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Hier wird bis zum Schluss
„Hier wird bis zum Schluss gelebt“
Das Hospiz des Evangelischen Krankenhauses Düsseldorf war bei der Eröffnung im Jahr 1994 das erst vierte Hospiz in ganz Nordrhein-Westfalen. Unter seinem Dach leben 13 Patienten, die unheilbar krank sind; bei denen klar ist, dass sie bald sterben werden. Sie werden hier bis zum Schluss begleitet – selbstbestimmt und mit der höchstmöglichen Lebensqualität. In der Wohnküche des Hospizes traf Autorin Dana Marie Hospizleiterin Barbara Krug für die SPIESSER-Mittagspause.
Frau Krug, wie fühlt es sich an, jeden Tag mit dem Thema Tod konfrontiert zu werden? Ich als Leitung werde nicht so konfrontiert wie die Mitarbeiter, die direkt bei den Patienten sind. Und es ist auch – wie im richtigen Leben – nicht so, dass man ständig daran denkt. Wir leben einfach zu gerne dafür, und hier wird bis zum Schluss gelebt. Es werden Beziehungen neu aufgebaut, gepflegt, alte wieder neu aufgenommen, es wird sich ausgetauscht, genossen, man versucht rauszugehen. Sie können das Thema nicht verdrängen, aber ob Sie es ständig thematisieren, das liegt an Ihnen. Das macht eigentlich keiner. Sie leben ja viel lieber ...
Wird der Tod bei dieser Arbeit zur Normalität? Nein, Gott sei Dank nicht. Es gibt immer wieder Konstellationen, bei denen man selbst berührt ist, weil zum Beispiel eigene biografische Anteile gestreift werden. Und es gibt auch ganz lustige Dinge, zum Beispiel, dass ich mir jetzt einige Monate nach dem Amtsantritt als Leiterin meinen Lebenswunsch erfülle und nach Indien fahre, weil ich täglich sehe: Es geht ganz schön schnell. Das ist so ein bisschen das Abarbeiten der Bucketlist. Es gibt ein Buch mit dem Titel 5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen – das kann, gemeinsam mit täglichen Erfahrungen, unseren Blickwinkel verändern.
Wie sieht ein normaler Arbeitstag bei Ihnen aus? Ein normaler Arbeitstag beinhaltet, dass ich als Leiterin wiederkehrende administrative Dinge mache. Aber ich muss natürlich hochflexibel sein. Wenn eine Mitarbeiterin in Not ist oder ein Patient zu mir kommt, muss ich sofort ein Ohr für diese Nöte haben – oder zumindest möglichst schnell da sein. Ich muss Menschen einstellen, in Kooperation mit der Pflegedienstleitung Beurteilungen schreiben, das ganze Patientenmanagement umsetzen. Das bedeutet, dass ich Anmeldungen entgegennehme und schaue: Wer hat uns jetzt am nötigsten? In der Regel sind das Patienten, die allein zuhause sind, deren pflegerische Situation schwer gestaltbar ist, sodass sie hier aufgenommen werden müssen.
In Deutschland wurde das erste stationäre Hospiz 1986 eröffnet. Mittlerweile gibt es etwa 240 (davon 17 für Kinder und Jugendliche), mehr als 300 Palliativstationen in Krankenhäusern sowie über 1500 ambulante Hospizdienste.
Eine häufige Frage von Angehörigen ist: „Wenn ich meine Mutter bei Ihnen anmelde, wie lange muss sie warten? Wie viele stehen bei Ihnen auf der Warteliste?“ Dann sage ich: „Das kann ich Ihnen nicht sagen, das ist jeden Tag anders, das regelt der liebe Gott.“
Welche Rolle spielt Ihr Glaube bei der Arbeit? Für mich persönlich ist er ein Stück Motivation. Weil Glauben für mich sehr mit Gemeinschaft, mit sozialem Tun zusammenhängt. Ich würde das aber nicht in meiner einzelnen Beziehung zu Patienten festmachen wollen. Wir nehmen jeden Patienten, egal ob er glaubt oder nicht glaubt, hier als Menschen an. Und bemühen uns, ihm ein würdevolles Lebensende zu bescheren. Das ist etwas, was mich motiviert, mich tröstet: Ich denke, danach ist „irgendetwas“. Aber das Irgendetwas ist so groß, dass ich es nicht begreifen kann. Es hat etwas Tröstliches, Hoffnungsvolles. Wir haben eine Seelsorgerin, die für das Hospiz zuständig ist und Gesprächsangebote macht, egal, ob jemand christlichen Glaubens ist oder nicht. Wir drängen uns da nicht auf, es ist wirklich nur ein Angebot. Wir arbeiten über die Konfessionsgrenzen hinweg. Gehen die Menschen anders aus dem Leben, wenn sie gläubig sind? Ich glaube schon, dass sie eine andere Zuversicht haben und auch eher eine Akzeptanz,
dass das Leben endlich ist. Diese Menschen hoffen mehr. Sie sagen nicht fatalistisch: „Dann bin ich kalt und mich kriegen die Würmer, dann bin ich halt Asche und werde zur Not bei Glatteis verstreut. Schluss, aus, fertig.“ Ich glaube, dass uns schon eine Hoffnung anders trägt, in den Tod hineinzugehen, weil da noch etwas kommt …
Barbara Krug
leitet seit Oktober 2019 das Hospiz des Evangelischen Krankenhauses Düsseldorf. Die 58-Jährige begann ihre berufliche Laufbahn als Krankenschwester, studierte während einer Familienpause Pflegemanagement und bildete sich zur Fachkrankenschwester für „Palliative Care“ fort – ein Zweig der Krankenpflege, in dem sterbenskranken Menschen die bestmögliche Lebensqualität bis zum Ende gewährleistet wird.
Empfehlungen von Barbara Krug zum Thema:
Filmprojekt: 30 junge Menschen sprechen mit sterbenden Menschen und deren Angehörigen: 30jungemenschen.de
Sarg-Geschichten: Kurzfilme über das Sterben, über Abschiednehmen und Beerdigen und über Trauern und Erinnern: sarg-geschichten.de
Letzte-Hilfe-Kurse: Was passiert, wenn jemand stirbt und was man tun kann: letztehilfe.info
Ehrenamtliches Engagement im Hospiz bedeutet in erster Linie, Sterbende und Angehörige zu entlasten und zu unterstützen. Aber auch beispielsweise die Mitarbeit in der Wohnküche im stationären Hospiz kann dazugehören.
Wenn sich junge Menschen für die Arbeit im Hospiz interessieren – wie finden sie einen Einstieg? Wir sind ein multiprofessionelles Team: Sozialarbeiter, Kranken- und Pflegepersonal, Ärzte, Psychologen, Seelsorger, bis hin zur Küchenfachkraft. Dann haben wir 60 Ehrenamtliche aus den verschiedensten Sparten, die alle ihre Expertise einbringen. Insofern gibt es ganz viele Punkte, an denen man ins Hospiz reinkommen kann. Sie sollten selbst darüber nachgedacht haben, wie das ist mit Leben und Tod, sich damit auseinandergesetzt haben. Führen Sie ein Gespräch mit einer Koordinatorin eines ambulanten Hospizdienstes, der die Ehrenamtlichen schult, und machen Sie solch eine Schulung mit. Da gehört die Kommunikation mit sterbenden Menschen genauso dazu wie eigenes biografisches Arbeiten. Wo habe ich Knotenpunkte, wo Trennungen erlebt, Verlusterfahrungen, Traurigkeit? Wie gehe ich damit um, wenn mir jemand erzählt, dass er bald sterben muss? Damit, dass er Schmerzen erwartet? Angst hat? Da gibt es ganz viele Aspekte, die man betrachten und üben kann. Dann gehen Sie in die Begleitung oder Sie arbeiten in der Küche mit als Ehrenamtlicher. Und wenn das alles Freude macht, kann man überlegen: Lernt man z. B. Pflege als Lehrberuf oder studiert man Pflege? [Anm. d. Red.: Es gibt z. B. die Bachelor-Studiengänge Pflegepädagogik, Pflegemanagement und Pflegewissenschaft]. Das ist krisensicher, erfüllend und danach kann man sich als „Hauptamtler“ im Hospiz bewerben.
Text von Dana Marie Weise, 28, wohnt in Köln und ist freie Autorin für verschiedene Onlineund Printmedien sowie TV.
Fotos von Jakub Kaliszewski, Werbefotograf, Fotodesigner und Teilzeithedonist aus Köln.
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Sind wir noch bei Sinnen?
Das wollen wir von Ausgabe zu Ausgabe von euch wissen! Hier findet ihr Reaktionen auf unsere Artikel aus der letzten Ausgabe sowie Kommentare und Highlights von SPIESSER Online.
Etwas gruselig. Sehr gut, die Sonne wirkt sogar wie ein natürlicher Filter! Blattkritik Ausgabe #184 Cover:
SPIESSER erscheint bundesweit mit einer Druckauflage von 400.000 Exemplaren (IVW IV/19). Herausgeber Orange YC GmbH Fetscherstraße 32 01307 Dresden Geschäftsführer: Björn Peters (V.i.S.d.P.) Telefon:0351 288549-000 Fax:0351 288549-549 Web:SPIESSER.de Mail:info@SPIESSER.de
Redaktionsleitung:Polina Boyko
Layout:Paula Hohlfeld
Lektorat:Ute Nitzsche
Redaktion:Caroline Böhme, Tabea Grünert, Sarah Plobner
Koordination: Susann Thannert
Mitarbeiter dieser Ausgabe: Naomi Asal, Veronika Hofmann, Leonie Ruhland, Sophie Lorraine Senf, Christian Schneider, Valentina Schott, Dana Marie Weise
Wir lieben alle SPIESSER, egal welchen Geschlechts. Damit aber trotzdem alles im SPIESSER und auf SPIESSER.de gut lesbar ist, verwenden wir weibliche und männliche Sprachformen als Paarformen oder das generische Maskulinum. Sämtliche Personenbezeichnungen sind bei uns wie Farben – sie sind für alle da.
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Blattkritik Ausgabe #184 Exkurs Evolution der Technik : Ist nicht tiefgreifend genug. Technik hat mittlerweile so starken Einfluss in allen Lebensbereichen. Daher ist das Thema etwas zu kurz gekommen.
Video-Kommentar zur SPIESSER-Vertretungsstunde mit Gregor Gysi: Phillip Amthor würde in der ersten Reihe kein bisschen auffallen. Hab eigentlich darauf gewartet, dass sich der Lammert in die letzte Reihe schleicht und die Redezeit mal begrenzt :D Busta Keaton: christiAnpure: Ich mag Die Linke nicht, aber Gysi ist vielleicht sogar der beste Politiker Deutschlands. Seb0rn: Toll, nicht nur über Greta zu berichten, sondern auch über Leute wie Clara und Lukas! Beeindruckende Bilder und Story! Ich stehe dem ein wenig misstrauisch gegenüber, da ich finde, dass die Menschheit zu lange gewartet hat und nun nicht mehr wirklich „die Welt retten“ kann. Blattkritik Ausgabe #184 Titelstory Klimaaktivismus mit Rückenwind :
Fotos:Julia Bengeser, Jakub Kaliszewski, Michael Kuchinke-Hofer, Daniel Scholz, Christian Schott
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Titelfoto: Nilam Farooq
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