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Selbstoptimierung bei jungen Menschen
Jakob wird kein Simon, Amelie niemals Lisa
Kinder wollen sich sehr früh inszenieren. Diese Selbstoptimierung bei jungen Menschen wird sehr kritisch gesehen und ist ein brennendes Thema, das nicht nur Eltern betrifft. Das Beste aus sich selber machen – wie geht das und wofür
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ist es gut? RunUp hat nachgefragt. TEXT_Roland Romanik//FOTOS_Envatoelements
Die Generation Z will ihre Entwicklung in vielen Bereichen in die eigene Hand nehmen.
Als im Jahr 2011 in den USA das Buch „Die Mutter des Erfolgs. Wie ich meinen Kindern das Siegen beibrachte“ erschien, entfachte es weltweit einen öffentlichen Diskurs über Entwicklungsprozesse, der bis heute anhält. Die chinesisch-amerikanische Autorin Amy Chua erzählt darin, wie sie mit autoritativen chinesischen Methoden ihre beiden Töchter zu musikalischen Wunderkindern formen wollte. Bei einem Kind hatte sie Erfolg, der zweite Spross widersetzte sich im Laufe der Zeit dem Übungsregime seiner Mutter und zwang sie damit zur Aufgabe. Amy Chua kritisiert in ihrem Bestseller am westlichen Erziehungsstil vor allem, dass Eltern ihren Kindern zu viel Freiheit einräumen, deren oft selbst getroffene Entscheidungen respektieren und Leidenschaften der Kleinen selbst dann fördern, wenn die Selbstverwirklichung offensichtlich in eine falsche Richtung geht bzw. darin besteht, täglich stundenlang mit Facebook oder YouTube an sich selbst zu arbeiten.
Wie viel Selbstbestimmung darf ein Kind haben? Der Begriff der Selbstoptimierung ist in der Generation Z dominierend geworden. Kinder und Jugendliche wollen ihre Entwicklung in vielen Bereichen in die eigene Hand nehmen: in der Schule, in der Peer Group, beim Hobby oder beim Sport. Diese Arbeit am Selbst birgt auch Gefahren. Social Media, Internet-Stars, Influencer, PopIdole oder Sportgrößen zeigen, wie es geht, wenn es nach ihnen geht, und prägen damit das Leben unserer Kinder.
Die Sportpsychologin und Kinder- und Jugendpsychotherapeutin Andrea Engleder aus Wien steht dem Thema Selbstoptimierung bei jungen Menschen kritisch gegenüber, weist aber auch auf dessen Wichtigkeit hin. Zuerst die Begriffsbestimmung. „Was ist Selbstoptimierung? Meint es, das Beste aus mir selbst zu machen? Und wenn ja, woher weiß ich, wie die beste Version von mir selbst aussieht?“, fragt Engleder. „Wissen Eltern, Lehrkräfte, Trainerinnen und Trainer, wie die beste Version ihrer Schützlinge aussieht, und wie kommen sie dort hin?“
Engleder empfiehlt, einen Schritt zurück zu machen. Vor dem Was und Wie sollte das Warum beantwortet werden: die Frage nach dem Ziel. „Was ist das Bedürfnis, sich selbst zu optimieren? Ist es die Botschaft, dass ich als Kind nicht gut genug bin? Habe ich das Ziel, glücklicher zu sein, wenn ich meine Ernährung, mein Aussehen oder meine kognitive oder sportliche Leistung verbessere? Will ich schneller laufen können oder ausdauernder sein? Oder will ich mich bedeutsamer fühlen?“ Wenn man sich diesen Fragen nicht bewusst stellt, liege im Wunsch der Selbstoptimierung eine riesengroße Gefahr, dass Kinder zu ihrem Objekt würden. „Und dann finden wir uns mit jungen Menschen schnell in Essstörungen, Sportsucht, Depressionen und Selbstwertstörungen wieder.“ Internet und Social Media im Besonderen haben großen Einfluss auf Kinder und damit Macht über sie. Das spürt die Psychologin bei ihrer täglichen Arbeit. „Schon die
ganz Jungen sind ständig mit Inszenierungen konfrontiert, die ihnen zeigen, wie es sein soll, wie etwas gut und richtig zu sein scheint und sie in Konflikt mit dem eigenen Ich, mit Aussehen, Gewicht oder Leistung bringt.“ Das Eigene erscheint verbessert werden zu müssen, um einem Bild zu entsprechen. „Nur wird Jakob niemals ein Simon sein und Amelie niemals eine Lisa. Und das ist gut so.“
Beim Thema Kinder im Leistungssport hat die Kinder- und Jugendpsychotherapeutin eine klare Vorstellung. „Kinder dürfen nicht zum Objekt der Leistung werden, zum Aushängeschild für Trainerinnen, Trainer oder für ihre Eltern, sondern müssen immer auch noch Kind sein dürfen.“ Kinder, die sportliche Höchstleistungen liefern sollen, brauchen gute, unterstützende, wohlwollende Beziehungen, die unabhängig von der Leistung Bestand haben. Auf Basis dessen können sie sich ausprobieren, dabei wachsen und zu Topleistungen kommen.“ Gerade in der Leichtathletik läuft vieles mit Spaß ab: laufen, springen, werfen, alles ist spielerisch. Auch im Laufsport soll die Freude an der Bewegung überwiegen. Ein Formen und Lenken sei nicht nötig. „Das Gefühl zu haben ,Nur wenn ich leiste, werde ich geliebt und bin wertvoll‘ ist eine fatale Verkettung. Der Drill reduziert ein Kind auf bestimmte Fähigkeiten oder Talente“, weiß Engleder. „Es spürt, dass nur noch das Talent etwas wert ist und es selbst als Person als nicht genug angesehen wird. Das kann in einen Rückzug führen – oder zu massivem Widerstand.
Für die Arbeit am eigenen Körper drängen sich viele Angebote technischer Hilfsmittel auf. Gerade bei Themen der Gesundheit, Ernährung, Bewegung und im Sport liefern uns Wearables für Self Tracking Aufschlüsse darüber, wie und ob wir funktionieren. Engleder winkt ab. Ein Laufcomputer am Handgelenk macht bei Erwachsenen Sinn und sieht schick aus, für Teens ist es nicht mehr als eine verzichtbare Spielerei. „Bei Kindern halte ich wenig von technischen Tools, da die Kleinen zuerst für sich eine gute Körperwahrnehmung entwickeln müssen. Wenn ihnen eine App sagt, wie sie sich fühlen sollen, zerstört es das eigene Körpergefühl. Das Wohlbefinden wird nur noch von der Technik bestimmt. Kinder müssen lernen, in ihren Körper und seine Signale zu vertrauen.“ Sonst verkomme der Körper wieder zum Objekt. Apps können laut Engleder hilfreich sein, wenn junge Menschen ein Verhalten ändern wollen (z.B. mehr Bewegung oder Sport in ihr Leben integrieren wollen) und ihr Dranbleiben belohnt wird, indem die App sie erinnert, was sie schon geschafft haben. Als Fazit rät Engleder, dass sich Kinder nicht inszenieren sollten. „Sie müssen leben, spielen, Spaß haben und in ihren Fähigkeiten unterstützt, gefördert und gefordert werden. Die richtige Einstellung oder Grundhaltung muss sich in der Umgebung des Kindes befinden, nämlich dass es wertvoll, liebenswert und bedeutsam ist. Jeder Mensch muss im Grunde spüren, dass er, so wie er ist, genug ist.“
Der Salzburger Kinder- und Sportarzt Holger Förster erlebt immer wieder Überraschungen, wenn Eltern mit ihrem Nachwuchs zum kindersportmedizinischen Check kommen. „Die Kleinen müssen die Leistung und Erwartungen erfüllen, die der Papa als Junger nicht erfüllen konnte.“ Hier fehlt Förster die „objektive Liebe“ zum Kind. „Leistungssport per se ist ungesund und macht den Körper kaputt, auch im Psychischen. Sport auf Höchstniveau ist nur möglich, wenn man sich quält. Das Kind verliert die Freude und einen Teil seiner Kindheit“, so der Experte. Da Eltern bei Kleineren die Hauptbezugspersonen sind, könne ein Kind rasch sein Urvertrauen verlieren. In dem Glauben, dass es von seinen Eltern nicht mehr geliebt wird, buhlt es um Liebe und Anerkennung. In weiteren Entwicklungsphasen nicht nur bei den Eltern, auch bei Pädagoginnen und Pädagogen, Ausbildnerinnen und Ausbildnern oder in der Peer Group. Mit dem Buhlen um Anerkennung und Steigerung des Selbst-wertgefühls kommt auch die Selbstoptimierung ins Spiel. „Das Kind schaut, was die anderen machen und können, vergleicht sich im Aussehen, in Leistung, auch im Wettkampf“, weiß Förster. Schneller, höher, stärker. Beim Kleinkind läuft vieles noch spielerisch, danach oft zwanghaft.
Technische Tools zur Selbstoptimierung hält der Arzt nur zum Teil für sinnvoll. „Ausprobieren ist okay, aber es darf nicht zum Selbstzweck werden. Der Bezug zum eigenen Körper ist für ein Kind außerordentlich wichtig, der Körper darf nicht von der Technik dirigiert werden.“ In unserer schnelllebigen Zeit, in der immer von Erwachsenen vermittelte Unruhe herrscht, müsse den Kindern Zeit gegeben werden, um sich zu spüren, Pausen zu bekommen und Erholung zu finden. „Ansonsten verlieren sie sich.“
Es brauche kein Inszenieren und Verbiegen, damit Kindern etwas gefällt. „Selbstoptimierung ist primär gut, aber nur mit der Zusatzfrage: Was ist das Ziel?“ Förster denkt noch weiter. „Ist dieses Ziel realistisch oder reine Fantasie? Jede Optimierung muss für ein Kind verständlich sein. Das Ziel darf nicht Anerkennung, sondern muss innere Vollkommenheit und Zufriedenheit heißen.“ Junge Menschen müssten zur Erkenntnis kommen, dass sie wichtig sind, weil sie da sind. Der Schlusssatz ist stimmungsvoll: „Kinder sollen als Personen respektiert werden. Sie sind das höchste Gut, das gepflegt werden muss.“
Adventlauf Grafenegg
19. DEZEMBER 2021
• 10,6km, 5,3 km+Nordic Walking & Teamwertungen • 2,65km-FunRun, Kids Run & Sport- und Genuss-Messe
Im einzigartigen Ambiente eines Schlossparks dem Winter entgegenlaufen! Der Adventlauf Grafenegg in Niederösterreich bietet neben einem sportlichen Ereignis etliche Highlights, Goodies und Side-Events zur besten Unterhaltung. Für „early birds“: Bei Anmeldung bis 10.11.2021 Bandana-Schal gratis!
Informationen und Anmeldung:
www.adventlauf-grafenegg.at
Vienna City Marathon
23./24. APRIL 2022
• Marathon, Halbmarathon, Staffelmarathon • Inclusion Run, Daily Mile Run, Kinderlauf, 10K
Erlebe Österreichs größtes Laufereignis! Start ist auf der Reichsbrücke, das Ziel auf der Ringstraße im Herzen von Wien. Die Atmosphäre begeistert und ist die beste Motivation für dein Training. Bring deine Freunde & Familie mit. Die Veranstaltung bietet Events für alle, die sich gerne bewegen.
Informationen und Anmeldung:
www.vienna-marathon.com
Salzburger Frauenlauf
13. MAI 2022
• Laufgenuss, Zusammenhalt & spezielle Atmosphäre • 5,5km-Lauf & „Frau walkt!“ by Bio Austria • After Race Party mit Musik und Unterhaltung.
Spüren Sie die Frauenpower im Volksgarten! Genießen Sie die einzigartige Atmosphäre beim Salzburger Frauenlauf. Wo die Freude an der gemeinsamen Bewegung, das Streben nach Gesundheit und Gelassenheit wichtiger sind als Hundertstelsekunden. Der Frauenlauf-Tag als Rundum-Paket für Genuss!
Informationen und Anmeldung:
www.frauenlauf.net
Salzburg Marathon
15. MAI 2022
• Lauffestspiele der Mozartstadt für Jedermann • Marathon als Höhepunkt einer ganzen Aktivwoche in Salzburg • Halbmarathon, 10K, Staffel, Junior-Marathon, Inclusion Run
Die Lauffestspiele der Mozartstadt als Bühne für ein besonderes Lauferlebnis. Die kulturellen Schätze, weltbekannte Sehenswürdigkeiten und die Alpengipfel in der Ferne als Kulisse. Eine schnelle Laufstrecke und ein wunderschöner Zieleinlauf als
Extramotivator. Ein Lauferlebnis der Emotionen!
Informationen und Anmeldung:
www.salzburg-marathon.at