Grünfläche

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02 | 2020 1

Nachhaltig leben in Schaumburg

Nachhaltig leben in Schaumburg

Gegen Lebensmittelverschwendung

Ein Stuhl zum Kompostieren

Hier wärmt die Erde bis ins Wohnzimmer

Nachhaltigkeit brummt

Mit der App „Too good to go“ finden Produzenten und Kunden zusammen

Obernkirchener entwickelt Prototyp für eine Sitzgelegenheit aus Naturfasern

Im „Dühlholzkämpe Süd“ sollen Häuser mit kalter Nahwärme versorgt werden

Fleißige Bienchen im Einsatz für die Umwelt

mit


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Schaumburger Nachrichten Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, Vornhäger Straße 44, 31655 Stadthagen

Bestellung & Infos: sn-mediastore/plus, sn-marketing@madsack.de, Tel. 0 57 21 / 80 92 77


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Nachhaltig leben in Schaumburg

LIEBE LESERINNEN, LIEBE LESER, im April ist die erste Ausgabe unseres Umwelt- und Nachhaltigkeitsmagazins „Grünfläche“ erschienen. Damals hatte das Coronavirus die Welt schon fest im Griff und ich muss gestehen, dass ich zu diesem Zeitpunkt nicht daran geglaubt habe, dass sich die Situation im November kein Stück verbessert haben würde. Und doch frage ich mich, wo die vergangenen Monate hin sind, dieses Jahr scheint unter der Maskenpflicht und dem ständigen Nachfüllen der Desinfektionsspender einfach so vorbeigerauscht zu sein. Und nun ist es also schon Zeit für die zweite Ausgabe unserer „Grünfläche“. Gerne hätten sich einige der Protagonisten dieses Magazins auf der Regionalschau der Schaumburger Nachrichten präsentiert. Diese musste in diesem Jahr aber leider wie so vieles andere ausfallen. Umso mehr freue ich mich, dass Sie jetzt Gelegenheit habe zu erfahren, was in Sachen Nachhaltigkeit in Schaumburg passiert. Denn, die Welt dreht sich weiter und es wird eine Zeit nach Corona geben, in der wir vielleicht noch bewusster leben und genießen werden. In dieser Ausgabe steht der Konsum im Mittelpunkt. Verzichten fällt vielen Menschen schwer, aber müssen wir das überhaupt? Lässt sich unser Einkaufsverhalten nicht mit einigen einfachen Kniffen ändern, die uns sogar bereichern? Wenn ein Haushaltsgerät kaputtgeht, sind wir schnell dabei, einfach ein neues zu besorgen. Doch muss das wirklich sein? Ein Besuch im Repair-Café tut es vielleicht auch, und wir gehen mit einem guten Gefühl nach Hause. Millionen Tonnen an Lebensmitteln werden jährlich einfach weggeworfen. Doch auch da gibt es Lösungen. Lassen Sie sich doch einfach von den nächsten Seiten inspirieren, wo auch Sie ansetzen können, um nachhaltiger zu leben. Staunen Sie vielleicht über das eine oder andere innovative Geschäftsmodell, das in Schaumburg entstanden ist. Und lernen Sie Menschen kennen, die uns als Vorbild dienen können. Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen beim Lesen, bleiben Sie gesund.

Mira Colic (Redaktion)

Seite 4 4 Seite 6 6

Gegen Lebensmittelverschwendung – App Too good to go” “ Blockmanufaktur – Holz aus eigenem Forst für nachhaltige Möbel

Seite 8 8

Mit den Müllwerkern auf den Straßen Stadthagens unterwegs

inhalt

Seite 10 10 Rot & Wild – Ich lebe, was ich tue” “ Seite 11 11 Ein Stuhl zum Kompostieren – Wie ein Obernkirchener den Prototyp für eine Sitzgelegenheit aus

nachhaltigen Naturfasern entwickelt hat

Seite 12 12 Doppelte Dividende – Nachhaltigkeitsfonds können gute Renditeaussichten bieten – und ein gutes Gewissen Seite 14 14 Hier wärmt die Erde bis ins Wohnzimmer – In Auhagen sollen Häuser künftig mit kalter Nahwärme versorgt werden. Seite 15 Wenn die Blätter fallen – Laubbläser und Laubsauger: Viel Schaden, wenig Nutzen Seite 16 16 Nachhaltigkeit brummt – Fleißige Bienchen im Einsatz für die Umwelt Seite 18 Elektronik und Nachhaltigkeit – Nicht jedes Altgerät ist E- Schrott Seite 19 Selbsthilfe-Werkstatt statt Mülltonne

Grünfläche – Eine Sonderveröffentlichung der Schaumburger Nachrichten Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG, Vornhäger Straße 44, 31655 Stadthagen Redaktion: Marc Fügmann (verantwortlich), Holger Buhre, Arne Boecker, Mira Colic, Tina Bonfert, Luisa Wellenbrock, Lars Grimpe • Fotos: Jan-Christopf Prüfer, Luisa Wellenbrock,Lars Grimpe, Franziska Heine, Roger Grabowski, Nils Hinse, dpa • Produktion/Layout/Titelgestaltung: Franziska Heine • Anzeigen: Jann Backer (verantwortlich) • Druck: Dewezet Hameln


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Foto: jcp

info

Das Unternehmen wurde 2015 in Dänemark gegründet und expandierte bereits ein Jahr später nach Deutschland. Der deutsche Sitz ist in Berlin Wedding. International wurden bereits 24 Millionen Mahlzeiten gerettet und damit 60 000 Tonnen CO2 nicht vergebens produziert. In Deutschland arbeitet das Unternehmen aktuell mit 5363 Partnern zusammen und verfügt über eine Community von 4,2 Millionen Menschen. Die App ist kostenlos für iOS und Android verfügbar.

Gegen!

Lebensmittelverschwendung

Mit der Foodsharing-App „Too good to go“ finden Produzenten und Kunden zusammen. Jetzt möchte die Wirtschaftsförderung das Konzept nach Stadthagen holen. Von Mira Colic Rund zwölf Millionen Tonnen Lebensmittel werden nach Informationen des Bundeslandwirtschaftsministeriums in Deutschland jedes Jahr als Abfall entsorgt. Die Deutsche Umwelthilfe spricht sogar von 18 Millionen Tonnen Lebensmitteln, die in der Tonne landen – sei es auf den Feldern, im Einzelhandel, in der Gastronomie oder zu Hause. Die Betreiber der Foodsharing-App „Too good to go“ haben sich vor einigen Jahren auf den Weg gemacht, dies zu ändern. Stadthagen soll nun auch Teil davon werden. Zumindest hat Jessica Lietzau, Projektleiterin der städtischen Wirtschaftsförderung, dies nun angeschoben. „Es ist einfach ein tolles Projekt, bei dem alle Beteiligten nur gewinnen können. Ich fände es toll, wenn bei einer so


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Nachhaltig leben in Schaumburg

nachhaltigen Idee mal alle gemeinsam dafür sorgen, dass wir hier in Stadthagen ins Laufen kommen.“ Das Prinzip: Bäckereien, Restaurants, Cafés, Hotels und Supermärkte geben ihr überproduziertes Essen zu einem vergünstigten Preis ab. Die GPS-Ortung des Handys führt dabei Produzenten und Selbstabholer zusammen. Nutzer der App können die Waren in den teilnehmenden Märkten in der Nähe zum Ladenschluss für kleines Geld abholen. Marktmitarbeiter sortieren und packen die Lebensmittel in Überraschungstüten, die über die App in Kategorien wie „Obst und Gemüse“ oder „Backwaren“ tagesaktuell je nach Überhang angeboten werden. Für Kunden ist die Nutzung der App kostenlos, Betriebe zahlen für die Aufnahme.

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Die Zukunft geht uns alle an. Wir setzen auf Erneuerbare Energien. Stadtwerke Rinteln GmbH Bahnhofsweg 6, 31737 Rinteln Fon: 05751 700-0 Fax: 05751 700-50 info@stadtwerke-rinteln.de www.stadtwerke-rinteln.de

In der Region Hannover sind bereits zahlreiche Betriebe dabei, aber auch in Porta Westfalica und Minden haben Händler das Potenzial der App erkannt. So gibt es beispielsweise im Café Novecento des WEZ-Marktes in Minden Pizza, Pasta oder belegte Brötchen zu vergünstigten Preisen. „Wir werden den Test mit ,Too good to go‘ nach Abstimmung mit unserem Konzept zur Belieferung der Tafeln ab Januar 2021 auf unseren Edeka-WEZ-Markt in Stadthagen ausweiten“, erklärt der geschäftsführende Gesellschafter Karl Stefan Preuß. Und auch die Betreiber des Lusthauses im Stadthäger Schlossgarten denken über eine Teilnahme nach, wie Geschäftsführerin Julia Dralle erklärt: „Wir versuchen ohnehin schon, so nachhaltig wie möglich zu sein.“ So werde weitestgehend auf Plastik verzichtet und regional eingekauft. „Da wäre dieses Konzept eine super Ergänzung und gute Möglichkeit, unsere Reste noch zu verkaufen, statt wegzuwerfen.“ Lietzau hofft, dass sich darüber hinaus in Stadthagen möglichst viele Teilnehmer melden.

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Die Verwaltungsmitarbeiterin kümmert sich im Bereich Wirtschaftsförderung auch um die Unterstützung der von der Corona-Pandemie wirtschaftlich gebeutelten Selbstständigen. Natürlich sei ihr bewusst, dass es für viele gastronomische Betriebe aktuell ums Überleben gehe, aber jetzt sei auch Zeit, sich über neue Vermarktungsmöglichkeiten Gedanken zu machen und neue Wege zu gehen. „Denn mit der App lassen sich auch neue Kunden finden.“ Und grundsätzlich halte sie es für wichtig in diesen schwierigen Zeiten: „Es wäre ein tolles Signal an die Bevölkerung.“

Kontakt

Jessica Lietzau ist telefonisch unter (05721) 782152 sowie per E-Mail an j.lietzau@stadthagen.de erreichbar.

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Blockmanufaktur“:

Holz aus eigenem Forst für nachhaltige Möbel Von Luisa Wellenbrock „Erst kamen die Stürme, dann der Borkenkäfer und danach hatten wir die Idee.“ Maximilian Höhnke zeigt auf die kleine Lichtung, die in seinem Forst in Reinsen entstanden ist. Vor knapp viereinhalb Jahren hat es im Wald seiner Familie starke Sturmschäden gegeben: Anlass für Höhnke und seinen Kollegen Ole Vörsmann, ihr eigenes Start-up-Unternehmen zu gründen. Sie bauen Möbel aus gefällten und umgekippten Bäumen. Nachhaltig wird das Pro-jekt, weil sie für jeden Baum, der verarbeitet wurde, einen neuen nachpflanzen.

ZEITLOSE UND NACHHALTIGE MASSIVHOLZMÖBEL „Der Gedanke der Nachhaltigkeit ist dabei tief verwurzelt“, erzählt Höhnke. Er und Vörsmann sind beide Ingenieure und haben sich bei der Arbeit kennengelernt. Ihre „Blockmanufaktur“ betreiben die beiden nicht hauptberuflich, sondern nebenbei. Und sie sind damit erfolgreich. Ihre nachhaltigen Möbel wie Hocker, Bänke oder Beistelltische verkaufen Höhnke und Vörsmann außer über ihren eigenen Onlineshop auch im Shop der überregionalen Zeitung „Die Zeit“. „Das ist unsere Zielgruppe“, sagt Höhnke. „Menschen, die zeitlose und nachhaltige Massivholzmöbel zu schätzen wissen und sich mit dem Thema Nachhaltigkeit identifizieren können.“

MÖBELSTÜCKE ALS GUTE INVESTITION Bisher vertreiben die beiden Kinderhocker, Beistelltische, Sitzhocker und Bänke aus schlichtem Fichten- oder Eichenholz für einen Preis zwischen 100 und 500 Euro. Jetzt ist vor einigen Wochen noch ein Schlüsselbrett hinzugekommen. „So ein Möbelstück ist eine gute Investition, es überlebt wahrscheinlich einige Generationen“, sagt Höhnke.

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Nachhaltig leben in Schaumburg

Mit der Fertigung der ersten Prototypen hat Höhnke an einer kleinen Werkbank in einem Geräteschuppen in Reinsen angefangen. Schnell haben die beiden Kollegen jedoch festgestellt, dass eine qualitativ hochwertige und effiziente Arbeit so nicht realisierbar ist. Mittlerweile entstehen die Hocker in Zusammenarbeit mit der Paritätische Lebenshilfe Schaumburg- Weserbergland (PLSW) in Hameln. Dafür bringt Höhnke die Stämme zur PLSW nach Stadthagen, diese transportiert das Holz nach Hameln, wo den Hockern Schliff verliehen wird. Zurück in Reinsen werden die Blöcke geölt und mit den

charakteristischen Tragseilen versehen. „Wir arbeiten auch viel mit dem Holzsägewerk Alder in Auhagen und mit dem Zimmermann Heiko Weidemann aus Stadthagen zusammen“, sagt Höhnke.

EIN GENERATIONENFORST Nachhaltig wird das Vorhaben dann wieder im Forst: Alle gefällten Bäume werden durch neue Sprösslinge von Ahorn, Birke, Buche, Eiche, Fichte, Lärche, Weißtanne oder Wildkirsche ersetzt. 194 Bäume haben Höhnke und Vörsmann bereits nachgepflanzt – mehr als sie verarbeitet haben. „Beim Pflanzen muss die Mischung stimmen“, erklärt

Höhnke, der die Aufforstung von Vater und Großvater gelernt hat. „In der Forstwirtschaft gibt es das nette Sprichwort: Die erste Generation pflanzt, die zweite pflegt und die dritte erntet. So war das auch bei uns.“ Vor knapp 50 Jahren hatte Höhnkes Großvater begonnen, auf einem Rübenacker Tannen zu pflanzen und als Weihnachtsbäume zu verkaufen. Als die Bäume zu groß für den Verkauf wurden, diente der Forst zur Brennholzgewinnung für die Familie. Nach und nach wurde der Wald mit Laubbäumen aufgeforstet. Doch Stürme und vor allem die Trockenheit der vergangenen Jahre setzen dem Wald zu. Viele Bäume müssen gefällt werden.

MEHR ZEIT BRINGT FRISCHEN WIND

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In den vergangenen Monaten konnte Höhnke ein wenig am Feinschliff der Produkte arbeiten. Im Handel gibt es jetzt ein abgestimmtes Farbkonzept für die Kordeln an den Holzmöbeln. Und einige zukünftige Projekte konnte der Unternehmer ebenfalls anschieben. „Im Urlaub konnte ich eine Zusammenarbeit mit einem Innenausstatter auf Norderney in die Gänge bringen“, sagt Höhnke. Ab sofort sei die Blockmanufaktur auch auf den ostfriesischen Inseln vertreten. „Wir planen auch eine Zusammenarbeit mit dem Unternehmen Steinpixel aus der Nachbarschaft Obernkirchen“, verrät Höhnke. „Es gibt noch weitere Ideen der Zusammenarbeit.“ Mehr verrät der Unternehmer jedoch noch nicht. Fotos: Maximilian Höhnke

Zweiter Platz beim Gründerwettbewerb „Blockmanufaktur heißt gleichermaßen Begeisterung für die Arbeit mit Holz als natürlichem Werkstoff sowie die Überzeugung, dass wir schonend und behutsam mit unserer Natur umgehen müssen“, heißt es auf der Internetseite der beiden Unternehmer. Mit diesem Anliegen konnten Höhnke und Vörsmann im Mai letzten Jahres auch die Jury des neuen Gründerwettbewerbs „Start Stadthagen“ überzeugen. Dabei belegten sie mit ihrer Blockmanufaktur den zweiten Platz.

www.blockmanufaktur.de


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Mullwerkern

Mit den auf den Straßen Stadthagens unterwegs Von Lars Grimpe

9 Uhr, Sonnenschein. Es ist kalt an diesem Novembermorgen, aber immerhin regnet es nicht. Seit drei Stunden sind Christian Stange und Christopher Saak schon mit ihrem neuen, sonnengelben Lkw auf den Straßen Stadthagens im Einsatz. Ihr Ziel für den Tag: Die Kreisstadt von Altpapier befreien. Die beiden jungen Männer arbeiten für die Entsorgungsfirma Sauthoff, einem hundertprozentigen Tochterunternehmen der Abfallwirtschaft Schaumburg (AWS). Heute wird ein langer Arbeitstag. Die Papiertour durch Stadthagen zählt zu ihren fordernsten Einsätzen. Bis in den späten Nachmittag hinein werden sie brauchen, um die insgesamt bis zu 1100 Abfalltonnen zu entleeren. Nach einem kurzen Verschnaufen geht es schnell wieder zur Arbeit, Zeit für lange Pausen bleibt nicht. Stange, der Fahrer des Müllwagens, manövriert das große Gefährt zielsicher durch die engen Straßen der Wohngebiete, an parkenden Autos und wartendem Verkehr vorbei. Dabei läuft aber nicht immer alles reibungslos. „Viele Autofahrer nehmen keine Rücksicht auf uns und denken nur an sich. Sie halten an unmöglichen Stellen, weichen nicht zurück oder fahren sogar schnell über den Bürgersteig, um an uns vorbeizukommen“, sagt Stange. „Das kann ganz schön gefährlich werden. Keiner scheint zu wissen, dass wir besondere Wegerechte haben. Das wird in den Fahrschulen gar nicht mehr gelehrt“, pflichtet ihm Saak bei. An diesem Tag bleibt es aber ruhig. Der moderne Lkw mit Rückfahrkamera und Totwinkelwarner erleichtert dem Fahrer dabei die Arbeit. Am Heck des Wagens springt Saak derweil alle zehn Meter vom Trittbrett herunter, um die Tonnen und den sogenannten „Beipack“

einzusammeln (Kartons, die nicht in die Tonne passen, können daneben abgelegt werden – solange sie trocken und nicht zu groß oder schwer sind). Es dauert nicht lange, da füllt sich der Müllwagen merklich. Eine Presse im Laderaum komprimiert den Abfall zwar stark, irgendwann reicht aber auch das nicht mehr aus. Wenn dieser Punkt erreicht ist, ertönt im Führerhaus ein Piepen, das den Fahrer wissen lässt, dass nun Zeit zum Abladen ist.

„Die Abfallmengen sind in der Corona-Krise stark gestiegen. Im Frühjahr war das ein ganz schöner Schock für uns. Es werden vor allem viele Kartons aus Online-Shops entsorgt“, sagt Stange. Je mehr Menschen zuhause sind, desto mehr Müll fällt an ihrem Wohnort an. Gegen 11.30 Uhr ist der Wagen das erste Mal an diesem Tag voll. Nun geht es zum Entsorgungszentrum nach Sachsenhagen. Bei der Einfahrt wird der gesamte Lastwagen gewogen. Im entleerten Zustand kommt er erneut auf die Waage – bis dahin herrscht Spannung über die Lademenge.

So geht es nicht: Müllwerker Christopher Saak ärgert

Ganz am Ende des umfangreichen Geländes ist die Sammelstelle für das Altpapier. Rückwärts steuert Stange den Wagen in eine riesige, an den Seiten offene Halle. Auf Knopfdruck öffnet sich die Ladeluke und die gesammelten Zeitschriften, Kartons, Broschüren und Tageszeitungen werden automatisch auf den Boden gekippt. In wenigen Momenten ist der Laderaum leer. Die Arbeit der Müllwerker ist damit vorerst getan. Die Reise des Papiers geht aber weiter. Im Entsorgungszentrum wird es nur zwischengelagert, bevor es dann von Papierfabriken abgeholt wird. Diese sortieren, reinigen und recyceln den kostbaren Rohstoff zu neuem Papier.

Ein kleiner Berg: Die Ladung eines Morgens.


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Nachhaltig leben in Schaumburg

sich über einen Gelben Sack in der Papiertonne.

Fotos: lgr

Nun ist Papier aber nicht der einzige Abfall, der anfällt. Stange, Saak und ihre Kollegen sammeln auch anderen Müll ein und bringen ihn ins Entsorgungszentrum. „Der Abfall aus dem Gelben Sack wird in Sachsenhagen nur aufbewahrt. Von dort geht er dann an die Sortierstationen, zum Beispiel nach Herne oder Nienburg. Was dort nicht weiterverarbeitet werden kann, wird verbrannt. Das sind meist so zwischen 30 und 40 Prozent“, sagt Christian Grupe, Betriebsleiter bei Sauthoff.

Sperrmüll wird im Entsorgungszentrum in seine Einzelteile zerlegt und dann von Fachfirmen zur weiteren Verarbeitung mitgenommen. Die Bio-Abfälle landen im Kompostwerk Wiehagen. Egal um welche Art Abfall es sich handelt, die Mülltrennung der Bürger sei enorm wichtig für die Arbeit der Müllwerker, für den Sortierprozess und letztlich auch für die Sicherheit: „Es ist schon mehrfach vorgekommen, dass Müllwagen oder Sortieranlagen gebrannt haben, weil irgendjemand einen Akku im Hausmüll entsorgt hat. Sobald der in die Presse kommt, fängt er Feuer“, so Grupe weiter. Leider hielten sich nicht alle Bürger konsequent an die Vorgaben. „Ich schätze 60 bis 70 Prozent setzen die Mülltrennung wirklich um“, sagt Stange. Wer unsicher ist, kann sich bei der AWS informieren, wo welcher Müll hingehört. Zum Beispiel über den Abfallwegweiser. Auf dem Weg vom Gelände folgt der zweite Abstecher zum Wiegen: Um 9,25 Tonnen leichter ist das Fahrzeug nun. „An so einem Tag in Stadthagen kommen wir insgesamt bestimmt auf bis zu 40 Tonnen Ladung. Neben uns ist nämlich noch ein weiterer Wagen auf der Tour unterwegs“, sagt Stange. Nach der Mittagspause geht es für die beiden wieder auf die Straßen – im unermüdlichen Einsatz für eine saubere Stadt.

Ich schätze, 60 bis 70 Prozent setzen die

Mulltrennung

wirklich um.


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Rot  Wild &

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Ich lebe, was ich tue

Von Luisa Wellenbrock

Franziska Heine hat ein Herz für Tiere und die Natur. Einer der Gründe warum die Meerbeckerin sich bei ihrem Label Rot&Wild ausschließlich für nachhaltige und ökologisch vertretbare Materialien entschieden hat. Seit 2014 entwirft sie Stoffmuster und Drucke und näht Rucksäcke und Bauchtaschen. Ein wichtiger Punkt in ihrer Arbeit ist die Individualität und ihren Ideen freien Lauf lassen zu können. Sie illustriert ihre Stoffmuster und lässt sie dann jeweils in einer kleinen Auflage drucken. Für die besondere Lederoptik einiger ihrer Stücke verwendet sie Lederimitat und Snappap, eine Art Waschpapier. Ein Großteil der von ihr verwendeten Stoffe sind Bio-zertifiziert. Darüber hinaus ist ihr Label Rot&Wild komplett vegan.

ALLES HANDARBEIT Ein Leitsatz, der sich durch das Leben der 33-Jährigen zieht: „Ich lebe, was ich tue.“ Seit Jahren verzichtet sie nicht nur bei den Stoffen, sondern generell auf tierische Produkte. Auch ihr Durchhaltevermögen zeichnet die Meerbeckerin aus. Denn neben ihrem Job als Grafikdesignerin bei den Schaumburger Nachrichten schafft sie es auch, die Zeit für ihr Label aufzubringen. Die Produkte, die mit dem Schild Rot&Wild versehen werden entstehen ausschließlich in Handarbeit. „Was anderes kommt mir nicht in die Tüte“, betont Heine. Alle Taschen und Rucksäcke sind individuell gefertigt, die Drucke eigens gestaltet und auf das Produkt aufgebracht. So ist jedes Teil ein Einzelstück. „Die eigenen Stoffe auch mit den eigenen Mustern entwerfen zu können, ist einfach toll und war schon immer ein großer Traum von mir“, verrät die 33-Jährige. Der Weg von der Idee und dem Design zum fertigen Stoff sei immer wieder „wahnsinnig spannend“.

VOM BLEISTIFT BIS ZUM NERVENKITZEL Die meisten ihrer Illustrationen entstehen am Computer, aber für die Skizzen und Entwürfe müssen zuerst immer Bleistift und Papier herhalten. Aus diesen Skizzen und Illustrationen entstehen Vorlagen und Motive für Drucke. Denn neben dem Textildesign ist auch Siebdruck eine ihrer großen Leidenschaften. „Das Entwickeln der Motive, der Nervenkitzel beim Fertigstellen des Siebs und der Moment, in dem man den Druck dann zum ersten Mal auf Stoff sieht, erklärt Heine, „das ist einfach das Beste!“

so wirds gemacht:

Die handgefertigten Rucksäcke bieten genügend Stauraum für den Spaziergang im Wald. Foto: fh

Begonnen hat ihre Arbeit vor knapp fünf Jahren. Damals hatte sie gemeinsam mit einem Hamburger Kreativ-Kollektiv einen Handmade-Shop mit Fachvermietung in der Sternschanze in Hamburg eröffnet. Dort hatte die Gruppe eigene Produkte und die anderer kreativer Köpfe verkauft. Bereits ein Jahr davor hatte sie begonnen, regelmäßig auf Designmärkten ihre Taschen und Rücksäcke anzubieten. „Auch wenn so ein Tag oder Wochenende super viel Vorbereitung und Arbeit bedeuten, ist mir der Austausch mit den Kunden total wichtig“, betont die Designerin. Am schönsten sei es natürlich, wenn ein Kunde zu einem Stammkunden und vielleicht sogar zu einer netten Bekanntschaft werde. Jetzt verkauft sie ihre Produkte meist über ihren Onlineshop www.rotundwild.de.

DAS NÄHEN IM BLUT Dass Heine die Arbeit mit Stoffen liebt, hat sie auch ihrer Mutter zu verdanken, die auch in diesem Bereich arbeitet. „Als Kind hat mich meine Mutter immer mit in den Stoffladen genommen, dort hätte ich dann stundenlang jeden einzelnen Stoffballen inspizieren können. Zuhause angekommen wurden dann Outfits ausgeklügelt und gezeichnet“, erinnert sich die Meerbeckerin. Dass sie sich ihren Traum von einem Studium im Fach Modedesign nicht erfüllt hat, bereut die 33-Jährige nicht. Diesen Teil lebt sie jetzt neben ihrem Hauptberuf aus – und das rot und wild!


Stabil: Produktdesigner Patrick Mittmann stützt sich auf seinen Prototypen. Foto: rg

stuhl

Ein zum Kompostieren hat er sich für das Herstellungsverfahren des Formpressens, das in der Möbelindustrie schon weit verbreitet ist, und günstige Rohstoffe entschieden. Daher ließe sich der Stuhl preisgünstig herstellen, ohne dass dies auf Kosten der an der Produktion beteiligten Menschen gehe. Dabei könnte das Verfahren auch auf andere Möbelstücke übertragen werden.

Wie ein Obernkirchener den Prototyp für eine Sitzgelegenheit aus nachhaltigen Naturfasern entwickelt hat Von Lars Grimpe Stühle gibt es so viele wie Sand am Meer. Große, kleine, bequeme, stilvolle, Stühle aus Holz, Metall oder Plastik. Was es bisher aber nur selten gibt, ist ein Stuhl aus Leinen. Die sonst vor allem aus der Textilindustrie bekannte Faser hat es dem jungen Obernkirchener Patrick Mittmann (27) aber ganz besonders angetan: Sein neuer Prototyp eines nachhaltigen und einfach kompostierbaren Stuhls besteht zum größten Teil aus dieser Naturfaser. Die Idee dafür ist dem Produktdesigner während seines Studiums an der Hochschule Hannover gekommen. So ist es kein Wunder, dass die Umsetzung zum Projekt seiner Bachelorarbeit geworden ist. Von den ersten konkreten Gedanken bis zum fertigen „Pioniermodell“ hat es, auch durch die Zusammenarbeit mit dem aus Bad Münder stammenden Möbelhersteller Wilkhahn, nur ein Semester gedauert – von ersten Entwürfen über umfangreiche Materialtests hin zum fertigen Prototyp. Entstanden ist eine Sitzgelegenheit für den Innenraum, die nur aus Flachsfasern und einem auf Kartoffelstärke basierenden Bindemittel besteht. Schlicht und stapelbar erinnert sie an die klassischen Bistrostühle. „In der Produktion werden mehrere Matten aus Fasern übereinandergelegt, mit dem Bindemittel getränkt und dann in einer Maschine unter Hitze und Druck gepresst. Danach muss der Stuhl nur noch mit Leinöl versiegelt werden“, sagt Mittmann. Die Materialien dafür seien allesamt nachwachsende Rohstoffe aus Europa, die in großer Menge verfügbar seien. Dabei geht es ihm auch darum, dass Nachhaltigkeit erlebbar sein muss. Ein solcher Stuhl dürfe nicht zu viel kosten, um sich verkaufen zu lassen. Deswegen

Wenn der Stuhl eines Tages am Ende seiner Lebenszeit angekommen ist, kann man ihn einfach auf den Kompost werfen. Der Regen löst das Bindemittel in kurzer Zeit auf – was auch bedeutet, dass man ihn tunlichst nicht im Garten einsetzen sollte – und die dort natürlicherweise vorkommenden Mikroorganismen beginnen dann die Flachsfasern zu zersetzen. Wie lange das dauert? Das ist noch genauso unklar wie die Frage nach der Lebensdauer des Stuhls. Auch wenn die Bachelorarbeit abgeschlossen ist, ist es das Projekt noch lange nicht. Es gilt noch einige Entwicklungsarbeit in den Bereichen Konstruktion, Material und Design zu leisten bis der Stuhl tatsächlich in die Produktion gehen kann. Dafür sucht Mittmann weitere Unterstützung aus der Industrie und hofft auf seinen alten Partner von der Bachelor-Arbeit: „Ich wünsche mir natürlich, dass Wilkhahn weiter Lust hat, mit mir an diesem Projekt zu arbeiten“, so der Obernkirchener. Nachhaltigkeit ist die zentrale Antriebsfeder des Tüftlers. Das heißt für ihn aber nicht, dass Möbel Jahrzehnte überdauern müssen: „Wenn ein Möbelstück wenig in der Herstellung kostet und so leicht rückstandslos abbaubar ist, dann muss es auch nicht für immer halten“, sagt Mittmann. Die Inspiration für seine Idee hat der 27-Jährige übrigens aus den Medien erhalten. Zufällig stieß er auf einen Artikel über den Franzosen Corentin de Chatelperron, der in Bangladesch Seegelboote aus Jute gebaut hat. Dieser Gedanke hat ihn dann nicht mehr losgelassen. „Nachhaltigkeit sollte selbstverständlich sein. Ich finde es persönlich belastend, wenn ich daran denke, was ich schon alles gekauft habe und was davon nach mir noch übrig bleiben wird. Plastik baut sich nicht so schnell ab.“

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doppelte: Dividende

Nachhaltigkeitsfonds können gute Renditeaussichten bieten – und ein gutes Gewissen

nachhaltige Produkte anbieten und Aktiengesellschaften verstärkt darauf achten, dass sie bei Nachhaltigkeitsratings gut abschneiden. Andernfalls laufen ihnen immer mehr fürs Thema sensibilisierte Anleger davon. Ingo Speich, Leiter Nachhaltigkeit und Corporate Governance bei der Deka, kommt da auf den Vergleich mit dem Supermarkt zurück: „Vereinfacht gesprochen: Es ist eine gute Sache, wenn Verbraucher Bio-Eier oder Schokolade aus fairem Handel kaufen. Einen noch größeren Einfluss im Sinne einer nachhaltigen Wirtschaft üben sie aber aus, wenn sie sich als Anleger für nachhaltige Fonds entscheiden.“

DIE DREI DIMENSIONEN DER NACHHALTIGKEIT

Foto: istock

Eine Kundin kommt in den Supermarkt. Kaum hat sie sich ihren Einkaufswagen geholt, begrüßt sie schon ein Angestellter mit einem fröhlichen: „Hallo, darf es denn auch Bio oder Fairtrade sein?“ Als sie „Ja, gerne“ antwortet, begleitet der Verkäufer die Kundin praktischerweise gleich zu den passenden Regalen. Was heute noch Fiktion ist, soll bald Wirklichkeit werden – allerdings nicht im Lebensmittel-Einzelhandel, sondern in der Anlageberatung. Wenn Kunden sich dann in ihrer Sparkasse für Wertpapiere interessieren, werden die Berater sie fragen: Möchten Sie nach nachhaltigen Kriterien anlegen? Das sieht der für das Jahr 2021 geplante „Geeignetheitstest“ vor. Die Idee hierzu stammt aus dem EU-Aktionsplan für nachhaltiges Wachstum in Europa und könnte zum „entscheidenden Game Changer“ in der Wertpapieranlage werden, sagt Hussam Masri. Der Leiter Produktmanagement der Deka weiß aus Umfragen, „dass bis zu drei Viertel aller Sparkassenkunden sehr offen für nachhaltige Geldanlagen sind“. Viele würden sich damit jedoch noch nicht auskennen.“ „Das wird sich grundlegend ändern, sobald Sparkassenberater die Kunden direkt darauf ansprechen und ihnen die Möglichkeiten aufzeigen“, so Masri. Noch sind nicht alle Details des Geeignetheitstests geklärt. Trotz offener Punkte ist aber schon jetzt klar, dass ökologische, soziale und ethische Aspekte bei der Geldanlage künftig an Bedeutung gewinnen: Bankberater werden landauf, landab im Thema Nachhaltigkeit geschult. Fonds- und Zertifikate-Anbieter werden mehr

ESG: Dieses Kürzel begegnet einem automatisch, wenn man sich mit nachhaltiger Geldanlage beschäftigt. Es steht für „environmental“, „social“ und „Governance“ oder zu Deutsch: Ökologie, Soziales und gute Unternehmensführung. Im Bereich der Ökologie betrachten nachhaltige Anleger unter anderem, ob sich Unternehmen für den Umwelt- und Klimaschutz einsetzen, wie sie mit natürlichen Ressourcen umgehen oder welche Bedeutung der Artenschutz für sie hat. Im Sektor Soziales spielt die Achtung der Menschen- und Arbeitsrechte eine essenzielle Rolle. Wichtig ist dabei, wie sich Unternehmen für die Sicherheit und Gesundheit ihrer Mitarbeiter einsetzen oder auch, dass sie hohe Sozialstandards in der Lieferkette gewährleisten. Eine verantwortungsvolle Unternehmensführung zeichnet sich dadurch aus, dass sie langfristige Erträge dem schnellen Gewinn vorzieht, transparent ihre Vergütung und Zukunftspläne kommuniziert und angemessen mit Risiken umgeht. Alle drei Dimensionen der Nachhaltigkeit sollten gleichermaßen betrachtet werden. „Wenn einer unserer Analysten beispielsweise auf einen Hersteller von Windkraftanlagen mit überlegener Technologie stößt, bringt das Punkte in der Rubrik Ökologie“, erläutert Speich. „Stellt sich dann aber im persönlichen Austausch mit dem Management heraus, dass Defizite in der Führungskultur bestehen, wird der Fonds trotzdem nicht in die Aktie oder Anleihe investieren.“ „Nachhaltigkeit muss sich aber auch auszahlen“, betont Speich. Doch dafür sind die Voraussetzungen gut, denn verantwortliche Führung und langfristige Rendite sind quasi natürliche Partner: Wenn Unternehmen beispielsweise sparsam mit Ressourcen umgehen, macht sich das positiv bei den Ausgaben bezahlt.

NACHHALTIGKEITSFONDS SCHNEIDEN GUT AB Nachhaltigkeitsfonds schneiden in Studien immer wieder gut ab. So fand der US-amerikanische Finanzdienstleister MSCI in einer Analyse 2017 heraus, dass Unternehmen mit starkem ESG-Rating im Durchschnitt profitabler ar-


Nachhaltig leben in Schaumburg

beiten, höhere Dividenden ausschütten und ihre Aktien weniger schwanken als der Gesamtmarkt. Bereits im Jahr 2014 durchleuchtete Professor Christian Klein von der Uni Kassel 35 internationale Studien über die Leistungsfähigkeit von Nachhaltigkeitsfonds: „15 stellten keinen Unterschied in der Performance fest, sechs errechneten schlechtere Ergebnisse für nachhaltige Fonds, aber 14 attestierten ihnen sogar bessere Leistungen als klassische Fonds.“ Interessantes Detail seiner Auswertung: Nachhaltige Fonds bergen im Durchschnitt etwas geringere Risiken. Das soll allerdings nicht heißen, dass sie absolut sicher sind. Auch verantwortungsvoll handelnde Unternehmen können in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, die ihre Aktienkurse in den Sinkflug schicken. Deshalb sind bei schwachen Börsen oder schwankenden Währungen auch bei Nachhaltigkeitsfonds Phasen mit negativer Wertentwicklung denkbar. Doch auf welche Weise findet man die besten nachhaltigen Unternehmen? Bei Fondsgesellschaften weit verbreitet ist ein zweistufiges Auswahlverfahren, das die Deka noch um ein wichtiges drittes Element ergänzt. Auf der ersten Stufe werden Unternehmen aussortiert, deren Geschäftsmodell der Nachhaltigkeit widerspricht: zum Beispiel Rüstungskonzerne, Hersteller gentechnisch veränderten Saatguts oder Unternehmen, die Kinderarbeit dulden. Bei den verbliebenen Kandidaten werden auf der nächsten Stufe die Bewertungen von externen Ratingagenturen herangezogen und die Unternehmen tiefer durchleuchtet. Dabei wird auf den Best-In-Class-Ansatz gesetzt: Man fokussiert sich auf die besten Unternehmen in der jeweiligen Branche. Seit einiger Zeit wird der dritte, dynamische Check immer wichtiger. „Tauchen bei Unternehmen zum Beispiel plötzlich Probleme, Ungereimtheiten oder Mängel auf, die sich in den Bewertungen von Ratingagenturen noch gar nicht widerspiegeln, dann können wir der Sache sehr schnell mit unseren eigenen Spezialisten nachgehen“, macht Speich deutlich. Sein mittlerweile siebenköpfiges Team für Nachhaltigkeit und Corporate Governance hat jährlich rund 400 Termine mit Vorständen, bei denen es um kontroverse Themen geht.

Konstanze Somborn. Die Verantwortung großer Unternehmen bestehe längst nicht mehr in der einseitigen Profitmaximierung, sondern vielmehr in verantwortungsvollem Wirtschaften mit Sinn und Bestimmung. Siemens gehört zu den Konzernen, die sich hohe Ziele stecken. Seit 2014 konnten die Münchener mehr als 40 Prozent der CO2-Emissionen einsparen. Im Jahr 2030 will der Elektronikgigant komplett klimaneutral arbeiten. 100 Millionen Euro investiert Siemens in zahlreiche Projekte, um 20 Millionen Euro Energiekosten jährlich zu sparen. Und was den Strombedarf angeht, so stammen 60 Prozent bereits aus Ökostrom. Die Bemühungen werden auch von Experten anerkannt: Siemens rangiert 2019 auf Platz 28 der 100 nachhaltigsten Unternehmen der Welt. Dagegen hat es der US-Chemiekonzern Clorox in diesem Jahr nicht in die Top 100 geschafft. Das überrascht auf den ersten Blick auch nicht, denn Clorox ist nicht zuletzt für Bleichmittel bekannt. Zu Clorox gehören aber auch das US-Geschäft der Brita-Wasserfilter und die Naturkosmetik-Marke Burt’s Bees, die beide der Nachhaltigkeit einen hohen Stellenwert einräumen. „Nachhaltigkeit bedeutet nun mal nicht, der eine ist gut, der andere schlecht“, weiß Speich. „In großen Unternehmen findet man typischerweise Schwachstellen und starke Bereiche.“

Allein verbindliche Grundlage für den Erwerb von Deka Investmentfonds sind die jeweiligen Wesentlichen Anlegerinformationen, die jeweiligen Verkaufsprospekte und die jeweiligen Berichte, die bei der Sparkasse Schaumburg und der DekaBank Deutsche Girozentrale (60625 Frankfurt) erhältlich sind. Weitere Infos gibt es im Internet: www.deka. de bzw. www.spk-schaumburg.de

Die Deka-Spezialisten fragen dann nicht nur nach, sie drängen auch auf Besserung. „Stellt sich eine Unternehmensführung taub, dann kann das zum Ausschluss aus nachhaltigen und auch klassischen Fonds führen.“ Nach dem mehrfachen Aussieben stehen nun die Klassenbesten in Sachen Nachhaltigkeit fest und die Fondsmanager picken sich die Titel mit den überzeugendsten Geschäftsaussichten heraus.

AUF DEM RICHTIGEN WEG Es sind aber nicht so sehr Gesetze, die für mehr Transparenz sorgen. „Kunden, unsere Mitarbeiter und auch Investoren fordern das Thema Nachhaltigkeit immer stärker ein“, sagt beispielsweise Siemens-Sprecherin

Verantwortlich im Haus der Sparkasse ist Paul Knauthe, Leiter Vertriebsmanagement. Telefon: 05751 / 402-662 E-Mail: paul.knauthe@spk-schaumburg.de

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Hier wärmt die Von Luisa Wellenbrock

Erde

Die Gemeinde Auhagen hat ein neues Baugebiet geplant. Im „Dühlholzkämpe Süd“ sollen Häuser künftig mit kalter Nahwärme versorgt werden. Die Gemeinde ist damit Teil eines Pilotprojekts des Landes Niedersachsen. Zum Bebauungsplan Nummer 16 „Dühlholzkämpe-Süd“ war es ein langer Weg, und das hat einen besonderen Grund. Dort entsteht kein normales Baugebiet, sondern eine spezielle klimafreundliche Fläche. Emissionsfreie und klimaneutrale Gebäude – dieses Ziel soll durch den Einsatz dieses Wärmenetzes machbar werden.

IM WINTER WARM, IM SOMMER KALT Was für den Laien paradox klingt – „kalte Nahwärme“ –, heißt in Abgrenzung zu herkömmlichen Fern- oder Nahwärmenetzen so, weil statt Temperaturen zwischen 65 bis 90 Grad bei der kalten Nahwärme fünf bis zehn Grad ausreichen. Die in den Häusern angelieferte Wärme wird dort über Wärmepumpen verdichtet, sodass damit geheizt werden kann – beziehungsweise im Sommer kann die Sole für Kühlung genutzt werden und so die Klimaanlage ersetzen. „Das ist eine neue Form der Versorgung“, erklärt Auhagens Bürgermeister Heiko Monden. Man habe bei der Erschließung des Baugebiets auch ein besonderes Merkmal gesucht, um sich von anderen Gemeinden abzusetzen. Das sei der Verwaltung gelungen, so Monden weiter. Tatsächlich, die Plätze sind alle bereits reserviert und eine lange Warteliste gibt es auch. „Ob alle Interessenten sich nur wegen der kalten Nahwärme dazu entschieden haben, hier bauen zu wollen, ist natürlich eine andere Sache“, weiß auch der Bürgermeister.

DER WEG ZUM NEUBAUGEBIET Aber auf Anfang: Bereits vor zwei Jahren kam der Gemeinde die Idee, in die Zukunft zu investieren, das Baugebiet nahe des Waldes sollte möglichst „naturnahe“ sein. Tobias Timm, Geschäftsführer der Klimaschutzagentur Weserbergland, hatte damals im Rahmen einer Ratssitzung das entsprechende Interesse des Landes übermittelt. In einem Gespräch zwischen Vertretern der Gemeinde und des Ministeriums konnten dann die Bedingungen geklärt werden. Das Baugebiet wurde so Teil eines Pilotprojekts des Landes, somit können auch Fördergelder für die Bauten abgerufen und nutzbar gemacht werden. „Auch der Bund stellt Fördertöpfe zur Verfügung, welche Gelder

Foto: heizungsjournal.de

bis ins Wohnzimmer

wir am besten nutzen können ist noch offen“, so der Bürgermeister. Gebaut werden dürfen nur Gebäude, die nach der Energieeinsparverordnung den KfW-Förderbanksstandard 55 oder besser erfüllen. Ein Haus nach dem KfW-Standard 55 benötigt 45 Prozent weniger Primärenergie als ein vergleichbarer Neubau. Die Häuser im Dühlholzkämpe-Süd sollten möglichst gemeinsam und nachhaltig mit Energie versorgt werden.

EINE ANDERE ART DER WÄRMEVERSORGUNG Dafür kam dann die „kalte Nahwärme“ ins Spiel. Die Vorteile der kalten Nahwärme liegen in der guten Energieeffizienz und der ganzjährigen Verfügbarkeit der Umweltwärme durch die Nutzung von Grundwasser, Sole oder anderen Wärmequellen. Geringe Verluste und individuelle Anforderungen der Verbraucher sprechen für die Technologie, insbesondere bei der Erschließung von Neubaugebieten. Das Nahwärmenetz besteht dann aus einer Vielzahl von Rohren, die in der Tiefe verlegt werden. Darin zirkuliert eine Sole, die Erdwärme aufnimmt. Neben den Gewinnen über die oberflächennahe Geothermie bringt eine solarthermische Anlage über sogenannte „Kollektoren“ Wärme in das Netz ein. In den Gebäuden sind Sole- oder Wasser-Wärmepumpen installiert, die dann die Wärme verdichten.

EINE GEMEINDE MIT EINEM GRÖSSEREN ZIEL Im Neubaugebiet gilt dann der Nutzungszwang dieser Anlage. „Das macht sonst leider gar keinen Sinn“, so Monden. Auch Häuser in der Nähe können an dieses Netz angeschlossen werden. „Die einzige Voraussetzung ist ein hoher energetischer Standard des Hauses.“ Wenn alles gut klappt, soll es bereits Mitte kommenden Jahres losgehen. „Corona und auch die bürokratischen Wege haben uns ein ums andere Mal zurückgeworfen, doch jetzt steht kaum noch was im Wege“, freut sich der Bürgermeister. Auch eine Firma, die das Netz hauptamtlich betreuen soll, gibt es schon. „Die Verträge müssen noch abschließend festgezurrt werden“, mehr will Monden noch nicht verraten. Ursprünglich sollte ein Quadratmeter Bauland im „Dühlholzkämpe Süd“ knapp 75 Euro kosten, eine neue Summe konnte der Bürgermeister noch nicht nennen. „Wir wollen das Ganze natürlich bezahlbar lassen – verdoppeln soll sich der Preis sicher nicht.“


Nachhaltig leben in Schaumburg

Wenn die fallen

Blatter Laubbläser und Laubsauger: Viel Schaden, wenig Nutzen

Laubsauger erleichtern zwar die Arbeit von Gartenbesitzern. Sie sind aber auch sehr laut – und gefährlich für kleine Tiere. Foto: dpa

Mit Laubbläsern und Laubsaugern lassen sich Gärten und Freiflächen am Haus im Herbst von abgefallenen Blättern befreien. Die Anschaffung will jedoch überlegt sein – nicht nur aus finanzieller Sicht. Bunte Blätter, raschelndes Laub: Der Herbst bietet in Gärten mit Bäumen und Sträuchern ein sinnliches Erlebnis – und ihren Besitzern oft viel Arbeit. Denn nicht jeder mag es, wenn Beete, Wege und Rasen unter einer Laubdecke verschwinden. Laubbläser und -sauger können dann helfen, Flächen von Herbstlaub zu befreien. „Wer mit einem Laubbläser arbeitet, muss sich nicht bücken und kann schnell viel Laub oder andere Reste im Garten und auf dem Hof bewegen“, sagt Marja Rottleb vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu). Abgesehen davon bietet diese technische Lösung aus Sicht der Naturschützerin aber keine weiteren Vorteile – stattdessen aber viele Nachteile.

ARBEITSERLEICHTERUNG ZULASTEN VON TIER UND NATUR Geräte mit Benzinmotoren gelten als besonders leistungsstark, aber auch als gesundheitsschädigend. „Laubsauger haben keinen Katalysator“, erläutert Philip Heldt,

Referent für Ressourcenschutz bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. „Man atmet neben dem aufgewirbelten Feinstaub also auch die Abgase aus dem Motor direkt ein, wenn man das Gerät im Betrieb auf Brusthöhe hält.“ Auch der Lärm sei nicht zu unterschätzen. „Mit einem Pegel zwischen 80 und 110 Dezibel ist der Motor so laut wie ein Presslufthammer oder eine Kettensäge.“ Der Verbraucherschützer empfiehlt daher, beim Einsatz Schutzbrille, Mund- und Ohrenschutz zu tragen – auch wenn das für Privatpersonen nicht vorgeschrieben sei. Zudem dürfen die Geräte nur zu bestimmten, von der Kommune vorgegebenen Zeiten eingesetzt werden. Der Lärm kann aber nicht nur menschliche Anwohner und Gartennachbarn stören, sondern auch Tiere stressen – insbesondere Vögel. „Speziell in der Brutperiode im Frühjahr sowie im Herbst – also der Zeit, in der Tiere eigentlich Energie sparen müssen für den Winter – kann der Lärm sehr schädlich sein“, erklärt Rottleb. Mögliche Alternativen sind nach Angaben der Naturschützerin Laubbläser mit Akku oder Elektroantrieb. „Modelle mit Akku sind leiser, aber leistungsschwächer und sehr teuer“, weiß Held. „Elektrische Laubbläser sind günstiger, beim Einsatz ist man jedoch an das Kabel gebunden.“

LAUB IM GARTEN SINNVOLL NUTZEN Den Experten zufolge sollte das Laub keinesfalls nur als Abfall gesehen werden. „Falllaub ist ein nützliches und kostenfreies Geschenk der Natur“, sagt Sandra von Rekowski vom Bundesverband Deutscher Gartenfreunde. Ihr Tipp: „Das Laub sollte im Haus- und Kleingarten lieber sinnvoll genutzt werden, als es ungenutzt zu beseitigen.“ So biete Laub zum Beispiel Igeln und anderen kleinen Säugetieren, Insekten, Reptilien und Amphibien einen Unterschlupf für Herbst und Winter. „Ein Laubhaufen sollte in keinem Garten fehlen“, macht die Gartenexpertin deutlich. Diesen sollte man jedoch von Hand mit Rechen, Besen, Harke und Schaufel zusammentragen. „Denn der Luftstrom von Laubbläsern kann bis zu 200 Kilometer pro Stunde erreichen und für viele kleine, auf dem Boden lebende Lebewesen wie Insekten, Spinnen, Schmetterlingslarven, Asseln und Tausendfüßer tödlich sein.“

• barrierefreie Bäder • Heizung • Sanitär • Notdienst

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Nachhaltigkeit

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brummt

Fleißige Bienchen im Einsatz für die Umwelt von Tina Bonfert

Bei Nutztieren denken wahrscheinlich die wenigsten an sie. Jeder profitiert von ihrer Arbeit, aber nur die wenigsten wissen, welch wichtigen Dienst sie der Menschheit erweisen. Das sprichwörtliche „fleißige Bienchen“ sorgt für blühende Landschaften, Nahrungsmittel und Artenvielfalt. Ökologisch wichtig sind dabei vor allem die immer seltener werdenden Wildbienen, aber auch Honigbienen sind nicht zu unterschätzen. Und auch finanziell wären die Insekten – vorausgesetzt sie würden für ihre Arbeit bezahlt werden – nicht gerade Geringverdiener. Experten zufolge entspricht die Bestäubungsarbeit der Bienen in Landwirtschaft und Gartenbau einem Wert von einigen Milliarden Euro. Nils Hinse, Imker aus Lüdersfeld, hat ein einfaches Beispiel parat: Bei einer Fläche von 18 Hektar Raps könnten Honigbienen auf den Feldern für einen Mehrwert von rund 23.000 Euro sorgen, rechnet er vor. Jedoch sind es weniger die finanziellen Aspekte, die seine Begeisterung für die Insekten ausmacht, denn ohne Leidenschaft geht es dabei nicht. „Das ist unheimlich viel Arbeit und der finanzielle Lohn ist gering“, räumt der 29-Jährige ein.

Wenn Imker ihren Honig für fünf bis acht Euro verkaufen, bleibe für sie am Ende kaum etwas übrig. Nicht umsonst sei der Ertrag von bis zu 30 Bienenvölkern steuerbefreit. „Müssten wir das versteuern, bliebe nichts mehr übrig“, erklärt Hinse, der eher von einem Taschengeld spricht, das er durch den Verkauf von Honig und anderen Imkereiprodukten verdient. „Ich finde das cool und würde es auch nicht wieder abgeben“, sagt er, „aber mit meinem Wissen von heute würde ich es nicht noch einmal machen – so hart es auch klingt.“ Doch aufgeben ist keine Option. Die Imkerei ist bei Hinses quasi ein Familiengeschäft. Nils Hinse, der hauptberuflich als Webdesigner arbeitet, hat die Bienen im vergangenen Jahr von seinem Opa übernommen und das Geschäft stetig erweitert. Immer mehr spielt dabei auch Nachhaltigkeit eine Rolle. Doch das macht die Arbeit nicht gerade einfacher. Dabei gehe es nicht nur darum, auf Honiggläser statt Plastikflaschen zu setzen. Auch in der Produktion kann man einiges tun. Das beginnt schon bei der Anzahl der Völker. Der gewöhnliche Industriehonig aus dem Supermarkt stamme aus „Massentierhaltung“, erklärt der 29-Jährige. Das ist jedoch nicht im herkömmlichen Sinne gemeint. Dabei geht es nicht etwa um enge

Mikel Gillmann (links) und Nils Hinse kennen sich bereits seit der Kindheit. Seit einem Jahr kümmern sie sich gemeinsam um die Honigbienen. Fotos: Nils Hinse


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Nachhaltig leben in Schaumburg

Käfighaltung und wenig Bewegungsfreiheit. „Bienen lieben diese Enge“, so Hinse. Doch könne man bei solchen Mengen den einzelnen Bienen beziehungsweise Völkern nicht mehr gerecht werden. Die Industrie kaufe den Honig bei Imkern aus der ganzen Welt, der komme dann in eine große Trommel, wo es bei der Mischung vor allem darauf ankommt, dass der Honig immer die gleiche Farbe hat. Und auch ein weiterer Aspekt unterscheidet die Handarbeit der heimischen Imker von der industriellen Honig-Produktion: Der Industriehonig wird Hinse zufolge abgekocht, der Honig vom Imker hingegen in der Regel nicht über 40 Grad erhitzt. Der Grund: Wird der Honig gekocht, verfliegen die Nährstoffe und es bleibt eigentlich nur noch Zuckersirup übrig. Dieser ist aber immer flüssig – genauso wie industriell produzierter Honig sein soll. Honig heimischer Imker ist fest. Und gesünder ist der regional hergestellte Honig allemal, schildert Hinse. Zudem müsse er nicht um die halbe Welt geflogen werden und durch das geringere Erhitzen werde auch noch Energie gespart. Nachhaltigkeit ist dem Lüdersfelder auch in anderen Bereichen wichtig. Zum Beispiel beim Gewinnen des Wachses aus alten, von außen nach jahrelangem Einsatz oft verschmutzten Waben. „Das wird in der Regel mit einem sogenannten Dampfwachsschmelzer gewonnen“, erklärt Hinse. In Lüdersfeld wird dafür gerne die Kraft der Sonne genutzt. Dabei werden Glasbehälter mit den Waben in die Sonne gestellt, das saubere Wachs schmilzt und fließt ab. Da die Arbeit aber

meistens im Winter anfällt, wenn die Bienen die Produktion eingestellt haben, könne nicht ausschließlich auf Sonnenkraft zurückgegriffen werden. „Aber wir achten bei allen Schritten immer auch auf eine nachhaltige Alternative“, betont Hinse. Und auch bei den Waben, die Imker den Bienen vorgeben, weil sie dadurch ordentlicher angeordnete und kleinere Zellen haben, greift der Hobbyimker gerne auf eine selbst gebaute Presse als Alternative zu den elektrischen Geräten zurück. Verbraucher können natürlich auch ihren Beitrag leisten und den Bienen zum Beispiel mit Blumenwiesen Lebensraum und Nahrungsquelle bieten. Oder auf Honig aus dem Glas setzen. Bei der Wiederverwendung ist jedoch Vorsicht geboten. Denn Gläser, die nicht richtig gereinigt wurden und dann ins Altglas gelangen, können zur Gefahr werden. Vor allem bei Honig aus dem Ausland können Hinse zufolge noch Sporen der Amerikanischen Faulbrut vorhanden sein, die von den heimischen Bienen aufgenommen werden und dann das gesamte Volk anstecken. Aber auch bei anderen Produkten bieten Imker nachhaltige Alternativen. Zum Beispiel Wachstücher, die zu Omas Zeiten noch weit verbreitet waren, liegen mittlerweile wieder im Trend. Und so leistet die Biene nicht nur die Bestäubungsarbeit und sorgt für leckeren Honig, sondern produziert auch noch nachhaltige Verpackungsmaterialien oder den Rohstoff für natürliche Kerzen und Seifen. Ein richtiger Allrounder. www.imkerei-hinse.de

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Elektronik und Nachhaltigkeit: Nicht jedes Altgerät ist Der Elektroschrott-Berg wächst und wächst. Ein unumkehrbarer Trend? Nicht unbedingt: Auch ältere Geräte können oft weiter gute Dienste leisten – oder sogar noch die Haushaltskasse klingeln lassen.

E Schrott

Ob groß oder klein: Natürlich gehören Elektrogeräte am Ende ihre Lebenszyklus nicht einfach in den Mülleimer oder an den Straßenrand. Schließlich stecken wertvolle Rohstoffe drin, oft eben aber auch Schadstoffe. Recycling und fachgerechte Entsorgung sind hier gefragt. Nachhaltiger ist es aber, Elektroschrott zu vermeiden, indem man repariert, weiterverwendet, verschenkt oder verkauft. Wegwerf-Alternativen im Überblick:

DIE REPARATUR Ob Kaffeemaschine, Notebook, Toaster oder Handy: Geht ein Gerät nach Gewährleistungs- und Garantiezeit kaputt und erscheinen die Reparaturkosten beim Hersteller oder in der Fachwerkstatt zu hoch, ist Selbsthilfe immer eine Option. Offene Werkstätten gibt es seit Jahrzehnten. Relativ neu ist aber der Trend, etwas gemeinsam im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung zu reparieren – „im Austausch mit anderen und als bewusstes Zeichen wider den Wegwerfwahn“, wie es jene Stiftung formuliert, die hinter dem Netzwerk Reparatur-Initiativen steht, das online Termine für Reparatur-Events veröffentlicht. Darunter sind auch die als Repair-Cafés bekannt gewordenen Treffen, bei denen versierte Laien oder Profis schraubenden Verbrauchern zur Seite stehen. Ein Bastler-Dorado sind zudem Videoplattformen wie Youtube oder Seiten wie Ifixit, wo es Schritt-für-Schritt-Anleitungen für die Reparatur aller möglichen Schäden und Geräte gibt.

DAS WEITERNUTZEN Auch wenn es schon wieder ein neues Smartphone-Topmodell gibt und im Elektronikmarkt ein noch größerer Fernseher als daheim zum Kampfpreis lockt: Verbraucher sollten immer sehr genau überlegen, ob sie ein neues Gerät wirklich brauchen oder ob das alte nicht noch genügt. Denn schon der ökologische Fußabdruck an Rohstoffen und Energie, die neue Geräte durch Produktion und Transport hinterlassen, ist meist enorm. Gemessen an der Energiebilanz für Herstellung und Betrieb müssten Waschmaschinen wenigstens 17 Jahre genutzt werden, bis sich ein Neukauf aus Umweltsicht annähernd lohnt, wie aus einer Studie des Europäischen Umweltbüros (EEB) hervorgeht, dem Dachverband von mehr als 140 Umweltorganisationen aus ganz Europa. Bei Notebooks sind es sogar mindestens 20 und bei Smartphones sogar mindestens 25 Jahre.

DAS TEILEN

Zum Vermeiden von Elektroschrott ist auch das gemeinsame Nutzen von Geräten sinnvoll - egal, ob man sie tauscht, verleiht oder teilt. Viele Geräte nehmen daheim nur Platz weg und werden höchst selten benutzt. So wie etwa eine Bohrmaschine. Nach Schätzungen des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) ist so ein Gerät während seiner Lebenszeit nur 45 Stunden in Gebrauch, obwohl 300 Stunden durchaus möglich wären. Daher lohnt die Überlegung, ob man bestimmte Geräte nicht auch ausleihen kann oder sie gleich gemeinsam zum Teilen mit Freunden oder Nachbarn anschafft.

DAS UMNUTZEN Auch wenn man feststellt, dass Handy, Computer oder Notebook vielleicht nicht mehr die persönlichen Anforderungen an die ursprüngliche Nutzung erfüllen, ist kreatives Um- und Weiternutzen immer noch eine Möglichkeit. Ein alter Rechner – egal ob PC oder Notebook – kann oft zum Zweitgerät, Netzwerkspeicher oder Medienserver werden. Und ein ausgemustertes Smartphone kann eine ältere Anlage mit Streaming-Musik aus dem Internet versorgen oder mit Hilfe von Apps als Babyphon oder Webcam fungieren. Und ein alter Router lässt sich vielleicht noch zum ohnehin dringend benötigten WLAN-Repeater umfunktionieren.

DAS WEITERGEBEN „Prüfen Sie, ob Ihr ausgemustertes Gerät nicht für eine Zweitnutzung infrage kommt“, rät das Umweltbundesamt (UBA). Das kann zum einen die Weitergabe an Menschen sein, die das jeweilige Gerät noch gebrauchen können: Tablets sind etwa für ältere Menschen, die gerade mit Computer und Internet starten, eine gute Alternative zu klassischen Rechnern, können aber mit altersgerechten Apps auch für Kinder interessant sein. Ebenso gilt es zu prüfen, ob sich der Verkauf per Kleinanzeige auf einem Onlinemarktplatz oder Ankauf-Dienstleister noch lohnen könnte. Umgekehrt kann man anschließend mit einem Gebraucht- statt mit einem Neukauf viel für die Umwelt tun. Und: „Wenn es nicht das neuste Gerät sein muss, können Sie mit einem gebrauchten Smartphone viel Geld sparen“, gibt das UBA zu bedenken. Das gilt natürlich auch für andere Geräte vom Rasenmäher über den Fernseher bis hin zum Rechner.


Nachhaltig leben in Schaumburg

DAS ENTSORGEN: Hilft alles nichts mehr, müssen ausgediente Geräte fachgerecht entsorgt werden. Allgemein gilt: Alles mit Kabel, Akkus oder Batterien hat im Hausmüll nichts verloren. E-Schrott kann in jedem Fall bei kommunalen Sammelstellen wie auf Wertstoffhöfen oder beim Schadstoffmobil kostenlos abgegeben werden. An manchen Sammelplätzen finden sich auch spezielle Elektroschrott-Container. Die Seite Elektroschrott.de bietet eine Sammelstellen-Übersicht. Aber auch große Händler, egal ob stationär oder im Netz tätig, müssen kleine Geräte bis 25 Zentimetern

Kantenlänge selbst dann annehmen, wenn sie nicht bei ihnen gekauft worden sind, erklärt das UBA die gesetzliche Regelung. Ist ein Elektrogerät größer als 25 Zentimeter, sind Händler verpflichtet, dieses beim Neukauf eines gleichartigen Gerätes kostenlos zurückzunehmen. Wer sein Altgerät bei Lieferung eines Neugerätes mitnehmen lassen möchte, muss dies dem Händler allerdings bereits bei Abschluss des Kaufvertrags mitteilen. Die Kampagnenseite „Drop it like E-Schrott“ versucht sich darin, Entsorgungsfragen etwas bunter zu beantworten.

SelbsthilfeSelbsthifeWerkstatt Werkstatt Mülltonne Mülltonne

statt

Von Arne Boecker Wie viele Initiativen, Gruppen und Vereine hat sich auch das Stadthäger Repair-Café in eine Corona-Pause begeben. Sobald es die Pandemie-Lage erlaubt, will man im Kulturzentrum Alte Polizei wieder loslegen. Grundsätzlich ist die Resonanz auf das Angebot ausgezeichnet. Seit drei Jahren gibt es das Repair-Café in der Alten Polizei. In der Regel öffnet es einmal im Monat. Die Idee ist simpel: Defekte Gebrauchsgegenstände muss man nicht sofort wegwerfen, man kann sie in den allermeisten Fällen durchaus reparieren – so wie es früher üblich war. „Nicht zuletzt helfen wir damit, Müll zu vermeiden“, sagt Cornelia Krömer, die zusammen mit Michael Schalich das Angebot organisiert. „In unserer Wegwerfgesellschaft brauchen wir ein Recht auf Reparatur“, ergänzt Schalich. Eine Freiwilligen-Truppe nimmt in der Alten Polizei kaputte Staubsauger und Radios, Lampen und Wasserkocher, Plattenspieler und Fahrräder auseinander und setzt sie so wieder zusammen, dass sie funktionieren. Natürlich klappt das nicht immer. Die Gruppe besteht aus geduldigen und gewieften Tüftlern. „Auf etwa zehn dieser Tüftler können wir inzwischen zurückgreifen“, sagt Schalich. Das Werkzeug stellt die Alte Polizei, so mancher der Freiwilligen bringt aber Köfferchen mit eigenem Werkzeug mit. Die Einrichtung des Reparatur-Cafés diene allerdings

nicht nur der Instandsetzung, sondern setze sich auch mit dem allgemeinen gesellschaftlichen Trend auseinander, sagt Initiatorin Cornelia Krömer. „In unserer Gesellschaft gibt es mittlerweile eine Tendenz, Sachen sehr schnell wegzuwerfen.“ Ein Fön mit Kabelbruch, eine Nähmaschine mit zu starker Oberfadenspannung, eine defekte Musikanlage – sie alle sind schon in der Alten Polizei abgeliefert worden, verbunden mit der Hoffnung auf Reparatur. Entstanden sei die Idee für das neue Angebot anlässlich der Ausstellung „Blutige Handys“, die im Stadthäger Eine-Welt-Laden gezeigt worden war. Sie hatte sich mit dem Thema Kinderarbeit beschäftigt, so Krömer. Danach war es zum Austausch mit den Betreibern des Repair-Cafés in Rodenberg gekommen, bevor man in der Altern Polizei loslegen konnte. Grundsätzlich gelten Repair-Cafés als Veranstaltungsformat, bei der eine temporär eingerichtete Selbsthilfe-Werkstatt zur Reparatur defekter Alltags- und Gebrauchsgegenstände im Mittelpunkt steht. Oft wird nebenher Kaffee und Kuchen angeboten, um neue Kontakte vertiefen zu können. Dieses Angebot hält auch die Alte Polizei in Stadthagen vor. Die meisten Anbieter sind Teil des „Netzwerks Reparatur-Initiativen“. Repair-Cafés werden im Regelfall von Ehrenamtlern betrieben, was Vor- und Nachbereitung umfasst. Die Zahl der Einrichtungen in Deutschland wird auf mehr als 500 geschätzt.

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85 % wünschen sich mehr Nachhaltigkeit. Auch beim Anlegen. Investieren Sie in nachhaltige Anlagemöglichkeiten von Deka Investments. Mehr in Ihrer Sparkasse oder unter deka.de

Unterschätzen Sie die Zukunft nicht.

Für Sie und die Generation von morgen – jetzt handeln!

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Winner 2020 Bester Zertifikate Emittent Primärmarkt

DekaBank Deutsche Girozentrale. Quelle Statistik: Onlinebefragung Institut Kantar im Auftrag der DekaBank, Oktober 2019. Quellen Auszeichnungen: * Capital-Heft 03/2020; ** www.scope-awards.de/awards-2020/zertifikate-awards


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