RunUp-Ausgabe Herbst/Winter 2021

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WARM UP

von Thomas Kofler TH O M A S KO FLE R

Nur drei Wochen trennten die zwei größten österreichischen Laufveranstaltungen. Durchgeführt wurden sie mit völlig gegensätzlichen COVID-19-Regeln. Während beim Vienna City Marathon alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer getestet wurden, auch geimpfte und genesene, zwang eine Verordnung den ÖsterreichiFOTO//envatoelements

schen Frauenlauf zur so genannten „2G“-Regel. Nur Geimpfte und Genesene erhielten Zugang zum Eventgelände, ein negatives Testresultat wurde im Prater zum Stück wertlosen Papier. Der freie Zugang zum Laufevent war nicht

NEGATIV

mehr vollständig gegeben. Zeitgleich oder um eine Woche versetzt wurden in Salzburg, Graz, Bregenz und am Wolfgangsee Läufe unter Ein-

Wir kennen die Laufwelt als genormt und standardisiert. Nach-

haltung der gängigen „3G“-Regel organisiert.

vollziehbar. Der Austragungsort, die Veranstaltungsqualität und die individuelle Inszenierung machten Laufevents innerhalb

Der Sinn dieser uneinheitlichen Regelungen

dieser Standardisierung einzigartig. 2021 ist die globale Ma­­

aus medizinischer und politischer Perspek-

rathonszene durchzogen von einem Fleckerlteppich, der ehemals

tive soll hier nicht kommentiert werden, dafür

Gleiches mit individuellem Touch ungleicher und unübersichtli-

fehlt die Kompetenz. Aber aus demokratischer,

cher macht. Der eingangs skizzierte Spagat im kleinen Frame

denn unser aller System ist der Demokratie

Österreich ist schon verwirrend, je größer der Frame, desto bun-

verschrieben, schützt Chancengleichheit und

ter die Vielfältigkeit. In Hamburg durften nur Geimpfte starten, in Berlin und Rom pfefferten Zigtausende Sekunden nach dem

Eine Ausgrenzung von Läufen muss sehr gut begründet sein.

Start ihren Mund-Nasen-Schutz zu Boden. Beim Paris Marathon galt wie bei den World Marathon Majors in den USA „2G“, aber anders intendiert: geimpft oder getestet. Die Nichtberücksichtigten konnten ihren Nachteil wenigstens mit einem COVID-Test

Freiheitsrechte. Daraus leitet sich ein Selbst-

kompensieren. Immerhin droht bei innereuropäischen Laufrei-

verständnis ab, dass eine Ausgrenzung bei

sen überwiegend keine obligatorische Quarantäne mehr.

Laufveranstaltungen, die per se höchst integrativ sind, einen friedlichen, gemeinschaftlichen

Dem gegenüber stehen international etablierte Laufveranstal-

Charakter aufweisen und die gesellschaftliche

tungen wie der Great North Run, der Kopenhagen Halbmara-

Gesundheit stärken, in ihrer Begründung auf

thon, der Stockholm Marathon oder die drei großen holländi-

einem sehr stabilen Fundament stehen muss.

schen Marathons in Eindhoven, Amsterdam und Rotterdam, die

Insbesondere dann, wenn eine Laufveranstal-

praktisch ohne zusätzliche, vorgeschriebene COVID-19-Maßnah-

tung im europäischen Vergleich quasi in eine

men durchführbar waren. Nur hunderte Kilometer von Wien

Alleinstellung gezwungen wurde. Ein stan-

entfernt, mitten in Europa. Einen Grünen Pass oder andere Zer-

dardisierter Test, der das Coronavirus nicht

tifikate mussten dort weder Teilnehmende noch Zuschauende

nachweisen kann, wurde nämlich im selben

vorweisen. Das positive Signal für die Zukunft der Laufszene:

Zeitraum bei Laufevents (fast) überall bei euro-

Der Teilnehmerschwund im Vergleich zu 2019 war bei diesen

päischen Laufveranstaltungen akzeptiert.

Events kleiner als im Schnitt bei den jüngsten österreichischen.

WarmUp  7


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