 4. März 2010 liefen die Drachen in Retro-Trikots, identisch mit den Leibchen, welche die Spieler vor ­dreissig Jahren getragen haben, in die PostFinance-Arena ein. Nach dem Match

wurden die nostalgischen Originaldresses, von Serge Pelletiers Spielern getragen, im Internet versteigert. Der Gesamterlös: 17'660 Franken. Zwei Tage später kehrte das ­Jubiläums-Fieber nochmals in die ­Saane-Stadt zurück. Die Hockey-Pioniere des Aufstiegsteams von 1980 trafen sich in der Freiburger Altstadt und brachten ­Erinnerungen aus alten Zeiten zurück in die Hockey-Gemeinde Fribourg. Nach dem gemeinsamen Nachtessen in der Eishalle St. Léonard wurde die legendäre Mannschaft mit Replika ihres Originaltrikots vor Anpfiff vorgestellt. Ici c'est Fribourg! l

Mutter Jeannette Wick prüft im eigenen Fitnessstudio «Halle 41» den Zustand von Sohn Roman. Text: Walter Scheibli Roman Wick war bei den Olympischen Spielen in Vancouver der erfolgreichste Schweizer Eishockeyspieler. Der Stürmer der Kloten Flyers erzielte für das Team von Ralph Krueger zwei Tore und konnte sich drei Assists gutschreiben lassen. «Vancouver war für mich ein tolles Erlebnis, aber ich freue mich auch, wieder in Kloten zu sein», erklärte Roman Wick nach der Rückkehr ins Zürcher Unterland. Kaum da, tauchte er schon im elterlichen Fitnessstudio «Halle 41» an der Steinackerstrasse 41 im Klotener Industriegebiet auf. Der Sohn der ­EHC-Verteidigerlegende Marcel Wick liess es sich nicht nehmen, gleich wieder zu trainieren. Seine Mutter Jeannette Wick prüfte dabei kritisch seinen Fitnesszustand im Kraftraum. ­Natürlich konnte sie mit den Werten zufrieden sein. «Jetzt gilt meine ganze Konzentration den Kloten Flyers und dem Start in die Playoffs», freut sich der Nationalstürmer an diesem Tag auf den weiteren Verlauf der nationalen Meisterschaft. l

SLAPSHOT hat auf die Feiertage mit STREETBELT.CH ein besonderes Weihnachts­geschenk kreiert. STREETBELT.CH wurde eigentlich mit der Verwertung von alten Hydrantennummern am Gürtel bekannt. Mittlerweile bieten die drei Berner Jungunternehmer Reto Schürch (Ex-

NL A Goalie), Ciro Barisi, Hansjörg Kühni nicht nur Nummern in Ihrem Sortiment an, sondern auch den sogenannten LOGOBELT. SLAPSHOT liess eine limitierte Anzahl der

Trendgürtel ­anfertigen und bietet diese nun zum Preis von CHF 99.– an. Bestellen kann man die Gürtel in drei Grössen (90, 100, 110 cm) via abo@slapshot.ch.

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hockeymanager.ch

Endspurt! Die Playoff-Spiele sind am Laufen und es können noch wertvolle Punkte gesammelt werden. Natürlich lohnt es sich, noch einmal das letzte aus seinem Team herauszuholen. Attraktive Preise w­ arten noch immer auf die besten PlayoffTipper. Hier die Liste der hockeymanager.ch-Preise, sponsored by Caffè Chicco d'oro, Teleclub, EA Sports, Busch Composites, PostFinance, Mogo.ch und Cornèrcard Preise Gesamtrangliste 1. 1 x Teleclub-Abo (Wert CHF 1000) 2. 1 x Prepaid Card sponsored by Cornèrcard, Wert CHF 500 (Visa od. Mastercard) 3. – 12. 1 x Busch Schläger (hockeymanager edition, Wert CHF 300) 13. – 14. 1 x NL Trikot exklusiv edition (Wert CHF 250) 15. – 16. 1 x National League mogo application für mobile (Wert 100 CHF) 17. – 20. 1 x SLAPSHOT-Abo 21. – 22. 1 x Top Scorer Pack 23. 1 x Cap NY Islanders, signiert von Mark Streit 24. 1 x Cap HC Lugano, signiert von David Aebischer 25. 1 x Cap Dallas Stars, signiert von Tobias Stephan 26. - 30. 1 x NHL 10 Autogrammkarte, signiert von Mark Streit 31. - 35. 1 x Chicco d’Oro Preis 5 x Hockeymanager.ch-Polo

Preise Regular Season 1. 1 x Prepaid Card sponsored by Cornèrcard, Wert CHF 250 (Visa oder Mastercard) 2. – 11. 1 x Busch Schläger (hockeymanager edition, Wert CHF 300) 12. – 13. 1 x National League mogo application für mobile (Wert CHF 100) 14. – 17. 1 x SLAPSHOT-Abo 18. – 19. 1 x Top Scorer Pack 20. – 24. 1 x Chicco d’Oro Preis 25. – 29. 1 x Hockeymanager.ch-Polo Preise Playoff 1. 1 x Prepaid Card sponsored by Cornèrcard, Wert CHF 250 (Visa oder Mastercard) 2. – 11. 1 x Busch Schläger (hockeymanager edition, Wert CHF 300) 13. – 14. 1 x National League mogo application für mobile (Wert CHF 100) 15. – 18. 1 x SLAPSHOT-Abo 19. – 20. 1 x Top Scorer Pack 21. – 25. 1 x Chicco d’Oro Preis 26. – 30. 1 x Hockeymanager.ch-Polo

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Die 3 teuersten Spieler (final stats): Josh Holden Wert 18 Chicchi d’Oro Damien Brunner 15.5 Toni Salmelainen 14.5 Die 3 meistgekauften (final stats): Damien Brunner Josh Holden Thomas Déruns

Spieler 7372 mal 6281 mal 6046 mal

Die 3 meistverkauften (final stats): Lubos Bartecko Jeff Hamilton Petteri Nummelin

Spieler 3609 mal 3577 mal 3383 mal

Preise Tippspiel 1. – 2. 1 x National League mogo application für mobile (Wert CHF 100) 3. – 6. 1 x SLAPSHOT-Abo 7. – 11. 1 x EA SPORTS adidas T-Shirt 12. – 16. 1 x Chicco d’Oro Preis 17. – 21. 1 x Hockeymanager.ch-Polo


SLAPShots

Eishockey unter dem Hammer Was Privatpersonen schon lange machen, haben ­verschiedene Klubs und Verbände mittlerweile auch ­erlickt. Sie versuchen, via Auktionsplattformen Raritäten und Sammlerstücke an den Fan zu bringen. Hier einige Beispiele, die SLAPSHOT zugetragen wurden.

Die Letzten werden die Ersten sein Um den original getragenen und signierten Top Scorer-Helm von Stacy Roest zu ersteigern, mussten sich die Fans ihre Gebote erkaufen. Die Höhe spielte keine Rolle. Bei Auktionsschluss ergatterte nicht der Meist- sondern der Letztbietende der insgesamt 222 eingetroffenen Gebote den Goldhelm: für satte 2.50 CHF.

Playoff-Luft schnuppern mit Flyers Goal-Pucks Nach dem Einzug in den Playoff-Halbfinal versteigerten die Kloten Flyers auf Ricardo die Goal-Pucks aus den Viertelfinalspielen gegen den HCD. Nun können die Fans auch die Pucks aus den Halbfinals gegen den SCB ergattern. Diese Pucks wurden allesamt von den Klotener Hockeycracks im gegnerischen Tor versenkt. So verbreitet das kleine Runde echte Winner- und PlayoffLuft. Also tief einatmen und hoch bieten.

Formel 1-Fieber Eishockey unter dem Hammer? Nicht in Zug. Statt Trikots, Pucks oder Helme zu versteigern, überraschte der EV Zug seine Fans mit einer Auktion der ­besondern Art: Zum Start der Formel 1-Saison am 14. März versteigerte der EV Zug ein OriginalRennkombi von Kimi ­Räikkönen, mit dem der im Kanton Zug wohnhafte Finne 2007 als Pilot des Ferrari-Rennstalls zum WM-Titel gefahren war. Bei einem solchen Unikat hielten sich die Bieter nicht zurück. «Das Feedback auf Ricardo war riesig, dafür spricht die Anzahl Ge­ bote», freut sich Roland Wyss, Geschäftsführer der EVZ Sport AG. «Viele ­Leute waren begeistert von der einmaligen Auktion und boten deswegen eifrig mit.» Der Meistbietende ergatterte das begehrte Sammlerstück für 7079 Franken. Der Erlös fliesst in die Kassen des EVZNachwuchses. Die PostFinance Top Scorer öffnen ihren Trikot-Schrank Während die PostFinance Top Scorer in den Playoffs im Kampf um den Meistertitel ­schwitzen, kämpfen die Eishockey-Fans um Trophäen der etwas anderen Art: Auf www.swiss-icehockey.ch und www.nationalleague.ch können die signierten Original-­ Trikots der zwölf PostFinance-Top Scorer 2009/2010 ersteigert werden. Die Auktion läuft bis zum Schlusspfiff des allerletzten Meisterschaftsspiels. Der Erlös aus den verkauften Trikots kommt dem Schweizer Eishockey Nachwuchs zu Gute. Also los!

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History: Das Album

Das Panini-Album gehรถrt Michel Bongard und stammt von 1984.


Zürcher SC – 1984

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SnapSHOT

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Heisse Playoff-Zeit

Die Viertelfinal-Serie zwischen dem EV Zug und den ZSC Lions war ein Kampf auf Biegen und Brechen. Auch mit den Fäusten, wobei die Zürcher das bessere Ende für sich behielten: In diesen Infights hatte Löwe Daniel Schnyder Zugs Leitwolf Josh Holden im Griff. Und Alexej Krutov schwang gegen Thomas Rüfenacht obenaus. Es war allerdings ein kleiner Trost für das Ausscheiden.

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Fokus

364’600.– für d

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«PostFinance Top Scorer»-Ehrung 2010

den Nachwuchs FÜR DIE JUNGSTARS KAM DIE BESCHERUNG SCHON VOR DEN PLAYOFFS. DANK DEN POSTFINANCE TOP SCORERN, DIE MIT IHREN TOREN UND ASSISTS 364’600 FRANKEN FÜR DEN NACHWUCHS EINSPIELTEN.

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Fokus Top S

core r

CHF NL A 114’6 00 Sébastien Bordeleau, der dem Nachwuchs des EHC Biel mit seinen 40 Punkten 8’000 Franken in die Kasse geschossen hat und der es «geniesst, in der Schweiz Eishockey spielen zu dürfen, da es viel Spass macht», sorgt mit seinem persönlichen s ano Lug A, NL der iert dem Top Scorer tul gra , Musikwunsch an Bluecifer für Schmunzeln. In einST» PO IE «D ef n. r 13‘000 Franke tFinance und Konzernch wandfreiem Schweizerdeutsch verlangt er nach überreicht den Check übe Jürg Bucher, Leiter Pos und n kte Pun 65 mit ng sen Leistu Gölä – und bekommt den «Schwan» serviert. Randy Robitaille zu des Serge Aubin von Fribourg-Gottéron (8’200 Franken) erklärt, dass er sich auf die Playoffs freue. Vor allem, weil selber einlösen?» Der Kanadier lässt sich aber nicht aus es zum Duell gegen seinen Ex-Klub Servette kommt, Text: Andy Maschek Fotos: photopress.ch der Reserve locken und bringt die Lacher auf seine Seite «denn dort hatte ich drei wirklich schöne Jahre». – als ihm wie den anderen Top Scorern ein iPod, auf dem Peter Guggisberg, der für den HC Davos 8’400 Franken alle Klubhymnen gespeichert sind, überreicht wird. Die eingespielt hat, sorgt optisch für Furore. Nicht wegen Es ist ein launiger Vormittag am 8. März 2010. In der Frage von Steffi Buchli, ob er jetzt eine dieser Hymnen seines Kreuzbandrisses, da ist ihm beim Marsch auf die Berner Dampfzentrale, einem kulturellen Hotspot in der löschen werde, beantwortet Brooks kurz und trocken: Bühne nichts anzusehen. Sondern wegen seiner Bundeshauptstadt, treffen sich die torgefährlichsten «Zuerst jene von Rappi.» Wollmütze, mit der er in der Eishockeyfamilie heraus Spieler der National League A, Führung von Liga und Paolo Duca, der Top Scorer des HC Ambrì-Piotta (7’800 sticht... Sein Wunsch, ein Song von Patent Ochnser, Verband sowie weitere Freunde des Eishockeys, um auf Franken), erzählt den anwesenden Gästen, dass es bleibt allerdings unerfüllt. «W. Nuss Vo Bümpliz» wird Einladung von PostFinance die Top Scorer zu feiern. eigentlich ein Wunder sei, dass ein Klub wie Ambrì in von Bluecifer wohl angestimmt – doch dann wird auf «Diese Spieler tanzen ihre Gegner aus und sorgen sonst der höchsten Spielklasse bestehen könne, dass er die Initiative der Band Musik von «Span» gespielt. selber für die Musik», sagt Konzernchef Jürg Bucher in Berge und das Leben in der Leventina liebe und dass er Ebenfalls 8’400 Franken eroberte Ivo Rüthemann für den seiner Begrüssungsrede. den Text der Hymne La Montanara selbstverständlich SC Bern. Doch er macht es im Gegensatz zu Guggisberg Die Musik zieht sich denn auch wie ein roter Faden durch auswendig kenne. «Aber ich singe jetzt nicht vor...» den Musikern leicht. «Wählt einen Song für mich», ruft er den Anlass. Denn was PostFinance fürs Schweizer Eishockey tut, ist für die Klubs und die Sportler ein Hit und schönste Musik in ihren Ohren. 114’600 Franken überweist die Finanzdienstleisterin in die Juniorenkassen der zwölf NL A-Klubs – pro Punkt des jeweiligen Top Scorers sind es 200 Franken. Für die NL B-Klubs sind es für die Regular Season 2009/2010 pro Punkt 100 Franken und insgesamt 67’700 Franken. Und als Krönung überweist PostFinance denselben Betrag, total 182’300 Franken zur Unterstützung der Junioren- Nationalteams an Swiss Ice Hockey. So lässt PostFinance in der Saison 2009/2010 dank den Top Scorern die Kassen mit insgesamt 364’600 Franken klingeln. Zurück zur Ehrung in der Dampfzentrale und zur Musik. Umrahmt wird der Anlass von der Band Bluecifer, die bei jedem Spieler die Klubhymne spielt und einen Musikwunsch erfüllt – oder dies zumindest versucht.

LÖST BROOKS DEN CHECK SELBER EIN? Als erster Spieler wird Brendan Brooks von den SCL Tigers aufgerufen. Dass ihm ein Check über 6’800 Franken überreicht wird, inspiriert Moderatorin Steffi Buchli zum verbalen Forechecking des Tages: «Bei den Lohnkürzungen im Emmental, werden Sie da den Check gleich Jürg Bucher, Leiter PostFinance und Konzernchef «DIE POST», mit U20-Nati-Trainer Köbi Kölliker und Philippe Gaydoul, Präsident Swiss Ice Hockey.

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«PostFinance Top Scorer»-Ehrung 2010 Bluecifer zu und erhält «Tainted love» der Gruppe Soft Cell. Übersetzt heisst «Tainted love» «verdorbene Liebe» und passt mit der Passage «Manchmal fühle ich mich, als müsste ich wegrennen, als müsste ich wegkommen von dem Schmerz, den du mir in mein Herz treibst» gut zu der jüngsten Playoff-Vergangenheit der Berner. Tommi Santala, der Finne der Kloten Flyers, wünscht sich nach der Übergabe des 9’800-Franken-Checks ein Stück von Abba und bekommt «Waterloo» zu hören. Da werden nicht nur bei ihm Erinnerungen an den letztjährigen Playoff-Final wach, den die Flyers gegen Davos verloren. Stacy Roest ist sichtlich gespalten. Er nervt sich, dass er mit den Rapperswil-Jona Lakers die Playoffs verpasst hat. Und er freut sich über die 10’400 Franken, die er für den Nachwuchs der Rapperswil-Jona Lakers erobert hat, lässt sich die Übergabe passend mit einem Song von Johnny Cash versüssen.

BÄRTSCHI : ROTER WEIN UND JASSKARTEN Gemeinsam aufs finanzielle Podest geschafft haben es Toni Salmelainen von Servette und Patrik Bärtschi von den ZSC Lions mit jeweils 10’600 Franken. Salmelainen wünscht sich Bruce Springsteen und freut sich auf die Playoffs: «Es macht Spass, in dieser Zeit in den Ring zu steigen.» Bärtschi gesteht, dass er auf der Fahrt an die Spiele lieber jasst als Musik hört, freut sich aber dennoch über «Red Red Wine» von «UB40». Josh Holden (12’600 Franken), im edlen Zwirn gekleidet und die Haare perfekt mit Gel frisiert, verrät, dass in der Zuger Garderobe die jüngeren Spieler die Herrschaft über die Musik übernommen haben. «Das machen meistens Rafael Diaz und Damien Brunner.» Seine persönliche Lieblingsmusik? «House oder Dance», sagt er lachend – und wünscht sich, auf Bluecifer Rücksicht nehmend, AC/DC. Und dann wird noch der Beste der Besten der vergangenen Regular Season, Randy Robitaille, auf die Bühne gerufen. Er hat dem Nachwuchs des HC Lugano stolze 13’000 Franken eingespielt, verlangt nach Bon Jovi und wird mit «Bed of Roses» beglückt. Nach der Verteilung an die einzelnen Klubs kommt auch noch Swiss Ice Hockey zum Handkuss. Präsident Philippe Gaydoul und U20-Natitrainer Köbi Kölliker nehmen von Jürg Bucher strahlend den Check über 182’300 Franken entgegen. Gaydoul bedankt sich bei PostFinance, schwärmt vom Engagement und sagt: «Wir wollen den Nachwuchs weiter fördern und fordern.» Und Köbi Kölliker, der die U20 zum vierten WM-Platz geführt hat, ergänzt: «Es ist immer ein schmaler Grat, aber ich bin guten Mutes, dass wir auch in Zukunft eine schlagkräftige Mannschaft stellen werden.»

Diese Zukunft des Schweizer Eishockeys findet ohne den grossen Abwesenden des Tages, Ex-Nati-Coach Ralph Krueger, statt. «Ich möchte Ralph Krueger für die vergangenen Jahre noch einen speziellen Dank aussprechen, für alles, was er für das Schweizer Eishockey geleistet hat», sagt Jürg Bucher. «PostFinance wird sich von ihm noch persönlich in einem kleineren Rahmen verabschieden.» l

Top Scorer Total

CHF 182’300

Top Scorer NL B

CHF 67’700

Thomas Zimmermann, Leiter Sponsoring PostFinance, überreicht Visp-Kanadier Dominic Forget, dem Top Scorer der NL B, den Check über 10’500 Franken – ein schöner Zustupf in die Nachwuchskasse der Walliser.

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Fokus Interview

«Eishockey passt perfekt zu uns» ALLE JAHRE UNTERSTÜTZT POSTFINANCE DEN SCHWEIZER EISHOCKEY-NACHWUCHS FINANZIELL. DIE FRANKEN, WELCHE DIE TOP SCORER DER EINZELNEN KLUBS EINSPIELEN, SIND EIN WILLKOMMENER ZUSTUPF IN DIE NACHWUCHSKASSEN. ES IST EIN ENGAGEMENT, DAS AUCH POSTFINANCE SPASS MACHT, WIE THOMAS ZIMMERMANN, LEITER SPONSORING, IM INTERVIEW ERKLÄRT. Text: Andy Maschek Foto: Reto Fiechter Was ist es für ein Gefühl, dem Schweizer Eishockey auf Grund des PostFinance Top Scorer-Engagements insgesamt 364’600 Franken überweisen zu können? Das ist schön, und wir machen es sehr gerne. Der Einsatz des Geldes entspricht genau unserem Anliegen, nicht nur Spitzensport, sondern auch Nachwuchs zu fördern. Und wir wissen, dass das Geld am richtigen Ort ankommt. PostFinance bescherte Klubs und Verband zum achten Mal Zahltag. Ist es Routine oder noch speziell? Definitiv immer noch ein spezielles Ereignis. Der Kern unserer Botschaft bleibt der gleiche, aber es wechseln ja immer wieder die Top Scorer sowie die Location und das Motto der Ehrung. Wir hatten beispielsweise schon die Themen Kino oder Eisskulpturen und in diesem Jahr Musik. So wird die Ehrung immer wieder zu einem anderen Anlass in einer lockeren Atmosphäre.

Journalisten-Training in der PostFinance-Arena in Bern (v.r.n.l.): Thomas Zimmermann, Larry Huras, Headcoach SC Bern, Alain Kappeler, Head of Marketing Swiss Ice Hockey und Felix Bloesch, Managing Director Perron8, nach der anstrengenden Trainingseinheit.

Weshalb hat sich PostFinance gerade fürs Eishockey entschieden? Es war ein Glücksfall, dass wir in der Saison 2001/2002 eingestiegen sind. Eishockey eignet sich bestens, um PostFinance beim Erreichen ihrer hohen Ziele zu unterstützen. Es füllt die Stadien in der ganzen Schweiz, das heisst, wir erzielen eine hervorragende landesweite Abdeckung. Es ist eine schnelle, dynamische Sportart, was zur Entwicklung von PostFinance passt. Das sind Faktoren, weshalb PostFinance und Eishockey so gut zusammen passen.

PostFinance ist im Verband und in der Liga, bei den Klubs, im Nachwuchs, Spitzensport und Breitensport aktiv. Was ist die genaue Strategie? Die Strategie hat sich stets weiter entwickelt. Zuerst suchten wir ein breites Engagement, um PostFinance als junges Finanzinstitut in der ganzen Schweiz bekannt zu machen. Schliesslich gibt es den Namen PostFinance erst seit gut zehn Jahren. Wir wollten PostFinance als eigenständige Marke im Finanzplatz positionieren. Wir haben immer gesagt, dass wir ein grosses, medienwirksames Engagement haben wollen. Wie Eishockey. Und dieses muss immer auch mit dem Nachwuchs verknüpft sein. Das heisst? Alle unsere Engagements beinhalten immer auch einen Teil Nachwuchsförderung. So entstanden der PostFinance Top Scorer und die PostFinance Trophy. Zudem wollen wir neben dem Engagement bei der Nationalmannschaft und der Liga auch die einzelnen Klubs unterstützen. Zum Teil auch, um den Unterschied zwischen kleineren und grösseren Klubs etwas auszugleichen. Was ist entscheidend, dass eine Zusammenarbeit funktioniert und eine Win-Win-Situation entsteht? Dass eine Partnerschaft lebt. Wir reden nicht gerne von Sponsoren, sondern viel lieber von Partnerschaften, was schon sehr viel aussagt. Eine Partnerschaft muss gelebt werden. Ideal ist es, den Vertrag zu unterschrieben und das nächste Mal erst wieder hervorzunehmen, wenn man über die Verlängerung diskutiert. Das ist momentan mit dem Verband sowie der Liga und auch bei den einzelnen Klubs der Fall. Wenn man bei jeder Sitzung den Vertrag vor sich hat, stimmt etwas nicht. Sie unterstützen den Nachwuchs. Die Kinder von heute sind die Kunden von morgen... Das ist ein Ansatz, aber nicht ausschlaggebend. PostFinance ist davon überzeugt, dass Unternehmen, denen es gut geht, sich auch im Nachwuchsbereich engagieren sollten. Das ist der gelbe Faden in unserer Sponsoringstrategie. Durch unser Engagement bei den einzelnen Klubs in der National League werden wir auf jeden Fall Schweizer Meister. Die Marke PostFinance ist etabliert. Wie gross ist der Anteil des Eishocheys? Das Engagement im Schweizer Eishockey hat einen wesentlichen Teil zur Bekanntheit von PostFinance beigetragen. Nebst vielen anderen Aktivitäten macht es aber der Mix aus. Für uns ist wichtig, dass wir als Hauptpartner des Schweizer Eishockeys wahrgenommen werden. l


«PostFinance Top Scorer»-Ehrung 2010

Live aus der Dampfzentrale WENN SICH DIE EISHOCKEY-FAMILIE TRIFFT, HERRSCHT GUTE LAUNE BEI GESELLIGEM ZUSAMMENSEIN. SO AUCH BEI DER «POSTFINANCE TOP SCORER-EHRUNG» IN DER BERNER DAMPFZENTRALE. DORT WURDEN BEI LECKEREN HÄPPCHEN UND EINEM FEINEN APÉRO NEWS AUSGETAUSCHT, SMALLTALK GETRIEBEN UND SELBSTVERSTÄNDLICH VIEL GESCHMUNZELT UND AUCH HERZHAFT GELACHT. Fotos: Reto Fiechter Gastgeber Jürg Bucher, Leiter PostFinance und Konzernchef «DIE POST» mit Phillippe Gaydoul, Präsident und Verwaltungsrat Swiss Ice Hockey.

Pius-David Kuonen, Sportchef und Verwaltungsrat Swiss Ice Hockey, mit Sven Leuenberger, General Manager SC Bern.

Marc Furrer, Präsident Aufsichtsrat National League, mit Ueli Schwarz, Head of Academy Swiss Ice Hockey.

Daniel Villard, Geschäftsführer EHC Biel AG, mit Roland Habisreutinger, Sportchef HC Lugano.

Köbi Kölliker, Head Coach U20 National Team Swiss Ice Hockey, mit Ambrì-Top Scorer Paolo Duca.

Beatrice Trachsel, Geschäftsführerin Eventicum AG, mit Peter Lüthi, Director Swiss Ice Hockey.

Rolf Bachmann, COO SC Bern, mit Louis Christoffel, Direktor des HC Servette-Genf.

Reto Bertolotti, Referee in Chief Swiss Ice Hockey, mit Patrick Reber, Head of Communication National League.

Jean-Jacques Aeschlimann, General Direktor HC Ambrì-Piotta, mit Reto Klaus, Geschäftsführer Lakers Sport AG.

Willy Vögtlin, Game Operations National League, mit Werner Augsburger, Director National League.

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Versus

Paolo Duca vs. Tomm PAOLO DUCA VS. TOMMI SANTALA IST EIN GUTER VERGLEICH ZWEIER EISHOCKEYKULTUREN. ES CHARAKTERISIERT DIE UNTERSCHIEDE ZWISCHEN DEM EISHOCKEY IN DER SCHWEIZ UND IN FINNLAND. HIER DER MITTELMÄSSIG KRÄFTIGE UND NICHT EBEN GROSS GEWACHSENE PAOLO DUCA, NUR ZURÜCKHALTEND GESEGNET MIT TALENT. ER MACHT SEINE DEFIZITE MIT SCHLAUHEIT, LEIDENSCHAFT UND DISZIPLIN WETT. DORT DER GROSS GEWACHSENE, KRÄFTIGE UND ZIEMLICH TALENTIERTE TOMMI SANTALA, DER SEINE GRUNDSÄTZLICHE ÜBERLEGENHEIT NICHT IMMER UMSETZEN KANN. SANTALA MIT DER LEIDENSCHAFT, DEM TEMPERAMENT UND DER LERNFÄHIGKEIT VON DUCA ODER DUCA MIT DEN KÖRPERLICHEN VORAUSSETZUNGEN UND DER SCHUSSKRAFT VON SANTALA: DIESE SYNTHESE WÄRE EIN PERFEKTER NHL-SPIELER.

Text: Fotos:

Thomas Roost Central Scouting Europe Pius Koller

Wenn ich an das Tessin denke, sehe ich vor meinen Augen ein heimeliges Grotto. Eine wärmende Abendsonne, einen kräftigen Risotto mit einem guten Schluck Merlot aus einem handbemalten Boccalino. Alles serviert von freundlichen, leidenschaftlichen Menschen. Wenn ich ans Tessiner Eishockey denke, sehe ich Paolo Duca vor mir. Er verkörpert nicht nur das Eishockey der Leventina, sondern des gesamten Kantons – sorry, Bianco-Neri! Ambrì ist Kult, die Fans sind die besten der gesamten Liga und Duca ist die Identifikationsfigur par excellence für diese erstklassige Eishockeymarke, den HC AmbrìPiotta. Ambrì ohne Duca wäre wie ein Iglu ohne Eskimo oder wie Melanie Winiger ohne ihre rauchige Stimme. Aber aufgepasst, Paolo Duca in Zürich oder Bern ist wie die Basler Fasnacht in der Limmatstadt oder wie Christoph Blocher am 1. MaiUmzug: unverstanden und deplatziert. Das Experiment mit Duca in Zürich, später

auch in Zug, gibt es ja bereits und kaum jemand erinnert sich daran. Denn Duca war unauffällig, mittelmässig, austauschbar. Exakt dies ist er in Ambrì nicht. Duca ist in Ambrì ein Star – und dies zu Recht. Der junge Duca wurde als die talentiertere Version des ehemaligen MontrealDraftpicks Mattia Baldi angepriesen. Diese Vorhersage sollte sich nicht als schlecht erweisen. Vorerst wurde aber das Talent von Paolo Duca etwas verkannt. Er erhielt zwar früh in seiner Karriere Verträge in Zürich und später in Zug. Aber als Leader und Leistungsträger wurde er weder in

PAOLO DUCA Persönlich: 03.06.1981, 178 cm, 84 kg, Flügel, schiesst links 2008/2009: NL A, Ambrì-Piotta 50 Spiele 18 Tore 29 Assists 47 Punkte 12 Spiele 7 Tore 4 Assists 11 Punkte 2009/2010: NL A, Ambrì-Piotta 50 Spiele 18 Tore 21 Assists 39 Punkte

45 PIM 4 PIM 40 PIM

STAND ENDE REGULAR SAISON 09.03.2010

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CH

F7

’80

0.–

Zürich noch in der Innerschweiz gesehen. Er war ein so genannter Ergänzungsspieler, der hier und da seine Klasse aufblitzen liess, aber just in den dümmsten Momenten von Verletzungen geplagt wurde. Erst in Ambrì wurde er zum Star. Paolo Duca, das ist Energie, Intensität und Leidenschaft. Er hat Feuer in den Augen und setzt seine recht guten Skatingfähigkeiten dazu ein – er hat ziemlich bewegliche Füsse und recht schnelle Beine –, wie ein Pitbull die Banden und die Spielfeldecken zu terrorisieren. Sein Talentlevel ist nur etwas besser als Durchschnitt, umso mehr ziehe ich den Hut vor seiner Entwicklung.


HC Ambrì-Piotta vs. Kloten Flyers

mi Santala Ähnlich wie Ivo Rüthemann in Bern hat der Ambrì-Duca ganz bestimmt das Beste aus seinen genetischen Möglichkeiten herausgeholt. Er hat die Qualität, sich ungeachtet seines Alters von Jahr zu Jahr zu verbessern. In dieser Beziehung ähnelt er Mark Streit. Die Schwächen im Spielerprofil des Ambrì-Captains liegen im Bereich Skill-Level: Er kann sich in «Einsgegen-Eins-Situationen» kaum durchsetzen. Hierfür fehlen ihm die schnellen und weichen Hände, die «Moves» und die «Dekes». Auch seine Schussqualitäten sind nicht viel besser als Durchschnitt. Genug der Kritik. Paolo Duca ist der «FranchisePlayer» in Ambrì, der Spieler, um den man eine Mannschaft aufbaut.

FINNISCHE WERTE Wenn ich an Finnland denke, sehe ich vor meinen Augen gross gewachsene, introvertierte, verbindliche und nach einer gewissen Anlaufzeit sehr gastfreundliche Menschen. Pitoreske Küsten, eine flache Landschaft mit Birkenwäldern und viel Schnee. Ein Land mit hoch entwickelter Technologie und hoch gebildeter Bevölkerung. Wenn ich ans finnische Eishockey denke, sehe ich einen Spieler wie Tommi Santala vor mir: gross, kräftig, mit einer guten hockeytechnischen Grundausbildung. Nicht unbedingt mit viel Killerinstinkt, mit mittelmässigem Selbstvertrauen, kein Wortführer in der Kabine. Finnische Stürmer neigen oft auch dazu, dem Schuss einen Pass vorzuziehen, exakt so wie Tommi Santala. Tommi Santala ist der aktuelle Top Scorer bei den Kloten Flyers. Und ich bin überzeugt, dass er sich nicht

wohl fühlt mit dem auffälligen Trikot und dem gelben Helm. Er war in Finnland nie ein Superstar, sondern eher ein zuverlässiger Teamplayer mit geringer Fehleranfälligkeit. Tommi Santala stammt aus Helsinki und hat die meiste Zeit als Junior bei Jokerit gespielt. Er war ein so genannter «Late Bloomer», ein Spieler der sich erst in späteren Jahren entwickelt hat. Santala hat beispielsweise nie in der finnischen U18-Nationalmannschaft gespielt. Später hat er es immerhin ins U20Nationalteam geschafft, aber ohne dabei die erste Geige zu spielen. In dieser Zeit hatte die Profimannschaft von Jokerit ein sehr starkes Team und es war schwierig für den

jungen Santala, sich einen Platz zu erkämpfen. Er wechselte darum zu HPK. Dieser Wechsel war im Nachhinein ein Segen für seine weitere Karriere. Er spielte in den folgenden vier Jahren bei HPK so gut, dass er erste Aufgebote in die Nationalmannschaft erhielt. In der Saison 2002/ 2003 war er der Spieler mit den meisten Assists in der SM-League! Seine Leistungssteigerung gepaart mit seinen Gardemassen blieb in Nordamerika nicht unerkannt. Er kam mit den Atlanta Thrashers und den Vancouver Canucks auf immerhin 97 NHL-Spiele. Hinzu kamen mehr als 100 Spiele in der AHL mit den Chicago Wolves und den Manitoba Moose. Tommi Santala ist ein «PlaymakingCenter», ein Mittelstürmer mit Spielmacherqualitäten. Er verfügt über einen sehr guten Schuss, wählt aber

die Schussoption zu selten. Sein Talentlevel ist gut und er hat einen exzellenten Eishockey-Körper – Santala ist gross gewachsen und kräftig. Ein wenig bemängle ich seinen «Foot-Speed». Das heisst, er ist auf den ersten Metern und bei engen Wendungen, schnellen Stopps und Starts nicht so explosiv, wie er es sein sollte. Die Gründe, wieso Santala nicht in der NHL spielt, liegen im mentalen Bereich: Er ist mental nicht sehr robust und betreffend Trainingsfleiss bringt er «nur» 100 Prozent anstelle 110 oder 120 wie es für die NHL notwendig ist. All dies führte dazu, dass Tommi Santala heute unsere NL A bereichert. Die Kloten Flyers scheinen mit ihm zufrieden zu sein, denn sein Vertrag wurde erst kürzlich verlängert.

FAZIT Tommi Santala ist unter dem Strich der bessere Eishockeyspieler als Paolo Duca. Duca ist aber wertvoller für Ambrì als Santala für Kloten. Duca ist das Herz, die Seele und der Kopf der Leventiner. Im Gegensatz zu Duca glaube ich nicht, dass man Tommi Santala als Klotener FranchisePlayer bezeichnen kann, hierzu fehlt es ihm etwas an Ausstrahlung. Der Finne ist ein Söldner mit einem ansprechenden «Return On Investment», man erhält eine recht gute Gegenleistung für die finanziellen Aufwendungen. Paolo Duca ist auf seine Art für Ambrì unbezahlbar, wie auch Ambrì für Duca ein Glücksfall ist. Beide Parteien, Duca und Ambrì, tun gut daran, diese Win-Win-Konstellation in Ehren zu halten. Allfällige Experimente werden beide teuer bezahlen. Sie werden sich hüten. l

TOMMI SANTALA

CHF 9’800.–

Persönlich: 27.06.1979, 190 cm, 95 kg, Center, schiesst rechts 2008/2009: NL A, Kloten Flyers 50 Spiele 13 Tore 35 Assists 48 Punkte 96 PIM 15 Spiele 4 Tore 5 Assists 9 Punkte 18 PIM 2009/2010: NL A, Kloten Flyers 47 Spiele 17 Tore 32 Assists 49 Punkte 59 PIM STAND ENDE REGULAR SAISON 09.03.2010

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Am Ende blieb Robitaille nu WENN JEMAND IN DIESER SAISON EIN WECHSELBAD DER GEFÜHLE DURCHGEMACHT HAT, DANN SICHER LUGANOS RANDY ROBITAILLE. ALS POSTFINANCE TOP SCORER SEINES TEAMS SAMMELTE ER AUCH AM MEISTEN PUNKTE IN DER GANZEN LIGA. UND DANN WAR ER EINER DER SÜNDENBÖCKE BEI LUGANOS SANG- UND KLANGLOSEM VIERTELFINALAUSSCHEIDEN GEGEN BERN. Text: Kurt Wechsler Foto: Pius Koller 50 Spiele, 16 Tore, 49 Assists – das war die eindrückliche Bilanz von Randy Robitaille in der Regular Season 2009/2010. Mit dieser Ausbeute war er vor dem Zuger Josh Holden der erfolgreichste Punktesammler der Liga. Stolz sagte Robitaille damals, als er einen Tag vor dem Start der Playoffs für diese Leistung gewürdigt wurde: «Das ist eine grosse Ehre für mich. Es gibt viele gute Spieler und Skorer, die in dieser Liga spielen. So ist es auch eine grosse Befriedigung für mich. Vor allem, weil die Saison zuvor sehr schwierig gewesen war.» Damals, in seiner ersten Saison beim HC Lugano, musste sich zuerst seine Tochter einer Operation unterziehen. Dann hatte er selber Herzrhythmusstörungen und musste ebenfalls unters Messer. «Das war ein Jahr zum Vergessen», sagt der vierfache Vater rückblickend über diese Zeit, die auch psychisch extrem belastend war.

KEINE TORE – ABER VIEL SCHELTE Doch die miese Vergangenheit holte den Kanadier auch in dieser Saison wieder ein. Nach der erfolgreichen Regular Season tauchte er in den Playoff-Viertelfinals gegen den SC Bern total ab. Kein Tor, lediglich ein Assist in drei Spielen – und viel mediale Schelte. Ausserdem erhielt er im dritten Duell eine Spieldauerdisziplinarstrafe, wäre aber im nächsten Match wieder einsatzberechtigt gewesen. Doch da, im letzten Saisonspiel der Tessiner, wurde Randy Robitaille von Trai-

ner Philippe Bozon in der Resega auf die Tribüne verbannt. Bei Robitaille gibt es nur top oder flop, heisst es immer wieder. Er ist kein Leader, der die Mannschaft aus einem Tief herausholen, das Steuer herumreissen kann. Und genau diese Einschätzung traf auch zu. Eine Top-Bilanz in der Regular Season, ein Flop in den Playoffs. «Ich versuche, immer gleich zu bleiben und gebe immer mein Bestes», wehrt sich Robitaille gegen diese «Verurteilung». Aber klar, es könne auch in einer erfolgreichen Saison Spiele geben, in denen man sich müde fühle und nicht die optimale Leistung abliefern könne, in denen es nicht laufe, wie man es sich vorstelle. «Doch das gibt es bei jedem Sportler.»

LUGANO IDEAL FÜR DIE KINDER In der Lockout Season 2004/2005 hatte Randy Robitaille sein erstes Gastspiel in der Schweiz. Damals stürmte er für die ZSC Lions und wurde mit 67 Punkten aus 36 Spielen PostFinance Top Scorer der Liga. Was ist für den 35-Jährigen der Unterschied zwischen Zürich und Lugano? «Eishockeymässig sind beide Städte schlicht grossartig. In Zürich kann man ausserhalb des Stadions sicher mehr unternehmen, und damals hatten wir noch keine Kinder», erzählt Robitaille. «Aber in der heutigen Situation bevorzugen wir kleinere Städte wie Lugano, denn besonders mit Kindern lebt es sich hier hervorragend.» Lugano mit dem milden Klima, dem See und den Bergen sei einfach ein wunderschöner Fleck auf der Erde. «First Class!» Sportlich hatte Robitaille grosse Ambitionen, als er 2008 von Ottawa nach Lugano kam.

CHF 13’000.–


HC Lugano

ur der Frust «Die Vergangenheit zeigt, dass der HC Lugano grosse Erfolge gefeiert hat. Und die Spieler wollen immer dorthin gehen, wo man gewinnt, denn letztlich sind vor allem die Winning Teams attraktiv», sagt er. «In Lugano ist Eishockey die Sportart Nummer eins. Auch wenn die letzten Jahre nicht so erfolgreich waren.» In der Tat klafften Anspruch und Wirklichkeit weit auseinander. Viel zu weit. Und deshalb werden auch die Spieler in Frage gestellt. Robitailles Vertrag läuft zwar noch ein weiteres Jahr – aber ob er diesen auch erfüllen darf, stand bei Redaktionsschluss nicht fest. Klar war, dass die von Tessiner Medien verbreitete Meldung, dass Robitaille intern mit 10’000 Franken gebüsst worden sei, nicht stimmte.

WUNDEN LECKEN IN OTTAWA Für die Frustbewältigung reist Randy Robitaille mit seiner Frau Jo-Anne und den Kindern Hunter, Mallory, Cole, Scarlett heim nach Ottawa, wo er ein Haus besitzt. Viel Zeit mit der Familie verbringen, viel schwimmen werde er dann. Und natürlich Golf spielen, dafür habe ihm in den letzten Jahren wegen der Kinder oft die Zeit gefehlt. «Denn mit vier kleinen Kindern ist Freiraum für Hobbies oft Mangelware. Aber mit der ganzen Familie zu reisen macht grossen Spass.» Und nebenbei geniesse er es auch, ab und zu eine gute Flasche Wein zu trinken. In diesen Wochen daheim wird Robitaille ausserdem über seine bisherige Karriere nachdenken und über den weiteren Verlauf studieren. Höhepunkte in seinem Eishockey-Leben seien ganz sicher das erste NHL-Spiel, der erste NHL-Treffer, die ersten Playoffs gewesen. Aber ganz sicher auch sein letztes Jahr in der besten Liga der Welt, als er für seine Heimatstadt Ottawa spielen konnte. 70 Mal lief er da für die Senators auf, realisierte 10 Tore und 20 Assists. Seine NHL-Bilanz liegt damit bei 544 Spielen, 85 Toren und 176 Assists. Allerdings ist diese Statistik nicht endgültig, wenn es nach Robitaille geht. «Man kann nie sagen, dass das Thema NHL abgeschlossen ist», erklärt der 1,80 m grosse und 88 kg schwere Stürmer. «Falls eine Anfrage käme, müsste man sie prüfen. Aber unser Plan ist es, in der Schweiz zu bleiben.»

ASSISTENZTRAINER SANDRO BERTAGGIA ÜBER RANDY ROBITAILLE «Randy Robitaille ist ein sehr sensibler Spieler», sagt Luganos Assistenztrainer Sandro Bertaggia über den kanadischen Stürmer. «Aber technisch und spielerisch ist er einer der besten in der Schweiz.» Er sei beispielweise auch im Training sehr fordernd, gegenüber sich selber und gegenüber seinen Teamkollegen. Er gehe einen hohen Rhythmus und erwarte eine hohe Passqualität, also dass der Puck jeweils genau auf den Stock komme. Ein weiterer Trumpf sei, dass Robitaille die Faceoffs grösstenteils gewinne. «Randy ist zwar ein ruhiger Typ, hat aber dennoch immer eine Antwort bereit – und zwar auf und neben dem Eis.» Wie auch schon die Statistik zeige, sei Robitaille mehr Passgeber als Torminator, «aber er ist ein genialer Spieler, der einen Match im Alleingang entscheiden kann.»

Denn er weiss selber auch, dass die NHL ein knallhartes Geschäft ist. Vor allem für einen Familienvater. Denn wenn man Robitaille nach seinem Tiefpunkt in der NHL fragt, kommt die Antwort: «Wenn man transferiert wird, ist dies nicht immer so einfach. Aber die NHL ist ein Big Business und als Spieler hat man bei Transfers nicht immer viel zu sagen. Das ist halt so.» Trotzdem, irgendwo im Hinterkopf schwirrt bei ihm die NHL noch rum. Der Traum für seine Aktivkarriere sei der Stanley Cup-Gewinn. «Aber leider hatte ich nie die Gelegenheit dazu. Doch man weiss ja nie...»

TRAUM VOM SCHWEIZER MEISTERTITEL Klar ist aber, dass Randy Robitaille noch nicht daran denkt, seine Schlittschuhe in der näheren Zukunft an den Nagel zu hängen. Er sei leidenschaftlich gerne Eishockeyprofi, möchte noch Titel gewinnen. Und bei Lugano am liebsten gemeinsam mit Hnat Domenichelli stürmen, der im Tessin sein Lieblingsmitspieler ist. «Wir haben gezeigt, dass die Chemie stimmt», sagt Robitaille. Allerdings nicht in den Playoffs – denn gegen den SCB sind Robitaille und Domenichelli nicht nur vieles, sondern praktisch alles schuldig geblieben. «Meine Karriere ist noch nicht fertig», sagt Robitaille, der sich selber als ruhigen Menschen sieht, energisch. «Und ich hoffe, dass sie noch lange dauert. Ich möchte auch noch die Schweizer Meisterschaft gewinnen – und später im Eishockey bleiben. In Kanada oder auch in der Schweiz.» Seine Heimat liegt ihm am Herzen. Das zeigte sich auch an den Oympischen Spielen 2010 in Vancouver. «Wenn mein Heimatland ein so wichtiges Turnier wie Olympia gewinnt, fühlt

man sich schon irgendwie wie ein Teil davon», sagt er. «Das Team hat mich anfangs und während des Turniers wohl nervös gemacht. Aber sie wurden immer stärker und haben es dann auch ganz stark abgeschlossen.» Man dürfe nicht vergessen, dass es für die Mannschaft nicht einfach gewesen sei, dieses Turnier zu spielen. «Der Druck war hoch, vor allem, weil die Spiele im eigenen Land stattgefunden haben. Die Spieler haben diesen Druck aber extrem gut gemeistert und alle Kanadier sehr stolz gemacht.» Auch ihn. Aber war da auch Wehmut vorhanden, weil er nicht selber seinen Teil dazu beitragen konnte? «Nein, definitiv nicht», sagt er. «Als Kanadier versteht man, dass man keine Chance hat, Mitglied eines solchen Teams zu sein, wenn man nicht selber in der NHL spielt. Das hat keiner geschafft. Die Auswahl an Spielern war sehr gross, und die Kanadier wollten diese Goldmedaille unter allen Umständen gewinnen.» Randy Robitaille lacht, während er dies sagt. Als ihm Philippe Bozon am 16. März 2010 mitteilte, dass er im vierten (und letzten) Playoff-Spiel gegen den SC Bern, als es eine 1:3-Niederlage absetzte, nicht zum Einsatz kommt, ist dagegen kaum ein Lächeln über sein Gesicht gehuscht... l

RANDY ROBITAILLE Persönlich: 12.10.1975, 180 cm, 88 kg, Center/Flügel, schiesst links 2004/2005: NLA, ZSC Lions 51 Spiele 24 Tore 61 Assists 85 Punkte 66 PIM 2008/2009: NL A, HC Lugano 37 Spiele 3 Tore 28 Assists 31 Punkte 32 PIM 2009/2010: NL A, HC Lugano 50 Spiele 16 Tore 49 Assists 65 Punkte 72 PIM STAND ENDE REGULAR SAISON 09.03.2010

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Der König von Zug NACH EINER SCHWIERIGEN SAISON 2008/2009 IST JOSH HOLDEN (32) JETZT BESSER DENN JE. DER KANADIER DURCHLEBTE IN DER SCHWEIZ EINE BEMERKENSWERTE WANDLUNG UND IST HEUTE DER WOHL WERTVOLLSTE AUSLÄNDER ÜBERHAUPT. Text: Nicola Berger Foto: photopress.ch Vor fünf Jahren wechselte Josh Holden in die Schweiz. Seine ersten Gehversuche in der NL A unternahm er in Fribourg. In seiner ersten Saison wurde er gleich Liga-Strafenkönig. Man kann nicht behaupten, dass dies bei Gottéron sonderlich gut angekommen ist. Die Fribourger versuchten Holden nach nur einer Saison und trotz weiterlaufenden Vertrages hinter seinem Rücken loszuwerden. Das klappte nicht. Auch weil er das Vertrauen nie spürte, konnte der heutige Superstar seine Qualitäten im St. Léonard nur selten abrufen. Nach diesen zwei durchzogenen Jahren rechnete Holden nicht mehr damit, in der Schweiz einen anderen Arbeitgeber zu finden. Da lag er falsch. Der damalige Angreifer der SCL Tigers, Jeff Toms, stellte den Kontakt zu den SCL Tigers her, welche dem scheinbar nur schwer zu disziplinierenden Holden Unterschlupf gewährten. Im beschaulichen Emmental, wo der Druck im Vergleich zu Gottéron ungleich weniger hoch ist, entwickelte Holden sich zum Star. Das brachte ihm einen dicken Vertrag in Zug ein.

GEBUNDEN BIS 2014 Dort verlängerte er trotz lukrativen Offerten aus der KHL unlängst vorzeitig bis 2014 und ist der unumstrittene Leader auf dem Eis und in der Kabine. Er ist das Herz, die Seele und das Aushängeschild dieses Vereins. Man kann rund um den EVZ sprechen, mit wem man will: Es findet sich niemand, der ein schlechtes Wort über ihn verlieren könnte. Das könnte auch daran liegen, dass Holden selber eigentlich für jeden ein nettes Wort übrig hat. Das gilt auch für die Journalisten.

JOSH HOLDEN Persönlich: 18.01.1978, 183 cm, 86 kg, Center/Flügel, schiesst links 2005/2006: NLA, Fribourg-Gottéron 58 Spiele 21 Tore 28 Assists 49 Punkte 213 PIM 2006/2007: NLA, Fribourg-Gottéron/SCL Tigers 53 Spiele 18 Tore 34 Assists 52 Punkte 76 PIM 2007/2008: NL A, SCL Tigers 55 Spiele 27 Tore 52 Assists 79 Punkte 142 PIM 2008/2009: NL A, EV Zug 59 Spiele 18 Tore 36 Assists 54 Punkte 117 PIM 2009/2010: NL A, EV Zug 46 Spiele 30 Tore 33 Assists 63 Punkte 48 PIM STAND ENDE REGULAR SAISON 09.03.2010

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EV Zug

TRAINER DOUG SHEDDEN ÜBER JOSH HOLDEN

Er ist immer interessiert und stets erreichbar. So etwas nennt man professionell. Logisch, dass man ihn intern enorm schätzt. «Er ist ein sehr kompletter Spieler. Wir sind sehr glücklich, dass er sich so langfristig zu uns bekannt hat», sagt Sportchef Patrick Lengwiler. Und Fabian Schnyder, Kollege von Holden in der Top-Linie, sagt: «Es macht brutal Spass, mit ihm zu spielen. Er ist in allen Belangen ein Vorbild.» Das stimmt. Denn so sehr Holden diesen Sport liebt und ihn mit jeder Faser seines Körpers lebt: Letztendlich ist er für ihn doch nur Nebensache. Holdens Lebensmittelpunkt ist seine Familie mit Frau Janie und den Kindern Noa (9), Maren (7), Kapri (5) und Cody (17, spielt erfolgreich bei den EVZ-Elite-Junioren), den Holdens Partnerin aus erster Ehe mitgebracht hat. «Die Familie bedeutet mir alles», sagt der Kanadier. Sein grosser Traum ist es, eines Tages mit Cody in einer Mannschaft zu spielen. So abwegig ist es nicht. Holden junior macht grosse Fortschritte. Auch er ist Stürmer. Das letzte Vater-Sohn-Duo, das in der Schweiz zusammen spielte, waren Waleri und Jewgeni Schirjajew bei La Chaux-de-Fonds in der NL B. Doch obwohl der 60-fache NHL-Spieler (für Vancouver und Toronto) den letzten Sommer vor allem dafür nutzte, sich um seine Liebsten zu kümmern, hat er sich so gewissenhaft auf die neue Saison vorbereitet, wie wohl noch nie. Der Grund: In seinem ersten Jahr in Zug hatte Holden die immensen Erwartungen nicht ganz erfüllen können. Immerhin produzierte er in 49 Spielen 50 Skorerpunkte. Zum Vergleich: In dieser Saison kam er in 46 Qualifikationspartien auf 63 Zähler. Kennt man die Hintergründe, ist die Leistung vor einem Jahr eigentlich noch höher einzuschätzen. Schliesslich litt der Mann aus Calgary am Erschöpfungssyndrom Pfeiffersches Drüsenfieber. Oft schlief er über 14 Stunden am Tag – und war immer noch müde. «Es war fürchterlich», erinnert sich Holden. Die Ärzte rieten ihm, zwei Monate gar nichts zu machen. Sein Stolz verbot

dem Torjäger diesen Schritt aber. Also kämpfte er sich durch die Saison und lieferte – den Umständen entsprechend – famose Arbeit ab.

«WIE EIN NEUER MENSCH» Trotzdem war man in Zug sehr gespannt, welchen Holden man heuer zu Gesicht bekommen würde. Die Antwort: Den besten aller Zeiten. Das zeichnete sich bereits beim Trainingscamp der Zuger in Kanada (London, Ontario) ab. Dort wirkte Holden im Vergleich zur Vorsaison wie verwandelt und strotzte vor Energie. «Ich fühle mich wie ein neuer Mensch», berichtete er im Herbst. Quasi im Alleingang führte der Leitwolf die Seinen dann in der Qualifikation auf den dritten Platz. Denn klar ist, dass seine Linienkumpanen Fabian Schnyder und Damien Brunner ohne Holden niemals so gute Werte erreichen würden. Die Formation spielt erst seit dieser Saison zusammen, dafür aber bereits seit dem ersten Eistraining. Schnyder beschrieb die Harmonie so: «Es war quasi Liebe auf den ersten Blick.» Es steht aber ausser Frage, dass Holden in diesem Trio individuell über die meiste Klasse verfügt. Darum erstaunt es nicht, dass der Mittelstürmer praktisch die ganze Saison über das Trikot des PostFinance Top Scorers trug. Holden wäre nicht Holden, wenn er nicht bescheiden bleiben würde. Also sagt er brav: «Mir ist vor allem wichtig, dass es dem Team so gut läuft.» Wars das? Mit einem Seufzen sagt er dann: «Die spezielle Präsentation als Top Scorer vor dem Spiel ist natürlich immer etwas Schönes.» Für ihn ist das Beste an der Sache aber das Geld für den Nachwuchs. Satte 12’600 Franken kamen der Juniorenabteilung des EVZ dank ihm zu Gute. «Es hat mir grossen Spass gemacht, den Jungs den Scheck zu überreichen. Sie sind die Zukunft und liegen mir sehr am Herzen.» Dann fällt ihm noch ein angenehmer Vorteil für das auffällige Trikot

Wenn Zug-Coach Doug Shedden über seinen Topskorer Josh Holden spricht, gerät er ins Schwärmen. «Er ist eine unglaublich positive Person. Ich kann fast nicht beschreiben, wie wichtig er für uns ist. Er geht immer als bestes Beispiel voran», sagt der kanadische Feuerkopf. Sheddens Vertrauen in seinen Star ist praktisch grenzenlos. Geht es um die Wurst, scheut sich der Trainer nicht, Holden 30 Minuten Eiszeit aufzubürden. Er weiss: Der Center ist clever genug, sich die Kräfte so einzuteilen, dass sie reichen. Auch darum sagt Shedden: «Mir fällt kein Spieler in dieser Liga ein, den ich lieber in meiner Mannschaft wissen würde als Josh.»

ein: «Wenn ich es trage, wissen meine Mädchen immer, welcher Spieler auf dem Eis ich bin», sagt er lachend.

VERBESSERTE DISZIPLIN Holdens einziges Manko war lange Zeit, dass er sich viel zu leicht provozieren liess. Das brachte ihm viele Spielsperren und noch mehr Bussen ein. In dieser Saison gelang es ihm bestens, sich zu beherrschen. Bis auf einen Vorfall: Im Oktober nietete er Rapperswils Thierry Paterlini um und erhielt dafür drei Spielsperren aufgebrummt. «Ich habe viel daran gearbeitet, ruhiger zu werden. Ich kann es mir nicht erlauben, meiner Mannschaft zu schaden», sagt Holden. Dieser Satz könnte korrekter nicht sein. Denn Holden ist sich nicht zu schade, sich in den Dienst der Mannschaft zu stellen. Er muss sein Ego nicht mit Toren oder Skorerpunkten füttern und befriedigen. Darum kann es – wie in den Playoffs im Vorjahr – auch sein, dass er insbesondere defensiv der wertvollste Spieler des EVZ ist. «Er hat ein grossartiges Spielverständnis und kann darum, wenn es sein muss, sehr destruktiv spielen. Das war für uns schon oft Gold wert», sagt Sportchef Lengwiler. Auch weil er so komplett ist, wäre er der ideale Captain für die Zuger. Sollte die Krise des jetzigen Amtsinhabers Duri Camichel anhalten, ist es denkbar, dass Holden das «C» irgendwann erhält. Verdient hätte er es. Es wäre quasi die Krönung für den unbestrittenen König von Zug. l

CHF 12’600.–

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«Ich bereue definitiv nichts PATRIK BÄRTSCHI (25) WAR EINER DER GROSSEN LEADER BEI DEN ZSC LIONS. ZUM TRIUMPH REICHTE ES TROTZ SEINER TORE UND ASSISTS NICHT. DAS SIEBTE SPIEL DER VIERTELFINALS WAR FÜR DIE ZÜRCHER DAS SAISONENDE. ENTSPRECHEND ENTTÄUSCHT IST BÄRTSCHI JETZT – SAGT ABER, DASS ER DEN WECHSEL VON BERN ZU DEN LIONS ÜBERHAUPT NICHT BEREUT. Text: Foto:

Andy Maschek Pius Koller

Eine 1:2-Niederlage im siebten Viertelfinalspiel gegen den EV Zug. Wie gross ist der Frust jetzt, ein paar Tage danach, noch? Es dauert schon einige Zeit, um diese Tatsache zu verarbeiten und dann auch zu verdauen. Die Saison ist von einem Tag auf den andern einfach fertig – das ist schwierig. Das Problem ist, dass es so plötzlich geschieht. Und auch unerwartet. Die ZSC Lions lagen in der Serie 1:3 hinten und kämpften sich zurück, das Momentum schien auf eurer Seite. Dann kam der Hammer. Es ist immer so, dass es im Spiel 7 auf beide Seiten kippen kann. Das war auch hier der Fall, es wollte für uns nicht sein.

Gab es danach ein Frustsaufen? Nein. Jeder verarbeitet eine solche Situation auf seine eigene Art und Weise. Aber in den Tagen danach trifft man sich natürlich mit den Jungs, um darüber zu reden. Man gewinnt als Team und verliert als Team – das ist wichtig. Und wie verarbeiten Sie persönlich eine solche Situation? Ich probiere abzuschalten, etwas von diesem Saisonende wegzukommen. In Phasen, in denen man alleine ist, studiert man natürlich wieder mehr darüber. Aber es macht keinen Sinn, sich intensiv Gedanken über «hätte, wenn und aber» zu machen. Es ist passé. Doch klar, die Enttäuschung ist gross. Hatten Sie ein Déjà-vuErlebnis, nachdem Sie in den letzten zwei Saisons jeweils in den Viertelfinals mit dem SCB ausgeschieden waren?

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ZSC Lions

s» Nein, das war nie präsent. Es ist wichtig, dass man immer wieder neu beginnt und sich bewusst ist, dass eine neue Saison ansteht. Man nimmt sich wieder viel vor. Was soll ich jetzt noch mehr dazu sagen? Nun, Sie sind auf diese Saison hin vom SCB zu den ZSC Lions gestossen. Die Berner überstanden nach zwei Jahren erstmals die Viertelfinals, für Sie ist die Saison erneut früh zu Ende. Bereuen Sie den Wechsel? Nein, überhaupt nicht. Ich habe mich letztes Jahr zu diesem Schritt entschieden. Es ist eine super Mannschaft, in der ich hier spielen durfte. Und wir konnten zu Beginn der Saison mit dem Gewinn des Victoria Cup einen grossen Erfolg feiern, das darf man nicht vergessen. Solche Dinge nimmt man auch in die Zukunft mit. Es ist für Journalisten natürlich immer witzig zu sagen: «Bern hat es jetzt wieder einmal geschafft und Sie wieder nicht.» Aber solche Dinge spielen für mich keine Rolle, sind gesucht. Schlussendlich konzentriere ich mich auf das Team, bei dem ich spiele. Mit diesem will ich Erfolg haben, viel erreichen. Wir haben uns viel vorgenommen und konnten das nicht realisieren. Aber ich mag Bern diesen Erfolg sicher gönnen. Sie als Ur-Klotener hatten vor Ihrem Wechsel zu den Lions auch ein Angebot von Kloten... ...nein, nicht nur. Ich hatte verschiedene Offerten, habe diese genau geprüft und hatte sehr gute Gespräche mit Peter Zahner und Edgar Salis. Aufgrund des Gesamtpaketes habe ich mich für Zürich entschieden. Wie schon gesagt, ich bereue definitiv nichts. Was hat Sie denn bei den Lions am meisten beeindruckt? Für mich war es in dieser Saison ein super Team. Schlussendlich hat es für uns gestimmt, wir hatten jeden Tag Spass. Das ist viel wert und macht es einfach, gutes Eishockey zu spielen. Das ganze Umfeld, der ganze Klub ist sehr gut organisiert. Man kann sich auf die wesentlichen Dinge konzentrieren. Kommen wir zu Ihrem gelben Helm. Sind Sie stolz, PostFinance Top Scorer der Mannschaft zu sein? Man wird so zur Schau gestellt und erhält auch Reaktionen wie «Ah, du bist der mit dem gelben Hem», das ist schon präsent. Aber schlussendlich ist es mir wichtig, dem Team zu helfen. Und wenn man selber viele Tore und Skorerpunkte erzielt, ist das meistens auch der Fall. Und Sie können damit auch den Nachwuchs unterstützen. Das ist sehr gut, ja. Denn man muss schauen, dass mehr Junge den Weg zum Eishockey finden. Das ist ein Problem, denn Eishockey ist am Anfang schon ein teurer Sport. Umso schöner und auch wertvoller ist dieses Engagement der PostFinance.

Sie persönlich hatten eine sehr erfolgreiche Saison. Nehmen Sie das wahr oder sieht man nach dem jähen Saisonende nur noch das Schwarze? Im ersten Moment sicher nur das Negative. Wenn man mit der Zeit die ganze Saison analysiert, erkennt man sicher auch, dass nicht alles schlecht gewesen ist. Aber im ersten Moment ist nur Frust und Enttäuschung da. Es wurde gemunkelt, dass bei den ZSC Lions in dieser Saison das Verhältnis zwischen den Spielern und Trainer Sean Simpson getrübt war. Stimmt das? Definitiv nicht. Schlussendlich wollte jeder das Beste für ihn geben. Er hat sehr viel für diese Mannschaft gemacht, letztes Jahr die Champions Hockey League gewonnen. Man muss nur auf die Serie gegen Zug schauen. Wir haben uns nach einem 1:3-Rückstand zurück gekämpft und sind auch im siebten Spiel nach dem 0:2-Rückstand nochmals zurück gekommen und waren nahe dran, diese Serie noch zu gewinnen. Das ist ein Zeichen, dass es im Team gestimmt hat. Es ist schade, dass es in den Playoffs nicht geklappt hat. Sie treffen Sean Simpson ja wohl bald in der Nationalmannschaft wieder... Meine Gedanken sind momentan überhaupt nicht bei diesem Thema. Ich muss zuerst das Saisonende verdauen und werde erst dann in die Zukunft schauen. Aber die Nati und die WM in Deutschland sind sicher ein grosses Thema für Sie. Wenn es die Gesundheit zulässt, spiele ich sehr gerne für die Nati. Aber wie gesagt, ich habe mir bisher noch keine Gedanken über die Zukunft gemacht, das ist auch nicht der Zeitpunkt dafür. Jetzt will ich zuerst die Saison gedanklich abschliessen. Alles andere kommt später. Haben Sie schon Ferien gebucht? Für den Sommer schon, dann erhole ich mich in Griechenland. Immer mehr gute Spieler träumen auch von einem Engagement im Ausland. Sie auch? Das ist kein präsentes Thema und es gibt keine konkrete Anfrage. Im Juniorenalter war es mal die Frage, ob ich in Nordamerika spielen sollte. Aber das wurde kein Thema, weil die Pittsburgh Penguins, die mich gedraftet hatten, das nicht wollten. So bin ich hier und glücklich mit dem, was ich habe. Aber wenn eine Herausforderung kommt, muss man das anschauen und offen sein für alles. Sie tönen fokussiert, wollen Schritt für Schritt nehmen, nicht gross in die Zukunft schauen. Ist das ein Charakterzug? Als Spitzensportler ist es gut, wenn man fokussiert ist, ein kleines Bild vor Augen hat. Aber es ist vor allem im Moment der Fall, dass ich

nicht mit den Gedanken irgendwohin abschweife, da ich auch eine gewisse Leere in mir habe. Trotzdem: Welchen Traum möchten Sie sich mit den ZSC Lions noch erfüllen? Es geht jedes Jahr darum, Titel zu gewinnen. Es ist ein Ziel, für das ich Tag für Tag arbeite. Man denkt immer wieder daran, wie schön es wäre, den Kübel hochzuhalten. Jetzt gilt es, die Saison abzuhaken und einen neuen Anlauf zu nehmen. l

PATRIK BÄRTSCHI Persönlich: 20.08.1984, 178 cm, 86 kg, Flügel, schiesst rechts 2000/2001: NLA, Kloten Flyers 2 Spiele 0 Tore 0 Assists 0 Punkte 2001/2002: NLA, Kloten Flyers 35 Spiele 6 Tore 6 Assists 12 Punkte 2002/2003: NLA, Kloten Flyers 49 Spiele 22 Tore 19 Assists 41 Punkte 2003/2004: NLA, Kloten Flyers 41 Spiele 12 Tore 24 Assists 36 Punkte 2004/2005: NLA, Kloten Flyers 33 Spiele 9 Tore 8 Assists 17 Punkte 2005/2006: NLA, Kloten Flyers 55 Spiele 11 Tore 20 Assists 31 Punkte 2006/2007: NLA, SC Bern 57 Spiele 25 Tore 20 Assists 45 Punkte 2007/2008: NL A, SC Bern 56 Spiele 20 Tore 18 Assists 38 Punkte 2008/2009: NL A, SC Bern 38 Spiele 12 Tore 12 Assists 24 Punkte 2009/2010: NL A, ZSC Lions 50 Spiele 25 Tore 28 Assists 53 Punkte

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STAND ENDE REGULAR SAISON 09.03.2010

TRAINER SEAN SIMPSON ÜBER PATRIK BÄRTSCHI «Patrik war ein super Transfer der ZSC Lions», sagt Sean Simpson und erwähnt dabei mehrere Gründe. «Zuerst mal wegen seines Charakters, seiner Leadership. Er ist eine starke Persönlichkeit, die diese Mannschaft auch braucht.» Bärtschi sei ein sehr talentierter Spieler und sehr gut coachbar, nehme seine Aufgaben auf dem ganzen Eis wahr und nicht nur in der Offensive. «Er versteht das Eishockey und studiert es auch, er weiss, wo er stehen muss. Wir waren auch auf seine Tore angewiesen. Ich bin sehr froh, dass ich ihn in der Mannschaft hatte – ich will mir gar nicht vorstellen, was ohne ihn gewesen wäre.» Kritiker würden zwar ab und zu sagen, Bärtschi sei auf den Schlittschuhen zu wenig schnell. Dieses Urteil will Simpson aber nicht einfach so stehen lassen: «Patrik ist vielleicht nicht der schönste Läufer. Aber er hat kein Problem mit dem Tempo in dieser Liga.» Viel Lob vom neuen Nati-Coach. Heisst das, dass Bärtschi auch an der WM in Deutschland stürmen wird? «Es ist sicher gut möglich, dass er seine Chance erhält», erklärt Simpson kurz und trocken.

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Salmelainen – Die Genfer Patrone NACH EINER ERSTEN GETRÜBTEN SAISON IN «LES VERNETS», GEPRÄGT VON EINER DURCHZOGENEN SAISONVORBEREITUNG, VERLETZUNGEN UND KRANKHEITEN, HAT TONI SALMELAINEN SEIN WAHRES GESICHT GEZEIGT. EIN SCHNELLER, EXPLOSIVER SPIELER, GEPRÄGT VON EINER BEWEGTEN KARRIERE VOLL VON KURIOSITÄTEN. Text: Eric Pascal Übersetzung: Jürg Federer Foto: Pius Koller In den Geschichtsbüchern des internationalen Eishockeys wird der Name Salmelainen für immer verewigt bleiben. Es handelt sich um Tommi – nicht Toni – den ersten Europäer überhaupt, der von der National Hockey League gedraftet wurde (St. Louis Blues). Tommi Salmelainen ist Tonis Vater, in Nordamerika gespielt hat er nie. Und wenn der junge Salmelainen heute das Gesicht des HC Genf-Servette prägt, dann auch, weil ihn die nordamerikanischen Profiligen ebenfalls nicht mit offenen Armen empfangen haben. 1999 von den Edmonton Oilers an 41. Stelle gedraftet, hat Salmelainen zwischen 2002 und 2007 vier Saisons in der NHL und der AHL «zwischen den Ligen» verbracht, bevor er sich entschieden hat, einen Schlussstrich unter das Kapitel «Nordamerika» zu ziehen und sein Glück andernorts zu versuchen. Als ihn die Toronto Maple Leafs ein weiteres Mal in die AHL schicken wollten, packte Salmelainen seine Koffer und seinen Rucksack, gefüllt mit der Erfahrung von 70 NHL-Spielen, und verliess die NHL im Wissen, dass ihn keine westeuropäische Liga aufnehmen würde. Schliesslich hat Salmelainen das Transferabkommen mit der NHL gebrochen. Aber Russland hat kein Transferabkommen mit der NHL.

KURIOSITÄTEN Also unterzeichnete Salmelainen einen lukrativen Vertrag bei Lokomotiv Yaroslavl in Russland, «ein Entscheid, mich ins Fegefeuer zu begeben», wie Salmelainen heute sagt. Salmelainen war schon im früheren Verlauf seiner Karriere nicht darum bemüht, gut von sich reden zu machen. So zum Beispiel während der Saison 2005/2006, als er bei HIFK Helsinki engagiert war: Nach einer Matchstrafe in einer Partie gegen HPK Hämeenlinna schleuderte er wutentbrannt einen Abfalleimer durch die Kabinengänge. Torhüter Jan 28

Lundell konnte dem «Projektil» noch ausweichen. Aber der Buschauffeur des Teams wurde getroffen und musste verarztet werden. Konsequenz: Eine polizeiliche Befragung und zwei Spiele Suspension. Oder zum Jahresbeginn 2008, als Salmelainen für ein Nationalmannschaftsturnier nach Finnland zurückkehrte, wurde er von der finnischen Armee am Flughafen angehalten. Salmelainen entkam einst der Militärpflicht, weil er Rückenprobleme hatte. «Wie also ist es möglich, dass dieser Invalide heute noch Eishockey spielt?», haben sich die Landeshüter gefragt. Salmelainen konnte sich erklären und nachweisen, dass die Aufgebote für die finnische Armee nie in Nordamerika angekommen sind. Aber der Mist war natürlich geführt, als die finnischen Medien von Salmelainens Verhaftung erfahren hatten. Erklärung hin, Erklärung her, für Polemik war gesorgt.

INSTINKT BEZAHLT SICH AUS Heute habe er diese Anekdoten längst vergessen, beteuert der Flügelstürmer. Das seien belanglose Bagatellen, die ihn als Person weder beeinträchtigt noch geprägt hätten. Zudem könnte man Salmelainens Karriere auch anders darlegen: Er durfte nach seiner Juniorenzeit nahtlos als Profi von HIFK Helsinki weiterspielen, und das in der höchsten finnischen Division. Gleich im ersten Spiel erzielte er sein erstes Tor. In der Saison 2005/2006, zurück aus Nordamerika und wieder bei HIFK, erzielte Salmelainen sechs Skorerpunkte, davon fünf Tore, in nur einem Spiel gegen die Pelicans aus Lahti. Am Ende dieser Saison wurde Salmelainen zum besten Spieler der ganzen Liga gewählt. Das sind die Geschichten, die Genf-Servette General Manager Chris McSorleys Instinkt geweckt hatten. Gleich nach Salmelainens Rückkehr aus Nordamerika begann er mit seinem Lobbying, um den Flügelstürmer in die Schweiz zu holen. Verständnis hatte damals niemand für ihn (siehe Kasten). Heute hat sich McSorleys Instinkt

ausbezahlt: 50 Qualifikationsspiele, 53 Punkte, davon 25 Tore für Genf-Servette. «Ich habe Recht behalten, Salmelainen trotz seinem schlechten Image zu vertrauen», freut sich McSorley heute. Salmelainens Linienkumpel Paul Savary bezeichnet den Finnen als «Batterie». Seine Energieanfälle stellen die gegnerischen Abwehrreihen regelmässig vor Prob-

leme und die schnellen Gegenstösse von Genf-Servette hängen stark von Salmelainens Qualitäten ab. Der finnische Flügelstürmer prägt das Spiel von Genf-Servette und jetzt, in seiner zweiten Saison, hat Salmelainen es bewiesen: Er ist einer der schnellsten und explosivsten Stürmer der Schweizer Meisterschaft. Längst ist die Konkurrenz auf den schnellen Flügelstürmer aufmerksam geworden – der SC Bern und die Kloten Flyers im Speziellen. Sie haben im Hinblick auf die kommende Saison Tommi Salmelainen kontaktiert, den Vater und Berater von Toni. Aber Chris McSorley hat sowohl die finanziellen als auch die verbalen Argumente gefunden, um sein Juwel in Genf zu behalten.

EIN BELIEBTER TYP Die letzte Saison war für Salmelainen noch nicht so fruchtbar wie die aktuelle. Der Flügelstürmer produzierte damals noch nicht so konstant Skorerpunkte für Genf-Servette, aber man muss ihm anrechnen: Salmelainens Saisonvorbereitung wurde damals durch eine Zahninfektion gestört, er hatte konstant Schmerzen im Knie. Eine sichtbare Verletzung hat sich aber nie gezeigt. Erst die Reparatur des Zahns hat Salmelainen von allen Beschwerden befreit, aber den Formrückstand konnte er nicht mehr aufholen. Dann erlitt er eine Bauchmuskelverletzung und eine hartnäckige Darmgrippe, die regelmässigen Ausfälle als fünfter und überzähliger Ausländer von Chris

TONI SALMELAINEN Persönlich: 08.08.1981, 176 cm, 85 kg, Flügel, schiesst rechts 2008/2009: NL A, Genf-Servette 33 Spiele 17 Tore 14 Assists 31 Punkte 2009/2010: NL A, Genf-Servette 50 Spiele 25 Tore 28 Assists 53 Punkte

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STAND ENDE REGULAR SAISON 09.03.2010


Genf-Servette HC

TRAINER CHRIS MCSORLEY ÜBER TONI SALMELAINEN Chris McSorley ist stolz auf den Transfercoup, der Toni Salmelainen nach Genf brachte. «Viele Fachleute, ja sogar meine Vertrauensleute, haben mich etwas komisch angeschaut, als ich verkündet habe, ich hätte Toni Salmelainen verpflichtet. Eigentlich hat jeder meinen Verstand hinterfragt», erinnert sich McSorley. «Das hängt damit zusammen, dass Salmelainen ein schlechter Ruf vorausgeeilt ist. Seine ganzen Qualitäten haben sich auf sein Scheitern in Kanada und die eine oder andere unvorteilhafte Anekdote beschränkt. Ich habe in Toni aber immer einen Spieler gesehen, den ich mit einer Patrone Munition vergleichen würde. Wenn man ihn Schlittschuhlaufen sieht, zeigt er keine Limiten. Er fährt auf Kufen wie ein Auto, das immer noch einen zusätzlichen Gang hat. Sie beschleunigen und erreichen den fünften Gang. Und wenn Sie dann in vollem Tempo fahren, eröffnet sich auf einmal ein sechster Gang und so weiter. Salmelainen kann immer noch schneller. Seine Beschleunigungen sind ein wichtiger Teil von unserem Spielsystem.»

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McSorleys Rotationsprizip aus der letzten Saison noch gar nicht erwähnt. Klar kam Salmelainen nicht auf Touren. Mittlerweile ist er aber auf und neben dem Eis in Genf angekommen. Seit einigen Monaten ist Salmelainen Vater, und er hat sich entschieden, drei weitere Jahre bei Servette zu bleiben. Nun besucht er intensiv Französischkurse, die Früchte sind bereits zu erkennen. Mit seinen Teamkollegen bestreitet Salmelainen ab und zu eine Partie Schach, in Les Vernets ist er ein beliebter Typ: Gemächlich, diskret, weit weg von jeglicher Überheblichkeit. Salmelainen macht keine Probleme und er ist auch immer bereit zu helfen, wo er kann. Als ihn Chris McSorley für die NL BPlayoffs nach Lausanne schickte, half Salmelainen den Waadtländern, das Viertelfinale gegen den HC Ajoie zu gewinnen. «In so vielen verschiedenen Ländern verschiedene Kulturen kennengelernt zu haben, hat mich sicher geprägt», sagt Salmelainen, der in seinem Leben schon in Finnland, Deutschland, Kanada, den Vereinigten Staaten von Amerika, Russland und schlussendlich der Schweiz gelebt hat. Und den die Schweiz schlussendlich zu etwas Konstanz in seinem Leben und seiner Karriere verführt hat. l

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Die Konstanz in Person FÜR STACY ROEST WAR ES EINE ZWIESPÄLTIGE SAISON. MIT DEN RAPPERSWIL-JONA LAKERS VERPASSTE ER DIE ZIELVORGABE PLAYOFFS KLAR. ABER SEINE PERSÖNLICHE BILANZ DER REGULAR SEASON LÄSST SICH EINMAL MEHR SEHEN. «ICH SPIELE DIE SIEBTE SAISON HIER UND BIN, SO DENKE ICH, ZUM SECHSTEN MAL POSTFINANCE TOP SCORER GEWORDEN», SAGT ER MIT EINEM LEICHTEN LÄCHELN IM GESICHT. Ich komme an jedes Spiel und jedes Training, will mein Bestes geben und hart arbeiten. Dafür bekomme ich mein Geld. Es war aber eine harte Situation. Als er gefeuert wurde, hat das Management so entschieden, um zu versuchen, das Steuer herumzureissen. Für mich ist nicht entscheidend, wer an der Bande steht. Ich will einfach meine beste Leistung abliefern.

Text: Andy Maschek Foto: Pius Koller Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis? Ich erhalte viel Eiszeit und spiele mit guten Spielern in einer Linie, das ist wohl der wichtigste Punkt. Wenn man mit Leuten wie Berglund, Paterlini, Reuille oder früher auch McTavish auf dem Eis steht, sieht man natürlich auch selber besser aus. Das ist einer der Schlüssel.

Dann kam John Slettvoll... Er ist ein grosser Coach mit viel Wissen und kann gut kommunizieren. Seine Tür war jederzeit offen, wenn jemand ein Problem hatte. Er war sehr offen. Aber eben, entscheidend ist, dass man eine Siegesserie schafft – und das ist uns in dieser Saison nicht gelungen.

Sie hatten einmal mehr eine gute Saison und verpassten trotzdem die Playoffs. Ist das nicht frustrierend? Klar. Jeder spielt, um zu gewinnen, um die Playoffs zu erreichen. Wir hatten in diesem Jahr einfach sehr, sehr viele Verletzte wie beispielsweise Guyaz, Raffainer und Riesen. Auch Nordgren und Paterlini verpassten ein paar Spiele. Das ist natürlich hart. Entscheidend war aber, dass wir nie eine Siegesserie hinlegen konnten. Mal vier, fünf Spiele gewinnen, eines verlieren, dann wieder drei, vier gewinnen. Das hätte es gebraucht. Die Verletzungen sind keine Entschuldigungen, aber sie haben geschmerzt. Definitiv.

Und zuletzt Christian Weber... Er ist grossartig. Er ist sehr gut organisiert und arbeitet strukturiert. Er verlangt harte Arbeit und dass man sein System befolgt. Wenn man das macht, ist es gut – wenn nicht, spielt man nicht. Sie sind jetzt 36. Weshalb haben Sie so viele Jahre in Rappi gespielt? Mein Plan war es, hierher zu kommen und Rapperswil zu helfen zu gewinnen. Wir haben das noch nicht erreicht, aber ich denke, dass es mit Christian Weber in die richtige Richtung geht. Meine Frau, meine Kinder fühlen sich sehr wohl. Es ist alles so nah, das Leben ist ruhig. Schauen Sie, in Kanada ist über Mittag alles im Stress, rennt auf die Bank oder in die Läden. Auch am Sonntag. Hier ist der Sonntag ein Familientag.

Und am Anfang der Saison hatten Sie ein paar Probleme mit dem Trainer, Sie wurden für ein Spiel sogar auf die Tribüne verbannt... (klebt sich symbolisch den Mund zu) Das war frustrierend – aber was sollte ich tun? Er war der Coach und hat so entschieden. Ich werde fürs Spielen bezahlt und nicht fürs Coachen.

STACY ROEST Persönlich: 15.03.1974, 175 cm, 84 kg, Center, schiesst links 2003/2004: NLA, SC Rapperswil-Jona 56 Spiele 20 Tore 39 Assists 59 Punkte 2004/2005: NLA, SC Rapperswil-Jona 41 Spiele 17 Tore 39 Assists 56 Punkte 2005/2006: NLA, Rapperswil-Jona Lakers 56 Spiele 18 Tore 26 Assists 44 Punkte 2006/2007: NLA, Rapperswil-Jona Lakers 47 Spiele 15 Tore 41 Assists 56 Punkte 2007/2008: NL A, Rapperswil-Jona Lakers 54 Spiele 16 Tore 41 Assists 57 Punkte 2008/2009: NL A, Rapperswil-Jona Lakers 56 Spiele 19 Tore 50 Assists 69 Punkte 2009/2010: NL A, Rapperswil-Jona Lakers 49 Spiele 15 Tore 37 Assists 52 Punkte

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Aber Sie hatten in den letzten Jahren sicher immer wieder Angebote... Wie schon gesagt: Ich kam nach Rapperswil, um hier zu gewinnen. Und ich bin nicht der Spieler, der immer wieder den Klub wechselt, das zeigt meine Vergangenheit. Ich liebe Kontinuität. Und wenn man in der Schweiz immer wieder den Klub wechseln würde, wäre es schwierig. Für mich ist es unvorstellbar, früh einen Vertrag bei einem Konkurrenten zu unterschreiben. Das wäre eine ganz, ganz komische Situation. Wie lange möchten Sie denn noch weiter spielen? Keine Ahnung, da mache ich mir momentan weder Gedanken noch schmiede ich Pläne. Ich liebe Eishockey, ich liebe es, in den Rink zu gehen, ich liebe es, mich in Form zu halten. Ich nehme einfach Schritt um Schritt.

Ihr Vorbild war Steve Yzerman, und er spielte bis 41... Oh, ich weiss nicht, ob ich auch so lange spielen werde. Und vor allem bin ich nicht so gut wie er. Spieler wie er sind rar. Schauen Sie nur Chelios an, der mit 48 noch NHL-Spiele macht. Aber ich sage nicht, mit 40 ist fertig. Entscheidend ist vor allem die Gesundheit. Und man muss die Leidenschaft fürs Spiel haben. Wenn man nur ans Geld denkt, funktioniert es sowieso nicht. Haben Sie aber auch schon Pläne für das Leben nach dem Eishockey? Ich würde gerne im Eishockey bleiben. Ich denke, ich würde am liebsten als Scout beginnen und es später vielleicht als Coach versuchen. Was war der schönste Moment Ihrer schon langen Karriere? Das ist schwierig zu sagen. Ganz speziell war natürlich der Moment, als ich mein erstes NHLTor erzielte. In Kanada träumt man schon als Kind von diesem Tag – und wenn dieser Traum in Erfüllung geht, ist es natürlich umso schöner. Und der schlimmste Moment? Ich rede grundsätzlich nicht von schlimmen Momenten, sondern von Lernmomenten. Denn jede schwierige Situation ist dazu da, um seine Lehren daraus zu ziehen. Das sind Lernschritte. Aber klar, meine Hüftverletzung vor fünf Jahren war keine einfache Zeit. Der mentale Bereich ist im Sport sehr wichtig – arbeiten sie mit einem Mentaltrainer zusammen? Nein, aber ich habe sehr viele Bücher darüber gelesen. Über den Druck. Mein grösstes Problem ist, dass ich mir selber zu viel Druck auferlege. Das war vor allem früher so, ist aber auch heute noch teilweise der Fall. Ich erwarte sehr viel von mir. Aber ich muss aufpassen, dass dies nicht zu viel ist. Und wie schalten Sie ab, verbringen Ihre Freizeit? Ich liebe es, Golf zu spielen. Mein Junge ist sechs Jahre alt und spielt auch schon. Er hat letztes Jahr 18-Loch-Runden mit mir absolviert. Eishockey ist ein Teamsport, und beim Golf reizt es mich, dass man mit dem Platz und dem Ball allein ist. Das ist gutes mentales Training. Man hat einen guten Ball und dann wieder schlechte Schüsse, das ist wie im Hockey. Man muss seine Gefühle unter Kontrolle haben, sollte weder abheben noch tief fallen. Sprechen Sie eigentlich Deutsch?


Rapperswil-Jona Lakers Ich verstehe es nicht schlecht, aber mit dem Sprechen hapert es sehr. Bisher hat eigentlich jeder Coach Englisch gesprochen. Aber meine Kinder sprechen Deutsch. Sie lernen schon in jungen Jahren eine zweite Sprache, das ist perfekt. Das macht für sie viele Dinge in der Zukunft einfacher. Sie haben 247 NHL-Spiele auf dem Buckel. Sagt man sich

selber ab und zu: Wieso waren es nicht mehr? 500, 600 oder 700? Ich bereue nichts. Als ich in die Schweiz kam, hatte ich ein Jahr in der AHL hinter mir. Ich war früher, vor der Einführung der neuen Regeln, mit meiner geringen Körpergrösse sicher nicht im Vorteil. Und es gibt einfach sehr viele gute Spieler. Schauen Sie Spieler aus der Schweiz an, die hier sehr gute Leistungen bringen, dann nach Nordamerika wechseln und einen schweren Stand haben. Beispielsweise Andres Ambühl... Ja, er war in der Schweiz einer der besten Spieler und hatte es dann doch sehr, sehr schwer. Problematisch wird es vor allem, wenn man dann das Selbstvertrauen verliert, das man nach den guten Leistungen in der Schweiz hatte. Ich kenne das aus eigener Erfahrung. Bei Minnesota habe ich mal, so glaube ich, etwa 37 Spiele in Serie nicht getroffen. Und was denken Sie über Mark Streit? Er war in der Schweiz einer der besten zwei, drei Spieler. Es war wirklich schwierig, gegen ihn zu spielen. Und er hat es genau richtig gemacht: Ist nach Übersee gegangen, hat sehr hart gearbeitet, Forschritte erzielt, seinen Job gemacht und den Mund gehalten. Sein Wechsel war auch ein Zeichen. Es ist nicht schlecht, mit dem Wechsel zu warten, bis man etwas älter ist.

Weshalb? Man hat als Europäer nur eine Chance, um nach Nordamerika zu wechseln. In der Schweiz wird man sehr gut ausgebildet, lernt im Training viel dazu, hat so die Möglichkeit, grosse Fortschritte zu erzielen. Man lernt, selbständig zu funk tionieren. Und man spielt gegen Männer, nicht nur gegen 20 bis 22-Jährige. In der AHL hat man gar keine Zeit mehr für richtiges Training. Als junger Spieler würde ich diesen Weg vorziehen, er ist besser für die eigene Entwicklung. Und wenn man gut ist, wird man entdeckt – egal, wo man spielt. Die Scouts aus der NHL werden auf einen aufmerksam werden. Die bekommen alles mit. l

TRAINER CHRISTIAN WEBER ÜBER STACY ROEST Nach seiner Freistellung bei den SCL Tigers hatte sich Christian Weber auf ein paar Wochen Durchschnaufen eingerichtet. Weil aber John Slettvoll von seinem Engagement bei den Rapperswil-Jona Lakers die Nase voll hatte, musste Weber vorzeitig bei seinem neuen Klub einspringen. Deshalb kennt er Stacy Roest noch nicht genügend gut, um eine breite Analyse zu wagen. Weber sagt aber über den Kanadier: «Stacy Roest ist sicher einer der besten Bully-Spieler der ganzen Liga und ein Powerplay-Spezialist, das sind für mich seine herausragenden Fähigkeiten. Zudem verfügt er über ein wirklich gutes Auge. Er ist ein Musterprofi und immer top vorbereitet und damit ganz klar auch ein Vorbild für die jungen Spieler. Es gibt Leader in der Garderobe und Leader auf dem Eis – er gehört eher zur zweiten Sorte, ist in der Garderobe eher ruhig. Aber mir gegenüber ist er sehr kommunikativ.»

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Die treue Seele ER HAT ÜBER 800 NL A-SPIELE AUF DEM BUCKEL. ER IST SCHWEIZER REKORD-INTERNATIONALER. UND ER WAR MASSGEBLICH DARAN BETEILIGT, DASS DER SC BERN DIE QUALIFIKATION AUF RANG 1 BEENDETE UND NACH ZWEI JAHREN UND DANK EINEM PROBLEMLOSEN 4:0-SIEG GEGEN LUGANO ENDLICH WIEDER EINMAL DIE PLAYOFF-VIERTELFINALS ÜBERSTAND. ER, DAS IST IVO RÜTHEMANN (33). Text: Andy Maschek Foto: Pius Koller Wissen Sie, zum wievielten Mal Sie PostFinance Top Scorer geworden sind? Zum zweiten Mal, die Premiere hatte ich 2003/2004. Diese Antwort kommt wie aus der Pistole geschossen... ...ich habe mich eben gut auf das Interview vorbereitet. Was bedeutet Ihnen dieser Titel? Das PostFinance Top Scorer-Projekt ist eine gute Sache. Klar, es gibt Spieler, die Mühe damit haben, dass in einer Mannschaftssportart ein Spieler so herausgehoben wird. Aber es ist eine gute Plattform für den Sponsor und eine gute Geldquelle für den Nachwuchs. Irgendeiner ragt dann als Top Scorer optisch heraus, und dieses Jahr bin ich es. Es ist aber nicht so, dass ich mich extrem darüber freue, es hat sich einfach so ergeben.

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Was war entscheidend, dass Sie so viele Punkte erreicht haben? Ich habe wie schon letztes Jahr die ganze Saison gemeinsam mit Martin Plüss gespielt. Wir waren sehr lange zusammen mit Caryl Neuenschwander in einer Linie, und wir haben uns super ergänzt. Danach kam Lee Goren zu uns, was auch gut funktioniert. Die Mitspieler sind auch entscheidend. Diese Erkenntnis ist nicht neu, aber noch gültig.

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Sie haben Martin Plüss erst kurz vor Schluss der Regular Season überholt. Ist da eine spezielle Wette gelaufen? Nein. «Plüssi» hat Anfang Saison ein paar Spiele gefehlt und kurz vor Ende der Regular Season ein Wochenende ausgesetzt. Und am Schluss war ich halt der PostFinance Top Scorer. Wir hatten beide gleich viele Punkte gesammelt, da entschieden die erzielten Tore für mich.


SC Bern Aber sind Sie grundsätzlich ein Spielertyp? Nur auf dem Eis, sonst nicht. Ihre Karriere ist lang und beeindruckend – aber in Ihrem Palmarès steht doch erst ein Schweizer Meister titel. Weshalb? Das ist eine gute Frage und schwierig zu beantworten. Ich war dreimal im Final. Einmal mit Davos, zweimal mit Bern. Klar wäre ich gerne öfters Meister geworden, aber es hat einfach nicht geklappt. Sie haben in der höchsten Spielklasse nur in Davos und beim SCB gespielt. Lediglich zwei Vereine in dem schnelllebigen Geschäft, das ist doch eher aussergewöhnlich... Ich bin als Junior nach Davos gegangen und bin heute noch froh über diesen Entscheid. Ich konnte im Internat die Mittelschule fertig machen und hatte mit Mats Waltin einen Trainer, der mit vier Linien spielte und uns Jungen so ermöglichte, schon früh Spielpraxis in der NLA zu sammeln. Nach zwei Jahren unter Waltin habe ich dann drei Jahre unter Arno Del Curto gespielt. Ich wusste aber, dass ich früher oder später zu einem Klub in einer Stadt mit einer Uni wechseln will, da ich ein Studium beginnen wollte. Und dann kam Bern... Da hat sich die Chance zum richtigen Zeitpunkt ergeben, zudem war der SCB schon als Kind mein Lieblingsverein. Der Anfang in Bern war zwar nicht leicht, da es nach den Finanzproblemen einige Turbulenzen gab. Aber der Verein war wirtschaftlich relativ schnell wieder gut aufgestellt. Sportlich hat es ein bisschen länger gedauert. Aber in den letzten Jahren hatten wir immer ein gutes Kader. Ich fühle mich wohl in Bern, die Voraussetzungen waren immer sehr gut und es macht einfach Spass, vor diesem Publikum zu spielen. Zudem hat mein Herz immer SCB gesagt. Es gab für mich keinen Grund, woanders hinzugehen. Sind Sie in allen Lebenslagen eine so treue Seele? Ja, ich bin eine treue Person. Zurück zu den Trainern – welcher hat Sie bisher am meisten beeindruckt? Das ist schwierig zu sagen. Jeder Trainer ist anders, aber von jedem Trainer kann man etwas lernen. Für mich war sicher Arno Del Curto sehr, sehr wichtig. Ich hatte ihn zuerst in der U20 und danach drei Jahre in Davos. Wir jungen Spieler erhielten von ihm immer viel Eiszeit, durften auch in wichtigen Situationen spielen und konnten uns so gut entwickeln. Er hat mich sicherlich am meisten geprägt. Kent Ruhnke hat mich vor allem durch seine Teamführung beeindruckt und von Ralph Krueger hab ich in den Jahren auch einiges gelernt. Und welcher Spieler hat Sie am meisten beeindruckt? Ich hatte das Glück, immer mit sehr guten Centern zusammen spielen zu dürfen. Das fing in Davos mit Reto von Arx an, ging dann über Christian Dubé bis zu Martin Plüss. Aber am meisten beeindruckt hat mich Martin Gélinas, obwohl ich ihn nur kurz erlebt habe. Er hat so viele Jahre in der NHL gespielt und ist alles sehr professionell, mit viel Herz und Leidenschaft angegangen.

Wer ist der unbequemste Gegenspieler? Alle Verteidiger, die einem sehr wenig Platz lassen. Einer davon war sicher Marc Gianola. Ihn kann ich nun nennen, da er jetzt ja nicht mehr spielt... Sie wirken immer äusserst ruhig. Was kann Sie aber zur Explosion bringen? Ich bin von Natur aus sehr ausgeglichen, und im Spiel ist es wichtig, seine Emotionen im Griff zu haben. Aber es gibt schon Dinge, die mich nerven können. Zum Beispiel, wenn man immer wieder den gleichen Fehler macht, obwohl man ihn schon mehrmals analysiert und erkannt hat. Sie haben über 800 Spiele in der NL A absolviert. Was war Ihr Highlight? Ganz klar der Meistertitel mit dem SCB. Und international? Wenn man das Gesamterlebnis nimmt, ist es Vancouver, weil rundherum alles gestimmt hat. Aber sonst muss man sicher auch die Siege gegen Kanada und Tschechien an den Olympischen Spielen 2006 in Turin erwähnen. So etwas aussergewöhnliches ist uns in Vancouver leider nicht gelungen. Und der Tiefpunkt? Auf nationaler Ebene das Ausscheiden in den Playoff-Viertelfinals in den vergangenen zwei Jahren. Beide Jahre hatten wir ein gutes Kader, haben damit eine gute Quali gespielt und sind danach in der ersten Playoff Runde bereits gescheitert. Sie sind Schweizer Rekord-Internationaler, hat das eine spezielle Bedeutung? Das hängt vielleicht auch damit zusammen, dass wir ab und zu früh aus den Playoffs ausgeschieden sind und ich so früh in die WM-Vorbereitung einsteigen musste. Nein, nein, Spass beiseite. Dieser Titel bedeutet mir nicht besonders viel und es gibt auch andere Spieler, die schon sehr viele Länderspiele absolviert haben. Es wird mich bestimmt wieder einer ablösen. Was mir hingegen viel bedeutet, ist die Tatsache, dass ich all die Jahre in der Nati spielen konnte und dabei sehr viel erlebt habe. Jetzt gibt es einen Trainerwechsel. Geht Ihre internationale Karriere weiter? Ob WM oder Olympische Spiele, ein Grossanlass ist immer ein spezielles Erlebnis. Aus diesem Grund werde ich weiter versuchen, mich für die Nati zu qualifizieren. Und wie lange wollen Sie überhaupt noch aktiv sein? Um gut Eishockey spielen zu können, brauchts für mich vor allem zwei Dinge: Gesundheit und Freude am Spiel. Solange ich beides habe, werde ich sehr gerne weiterspielen. Aber haben Sie Pläne für die Zeit nach Ihrer Karriere? Ich möchte in diesem Sommer mein Wirtschaftsstudium abschliessen, es fehlt nur noch die Masterarbeit. Danach würde ich gerne neben meiner Tätigkeit als Eishockeyspieler ein wenig Einblick in die «normale» Arbeitswelt erhalten, um mich so gut auf den beruflichen Wechsel vorbereiten zu können.

IVO RÜTHEMANN Persönlich: 12.12.1976, 172 cm, 78 kg, Flügel, schiesst links 1994/1995: NLA, HC Davos 30 Spiele 4 Tore 3 Assists 7 Punkte 1995/1996: NLA, HC Davos 40 Spiele 1 Tore 3 Assists 4 Punkte 1996/1997: NLA, HC Davos 52 Spiele 16 Tore 8 Assists 24 Punkte 1997/1998: NLA, HC Davos 58 Spiele 15 Tore 14 Assists 29 Punkte 1998/1999: NLA, HC Davos 51 Spiele 14 Tore 21 Assists 35 Punkte 1999/2000: NLA, SC Bern 50 Spiele 16 Tore 16 Assists 32 Punkte 2000/2001: NLA, SC Bern 54 Spiele 13 Tore 22 Assists 35 Punkte 2001/2002: NLA, SC Bern 50 Spiele 7 Tore 16 Assists 23 Punkte 2002/2003: NLA, SC Bern 57 Spiele 23 Tore 24 Assists 47 Punkte 2003/2004: NLA, SC Bern 63 Spiele 31 Tore 35 Assists 66 Punkte 2004/2005: NLA, SC Bern 55 Spiele 16 Tore 35 Assists 51 Punkte 2005/2006: NLA, SC Bern 47 Spiele 15 Tore 17 Assists 32 Punkte 2006/2007: NLA, SC Bern 52 Spiele 13 Tore 19 Assists 32 Punkte 2007/2008: NL A, SC Bern 55 Spiele 23 Tore 24 Assists 47 Punkte 2008/2009: NL A, SC Bern 43 Spiele 22 Tore 31 Assists 53 Punkte 2009/2010: NL A, SC Bern 50 Spiele 24 Tore 18 Assists 42 Punkte

4 PIM 14 PIM 18 PIM 8 PIM 20 PIM 36 PIM 29 PIM 2 PIM 14 PIM 16 PIM 49 PIM 10 PIM 26 PIM 33 PIM 6 PIM 14 PIM

STAND ENDE REGULAR SAISON 09.03.2010

Mit Ihrem wirtschaftlichen Background sind Sie sicher auch sehr stark an den Börsenkursen interessiert... Es geht. Ich verfolge es, aber spekuliere nicht. Da bin ich eher ein konservativer Typ. l

TRAINER LARRY HURAS ÜBER IVO RÜTHEMANN Wenn Larry Huras über Ivo Rüthemann spricht, gerät er so richtig ins Schwären. «Ivo ist zu 100 Prozent Profi, für alle Spieler und speziell auch die Jungen ein grosses Vorbild», sagt der Kanadier. «Er ist für mich in den letzten paar Jahren das Gesicht des Schweizer Eishockeys.» Rüthemann sei eine Persönlichkeit, mit der man sehr interessante und angeregte Diskussionen führen könne. «Und er verfügt über einen sehr hohen Eishockey-IQ und ist sehr gut coachbar», so Huras. «Ivo ist einer der Leader in unserer Mannschaft und wird in dieser Rolle auch akzeptiert. Er redet zwar nicht allzu viel. Aber wenn er etwas sagt, ist es nicht nur BlaBla – dann macht er es auch und geht mit gutem Beispiel voran. Das ist für mich die ideale Version einer Leaderfigur.» Deshalb sei für ihn klar, dass Ivo Rüthemann für jeden Coach ausserordentlich und wertvoll sei. «Ich bin sehr froh, dass er in meinem Team spielt. Denn Ivo hat auch fast keine Schwächen.»

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«Ich würde es in PETER GUGGISBERG IST DANK SEINER SPIELWEISE EINE DER GRÖSSTEN ATTRAKTIONEN UND EINER DER SPEKTAKULÄRSTEN SPIELER ÜBERHAUPT AUF SCHWEIZER EIS. BEIM HC DAVOS IST ER SEIT JAHREN EINE FIXE GRÖSSE UND NICHT MEHR WEGZUDENKEN. DIESE SAISON WAR ER SO DOMINANT WIE NIE ZUVOR - BIS IHN ANFANG FEBRUAR EIN KREUZBANDRISS AUSSER GEFECHT SETZTE. Text: Therry Brunner Foto: Pius Koller Wie geht es Ihnen nach der Operation? Die Ärzte sagen, dass alles gut verlief. Es geht halt nun recht lang, bis alles wieder gut ist. Die Therapie und der Aufbau werden aber eine eher unangenehme Zeit. Wie schwierig war es für Sie mental, die Playoffs nicht spielen zu können? Es bestand bis zum Schluss die Hoffnung, dass es allenfalls doch geht. Wenn man dann feststellen muss, dass es nicht klappt, ist das bitter. Diese Verletzung zogen Sie sich unmittelbar vor der Olympia-Pause zu. Sie waren von Ralph Krueger nominiert worden. Wie enttäuscht waren Sie, die Olympischen Spiele zu verpassen? Ich erfuhr erst eine Woche davor, dass ich mitgehen dürfte. Darum konnte ich mich gar nicht gross freuen. Aber es wäre sicher cool gewesen. Sie standen auch schon im WM-Kader und haben ein paar Länderspiele absolviert. Wie wichtig ist Ihnen die Nati? Es ist für mich eine wichtige Sache. In den letzten paar Jahren war es halt so, dass ich immer wieder dabei war, aber trotzdem nie so richtig. An der WM konnte ich ein paar Spiele machen, aber ohne viel Eiszeit, und musste die restlichen Spiele gar zuschauen. Von daher habe ich das Gefühl, dass ich noch gar nie so wirklich dabei war. Sie debütierten in jungen Jahren mit den SCL Tigers in der NLA. Was kommt Ihnen in den Sinn, wenn Sie daran zurückdenken? Damals kam ich von der Elite- in die 1. Mannschaft. Anfänglich durfte ich wenig spielen, meist musste ich zuschauen und hatte nur ab und zu ein paar Einsätze. Plötzlich gelangen mir ein paar Tore und so durfte ich immer öfters spielen – bis es so gekommen ist, wie es heute ist. Sie spielten damals öfters mit Todd Elik zusammen...

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...das war natürlich super. Er war damals ein fantastischer Spieler und hat wunderbare Pässe gespielt. Mehrmals musste ich nur noch ins leere Tor schiessen. Auch neben dem Eis half er mir viel, ich kann nur Positives berichten. Sie sind nun seit sieben Jahren in Davos. Wie fällt Ihr Fazit dieser Zeit aus? Die Dinge haben sich wie erhofft entwickelt. Seit ich hier bin, sind wir mit dem HCD dreimal Meister geworden und hatten schöne Erfolge. Es ist eine super Mannschaft, sonst wäre ich nicht schon so lange hier in Davos. Die Mannschaft, der Trainer und das Umfeld sind ausgezeichnet. Arno Del Curto ist sehr zufrieden mit Ihrer Entwicklung. Wie ist Ihr Verhältnis zu ihm? Das ist sehr gut. Auch neben dem Eishockey kann man immer zu ihm gehen, wenn man ein Problem hat. Er hilft immer. Man kann mit ihm über alles reden. Klar, auf dem Eis, während und nach dem Training, staucht er einen manchmal zusammen. Das gehört dazu und er kann auch mal laut werden. Aber das braucht es auch. In welchen Bereichen konnten Sie am meisten von seiner Arbeit profitieren? Er verlangt von jedem Einzelnen immer mehr und ist nie zufrieden. Er möchte, dass man an die Grenzen geht. Das ist etwas, was mir sehr viel gebracht hat. Dass da ein Trainer ist, der fast ständig auf einem rumhackt und immer mehr möchte. Einer, der nie sagt: «Jetzt reichts, wir sind zufrieden und lassen es sein».

Es ist eine schöne Sache. Aber hier beim HCD ist es ja praktisch immer der Fall, dass man nicht von einem oder zwei Spielern abhängt. Auch heuer waren wieder fünf, sechs Spieler nur drei, vier Punkte auseinander. Das zeigt die Breite unseres Kaders. Das ist aus meiner Sicht wichtiger, als dass man ein, zwei Spieler im Kader hat, die viele Punkte machen und der Rest kaum punktet. Sie waren diese Saison HCDTopskorer, sind dreifacher Schweizer Meister, haben mehrmals den Spengler Cup gewonnen und in der Nati gespielt. Was sind Ihre Ziele für die nächsten Jahre? Dass ich, beim HC Davos oder einem anderen Klub, gute Spiele machen kann und weiter Fortschritte erzielen werde.

Bedeutet es Ihnen etwas, wenn Sie das PostFinance Top Scorer-Trikot tragen dürfen?

CHF 8

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HC Davos

der NHL versuchen» TRAINER ARNO DEL CURTO ÜBER PETER GUGGISBERG

«Er hat eine hervorragende Entwicklung durchlaufen und extreme Fortschritte gemacht. Seit zwei, drei Jahren entfaltet er seine enorme Klasse immer besser», sagt Arno Del Curto. In den letzten Jahren habe «Guggi» immer mehr Konstanz an den Tag gelegt und immer mehr Veranwortung übernommen. Wenn das noch besser klappe, könne Guggisberg einer der weltbesten Spieler überhaupt sein. «Ich bin sehr zufrieden mit ihm, ziehe den Hut vor ihm. Aber ich bin überzeugt, dass er noch viel, viel mehr könnte.» Guggisbergs Schnelligkeit sei einmalig, sein Schuss top und ansatzlos. Auch menschlich ist der Trainer begeistert: «Ein wahnsinnig guter, fantastischer und herzenslieber Mensch, der einen starken Charakter und ein Typ ist, der auch zu seinen Fehlern stehen kann.» Er sei überzeugt, dass Guggisberg in zwei, drei Jahren im ersten Block eines NHL-Teams spielt, wenn er sich punkto Leidenschaft, Glaube, Energie und Verantwortung weiter so entwickle. Ich möchte auf keinen Fall stehen bleiben oder sogar Rückschritte machen. 2004 wurden Sie von den Washington Capitals gedraftet. In einem Interview mit der Webseite www.nhl.com sagten Sie im vergangenen September, dass Sie sich für die NHL bereit fühlen. Ist die NHL Ihr Ziel? Wenn die Chance kommt, möchte ich das gerne probieren. Ob es dann reicht oder nicht, sieht man dann. Zurück in die Schweiz könnte ich ja immer wieder kommen. Aber versuchen würde ich es auf jeden Fall. Sprechen wir noch ein bisschen über Sie als Person. Was für ein Typ Mensch ist Peter Guggisberg? Ich bin gerne mit Kollegen zusammen und mache mit ihnen etwas. Sei es daheim zum Gamen oder im Sommer draussen zu sein und beispielsweise zu grillieren oder so. Parties machen gehört für mich auch dazu. In den letzten Jahren bin ich vielleicht schon ein wenig ruhiger geworden,

aber Spass gehört zum Leben. Im Sommer kann man das sicherlich ein wenig mehr geniessen und ausleben als im Winter. Was steht in den nächsten Wochen für Sie an, damit Sie dann im Herbst wieder aufs Eis zurückkehren können? In den nächsten vier, fünf Wochen vor allem Therapie, damit ich die Bewegung vom Bein und die Stabilität wieder gut hinkriege. Sechs Wochen nach der Operation beginnt man mit dem Stabilisationsprogramm. Und so geht es dann die nächsten Monate weiter, so dass das Knie auf die neue Saison hin wieder bereit ist. l

PETER GUGGISBERG Persönlich: 20.01.1985, 180 cm, 87 kg, Flügel, schiesst rechts 2001/2002: NLA, SCL Tigers 6 Spiele 0 Tore 0 Assists 0 Punkte 2002/2003: NLA, SCL Tigers 34 Spiele 6 Tore 7 Assists 13 Punkte 2003/2004: NLA, HC Davos 45 Spiele 11 Tore 9 Assists 20 Punkte 2004/2005: NLA, HC Davos 51 Spiele 15 Tore 12 Assists 27 Punkte 2005/2006: NLA, HC Davos 58 Spiele 10 Tore 11 Assists 21 Punkte 2006/2007: NLA, HC Davos 62 Spiele 12 Tore 11 Assists 23 Punkte 2007/2008: NL A, HC Davos 61 Spiele 16 Tore 13 Assists 29 Punkte 2008/2009: NL A, HC Davos 69 Spiele 25 Tore 27 Assists 52 Punkte 2009/2010: NL A, HC Davos 44 Spiele 20 Tore 22 Assists 42 Punkte

0 PIM 0 PIM 6 PIM 12 PIM 12 PIM 12 PIM 6 PIM 53 PIM 6 PIM

STAND ENDE REGULAR SAISON 09.03.2010

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Serge Aubin – Geist gesund SERGE AUBIN HAT DIE SCHWEIZ WÄHREND DES LOCKOUT BEIM HC GENF-SERVETTE KENNENGELERNT. DANACH KAM ER ZURÜCK, HAT WÄHREND DREI SAISONS IN GENF GESPIELT, BEVOR ER SICH MIT DEM RIVALEN FRIBOURG-GOTTÉRON EINIG WURDE. SERGE AUBIN HAT IN FRIBOURG EINEN SCHWIERIGEN START ERLEBT. IM PLAYOFF-VIERTELFINAL HAT ER ABER BEWIESEN, DASS ER EIN DRAUFGÄNGER IST. Text: Eric Pascal Übersetzung: Jürg Federer Foto: photopress.ch Vielleicht war Serge Aubin gezwungen zu lügen, sei es aus vertraglichen oder medizinischen Gründen (das wirft man ihm heute zumindest in den Katakomben der Eishalle Les Vernets in Genf vor), aber Serge Aubin ist auf jeden Fall kein Falschspieler. Trotz seiner schweren Knieverletzung – Serge Aubin hat sich im zweiten Playoff-Viertelfinalspiel die Kreuzbänder gerissen – liess der Kanadier seine Teamkollegen gegen Genf-Servette nicht hängen. Teamcaptain und Verteidiger Shawn Heins wurde für vier Spiele gesperrt, und da hat Aubin nicht gezögert, sich die Ausrüstung anzuziehen und gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber in die Playoffs zu ziehen. Trotz gerissenen Kreuzbändern. Serge Aubin hat sich den Ruf verdient, das Schiff des HC FribourgGottéron in keinem Fall zu verlassen. Serge Aubins Einstand beim HC Fribourg-Gottéron war am Anfang, im September 2009, alles andere als geruhsam. Gottérons Headcoach und Sportchef Serge Pelletier war früh gezwungen, mit Michel Ouellet einen zusätzlichen Ausländer zu verpflichten. Vorwiegend, weil die Leistungen des US-Amerikaners Mark Mowers vorerst nicht wirklich zu erwärmen vermochten. Aber ein Fingerzeig war Ouellets Verpflichtung auch in Richtung Serge Aubin. Das war damals die Chance für Chris McSorley, sich am Genfersee zu amüsieren und zu lamentieren, er habe den untergehenden Stern von Serge Aubin schon vor Jahresfrist kommen sehen. Allerdings hat auch McSorley selber damals versucht, mit

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HC Fribourg-Gottéron

d, Körper verletzt Aubin eine Vertragsverlängerung von einem Jahr auszuhandeln. McSorley verhöhnte Serge Pelletier, weil der Aubin schon sehr früh verpflichtet hat, ohne sich die Zeit zu nehmen, um Aubins Entwicklung und seinen Formstand zu beobachten. Und so kam Aubin bereits mit einer schlechten Reputation zu Gottéron. Man hat in Fribourg gehört, dass es ein Fehler gewesen sein könnte, auf Aubin zu setzen. Der Québécois sei kein mannschaftsdienlicher Spieler – keine Verstärkung, wie sie Gottéron nötig hätte.

FRIBOURG, DIE HOCKEYSTADT Aubin konnte die Erwartungen an ihn zuerst natürlich nicht erfüllen. Als Gottéron in 18 Spielen 15 Mal verloren hatte und sich im Keller der NL A-Tabelle wiederfand, waren selbstverständlich die Ausländer in der Kritik. Und sie hatten den Druck unausweichlich zu tragen. Serge Aubin durchlebte zum Saisonstart schwierige Zeiten auf dem Eis und auch neben dem Eis. «Als ich mit meiner Familie nach Fribourg umgezogen bin, quasi ins Revier des bisherigen Gegners, habe ich die Leidenschaft der Fribourg-Fans gespürt. Ich konnte mir zuvor gar nicht vorstellen, wie sehr Fribourg eine Eishockeystadt ist», sagt Aubin im Interview mit SLAPSHOT. «Fribourg, das ist wie Montréal. Ich kenne keinen anderen Ort, wo die Emotionen und die Euphorie fürs Eishockey so greifbar sind wie in Montréal und in Fribourg.» Erst nach einigen Wochen und Monaten wendet sich die Eishockeystadt Fribourg auch Serge Aubin zu. Er hat bis heute nicht alle Zweifel ausgeräumt, mit 0,84 Skorerpunkten pro Spiel aber das grundsätzliche Vertrauen der Fans gewonnen und die Saison mit dem Top ScorerTrikot von PostFinance beendet. Ein spezielles Wochenende hat ihm dabei geholfen: Am 5. und 6. Dezember 2009 gelangen Aubin acht Skorerpunkte, davon sechs Tore, gegen die ZSC Lions und die SCL Tigers aus Langnau. Die Zweifel an Aubin verschwinden, seine Schlüsselrolle für den HC Fribourg-Gottéron wird ersichtlich. EIN GEWÄHLTES «QUÉBÉCOIS»

Einige von Aubins Teamkollegen erinnern sich ein Leben lang an den Québecois, weil er eines der kuriosesten Rituale in der Eishockeywelt zelebriert: In jeder Pause zieht sich Aubin die gesamte Ausrüstung komplett aus, bis auf seine Unterhosen und den Tiefschutz. «So fühle ich mich halt

am besten», schmunzelt er. Sonst ist der Aubin aber kein Kandidat für sensationelle Schlagzeilen, für eine Polemik oder für eine Kampagne der Boulevardpresse. Jedes seiner Worte im markanten Québécois-Dialekt ist abgewogen, seine Ausführungen sind gewählt, Fettnäpfchen weicht er gekonnt aus. Serge Aubin verhindert jeden Ausdruck, der ihn später in Bedrängnis bringen könnte. In seiner Kindheit in Val d’Or, einer Industriestadt im Westen der Provinz Québec, hat Aubin glorreiche Jahre in der Québec Major Junior Hockey League verbracht (Aubin hat 1994/1995 in seiner letzten Saison in 71 Spielen für die Bisons de Granby 133 Scorerpunkte erzielt). Trotzdem, den Mühlen der nordamerikanischen «Minor Leagues» ist Aubin damit nicht entgangen. Er arbeitete sich von der East Coast Hockey League in die heute eingestellte International Hockey League und hoch in die American Hockey League. 1998/1999 schlussendlich ist Aubin am Ziel angekommen: Er absolviert seine erste NHL-Partie mit den Colorado Avalanche. Am Ende von Aubins NHL-Karriere konnte er auf die Erfahrung von 396 Spielen in der angesehensten Liga der Welt blicken.

EIN BESTANDTEIL DES SCHWEIZER EISHOCKEYS Während dem NHL-Lockout (2004/2005) zeigte er sich erstmals in der Schweiz, Chris McSorley hat den Kanadier für den HC Genf-Servette verpflichtet. Aubin absolvierte neun Spiele, drei davon in den Playoffs gegen den EV Zug. Damals hat Aubin versprochen, dass er zurückkehren werde. Er hat sein Wort gehalten. Noch eine Saison bei den Atlanta Thrashers und schon war Aubin wieder in «Les Vernets» in Genf, wo er über Sonne oder Regen zu richten schien. In jeder einzelnen Saison für Servette erzielte Aubin mehr als einen Skorerpunkt pro Spiel. 2007, nachdem die Saison von Genf zu Ende war, verstärkte Aubin noch den EHC Biel in den Aufstiegsspielen. Drei Spengler Cups gehören ebenfalls zum Répertoire, zwei Mal erreichte er dabei mit dem Team Canada den Final, einmal konnte er gewinnen (gegen Salavat Yulaev Ufa). Serge Aubin, zuerst in Genf geliebt, dann geschmäht, in Fribourg erst misstraut und dann ins Herz geschlossen, ist zu einem festen Bestandteil des Schweizer Eishockeys geworden. l

SERGE AUBIN Persönlich: 15.02.1975, 185 cm, 91 kg, Center, schiesst links 2004/2005: NLA, Genf-Servette 9 Spiele 3 Tore 3 Assists 6 Punkte 2006/2007: NLA, Genf-Servette 45 Spiele 22 Tore 31 Assists 53 Punkte 2007/2008: NL A, Genf-Servette 60 Spiele 29 Tore 46 Assists 75 Punkte 2008/2009: NL A, Genf-Servette 46 Spiele 15 Tore 31 Assists 46 Punkte 2009/2010: NL A, Fribourg-Gottéron 49 Spiele 20 Tore 21 Assists 41 Punkte

10 PIM 58 PIM 87 PIM 67 PIM 62 PIM

STAND ENDE REGULAR SAISON 09.03.2010

TRAINER SERGE PELLETIER ÜBER SERGE AUBIN Serge Aubin hat in Fribourg etwas von seiner offensiven Feuerkraft verloren, aber er hat an Spielmacherqualitäten zugelegt. Der Québécois ist ein ausgezeichneter Passeur. «Ich wollte Serge Aubin schon lange verpflichten», sagte Serge Pelletier schon damals, als er die Vertragsunterschrift mit dem Kanadier verkündete. Seine Spielübersicht und seine Dominanz seien seine herausragenden Qualitäten, ergänzte er. «Über allem ist Serge Aubin für mich ein Krieger», hält der sportliche Direktor von Fribourg-Gottéron heute fest. «Ich habe mir wirklich lange gewünscht, einen Spieler mit Aubins Mentalität zu finden.» Der Kanadier habe sich schnell ins Team integriert und wie es Pelletier erscheine, habe die Familie Aubin auch in der Gemeinde Fribourg ein Zuhause gefunden. Schon im Sommer hat Aubin einen persönlichen Trainer verpflichtet, um sein Saisonvorbereitungsprogramm zu optimieren. «Schliesslich habe ich mich für Fribourg entschieden, weil ich den Eindruck hatte, diese Organisation würde sich positiv entwickeln – vielleicht in einen Titelanwärter – also wollte ich auch auf diese Aufgabe vorbereitet sein.»

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Hockeyleidenschaft über G SÉBASTIEN BORDELEAU (35) IST VIELLEICHT DER FRANCOKANADISCHSTE FRANCOKANADIER IN UNSEREM EISHOCKEY. ER HÄLT DEN NAMEN EINER GROSSEN HOCKEYDYNASTIE HOCH. Text: Klaus Zaugg Foto: Pius Koller Es waren einmal drei Brüder. Paulin, Chris und Jean-Pierre. Sie lebten weit, weit, weit oben im wilden Norden von Québec, in Rouyn-Noranda. Auf sie wartete ein mühseliges Leben in den örtlichen Kupferminen. Sie wollten diesem Schicksal entrinnen. Aber wie? Da entdeckten sie ein Spiel, Eishockey genannt. Sie übten fleissig, aber eigentlich waren sie zu klein und zu leicht für dieses Spiel der grossen, kräftigen und bösen Männer. Aber mit Leidenschaft, Mut und Schläue machten sie diese Nachteile wett und wurden Berufsspieler. Sie fanden so einen Weg aus dem tristen Alltag von Rouyn-Noranda in ein besseres Leben in freundlicheren Gegenden Amerikas. Sie wurden Helden in grossen Städten wie Montreal, Vancouver oder Chicago. So etwa tönt ein schönes kanadisches Märchen. Es ist kein Märchen. Es ist die wahre Geschichte des Bordeleau-Clans. Eine klassische kanadische Familiengeschichte.

RESPEKT VOR VERGANGENHEIT Szenenwechsel. In der Kabine der Montreal Canadiens steht in grossen Buchstaben über den Porträts der Helden von gestern und vorgestern: «To you from failing hands we throw the torch; be yours to hold it high.» Es sind die pathetischen Worte des kanadischen Lieutenants John McCrae, niedergeschrieben auf den Schlachtfeldern Flanderns im ersten Weltkrieg. Sie stehen für die Kultur der Montreal Canadiens. An keinem anderen Ort ist der Respekt vor Vergangenheit so gross und an keinem anderen Ort werden die Helden von heute beschworen, das Erbe ihrer Vorväter würdig zu verwalten, die Fackel weiter zu tragen. Eishockey ist in Kanada, in Québec erst recht, wie eine Religion mit Montreal als Vatikan. Niemand kann sich dieser Faszination entziehen. Wer einmal das Leibchen der Montreal Canadiens getragen hat, wird Eishockey für immer leidenschaftlicher spielen. Paulin Bordeleau und sein Sohn Sébastien haben auch für Montreal gespielt. Deshalb essen, trinken, atmen sie Eishockey. Wir sind ein wenig vom Thema abgewichen. Aber wer diese Hintergründe kennt, versteht die Eishockeyleidenschaft der Bordeleaus besser. Paulin, Chris und Jean-Pierre werden alle drei Hockey-Helden. Jean-Pierre macht eine lange, schöne Karriere mit den Chicago Black Hawks (mehr als 500 Spiele), ehe ein rüder Stockschlag von Torhüter Clint Malarchuk seine Kariere

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EHC Biel

Generationen beendet. Paulin und Chris verlassen die NHL und machen eine grosse Karriere in der kurzzeitigen Konkurrenzliga WHL. Sie stürmen für die Québec Nordiques in der gleichen Linie und gewinnen im Frühjahr 1977 den Avon Cup, das Pendant zum Stanley Cup.

BIEL ALS ORT DER BESTIMMUNG Heute trägt Sébastien Bordeleau in Biel die Fackel des Bordeleau-Clans weiter durch die Hockeygeschichte. Er ist ein Glücksfall für Biel und in Biel-Bienne scheint er sozusagen am Ort seiner Bestimmung angekommen zu sein: Als Leitwolf eines Aussenseiters in einer Stadt mit einer starken francophonen Kultur. So pathetisch sieht er es zwar nicht: «Ich fühle mich sehr wohl beim EHC Biel. Aber ich verstehe etwas Schweizerdeutsch und komme auch in der Deutschweiz zurecht.» Hingegen bestätigt er die Familiengeschichte und ihre Wurzeln hoch oben im wilden Norden von Québec: «Wer in Rouyn-Noranda aufgewachsen ist, spielt Eishockey mit mehr Leidenschaft.» Sébastien ist nicht dort geboren. Er kam in Vancouver zur Welt, als sein Vater für die Canucks in der NHL spielte. Einen grossen Teil seiner Kindheit verbrachte er in Frankreich, wo sein Vater in Megève bald einmal Kultstatus hatte. Sébastien Bordeleau ist ein Reisender durch die francophone Welt: Er ist auf dem Eis in seiner Unerbittlichkeit im Kampf um den Sieg der raue, naturverbundene Québequois aus Rouyn-Noranda und hat es in einer Saison auch schon auf 168 Strafminuten gebracht. Aber anders als viele knorrige Francokanadier ist er nicht introvertiert. Er hat in Frankreich auch die Leichtigkeit des Seins kennen gelernt und besitzt inzwischen die französische Staatsbürgerschaft. Biels Leitwolf ist eine charismatische Persönlichkeit, er parliert charmant und sein Horizont geht weit übers Eishockey hinaus. Sébastien Bordeleau war in Nordamerika zu wenig gut, um den Lauf seiner Karriere selber zu bestimmen. Meist haben die NHL-Manager über ihn verfügt. Er ist von Montreal nach Nashville transferiert worden, dann nach Minnesota und schliesslich nach Phoenix und zwischendurch wurde er ins Farmteam relegiert. Er ist durch die harte Schule des nordamerikanischen Sportes gegangen. Im Sommer 2002 wird alles anders. Der Schwede

Andreas Johansson verlässt den SC Bern aus einem laufenden Vertrag heraus, weil er wieder einen Job in der NHL bekommen hat. In wenigen Tagen finden die Berner einen Ersatz: Sébastien Bordeleau, ein Freund von Christian Dubé. Aus dem Notfall von 2002 wird der Glücksfall von 2004: Der SCB gewinnt den Titel auch dank Sébastien Bordeleau, der in den Playoffs in 14 Spielen zehn Tore erzielt. Der Kanadier ist der Bösewicht unter den SCB-Künstlern. So explosiv und so beweglich wie Christian Dubé oder Ivo Rüthemann. Aber anders als die beiden Schillerfalter verschafft er sich selber Raum und Respekt und wird bei Bedarf regelrecht böse – der Naturbursche mit den Wurzeln im wilden Norden von Québec. Und noch etwas zeigt sich in diesen Tagen des Ruhmes: Er ist nur dann einer der besten und spektakulärsten Spieler der Liga, wenn er sich im Team wohl fühlt, wenn er Verantwortung tragen darf. Für ihn ist es nicht eine Belastung, ein Leitwolf zu sein. Sondern eine Herausforderung, die ihn besser macht.

DER PERFEKTE LEADER Inzwischen wissen wir, dass es für Sébastien Bordeleau in Bern kein Happyend gab. Der Respekt ist in Bern für die Helden der Vergangenheit ein wenig kleiner als in Montreal. Im Frühjahr 2009 wird er beim SCB buchstäblich aus einem laufenden Vertrag ausgemustert. Er wechselt zu Biel und spielt dort in dieser Saison vielleicht sein bestes Eishockey. Die Leidenschaft lodert in ihm auf wie eh und je. Aber er ist erfahrener und ruhiger geworden. Der perfekte Leader. In Biel hat er einen Vertrag bis zum Ende der nächsten Saison. Doch die Geschichte der Bordeleaus wird weit, weit über das Verfalldatum dieses Vertrages hinaus gehen. Nach Paulin, Jean-Pierre und Chris, nach Sébastien folgt nun die dritte Generation der Bordeleaus: Sébastiens Sohn Thomas ist eines der grössten Hockeytalente in der Schweiz. Er ist erst acht Jahre alt, spielt bei «Bern 96» immer wieder schon mal in einer höheren Altersklasse. Bordeleau Junior läuft und skort wie sein Vater. «Das ist wahrscheinlich schon so», sagt Papa Bordeleau. «Seit er drei Jahre alt ist, kommt er mit mir zum Schlittschuhlaufen und da ist es so, dass er mich zu kopieren versucht. Ich habe jedenfalls als Bub auch alles meinem Vater nachgemacht und man sagt mir nach, ich hätte seinen Laufstil angenommen.»

CHF 8’000.–

SPORTCHEF KEVIN SCHLÄPFER ÜBER SÉBASTIEN BORDELEAU «Seine Qualitäten als Eishockeyspieler brauchen wir nicht zu diskutieren. Aber als wir ihn verpflichteten, hatte ich auch ein wenig ein flaues Gefühl und war mir nicht ganz sicher, ob es nicht doch Probleme geben könnte. Diese Bedenken waren völlig unbegründet. Mehr noch als seine Qualitäten auf dem Eis beeindruckt mich seine professionelle Einstellung und die Art und Weise, wie er die Rolle eines Leader spielt. Er stellt keine Ansprüche sondern macht aus jeder Situation das Beste. Er akzeptiert klaglos, dass er nicht immer die besten Nebenspieler hat und mit «Nobodies» spielen muss. Nicht ein einziges Mal hat er bei mir Bemerkungen zur Mannschaftsaufstellung gemacht. Er ist bei jedem Training der erste auf dem Eis und macht auch noch für sich Spezialtrainings. Er ist in jeder Beziehung ein Musterprofi.» Die Frage ist: Warum spielt sein Bub bei «Bern 96» und nicht in der Nachwuchsorganisation des SCB? Ist es wegen des etwas frostigen Abganges beim SC Bern? «Überhaupt nicht» sagt Bordeleau. «Wir wohnen ja noch immer in Bern. Es gibt praktische Gründe, warum Thomas bei Bern 96 spielt. Meine Frau arbeitet als Ärztin im Spital in Fribourg und wir müssen den Alltag so rationell wie möglich gestalten. Die Junioren von Bern 96 trainieren auf der KaWeDe und jene des SCB im Weiermannshaus am anderen Ende der Stadt. Für uns liegt die KaWeDe einfach viel besser.» Das wahre Eishockeymärchen der Bordeleaus wird weiter gehen. Was in Rouyn-Noranda vor zwei Generationen begann, findet die Fortsetzung im Bernbiet. Thomas Bordeleau wird von Fachleuten als einer der talentiertesten Junioren in unserem Land eingeschätzt. Wie heisst es doch bei den Montreal Canadiens? «To you from failing hands we throw the torch; be yours to hold it high.» Von Paulin zu Sébastien zu Thomas Bordeleau. l

SÉBASTIEN BORDELEAU Persönlich: 15.02.1975, 180 cm, 83 kg, Center, schiesst links 2002/2003: NLA, SC Bern 54 Spiele 25 Tore 32 Assists 57 Punkte 2003/2004: NLA, SC Bern 51 Spiele 28 Tore 35 Assists 63 Punkte 2004/2005: NLA, SC Bern 52 Spiele 14 Tore 25 Assists 39 Punkte 2005/2006: NLA, SC Bern 48 Spiele 27 Tore 35 Assists 62 Punkte 2006/2007: NLA, SC Bern 45 Spiele 16 Tore 30 Assists 46 Punkte 2007/2008: NL A, SC Bern 54 Spiele 25 Tore 27 Assists 52 Punkte 2008/2009: NL A, SC Bern 35 Spiele 6 Tore 21 Assists 27 Punkte 2009/2010: NL A, EHC Biel 47 Spiele 19 Tore 21 Assists 40 Punkte

168 PIM 66 PIM 91 PIM 62 PIM 48 PIM 42 PIM 20 PIM 48 PIM

STAND ENDE REGULAR SAISON 09.03.2010

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«On the road again» ER IST DER ROCKY BALBOA UNSERES EISHOCKEYS. ER HAT ES VOM RUHELOSEN «MITTELGEWICHTS-BOXER» IN DEN AMERIKANISCHEN BUSCHLIGEN ZUM POSTFINANCE TOP SCORER IN DER NL A GEBRACHT. DER KANADISCHE NATURBURSCHE BRENDAN BROOKS (32) IST EIN GLÜCKSFALL FÜR DIE SCL TIGERS. Text: Klaus Zaugg Foto: photopress.ch Wenn er seine ganze Karriere in einem Lied erzählen wollte, so wäre das sehr einfach: «On the Road again» von Willie Nelson. Brendan Brooks ist viel in der Eishockeywelt herumgekommen. Er hat im Laufe der letzten 13 Jahre schon in Winnipeg, Grand Rapids, Peoria, Worcester, Reading, Manchester, Cincinatti, North Bay, Macon oder Quad City seine Hockeyspuren hinterlassen und dabei alle «Busch-Ligen» kennen gelernt: die American Hockey League, die International Hockey League, die East Coast Hockey League und die Colonial Hockey League. Nicht nur als Spieler. Auch als «MittelgewichtsBoxer».

MIT DEN FÄUSTEN SPUREN HINTERLASSEN

Er möchte diese wilde Zeit nicht missen. «Für viele mag es belastend sein, ständig von einem Ort zum anderen weiterziehen zu müssen. Ich habe diese Zeit genossen. Ich war damals Single und bin es immer noch und ich mag dieses freie, ungebundene Leben.» In dieser Zeit war er nicht nur einfach ein Hockeyspieler. Er war auch «Boxer» und seine Kämpfe in der AHL sind gut dokumentiert. Die Kultur der edlen EishockeyFaustkämpfer ist inzwischen in Nordamerika vom Untergang bedroht. Der kräftige Brooks (178 cm, 84 kg) hat in den Farmteamligen aber noch kräftig zugeschlagen. Oder besser: sich tapfer gewehrt. «Ich bin immer wieder zu Fights

BRENDAN BROOKS Persönlich: 26.11.1978, 178 cm, 84 kg, Center/Flügel, schiesst rechts 2008/2009: Get-League (NOR), Stavanger Oilers 45 Spiele 24 Tore 28 Assists 52 Punkte 66 PIM 6 Spiele 1 Tore 3 Assists 4 Punkte 10 PIM 2009/2010: NL A, SCL Tigers 50 Spiele 20 Tore 14 Assists 34 Punkte 20 PIM STAND ENDE REGULAR SAISON 09.03.2010

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herausgefordert worden», erinnert er sich. «Einerseits um mich aus dem Spiel zu nehmen, und andererseits wohl auch, weil ich mit der Zeit einen gewissen Ruf hatte. Ich galt als einer der besseren Mittelgewichtsboxer.» Im Internet gibt es wunderbare Videos von Brooks Kämpfen. Die besten Bilder sind jene vom wilden Boxkampf mit Rick Rypien am 7. November 2006 im Spiel zwischen Grand Rapids und Manitoba, zu finden unter www.hockeyfights.com. Brooks, der Rocky Balboa, der sich mit den Fäusten durchs Eishockeyleben und nach oben kämpft. Eigentlich gegen sein Naturell. So bissig er auf dem Eis auch wirken mag: Neben dem Eis entspricht er akkurat dem Clichée des netten, unkomplizierten, friedfertigen Kanadiers.

DAS OUT IM LETZTEN MOMENT In all den Jahren sucht Brooks, den Traum NHL zu verwirklichen. Er wird jedoch nie gedraftet. Die Scouts befinden ihn im Juniorenalter nicht für NHL-tauglich. Er ist darauf angewiesen, dass er doch noch entdeckt und in ein Trainingscamp eingeladen wird. Tatsächlich bekommt er schliesslich bei St. Louis, Detroit und bei Los Angeles eine Chance Aber er hat kein Glück. Er verliert seinen Platz im NHL-Team überall im allerletzten Moment vor der Saison beim letzten «Cut» – oft, weil nach Tauschgeschäften auf seiner Position neue Spieler geholt werden. In Los Angeles kommt er NHL-Einsätzen am nächsten, Cheftrainer Andy Murray hält viel von seinem Talent und schickt ihn zum Formaufbau

und zur läuferischen Weiterentwicklung in der Vorsaison nach Genf in die Trainings von Chris McSorley: Servette und die Los Angeles Kings haben in dieser Zeit ja mit der Anschutz-Gruppe den gleichen Besitzer. Brooks spielt ein gutes Dutzend NHL-Partien – aber immer nur in der Saisonvorbereitung und mehrmals sogar das jeweils letzte Vorbereitungsspiel. Aber es reicht nicht für die grosse Liga. «Irgendeinmal habe ich realisiert, dass die NHL für mich ein Traum bleiben wird und ich habe mich nach Alternativen umgesehen und einen Freund, den Spieleragenten Patrick Pilloni gefragt, ob es für mich nicht eine Möglichkeit in Europa gebe. Er hat mir innert zwei Wochen den Job bei Stavanger in Norwegen verschafft.» Brooks wird in Norwegen eine dominierende Spielerpersönlichkeit und ist mit einem Nettogehalt von 160’000 Franken auch der bestbezahlte Spieler der Liga. Bis der Teambesitzer in Stavanger den Geldhahn zudreht. Deshalb kommt Brooks im Herbst 2009 nach Langnau. In Norwegen hatte er zum ersten Mal eine Besonderheit des europäischen Eishockeys kennen gelernt: Die Werbung mit dem Topskorer. In Norwegen ist es ein goldener Helm, in der Schweiz wird es Helm und Dress des PostFinance Top Scorers sein. «Die Idee finde ich cool. Gut, du kannst dich auf dem Eis nicht mehr von der Verantwortung drücken, jeder sieht, dass du der Mann bist, der etwas bewegen kann. In den Farmteamligen in Nordamerika wäre diese Idee möglicherweise nicht so cool, ich


SCL Tigers

TRAINER KONSTATIN KURASCHEW ÜBER BRENDAN BROOKS «Er ist ein guter, aber kein überragender und lediglich überdurchschnittlich talentierter NL A-Spieler. Seine Stocktechnik ist verbesserungsfähig. Er hat manchmal Mühe, offensiv und defensiv das Spiel zu lesen und seine Defensivarbeit könnte besser sein. Aber er ist sehr schnell, kräftig und mutig und in seinem Spiel geradlinig. Dadurch entwickelt er viel Druck aufs gegnerische Tor.»

denke, da würde man zur Zielscheibe von Provokationen. Das war in Norwegen nie der Fall und ist es in der Schweiz auch nicht.» Überhaupt findet er das Schweizer Eishockey sehr kultiviert. «Es gibt im Vergleich zu Nordamerika auch fast gar keine verbalen Provokationen.» Nicht eine Sekunde klagt er, dass es nicht für die NHL gereicht hat. Ganz im Gegenteil. Er freut sich darüber, dass er mit dem Eishockey, einem Spiel, dem er sich mit Leidenschaft widmet, seinen Lebensunterhalt verdienen darf und erst noch nebenbei die Welt kennen lernen kann.

SCL TIGERS STATT SERVETTE, BIEL ODER LAKERS Brooks gefällt es in Langnau so gut, dass er Angebote von Servette, Biel und den Lakers ausgeschlagen und den Vertrag mit den SCL Tigers verlängert hat. «Es ist nicht nur eine Frage des Geldes. Mir gefällt es einfach im Emmental, ich mag dieses Team und diese Fans. Und wenn ich mal ausgehen will, dann bin ich in kurzer Zeit in Bern.» Brendan Brooks, mit dem berühmten NHL-Coach und USNationaltrainer Herb Brooks nicht verwandt (Herb Brooks war Amerikaner, nicht Kanadier), mahnt in seinem fräsenden Wirken

auf und seiner natürlichen Unkompliziertheit neben dem Eis ein wenig an Michael «Michu» Horisberger, den Leitwolf und Kult- und Nationalstürmer des einzigen Langnauer Meisterteams von 1976.

RESPEKT VOR DEN HELDEN Auf dem Weg zum Kaffe im «Goldenen Löwen» kommen wir zu Fuss an der Pferdemetzgerei Horisbergers vorbei und ich erzähle Brooks, dass dies das Geschäftshaus der Legende Horisberger sei. Als Kanadier weiss er, welchen Respekt den Helden von einst gebührt und er wird neugierig auf die Geschichte der Langnauer. Ja, sagt er, der Name «Hori» sage ihm etwas, es habe ihm schon mal einer von Horisberger erzählt. Die wilden Jahre von Michael Horisberger leben nur noch in der Emmentaler Sagenwelt fort. Längst ist «Michu» ein gestandener Familienvater und Geschäftsmann geworden. Brendan Brooks hingegen ist nach wie vor Junggeselle und noch nicht ganz zur Ruhe gekommen. Er mag es, weiterhin ungebunden und frei wie der Wind zu sein. Reisen ist und bleibt seine Leidenschaft. Er hat in der Schweiz ein neues Hobby entdeckt: Bergbahnen. Mit leuchtenden Augen erzählt er von den Fahrten aufs Jungfraujoch und auf den Pilatus. Es ist ja wirklich ein kribbliges und durch und durch neues Gefühl für einen Spieler der SCL Tigers, wenn es so steil bergauf geht und er dann die Welt für einmal von ganz oben betrachten darf. l

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Zum Autor und zur Rubrik : Thomas Roost ist seit zehn Jahren als NHLScout tätig und ein profunder Kenner des weltweiten Spielermarktes. Bei Central Scouting Europe ist er alleinver-

antwortlich für die Spielerrankings in der Schweiz und Deutschland sowie mitverantwortlich für die gesamteuropä­ ischen Rankings. Hauptberuflich ist Roost Head Human Resources und Mitglied der Konzernleitung in der Touristikbranche. Roost schreibt während der gesamten Saison 2009/10 monatlich eine Kolumne im SLAPSHOT. Roosts persönliche Meinung kann, muss sich aber nicht unbedingt mit derjenigen der SLAP­SHOTRedaktion decken. Lesermeinungen zu den Kolumnen-Beiträgen können Sie dem Autor auch direkt zukommen lassen: thomasroost@hotmail.com

Wer auftritt, muss spielen! Der epische Olympiafinal zwischen Kanada und den USA war das beste, intensivste und schnellste Eishockeyspiel aller Zeiten. In dieser Würdigung sind sich alle inter­ nationalen Hockeyexperten, mit denen ich über diesen Final gesprochen habe, einig. Die Frage stellt sich nun, was es braucht, um Eishockey auf diesem Niveau spielen zu können und am Schluss zu gewinnen.

Wir sind angetreten, um gegen die Grossen zu bestehen. Das ist uns gelungen und ­verdient grossen Respekt. Aber für das ganz grosse Kino ist «Bestehen wollen» zu wenig: Wer auftritt, muss spielen und nicht «nur» bestehen. Trotzdem: Ralph Krueger hat einen super Job gemacht. Mit den zur Verfügung stehenden Spielern hat er ein Maximum erreicht.

Liegt die Wahrheit in der Schweiz? Unser Team war hervorragend gecoacht und hat die geforderte Intensität und ­Dynamik erstaunlich gut angenommen. Ich behaupte, dass die Schweiz an diesen Olympischen Spielen das am besten vorberei­tete ­europäische Team war. Es war sicher ein Nachteil, dass sich weder der ­finnische Coach Jukka Jalonen noch Slava Bykov in ihrer Karriere je sehr ernsthaft um die NHL gekümmert haben. Teemu ­Selanne bei den Finnen wie auch – hinter vorge­ haltener Hand – ein Starspieler bei den Russen zeigten sich verwundert über die von ihren Coaches verordnete Spielweise.

Der Schlüssel des ­Erfolgsgheimnisses liegt demnach nicht nur in der Optimierung der Strategien, nicht nur in der Optimierung der ­Disziplin und des Defensivverhaltens der Spieler. Sondern vor allem auch in der Qualität der Spieler. Es ist für unseren Seelen­frieden genial, dass die Schweiz in der Welt als ordentliches, aber langwei­ liges Land wahrgenommen wird. Aber wir dürfen uns nie damit abfinden, dass unser ­Eishockey als langweilig beurteilt wird.

Anders Ralph Krueger. Er hat das Spiel der Nordamerikaner auf den schmalen ­Eisfeldern genau studiert. Und eine ­Mannschaft zusammengestellt, die seiner Meinung nach am besten ­geeignet war, in diesem NHL-Umfeld zu bestehen. Unser Team hat perfekt ver­teidigt. Das Spiel ohne Scheibe war ­allererste Sahne. Und die uns oft nach­gesagte physische Unter­ legenheit war nur ansatzweise spürbar. War demnach eine perfekte Defensiv­taktik mit physisch kräftigen und läuferisch ­beweglichen ­Soldaten der ultimative Schlüssel zum Erfolg? Nein, denn unser Achtungserfolg war eben «nur» ein Achtungserfolg und kein echter Erfolg. Kein Sieg gegen einen Grossen, kein Halbfinale, keine Medaille und kein Olympiasieg. Wir waren zwar nahe dran, sogar näher als ich dies geglaubt habe. Aber ganz ehrlich, die Norweger und die Weissrussen waren noch näher dran, uns zu besiegen – und letztlich stehen wir in den drei Partien gegen die Grossen (zweimal USA und einmal Kanada) mit im Durchschnitt lediglich einem einzigen erzielten Tor zu Buche. Das ist definitiv zu wenig.

Der Olympiasieg Kanadas hat uns ­Folgendes gezeigt: Auch mit einer All-StarAuswahl und nur mittelmässigem Coaching kann man Olympiasieger werden, wenn die All-Star-Spieler individuell genügend überlegen sind. Die in der Theorie oft ­beschworene Balance bei der Spieler­ auswahl hat bei Kanada alles andere als gestimmt. Es waren zu 90 Prozent Häupt­ linge am Werk. Eine Mischung, die gemäss einer bei uns vorherrschenden Meinung niemals Erfolg bringen kann. Kann sie eben doch! Man bezahlt zwar für die Wahl von lauter Häuptlingen den Preis der defen­ siven Instabilität. Aber man erhält etwas für diesen Preis. Noch nie hat eine kanadi­ sche Olympiaauswahl in der Neuzeit derart viele Tore erzielt. Noch nie habe ich ein Natio­nalteam gesehen, in dem ­sämtliche Stürmer fähig waren, viele und entschei­ dende Tore vorzubereiten oder zu erzielen. Die Checkingline bestehend aus Rick Nash, Jonathan Toews und Mike Richards? ­Offensiver Wahnsinn nach europäischem Verständnis, aber die Kanadier operieren nach dem Motto: «No guts no glory» – ohne Mut gibts keinen Preis. Diese offen­ sive Unberechenbarkeit hat es den ­Gegnern extrem schwer gemacht, jeweils geeignete Antworten auf die Blockwechsel zu finden. Kanada hat die Superstars laufen lassen, ihnen die lange Leine gegeben, Selbst­

verantwortung übertragen. Und Kanada hat am Ende alles zurückerhalten: Das ­beste Spiel aller Zeiten mit einem denk­ würdigen Spielverlauf und der Krönung mit dem Goldtor des Goldjungen, Sidney ­Crosby. Kanada hat gewonnen, weil es ­offensiv die besten Spieler hatte – und nicht wegen gutem Coaching. Ich behaupte sogar, dass die Coaching­ qualität – im Gegensatz zur Spielerqualität – in Europa mindestens so gut ist wie in der NHL. Warum wurde in der letzten Spielminute der Kanadier Ryan Getzlaf zu den Faceoffs beordert, obwohl er mit ­weniger als 50 Pozent Faceoff-Erfolgs­ quote schlechte Werte aufwies – ganz im ­Gegensatz zu Thornton (62%) und ­Crosby (60%)? Und wieso haben in der letzten Spielminute Niedermaier und ­Weber ­verteidigt? Niedermaier, der smar­ te, ­elegante, läuferisch hervorragende ­Veteran, der aber alles andere denn als ­Abräumer bekannt ist. Und Weber, der ­junge, unerfahrene Scharfschütze, dem (noch) zu viele Fehler im Positionsspiel ohne Scheibe unterlaufen. Es war abzu­ sehen, dass sich in der letzten Minute die Hektik vor dem Goal von Roberto Luongo abspielen wird. Physisch kräftige und positionssichere ­Abräumer (z.B. Pronger) plus ein FaceoffSpezialist waren gefragt. Das Resultat ist bekannt. Die USA hat kurz vor Schluss ein wichtiges Faceoff gewonnen, Niedermaier und Weber haben im «Slot» nicht auf­ geräumt und waren nicht optimal positio­ niert. Das 2:2 war die Folge. Hätten in ­diesen wichtigen Schlussminuten gute ­europäische Coaches nicht smarter ­reagiert? Ralph Krueger ganz bestimmt, er wäre ein hervorragender NHL-Coach. Vermeintliche Fehler bei der Spieleraus­ wahl (zu offensiv ausgerichtet), Fehler im Coaching und doch Olympiasieger. Fazit: Die Coachingqualität und die Strategie sind wichtig und führen zu Achtungs­erfolgen. Aber: Die Qualität der Schau­spieler ist das Geheimnis des ganz grossen Kinos. Hockeyschweiz, lasst uns Welt­klassespieler produzieren! Denn wer auftritt, muss ­spielen und nicht nur bestehen. Wir wollen das ganz grosse Kino! l

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Homestory

Essen, schlafen, Hockey

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Reto Berra, Kevin Lötscher / EHC Biel DEN HAUSHALT IHRER EISHOCKEY-WG SCHMEISSEN BIELS GOALIE RETO BERRA UND SEIN KOLLEGE KEVIN LÖTSCHER GENAUSO GUT, WIE SIE HOCKEY SPIELEN. MIT POWER NAPPING, EINER TASSE STARBUCKS-KAFFEE, LECKERER PIZZA UND BIG BROTHER TANKEN SIE ENERGIE UND ERHOLEN SICH VON SCHWERSTARBEITEN WIE PUTZEN, TRAINING UND MATCH. Text: Simone Moser Fotos: Pius Koller Unüberblickbares Chaos, erhöhte Lautstärke, sichtlich mangelnde Putzmotivation und eine sehr zufällige Einrichtung – die Männer-WG aus dem Bilderbuch. Betritt man jedoch die Bieler Eishockey-WG von Reto Berra und Kevin Lötscher, werden jegliche Klischees zerstört. Beim Blick auf die coole und gemütliche Einrichtung, die saubere Küche und das aufgeräumte Wohnzimmer drückt der Besucher sogar bei der Schuhauslegeordnung vor der Tür, dem verdächtig hohen Pizza-Karton-Turm in der Küche und dem überquellenden Leergut beide Augen zu. Ganz klar: Den Haushalt in der modernen Wohnung in der Nähe des Stadions schmeisst das Gespann Berra-Lötscher wie Profis. Oder steckt doch eine Putzfrau dahinter? «Eine Putzfrau war von Anfang an der grosse Plan, bis jetzt putzen wir aber noch selbst», gestehen Berra und Lötscher lachend. Und das klappt scheinbar ziemlich gut. «Ämtliplan gibts bei uns keinen, sondern wir wechseln uns beim Kochen,


Homestory Putzen und Aufräumen ab», erklärt Reto. «Dabei sind wir sehr spontan», fügt Kevin hinzu. «Einer kocht, der andere wäscht ab. So einfach geht das.»

GEMEINSAME HOBBIES:

LIEBSTES WG-ESSEN:

Essen, schlafen und Eishockey

Pizza, Bier und Schokolade

UNBELIEBTES WG-ÄMTLI: Leergut entsorgen

PRO WG: Nicht alleine sein, keine Langeweile, alles schneller erledigt, mehr Spass

DER WG-HAUSFRIEDEN Nicht nur im Haushalt sondern auch im WG-Zusammenleben sind der Walliser und der Zürcher unkompliziert. Die Ausgaben teilen sie brüderlich, den Einkauf erledigen sie jeweils gemeinsam und bei der Einrichtung bewiesen sie gar den gleichen Geschmack. «Klar gibts ab und zu Uneinigkeiten», meint Berra. «Aber bisher gingen wir uns jedenfalls nicht an den Kragen.» Auch nicht, wenn Reto morgens länger schläft und Kollege Lötscher putzmunter die Musik aufdreht. «In diesem Moment wäre ich oft froh, wenn ich in Ruhe weiterschlafen könnte», gibt der Siebenschläfer zu. Er sei halt eher ein Nachtmensch, was wiederum seinem Mitbewohner nicht unbedingt behagt. «Ich gehe abends früher ins Bett als Reto. Da könnte es manchmal schon etwas ruhiger sein», meint Kevin mit einem Seitenblick auf seinen Kollegen. Doch wegen solcher Macken hängt der Hausfrieden bei den beiden Jungs nicht schief. Denn die zwei sind nicht nur auf, sondern auch neben dem Eis gute Kollegen. Das ist mit ein Grund dafür, dass sie eine WG gründeten.

RETO BERRA Geburtstag: Clubs:

Hobbies: WG-Erfahrung:

KEVIN LÖTSCHER Geburtstag: Clubs:

Hobbies: WG-Erfahrung:

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17.02.1988, Susten Leukerbad (Junioren), SCL Tigers (Junioren), EHC Visp (NL B), Lausanne HC (NL B), HC Sierre-Anniviers (NL B) Beim EHC Biel seit: 2009/2010 Gut essen und trinken, Musik, Golf WG in Lausanne

03.01.1987, Bülach EHC Bülach (Junioren), ZSC Lions (Junioren, NL A), GCK Lions (NL B), HC Davos (NL A) Beim EHC Biel seit: 2009/2010 Essen, schlafen, Gitarre, Musik WG in Davos


Reto Berra, Kevin Lötscher / EHC Biel «Wir haben zusammen in der Juniorennati gespielt und danach regelmässig Kontakt gehabt. Als wir beide in Biel unterschrieben, war sofort klar, dass wir zu zweit in eine WG ziehen würden», erzählt Reto. Mitte Oktober im letzten Jahr bezogen sie dann die jetzige Wohnung im ruhigen Quartier, die ihnen durch Berras Kollegin vermittelt wurde. «Vorher wohnten wir in einer ClubWohnung mitten im Bieler ‹Ghetto›. Da ging es jeweils laut zu und her», sagt Lötscher mit einem Schmunzeln. Keine gute Voraussetzung für zwei Hockeyprofis, die vor wichtigen Spielen oder nach einem harten Training unbedingt ihre Ruhe brauchen. Denn Schlafen steht, genauso wie Essen, ganz oben auf der Liste der liebsten Freizeitbeschäftigungen. So erholt sich das Duo von anstrengenden Eiszeiten und tankt frische Energie. Mittlerweile gehört der Power Nap vor oder nach dem Hockey zum heiligen WG-Ritual. «Wahrscheinlich liegen wir immer gleich auf dem Sofa», scherzt Berra.

DIE EISHOCKEY-WG Ansonsten sind die zwei Youngsters aber keine Fans von Ritualen und somit auch nicht von abergläubischen Matchvorbereitungen. «Wir schlafen einfach ein bis zwei Stunden weniger, abhängig von der bevorstehen-

den Fahrt», meint der Bieler Goalie nüchtern. «Dann holen wir uns ein Red Bull an der Tankstelle für unterwegs», fährt Stürmer Lötscher fort. Erst auf dem Eis haben die Nummer 20 und 61 ihre Eigenheiten. «Ich schlage vor jedem Drittel mit dem Stock an die Torpfosten. Das mache ich seit klein auf», gibt der Bieler Torwart zu, der erstmals auf dem Eis stand, als er noch nicht mal die Schuhe binden konnte. «Weil ich ein überaktives Kind war, schickte mich meine Mutter im Alter von zwei Jahren und neun Monaten aufs Eis. Als Dreijähriger spielte ich mit den Bambinis den ersten Match», blickt Reto Berra zurück. Torhüter wurde er zufälligerweise. «Als der Trainer nach einem Goalie fragte, hielt ich die Hand auf. Ich glaube, ich fand einfach die Ausrüstung cool.» Und so wurde aus dem übereifrigen Knirps ein starker NL A-Torhüter, der nebenbei die Handelsschule und ein Bankpraktikum abschloss. Bei seinem Mitbewohner sah die Sache etwas anders aus, denn als Sohn der bekannten NLA-Grösse Martin Lötscher ist Kevin quasi mit Stock und Puck auf die Welt gekommen. «Mein älterer Bruder und ich waren von Anfang an beim Eishockey dabei. Für mich war es neben Fussball und Tennis immer die Nummer eins», erinnert sich der Stürmer. «Eishockeyprofi war immer mein Traum

und ich bin froh, dass es geklappt hat.» Doch trotz Hockeygenen herrschte im Hause Lötscher eine wichtige Regel: «Mein Vater sagte stets, dass ich vor meinem ersten Profivertrag eine Ausbildung machen muss.» Während er also drei Jahre in Langnau bei den Junioren spielte, absolvierte er parallel dazu das KV und startete danach als erfolgreicher Stürmer durch. Heute laufen Berra und Lötscher gemeinsam für den EHC Biel auf. Im Seeland fühlen sie sich pudelwohl. «Wir haben ein tolles Team mit jungen, coolen Typen, welche die gleichen Ziele vor Augen haben», schwärmen die Bieler Zuzüge von ihrem Club. «Die Fans und die Stimmung im Eisstadion sind super», rühmt Reto die Atmosphäre an der Spielstätte, die er früher gar nicht leiden konnte. Das Engagement in der höchsten Spielklasse ist jedoch nicht immer ein Zuckerschlecken. «Durch das Eishockey hat sich in meinem Leben vieles verändert und ich musste auf einige Dinge verzichten, aber ich bereue nichts», stellt Lötscher klar. Sein Mannschaftskollege nickt. Auch im Leben des 23-Jährigen hat Hockey neben der Familie und seiner Gesundheit einen hohen Stellenwert. «Es ist Beruf und Leidenschaft zusammen.» Eine Leidenschaft, welche die WG-Kumpanen teilen, so dass auch mal bei Pizza und Bier über vergangene Spiele

wir beide im Tiefschlaf sind», grinst der Walliser. Wenn die zwei wieder munter sind, nehmen sie ihr After-SleepProgramm in Angriff, und auch hier sind sie unkompliziert. «Den Nachmittag verbringen wir spontan. Im Kino, in der Bieler Innenstadt, am See oder nach einem harten Match im Solbad», sagt Reto. «Und im Starbucks», unterbricht Kevin seinen Kollegen. «Das gibts in Biel leider nicht, deshalb fahren wir öfters nach Bern.» Auch ohne amerikanische Kaffeebude fühlen sich die beiden in der Bilingue-Stadt wohl. «Klar, es ist nicht Bern oder Zürich, aber es hat alles, was wir brauchen», sagt Kevin. «Nur im Sommer vermisse ich ab und zu die Grossstadt», meint Reto bedauernd. Er besuche aber regelmässig seine Familie, Kollegen und seine Freundin in Zürich oder sie ihn im Seeland. Die Freundin nehme das Pendeln und die oft verplanten Wochenenden locker. «Dafür freuen wir uns umso mehr auf das Wiedersehen, mal in Zürich und mal in Biel.» Kevin dagegen ist während der Saison nur selten im Wallis anzutreffen. «Ich bin meist mit Hockeykollegen oder Retos Freundeskreis zusammen», so der 22-Jährige. Den Abend verbringen die WG-Kollegen meist gemütlich zu Hause vor dem Fernseher. «Wir schauen jeden Tag Big Brother», gesteht der Ältere der beiden. «Kein Witz.»

diskutiert wird. «Aber allzu tiefgründig analysieren wir die Matches nicht», berichtigen sie sofort. Gegenseitige Kritik wird ebenfalls nicht ausgeübt. Viel eher würden sie einander aufbauen. «Denn was kann ich als Stürmer schon einem Goalie sagen?», meint Kevin sachlich. Reto weiss, dass er während dem Spiel in seiner eigenen Welt ist und keine Zeit hat, seinen Teamkollegen zu beobachten. «Der hat es nicht mal bemerkt, als ich mein erstes NL A-Tor geschossen habe», grinst Lötscher. «Erst als mir alle gratuliert haben, hat er es endlich geschnallt.»

Dann kocht jemand oder, im Hinblick auf die PizzaKartons, wählt jemand die Nummer des Pizzaservice. Aber trotz gelegentlicher Kochmüdigkeit ist gut essen und trinken ein Hobby des Feinschmeckerduos. Für ihre Hobbies haben die beiden EHCB-Spieler bald ausreichend Zeit. Vielleicht packt Berra in der Sommerpause mal wieder seine Gitarre aus, die er sich kürzlich in einem Anflug von Musiker-Enthusiasmus gekauft hat. «Die Anfangseuphorie ist leider ein bisschen down», beichtet der Zürcher. Spielen tue er aber gar nicht so schlecht, meint sein Mitbewohner. Dieser hat im Sommer Zeit, in seinen Heimatkanton zu reisen, die Familie zu besuchen und seiner Sommerbeschäftigung, dem Golf, nachzugehen. Ferienpläne haben beide noch nicht geschmiedet. «Wir entscheiden spontan», sagt Kevin. «Zuallererst machen wir einfach mal gar nichts, geniessen die freie Zeit, das Leben, gehen in den Ausgang und grillieren auf unserem Balkon», ist man sich einig. Eines steht jedoch bereits fest: Da die zwei mitten in der Saison in die neue Wohnung gezogen sind, konnte diese noch nicht recht eingefeiert werden. Deshalb steigt im Sommer endlich die grosse WG-Einweihungsparty im Hause Berra-Lötscher. Ob die Nachbarn da schon gewarnt sind? l

DER WG-ALLTAG Eishockey ist ein fester Bestandteil von Reto und Kevin, auch im WG-Alltag. Dieser beginnt bei Kevin – sehr zu Leiden seines Kollegen – bereits zur frühen Stunde: «Aufstehen, dann zuallererst Mac anschalten und Musik hören. Nach dem Frühstück und TV-Einschalten wecke ich Reto.» Und dies tue er, gemäss Reto, ganz nett. «Wenn der dann aus dem Bett gekrochen ist, trinken wir zusammen einen Kaffee und dann gehts ab ins Training», berichtet Kevin weiter. Nach dem Mittagessen mit den Teamkollegen in der Stammbeiz chillen die beiden ausgelaugten Hockeyaner zu Hause auf dem Sofa. «Fernseher ein und dann dauert es etwa 15 Minuten, bis

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National League B Die Oltner haben die grÜsste Eishockey-­ Erfolgstory der letzten Jahre geschrieben. Diese Geschichte ist sportlich und wirtschaftlich bemerkenswert. Dabei ist das Erfolgsrezept so banal wie erfolgreich.

75 Jahre Powerm


EHC Olten Glücksfall für den EHC Olten: Trainer Dan Ratushny.

Text: Klaus Zaugg Fotos: Pius Koller Im Sommer 2004 ist die Kasse der Eishockey Club Olten AG leer. «Wir hatten Rechnungen im Gesamtbetrag von 700’000 Franken auf dem Schreibtisch. Aber wir hatten keinen Franken mehr und standen vor dem Konkurs.» So erinnert sich Präsident Benvenuto Savoldelli, Rechts­ anwalt und Notar mit Büro in der Oltner Altstadt, an die «Stunde Null» des Traditionsunternehmens. Er war damals der einzig noch verbliebene Verwaltungsrat. In diesen ­Tagen beginnt eine Eishockey-Erfolgsgeschichte. Das Bild vom Phoenix, der aus der (Schulden)-Asche steigt: Hier trifft es zu. Wie gelingt die Sanierung eines Eishockey-Unternehmens? Die Antwort ist gar nicht so kompliziert. Sie hat unter ­anderem etwas mit gesundem Menschenverstand, mit ­Respekt und mit uralten Anstandsregeln zu tun. Die sechs wichtigsten Gründe für die Renaissance des NL BKultklubs (seit 1970 immer in der NL B oder NL A).

Erstens: Dankbarkeit. Wer immer etwas für den EHC Olten tut, sei er Hauptspon­ sor oder «nur» ein Puckspender, bekommt einen Dankes­

brief. Darum kümmert sich Präsident Savoldelli persönlich. Das mag banal tönen. Aber hier beginnt die erfolgreiche Integration eines Sportunternehmens und die Oltner ­konnten ihr Hockeyunternehmen nur sanieren, weil ihnen diese Integration gelungen ist. Zu eben dieser Integration gehört der Dank für alle, die etwas tun. Zu dieser Dank­ barkeit gehört auch die Versöhnung mit den Helden aus der Oltner Hockeygeschichte: Heute trifft man im Kleinholz ­Legenden wie Ex-TK-Chef Tino Catti oder den Ex-Präsiden­ ten Jost Bitterli. Diese Dankbarkeit kostet nichts.

Zweitens: Transparenz. Auch Transparenz kostet nichts und bewirkt langfristig doch sehr viel. Spektakulärstes Beispiel für diese Trans­ parenz: Die Oltner melden am 4. Februar vor den NL BPlayoffs offiziell, dass ihre beiden Kanadier Jeff Campbell und Brent Kelly schon beim Erzrivalen SC Langenthal ­unterschrieben haben. Die Folge: Polemik und eine «Jahr­ hundert-Playoffserie» über sieben Spiele gegen genau diesen «bösen» SC Langenthal. «Wir mussten die Öffent­ lichkeit informieren» sagt Geschäftsführer Peter Rötheli, nicht mit der Legende André Rötheli, sondern mit der noch grösseren Legende Jakob Kölliker verwandt. «Wir haben versucht, bei unseren Partnern das Geld für die Weiter­

mäuse

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National League B verpflichtung von Kelly und Campbell aufzutreiben, als bereits Gerüchte umgingen, dass die beiden für die ­kommende Saison nach Langenthal wechseln. Unsere Partner hätten sich verschaukelt gefühlt, wenn wir Geld für eine Vertragsverlängerung von Spielern suchen, die gar nicht bleiben.»

Drittens: Kühler Verstand statt Emotionen.

Sportunternehmen geraten in die Krise, wenn Emotionen statt kühle Berechnung die Personalentscheide steuern. Benvenuto Savoldelli erzählt, was ihn definitiv zum kühlen Rechner gemacht hat. «Thurgaus Felix Burgener wollte uns für eine sechsstellige Summe einen unserer besten Spieler während der Saison abkaufen. Die für den Sport zuständigen Leute haben mir gesagt: ‹Das dürfen wir ­unter keinen Umständen tun. Sonst steigen wir ab.› Also haben wir es nicht getan. Kurz darauf verletzte sich dieser Spieler und wir stiegen trotzdem nicht ab.» Spieler ­kommen und gehen, ein Unternehmen bleibt bestehen: Seither werden in Olten die Personalentscheide nicht mehr emotionell, sondern rationell gefällt und der EHC Olten beschäftigt bewusst keinen Sportchef (Sportchefs neigen zu emotionalen Transferentscheiden). Sondern mit Peter Rötheli einen Juristen als Geschäftsführer und alle Per­ sonalentscheide fällt eine vierköpfige Sportkommission, zu der auch der Trainer gehört. Der Präsident erklärt das so: «Wenn wir einen Spieler holen, dann spielt seine ­Persönlichkeit eine ebenso wichtige Rolle wie sein Talent. Wir verpflichten nicht einfach einen Spieler, sondern wir stellen einen Arbeitnehmer für unser Unternehmen ein.» So sorgen die Oltner dafür, dass ein Spieler zum EHC Olten passt und dass er sich integrieren kann. Profis sind nur die beiden Ausländer. Bei den Schweizer Spielern wird darauf geachtet, dass jeder sich entweder weiterbildet oder einer geregelten Arbeit nachgeht. Ein Faktor, der oft ­unterschätzt wird: Wenn die Spieler in den Nachmittagsrunden eines heiligen Werktages beim Jassen in der Beiz angetroffen werden, ist das Image dahin. Kein Unternehmen, das in Zeiten wie diesen um jeden Franken Umsatz kämpft, sponsort Jasser.

Viertens: Alle gleich behandeln.

Patric Della Rossa

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Bei der Sanierung vor sechs Jahren setzte Benvenuto Savoldelli, damals noch Verwaltungsrat, ein Prinzip durch: eine Lohnobergrenze, aber gleiche Bedingun­ gen für alle. Wenn es einem Spieler gelingt, Sonderkon­ ditionen oder Privilegien auszuhandeln, dann dauert es keine drei Wochen und alle in der Kabine wissen es. Selbst wenn der Spieler eisern schweigen sollte: Die Freundin oder die Frau erzählt es sicher weiter und der Friede in der Kabine ist dahin. Wenn hingegen jedem klar ist, dass jeder


EHC Olten gleich behandelt wird, dann rückt die Mannschaft ­zusammen und es ist möglich, eine Lohnobergrenze ­einzuhalten. Noch heute verdient in Olten kein Schweizer Spieler mehr als 50’000 Franken Grundgehalt. Savoldelli sagt, das funktioniere, weil jeder wisse, dass ­jeder gleich behandelt werde. «Bei uns sind Spieler, die an anderen Orten mehr verdienen könnten. Bei einem Transfer sagte uns der Vater eines Spielers, das Salär sei nicht entscheidend. Es sei ihm wichtiger, dass sein Bub neben dem Eishockey seine Weiterbildung mache.»

Zukunftsaussichten Wie geht es weiter? Wie hoch wollen die Oltner noch hinaus? Die ­erstaunliche Entwicklung in Zahlen, in den Klassierungen nach der Qualifikation: 9. (2004/2005), 7. (2005/2006), 9. (2006/2007), 7. (2007/2008), 5. (2008/2009), 2. (2009/2010). Im gleichen ­Zeitraum ist der Zuschauerschnitt pro Spiel in der Qualifikation von 1370 auf 2612 angestiegen. Das Budget kann für nächste Saison auf rund drei Millionen aufgestockt werden – das ist fast doppelt so viel wie nach der Sanierung im Sommer 2005. «Das Ziel ist die Bestätigung für den zweiten Platz und die Halbfinals in dieser Saison», sagt Rötheli, der die Administration mit 375 Stellenprozent managt. «Aber wir sind uns ­bewusst, dass dies sehr schwierig wird. Wir wollen uns länger­ fristig unter den ersten vier in der Liga etablieren.» Oder mit anderen Worten: Ein Spitzenteam der NL B bleiben. Und die NL A? Ist nach 1985, 1988 und 1993 ein vierter Aufstieg in die höchste Spielklasse mög­ lich? «Wir können in Olten die NL A finanzieren», ist Präsident Savoldelli überzeugt. «Wir haben diese ­Saison von der Liga auch die Aufstiegsbewilligung ohne Auflagen erhalten. Aber ein Aufstieg macht erst Sinn, wenn unser Stadion renoviert wird. Erst dann können wir die Erträge generieren, die wir für die NL A brauchen. Ich denke, dass wir mit sechs Millionen eine NL A-Mannschaft finan­ zieren könnten.» Diese Renovation ist ein politisches Geschäft, weil die Finanzie­ rung über die Stadt Olten läuft und dürfte, wenn alles gut geht, in den nächsten drei Jahren abgeschlos­ sen sein. Bis dahin müssen die NL A-Krisenklubs keine Angst vor den Oltnern haben.

Fünftens: Vernünftige Prämien. Der grösste Teil der Prämien richtet sich nicht nach den sportlichen Erfolgen. Sondern nach den wirtschaft­ lichen Erträgen des sportlichen Erfolges. Schon ­manches Sportunternehmen ist fast ruiniert worden, weil die Prämien viel höher waren als der Ertrag des Erfolges. Will heissen: Die Spieler kassieren in Olten Prämien nicht nach Klassierung des Teams und ­Zuschauerzahlen. Sondern zum grössten Teil nach Zuschauereinnahmen. Nun liegt der Verdacht auf der Hand, dass das Management diese Einnahmen so ausweist, dass nicht zu viele Prämien anfallen. Diese Gefahr ist in Olten an einem kleinen Ort: Ein Spieler erarbeitet im Sekretariat diese Zahlen. Das sorgt für Vertrauen. Sechstens: Glück. Präsident Benvenuto Savoldelli nimmt für die ­Oltner nicht in Anspruch, das Eishockeybusiness neu erfunden zu haben. Er ist sich der Launen­ haftigkeit der Hockeygötter sehr wohl bewusst. «Wir haben in letzter Zeit

Brent Kelly

auch Glück gehabt. Gerade in der Trainerfrage hat Dino Stecher unsere Philosophie durchgesetzt und sein ­Nachfolger Dan Ratushny ist noch einmal ein Glücksfall für uns. Er reiste auf eigene Kosten von Toronto nach ­Olten, um sich bei uns als Trainer vorzustellen.» l

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© KEYSTONE

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Plädoyer für eine Pleite-Liga Die häufigste Bezeichnung für die NL B in nationalen Medien: Pleite-Liga. Es ist die grösste Fehleinschätzung unserer Hockeygeschichte. Tatsächlich gehen hin und ­wieder NL B-Teams während der Saison pleite. Diese Saison die Young Sprinters. Vor ein paar Jahren Morges, vor noch ­etwas längerer Zeit Uzwil, und Chur ist mal zwangs­relegiert worden. Na und? Pleiten gehören zum (Sport)-­ Business und niemand kommt auf den ­Gedanken, das Wirten zu verbieten, nur weil hin und wieder eine Pinte zumachen muss. Die Bezeichnung Pleite-Liga ist ­nachgerade absurd, weil es in der NL B mehr wirtschaftlich gesunde Eishockey­ unternehmen gibt als in der NL A und weil die Macher in der NL B lange vor den NL A-Klubgenerälen gelernt haben, mit wenig Geld gutes Eishockey zu machen. Wir haben europaweit ziemlich ­sicher die beste zweithöchste Liga. Mehr noch: Die NL B ist die beste frankophone Liga der Welt, sportlich besser als die erste Spielklasse in Frankreich. Im Welschland (in der Nähe von Lausanne) ist unser Eishockeyverband vor 102 Jahren ­gegründet worden. Dort liegen die ­Wurzeln dieses Spiels, und die Romandie hat eine ähnliche Bedeutung für unsere Hockey­kultur wie Québec für das kanadische H ­ ockey. Gerade weil es aus verschiedensten ­Gründen schwierig ist, im Welschland ein Sportunternehmen in der höchsten Spielklasse zu finanzieren (auch im ­Fussball), kommt der NL B eine so grosse Bedeutung zu: Das welsche Eishockey ­definiert sich über die NL B: Wir sind in der NL B, also

Der Autor und die Rubrik :

sind wir: La Chaux-de-Fonds, Sierre (und der alemannische Erzrivale Visp), Ajoie und Lausanne (das früher oder später in die NL A zurückkehren wird) prägen als Spitzenteams die Liga und sorgen dafür, dass das welsche Eishockey und das Wallis am grossen Stromkreislauf unseres Eishockeys angeschlossen bleiben. Ohne die NL B würde das Welschland für unser Eishockey verloren gehen. Aber auch die Deutschschweiz sollte die NL B nicht unterschätzen: Der Siedlungsraum des ­Mittellandes zwischen Grauholz und ­Baregg wird eishockeytechnisch durch den SC Langenthal und den EHC Olten belebt, und die «Jahrhundert-Playoffserie» zwischen Olten und Langenthal war in diesem Frühjahr das Sportereignis mit der grössten Medienpräsenz seit dem Eidgenössischen Schwingfest 1983 in Langenthal mit dem Schlussgang zwischen Gasser Niklaus und Schläpfer Ernst. Der Einwand, das alles wäre auch in der höchsten Amateurliga (1. Liga) zu haben, ist falsch. Richtig sexy für Fans, für Werbepartner aber letztlich auch für Spieler und Trainer ist nur eine Liga mit nationaler ­Ausstrahlung. Eine Liga mit überregionaler Präsenz in den gedruckten, gesprochenen und gefilmten Medien. Durch den Einstieg des «Teleclub» ist die NL B enorm auf­ gewertet worden. Auch die Idee einer NL B ohne Ausländer ist Chabis. Die ausländischen Spieler (zwei pro Team ist die ideale Lösung) sind in den allermeisten Fällen die charismatischen Leaderfiguren, die jede Mannschaft braucht und die auch notwendig sind, um junge Spieler auszubilden und ans «richtige» Eishockey heranzuführen.

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Fribourg GottéronHC GenfServette Kloten Flyers

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Das grösste Kompliment bekommen die NL B-Manager regelmässig an den LigaVersammlungen zu hören. Etwa mit der Regelmässigkeit, wie im Nationalpark ein Bär gesichtet wird, versucht ein irregeleiteter NL A-Bürogeneral, unserem Eishockey mit der Schnapsidee einer ­geschlossenen Liga einen Bären aufzubinden. Hinter dieser Idee steckt nichts ­anderes als die Angst, man könnte in der Liga-Qualifikation ­gegen das beste NL B-Team die Zugehörigkeit zur höchsten Spielklasse verlieren. Also ist es ein Kompliment an die NL B. Hier soll mit aller Deutlichkeit gesagt sein: Eine geschlossene NL A wäre für unser ­Eishockey verhängnisvoll. Wir haben den bestmöglichen Modus und mit zwölf Teams die ­richtige NL A-Grösse. Die Durchlässigkeit von unten nach oben und von oben nach unten dynamisiert die NL B und die NL A. Wenn sich ein NL A-Team über sieben Spiele nicht gegen den NL B-Sieger durchsetzen kann, ist es Zeit, abzusteigen und ­einem Besseren Platz zu machen. So wie Basel Biel Platz gemacht hat.

Klaus Zaugg (52) war zwölf Jahre lang Chefreporter bei «Blick» und «SonntagsBlick». Er arbeitet heute als freier Publizist für in- und ausländische Medien und gilt in Fachkreisen zu Recht als der wohl einflussreichste Eishockey­ journalist der Schweiz.

Ohnehin kommt die Idee einer geschlossenen Liga stets von Managern, die ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben, ­diese Saison nicht zufällig aus der Gegend von Langnau und Rapperswil. Ob 8 oder 14 Teams zur höchsten Spiel­klasse gehören, würde auf das Niveau ­unseres Eishockeys und auf die internationale Konkurrenz­ fähigkeit gleich viel ­Einfluss haben wie ein umgefallenes Velo in Peking. Würden wir auf 8 oder 10 Teams reduzieren, käme bald die Klage, es gebe zu viele enge Spiele, die Trainer ­hätten keine Möglichkeit, die jungen Spieler auszubilden, man müsse auf 12 Teams aufstocken. Würden wir auf 14 Mannschaften ausbauen, ginge die Rede, es gebe zu wenig intensive ­Spiele, man müsse die NL A auf 12 Klubs begrenzen. In den letzten Jahren zeichnet sich die NL A durch eine Konstanz in Modusfragen aus – das ist ein Kompliment an die Ligaführung. Inzwischen gibt es ein gutes homöopa­ thisches Mittel gegen Irrlehren in Modusfragen: die Arbeitsgruppe. Dort versanden, verklingen und ver­rauchen alle Schnapsideen. Die Hunde dürfen bellen und unsere Eishockeykarawane zieht weiter. Guten Zeiten entgegen. l

Statistiken Hockey Awards

klaus ZauG

G

NHL

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Mein Arbeitsplatz

«Die Carmol-Tropfen sind mein Doping, Benzin für die Spieler. Für einige ­Akteure ist es sehr wichtig, vor einem Spiel einen oder zwei Schluck zu nehmen. Und zwar immer in derselben Reihenfolge, das ist wie ein Carmol-Ritual. Es wirkt beruhigend, wenn man ein Kribbeln im Bauch hat, zu nervös ist. Auch ich nehme ab und zu einen Schluck...»


Vreni Eichenberger / Masseurin SCL Tigers «Die Voltarène-Tabletten sind meine Täfeli. Die habe ich für die grösseren Wehwechen der Spieler immer im Sack, da sie schmerzstillend und entzündungshemmend wirken. Etwa eine Stunde vor einem Match gehe ich auf meine Runde und verteile sie an jene, die sie brauchen – aber nur an sie. Eine Packung reicht rund einen Monat.»

«Das Perskindol Dolo-Gel ist meine wichtigste Salbe, die brauche ich am meisten, rund 20 grosse Tuben in einer Saison. Das ist mein persönlicher Heissmacher für die Spieler vor einem Match. Allerdings gibt es Spieler, denen es zu heiss wird, und ­andere hätten gerne etwas noch heisseres. In der Leistengegend muss man sparsam damit umgehen, auf dem Knie oder Rücken kann man auch etwas dicker auftragen.»

«Vor zwei Jahren waren wohl ein paar Spieler zusammen im ­Ausgang, am nächsten Tag war die Hexe bei mir. Ich bin sofort zur Mannschaft hingegangen und habe gesagt: ‹So, bin ich jetzt schon eine Hexe?› Die Antwort lautete: ‹Nein, nein. Erstens ist sie herzig und zweitens können Hexen wischen, fliegen – und ab und zu auch hexen.› Heute ist es mein Talisman.»

Vreni Eichenberger (51) ist Masseurin und gute Seele der SCL Tigers. Vor acht Jahren übte sie dieses Amt drei Saisons lang aus und jetzt wieder seit vier Jahren. «Ich bin Sport- und Eishockeyfan und mache diesen Job so lange ich Spass habe und genügend fit bin», sagt sie. Für Slapshot hat Vreni Eichenberger die Türe zu ihrem Reich geöffnet und präsentiert fünf wichtige Utensilien.

«Vor einigen Jahren hatte ich einen Ausschlag an der Hand, seither arbeite ich mit den Handschuhen. Der Vorteil ist, dass ich so nicht nach jedem Mittel und jedem Spieler die Hände waschen muss. Ich sage immer: Wer mit den Händen eine heisse Pfanne angreift, braucht Topf­ lappen – und so geht es mir mit den Spielern. Ich brauche alle zwei bis drei Wochen eine neue Packung mit 100 Handschuhen drin.»

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Kloten Flyers Meister der VNL Die Kloten Flyers sind Schweizer Meister der Virtual National League. Die Zürcher setzten sich in der Best-of-3-Serie gegen den HC FribourgGottéron mit zwei knappen Siegen durch. Der alles entscheidende Treffer im zweiten Finalspiel fiel erst drei Sekunden vor Ablauf der Overtime. Somit sind die Kloten Flyers der erste Schweizer Meister in der in diesem Jahr neu erschaffenen Virtual National League

Die Freude nach dem gewonnenen Titel ist – nicht virtuell, sondern real – riesig. Text: www.20min.ch/Patrick Toggweiler Fotos: Fabio Confessore/©Mediadom AG

holten sich die fliegenden Gamefreaks am Samstag ­verdient den Pokal.

Im Virtelfinal setzten sich die Klotener 3:0 gegen den EV Zug durch, den Halbfinal konnten die Flyers knapp mit 2:1 Siegen zu ihren Gunsten entscheiden. Den kleinen Final gewann der EHC Biel gegen die Rapperswil-Jona Lakers mit 2:0 Siegen. Bereits die Qualifikation der Virtual National League, der Schweizermeisterschaften im EishockeyVideospiel NHL 10, hatten die Flyers für sich entschieden. Als heisser Favorit gingen sie in die Playoffs ins Berner Westside Center. Nach Siegen über Zug, Biel und Fribourg

Aufwand und Niveau wie bei den realen Profis Klotens Triumph kommt nicht von ungefähr. «Das Team spielt durchschnittlich vier Stunden am Tag», erklärt ­Captain Steve Baumann (23). Zusammen mit Björn ­Turtschi und Dennis Nagl hat er vor eineinhalb Jahren das NHL-Onlineteam «Legionäre» gegründet. Als die VNL dann für jeden Schweizer Eishockey-Klub ein virtuelles Pendant suchte, sprach Baumann bei den Flyers erfolgreich vor. Schon damals galten die

Virtual National League Aktuelle Resultate, die Tabelle, Infos zu den Events und Spielberichte sind auf der offiziellen Seite der National ­League zu finden: www.nationalleague.ch. Mehr zu den einzelnen Teams und Spielern, Bilder und Videos der ­Qualifikationsrunden und zum Game EA SPORTS NHL 10, ­Communitymeldungen, Diskussionen etc. gibt es auf der Facebook Fanseite «EA SPORTS NHL 10 – Virtual National League Switzerland».

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Legionäre als beste Schweizer Mannschaft. «Wir sind etwa 20 Leute, der harte Kern ist heute hier.» In der VNL spielen die «Legionäre» oder eben die «Kloten Flyers» nur gegen Schweizer Teams, unter ihrem Gründungsnamen gegen Mannschaften aus der ganzen Welt. Aber egal ­welche Farben sie gerade tragen – zu fürchten brauchen sie nur wenige Gegner. «Im Moment befinden wir uns ­irgendwo in den Top 50 der Welt – von etwa 200’000 Teams», sagt Steve Baumann, «das hängt davon ab, wie viel wir spielen.» Wer virtuell vorne mitspielen will, muss einen enormen Zeitaufwand betreiben. Man könnte meinen, dass da ­Freundinnen keinen Platz haben. Falsch. «Die Hälfte unserer Spieler hat eine Freundin», sagt Baumann. Zwei davon sind ans Finale mitgekommen. Das aufwändige Hobby ihrer Partner tolerieren sie ohne gross zu murren. «Andere sitzen jeden Abend im Spunten oder gehen zum Sport», sagt ­Nicole, die Freundin von Antreiber Patrick Wiedmer. Dennis Nagls Freundin kann den virtuellen Spielen als Zuschauerin sogar etwas Spannung abgewinnen. Nagl ist die auslän­ dische Verstärkung der Kloten Flyers. Der Berliner nistete sich fürs Finale einen Monat bei Steve Baumann ein.

Biel mit dem besten Individualisten Im Halbfinale schalteten die Flyers den EHC Biel aus. Und damit auch Mirco Salvi (20), Student der Computer­ wissenschaften und im Moment Weltnummer 31 im NHL10-Duell Mann gegen Mann. Seine grössten Erfolge: Weltranglistenposition 24 und ein Sieg gegen die Weltnummer 1. In den Direktbegegnungen steht es 1:1. Doch auch hier zeigt sich. Ohne Fleiss, kein Preis. Mirco spielt täglich drei Stunden: «Manchmal sind es auch sechs». NHL 10 wird in der VNL im Team gespielt. Und da hat das eingespielte Team von Kloten Vorteile gegenüber dem ­Individualisten. Turtschi und Salamoni sind in der VNL, was Holden und Brunner in der NL A sind. Sie ver­ stehen sich blind. Seit dem Viertelfinal geben sie die Kontroller nicht mehr aus den Händen. Der Rest des Teams ­unterstützt sie, wie und wo es nur geht. Da wird massiert, auf die Schulter geklopft, angefeuert und auch mal ein ­Flachmann herumgereicht. Die Jungs sind eine richtig ­verschworene Truppe. Da spielt es keine Rolle, dass im Team auch zwei SCB-Fans mittun. Der Zusammenhalt ist enorm. Vielleicht, weil es in der VNL (noch) kein Geld zu verdienen gibt. ­Dafür jetzt etwas zu feiern. Auch wenn ihre realen ­Pendants gegen Bern an diesem Tag die zweite Nieder­lage kassiert haben. Vielleicht gibt es ja im ­nächsten Jahr ein Wiedersehen mit den ­Klotenern – und vielleicht sind sie dann noch stärker. Erste Kontakte zu Starspieler Salvi von Biel gab es an ­diesem Finaltag auf jeden Fall schon. l


Virtual National League

Rangliste nach der Qualifikation Team

Runde 1 Runde 2 Runde 3 Runde 4 Runde 5

Kloten Fribourg Lakers Bern Biel ZSC Lions Lugano Zug Davos Genf Langnau Ambrì

20 8 14 16 14 12 14 12 2 3 0 11

27 27 23 19 16 16 18 9 10 15 0 0

30 32 29 25 18 24 11 18 19 11 10 7

19 14 15 20 24 27 21 12 17 3 8 0

Total

18 25 18 19 23 9 16 20 19 0 10 0

114 106 99 99 95 88 80 71 67 32 28 18

Playoff-Viertelfinals Halbfinals Final –

3:0 –

2:1

0:3 –

3:0 –

2:0

2:0

3:2

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Schiedsrichter

Internationale Einsätze als Sahnehäubchen National League, U20-Weltmeisterschaft, Spengler Cup, Olympische Spiele, Playoffs und A-Weltmeisterschaft: die international lizenzierten Schiedsrichter durchleben in dieser Saison eine bewegende und herausfordernde Zeit.

Nicht selten erhalten unsere Spielleiter Bestnoten für ihre Leistungen auf internationalem Parkett.

Text: Simon Laager Fotos: HHOF-IIHF Images / Pius Koller Für die meisten Schiedsrichter sind solche Einsätze Saisonziel und -Highlight zugleich. Wie überall reicht auch hier Talent alleine nicht, um es soweit zu schaffen. «Ein Schiedsrichter muss auch in seinem sozialen Umfeld auf vieles verzichten, wenn er es an die internationale Spitze schaffen will», erklärt Konstantin Komissarov vom ­internationalen Eishockeyverband IIHF. Und sagt weiter: «Sobald er sich in der jeweiligen Landes-Liga etabliert hat, durchläuft ein internationaler Schiedsrichter an den zahlreichen IIHF-Turnieren verschiedene Stufen. Je nach Inspektionsbericht kann er anschliessend den nächsten Level erreichen.» Ab wann ein Schiedsrichter erste ­internationale Erfahrung sammeln kann, entscheidet ­hingegen der jeweilige Landesverband. «Wir melden dem

Danny Kurmann und Brent Reiber

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IIHF unsere nominierten Kandidaten, die für interna­tionale Einsätze lizenziert werden können», bestätigt Reto ­Bertolotti, Referee in Chief bei Swiss Ice Hockey. Während die A-Lizenz Einsätze an Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen zulässt, berechtigen die B- und C-Lizenzen für kleinere IIHF-Turniere und -Spiele.

Von Japan in die Schweiz Einer, der die 20 Supervisors, die für den IIHF im Einsatz sind, früh überzeugen konnte, war Brent Reiber, heutiger Profi-Schiedsrichter der National League. Der Kanadier erhielt 1996 an der B-WM im niederländischen Eindhoven seinen ersten internationalen IIHF-Einsatz. In dieser Zeit war Reiber während sechs Monaten als Profischiedsrichter in Japan unterwegs. Und diese Erfahrung bezeichnet er auch als ein Wendepunkt in seiner Karriere: «Ich befand mich kurz zuvor in einer Phase, in der ich meiner Karriere frischen Wind verleihen musste. Die internationalen ­Einsätze waren eine ideale Gelegenheit dazu und ein ­tolles Zückerchen obenauf», erinnert sich der Profischieds­richter, der mittlerweile in 18 verschiedenen Ländern gepfiffen hat. Es war die interkulturelle Erfahrung, die Reiber von Neuem motivierte und die ihn 1997 auch dazu bewog, sich erfolgreich um die ausgeschriebene Stelle als «Profischiedsrichter National League» zu bewerben. Auch Reto Bertolotti untermauert die Wichtigkeit der internationalen Einsätze: «Genau so wie ein Spieler davon profitieren und besser werden kann, bilden diese auch für die Schieds­ richter die Grundlage, um sich auf höchstem Niveau weiterent­wickeln zu können.» Auch höchstem Niveau «brilliert» haben die Schiedsrichter laut Reto Bertolotti an den Olympischen Spielen. Als Mitglied des fünfköpfigen Referee Committees beim IIHF war er in Vancouver auch als Supervisor im Einsatz. «Alle 14 Schiedsrichter zeigten über die drei bis fünf Spiele, die sie gepfiffen haben, eine gute und konstante Leistung. Die Feedbacks vom IIHF, von den Landesverbänden und auch von den Teams waren durchwegs positiv.» Das Lob vom IIHF bestätigt Konstantin Komissarov: «Wir waren mit der Leistung der Schiedsrichter sehr zufrieden und erhielten auch von Dr. René Fasel ein tolles Feedback.»

Kurmann/Reiber auf Augenhöhe mit NHL-Spitzen-Refs...

Für Reto Bertolotti ist dabei eine Erkenntnis zentral: «Bis zum Halbfinal hatten wir stets einen nordamerikanischen und einen europäischen Schiedsrichter gemeinsam im ­Einsatz. Das Niveau zwischen den NHL-Refs und den ­europäischen Schiedsrichtern war sehr ausgeglichen. Die beiden fanden eine gemeinsame Linie, was angesichts der ligaspezifisch unterschiedlichen Regelanwendungen eine bemerkenswerte Leistung ist.» Brent Reiber freut sich ­natürlich über diese Anerkennung und gesteht: «Kurz vor meinem ersten Spiel (Tschechien – Slowakei, die Red.) war ich unheimlich nervös und angespannt. Umso grösser war dann die Erleichterung, als es endlich losging.» Für ihn als Kanadier bedeuteten die knapp drei Wochen natürlich das Karriere-Highlight: «Die Spiele waren unheimlich intensiv, eng und temporeich. Die spezielle Schiedsrichter-Kultur in Nordamerika nochmals auf einem solch hohen Niveau ­erleben zu dürfen war unvergesslich und für mich ein ­bisschen wie ‹Back to the Roots›».

... und trotzdem nicht an der A-WM An der bevorstehenden A-Weltmeisterschaft in Deutschland werden Brent Reiber und Danny Kurmann indes nicht im Einsatz stehen. Roger Arm und Tobias Wehrli ­werden als Linesmen die Schweizer Unparteiischen ­vertreten. Alle 14 Schiedsrichter, die an den Olympischen Spielen in Vancouver arbitrierten, wurden für die Weltmeisterschaft nicht aufgeboten. «Das Programm mit Meisterschaftsspielen, U20-Weltmeisterschaft, Spengler Cup, internationalen IIHF-Partien, Olympischen Spielen und Playoffs ist in dieser Saison speziell dicht gedrängt. Auch die Schiedsrichter haben einmal eine Pause ­verdient», erklärt Reto Bertolotti. Allzu lange ist diese Pause ­allerdings nicht. Bereits im Juni findet für alle Schieds­ richter der National League das jährliche TrainingsCamp statt. Für all jene, die es nicht an die Olympischen Spiele oder an die Weltmeisterschaft schafften, immerhin trotzdem noch ein «internationaler Einsatz», wird dann doch während einer Woche an der türkischen Riviera ­geschwitzt. l


Regio League

Wenn zwei sich streiten… …freut sich der Dritte. Der EHC Winterthur hat sich in der Finalpoule um den Schweizermeistertitel der Amateure gegen die Huttwil Falcons und den HC Red Ice Martigny-Verbier durchgesetzt. Weil die Zürcher als einziges Team des Trios keine Aufstiegsgelüste hegen, steigt im Hinblick auf die kommende Saison keine Mannschaft aus der 1. Liga in die National League B auf.

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Text: Beat Herzog Fotos: Landbote/Heinz Diener Die Meister der drei Regionalligen der 1. Liga duellierten sich vom 20. bis 25. März 2010 in je zwei Spielen gegen die Konkurrenten um den Einzug in das Finalspiel der Regio ­League. Deren Geschäftsführer, Mark Wirz, zeigte sich ­erfreut über die Qualität der Spiele der Finalpoule: «Die Matches waren attraktiv. Der Modus hat sich bewährt. Die Spannung war bis am Schluss vorhanden, und bei den ­Zuschauern waren die Begegnungen beliebt.» Die Fans ­sahen drei Teams mit unterschiedlichen Ambitionen am Werk. Für den HC Red Ice Martigny-Verbier war der ­Aufstieg in die NL B das einzige Ziel – die Walliser hätten die Promotion auch auf dem Papierweg angenommen, hätte sich die National League dazu entschieden, mehr Teams als bisher in die kommende NL B-Meisterschaft zu schicken. Die ­Huttwil Falcons (Zentralschweiz) waren ebenfalls aufstiegswillig, doch wollten sie die NL B einzig auf dem sportlichen Weg, also über den Gewinn der Amateur-Meisterschaft, erreichen. Der Kontrahent aus der Ostschweiz hingegen, der EHC Winterthur, war an einem Aufstieg nicht interessiert – und durchkreuzte die Pläne der Gegnerschaft. Mit zwei Siegen qualifizierten sich die Zürcher für das Finalspiel gegen den HC Red Ice Martigny-Verbier, welches sie schliesslich auch gewinnen konnten.

Winterthur im Finalspiel fitter als Martigny-Verbier Vor 2147 Zuschauern in der Winterthurer Eishalle ­Deutweg entwickelte sich ein anfänglich von Nervosität geprägtes, emotionales Finalspiel, das der EHC Winterthur verdient mit 5:2 für sich entschied und damit erstmals seit 41 Jahren wieder die beste Amateurmannschaft der Schweiz wurde. «Winti» präsentierte sich dabei als das dynamischere, läuferisch bessere und generell fittere Team als die Walliser. Dies hat nicht nur damit zu tun, dass die Zürcher über das jüngere Team ­verfügten, wie Winterthur-Trainer Markus Studer analysiert: «Im Dezember und Januar befanden wir uns in ­einem Tief, aus dem wir dann gestärkt herausgefunden haben. Dies sind Prozesse, wie sie eine erfolgreiche Mannschaft braucht. Martigny hatte in der ganzen Saison keine schlechte Phase zu über­ stehen.» Der erfahrene Trainer hebt den sportlichen Wert der finalen Runden in der 1. Liga heraus: «Die Liga wird unterschätzt, ihr Niveau wird immer besser. Ich habe

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h­ euer schlechtere B-Spiele als die Begegnungen der Finalrunde oder des Playoff-Finals gegen Frauenfeld gesehen. Würde man den besten Teams aus der 1. Liga zwei Ausländer geben, den NL BTeams zwei wegnehmen, könnten wir innerhalb kurzer Zeit mithalten.» Auch in Zukunft wird jedoch NL B in Winterthur bloss der Name der nächsthöheren Liga und nicht das sportliche Ziel bleiben.

Die Vernunft siegt Dass am Schluss ausgerechnet die einzige Mannschaft, die kein Interesse an ­einer Promotion in die NL B gehabt hatte, die Finalpoule um die Schweizer Meisterschaft der 1. Liga gewinnen konnte, mag paradox ­anmuten. In Winterthur lässt sich die Club­führung jedoch nicht zu einem zu grossen Kraftakt verführen. Das Budget von 870’000 Franken müsste um 1,5 Millionen Franken aufgestockt werden, um eine B-taugliche Mannschaft stellen zu können. Präsident Rocco Leone bezeichnet dies als schlicht unmöglich: «Auf dem Platz Winterthur besteht unter den ­gegebenen Umständen kein Interesse an NL B-Eishockey. Wir könnten die Mittel mit Sicherheit nicht generieren. Zudem: Wir haben 800 bis 900 Zuschauer pro Spiel. Würde die Hälfte der Matches in der Westschweiz stattfinden, würde sich dies auch auf die Zuschauerzahlen negativ auswirken.» Der EHC Winterthur wird also auch in der nächsten Saison wieder in der Ostgruppe der 1. Liga anzutreffen sein und Spiele vor bis zu 1300 Zuschauern gegen Dübendorf oder Frauenfeld austragen. Mit einem kleinen Unterschied allerdings: Sie ­werden dann als amtierende Schweizer Meister antreten. l

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Nationalmannschaft

Der Che Text: Klaus Zaugg Fotos: Reuters Die Situation ist für unser Nationalteam nicht neu: Bereits bis und mit 2002 hatte der Name des Assistenten die ­grössere internatonale Strahlkraft als jener des Nationaltrainers. Der ehemalige NHL-Star und Weltmeister BengtÅke Gustafsson war bereits eine Legende des internationalen Eishockeys. Ralph Krueger noch nicht. Trotzdem klappte die Zusammenarbeit vorzüglich. Andy Murray ist noch eine Nummer grösser als Gustafsson – obwohl der Schwede 2006 als Coach den WM-Titel und den Olympiasieg holte. Murray gehört zu den grossen Trainerpersönlichkeiten des Welteishockeys. 700 Spiele in der NHL. Dreimal Weltmeister mit Kanada (1997, 2003, 2007). Sechsmal Sieger beim Spengler Cup. Murray hat keine typische Trainerkarriere gemacht. Er war nie ­Profispieler. Sein Grossvater baute eine Autogarage in Manitoba auf und Andy war eigentlich schon drauf und dran, sich im Autohandel einen Namen zu machen, als sein Onkel wegen einer Schlägerei als Coach eines ­Juniorenteams gesperrt wird. Andy steigt für seinen ­Onkel ein. Der Anfang einer grossen Karriere. Mit dem Job als Berater der Nationalmannschaft schliesst sich nach 29 Jahren der Kreis: Im Sommer 1981 kommt Andy Murray nach Kloten. Sein Assistent: Peter Lüthi. 29 Jahre später, im Frühjahr 2010, ist Lüthi Verbands­ direktor, und er holt Murray, um die Vorbereitung auf die WM 2010 (7. – 23. Mai in Mannheim und Köln) sicher­ zustellen: Es ist ja Anfang März noch nicht abzusehen, dass der neue ­Nationaltrainer Sean Simpson mit seinen ZSC Lions schon in der ersten Runde scheitern wird. Also kommt Murray, um notfalls an Stelle von Simpson die g­esamte WM-Vorbereitung zu leiten. Und noch ein Kreis schliesst sich, diesmal nach 15 Jahren. Andy Murray ist der Mann, dem Sean Simpson seine ­Trainerkarriere verdankt. Um den Aufstieg in die NL A ­sicherzustellen, holt Andy Murray als Trainer des ZSC im Frühjahr 1985 den kanadischen Stürmer Sean Simpson als Ersatzausländer. Wenn Simpson nicht zum Einsatz kommt, hat sein Chef für ihn ganz besondere Aufgaben: Er muss die Gegner der Zürcher im Aufstiegskampf zur NL A be­ obachten. Simpson erinnert sich: «Andy drückte mir die ­Autoschlüssel und die Strassenkarte in die Hand, und so machte ich mich auf den Weg nach Olten, Visp oder ­Sierre.» Dabei sei in ihm das Interesse am Trainerjob ­erwacht. Nun ist Simpsons Mentor zurückgekehrt, um ­seinem ehemaligen Schüler an der WM beizustehen. Murray kennt unser Eishockey durch und durch. Er arbeitet insgesamt acht Jahre in der Schweiz (Kloten, ZSC, Zug, Lugano). Er ist die zentrale Figur im bis heute einzigen Trainer-Tausch: Der ZSC hat als Aufsteiger Mühe und


Andy Murray

ef als Assistent Wenn der Assistent und Berater eine Nummer grösser ist als der Cheft­rainer: Andy Murray (59) wird während der WM in Deutschland prominenter sein als unser neuer Nationaltrainer Sean Simpson (50). Wie kommt die Schweiz zu einem so hochkarätigen Berater? TK-Chef Guido Tognoni (später Medienchef der Fifa) ­verliert die Geduld. Beim NL B-Unternehmen Zug ist man mit Trainer Dan Hobér unzufrieden – und so werden die Trainer getauscht. Hobér zügelt nach Zürich und steigt im Frühjahr 1986 mit dem ZSC in die NL B ab. Murray aber hält die Zuger in der NL B und führt sie ein Jahr später in die NL A. Er legt den Grundstein zu jener nordamerikanischen Unternehmenskultur, die den EV Zug bis heute prägt und 1998 sogar den Titel bringt – durch Cheftrainer Sean Simpson. Murray beginnt seine NHL-Karriere 1987 als Assistent in Philadelphia, arbeitet bei den Minnesota North Stars und den Winnipeg Jets, scheitert zwischendurch als Slettvoll-Nachfolger in Lugano, ehe er 1999 NHL-Cheftrainer in Los Angeles wird. Seither hat er bis zu seiner Entlassung am 2. Januar 2010 in St. Louis 700 NHL-Spiele gecoacht.

Andy Murray Der Kanadier wurde am 3. März 1951 in Gladstone, Manitoba geboren. Er ist verheiratet mit Ruth und hat drei Kinder: Brady, der in Lugano spielt, Jordan und Sara. Andy Murray arbeitete als Trainer in der Schweiz beim ZSC, dem EV Zug und dem HC Lugano. In der NHL war er Chefcoach bei den Los Angeles Kings (1999 bis 2006) und den St. Louis Blues (2006 bis 2010). Zudem coachte er Kanada zu drei WM-Titeln (1997, 2003 und 2007).

Wir sehen hier noch etwas: Im Eishockey funktioniert grenzübergreifend das, was die Nordamerikaner «The Old Boy’s Network» bezeichnen: Bruderschaften, die sich über Jahre hinaus die Treue halten, bei der Vermittlung von Jobs behilflich sind und Know-How austauschen. Auch die Trainerwahl bei den ZSC Lions ist so abgelaufen: Sean Simpson hat sich für seinen Assistenten und Freund Colin Muller eingesetzt, und als neuer Assistent für die nächste Saison ist ein weiterer Freund und Angehöriger des ­«Simpson-Murray-Clans» eingestellt worden: Bob Leslie. Selbst die Anstellung von Trainer John van Boxmeer beim SC Bern im Frühjahr 2006 ist ein «Beziehungsdelikt»: Auch er gehört zum «Murry-Simpson-Clan» und hatte in Los Angeles als Assistent von Andy Murray gearbeitet.

kriegt kaum einen Job. Gerade für eine kleine Eishockey­ nation wie die Schweiz sind solche Beziehungen Gold wert. Wir profitieren durch die Beziehungen, die durch die internationale Ausrichtung unseres Hockeys möglich werden – Länder wie Deutschland, Weissrussland, Dänemark, Italien, Lettland oder die Slowakei wären überglücklich, wenn sie ­einen Berater wie Murray für die WM engagieren könnten. Und das erst noch gratis. Murray bestätigt, dass er für ­seine Tätigkeit kein Salär bezieht: Nach wie vor bezahlt St. Louis sein Gehalt, wo er am 2. Januar gefeuert worden ist.

So funktioniert das Eishockeygeschäft auch in Nordame­ rika, sogar noch ausgeprägter. Wer in der NHL nicht zu ­einer «Bruderschaft» gehört, keine Beziehungen pflegt,

Die Zusammenarbeit zwischen Sean Simpson und Andy Murray wird übrigens reibungslos funktionieren. Man ist unter Freunden. l

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2010 IIHF World Championship Germany

Die Rekord-Arena Bescheidenheit war noch nie die typischste Charaktereigenschaft der Deutschen. So ist es auch an der WM 2010 in unserem Nachbarland, wo beim Eröffnungsspiel ein neuer Weltrekord angepeilt wird. 76’152 Zuschauer sollen am 7. Mai 2010 die Veltins-Arena in Gelsenkirchen in ein Tollhaus verwandeln.

yspiele bei 74‘554 Fans. Noch liegt der Weltrekord für Eishocke keinen Bestand mehr, wie aber rd Reko er Gemäss «Teletext» hat dies ser Roman Stoll aus Zürich zeigt. dieser SnapSHOT von SLAPSHOT-Le iser Playoff-Duell zwischen Wall beim So sollen am 14. März 2010 73 Zuschauer in der Litterna­ den NL B-Klubs Visp und Sierre 75’3 rheit waren es «nur» 4300. Wah und halle gewesen sein... In Tat

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Das Erรถffnungsspiel auf Schalke


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Die Deutschen haben viele gute Züge.


Das Eröffnungsspiel auf Schalke

Text: Andy Maschek Fotos: zvg

Die Naturrasenfläche der Veltins Arena gedeiht unter ganz normalen Verhältnissen in der freien Natur. Für die Spiele wird die Spielunterlage innert einer Stunde in die Halle «gefahren».

Der Weltrekordversuch wurde bei «Guinness World ­Records™» in der Kategorie «Bestbesuchtes EishockeySpiel aller Zeiten» angemeldet. Seit Oktober 2001 liegt die – allerdings nicht offiziell registrierte – Bestmarke für Eis­hockeyspiele bei 74’554 Zuschauern. Aufgestellt wurde diese bei der College-Partie zwischen den Michigan State Spartans und den Wolverines der University of Michigan im offenen Football-Stadion von Lansing/Michigan. Die Veltins-Arena bietet nun 76’152 Fans Platz. Und es ist ­davon auszugehen, dass das Stadion beim Auftaktduell zwischen Gastgeber Deutschland und dem Olympia-­ Zweiten USA restlos gefüllt sein wird. Der Weltrekord­ versuch scheint unter diesen Voraussetzungen nur noch eine Formsache zu sein. «Als ich meinen Spielern vor ein paar Monaten die Idee näher gebracht habe, dass das WM-Eröffnungsspiel in der Veltins-Arena vor über 76’000 Zuschauern stattfinden soll, waren alle hellauf begeistert», sagt der deutsche ­Nationaltrainer Uwe Krupp. «Nach ein paar Telefonaten mit alten Bekannten aus den USA, die an einem EishockeySpiel in einem Football-Stadion teilgenommen haben, war ich Feuer und Flamme.» Jeder Spieler habe ihm gesagt, dass dies ein Event sein werde, an den er sich immer ­erinnern werde, der prägend für das ganze Leben sei. «Ich freue mich auf den Startschuss auf Schalke, denn das wird eine unvergessliche Angelegenheit für uns alle. Als ­deutscher Eishockey-Spieler kann man sich nichts Schöne­ res wünschen, als dabei sein zu dürfen.» Gänsehaut ist den Spielern garantiert, wenn sie dort einlaufen, wo sonst die Bundesliga-Fussballer von Schalke 04 um Punkte kämpfen. Und die Fans können sich auf ein Spektakel ­freuen. Die Einstimmungsparty rund ums Stadion beginnt bereits um 14 Uhr, Spielbeginn ist 20.15 Uhr. Erste Überlegungen, mit dem Eröffnungsspiel ein grösst­ mögliches Publikum anzusprechen, gab es bereits kurz nach der WM-Vergabe an den Deutschen Eishockey Bund (DEB) im Jahr 2005. Danach wurde hinter den Kulissen gewirbelt und im September 2008 beim Halbjahres­ kongress der IIHF in Montreux das Projekt vom WM-Orga­

nisationskomitee erstmals im Detail vorgestellt und von der IIHF sowie den Verbänden der an der 2010 IIHF WM beteiligten Nationen abgesegnet.

Den Anforderungen entsprechend Eine unabdingbare Voraussetzung für das Eröffnungsspiel auf Schalke ist das verschliessbare Dach der Gelsen­ kirchener Veltins-Arena. Denn IIHF-Weltmeisterschaften werden unter anderem wegen der Anforderungen an ­Wetter-Unabhängigkeit und TV-Beleuchtung nur noch in geschlossenen Spielstätten ausgetragen. Ein weiterer ­entscheidender Vorzug der Veltins-Arena ist der voll­ ständig herausfahrbare Fussball-Rasen. Auf der darunter liegenden Veranstaltungsfläche wird der komplette, den Anforderungen der IIHF ent­sprechende Eisrink installiert. Die Eisfläche liegt dann rund 1,35 m tiefer als das Fussball­ feld, was einen ­günstigeren Anstiegswinkel für die bis nahe an die Eis­fläche heran zu bauenden Zusatztribünen ermöglicht. Und bei den Zusatztribünen kommt die Schweiz ins Spiel. Um den Grossandrang der Fans bewältigen zu können,

muss die bestehende Besucherkapazität um ein Viertel erweitert werden. Bereits kurz nach der Vergabe der WM an den DEB wurde die Schweizer Firma Nüssli AG mit der Ausarbeitung einer Machbarkeitsstudie beauftragt. ­Nachdem das Projekt abgesegnet worden war, wurden dann die Detailplanungen ausgearbeitet. So werden in der Arena drei zusätzliche temporäre Sitzplatztribünen mit insgesamt 10’328 Plätzen und eine Stehtribüne für ­weitere 4592 Zuschauer errichtet. Eine Herausforderung bei dieser temporären Sitzplatz­ erweiterung ist der Wettlauf mit der Zeit: In nur 60 Stun­ den müssen diese insgesamt rund 15’000 Plätze fertig ­installiert werden. Dabei werden 40 Sattelschlepper­ fahrten nötig sein, um das Material an Ort und Stelle zu befördern, allerdings kommt erschwerend hinzu, dass das Material nur durch eine Zufahrt in die Arena gebracht ­werden kann. Ausserdem finden zeitgleich die Arbeiten zur Erstellung des Eisrinks statt. Deshalb wird dann rund um die Uhr in vier Arbeitsschichten mit jeweils 18 bis 22 Mann ge­arbeitet werden. Ein riesiger Aufwand für ein gigantisches Ereignis! l

Die Veltins-Arena - mit Kapelle und einem 29 Tonnen schweren Videowürfel An den Olympischen Spielen in Vancouver musste das deutsche Eishockey-Nationalteam unten durch. Am Schluss blieb den Mannen von Uwe Krupp nur der elfte und vorletzte Platz, einzig Lettland war noch schlechter. Jetzt gehts an der Heim-WM vor der Rekordkulisse gleich gegen den Olympia-Zweiten USA – da hilft den Fans theoretisch nur noch beten. In der Veltins-Arena auf Schalke kann das gleich vor Ort praktiziert werden – in der stadioneigenen Kapelle, die Platz für den «inneren Zweikampf» bietet. Allerdings wehren sich die Geistlichen ­dagegen, Leute mit Fan-Insignien einzulassen, da aus dem Gotteshaus keine «magische Zauberbude» werden soll. Aber auch ohne die integrierte Kapelle ist die Veltins-Arena zu einem Tempel für die Fans geworden, der Massstäbe setzt. Eröffnet wurde das Stadion im August 2001, aufgetreten sind unter anderem schon Stars wie Robbie ­Williams, U2 oder Bon Jovi. Das 191-Milionen-Euro-Projekt ist komplett privatwirtschaftlich finanziert worden. Heraus­ragend ist vor allem die Technik: Das herausfahrbare Rasenfeld, das verschliessbare Dach, die verschiebbare Südtribüne und der überdimensionale Videowürfel unter dem Arena-Dach sind dabei die Highlights. Vor allem der 29 Tonnen schwere, an acht Stahlseilen hängende Videowürfel ist gigantisch. Jeder seiner vier Bildschirme ist 35,6 m² gross. Zusätzlich zum Videowürfel sind noch 367 TV-Monitore installiert. Ebenfalls gigantisch ist das Flaggschiff der Hospitality-Bereiche, der Business-Club «La Ola», der rund 2000 Personen Platz bietet.

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Schweizer im Ausland

Der Weg zum Nobelpreis ist nicht weit 72


Andres Ambühl / Hartford Wolf Pack, AHL

VON 22 SCHWEIZERN, DIE JEMALS IN EINER PROFILIGA IN NORDAMERIKA FUSS FASSEN WOLLTEN, ERREICHTEN 16 ZUMINDEST FÜR EIN SPIEL DIE NHL. ANDRES AMBÜHL IST DER 23. SCHWEIZER BOTSCHAFTER IN ÜBERSEE. IHM IST DER SCHRITT IN DIE «GROSSE LIGA» (NOCH) NICHT GELUNGEN. TROTZDEM WAR ER AUF DEM RICHTIGEN WEG. 73


Schweizer im Ausland Text: Jürg Federer Fotos: Peter Eggimann Am 27. Mai 2009 unterzeichnete Andres Ambühl nach einer starken WM-Vorstellung einen Einjahresvertrag bei den New York Rangers. Den NHL-Arbeitgeber konnte er sich damals sogar aussuchen. Für die Rangers hat er sich entschieden. «Ich dachte mir, dass bei den Rangers mit einem neuen Headcoach keine festgefahrenen Strukturen bestehen würden und dass ich es in so einer Organisation nicht noch zusätzlich schwer haben würde.» Ambühl war aber immer bewusst, «dass der Weg so oder so ein Riesenkampf werden würde». Deshalb sei die Wahl des NHL-Teams für ihn eigentlich nicht entscheidend gewesen. Bei den New York Rangers amtete noch nicht lange Headcoach John Tortorella, ein Kanadier, der die beinharte alte Eishockeyschule in die Logen moderner Eisstadien überführt hat. Für Tortorella sind nur wenige Menschen, die kleiner als 1,90 m und leichter als 110 kg sind auch wirklich Eishockeyspieler. Einst stiess er NHL-Superstar Vincent Lecavalier vor den Kopf, einen grossen, agilen Québécois mit wehender Haarpracht, als Tortorella vor versammelter Mannschaft sagte, echte Männer würden kurze Haare tragen. Unter diesem Headcoach sollte der Weg von Andres Ambühl erwartet hart werden.

Der letzte Kontakt

Am 17. September wurde Ambühl kurz nach dem Beginn des Saisonvorbereitungscamps von den New York Rangers in die AHL geschickt. Er durfte im Vorspann einer NHL-Partie an einem Spiel von Rookies teilnehmen und erzielte den Siegestreffer für den New York Rangers«Nachwuchs» gegen den New Jersey Devils-«Nachwuchs». «Ich war damals sehr enttäuscht über die Relegation in die AHL, aber mir war auch immer bewusst, dass mein Weg wohl über die AHL führen würde.» Ambühl war bei der Unterzeichnung seines Zweiwegvertrages mit den New York Rangers bereit, im schlimmsten Fall kein Spiel in der NHL zu bestreiten. «Mir war klar, dass ich nicht einfach nach Nordamerika fliegen kann und gleich NHL spielen darf. Aber vorgenommen habe ich mir natürlich schon, in der NHL Fuss zu fassen.» Damals wusste Ambühl noch nicht, dass er nie mehr von den New York Rangers hören würde. Er nahm sich vor, in der AHL Gas zu geben und sich so eine Chance in der NHL zu erarbeiten.

Kein «Homie»

Nach nur zwei AHL-Spielen wurde Ambühl von Headcoach Ken Gernander in der vierten Sturmformation «parkiert». Er durfte pro Spiel gerade gute fünf Mal aufs Eis, er durfte keinen Einfluss auf den Ausgang der Partien nehmen, weder im Powerplay noch im Boxplay, und im dritten Drittel war für Ambühl oft früh Feierabend. Im November überlegte er sich deshalb, in die Schweiz zurückzukehren. Die Gerüchte über seine Rückkehr zum HC Davos machten auch in Nordamerika die Runde, schändlich wurde er damals in Internetforen der Hartford Wolf Pack als «Homie» – als «Heimkehrer» – beschimpft. Seine Wohnung in Davos hat der Bündner nie aufgegeben, und bei Arno Del Curto findet er immer offene Türen vor. Seine bisherige Erfolgsbilanz: Einsätze in der dritten Sturmformation von Hartford. Ambühls Olympiateilnahme geriet bei so wenig Spielpraxis in Gefahr. «Ich wollte aber nicht so schnell aufgeben. Ich habe mir vorgenommen, mich ein Jahr in Nordamerika zu beweisen und deshalb habe ich mich entschieden, weiter hart zu arbeiten.»

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Andres Ambühl / Hartford Wolf Pack, AHL

Ambühl wollte sich durchbeissen, den Unkenrufen derFans zum Trotz. Ambühl ist kein «Homie».

Der Schweizer Komplex

Seine Sturmformation überzeugte mit viel Defensiv- und Laufarbeit, wenn sie denn einmal aufs Eis durfte. Als die Olympischen Winterspiele vor der Türe standen, ergab sich für Ambühl tatsächlich die Chance. Um mehr Tore zu erzielen, versuchte Headcoach Ken Gernander, Andres Ambühl in der ersten Sturmformation laufen zu lassen. «Das Experiment ist gescheitert», sollte Gernander kurz darauf sagen, an die Olympischen Winterspiele in Vancouver durfte Ambühl dennoch reisen. Er erzielte keinen Skorerpunkt. «Das war frustrierend. Wir zeigen als Mannschaft immer, dass wir Schweizer mit den grossen Nationen mithalten können. Aber Tore erzielen wir keine. Das ist ein Problem unseres ganzen Teams und ich wünsche mir, wir könnten alle endlich diesen Schritt nach vorne machen.»

Zu wenig Abenteurer

Kurz nach den Olympischen Winterspielen mussten die Hartford Wolf Pack 22 Spieler benennen, mit denen sie bis zum Saisonende antreten wollten. Andres Ambühl war nicht mehr dabei. Am 11. April endet seine «NHL-Saison» sang- und klanglos. «Vielleicht ergibt sich ja noch eine Chance für nächste Saison bei einem anderen NHL-Team», hofft Ambühl. Die Chancen sind gering. Seine Bilanz in Nordamerika ist bescheiden: In einem Rookie-Spiel im Vorspann einer Saisonvorbereitungspartie der NHL im Penaltyschiessen den Siegtreffer erzielt und danach 54 AHL-Partien absolviert (71 Torschüsse, 4 Tore, 3 Assists, 33 Strafminuten, Plus/Minus -3). «Am Wichtigsten ist mir

Die Schweizer in nordamerikanischen Profiligen

einfach, dass ich nächste Saison wieder Eishockey spielen kann», steckt er sich neue Ziele. Ambühl war der 23. Schweizer Eishockeyspieler aller Zeiten, der versucht hat, sich in einer nordamerikanischen Profiliga durchzusetzen. Und er ist erst der sechste, der dabei kein einziges NHLSpiel absolvieren durfte. 16 Spieler vor Ambühl schafften den Sprung in die «grosse Liga» zumindest ein Mal, 13 sogar über eine längere Zeitspanne (siehe Kasten). Und David Aebischer, Martin Gerber, Mark Streit und Jonas Hiller haben daraus eine Karriere gemacht. Das ist eine traumhafte Bilanz für unser Land, die jeder Kanadier oder Schwede sofort zu tauschen bereit wäre. Aber die Schweiz ist in Nordamerika nicht so «erfolgreich», weil wir überaus talentierte Spieler hervorbringen. Bisher sind einfach vorwiegend Schweizer Spieler nach Nordamerika gegangen, deren Chancen auf Einsätze in der NHL gross waren. Es haben aber viel zu wenige Abenteurer den Schritt ins Ungewisse gewagt. Ungedraftete Spieler wie Andres Ambühl, die bereit sind, ein Jahr lang hartes Brot zu essen, nicht aufzugeben und bis zum Ende an einen Traum zu glauben. Der Weg zum Nobelpreis sei nicht unvorstellbar weit, sagt man. Aber es sei halt doch zu empfehlen, zuerst das Doktorat und dann die Professur zu absolvieren. l

Mark Streit Martin Gerber David Aebischer Jonas Hiller Luca Sbisa Patrick Fischer Reto von Arx Michel Riesen Timo Helbling Tobias Stephan Yannick Weber Thomas Ziegler Goran Bezina Tim Ramholt Julien Vauclair Pauli Jaks Andres Ambühl Juraj Simek Daniel Manzato Arne Ramholt Raffaele Sannitz Luca Cereda Daniel Steiner

> 351 NHL-Spiele 226 NHL-Spiele 214 NHL-Spiele > 130 NHL-Spiele 47 NHL-Spiele 27 NHL-Spiele 19 NHL-Spiele 12 NHL-Spiele 11 NHL-Spiele 11 NHL-Spiele 8 NHL-Spiele 5 NHL-Spiele 3 NHL-Spiele 1 NHL-Spiel 1 NHL-Spiel 1 NHL-Spiel kein NHL-Spiel kein NHL-Spiel kein NHL-Spiel kein NHL-Spiel kein NHL-Spiel kein NHL-Spiel kein NHL-Spiel QUELLE: SLAPSHOT HOCKEY-GUIDE

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Schweizer kna WM-Medaille

Red Bull Crashed Ice WC 2010

120’000 Fans heizten am Samstag, 20. März 2010 beim finalen Stopp der Red Bull Crashed Ice World Championship 2010 in der Altstadt von Québec den besten Ice Cross Downhill Cracks der Welt ein. Der Sieg in Kanada ging an Kyle Croxall (CAN). Mit Rang zwei kürte sich München-Sieger Martin Niefnecker (GER) zum Weltmeister 2010. Der Schweizer Kim Müller belegte in der WM-Wertung den 4. Rang. Red Bull Crashed Ice

Text: Red Bull Crashed Ice Fotos: redbullcrashedicenewsroom.com Eine 565 Meter lange, bis zu 40 Grad steile Kunsteisbahn mit Sprüngen und Steilkurven, 1,5 Kilometer Kunststoffbanden, knapp 120’000 Zuschauer und 64 Sportler aus allen Teilen der Welt waren die Ingredienzien für ein grandioses Finale der Ice Cross Downhill WM 2010 beim Red Bull Crashed Ice von Québec (CAN). Seit 2001 sorgt das Spektakel rund um den Globus für unterkühlte Stimmung und heisse Szenen. Den ersten ­offiziellen WM-Pokal sicherte sich mit Martin Niefnecker (GER) 2010 ein Rookie. Der 20-Jährige liess mit seinem Heimsieg in München und Rang zwei in der französischkanadischen Metropole weder dem siebenfachen Champion Jasper Felder (SWE) noch der kanadischen Ice-CrossDownhill-Armada eine Chance. Niefnecker im Wortlaut: «Die Stimmung war überragend, ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen. Mit Taktik war man hier sowieso nicht vorne dabei. Alles oder nichts. Blutergüsse und Co. gehören hier einfach zur Tagesordnung.» «Ein würdiger Champ. Schnell, konstant, fehlerlos», ­gratulierte Urgestein Jasper Felder, der sich im Halbfinale bei einem brutalen Crash gegen die Bande einen Rippenbruch zuzog. Gleich sechs Schweizer waren beim WM-Finale am Start. Kilian Braun landete als bestplatzierter Eidgenosse an der 9. Position. Weitere Infos: http://www.redbullcrashedice.com

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Rang   1   2   3   4   9 18 24 30 33 49

Name Kyle Croxall Martin Niefnecker Scott Croxall Louis Philipp Kilian Braun Kim Müller Reto Mäder Oliver Gurtner Andreas Rüegge Janis Lütolf

Land CAN GER CAN CAN SUI SUI SUI SUI SUI SUI


World Championship in QuĂŠbec / CAN

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Unter Trainer Kenta Johansson dümpelte der HC Lugano in den Niederungen der National League A herum. Statt Freude über Siege gabs mehr Frust nach Niederlagen. Dann wurde Philippe Bozon, der französische Feuerkopf, dazu auserkoren, das Steuer herum zu reissen. Lugano zu einem versöhnlichen Saisonende zu führen. Vielleicht gar zu einem Happyend. Doch statt dass die glorreichen Zeiten des «Grande Lugano» wieder auflebten, kassierten die Tessiner vom SC Bern eine schallende Ohrfeige und schieden ohne Sieg in den Playoff-Viertelfinals aus. Au Backe, das tat auch Philippe Bozon weh! Nachdem er Lugano in die Playoffs führen konnte, war das Ende jäh

und abrupt. Wenn auch nicht für alle unerwartet. Bei ­Bozons Verpflichtung hiess es, er sei der ideale ­Feuerwehrmann. Jene Person, die mit ihrer Leidenschaft ­neuen Schwung ins Team bringen könne. Doch der Brand loderte in den Katakomben der Resega weiter. ­Philippe Bozon, der von 1999 bis 2001 Leader des HCL und ­danach von 2001 bis 2006 die wichtigste Spielerpersönlichkeit bei Servette gewesen war, schaffte es nicht, ihn ganz auszurotten. Und so stand und steht im Tessin eine ­heisse Nach­bearbeitung der Saison an, die für den einen oder andern ebenso schmerzhaft werden könnte, wie die Ohrfeige vom SCB in den Viertelfinals... l

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