Der Vorsorgende Sozialstaat

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Landtagsfraktion Brandenburg

Mit dem Gesicht zu den Menschen.

Der Vorsorgende Sozialstaat Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen f체r alle schaffen.

M채rkische Hefte Mai 2014

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Märkische Hefte 29 | Mai 2014


vor sieben Jahren haben wir damit begonnen, eine vorsorgende Sozial- und Gesellschaftspolitik für Brandenburg zu entwickeln. Wir wollen helfen, bevor Notlagen überhaupt entstehen. Wir wollen früher und wirkungsvoller fördern, damit spätere Probleme möglichst vermieden werden. Dabei haben wir klare Prinzipien: Wir wollen eine Gesellschaft, in der niemand zurückgelassen wird, in der alle faire Chancen bekommen und in der jeder seinen Beitrag leisten kann. Dafür engagiert sich die SPD-Fraktion im Brandenburger Landtag. In den vergangenen Jahren haben wir auf diesem Weg eine Menge erreicht: Wir haben in Brandenburg über 80 Programme und Maßnahmen zur vorsorgenden Gesellschafts- und Sozialpolitik umgesetzt. Das Land investiert dafür jedes Jahr etwa 250 Millionen Euro. Und doch bleibt noch viel zu tun. Wir wollen unsere vorsorgende Politik weiterentwickeln – für alle Menschen im Land. Unser Ziel ist es, für alle Lebensalter und alle wichtigen Übergangsphasen besondere Hilfen anzubieten. Dazu haben wir konkrete Maßnahmen, Programme und Instrumente entwickelt, die in den unterschiedlichen Lebensphasen zum Tragen kommen. In dieser Broschüre ziehen wir eine Zwischenbilanz über den vorsorgenden Sozialstaat in Brandenburg. Zugleich blicken wir voraus und sagen, welche Aufgaben noch vor uns liegen. Denn wir wollen ein Brandenburg für alle – ein Land, das sozialen Aufstieg fördert, in dem jeder gebraucht wird. Ein Land, in dem es gerecht zugeht, mit mehr Lebenschancen für alle. Dafür werden wir auch in den kommenden Jahren arbeiten.

Klaus Ness MdL Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion

Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

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Sylvia Lehmann

Thomas Günther

Mitglied des Landtages, Solzialpolitische Sprecherin

Mitglied des Landtages, Bildungspolitischer Sprecher

Der Vorsorgende Sozialstaat in Brandenburg. Wie wir gleiche Chancen für alle schaffen Brandenburg ist ein junges Bundesland, das

wurden bestellt? Diese Zwischenbilanz bie-

in den letzten zwei Jahrzehnten eine enor-

tet eine erste Darstellung der maßgeblichen

me gesellschaftliche und wirtschaftliche

Programme, Maßnahmen und Instrumente.

Entwicklung genommen hat. Dazu zählen:

Sie zeigen, dass wir die gesellschaftlichen

eine Halbierung der Arbeitslosigkeit, ein

Herausforderungen in Brandenburg im und

deutliches Absinken der Schulabbrüche, ein

mit dem Vorsorgenden Sozialstaat bewälti-

ausgeglichenes Ausbildungsangebot, eine

gen können. Die größten Herausforderungen

positive Wirtschaftsentwicklung und ein so-

sind dabei:

lider Haushalt. 95 Prozent der Brandenburgerinnen und Brandenburger schätzen die

■■ Der demografische Wandel. Die Lebens-

Lebensqualität in unserem Land sehr. Grund-

erwartung steigt weiter. Gleichzeitig wird

lage dafür ist auch ein starker Sozialstaat.

die Zahl der Neugeborenen bis 2030 um etwa ein Drittel sinken. Die Brandenbur-

Bereits 2006 hat sich Brandenburg zum Leitbild der vorsorgenden Sozial- und Ge2009

niger und älter. In den nächsten 15 Jahren

wurde

wird die Zahl der Erwerbsfähigen um ein

dieser Anspruch zur Basis des Koalitions-

Viertel, in einigen Regionen sogar um bis

vertrages. Um alle Brandenburgerinnen

zu 50 Prozent zurückgehen. Ein soziales

und Brandenburger aus allen Generationen

Miteinander der Generationen ist vor die-

sellschaftspolitik

bekannt.

und unabhängig von ihrer Herkunft bei ih-

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gerinnen und Brandenburger werden we-

sem Hintergrund unerlässlich.

rer Lebensperspektive zu fördern, bedarf es

■■ Die soziale Durchlässigkeit. Die Entwick-

eines zeitgemäßen Sozialstaates. An dem

lung von Kindern und Jugendlichen darf

Zukunftsbild einer „Chancengleichheit von

nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen.

Anfang an“ arbeiten wir seit einigen Jah-

Deshalb müssen wir, wo immer es geht,

ren intensiv. Was ist bislang im Einzelnen

Durchlässigkeit und Aufwärtsmobilität er-

erreicht worden? Welche politischen Felder

höhen. Ziel muss es sein, alle Begabungen

Märkische Hefte 29 | Mai 2014


und Talente zu fördern. Wir müssen für

Vorsorge ist mehr als eine Vision

Jede und Jeden in unserer Gesellschaft soziale Leitern aufstellen.

Vorsorge hilft. Alle einschlägigen Studien zei-

■■ Zusammenarbeit organisieren. Ein be-

gen, dass früh investiertes Geld für eine sozia-

sonderes Augenmerk müssen wir auf

le Politik gut angelegt ist. Je früher Kinder und

die Übergänge zwischen Lebensphasen

Familien unterstützt werden, umso größer

richten, um Brüche zu verhindern und

sind die Lebenschancen für alle. Insofern gilt

Weichenstellungen vorzunehmen. Un-

für uns das Credo: „Je früher, desto besser“.

terstützung und Förderung muss bruchlos erfolgen, sei es von der Familie in die

Mit der vorsorgenden Sozial- und Gesell-

Kita, von den Kitas in die Schule, von der

schaftspolitik ist ein moderner Ansatz entwi-

Schule in den Beruf oder auch von der

ckelt worden, der verhindern soll, dass soziale

Erwerbstätigkeit in die Nachberufstä-

Notlagen überhaupt erst entstehen. Es

tigkeit bzw. den Ruhestand. Staatliche

sind vor allem die großen existenziellen

Organisationen, Wohlfahrtspflege, Un-

Lebensrisiken wie Arbeitslosigkeit, Krank-

ternehmen und Zivilgesellschaft müssen

heit, Unfall, Rente und Pflegebedürftigkeit,

wie ein Rad ins andere greifen.

die einer Absicherung bedürfen.

Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

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Ergänzend dazu ist der Vorsorgende Sozial-

Schlüsselpositionen vorsorgender Sozialpolitik

staat stärker als bisher darauf gerichtet,

nehmen eine bessere Bildung und Beratung

das Eintreten von Hilfebedürftigkeit schon

in den unterschiedlichen Lebenslagen ein

im Voraus zu verhindern. Er soll Menschen

sowie eine aktivierende Arbeitsmarktpolitik

dazu befähigen, mit Umbruchsituationen

und eine Gesundheitspolitik, die Vorsorge

eigenverantwortlich und solidarisch umzu-

und den Ausbau sozialer Infrastruktur be-

gehen. Der Vorsorgende Sozialstaat will die

inhalten.

individuellen Fähigkeiten und Talente der Menschen stärken und hierfür passgenaue

Wie lässt sich Vorsorge konkret gestalten?

Unterstützung anbieten. Es geht um Ant-

Durch entsprechende Investitionen in Erzie-

worten auf die demografische Entwicklung

hung, Bildung und Gesundheit, vor allem

und Förderung für junge Familien, um die

durch eine qualitativ verbesserte Infrastruk-

Bedingungen für Eltern und Kinder im Land

tur, soll die Notwendigkeit von Nachsorge

weiter zu verbessern.

reduziert werden. Die Einbindung von ehrenamtlicher Arbeit, insbesondere über sozi-

Wenn Sozialpolitik die Menschen unter-

ale Netzwerke, kann zudem unterstützende

stützen soll, dürfen einzelne sozialstaatliche

Kräfte der Gesellschaft mobilisieren. Unser

Leistungen nicht völlig getrennt voneinan-

Motto lautet: Miteinander, füreinander, soli-

der konzipiert und verwaltet werden. Des-

darisch Handeln.

halb ist ein ressort- und politikfeldübergreifendes Handeln wichtig.

Bestes Beispiel für Vorsorgearbeit sind frühe und wirksame Interventionen im Kinder-

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Es sind vor allem Familienpolitik, Bildungs-

und Jugendbereich wie frühe Familienhilfen,

politik, Gesundheitspolitik und Arbeits-

kindliche Frühförderung oder beratende

marktpolitik, die für eine vorsorgende

Hilfen für Eltern. Damit können spätere Fehl-

Sozialpolitik maßgeblich sind. Der Vorsor-

entwicklungen vor allem in der Kita und der

gende Sozialstaat erschöpft sich aber nicht

Schule vermieden werden. Das „Netzwerk

in diesen Feldern, sondern bildet das Dach,

Gesunde Kinder“ zeigt, wie Vorsorgepolitik

unter dem sich noch weitere sozial- und

praktisch im Land umgesetzt werden kann.

rechtsstaatliche

be-

Seit 2006 sind, gefördert durch das Land,

finden. Beispielsweise spielen der soziale

verschiedene lokale Netzwerke in fast allen

Wohnungsbau,

Aufgabenbereiche

und

Landkreisen und kreisfreien Städten entstan-

Wirtschaftspolitik im weiten Sinne eben-

Infrastrukturpolitik

den. Sie haben die Aufgabe, Eltern bei der

falls eine unerlässliche Rolle.

gesundheitlich-sozialen Entwicklung ihrer

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des Vorsorgeansatzes, denn diese Strukturen können Menschen in ihren verschiedenen Lebenslagen auffangen und sie können zu den vorhandenen dauerhaften Einrichtungen des Sozialstaates (Gesundheitsamt, Sozialund Jugendamt, Jobcenter u. a.) ergänzend wirken und somit ein zusätzliches Angebot unterbreiten. Politik der Netzwerke und der Kooperation Sozialstaatliche Institutionen sind die festen Ankerpunkte unseres Sozialstaates, um individuelle Hilfe und Unterstützung zu gewähren. Damit diese Angebote genutzt werden und optimal wirken können, bedarf Kinder zu beraten und zu begleiten. Vorsorge

es jedoch gesellschaftlicher Vermittlungs-

beginnt frühzeitig, daher werden die Familien

und Unterstützungsstrukturen. Dies gilt für

bereits in der Schwangerschaft betreut. Vor-

Brandenburg als Flächenland umso mehr.

sorge heißt nicht ein vollständig neues Hilfe-

Netzwerke können eine Scharnierfunktion

system zu entwickeln, sondern vorhandene

übernehmen, indem sie zwischen staatlichen

Strukturen vor allem der gesundheitlichen

Institutionen und zivilgesellschaftlichen

und sozialen Fürsorge (auch in anderen Be-

Akteuren vermitteln. Ein gelungenes Beispiel

reiche) miteinander zu vernetzen, um wir-

dafür sind die „Netzwerk Gesunde Kinder”.

kungsvoller zu fördern. Vorsorge für jeden,

Ihre Funktion besteht darin, junge Familien

das bedeutet, dass die Netzwerkangebote

mit ihren Neugeborenen in vielfältiger Wei-

möglichst alle Kinder und ihre Familien in

se zu unterstützen. Über Netzwerke werden

den Regionen erreichen sollen. Die Angebo-

Menschen Informations-, Kooperations-,

te sind freiwillig und Familien werden aufsu-

Hilfe- und Entfaltungsmöglichkeiten in einem

chend beraten. Die jungen Familien werden

sozialen Rahmen eröffnet. Der unmittelbare

bei der Betreuung ihrer Kinder durch ehren-

Kontakt zwischen Familien sowie Patinnen

amtliche Paten und Patinnen unterstützt.

und Paten stärkt das solidarische Miteinander.

Die Einbindung des ehrenamtlichen Engagements ist ein entscheidender Moment

Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

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Darüber hinaus sollen Netzwerke aber vor

werden Ressourcen verschenkt und Prozesse

allem Menschen dazu befähigen, ihre eigenen

blockiert. Weitere Beispiele für Vernetzungs-

Kräfte zu stärken und sich ihren Herausfor-

strukturen sind die Lokalen Bündnis für Fa-

derungen und Zielen im Sinne eines guten

milien und das Bündnis Gesund aufwachsen.

Lebens selbst zu stellen. Das kann gelingen, wenn eine verlässliche Zusammenarbeit

„Keinen zurücklassen“ – Lebensphasen-

zwischen Betroffenen und hauptamtlichen

orientiertes Handeln

sowie ehrenamtlichen Expertinnen und Experten etabliert wird.

Vorsorge stiftet den größten Nutzen, wenn sie so früh, so intensiv und so zielgerichtet

Netzwerke können auch die Kooperation

einsetzt wie möglich. Dabei ersetzt sie weder

zwischen Institutionen, Organisationen und

die Politik der Nachsorge noch ist sie ein Pri-

Selbsthilfegruppen vorantreiben, und dies

vileg der frühen Lebensjahre. Ein besonderes

politikfeldübergreifend. Durch ein gemein-

Augenmerk müssen wir auf die Übergänge

sames Herangehen soll die Wirksamkeit un-

zwischen den Lebensphasen richten. Unter-

serer Sozialpolitik erhöht werden, denn sonst

stützung und Förderung muss bruchlos er-

Unser Erfolg in der Schulpolitik

In dieser Wahlperiode hat das Land 2.800 neue Lehrerinnen und Lehrer eingestellt – so viele wie noch nie zuvor. Das ist ein wichtiger Baustein für gute Bildung an unseren Schulen.

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folgen, sei es beim Übergang von der Familie

Vorsorgende Politik weiterentwickeln

in die Kita, von der Kita in die Schule, von der Schule in den Beruf oder vom Erwerbsleben

Aufgrund der bisherigen Erfahrungen wollen

in die Nachberufstätigkeitsphase. Staatliche

wir die vorsorgende Politik konsolidieren und

Organisationen müssen wie ein Rad ins ande-

weiterentwickeln. Dabei werden wir einen

re greifen und von Netzwerken wo nötig und

Schwerpunkt auf die Jugendphase setzen: Wir

hilfreich unterstützt und ergänzt werden.

denken dabei an den Übergang von der Schule in die Ausbildung, an den Übergang an die

Ob der Übergang von der Kita in die Grund-

Hochschulen aus bildungsferneren Schichten

schule, von der Schule in die berufliche Aus-

sowie an die ersten Ausbildungsjahre. Des-

bildung und dann in den Arbeitsmarkt oder

halb haben wir Projekte vorbereitet, die sich

vom Erwerbsleben in die Phase der Nachbe-

der Berufsvorbereitung und der besonderen

rufstätigkeit bzw. den Ruhestand gelingt, hat

Hilfe für den Ausbildungserfolg widmen.

maßgeblichen Einfluss auf die individuellen Lebensperspektiven. Denn diese Übergänge

Viel erreicht, aber noch viel zu tun!

im Erwerbs- und Privatleben sind immer wieder mit größeren Risiken verbunden, und ein

Vorsorgende Politik ist nicht von heute auf

Scheitern kann weitreichende Konsequenzen

morgen zu etablieren. Sie ist ein sozialer und

mit sich bringen. Der Vorsorgende Sozialstaat

politischer Prozess, den wir mit großem En-

bietet ein umfassendes Hilfs- und Unterstüt-

gagement aufgenommen haben. Wir werden

zungsinstrumentarium für Jeden, damit kriti-

eine vorsorgende und inklusive Perspektive

sche Momente wie Schulabbruch, Arbeitslosig-

für unsere Gesellschaft nur Stück für Stück

keit, Krankheit oder Pflegebedürftigkeit besser

entwickeln können. Unser Ziel besteht darin,

bewältigt werden können.

für alle Lebensalter und alle wichtigen Übergangsphasen besondere Hilfen und Angebote

Damit Vorsorge gelingen kann, werden für

zu entwickeln. Fragen der Gleichstellung, In-

die verschiedenen Lebensphasen alters- und

klusion und Integration werden wir in diese

lebenslagenspezifische Hilfen angeboten. Ge-

Angebote stets einbeziehen. Denn es geht

zielte Unterstützungsangebote und soziale

um eine Gesellschaft, in der niemand zurück-

Netzwerkarbeit in diesen Übergängen können

gelassen wird und jede und jeder faire Chan-

präventiv wirken, um Kinder, Jugendliche und

cen erhält, um seiner selbst willen, aber auch

Erwachsene in den verschiedenen Lebenspha-

um einen eigenen gesellschaftlichen Beitrag

sen zu befähigen, selbstbestimmt und erfolg-

leisten zu können.

reich ihr Leben zu gestalten.

Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

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Lebensphasen 1

Schwerpunktbereiche

Frühe Lebensphase Kindheitsphasen

Frühförderung

Frühe Kindheitphase

(Baby- und Kleinkindalter bis 3 Jahre)

Außerfamiliale Betreuung, Förderung, Bildung und Erziehung in KITA oder durch Tagespflegeperson

Leben eines Kindes in Familien

Gesund Aufwachsen

Mittlere Kindheitphase (3 Jahre bis Einschulung)

Individuelle Förderung

Schulbildung

Späte Kindheitphase (Grundschulalter)

2

3

Jugendalter

(Frühe Jugend/Pubertät)

Berufsorientierung

Kultur-/Freizeit-/ Bildungsangebote im Freizeitbereich

Beziehungen zu Freunden

Jüngeres und

Berufsausbildung/Studium

Familienleben

Mittleres Erwachsenenalter

Erwerbstätigkeit

Vielfalt der Familienformen

Vereinbarkeit Familie/Erwerbstätigkeit/Pflege Berufliche Entwicklung/ Weiterbildung

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Älteres Erwachsenenalter

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Nachberufstätigkeit Bürgerschaftliches Engagement Individuelle Selbstverwirklichung

Heranwachsen der Kinder

Generationsübergreifendes Familienleben Gesund alt werden


Übergänge und besondere Lebenssituationen Geburt eines Kindes

Chancen- und Bildungsgerechtigkeit unabhängig von sozialer Herkunft/Geschlecht/ Behinderung/ Migrationshintergrund

Aufnahme in KITA oder andere Betreuung außerhalb der Familie

KITA-Grundschule

Grundschule – Sek I Sek I – Sek II

Sek I – Ausbildung Sek II – Ausbildung

Finanzielle Unabhängigkeit/Selbstverwirklichung

Auszug aus dem Elternhaus Hochzeit/Partnerschaft Familiengründung (Elternschaft) nach Singleleben oder Partnerschaft

Potenzielle Risiken: Eintritt von Arbeitslosigkeit Trennung/Scheidung

Beruflicher Wiedereinstieg nach Familiengründung

Eintritt von Pflegebedürftigkeit bei Eltern

Beginn Weiterbildung

gesellschaftliche Teilhabe Selbstbestimmtheit

ErwerbstätigkeitNachberufstätigkeit/Ruhestand

Auszug der Kinder Eintritt von Unterstützungs- und Pflegebedürftigkeit Tod von Angehörigen und Freunden

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Der Vorsorgende Sozialstaat in Brandenburg. Eine Zwischenbilanz 1. die frühe lebensphase

Gesund aufwachsen Chancen- und Bildungsgerechtigkeit müssen unabhängig sein von der sozialen Lage, vom Geschlecht,

vom

Migrationshintergrund

oder einer Behinderung. Chancengleichheit in der Bildung ist vor allem durch die Förderung guter Kitas und Schulen zu erreichen. Eine gute medizinische Betreuung von Kindern ist die Grundlage für einen guten Start ins Leben. Durch Netzwerke, engere Kooperationen und aufeinander abgestimm-

In allen Kindheitsphasen von der Geburt bis

te Versorgungs-, Präventions- und Gesund-

zum Ende der Grundschulzeit bildet die

heitsförderungsangebote sind die Rahmen-

Familie den zentralen Ort zur Sicherung des

bedingungen für ein gesundes Aufwachsen

kindlichen Wohlbefindens. Das Zusammen-

von Kindern zu optimieren. Dazu gehören

leben von Kindern und Eltern steht im Mit-

Kindergesundheit und Kinderschutz ebenso

telpunkt. Die Familie ist neben Kindertages-

wie eine frühe individuelle Förderung und

stätten für das Kind der entscheidende Ort

die Verhinderung von Armutsrisiken.

von Bildung, Betreuung und Erziehung.

Kinder brauchen ein stabiles familiäres Um-

In der mittleren Kindheitsphase (bis Schulein-

feld, unabhängig davon ob sie in (Ursprungs-)

tritt) erweitert sich der Lebensraum des Kin-

Familien, mit Pflegeeltern oder in betreuten

des. Insbesondere wenn Eltern wieder einer

Wohneinrichtungen leben. Unbeeinflusst von

Erwerbstätigkeit nachgehen, finden Bildung,

der sozialen Lage und der finanziellen Situa-

Betreuung und Erziehung des Kindes zum

tion seiner Familie sollen jedem Kind gleiche

Beispiel auch in Kindertageseinrichtungen

Zugangsmöglichkeiten zur gesundheitlichen

oder durch Tagespflegepersonen statt.

Versorgung und zur Bildung geboten werden.

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Was wir tun. Unsere Maßnahmen für die frühe Lebensphase. ■■ Für die Gesundheit und den Schutz von Kindern ·· Früherkennungs- und Gesundheitsvorsorgeuntersuchungen ·· Leitfaden zur Früherkennung von Gewalt gegen Kinder und Jugendliche ·· Netzwerke Frühe Hilfen und Familienhebammen ·· Frühförderung für behinderte und entwicklungsgestörte Kinder ·· Netzwerk Gesunde Kita: Mittelansatz für 2012-2014 jeweils 30.000 Euro ·· Netzwerkstelle Schulverpflegung ·· Bündnis Gesund Aufwachsen ■■ Für gute Erziehung, Bildung und Betreuung und Versorgung in Kitas, Tagespflege, ElternKind-Gruppen ·· Absenkung des Betreuungsschlüssels in Kita-Einrichtungen ·· Sprachstandsförderung ·· Investitionen in die Ausbildung von Erzieher/innen (u.a. Versechsfachung

der Fachschulausbildung)

·· Fachhochschulausbildung „Bildung und Erziehung in der frühen Kindheit“ ·· Eltern-Kind-Gruppen ·· Kooperation Kita-Schule ■■ Für gute Schulbildung ·· Verbesserung der Leistungsergebnisse über verbindliche Standards ·· Landeshortkonzeption ·· Ganztagsschul-Programm ■■ Für gute Bildung für alle: Für Kinder und Jugendliche mit einer Lern- oder geistigen Behinderung, einer körperlichen Behinderung oder einer langfristigen Erkrankung ·· Integrations-Kitas ·· Förderschulen/Schulen mit sonderpädagogischem Bedarf ·· Eine Schule für alle ■■ Für die Förderung von besonderen individuellen Fähigkeiten und Begabungen ·· Projekt „Lesestart“ ·· Förderprogramm „Musische Bildung für alle“ – Musikschulen/Kunstschulen:

Mittelansatz für 2012-2014 jeweils 1,3 Millionen Euro

·· Förderung von Bibliotheken ·· Sportförderung

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Die späte Kindheitsphase beginnt mit der

Netzwerke Gesunde Kinder

Einschulung des Kindes. Bildung und Erziehung werden nun verpflichtend in der

Das Land Brandenburg fördert seit 2006 den

Schule wahrgenommen. Neben Familie und

Aufbau regionaler „Netzwerke für Gesunde

Schule treten weitere Erfahrungsbereiche

Kinder“. Wir tun das, um auch weiterhin ein

für das Kind, wie der Besuch eines Hortes,

kinderfreundliches Klima in Brandenburg

die Nutzung von Angeboten in der Freizeit

zu schaffen, um jungen Menschen Mut zu

(Vereine, Sport, Musikschulen, Angebote der

machen, ihre Kinderwünsche zu verwirkli-

offenen Kinderarbeit), gemeinsame Zeiten

chen, und um ein gesundes und sozialver-

mit Freunden. Auch der Einfluss von Medien

trägliches Aufwachsen von Kindern zu

verstärkt sich in dieser Altersphase.

ermöglichen.

Netzwerke Gesunde Kinder

Derzeit gibt es 18 Netzwerke Gesunde Kinder an 30 Standorten in fast allen Landkreisen und kreisfreien Städten in Brandenburg. In diesen Netzwerken sind etwa 1.200 ehrenamtliche Patinnen und Paten bzw. Lotsinnen und Lotsen und 25 Hebammen tätig. Sie begleiten insgesamt 4.200 Familien.

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Das Ziel der Netzwerke ist es, die gesund-

60.000 und jede kreisfreie Stadt mit derzeit

heitlich-soziale Entwicklung von Kindern

30.000 Euro. Die ehrenamtlichen Patinnen

in den ersten drei Lebensjahren zu fördern.

und Paten werden einheitlich geschult, be-

Durch die Netzwerke soll die Zusammenar-

suchen die Familien und sind damit persön-

beit der Akteure im Bereich Frühe Hilfen ver-

liche Ansprechpartnerinnen und Ansprech-

netzt werden. Hierfür werden ehrenamtliche

partner der Eltern. Sie sind eine wesentliche

Patinnen und Paten als zentraler Baustein

Säule der Unterstützung von Familien.

der Netzwerke gewonnen. Niederschwellige Angebote und persönliche Beratungen sol-

„Kinder sollen gesund und glücklich

len zum Beispiel dazu beitragen, dass Vorsor-

aufwachsen. Von ihrer Gesundheit, ihrem

geuntersuchungen wahrgenommen werden

Bildungsstand und ihren Lebenschancen

oder die Beziehung zwischen Eltern und Kin-

hängt die Zukunft unseres Landes ab. “

dern unterstützt wird. Zielgruppe für diese Beratung und Begleitung sind Schwangere,

(aus der „Potsdamer Erklärung zur Kindergesundheit“ 2009)

Mütter, Väter und Erziehungsberechtigte. Die Netzwerke Gesunde Kinder umfassen

Netzwerke weiter ausbauen

alle regionalen Akteure und Leistungen von Gesundheit und Familie. Zu den Akteuren ge-

Die Reichweite der regionalen Netzwerke

hören niedergelassene Gynäkologinnen und

unterscheidet sich stark und reicht von

Gynäkologen, Hebammen, geburtshilfliche

50 Prozent bis zu weniger als zwei Prozent

Kliniken, klinisch tätige und niedergelassene

bei neueren Netzwerken. Die berechnete Ge-

Kinderärztinnen und -ärzte, Gesundheits-,

samtreichweite der Netzwerke liegt in den

Jugend- und Sozialämter, Schwangerschafts-

Einzugsgebieten im Land bei etwa 19 Pro-

konfliktberatungsstellen,

Physiotherapeu-

tinnen und -therapeuten, Logopädinnen und

zent. Fast 7.000 Familien und Kinder wurden bisher erreicht.

Logopäden, Sozialpädiatrische Zentren und Frühförderstellen.

Die Unterstützung der erfolgreichen Arbeit der regionalen Netzwerke Gesunde Kinder

1.200 ehrenamtliche Patinnen helfen

wird im Rahmen des Familien- und Kinderpolitischen Programms der Landesregierung

Die regionalen Netzwerke Gesunde Kinder

vom August 2011 fortgesetzt. Andere Bun-

haben sich als sehr gute Instrumente zur Kin-

desländer wie Rheinland-Pfalz und Hessen

der- und Familienbegleitung bewährt. Das

orientieren sich mittlerweile in der Frühen

Land fördert jeden Netzwerk-Landkreis mit

Hilfe am Brandenburger Modell. Wir wollen

Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

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die Netzwerke Gesunde Kinder in der ge-

■■ Bewegung, Ernährung, Stressbewältigung

samten Fläche Brandenburgs etablieren. Im

■■ Frühe Hilfen und Pädiatrische Versorgung

Mittelpunkt der Arbeit in den nächsten Jah-

■■ Unfall- und Gewaltprävention

ren geht es uns darum, das erfolgreiche Mo-

■■ Seelische Gesundheit

dell der Patenarbeit nachhaltig zu sichern,

■■ Mundgesundheit

erfolgreiche Strukturen zur Teilnehmergewinnung herzustellen, eine überregionale Koordinierungsstelle zur Bündelung des zivilgesellschaftlichen Engagements einzurichten sowie die Qualität der Netzwerk-Arbeit weiter zu steigern. Bündnis Gesund Aufwachsen in Brandenburg Im Bündnis Gesund Aufwachsen (BGA) haben sich mehr als 60 staatliche und nichtstaatliche Akteure, wie zum Beispiel Krankenkassen, Wohlfahrtsverbände, die Rentenversicherung, der Städte- und Gemeindebund, die Landesärztekammer und der Landesverband

Früherkennungs- und Vorsorgeunter-

der Kinder- und Jugendärzte auf Initiative

suchungen

des Gesundheitsministeriums zusammengeschlossen. Ziel ist es, die gesundheitliche

Vorbeugen ist besser als Heilen. Deshalb setzt

Lage von Kindern und Jugendlichen im Land

vorsorgende Sozialpolitik auf Prävention. Des-

Brandenburg zu analysieren, Defizite in der

halb sind die Früherkennungs- und Vorsorge-

Prävention, der Früherkennung, Frühförde-

untersuchungen für Kinder und Jugendliche

rung sowie der ambulanten und stationären

so wichtig. Deren Ziel ist es, präventive Maß-

pädiatrischen Versorgung aufzudecken und

nahmen wie Schutzimpfungen vorzunehmen,

gemeinsam Ziele und Maßnahmen zur Ver-

Krankheiten, Entwicklungsauffälligkeiten und

besserung der Angebote zu vereinbaren.

(drohende) Behinderungen zu erkennen sowie den medizinischen Handlungsbedarf und ins-

Handlungsfelder und Arbeitsgruppen des Bündnisses sind:

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Märkische Hefte 29 | Mai 2014

besondere den Frühförderbedarf festzustellen.


Um die zeitliche Lücke nach der Schuleingangs-

Immer mehr Kinder nehmen an Vorsorge-

untersuchung im Sinne der Kindergesundheit

untersuchungen teil

zu schließen, sollten jedoch alle bereits vorhandenen Untersuchungsangebote, auch die

In Brandenburg wurde 2008 ein zentrales

der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte, be-

Einladungs- und Rückmeldewesen für die

rücksichtigt werden, um so die bereits vorhan-

Vorsorgeuntersuchungen U6-U9 sowie die

denen Möglichkeiten besser miteinander zu

J1-Untersuchungen eingeführt. So behält

verbinden. Die Landesregierung setzt deshalb

man den Überblick über alle Termine, ver-

auf vermehrte Aufklärung und Information.

schickt Einladungen zu den Untersuchungen und erinnert gegebenenfalls nochmals dar-

Des Weiteren sollten von allen Krankenkas-

an. Dass es funktioniert, zeigen die Teilnah-

sen neben den gesetzlich vorgeschriebenen

mezahlen, die sich seitdem ständig erhöhen.

Vorsorgeuntersuchungen auch die U10 (7-8

Bei der U8 stiegen sie sogar von 79 Prozent

Jahre), U11 (9-10 Jahre) und die J2 (16-17 Jahre)

auf 86 Prozent an. Um noch mehr Familien

als Standardleistung werden. Kinder, dieangeboten bis zur Einschulung

zur Teilnahme zu bewegen, wird der Infor-

an allen Vorsorgeuntersuchungen mationsaustausch weiter optimiert.

teilgenommen Damit könnten alle Kinder haben: und Jugendlichen dieses Untersuchungsangebot, unabhängig von der finanziellen Situation, wahrnehmen.

Kinder, die bis zur Einschulung an allen Vorsorgeuntersuchungen teilgenommen haben:

72%

80%

82%

83%

87%

2004

2006

2008

2010

2012

Vorbeugen ist besser als Heilen. In Brandenburg wurden 2008 ein zentrales Einladungs- und Rückmeldewesen für die Vorsorgeuntersuchungen U6-U9 sowie die J1-Untersuchungen eingeführt. Dass dieses System funktioniert, zeigen die Teilnahmezahlen, die sich seitdem ständig erhöhen. Quelle: LUGV

Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

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Sprachstandsfeststellung und -förderung

förderung) und zugleich die Stärken der Kinder systematisch zu fördern.

Sprachkompetenz ist eine der wichtigs-

18

ten Voraussetzungen für nachhaltige Bil-

Sprachstandsfeststellung und Sprachförde-

dungserfolge. Sie ermöglicht nicht nur

rung haben zum Ziel, dass alle Kinder beim

soziale Teilhabe, sondern bildet die Grund-

Übergang von der Kita in die Schule über

lage für Problemverständnis und Interak-

eine ausreichende Sprachkompetenz ver-

tion. Im Landesdurchschnitt erhalten 16

fügen, um gut in die Schullaufbahn starten

Prozent der Kinder in ihren Familien nicht

zu können. Deshalb haben wir in Branden-

genügend Anregungen für die Entwicklung

burg das Landesprogramm zur kompensa-

ihrer Sprachkompetenz. Die Sprachförde-

torischen Sprachförderung umgesetzt. Seit

rung ist umso wirksamer und nachhaltiger,

dem Schuljahr 2009/2010 ist die Teilnahme

je früher sie einsetzt und je mehr sie in

an einer Sprachstandsfeststellung und bei

das Alltagsleben der Kinder integriert ist.

Bedarf an der Sprachförderung für alle künf-

Hier bietet die Kita mit ihrem Bildungsauf-

tigen Erstklässler verbindlich. In allen rund

trag, qualifizierten Fachkräften und ent-

1.450 Kitas des Landes mit Kindern im Vor-

sprechenden Förderinstrumenten einen

schulalter stehen entsprechend qualifizierte

günstigen Ort, um Defizite zu ermitteln,

Fachkräfte für die Sprachstandsfeststellung

auszugleichen (kompensatorische Sprach-

und Sprachförderung zur Verfügung. Von

Märkische Hefte 29 | Mai 2014


den ca. 13.000 Erzieherinnen und Erziehern im Land wurden mehr als 2.800 Fachkräfte

für die kompensatorische Sprachförderung qualifiziert.

Kinder mit Sprachförderbedarf in Brandenburg 20%

18%

17%

16%

Sprachförderbedarf bei Kindern gesunken Insgesamt wendet das Land 4,5 Millionen Euro für das Landeskonzept zur Sprachförderung in den Kitas auf. Der Anteil der Kinder mit Sprachförderbedarf konnte dank der guten Arbeit in den Kitas und den zur Verfügung stehenden Ressourcen von 19,7 Prozent im Jahr 2010 auf mittlerweile rund 16 Prozent im Jahr 2013 gesenkt werden.

Im Jahr 2011 wurde außerdem das Sprachför-

2009/10

2010/11 2011/12 2012/13

Quelle: Daten (gerundet) nach Preuss-Lausitz 2012

dertagesstätten stattfinden. Dafür stehen jährlich 3,1 Millionen Euro zur Verfügung. Darüber hinaus sind mehr als 100 Kitas im Land durch das Bundesprogramm „Frühe Chancen“

der-Konzept weiterentwickelt. Ein besonde-

personell verstärkt worden, um die frühe

rer Schwerpunkt liegt jetzt bei der alltagsin-

Sprachförderung zu verbessern. Die Fach-

tegrierten Sprachförderung von Anfang an.

kräfte dieser Kitas werden neben der zusätz-

Für das Landesprogramm „Sprachberatung

lichen Qualifizierung zur Sprachentwicklung

im Setting Kita“ stehen seit 2012 ca. 1,4 Milli-

und Sprachförderung auch für die kollegiale

onen Euro jährlich zur Verfügung, mit denen

Beratung und Coachingaufgaben ausgebil-

Sprachberatung in den Kitas sowie der Auf-

det, damit sie für die Unterstützung der Kol-

bau regionaler Unterstützungsstrukturen in

leginnen und Kollegen qualifiziert sind.

den Landkreisen und kreisfreien Städten gefördert wird.

Verbesserung in Kitas und in der Kindertagespflege

Auch die kompensatorische Sprachförderung wurde weiterentwickelt. Um eine stärkere

Bereits seit dem Jahr 2000, also schon lan-

Verknüpfung mit dem Kita-Alltag zu ermög-

ge vor Inkrafttreten des bundesgesetzlichen

lichen, kann die Sprachförderung nun auch

Rechtsanspruches auf Kindertagesbetreuung

außerhalb der speziellen Sprachförderkurse

zum 1. August 2013, besteht in Brandenburg

durch besondere Angebote im Alltag der Kin-

ein Rechtsanspruch auf Bildung, Betreuung

Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

19


und Erziehung von Kindern unter drei Jahren, wenn die Eltern berufstätig, in Ausbildung oder anderweitig an der Betreuung ihrer Kin-

Landeszuschüsse für Kita-Betreuung pro Kind in Euro

der gehindert sind. Darüber hinaus gibt es im 862

Land Brandenburg einen uneingeschränkten Rechtsanspruch auf Bildung und Betreuung

594

635

854

903

666

+52%

in Kita und Hort vom vollendeten dritten Lebensjahr bis zur Versetzung in die fünfte Schuljahrgangsstufe. Wir wollen die Qualität von Bildung, Betreuung und Erziehung in den

2008

2009

2010

2011

2012

2013

Kindertagesstätten weiter verbessern. Quelle: Daten (gerundet) nach Preuss-Lausitz 2012

Besserer Betreuungsschlüssel – 1.000 neue Erzieherinnen und Erzieher

mit seit dem Jahr 2008 von 137 Millionen Euro

Im Jahr 2010 haben wir den Personalschlüs-

Die Ausgaben des Landes pro Kind stiegen in

sel für die Mindestausstattung der Kitas mit

auf 218 Millionen Euro im Jahr 2013 gestiegen. diesem Zeitraum um 52 Prozent.

qualifizierten Erzieherinnen und Erziehern verbessert. Brandenburg belegt seitdem bei

Zusätzlich unterstützt das Land die Fach-

der

kräfteausbildung mit 2,3 Mio. Euro jährlich.

Kindertagesbetreuung

bundesweit

Spitzenwerte. Wir haben in Brandenburg die

Mit 7,2 Prozent an den Gesamtausgaben von

dritthöchste Betreuungsquote bei Unter-

Land und Kommunen steht Brandenburg auf

3-jährigen bundesweit. Eine pädagogische

Platz 2 der Nettoausgaben für die frühkind-

Fachkraft bei den Unter-3-Jährigen betreut

liche Bildung und Erziehung bundesweit.

nunmehr sechs statt sieben Kinder. Bei den 3- bis 6-Jährigen ist das Betreuungsverhältnis

20

Um den Übergang zwischen den beiden Bil-

auf 12 statt vormals 13 Kinder pro Erzieherin

dungseinrichtungen optimal zu gestalten,

oder Erzieher gesenkt worden. Allein dafür

müssen die Grundschulen mit den Kitas aus

wurden im Land 1.000 zusätzliche Erzieherin-

ihrem Einschulungsbereich Kooperations-

nen und Erzieher in den Kitas eingestellt. Für

vereinbarungen schließen. Der „Gemeinsa-

die Verbesserung des Kita-Personalschlüssels

me Orientierungsrahmen für die Bildung in

werden pro Jahr zusätzlich ca. 40 Millionen

Kindertagesbetreuung und Grundschule“

Euro Landesmittel eingesetzt. Die Landesaus-

gibt der pädagogischen Arbeit in beiden Be-

gaben für die Kindertagesbetreuung sind da-

reichen einen verbindenden Rahmen. Heute

Märkische Hefte 29 | Mai 2014


Ausgaben des Landes und der Kommunen Bildung in Ausgabenfür des frühkindliche Landes und der Kommunen für frühkindliche Bildung in % der öff. Prozent der öffentlichen Ausgaben Ausgaben

den umfangreiche Maßnahmen zur Qualifizierung des Personals und zur langfristigen Sicherung des Fachkräftebedarfs im KitaBereich ergriffen:

Sachsen Brandenburg

Die Kapazitäten bei der Fachschulausbildung

Sachsen-Anhalt

für Erzieherinnen und Erzieher wurden in den

Berlin

vergangenen Jahren deutlich ausgebaut. Sie

Mecklenburg-Vorpommern

wurden von ca. 700 Erzieher-Fachschülerin-

Thüringen

nen im Schuljahr 2002/03 auf etwa 4.400 im

Rheinland-Pfalz

Schuljahr 2011/12 erhöht – Tendenz steigend.

Hamburg Baden-Württemberg

Jährlich schließen rund 1.200 Erzieherinnen

Hessen

und Erzieher diese Ausbildung erfolgreich ab

Nordrhein-Westfalen

und stehen als staatlich anerkannte Fachkräf-

Niedersachsen

te den Kindertagesstätten zur Verfügung.

Saarland Schleswig-Holstein

Hinzu kommen noch die derzeit rund 155

Bremen

Teilnehmerinnen und Teilnehmer der drei-

Bayern 0%

2%

4%

6%

8%

10%

Quelle: Daten (gerundet) nach Preuss-Lausitz 2012

jährigen Fachhochschulausbildung „Bildung und Erziehung in der frühen Kindheit“ an der Fachhochschule Potsdam. Die Absolventin-

ist der fachliche Austausch zwischen Kitas

nen und Absolventen dieses Studiengangs

und Grundschule in Brandenburg gelebte

sind für besonders qualifizierte Aufgaben in

Praxis. Die Arbeitsstelle Gorbiks-Transfer beim

der Kita – etwa in der Leitung – befähigt.

Landesinstitut für Schule und Medien BerlinBrandenburg unterstützt und berät bei der

Über die Öffnung der Kitas für Quereinstei-

Ausgestaltung der Übergangsphasen.

gerinnen und Quereinsteiger wurden seit dem Jahr 2010 mehr als 1.500 zusätzliche

Qualifizierung des pädagogischen Personals

Fachkräfte für Kitas gewonnen. Seit 2013 stehen für Quereinsteigerinnen und Quer-

Eltern erwarten zu Recht eine qualitativ

einsteiger 1,5 Millionen Euro zur Verfügung,

hochwertige Bildung, Betreuung, Erziehung

um die Kindertagesstätten bei der Qualifizie-

und eine altersentsprechende Förderung ih-

rung zu unterstützen.

rer Kinder. Um dies zu gewährleisten, wur-

Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

21


Bereits seit 2012 stehen jährlich 750.000 Euro

Lern- und Lebensort, um Alltagswissen zu

für sogenannte Konsultationskitas zur Fach-

vertiefen und soziale Kompetenz zu erlernen.

kräftequalifizierung zur Verfügung. An ge-

Brandenburg hat bereits 2003 damit begon-

genwärtig 55 Standorten entwickeln sie ein

nen, ein flächendeckendes Angebot an Ganz-

besonderes Profil für Fragen der Ausbildung

tagsschulen aufzubauen. Mit dem Auf- und

und Entwicklung pädagogischer Kompeten-

Ausbau von Ganztagsangeboten sind insbe-

zen. Sie sollen auf alle Ausbildungskitas im

sondere die folgenden Ziele verknüpft:

Land ausstrahlen und vorrangiger Ansprechpartner für die Fachschulen sein, um die Ver-

■■ Lern- und Förderangebote sind für mög-

zahnung der Ausbildungsorte Schule und

lichst viele Schülerinnen und Schüler zu ver-

Praxis weiter zu verbessern.

tiefen, um sie stärker individuell zu fördern. ■■ Gemeinsames soziales Lernen ist zu un-

Ganztagsschulen in Brandenburg

terstützen und soziale Ausgrenzung zu minimieren.

Bildung ist mehr als die Vermittlung von Fachwissen. Schule ist auch ein wichtiger

■■ Attraktive Lern- und Lebensorte sind für

junge Menschen zu schaffen.

Lust am Lesen wecken: Ina Muhß, jugendpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, liest am Vorlesetag Kindern an der Grundschule vor. Wem als Kind viel vorgelesen wird, der greift auch später selbst gerne zum Buch. So wird die Lese- und Sprachkompetenz der Kinder bereits frühzeitig gefördert.

22

Märkische Hefte 29 | Mai 2014


■■ Der persönlichen Begegnung zwischen

Jugendliche die Erreichbarkeit von kulturellen

Schülerinnen, Schülern und Lehrkräften

und sportlichen Freizeitangeboten sicherge-

sowie der Verbindung von fachlichem und

stellt. Brandenburgische Ganztagsschulen

sozialem Lernen ist mehr Raum zu schaffen.

sind in ein soziales Umfeld eingebettet, zu

■■ Die

Erreichbarkeit

jugendkultureller

dem sowohl Betriebe, Sportvereine, Musik-

Angebote ist zu sichern, insbesondere in

schulen als auch Träger freier Jugendhilfe

dünnbesiedelten Regionen.

gehören. Für Eltern lassen sich durch die

■■ Durch die Kooperation von Jugendhil-

ganztägige Betreuung ihrer Kinder Familien-

fe, Schule und anderen Trägern sind für

tätigkeit und Erwerbsarbeit einfacher mitei-

Schülerinnen und Schüler verstärkt die

nander vereinbaren.

Ressourcen, die im Gemeinwesen vorhanden sind, nutzbar zu machen.

Eine Schule für alle

■■ Für eine bessere Vereinbarkeit von Fami-

lie und Beruf der Eltern ist zu sorgen. Dies

Bildungsstudien zeigen, dass eine „gute

bedeutet insbesondere ein Angebot für

Bildung für alle“ besonders gelingt, wenn

aktive Väter.

lernstarke und lernschwache Kinder gemeinsam in einer anregungsreichen Umgebung

Zum Schuljahr 2004/2005 gab es landesweit

unterrichtet werden und ein besonderes Au-

152 Schulen im Grundschul- und Sekundar-

genmerk auf die individuelle Förderung im

stufen I-Bereich mit einem Ganztagsan-

gemeinsamen Unterricht gelegt wird. Seit

gebot, im Schuljahr 2012/2013 konnte die

fast zwei Jahren findet deshalb in 84 Grund-

Anzahl auf 422 Schulen gesteigert werden.

schulen im ganzen Land die Integration von

Insgesamt nehmen über 91.000 Schülerinnen

Schülern mit besonderen Förderbedarfen

und Schüler (46 Prozent) ein Ganztagsange-

in das normale Unterrichtsgeschehen statt.

bot wahr. Die Ganztagsschulen bieten neben

Damit machen wir einen wichtigen Schritt

verlässlichen Unterrichtszeiten zusätzliche

hin zu mehr Chancengerechtigkeit – gerade

Lern- und Förderprogramme. Sie tragen zur

auch für die Schülerinnen und Schüler, die

Erhöhung von Chancengerechtigkeit bei, da

es in unserem Schulsystem bisher besonders

ihre Angebote für alle Kinder offen stehen,

schwer hatten.

unabhängig von der Finanzsituation und dem Bildungsinteresse ihrer Eltern.

Inklusion bedeutet im Land Brandenburg eine „Schule für alle“ – eine Schule, in der jede Schü-

Besonders in ländlichen Regionen wird im

lerin und jeder Schüler sich mit ihren Stärken

Rahmen der Ganztagsschule für Kinder und

und Schwächen entfalten kann. Eine Schule

Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

23


für Kinder und Jugendliche mit speziellen

dass Schülerinnen und Schüler ein mög-

Begabungen genauso wie für diejenigen,

lichst hohes Kompetenzniveau erreichen.

die unserer besonderen Fürsorge und Förde-

Die Bildungschancen aller Jugendlichen

rung bedürfen. Um diesem Anspruch gerecht

müssen weiter verbessert werden. Ziel ist

werden zu können, hat Brandenburg unter

es, dass noch mehr junge Menschen über

anderem 100 neue Lehrerinnen und Lehrer

eine qualifizierte Berufsausbildung, ein

eingestellt, die ab sofort die Lehrerkollegien an

Studium oder eine Kombination aus bei-

den sogenannten „Pilotschulen“ verstärken.

dem auf anspruchsvolle Berufstätigkeiten vorbereitet werden. Die Zahl der Schülerin-

Ziel ist und bleibt es, das Bildungssystem

nen und Schüler ohne Abschluss ist deutlich

durch eine hohe Unterrichtsqualität mit

zu verringern. Dafür ist es wichtig, Kinder

individueller Förderung und Chancenge-

möglichst früh, umfassend und individu-

rechtigkeit für alle Kinder weiter zu ver-

ell zu fördern. Individuelle Förderung und

bessern. Die Schule der Zukunft ist die in-

Unterstützung setzen aber auch inklusive

klusive Schule als Lern- und Lebensort für

Strukturen voraus, die Bildungswege durch-

alle Kinder. Das Prinzip heißt Teilhabe aller

lässig machen.

Schülerinnen und Schüler – am gemeinsamen Lernen und an der Gemeinschaft ihrer Schule. In Zukunft wird es immer wichtiger,

24

Märkische Hefte 29 | Mai 2014


Brandenburg bei inklusiver Bildung mit

Damit soll an die guten Erfahrungen ange-

an der Spitze

knüpft werden, die bereits in den letzten Jahren mit inklusiver Bildung gemacht wur-

Brandenburg gehört zu den Ländern, die

den, neue Erkenntnisse sollen gewonnen

im Schulgesetz schon jetzt den Vorrang des

und auch Vorbehalte entkräftet werden.

gemeinsamen Unterrichts von Kindern mit

Die Pilotschulen sollen hier ansetzen, Er-

und ohne sonderpädagogischen Förderbe-

kenntnisse vertiefen und auf dem Weg zu

darf festgeschrieben und hier inzwischen

einer „Schule für alle“ eine Brückenfunktion

seit mehr als 20 Jahren wichtige Erfahrun-

übernehmen. Eine Evaluation der Universität

gen gesammelt haben. Während bundes-

Potsdam ergänzt diesen Prozess mit einer

weit im Schuljahr 2011/2012 lediglich 25 Pro-

wissenschaftlichen Bewertung. Um diese

zent der Schülerinnen und Schüler mit den

Vorhaben absichern zu können, sind für die

Förderbedarfen wie „Lernen“, „emotionale

Pilotschulen 117 zusätzliche Lehrerinnen und

und soziale Entwicklung“, „Sprache“, „kör-

Lehrer eingestellt worden. Damit werden die

perliche und motorische Entwicklung“, „Se-

Grundlagen gelegt, um in der Legislaturperio-

hen“ oder „Hören“, eine allgemeinbildende

de 2014 bis 2019 den Ausbau der inklusiven

Schule besuchten, waren es im Land Bran-

Bildung zielgerichtet fortsetzen zu können.

denburg bereits über 40 Prozent. Die noch bestehenden parallelen Systeme „Förder-

Seit dem Wintersemester 2013/2014 bietet

schulen“ und „allgemeine Schulen mit dem

die Universität Potsdam zusätzlich einen

Vorrang des gemeinsamen Unterrichts“

Studiengang für Grundschullehrerinnen und

werden wir Schritt für Schritt zu einem in-

-lehrer mit dem Schwerpunkt „Inklusion“ an.

klusiven Schulsystem weiterentwickeln. Da-

Dafür wurden fünf Professuren eingerichtet.

bei liegt noch ein langer Weg vor uns.

Für die Lehramtsreform wurden außerdem

Im Schuljahr 2012/2013 sind in ganz Bran-

für die kommenden drei Jahre 15 neue Stellen aus dem Hochschulpakt bewilligt.

denburg 84 Pilotschulen für inklusive Bildung gestartet. In ihnen werden Schülerinnen und Schüler mit den sonderpädagogischen Förderbedarfen Lernen, Sprache sowie emotionale und soziale Entwicklung (LES) gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern ohne Förderbedarf unterrichtet.

Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

25


2. das jugendalter

Schule und Beruf: Mehr Chancen für alle Das Jugendalter umfasst einen nicht genau umrissenen Abschnitt im menschlichen Lebenslauf etwa vom 11. bis zum 25. Lebensjahr. Heute wird im Vergleich zu früher ein immer weiter ausgedehnter Lebensabschnitt als Jugendalter verstanden mit Freiräumen zur individuellen Lebensgestaltung. Es handelt sich um einen früher einsetzenden Übergang vom Kind zum Jugendlichen bei gleichzeitiger

Verlängerung

des

Jugendalters

durch eine qualifizierte Ausbildung (Beruf,

ermöglichen, unabhängig vom Finanzstatus

Studium).

und Bildungsinteresse ihrer Eltern.

Die psychische Seite dieser Phase ist durch

Um die Schul- und Ausbildungsabbrecher-

erhöhte Verletzlichkeit und verstärkte Be-

quoten sowie die Zahl der vorzeitigen Ver-

wältigungsanforderungen gekennzeichnet.

tragsauflösungen zu senken, wollen wir

Die Jugendlichen streben nach mehr Eigen-

Jugendliche

verantwortung. Sie sind auf der Suche nach

Entscheidungen der Berufswahl besser unter-

eigenen Lebensformen. Das Jugendalter

stützen. Ein Ansatz ist, eine strukturierte

endet mit der äußerlichen Ablösung vom

Berufsorientierung mit Praktika mindestens

Elternhaus durch soziale und ökonomische

ab der 7. Klasse in allen Schulformen zu ent-

Selbstständigkeit.

wickelnd. Damit wird auch ein reibungsloser

bei

zukunftsorientierenden

Übergang von der Schule in die Ausbildung

26

Auch für diese Lebensphase geht es um

oder zum Studium gefördert. Ein Berufsbil-

Chancen- und Bildungsgerechtigkeit un-

dungsabschluss ist als zentrales Element

abhängig von der sozialen Herkunft, dem

eines reibungslosen Überganges von der

Geschlecht, einer Behinderung oder einem

Ausbildung in den ersten Arbeitsmarkt zu

Migrationshintergrund. Daher sind Maßnah-

gewährleisten. Zugleich bleibt das duale

men erforderlich, die Kindern und Jugendli-

Ausbildungssystem mit seinen Strukturen

chen ihren Fähigkeiten und Interessen ent-

und Partnern das zentrale Element der be-

sprechende Bildungs- und Ausbildungswege

ruflichen Bildung, das es zu stärken gilt.

Märkische Hefte 29 | Mai 2014


Was wir tun. Unsere Maßnahmen für das Jugendalter.

■■ Für eine gute Vorsorge ·· Schulvisitationen und aufsuchende Schulberatung ■■ Für die Oberschulen/Sekundarstufe II ·· Stärkung und Weiterentwicklung der Oberschulen (Initiative Oberschule – IOS) ·· Intensivierung der Berufsorientierung an Schulen ·· Netzwerke Schule-Wirtschaft ·· Maßnahmen zur Senkung der Zahl der Schülerinnen und Schüler ohne

Abschluss (über alle Schulformen hinweg)

·· differenzierte Bildungswege (Gymnasium, Gesamtschule, Oberstufenzentrum)

und Leistungs- und Begabtenklassen an ausgewählten Gymnasien

■■ Für eine besser Zusammenarbeit von Schule und Jugendhilfe ·· Absicherung der Schulsozialarbeit über das 510-Stellenprogramm ·· Unterstützung und Begleitung von Schulverweigererprojekten durch kobra.net ■■ Für eine gute Berufsorientierung und Erstausbildung ·· Kooperation von Schulen, Hochschulen und Wirtschaft ·· Programm zur Qualifizierten Ausbildung im Verbundsystem ■■ Für mehr soziale Gerechtigkeit und mehr Chancen für alle: ·· Schulsozialfonds (Mittelansatz für 2012-2014: jeweils 1,5 Millionen Euro) ·· Brandenburgisches Ausbildungsförderungsgesetz (Schüler-BaföG) ·· Mobilitätsticket (Mittelansatz für 2012-2014: jeweils 2,5 Millionen Euro) ·· Stiftung „Hilfe für Familien in Not – Stiftung des Landes Brandenburg“ ·· Verzicht auf Studiengebühren

Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

27


Schüler-Bafög

Das Brandenburger Schüler-Bafög ist ein durchschlagender Erfolg. Seit Einführung im

Im Jahr 2010 wurde das Brandenbur-

Jahr 2010 haben es schon über 2.300 Schüle-

ger Schüler-Bafög eingeführt und damit

rinnen und Schüler in Anspruch genommen

auch eine Lücke im Bundes-Bafög (Aus-

– Tendenz steigend. Schüler-Bafög erhält,

bildungsförderungsgesetz)

wer finanziell bedürftig ist. Das hängt vom

Das

Brandenburger

geschlossen.

Schüler-Bafög

ist

Einkommen der Eltern ab und entspricht den

bundesweit einmalig. Es hat zum Ziel, die

Sätzen, die auch für die Bundesförderung

Chancengerechtigkeit beim Zugang zur

gelten. Dabei gab es zunächst eine finanziel-

Bildung zu fördern, und zwar unabhängig

le Staffelung in zwei Stufen: 50 und 100 Euro

vom Einkommen der Eltern. Brandenbur-

monatlich. Von 2014 an erhalten alle Empfän-

ger Schulen weisen im Ländervergleich

ger einheitlich 100 Euro. Bis zum 18. Lebens-

eine positive soziale Durchlässigkeit auf.

jahr wird das Geld auf das Konto der Eltern

Das ist auch weiterhin zu unterstützen

gezahlt.

und zu fördern. Das Schüler-Bafög erleich-

28

tert Kindern aus einkommensschwachen

Der Weg zum Abitur wird nicht mehr durch

Familien, sich für

das Abitur oder die

einen zu kleinen Geldbeutel der Eltern ab-

Fachhochschulreife zu entscheiden und

geschnitten. Das belegen die im Rahmen ei-

diese abzuschließen.

ner Evaluation der Technischen Hochschule

Märkische Hefte 29 | Mai 2014


Wildau veröffentlichten Zahlen eindrücklich:

Über arbeitsweltbezogene Bildungsange-

51 Prozent der Befragten sagten, dass sie

bote soll die Berufsorientierung von Schü-

ohne die Förderung den Weg zum Abitur so

lerinnen und Schülern gestärkt werden.

nicht hätten gehen können. Und bei 75 Pro-

Darüber hinaus soll durch zielgerichtete

zent der Befragten hat die Förderung sogar

Maßnahmen die Zahl der Schulabgänge-

den Wunsch nach einer weiteren Ausbildung

rinnen und Schulabgänger ohne Schulab-

wie der Aufnahme eines Studiums geweckt.

schluss reduziert werden.

Berufsvorbereitung und Berufsorientierung

Mit der „Initiative Oberschule“ als einem der zentralen Instrumente zur Stärkung der Ober-

Wichtige Aufgabe der Oberschule ist die

schule soll insbesondere die Berufsvorberei-

Vermittlung von Qualifikationen und Kom-

tung von Schülerinnen und Schüler über einen

petenzen in Vorbereitung einer späteren

breit angelegten Kanon an Bildungsinhalten

beruflichen Ausbildung. Die wesentlichen

gestärkt werden. Neben der Vermittlung von

pädagogischen Ziele der Oberschule sind die

schulischem Fachwissen geht es auch um die

Anschlussfähigkeit des Wissens und der Fä-

Stärkung von Schlüsselkompetenzen, die im

higkeit zum lebenslangen Lernen, die Mitbe-

künftigen Berufsalltag gebraucht werden. Da-

stimmungsfähigkeit, die Ausbildungsfähig-

bei kooperieren die Oberschulen sowohl mit

keit und einer Stärkung der Persönlichkeit.

Wirtschaftsunternehmen der Region als auch

Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

29


mit Trägern der außerschulen Bildung und

Dank dieser Mittel entwickeln die Oberschu-

mit Kultureinrichtungen.

len mit außerschulischen Partnern in Ergänzung zum Unterricht Projekte, um die Ausbil-

Seit Beginn der „Initiative Oberschule“ im

dungsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler

Schuljahr 2007/2008 wurden an den Schulen

zu verbessern, ihre Sozialkompetenzen zu

etwa 1.900 IOS-Schulprojekte durchgeführt,

stärken und eine bessere individuelle Berufs-

und an der Hälfte aller Oberschulen wurde

orientierung zu ermöglichen. Dazu erhalten

das Konzept „Praxislernen“ eingeführt. Da-

die Schulen professionelle Beratung und Un-

mit wurden rund 135.000 Schülerinnen und

terstützung durch die IOS-Regionalpartner.

Schüler erreicht. Schulabbrecherquoten sinken In der Förderperiode der Europäischen Union von 2007 bis 2013 standen den 148 Oberschu-

Die Schulabbrecherquoten an Gymnasien,

len ca. 25 Millionen Euro aus Mitteln des Eu-

Ober- und Gesamtschulen in Brandenburg

ropäischen Sozialfonds (ESF) und des Landes

sind in den vergangenen Jahren gesunken.

für die „Initiative Oberschule“ zur Verfügung.

Die Zahl der Schülerinnen und Schüler ohne

Entwicklung der Schulabgänger ohne Ergänzend können für IOS-Schulprojekte zur Abschluss anBerufsbildungsreife Oberschulen konnte in den ververtiefenden Berufsorientierung Mittel der gangenen Jahren von 3,3 Prozent im Schuljahr in Prozent nach Schulformen Bundesagentur für Arbeit eingesetzt werden. Im Schuljahr 2013/14 stehen den brandenbur-

2008/2009 auf zuletzt 2,3 Prozent deutlich gesenkt werden. Damit zeigt sich, dass die

gischen Oberschulen ca. 2,6 Millionen Euro für

Oberschule eine Schulform ist, in der die Ju-

Projekte im Rahmen des Förderprogramms

gendlichen unabhängig von ihrer sozialen

„Initiative Oberschule (IOS)“ zur Verfügung.

Herkunft optimal auf ihre Zukunft und auf

Entwicklung der Schulabgänger ohne Berufsbildungsreife nach Schulformen

Schulform

2008/09

2009/10

2010/11

2011/12

Oberschule

3,3%

2,9%

2,3%

2,3%

Gesamtschule

0,6%

0,4%

0,4%

0,2%

Gymnasium

0,1%

0,1%

0,1%

0,1%

Quelle: Schuldatenerhebung 2012/2013, MBJS

30

Märkische Hefte 29 | Mai 2014


das spätere Berufsleben vorbereitet werden

Lernort Schülerfirma

– die ‚Initiative Oberschule’ hat daran maßgeblich Anteil.

In Brandenburger Schulen waren Ende 2012 insgesamt 121 Schülerfirmen aktiv.

Netzwerk Zukunft. Schule und Wirtschaft

Brandenburg ist damit im Ländervergleich

für Brandenburg

vorbildlich aufgestellt. Die Integration von Schülerfirmen ist ein wichtiges Instrument

Das „Netzwerk Zukunft. Schule und Wirt-

zur Berufsvorbereitung. Hier werden Krea-

schaft für Brandenburg e.V.“ und die Lan-

tivität, Durchsetzungsvermögen und Orga-

desarbeitsgemeinschaft SchuleWirtschaft

nisationstalent auf ganz besondere Weise

regt die Kooperation und die Vernetzung

gefördert. Hinzu kommt, dass soziale Kom-

zwischen Schulen, Hochschulen, Wirtschaft

petenzen und grundlegendes ökonomi-

und weiteren gesellschaftlichen Partner an.

sches Wissen in einem begleiteten Rahmen

Sie sollen besser und enger miteinander

vertieft herausgebildet werden können. Die

kooperieren, um die Ausbildungsfähigkeit

Verknüpfung von theoretischem Schulwis-

und damit die Zukunftschancen branden-

sen mit der praktischen Anwendung in ei-

burgischer Schülerinnen und Schüler zu ver-

ner Schülerfirma ermöglicht eine besondere

bessern. Die Regionaldirektion Berlin und

Qualität des Lernens.

Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit, die Brandenburgische Landesrektorenkon-

Mit der Servicestelle Schülerfirmen gibt es

ferenz sowie der Deutsche Gewerkschafts-

ein

bund

Landesbezirk

landesweites

Unterstützungsportal,

Berlin-Brandenburg

das die Landesregierung gemeinsam mit

unterstützen den Verein als Kooperations-

der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung

partner.

gGmbH (DKJS) und ihrem regionalen Partner in Brandenburg „kobra.net“ initiiert hat. Die

Mit einem vielfältigen Angebot wie bei-

Servicestelle berät, qualifiziert und vernetzt

spielsweise Berufs- und Studienorientie-

Schülerfirmen im Land Brandenburg. Insbe-

rungstourneen, dem Berufswahlpass und

sondere die Kooperation von Schülerfirmen

Fortbildungsveranstaltungen werden Un-

mit Partnern aus der Wirtschaft ist ein we-

ternehmen, Schulen, Eltern und Schüler bei

sentlicher thematischer Arbeitsschwerpunkt

ihren Aktivitäten zur Berufsorientierung

der Servicestelle.

unterstützt.

Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

31


Ausbildungsplatzprogramme Ost

betrieblicher Ausbildungskapazitäten auf

1992 – 2012

die Weiterentwicklung des betriebsnahen Fördermodells ausrichteten.

In den Gründungsjahren des Landes Brandenburg Anfang der 1990er Jahre konnten viele junge Menschen mangels Ausbildungsplätzen keine Ausbildung beginnen. Zeitweilig standen nur 10.000 Ausbildungs-

plätze für 35.000 Bewerberinnen und Be-

Insgesamt wurden im APRO von 1997 bis 2012 über 60.000 Jugendliche gefördert, da-

von mit 34.000 über die Hälfte in betriebsnaher Ausbildung. Bund und Land setzten insgesamt ca. 735 Millionen Euro Fördermittel

werber zur Verfügung. Der Bund hat deshalb

ein, davon das Land allein fast 543 Millionen

gemeinsam mit den ostdeutschen Bundes-

Euro. Unter Berücksichtigung der aktuellen

ländern im Rahmen der Ausbildungsplatz-

Entwicklungen am Ausbildungsmarkt erfolg-

programme Ost (APRO) ab Mitte der neun-

te im Ausbildungsjahr 2009/2010 letztmalig

ziger Jahre die Bereitstellung zusätzlicher

eine Neuauflage der Förderung zusätzlicher

Ausbildungsplätze gefördert. Durch diese

Ausbildungsstellen im Rahmen des Ausbil-

Programme sollte die Lücke zwischen der

dungsplatzprogramms Ost.

Nachfrage an Ausbildungsstellen und dem Angebot an Ausbildungsplätzen geschlos-

Über die Jahre haben sich die Rahmen-

sen werden.

bedingungen in der Ausbildung grundlegend verändert. Inzwischen gibt es weniger

Darüber hinaus wurden in Brandenburg

Jugendliche, die noch an die Ausbildungs-

zusätzliche Plätze angeboten, um allen

fähigkeit herangeführt werden müssen.

ausbildungsfähigen und ausbildungswilli-

Auch bestehen Disparitäten zwischen den

gen Jugendlichen ein Ausbildungsangebot

Ausbildungsberufen, zu denen die Un-

unterbreiten zu können. Gefördert wurden

ternehmen vorwiegend gerne ausbilden

drei Umsetzungsmodelle:

würden, und den Vorstellungen der Jugendlichen.

Unternehmen

haben

teilweise

■■ die duale Ausbildung in betrieblichen

Schwierigkeiten, Schulabgängerinnen und

Überkapazitäten (betriebsnahe Ausbil-

-abgänger für ihre Ausbildungsplätze zu

dung),

finden – im Jahr 2012 sind 36 Prozent der

■■ die (vollzeitschulische) Berufsausbildung

Stellen unbesetzt geblieben.

im Kooperativen Modell und

32

■■ die duale Ausbildung in Projekten, die

Die BIBB-Übergangsstudie 2011 zu den Über-

sich neben der weiteren Erschließung

gangsprozessen Schule – Beruf untersuchte

Märkische Hefte 29 | Mai 2014


die Bildungs- und Berufsbiografien von 18-

über die diversen Entwicklungsmöglichkei-

bis 24-jährigen Jugendlichen und jungen

ten und müssen individuell vorbereitet wer-

Erwachsenen und kam zu dem Ergebnis,

den – etwa durch ein ehrenamtliches Men-

dass bundesweit etwa 12 Prozent der Auszu-

toring-Programm mit einem professionellen

bildenden ihre erste duale Berufsausbildung

Coaching.

im ursprünglich gewählten Beruf innerhalb von 36 Monaten ohne einen Abschluss beenden. Die Ursachen dafür sind vielfältig. Zum Teil wissen die Jugendlichen nicht, ob sie nach ihrer Ausbildung übernommen werden. Mangelnde Perspektiven schaffen unnötige Verunsicherung. Hier stehen die Unternehmen in der Pflicht. Aber auch eine effektive Berufsorientierung rückt immer mehr in den Vordergrund. Jugendliche brauchen eine bessere Übersicht

Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

33


3. das jüngere und mittlere erwachsenenalter

Zusammenhalt – Förderung – Beratung Die Lebensphase des mittleren Erwachsenenalters (etwa ab 25 bis 55 Jahre) wird wesentlich von der Erwerbstätigkeit geprägt. Ein guter Einstieg ins Erwerbsleben, eine berufliche Entwicklung und Berufserfolg bestimmen wesentlich die Lebensqualität und tragen zur Zufriedenheit bei. Erwerbstätigkeit bildet eine entscheidende Grundlage für finanzielle Unabhängigkeit, aber auch und vor allem für die Selbstverwirklichung: Erwerbsarbeit kann sinnstiftend sein, der Arbeitsort bietet einen

berufliche Entwicklungspfade zu eröffnen

sozialen Raum für Kontakte zu Kollegen und

und Übergänge zu gestalten.

Freunden. Arbeit ist also mehr als Broterwerb, es geht vielmehr um persönliche Herausfor-

Vereinbarkeit von Familie und Beruf

derungen und Anerkennung. Kinder sind das wichtigste Gut unserer Ge-

34

Schwierigkeiten beim Berufseinstieg, lan-

sellschaft. Deshalb ist eine familienfreund-

ge Phasen bis zur beruflichen Etablierung,

liche Lebens- und Arbeitswelt wichtig. Wir

eine hohe berufliche Unsicherheit, Zeiten

wollen die guten Rahmenbedingungen und

von Arbeitslosigkeit, prekäre Arbeitsver-

Gestaltungsspielräume für Familien in unse-

hältnisse, aber auch Arbeitsbedingungen

rem Land weiter verbessern. Dabei ist für uns

wie

unregelmäßige Arbeitszeiten und

eine gute Betreuungsinfrastruktur zentral,

lange Wegstrecken zur Arbeit – all das hat

um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Auswirkungen auf Entscheidungen für ein

zu gewährleisten und Mütter und Väter zu

Zusammenleben in Partnerschaft und mit

unterstützen. Aber auch die Vereinbarkeit von

Kindern. Eine wichtige Rolle kommt daher

Angehörigenpflege und Beruf wird immer

der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit mit

wichtiger. Dabei setzen wir auch auf eine star-

den Anforderungen an das Familienleben

ke Sozialpartnerschaft. Der enge Austausch

zu. Auch berufliche Qualifizierung – be-

von Betriebsräten, Gewerkschaften, Perso-

rufsbegleitend oder in Zeiten von Erwerbs-

nalverantwortlichen und Betriebsleitungen

losigkeit – trägt entscheidend dazu bei,

ist wichtig, um die Arbeitsbedingungen zu

Märkische Hefte 29 | Mai 2014


verbessern und zugleich die Wettbewerbsfä-

von Familien vor Ort. Für uns ist klar: Ein fa-

higkeit der Unternehmen zu stärken.

milien- und kinderfreundliches Klima stärkt die Regionen und macht sie attraktiver für

Lokale Bündnisse für Familie

Unternehmensansiedlungen und Fachkräfte.

Wir haben in Brandenburg ein familien- und

Die Lokalen Bündnisse für Familie sind

kinderfreundliches Klima. Dazu tragen die

freiwillige Zusammenschlüsse. Hier enga-

Lokalen Bündnisse für Familien bei. Schon

gieren sich Kommunen und Unternehmen,

an über 56 Orten im ganzen Land haben sich

Kammern, Vereine und Verbände, Kirchen,

Unternehmen, Vereine, Verbände und Stif-

Kitas und Mehrgenerationenhäuser und

tungen zusammengetan. Sie arbeiten Hand

viele andere. Sie alle engagieren sich ehren-

in Hand. Es geht ihnen um eine bessere Ver-

amtlich. Sie sprechen vor Ort die Familien

einbarkeit von Familie, Beruf und Pflege, um

in allen Lebensbereichen an. So haben die

mehr soziale Teilhabe, nachbarschaftliche

Familien den größten Nutzen, weil die Ar-

Netzwerke und Beteiligungsmöglichkeiten

beit direkt vor Ort ansetzt und passgenaue

Lokale Bündnisse für Familien in Brandenburg NordostUckermark

PR

Perleberg

Prenzlau

UM

Lychen Wittstock

OHV

OPR

Wittenberge Kyritz

Angermünde Eberswalde

Oranienburg

HVL Rathenow

BAR

Zehdenick

Neuruppin

Strausberg Neuenhagen Schöneiche Grünheide

MOL

Potsdam Brandenburg Teltow / Stahnsdorf Nuthetal Ludwigsfelde

PM

Erkner ZEWS Fürstenwalde

Königs Wusterhausen

Bad Belzig Treuenbrietzen Niemegk

Bad Freienwalde

Bernau

Nauen Falkensee

Wiesenburg

Schwedt

Baruther Urstromtal

TF

LOS

Frankfurt (Oder)

Storkow (Mark) Beeskow

LDS

Cottbus/S.Madlow

Eisenhüttenstadt

Guben

Kolkwitz Cottbus

Falkenberg

EE

OSL Drebkau

Spremberg

Forst

SPN

Rückersdorf Senftenberg

Gemeinsam für ein familienfreundliches Klima im ganzen Land: Mit den vielen Lokalen Bündnissen vor Ort setzt Brandenburg Maßstäbe in der Familienpolitik. Quelle: Ministerium für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie

Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

35


Lösungen für die lokalen Problemlagen ent-

verbunden mit der Tarifautonomie. Sie ist

wickelt werden.

zudem im Hinblick auf die Anpassungsfähigkeit und Produktivitätsentwicklung

Bereits seit 2006 kann die Gründung eines Lo-

einer Volkswirtschaft ein wichtiger Stand-

kalen Bündnisses durch Landesmittel in Form

ortvorteil. Die Stärkung der Sozialpartner-

einer Anschubfinanzierung in Höhe von bis

schaft ist somit ein zentrales landespo-

zu 10.000 Euro finanziell unterstützt werden.

litisches Ziel zur Steigerung der Qualität

Wir wollen die erfolgreiche Arbeit der Lokalen

der Arbeitsbedingungen, insbesondere in

Bündnissen für Familie im Land weiter stärken.

kleinen und mittleren Unternehmen, und

Dabei hilft das Familien- und Kinderpolitische

zur Erhöhung der Attraktivität und Wett-

Programm der Landesregierung von 2011.

bewerbsfähigkeit der Wirtschaft.

Stärkung der Sozialpartnerschaft

Sozialpartner im Dialog: Für Gute Arbeit und Fachkräftesicherung

Die Sozialpartnerschaft ist integraler Bestandteil des deutschen Modells der Arbeitsbe-

Gewerkschaften, Arbeitgeber und die

ziehungen und charakteristisch für eine gut

Landesregierung haben im Mai 2011 eine

funktionierende soziale Marktwirtschaft.

„Gemeinsame Erklärung zur Stärkung der

Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände

Sozialpartnerschaft“ unterzeichnet. Ziel ist

stehen allerdings durch den ökonomischen,

die Stärkung der Handlungsfähigkeit der

sozialen, gesellschaftlichen und demogra-

Tarifparteien und eine höhere Tarifbindung

fischen Strukturwandel seit einigen Jahren

der Unternehmen und der Beschäftigten.

vor erheblichen Herausforderungen. Im Jahr

Das Engagement der Tarifpartner ist Zei-

2011 war nur jeder fünfte ostdeutsche Be-

chen ihrer gemeinsamen Verantwortung

trieb tarifgebunden, in Westdeutschland traf

für den Standort. Im Sozialpartnerdialog

dies auf jeden dritten Betrieb zu. Dadurch ist

setzen die Tarifparteien gemeinsame Pro-

die Handlungsfähigkeit der Gewerkschaften

jekte und Kampagnen um und setzen sich

und Arbeitgeberverbände geschwächt.

für „Gute Arbeit“ ein, auch um einen Beitrag zur Fachkräftesicherung zu leisten und die

Das deutsche Modell der sozialen Markt-

Attraktivität des Landes zu fördern.

wirtschaft funktioniert aber nur mit star-

36

ken Akteuren sowohl auf Arbeitgeber- als

Im „Brandenburger Sozialpartnerdialog“,

auch auf Arbeitnehmerseite. Eine funk-

der als Gremium über die Dachverbände hi-

tionierende Sozialpartnerschaft ist eng

naus mit den Sozialpartnern der Branchen

Märkische Hefte 29 | Mai 2014


Chemie, Metall, Handel, Bau und Hotel-

trägt dazu bei, den Wirtschaftsstandort

und Gaststätten gebildet wurde, werden

Brandenburg und den Arbeitsmarkt im Land

Fragen der Tarifbindung und Lohnentwick-

auch für die Zukunft attraktiv zu gestalten.

lung behandelt. Handlungsfelder sind Ausbildung, Vereinbarkeit von Beruf und Fa-

Servicestelle Arbeitswelt und Elternzeit

milie einschließlich der Pflege sowie eine altersgerechte Arbeitswelt.

Für (werdende) Mütter und Väter stellt die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstä-

Der Sozialpartnerdialog bietet vielfältige

tigkeit eine große Herausforderung dar.

Chancen für Zusammenarbeit und Aus-

Das gilt auch für Unternehmen, die längere

tausch. Er soll dazu beitragen, die großen

Auszeiten von Mitarbeitern wegen der Ge-

strukturellen Herausforderungen auf dem

burt von Kindern überbrücken müssen. Die

Brandenburger Arbeitsmarkt zu bewälti-

rechtliche Lage ist komplex und für Beschäf-

gen, indem Ressourcen gebündelt und ge-

tigte wie Personalverantwortliche nicht ein-

meinsame Ziele verfolgt werden. All das

fach zu überblicken. Die Landesregierung

Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

37


hat deshalb 2008 die Servicestelle Arbeits-

enbedingte Auszeiten günstig gestalten, den

welt und Elternzeit bei der LASA Branden-

Qualifikationserhalt sichern und anschlie-

burg eingerichtet. Die Servicestelle berät

ßend gut geplant an den Arbeitsplatz zurück-

sowohl Beschäftigte als auch Arbeitgeber

kehren können. Zudem berät die Servicestelle

kostenfrei zur Organisation und Gestaltung

zur Aufteilung von Familien- und Erwerbsar-

von Mutterschutz und Elternzeit sowie zur

beit, ermutigt Väter zur Inanspruchnahme

Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und

der Elternzeit und sensibilisiert die Arbeitge-

Familie. Sie unterstützt Unternehmen bei

berseite entsprechend.

der Sicherung der betrieblichen Abläufe. Beschäftigte werden beraten, wie sie famili-

Was wir tun. Unsere Maßnahmen für das jüngere und mittlere Erwachsenenalter. (1) ■■ Für eine besser Vereinbarkeit von Studium, Erwerbstätigkeit und Familienarbeit und Pflege ·· Familienfreundliche Hochschule – Förderlinie 1 ·· Graduiertenstipendien einschließlich Familienzuschläge

(Mittelansatz für 2012-2014: jeweils 310.000 Euro)

·· Modellprojekt „Servicestelle Arbeitswelt und Elternzeit“ ·· Wettbewerb „Familienfreundliches Unternehmen“ ·· Programm „Einstiegszeit“ ·· INNOPUNKT-Initiative „Beruf, Familie, Pflege – Neue Vereinbarkeits-

lösungen für Brandenburg“ (2010-2013: insgesamt 2,5 Millionen Euro investiert)

■■ Für mehrere Wege zum Abitur: ·· Schulen des zweiten Bildungsweges/Online-Abitur

38

Märkische Hefte 29 | Mai 2014


Betriebliches Gesundheitsmanagement

und die Versorgung der Familie, es hat

und Gesundheitsförderung

aber auch weitreichende Konsequenzen für die Alterssicherung. Denn Arbeits- und

Angesichts des demografischen Wandels

Beschäftigungsfähigkeit beeinflussen zum

und des Fachkräftemangels wird es im-

einen die tatsächlichen Chancen für einen

mer wichtiger, die Arbeits- und Beschäf-

erfolgreichen Eintritt bzw. Verbleib im Ar-

tigungsfähigkeit von Arbeitnehmerinnen

beitsmarkt. Zum anderen geht es um die

und Arbeitnehmern zu erhalten. Für die

subjektive Wahrnehmung der eigenen Be-

Beschäftigten selbst geht es dabei zu-

schäftigungssicherheit. Beides wirkt sich

nächst um die finanzielle Unabhängigkeit

nachweislich auf das Bindungsverhalten

Was wir tun. Unsere Maßnahmen für das jüngere und mittlere Erwachsenenalter. (2) ■■ Um niemanden zurückzulassen: ·· Umsetzung der Nationalen Strategie zur Alphabetisierung und

Grundbildung Erwachsender (2012-2016)

■■ Für eine umfassende, zielorientierte Lehrerbildung ··

allen Studierenden der Lehramtsstudiengänge werden inklusions-

pädagogische Grundlagen vermittelt,

·· Lehrämter werden sich an den Schulstufen im Land Brandenburg

orientieren, um fachlich stärker auf pädagogische Spezifika der jeweiligen

Schulstufe vorbereitet zu sein.

■■ Vorrang für Kinder und Familien: Umsetzung des Familien- und Kinderpolitisches Programms des Landes Brandenburg

Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

39


und insbesondere die Familienplanung aus,

Mitarbeiter ab. In der Folge werden Ausfälle

die sich für Beschäftigte im mittleren Er-

durch Krankheit reduziert, Motivation und

wachsenenalter stellt.

Leistungsfähigkeit gestärkt, was die Wettbewerbsfähigkeit und den wirtschaftlichen Er-

Betriebliches Gesundheitsmanagement zielt

folg von Unternehmen steigert.

auf die Führung des Unternehmens genauso wie auf die Unternehmenskultur, das Betriebs-

Bei der INNOPUNKT-Initiative „Gesund ar-

klima, die Qualifikation der Beschäftigten, die

beiten in Brandenburg – Betriebliche Ge-

Gestaltung der Arbeitsumwelt und das Ver-

sundheitspolitik stärken“ werden kleine

halten der einzelnen Mitarbeiterinnen und

und mittlere Unternehmen (KMU) darin

Was wir tun. Unsere Maßnahmen für das jüngere und mittlere Erwachsenenalter. (3) Für gute Familienbildung, familiäre und soziale Beratung: ·· Elternordner „Gesund groß werden“ (Mittelansatz 2012-2014: jeweils 15.000 Euro) ·· Elternbriefe/Begrüßungspaket (Mittelansatz 2012/2013/2014:

177.300/195.200/205.000 Euro)

·· Ausbau des Netzwerkes Gesunde Kinder (Mittelansatz 2012-2014: jeweils 1,03 Millionen Euro) ·· Ratgeber für Familien (Mittelansatz 2012-2014: jeweils 40.000 Euro) ·· Beratungsangebote der Familienverbände (Verbandsförderung 2013-

2014: 200.000 Euro pro Jahr. )

·· Ausbau der Lokalen Bündnisse für Familien (Mittelansatz 2012-2014: jeweils 50.000 Euro) ·· Familienberatungsangebote der Verbraucherzentrale, von Schuldner-

beratungsstellen und anerkannten Verbraucherinsolvenzberatungsstellen

·· Eltern-Kind-Zentren ·· Auskommen mit dem Einkommen (Mittelansatz 2012-2014: jeweils 18.000 Euro)

40

Märkische Hefte 29 | Mai 2014


unterstützt, betriebliches Gesundheits-

Netzwerkes durch den Kooperationsverbund

management und Gesundheitsförderung

Unternehmensverbände in Berlin und Bran-

einzuführen.

denburg e. V. (UVB), den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) und die AOK Nordost

Das Sozialpartnerprojekt „Netzwerk KMU –

(AOK). Dieses Netzwerk initiiert Erfahrungs-

Gesundheitskompetenz für Unternehmen“

austausch zwischen kleinen und mittleren

wird in Trägerschaft des Bildungswerks der

Unternehmen und stärkt die Gesundheits-

Wirtschaft in Berlin und Brandenburg e. V.

kompetenz im Unternehmen zum Beispiel

umgesetzt. Im Mittelpunkt dieses Projekts

durch die Qualifizierung von Beschäftigten zu

steht die Gründung eines gemeinsamen

Gesundheitscoachs.

Was wir tun. Unsere Maßnahmen für das jüngere und mittlere Erwachsenenalter. (4) Für Familienerholung und Familienferien ··

Familienpass Brandenburg (Mittelansatz 2012-2014: jeweils 320.000 Euro)

··

Familienferienreisen (Mittelansatz 2012-2014: jeweils 300.000 Euro)

··

Veranstaltungsformate von Kultureinrichtungen speziell für Familien

·· Generationsübergreifende kulturelle Bildungsangebote im Rahmen

des Konzeptes Kulturelle Bildung

Für eine familienfreundliche Gesellschaft ·· Landeswettbewerb „Familien- und kinderfreundliche Gemeinde“ (Mittelansatz 2013-2014: rund 77.000 Euro) ·· Brandenburger Familienpreis ·· Pilotmodell familienfreundlicher Landkreis (2012-2014: 100.000 Euro pro Jahr)

Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

41


4. das ältere erwachsenenalter

Teilhabe – Gesundheit – Lebensqualität das Durchschnittsalter bis 2030 von heute

knapp 45 auf über 53 Jahre. 2030 werden auf 100 Menschen im erwerbsfähigen Alter

bereits 78 Menschen kommen, die über 65 Jahre alt sind. Das entspricht einer Vervierfachung des Altenquotienten in nur 40 Jahren. Dabei wird die demografische Entwicklung die regionalen Unterschiede zwischen den Berlin-nahen und den Berlin-fernen Regionen weiter verstärken. Gesellschaftliche Veränderungen, Bildung und medizinischer Fortschritt haben dazu geführt, dass Menschen länger gesund, Das höhere und höchste Erwachsenenal-

körperlich und geistig leistungsfähig blei-

ter umfasst bis zu drei Generationen, von

ben. Der Beginn von schwerer Erkrankung,

der Spätphase der Erwerbstätigkeit bis ins

Betreuungs- und Pflegebedürftigkeit ver-

hohe Alter. In dieser Lebensphase erleben die

lagert sich immer mehr ans Lebensende.

meisten Menschen sowohl Aktivität als auch

42

Unterstützungsbedürftigkeit. Menschen in

Die mit dem Ende der Berufstätigkeit ge-

dieser Lebensphase gehören in Brandenburg

wonnene freie Zeit kann dazu genutzt werden,

zu der am stärksten wachsenden Bevölke-

viele Wünsche und Ziele zu nutzen. So bieten

rungsgruppe. Eine geringe Geburtenzahl,

eine Nachberufstätigkeit und das bürger-

die Abwanderung junger Menschen, der

schaftliche Engagement die Chance, lang-

Eintritt geburtenstarker Jahrgänge in das

jährig erworbenes Wissen, Fähigkeiten und

Seniorenalter sowie die steigende Lebens-

Erfahrungen in einem neuen Kontext einzu-

erwartung verändern die Altersstruktur in

bringen. Gemeinsame Aktivitäten mit der

Brandenburg. Prognosen sagen bis 2030 ei-

Partnerin oder dem Partner, den Freunden

nen Rückgang der Bevölkerung um rund 12

und im generationsübergreifenden Famili-

Prozent voraus, zugleich steigt der Anteil der

enleben, Freude an Reisen und am Hobby

Älteren an der Gesamtbevölkerung. So steigt

bedeuten einen Gewinn an Lebensqualität.

Märkische Hefte 29 | Mai 2014


Was wir tun. Unsere Maßnahmen für das ältere Erwachsenenalter. ■■ Für Aktives Altern in Brandenburg ·· Leitlinien und Seniorenpolitisches Maßnahmenpaket der Landesregierung (Mittelansatz 2012-2014: jeweils 185.000 Euro) ■■ Für Ehrenamtliches Engagement und gesellschaftliche Teilhabe älterer Menschen – Landesseniorenrat und kommunale Seniorenbeiräte ·· Brandenburgische Seniorenwoche ·· Ehrungen/Preise ■■ Für ein modernes Altersbild – Altersdiskriminierung verhindern ·· Überprüfung der Brandenburger Rechtsvorschriften auf diskriminierende Altersgrenzen ■■ Lebensqualität erhalten – Pflegebedürftigen helfen ·· „Bündnis Gesund Alt werden in Brandenburg“ ·· Mundgesundheit bei älteren Menschen ·· Älter werden – aber sicher ·· Gesundheits- und Bewegungsförderung bei älteren Menschen ·· Gute Praxis – Gesund älter werden in Brandenburg ·· Niedrigschwellige Betreuungsangebote für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen ·· Unterstützungsangebote für pflegende Familien ·· Modellprojekt „Vereinbarkeitslotsen Pflege und Beruf“ ·· Auf- und Ausbau der Pflegestützpunkte

Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

43


und der Lebensstile für die Menschen in dieser Lebensphase charakteristisch. Auch gewinnen Maßnahmen zum Erhalt der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit und zur Vermeidung von Pflegebedürftigkeit verstärkt an Bedeutung. Auch ältere

Menschen, die an schweren

Gebrechen oder an Demenz leiden und die Aktives Altern

vermehrt auf Hilfe angewiesen sind, haben Ansprüche an eine selbständige Lebensfüh-

Ziel einer vorsorgenden Seniorenpolitik und

rung im privaten Haushalt. Sie brauchen spe-

der Idee des aktiven Alter(n)s ist die selbst-

zifische Hilfsangebote, Schutz und Wahrung

verständliche Teilnahme älterer Menschen

ihrer Interessen, gesellschaftliche Teilhabe

an der Entwicklung, Planung und praktischen

und Bewahrung vor Vereinsamung zugleich.

Gestaltung des gesellschaftlichen Lebens. Dies erfordert zum einen, Ältere in ihren Ak-

Mit der längeren Lebenszeit der Menschen

tivitäten zu stärken und ihnen Raum für ak-

wächst auch die gemeinsame Lebenszeit der

tive Teilnahme zu bieten.

Generationen. Lebensqualität im Alter setzt ein solidarisches Miteinander der Genera-

Die Lebenswirklichkeit dieser Lebensphase

tionen voraus. Vor diesem Hintergrund wur-

verlangt gleichermaßen Rahmenbedingungen

de das „Aktive Altern“ als zentrale Leitlinie

für eine selbstbestimmte aktive Lebensgestal-

für die Senioren- und Pflegepolitik entwickelt.

tung und für Lebensumstände mit bestehendem oder drohendem Hilfe- und Pflegebedarf.

Leitlinien und Seniorenpolitisches

Grundsätzliche Entscheidungen und daraus

Maßnahmenpaket

folgende Veränderungen, die zum Beispiel die Wohnsituation und das Lebensumfeld betref-

Der demografische Wandel ist ohne die

fen, müssen getroffen und vollzogen werden.

Ressourcen der Älteren und ihre umfassende gesellschaftliche Teilhabe nicht zu

44

Der Wunsch, solange wie möglich selbstän-

bewältigen. 2007 wurden mit Leitlinien

dig in der Häuslichkeit zu leben und am Leben

Zielstellung und Voraussetzungen der

der Gemeinschaft teilzuhaben, bleibt bei

Seniorenpolitik der Landesregierung be-

aller Verschiedenheit der Lebenssituationen

gründet und Handlungsfelder bestimmt.

Märkische Hefte 29 | Mai 2014


Aktives Altern, die Unterstützung einer selbst-

für Seniorinnen und Senioren, ermöglicht,

verantwortlichen Lebensführung bis ins hohe

dass Menschen im höheren und höchsten Er-

Alter, das sind Bestandteile des Konzeptes

wachsenenalter ihre Potentiale einbringen.

vorsorgender Sozialpolitik in Brandenburg:

Gesellschaftliche Teilhabe ist zugleich der

„Zugänge schaffen – Kompetenzen aktivieren

beste Weg, um die körperliche und geistige

– Verantwortung stärken“. Die Koalitionsver-

Leistungsfähigkeit zu erhalten und zu stär-

einbarung legte 2009 fest, die Leitlinien zu

ken, soziale Netzwerke zu bewahren oder

evaluieren und fortzuentwickeln. Dies mün-

auch neu zu knüpfen.

dete im Seniorenpolitischen Maßnahmenpaket der Landesregierung „Aktives Altern

Ältere Menschen arbeiten aktiv in den Hei-

in Brandenburg“ 2011 bis 2014. Es umfasst

mat- und Kulturvereinen, bei der Freiwilli-

eine große Bandbreite von Maßnahmen. Die

gen Feuerwehr, in den Lokalen Bündnissen

Schwerpunkte sind:

für Familie und als Patinnen und Paten im „Netzwerk Gesunde Kinder“ mit. Sie leis-

■■ Altersbilder, Öffentlichkeitsarbeit

ten Nachbarschaftshilfe und Betreuungsar-

■■ Wohnen und Leben

beit, unterstützen Pflegeeinrichtungen im

■■ Arbeiten

Besuchsdienst, durch ihre Mitarbeit in den

■■ Engagieren

Bewohnerschaftsbeiräten oder als Ombuds-

■■ Gesundheit und Sport

leute. Sie sind Mitglieder und auch Übungs-

■■ Bildung, Kultur und Tourismus

leiterinnen und Übungsleiter in Sportvereinen. Ihre Unterstützung ist in den Schulen, den

Ehrenamtliches Engagement

Mehrgenerationenhäusern, in der Integrationsarbeit und im Umweltschutz gefragt.

Das ehrenamtliche Engagement älterer Brandenburgerinnen und Brandenburger

Gesellschaftliche Teilhabe durch Senioren-

ist hoch. Ein Drittel der über 60-Jährigen

beiräte

engagieren sich im Ehrenamt. Die Zivilgesellschaft in Brandenburg ist darauf ange-

Ein bedeutendes Feld für ehrenamtliches

wiesen, dass die wachsende Bevölkerungs-

Engagement und gesellschaftliche Teilhabe

gruppe der Älteren sich mit ihrem Wissen,

haben sich mehr als 2.000 ältere Frauen und

ihrer Erfahrung und ihrer Zeit ehrenamtlich

Männer in den ca. 180 örtlichen kommunalen

und nachbarschaftlich engagiert. Die Fokus-

Brandenburger Seniorenbeiräten geschaffen.

sierung und Bündelung der einzelnen Politik-

Es gibt sie in allen 14 Brandenburger Landkrei-

bereiche auf aktives Altern, Politik mit und

sen, den kreisfreien Städten sowie in mehr

Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

45


als der Hälfte der Städte und Gemeinden. Sie

Der 1998 gegründete Seniorenrat erfüllt

haben die Funktion kommunaler Senioren-

die Funktion einer Seniorenvertretung des

vertretungen.

Landes Brandenburg. Er ist Mitglied der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenvertre-

Die Aufgabe der Seniorenbeiräte besteht in

tungen der Länder. Zu den Schwerpunkten

der Beratung und Unterstützung der örtli-

seiner Tätigkeit gehören:

chen kommunalen Vertretung und der Verwaltung in allen Fragen, die Belange der älte-

■■ Einflussnahme auf die Gewährleistung

ren Generation betreffen. Der Seniorenbeirat

von sozialer Alterssicherung, Gesundheits-

kann damit sicherstellen, dass die Interessen

vorsorge und pflegerischer Betreuung,

einer in der Kommune wachsenden Zahl

■■ Abbau von Altersdiskriminierung,

älterer Menschen ausreichend Berücksich-

■■ Weitergabe historischer Erfahrungen und

tigung finden. Neben diesen Aufgaben ist

lebenslang gewonnener Wertvorstellun-

es besonders in den ländlichen Gemeinden

gen an die nachfolgenden Generationen.

wichtig, dass der Seniorenbeirat regelmäßig

Orientierung auf eine niveauvolle und al-

politische, sportliche und kulturell-gesellige

tersgerechte kulturelle, künstlerische und

Veranstaltungen initiiert oder organisiert.

sportliche Betätigung älterer Menschen, Schaffung von Möglichkeiten zum lebens-

So tragen die Seniorenbeiräte dazu bei, die

langen Lernen und

Kommunen lebenswerter zu machen. Sie stär-

■■ Mitarbeit in den für die Seniorenarbeit

ken den sozialen Zusammenhalt der Seniorin-

relevanten staatlichen und gesellschaft-

nen und Senioren untereinander und leisten

lichen Landesgremien, Mitgliedschaft in

einen unersetzlichen Beitrag dazu, Verein-

landesweit tätigen Initiativen und Pro-

samung alter Menschen zu verhindern oder

jekten.

zu lindern. Die Zusammenarbeit zwischen Jungen und Alten in der Gemeinde ist fester

Jährlicher Höhepunkt der Arbeit des Seni-

Bestandteil der Arbeit jedes Seniorenbeirats.

orenrates und der Seniorenbeiräte ist die

Durch ihre Hilfe in Schulen und Kindereinrich-

Brandenburgische Seniorenwoche, die 2013

tungen („Oma-und-Opa-Tage“) sowie zum

ihr zwanzigjähriges Jubiläum beging.

Beispiel die Mitarbeit im Lokalen Bündnis für Familie stärken die Seniorenbeiräte die Solidarität zwischen den Generationen.

46

Märkische Hefte 29 | Mai 2014


Gesundheit und Lebensqualität, Pflege-

oder verzögert wird. Zum anderen geht es

bedürftigkeit

darum, eine regionale Beratungs-, Betreuungs- und Pflegekultur mit bedarfsgerech-

Seniorenpolitik und Pflegepolitik gehö-

ten Versorgungs- und Hilfestrukturen zu

ren zusammen. Der Anspruch und die Be-

schaffen.

reitschaft der Älteren, ihr Leben aktiv und selbstbewusst zu gestalten, muss mit Al-

Hoher Bedarf an Pflegepersonal

terungsprozessen, die auf Mehrbedarf an medizinischen Leistungen, Prävention und Rehabilitation, Hilfe- und Pflegeangebote hinauslaufen können, vereinbart werden.

1999 gab es in Brandenburg 64.000, im Jahr 2011 bereits etwa 96.000 pflegebedürftige

Menschen. Bis 2030 ist von einer Zunahme um 70 Prozent auf über 160.000 Pflegebe-

Lebens- und Wohnbedingungen sowie die

dürftige auszugehen. Damit wären mehr

Gesundheitsversorgung sind so zu gestal-

als 7 Prozent der Bevölkerung pflegebe-

ten, dass Pflegebedürftigkeit vermieden

dürftig. Daraus ergibt sich eine erhebliche

Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

47


Bedarfserhöhung an Pflegepersonal – von

Für Menschen, die ihre Pflege trotz Pflegekas-

etwa 29.000 Fachkräften in 2011 auf mehr als

se und eigener Mittel nicht finanzieren kön-

50.000 in 2030.

nen, wendeten Land und Kommunen im Jahr

Um diese Fachkräfte zu gewinnen, müssen

davon waren 33 Millionen Euro Landesmittel.

die Pflegeberufe attraktiv gestaltet werden.

Derzeit sind in den Einrichtungen und Diens-

Zu „Guter Arbeit“ in der Pflege gehört vor

ten rund 5.100 Altenpflegerinnen und Al-

allem eine Vergütung, die den vielfältigen

tenpfleger tätig. Sie stellen etwa ein Fünftel

Anforderungen und der Verantwortung der

aller Beschäftigten in der Pflege. Das Land

Pflegekräfte gerecht wird. Um das zu schaffen,

stellt ausreichend Schulplätze in den staat-

brauchen wir eine Verständigung von Ar-

lich anerkannten Altenpflegeschulen für die

beitgebern und Gewerkschaften – etwa auf

Erstausbildung zur Verfügung und finan-

einen Tarifvertrag in der Pflege, der bei Vor-

ziert mit jährlich etwa 4,4 Millionen Euro die

liegen der entsprechenden Voraussetzungen

Schulkosten für die Regelausbildung. Jähr-

für allgemeinverbindlich erklärt wird.

lich beginnen knapp 400 junge Frauen und

2011 insgesamt ca. 38,5 Millionen Euro auf,

Männer diese dreijährige Ausbildung zur Um die von einer großen Mehrheit an Pfle-

Altenpflegerin bzw. zum Altenpfleger. Da-

gebedürftigen und ihren Angehörigen ge-

neben haben in 2012 etwa 100 als Umschü-

wünschte häusliche Pflege ermöglichen zu

lerinnen und Umschüler und 100 in der Pfle-

können, brauchen wir zum einen eine verbes-

ge Tätige berufsbegleitend eine Ausbildung

serte Finanzierung ambulanter Dienste ge-

aufgenommen.

rade im ländlichen Raum, zum anderen eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Pflege.

Die Alzheimer-Gesellschaft koordiniert seit

Dieser Aspekt spielt in der Brandenburger So-

2002 im Land den Auf- und Ausbau von nied-

zialpartnerschaft eine besondere Rolle.

rigschwelligen Betreuungsangeboten für Menschen mit Demenz. Es sind landesweit

Gemeinsam mit der Pflegekasse und den re-

über 220 Betreuungsangebote entstanden,

gionalen Pflegestrukturen wollen wir Unter-

über 2.150 ehrenamtliche Helferinnen und

stützungsangebote für pflegende Angehörige

Helfer wurden für die Begleitung von De-

flächendeckend entwickeln. Das Familienpfle-

menten geschult. Sie entlasten pro Jahr etwa

gezeitgesetz des Bundes ist

nicht ausrei-

3.000 pflegende Angehörige und Familien zu

chend, denn es besteht auf Familienpflegezeit

Hause im Gesamtumfang von über 200.000

kein Rechtsanspruch, und die Begrenzung auf

Stunden.

24 Monate ist oft nicht bedarfsgerecht.

48

Märkische Hefte 29 | Mai 2014


Modellprojekt „Vereinbarkeitslotsen

pflegerischen Versorgung beraten können.

Pflege und Beruf“

Innerhalb kurzer Zeit konnten viele Ehrenamtliche gewonnen und ausgebildet wer-

Rund 77 Prozent der pflegebedürftigen

den. Auch die Betriebe zeigen steigendes

Menschen werden in Brandenburg in ihrem

Interesse. Lokal vernetzte Versorgungs- und

häuslichen Umfeld gepflegt. Für pflegen-

Unterstützungsstrukturen sind ein wichti-

de Angehörige, die berufstätig sind, ist die

ger Eckpunkt der Brandenburger Senioren-

Vereinbarkeit von Erwerbsleben und Pflege-

und Pflegepolitik. Die erfolgreiche Einbin-

tätigkeit oft eine organisatorische Heraus-

dung des Ehrenamtes ist auch in diesem

forderung. Sie sind genauso wie Arbeitgeber

Bereich unerlässlich.

und Unternehmen an Modellen interessiert, Beruf und Pflege gut miteinander zu verein-

Bündnis Gesund älter werden

baren. Häufig fehlen aber vor Ort niedrigschwellige Beratungsangebote zu Versor-

Das „Bündnis Gesund älter werden“ wurde

gungsmöglichkeiten älterer Menschen und

2012 auf Initiative des Gesundheitsminis-

zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf durch

teriums gegründet. Das Bündnis folgt den

geschulte Personen. Gleichzeitig müssen

Grundsätzen für ein aktives Altern und ist

Vereinbarkeitslösungen systematisch in Un-

Teil des seniorenpolitischen Maßnahmen-

ternehmen bekannt gemacht werden.

pakets. Das Bündnis vereint Partner, die sich gemeinsam dafür einsetzen, die Bedingun-

Im Rahmen des Modellprojekts „Vereinbar-

gen für ein gesundes Älterwerden im Land

keitslotsen Pflege und Beruf“ in Eisenhüt-

zu verbessern. Gegenwärtig sind 34 Mit-

tenstadt geht es darum, den Informations-

glieder im Bündnis aktiv: Krankenkassen,

und Beratungsbedarf der Betriebe und

Landesseniorenrat

Beschäftigten zu gewährleisten. Konkret ist

Landessportbund, Wohlfahrtsverbände und

eine „Vereinbarkeitslotsin“ am Pflegestütz-

Landeszahnärztekammer, Ministerien und

punkt angesiedelt, die lokale Unternehmen

Hochschulen.

und

Seniorenbeiräte,

kontaktiert und arbeitsrechtliche sowie innerbetriebliche

Vereinbarkeitslösungen

befördert. Gleichzeitig wirbt sie um und ko-

Gute Betreuung, Prävention und Rehabilitation

ordiniert bürgerschaftlich engagierte Kontaktpersonen, die nach Fortbildung in ihrem

Eine angemessene medizinische Betreu-

Umfeld zu Vereinbarkeitsmöglichkeiten von

ung, gesundheitliche Prävention und Reha-

Pflege und Beruf und zu Grundfragen der

bilitation spielen für aktives Altern und die

Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

49


Erhaltung hoher Lebensqualität im Alter

die Konfrontation mit altersbedingten kör-

eine entscheidende Rolle. Ein gesundheits-

perlichen und geistigen Einschränkungen,

förderlicher Lebensstil liegt auch in der

Eintreten von Pflegebedürftigkeit können

Verantwortung des Einzelnen. Individuelle

erhebliche gesundheitliche Folgen haben.

Lebensverhältnisse, aber auch soziale Fak-

Die Bündnispartner setzen sich gemeinsam

toren können diesen Lebensstil erschweren

dafür ein, dass diese Übergänge durch ab-

oder erleichtern.

gestimmte Hilfe, Selbsthilfe und Unterstützungsangebote auch bei gesundheitlicher

Auf der Grundlage aktueller Gesundheitsda-

Beeinträchtigung gut gemeistert werden

ten erarbeiten die Mitglieder des Bündnisses

können. Erkrankungen müssen in diesen Pro-

gemeinsam Ziele und verabreden nötige Maß-

zess integriert werden. Das Bündnis will dazu

nahmen. Im Vordergrund steht dabei, die be-

beitragen, die Selbstbestimmung über die ei-

reits vorhandenen Aktivitäten im Bereich der

gene Gesundheit zu stärken und die Lebens-

Gesundheitsförderung und Prävention bei äl-

qualität zu verbessern, um Krankheiten und

teren Menschen zu bündeln und auszubauen.

Pflegebedürftigkeit im Alter hinauszuzögern oder sogar zu verhindern.

Individuell belastende Phasen wie der Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand, Verteilung der Pflegestützpunkte im Land Brandenburg

Uckermark

Prignitz

OstprignitzRuppin

(Schwedt)

(Perleberg) (Neuruppin)

Oberhavel

Barnim

(Oranienburg)

(Eberswalde)

Havelland

Märkisch-Oderland

(Falkensee)

Berlin

Brandenburg a.d.H.

(Strausberg)

Potsdam

Frankfurt (Oder) Oder-Spree

PotsdamMittelmark (Werder)

(Erkner/Eisenhüttenstadt)

TeltowFläming (Luckenwalde)

Dahme-Spreewald (Lübben)

Elbe-Elster (Herzberg)

OberspreewaldLausitz (Senftenberg)

Quelle: Ministerium für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie

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Märkische Hefte 29 | Mai 2014

Cottbus SpreeNeiße

(Forst)


Auf- und Ausbau von Pflegestützpunkten Der demografische Wandel führt auch zu einer stark steigenden Zahl von pflegebedürftigen Menschen in Brandenburg. Pflegebedürftige und ihre Angehörigen sind häufig auf den Pflegefall nicht vorbereitet und meist nur eingeschränkt in der Lage, die erforderliche Pflege zu organisieren. Es besteht ein stark wachsender Bedarf an Beratung, Begleitung und im Ein-

leistungs- und Hilfesystemen in der Pflege,

zelfall an Übernahme eines komplexen Fall-

Gesundheit und der Daseinsvorsorge kom-

managements. Seit 2008 besteht zudem ein

petent berät, wurden neben den Verbänden

Rechtsanspruch der Versicherten gegen ihre

der Kranken- und Pflegekassen auch die

jeweilige Pflegekasse auf Pflegeberatung.

Kommunen integriert. Damit werden die Kompetenzen der Sozialversicherungsträ-

Bis Mitte 2013 wurden 19 Pflegestützpunkte

ger mit denen der Sozialhilfeträger und der

landesweit in allen Landkreisen und kreis-

Kommunen gebündelt, und den Menschen

freien Städten eingerichtet. Pflegestütz-

mit Pflegebedarf und ihren Angehörigen

punkte richten zunehmend Außenstellen ein

wird eine umfassende Beratung angeboten.

bzw. bieten Außensprechstunden an. Es ist eine wachsende Nachfrage nach Beratungs-

Die Pflegestützpunkte beraten und unter-

leistungen zu verzeichnen. Die Pflegestütz-

stützen Pflegebedürftige und ihre pflegen-

punkte haben sich in der Brandenburger

den Angehörigen wohnortnah. Sie sollen

Pflegelandschaft bewährt und müssen nun

(präventive) Versorgungs- und Betreuungs-

konsequent weiterentwickelt werden. Eine

angebote abstimmen, koordinieren und

unabhängige und kompetente Beratung vor

vernetzen. Die laufenden Betriebskosten

Ort ist unerlässlich insbesondere für pfle-

tragen die beteiligten Träger je zu einem

gende Angehörige.

Drittel. Kommunen und Kassen entsenden jeweils eigenes Personal in die Pflegestütz-

Beteiligung von Kommunen, Kranken-

punkte.

und Pflegekassen Um eine landesweite Beratungsinfrastruktur zu etablieren, die in Fragen von Sozial-

Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

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5. lebensphasenübergreifende programme

Gleichstellung – Inklusion – Integration stärkt Netzwerke und Kooperationen unter Einbindung der zivilgesellschaftlichen Akteure wie auch der Institutionen der Gleichstellungspolitik auf kommunaler und Landesebene. Gleichstellungspolitik ist integraler Bestandteil einer Politik des Vorsorgenden Sozialstaats. Sie muss auf folgende vorrangige Handlungserfordernisse reagieren: Lebenschancen sind nach Geschlecht immer noch ungleich verteilt. Das beginnt mit ungleicher Behandlung von Mädchen und Jungen in der Familie, setzt sich fort in der unreflektierten und umso schwerer zurückzuweisenden Vermittlung von Geschlechtsrollen durch die Bildungsinstitutionen, mündet in nach Geschlecht segmentierte und segregierte Ausbildungs- und Arbeitsmärkte, auf der Ebene der betrieblichen Arbeitsmärkte verbunden mit dem erschwerten Zugang von Frauen zu Führungspositionen. Neue Chancen, faires Miteinander, gute Lebensperspektiven Das Gleichstellungspolitische Rahmenprogramm für Brandenburg greift die Grundprinzipien des vorsorgenden Sozialstaats auf. Es fördert die Chancengleichheit und

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Märkische Hefte 29 | Mai 2014

■■ Eine zentrale Aufgabe ist es, die Verfes-

tigung von Geschlechtsrollen durch die Institutionen des Bildungssystems zu reduzieren. ■■ Wir brauchen eine Politik der guten Ar-

beit einschließlich Durchsetzung von Lohnstrukturen, welche die dauerhafte Abhängigkeit von Geringverdienenden von Transferleistungen eindämmt. In Deutschland sind Frauen in dieser Gruppe noch deutlich stärker überrepräsentiert als in anderen europäischen Ländern. ■■ Wir brauchen eine Politik der besseren

Vereinbarkeit von Beruf und Familie insbesondere für Väter im Zusammenwirken zwischen Wirtschaftsunternehmen und Verbänden sowie staatlichen Institutionen, um partnerschaftliche Aufteilung von Familienaufgaben nicht nur zu ermöglichen, sondern gezielt zu fördern.


Was wir tun. Unsere Maßnahmen für lebensphasenübergreifende Programme. ■■ Ein Land für alle ·· Behindertenpolitisches Maßnahmenpaket für das Land Brandenburg (Mittelansatz 2013/2014: jeweils 100.000 Euro) ■■ Für gute Lebensperspektiven, ein faires Miteinander und neue Chancen ·· Gleichstellungspolitisches Rahmenprogramm für das Land Brandenburg

2011-2014

■■ Für die Integration von Familien sowie Fachkräften mit Migrationshintergrund ··

Landesintegrationskonzeption

··

Unterbringungskonzeption

··

Angebote zum Erlernen der deutschen Sprache

Behindertenpolitisches Maßnahmenpaket

hängig von individuellen Fähigkeiten und Voraussetzungen.

In Brandenburg leben rund 420.000 Menschen mit Behinderung, davon etwa 300.000

Das Behindertenpolitische Maßnahmen-

mit Schwerbehinderung. Das ist gut wein

paket verdeutlicht einen Paradigmenwech-

Sechstel der Gesamtbevölkerung. Mit zuneh-

sel: Weg vom sozialpolitischen Fokus hin

mender Alterung der Gesellschaft wird sich

zur Querschnittsperspektive – Politik für

diese Zahl noch erhöhen. Das Behinderten-

Menschen mit Behinderung ressort- und

politische Maßnahmenpaket ist ein erster

politikfeldübergreifend.

Schritt zur Umsetzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von

Gleichberechtigte Teilhabe

Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention). Es soll zur Rea-

Die Mehrzahl der Behinderungen wird im Lau-

lisierung der Leitidee der Inklusion beitra-

fe des Lebens erworben. Nur vier bis fünf Pro-

gen. Inklusion bedeutet, dass jeder Mensch

zent aller Menschen sind von Geburt an be-

die Möglichkeit erhält, sich vollständig und

hindert. Menschen mit Behinderungen bilden

gleichberechtigt an allen gesellschaftlichen

keine homogene Gruppe. Die Formen und der

Prozessen zu beteiligen – und zwar unab-

Umfang von Behinderungen sind vielfältig

Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

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und verschieden. Daraus ergibt sich zugleich

Beispielhaft zwei Maßnahmen:

der Auftrag: Wir müssen den Sozialraum so

■■ In Umsetzung der Bund-Länder-„Initiative

gestalten, dass alle Menschen mit und ohne

Inklusion“ (Mittel des Ausgleichfonds)

Behinderung gemeinsam leben, wohnen

und eines begleitenden Landesförderpro-

und arbeiten können. Das ist der Bezugs-

grammes (Mittel Ausgleichsabgabe) wur-

punkt des Behindertenpolitischen Maßnah-

de für Schülerinnen und Schüler mit son-

menpakets. Es beschreibt Maßnahmen, die

derpädagogischem Förderbedarf „geistige

darauf abzielen, Barrieren Schritt für Schritt

Entwicklung“, „körperlich-motorische Ent-

abzubauen und eine gleichberechtigte Teil-

wicklung“, „Hören“ und „Sehen“ ein Ange-

habe für Menschen mit Behinderungen zu

bot für eine vertiefte berufliche Orientie-

ermöglichen.

rung entwickelt, das zwei bzw. vier Jahre vor Schulabschluss einsetzt. Insgesamt

Leitprinzip Inklusion

haben bereits rund 700 junge Menschen an dem mehrjährigen Berufsorientie-

Die umgesetzten Maßnahmen zeigen ers-

rungsverfahren mit den Kernelementen

te Erfolge. Ein grundlegender Schritt zur

Kompetenzanalyse, Berufswegekonferen-

Inklusion ist 2012 mit der Neufassung des

zen, begleitete Praktika teilgenommen.

Behindertengleichstellungsgesetzes getan

Die Umsetzung vor Ort wird von den In-

worden, in dem der Gedanke der Inklusion

tegrationsfachdiensten des Landes koor-

als Leitprinzip verankert ist.

diniert. Bis Ende 2013 wurden dafür rund 3,2 Millionen Euro eingesetzt.

Arbeit und Beschäftigung ist ein zentrales

■■ Bis 2015 werden gemeinsam von Bund

Teilhabefeld für Menschen mit Behinde-

(1,2 Millionen Euro) und Land (1,5 Millio-

rung. Arbeit sichert den Lebensunterhalt,

nen Euro) neue Arbeitsplätze für arbeits-

schafft soziale Kontakte, ermöglicht Aner-

lose Menschen mit Behinderung über

kennung sowie Wertschätzung und stiftet

45 Jahre gefördert. Umgesetzt wird das

Identität. Wichtige Themenschwerpunkte

Förderprogramm durch das Integrations-

sind daher die Verbesserung der Berufso-

amt in enger Abstimmung mit den Agen-

rientierung, Förderung der betrieblichen

turen und Jobcentern vor Ort. Aktuell

Ausbildung, Alternativen zur Werkstätte so-

haben 70 arbeitslose schwerbehinderte

wie Förderung neuer Arbeitsplätze für Men-

Menschen – unterstützt durch das Förder-

schen mit einer Schwerbehinderung.

programm – eine neue Beschäftigung erhalten. Ziel ist es, bis 2015 mindestens 250 neue Arbeitsplätze zu schaffen.

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Märkische Hefte 29 | Mai 2014


Informationen zu wichtigen Themen der Landespolitik ...können Sie kostenfrei per Post erhalten. Bestellungen nehmen wir telefonisch unter 0331 – 966 13 55 oder per E-Mail an post@spd-fraktion.brandenburg.de gern entgegen. ■■ Auf einen Blick – Die SPD-Fraktion im Brandenburger Landtag ■■ Kurzbilanz der Wahlperiode „Das ist unser Erfolg“ ■■ Flyer – Kurzbilanz „Vorsorgender Sozialstaat. Wie wir gleiche Chancen für alle schaffen“ ■■ Brandenburgs Kommunalgesetze ■■ Faltblatt – 10 Antworten zu Brandenburgs Schüler-Bafög ■■ Faltblatt – Gemeinsames Lernen. Wie kommen wir zu einer Schule für alle? ■■ Broschüre „Auf dem Weg zur Industrie 4.0. Strategiepapier für eine sozialdemokratische

Industriepolitik ■■ Elektronischer Newsletter (dafür benötigen wir Ihre E-Mail-Adresse) ■■ Schriftenreihe „Märkische Hefte“

Lieferbar sind noch folgende Titel: 24. Energieland Brandenburg – Herausforderungen und Chancen der Energiewende.

25. Zukunft im ländlichen Raum – Wie wir das Leben auf dem Land lebenswert gestalten. 26. Gemeinsames Lernen. Wie kommen wir zu einer Schule für alle? 27. Das Reiseland Brandenburg für die Zukunft gestalten.

28. Viel geschafft – noch viel zu tun! Eine Bilanz der Wahlperiode 2009-2014.

29. Der Vorsorgende Sozialstaat. Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

Der Vorsorgende Sozialstaat – Wie wir in Brandenburg gleiche Chancen für alle schaffen.

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SPD-Fraktion im Brandenburger Landtag Alter Markt 1 14467 Potsdam Tel.: 0331 – 966 13 40 Fax: 0331 – 966 13 07 www.spd-fraktion.brandenburg.de www.facebook.com/SPDFraktionBrandenburg


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