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WarmUp

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Weitwinkel

Weitwinkel

WARM UP

von Thomas Kofler

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THOMAS KOFLER

Nur drei Wochen trennten die zwei größten österreichischen Laufveranstaltungen. Durchgeführt wurden sie mit völlig gegensätzlichen COVID-19-Regeln. Während beim Vienna City Marathon alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer getestet wurden, auch geimpfte und genesene, zwang eine Verordnung den Österreichischen Frauenlauf zur so genannten „2G“-Regel. Nur Geimpfte und Genesene erhielten Zugang zum Eventgelände, ein negatives Testresultat wurde im Prater zum Stück wertlosen Papier. Der freie Zugang zum Laufevent war nicht mehr vollständig gegeben. Zeitgleich oder um eine Woche versetzt wurden in Salzburg, Graz, Bregenz und am Wolfgangsee Läufe unter Einhaltung der gängigen „3G“-Regel organisiert.

Der Sinn dieser uneinheitlichen Regelungen aus medizinischer und politischer Perspektive soll hier nicht kommentiert werden, dafür fehlt die Kompetenz. Aber aus demokratischer, denn unser aller System ist der Demokratie verschrieben, schützt Chancengleichheit und

Freiheitsrechte. Daraus leitet sich ein Selbstverständnis ab, dass eine Ausgrenzung bei Laufveranstaltungen, die per se höchst integrativ sind, einen friedlichen, gemeinschaftlichen Charakter aufweisen und die gesellschaftliche Gesundheit stärken, in ihrer Begründung auf einem sehr stabilen Fundament stehen muss. Insbesondere dann, wenn eine Laufveranstaltung im europäischen Vergleich quasi in eine Alleinstellung gezwungen wurde. Ein standardisierter Test, der das Coronavirus nicht nachweisen kann, wurde nämlich im selben Zeitraum bei Laufevents (fast) überall bei europäischen Laufveranstaltungen akzeptiert.

Eine Ausgrenzung von Läufen muss sehr gut begründet sein.

NEGATIV FOTO//envatoelements

Wir kennen die Laufwelt als genormt und standardisiert. Nachvollziehbar. Der Austragungsort, die Veranstaltungsqualität und die individuelle Inszenierung machten Laufevents innerhalb dieser Standardisierung einzigartig. 2021 ist die globale Ma rathonszene durchzogen von einem Fleckerlteppich, der ehemals Gleiches mit individuellem Touch ungleicher und unübersichtlicher macht. Der eingangs skizzierte Spagat im kleinen Frame Österreich ist schon verwirrend, je größer der Frame, desto bunter die Vielfältigkeit. In Hamburg durften nur Geimpfte starten, in Berlin und Rom pfefferten Zigtausende Sekunden nach dem Start ihren Mund-Nasen-Schutz zu Boden. Beim Paris Marathon galt wie bei den World Marathon Majors in den USA „2G“, aber anders intendiert: geimpft oder getestet. Die Nichtberücksichtigten konnten ihren Nachteil wenigstens mit einem COVID-Test kompensieren. Immerhin droht bei innereuropäischen Laufreisen überwiegend keine obligatorische Quarantäne mehr.

Dem gegenüber stehen international etablierte Laufveranstaltungen wie der Great North Run, der Kopenhagen Halbmarathon, der Stockholm Marathon oder die drei großen holländischen Marathons in Eindhoven, Amsterdam und Rotterdam, die praktisch ohne zusätzliche, vorgeschriebene COVID-19-Maßnahmen durchführbar waren. Nur hunderte Kilometer von Wien entfernt, mitten in Europa. Einen Grünen Pass oder andere Zertifikate mussten dort weder Teilnehmende noch Zuschauende vorweisen. Das positive Signal für die Zukunft der Laufszene: Der Teilnehmerschwund im Vergleich zu 2019 war bei diesen Events kleiner als im Schnitt bei den jüngsten österreichischen.

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