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Optimale Bühne für Integration

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WarmUp

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Laufen verbindet

Sport bietet ein ideales Umfeld, das Hürden der Integration leichter überwindbar macht. Das Potenzial, eine Vorbildfunktion für andere Gesellschaftsbereiche zu übernehmen, ist offensichtlich und wird vom Laufsport fallweise ausgeschöpft. Laufen optimiert das Leben, mit gelungener

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Integration auch das Zusammenleben. TEXT_Thomas Kofler//FOTO/Alexander Schwarz

Das Laufen eignet sich ideal, alle Menschen gleichzustellen um gemeinsam aktiv zu sein.

„Wir haben uns sofort sehr wohlgefühlt, es war eine herzliche Atmosphäre.“ Mai 2017, eine Gruppe afghanischer Flüchtlinge nimmt am Integrationslauf beim Salzburg Marathon teil. Für den Veranstalter ist es die Bühne, die Vielseitigkeit des Laufsports und sein integratives Potenzial darzustellen. Für die jungen Afghanen ein emotionales Erlebnis in positiver Gesamtstimmung in jener Stadt, die ihre neue Heimat wurde. Stark in Erinnerung blieb der Eindruck, dass jeder für sich, aber genauso alle gemeinsam mit sehr viel Freude beim Event dabei waren.

Atiqullah lebte damals in jener Flüchtlingsunterkunft für Familien und junge Männer in Salzburg, die vom Veranstalter zum Mitmachen eingeladen wurde. Seine damaligen Mitbewohner und er hatten jahrelang in Kabul gelebt und dort war zu jener Zeit Sport als Zeitvertreib für junge Männer etabliert. Mit starkem Fokus auf gesundheitlichem Nutzen. Mittlerweile lebt er seit sechs Jahren in Salzburg, ist in Berufswelt und Gesellschaft integriert, spricht sehr gutes Deutsch. Seine Laufschuhe stehen

hinter der Wohnungstür, stets einsatzbereit. Das Abo im Fitnessstudio wird jährlich verlängert. Die Alternative zum Laufen und zum Fußball ist nötig, zu kurz seien die Sommer in Österreich.

Ob Fußball, Volleyball, Billard oder Laufen – sportliche Betätigung war neben den Deutschkursen rasch ein essentieller Lebensinhalt und sorgte auf Anhieb dafür, dass aus Bekanntschaft in der Gruppe Freundschaft und Zusammenhalt wurden. Außerdem lenkte sie von Problemen und negativen Erlebnissen ab. Der Kontakt nach außen verbesserte sich erst nach der Übersiedlung nach Salzburg. Mitarbeitende des Roten Kreuz, die die Unterkunft betreuten, und Freiwillige, die ergänzende Deutschkurse hielten, schlugen Brücken in die Gesellschaft. Ein Kinoabend, gemeinsames Kochen, eine Wanderung auf den Untersberg. Viele fanden Anschluss zu Salzburger Sportvereinen, vorzugsweise Fußball, und machten positive Erfahrungen damit. Eine langfristige Integration ins Vereinsleben misslang aber auch aus Zeitgründen. Der bereitwillige Besuch von Bildungsangeboten in den Abendstunden hatte Priorität im Leben der jungen Männer, der Asylantrag sollte schließlich unbedingt akzeptiert werden. So war die Teilnahme am größten Laufevent des Bundeslandes ein exemplarisches, aber seltenes Ereignis, wie die Immigranten Sport als integrationsfördernd wahrnahmen. Einen Tag nach dem Integrationslauf fiel der Startschuss für den 10km-Lauf, die Einladung inkludierte diesen Bewerb. Die Gruppe der jungen Afghanen war dieses Mal noch größer.

Inklusion von Menschen mit körperlicher und mentaler Beeinträchtigung in heimische Laufveranstaltungen ist eine höhere Stufe der Integration, aber genauso bedeutend. Per Definition heißt Inklusion nichts anderes als offene und uneingeschränkte Teilnahme aller am gesellschaftlichen Leben, unabhängig individueller Voraussetzungen. Der Vienna Inclusion Run beim VCM oder der „OneMileForASmile“, der Inclusion Run by CocaCola beim Lauf.Sport.Fest.Salzburg stellten die Inklusion jüngst ins Schaufenster. „Sport bedeutet Emotion. Daher ist er eine tolle Plattform für Inklusion“, sagt Erich Artner. Wer dabei war, hat das besondere Gemeinschaftsgefühl gespürt, egal ob teilnehmend oder zuschauend. „Der Laufsport ist deshalb so integrativ und eignet sich besonders gut für Inklusion, weil alle gemeinsam am Start stehen und gemeinsam dieselbe Strecke laufen – vom Profi über den Hobbyläufer bis hin zu Menschen mit Handicap. So zeigen wir, dass alle etwas zu Inklusion beitragen können.“ Artner treibt nach einer Erkrankung, in dessen Folge ihm als Jugendlicher beide Beine amputiert werden mussten, mit seinen Prothesen leidenschaftlich Sport und motiviert Para-Sportler zur Teilnahme an Inklusionsläufen. Für ihn ist das immer wieder aufs Neue ein spezielles Erlebnis: „Ich spüre ein Kribbeln, wenn ich Läufer mit Handicap sehe, für die so ein Lauf eine unglaubliche körperliche Challenge ist, sie trotzdem so abgehen und mit einem Lächeln auf den Lippen teilnehmen. Da vergisst man Dinge, die einen im Alltag bewegen, aber nicht so wichtig sind.“

Das Laufen eignet sich dank seiner leichten Zugänglichkeit optimal, alle Menschen gleichzustellen und gemeinsam aktiv zu sein. Bei Lauftreffs, in Vereinen, bei gezielten Initiativen bis hin zu Laufevents. Kulturelle Unterschiede oder vermeintliche Barrieren lassen sich meistens überwinden und können gar eine Bereicherung sein. Seit über drei Jahrzehnten läuft im Deutschen Olympischen Sportbund das Projekt „Integration durch Sport“, das genau diesen Effekt mit Förderung von Projekten nachhaltig zu erzeugen versucht. Die Laufwelt ist bunt. Ihre natürliche Offenheit, gelebte Toleranz, Fairness und Respekt eignen sich sowohl präventiv als auch nachhaltig zur Inklusion. Schließlich ist Integration im Sport oft der erste Schritt zu einer besseren Beteiligung am sozialen Leben. Dies gelingt auch durch eine Steigerung der physischen wie psychischen Gesundheit und des allgemeinen Wohlbefindens – zwei Trümpfe, die Laufen allen anbietet.

Letzteres ist ein wichtiger Punkt einer Studie von Forschenden der Universität Bern unter der Leitung von Prof. Dr.

Laufen eignet sich sehr für die soziale Integration.

Die Jüngsten unserer Gesellschaft kennen keine Diskriminierung, sind daher unbelastet und offen.

Sport verbindet auf vielfältige Weise. Emotional, sozial, zwischenmenschlich.

Siegfried Nagel und Prof. Dr. Torsten Schlesinger aus dem Jahr 2017, die ein erstes umfassendes Bild zum Status quo der sozialen Integration junger Menschen mit Migrationshintergrund im deutschsprachigen Schweizer Vereinssport zeichnet und positiv bewertet. Die Auflistung von Optimierungsvorschlägen und -wünschen zeigt deutlich, wie gut sich gemeinsames Laufen für die soziale Integration eignet: kein Wettkampfgedanke, niederschwelliges und günstiges Angebot, keine spezifischen Bewegungskompetenzen. Außerdem bietet Sport durch seine Strukturen, Regeln, die in freizeitlichen, vergnüglichen Aktivitäten eingebettet sind, optimale Rahmenbedingungen, herausfordernde Prozesse der Integration und Inklusion leichter, besser und nachhaltiger zu überwinden, Stereotype zu entzerren, Vorurteile auszuräumen und Trennendes zu verbinden. Erfolgsversprechend sind Integrationsangebote im Kindersport: Denn die Jüngsten unserer Gesellschaft kennen keine Diskriminierung, sind daher unbelastet und offen.

Sportliche Bewegung ermöglicht per se eine einfache Verständigung und findet rasch gemeinsame Nenner, die verbinden. Im Herbst 2019 lancierte der Italienische Leichtathletik-Verband ein spannendes Projekt namens GEOpard mit beachtlicher finanzieller Unterstützung der Europäischen Union. Es hat folgende Prämissen: Erstens, das Laufen als Chance der Sozialisierung, Instrument der Integration und des friedlichen Zusammenlebens. Als Running for Fun mit Fokus auf Gesundheit und erfüllender Atmosphäre. Zweitens, als von Italien ausgehendes Projekt, an dem sich etliche europäische Länder beteiligen, aktuell sind es fünf. Drittens, organisierte Lauftreffs müssen mitten in der Stadt stattfinden. Das Laufen kommt zu den Menschen, nicht viceversa. Gezielt soll das Laufen nicht nur Stadtviertel verbinden, es soll sie lebendiger, vitaler, sportlicher und nachhaltiger machen. Viertens, geleitet werden die Laufinitiativen von „Street Coaches“, die in Online-Seminaren ausgebildet werden. Fünftens, quer über den Kontinent entstehen so genannte „Pardy Cities“, Städte und Metropolen, die zur Laufbühne werden. Sechstens, diese Städte präsentieren sich zukunftsorientiert: in digitaler Moderne, klimafreundlich und mit Nachhaltigkeit als Thema, auf das der Fokus gerichtet sind. GEOpard spricht vorwiegend junge Menschen an. Das Ziel: Laufen soll als Instrument der Integration in, weiters als Integration durch den Sport die Lebenschancen junger Menschen nachhaltig erhöhen.

Eine von der Europäischen Kommission mit 220.000 Euro geförderte Initiative mit ähnlichem Charakter läuft aktuell in Belgien auf regionaler Ebene. Die Idee des Flämischen Leichtathletik-Verbandes stützt sich ebenfalls auf die leichte Zugänglichkeit des Laufens für jede und jeden auf verschiedenen Ebenen: materiell, finanziell und organisatorisch. „Während des Laufens lernen Menschen, die neu sind, Menschen in der Nachbarschaft kennen, deren soziale Normen und kulturellen Werte und üben die neue Sprache. Das Laufen verbessert die Inklusion in die Gesellschaft und öffnet Möglichkeiten, Kontakte zu knüpfen“, ist in der Projektbeschreibung zu lesen. Das Projekt heißt „Run Free“, in Zusammenarbeit mit lokalen Verbänden und Vereinen sollen viele neue Laufgruppen entstehen, geleitet von geschultem Personal.

Fast zwei Millionen Euro stellte die EU für das aktuelle Jahr als Co-Finanzierung für Initiativen im Sport als Instrument der Integration und Inklusion von Flüchtlingen zur Verfügung, aufgeteiltauf ein Dutzend europäisch gedachte Projekte. Mit an Bord ist auch ein transnationales Projekt des Sport Inclusion Networks mit österreichischer Beteiligung. Integration im Sport ist kein Selbstläufer. Kreative Initiativen und das Engagement Einzelner, oft ehrenamtlicher Vereinsmitglieder, können vieles bewirken. Genauso wie Initiativen von Laufveranstaltern wie die eingangs geschilderten. In Österreich wird das Integrationspotenzial des Sports zurzeit nicht ausgeschöpft: Von über 100 vom Bundeskanzleramt geförderten, internationalen und nationalen Integrationsprojekten spielt nur bei einem Sport und Freizeit die vordergründige Rolle.

Sport verbindet auf vielfältige Weise. Emotional, sozial, zwischenmenschlich. Knapp ein Jahr nach seinem Lauferlebnis in der Mozartstadt bewarb sich Atiqullah mit zwei Freunden, um im Organisationsteam des Salzburg Marathon mitzuarbeiten. Das Trio stellte binnen Stunden eine Mannschaft von 20 verlässlichen Streckenposten zusammen, als ein Personalmangel drohte. „Natürlich ging es uns auch darum, ein bisschen Geld zu verdienen. Aber wir hatten zu dieser Zeit das Bedürfnis, Neues zu erleben. Dass wir gemeinsam in das Team des Salzburg Marathon integriert wurden, hat die Freude an der Aufgabe vergrößert“, erzählt Atiqullah.

Eine Reportage über die Initiative GEOpard liest du auf runaustria.at

Coca-Cola Inclusion Run:

Lauffest als kräftiges Zeichen für Inklusion!

WEBTIPP: coca-cola-oesterreich.at

ADVERTORIAL

Hunderte Lauffreudige haben beim Coca-Cola Inclusion Run im Rahmen des Vienna City Marathon am 11. September ein starkes Signal für Inklusion und ein gelebtes Miteinander zu Gunsten von Special Olympics gesetzt. Mit dabei waren unter anderem Andreas Onea, Eva Wutti, Helge Payer, Erich Artner und Manuel

Ortlechner. TEXT_Coca-Cola//FOTO_Martin Steiger

Punkt 16:00 Uhr fiel der Startschuss für das große Comeback des Vienna City Marathon. Der 4. Coca-Cola Inclusion Run begeisterte als Auftakt des Laufwochenendes entlang der Wiener Ringstraße mit vielen Gänsehautmomenten.

Die von den Athletinnen und Athleten der Special Olympics Bewegung inszenierte Lauf-Parade sorgte für besonders stimmungsvolle Momente. Marschmusik, Anfeuerungen und viel Applaus motivierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer während ihres Laufs über die Ringstraße vom Heldentor bis zum Burgtheater. Dabei standen nicht persönliche Bestzeiten im Vordergrund, sondern die gemeinsame Freude an der Bewegung. „Egal ob im Teilnehmerfeld oder entlang der Strecke – alle haben den unglaublichen Spirit verspürt und ein sichtbares und lautes Signal für ein offenes Mitarbeiter in unserer Gesellschaft gesetzt,“ freut sich Philipp Bodzenta, Unternehmenssprecher bei Coca-Cola Österreich, dass der Bewerb nach der coronabedingten Absage im Vorjahr heuer unter Einhaltung aller COVID-19-Sicherheitsauflagen wieder über die Bühne gehen konnte.

Andreas Onea, Para-Schwimmer: „Vor allem die letzten zwei Jahre haben uns gezeigt, wie wichtig es ist, nicht auf die Inklusion zu vergessen. Dass wir gemeinsam eine Art Comeback für die Inklusion feiern können, ist ganz wichtig. Wir müssen die Inklusion in allen Gesellschaftsbereichen schaffen, da ist noch viel Luft nach oben. In jedem Lebensbereich muss für Menschen mit Behinderung alles möglich sein. Wir brauchen Sichtbarkeit für dieses Thema und gerade der Coca-Cola Inclusion Run ist daingehend ein wichtiges Signal“.

„Der Vienna City Marathon steht für Gemeinsamkeit und Freude am Sport. Beim Coca-Cola Inclusion Run kommt dies auf besonders emotionale Weise zum Ausdruck. Als Opening für Österreichs größte Sportveranstaltung ist der Bewerb entsprechend unseres Mottos ,Together we run‘ ein starkes Signal für das Miteinander in Sport und Gesellschaft und dieses Mal auch für das Comeback des Laufens“, so Wolfgang Konrad, Veranstalter des Vienna City Marathon.

Auch in diesem Jahr wurde der Coca-Cola Inclusion Run zu Gunsten des langjährigen Partners Special Olympics veranstaltet. „Es ist wichtig, dass vor allem in diesen herausfordernden Zeiten auch solche Veranstaltungen einen entsprechenden Stellenwert bekommen und der Geist von Special Olympics verbreitet wird. Wer als Teilnehmerin, als Teilnehmer oder Zuseherin und Zuseher dabei ist, spürt, dass man mit Sport und Bewegung besondere Emotionen auslösen und genießen kann,“ freut sich Special Olympics Österreich Präsident Peter Ritter.

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