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MELKTECHNIK
from 01/2020 Rinderprofi
by SPV-Verlag
Die Eutergesundheit erhalten
Beim Melken standen bisher der praktische und (immer mehr auch) der rasche Milchentzug im Vordergrund. Dabei blieb die Kuh mit ihren Bedürfnissen und physiologischen Eigenheiten auf der Strecke, weiß FRANZ WOLKERSTORFER.
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Das Immunsystem des Euters einer Milchkuh reagiert auf jede Beeinträchtigung des Gesamtorganismus wie auch des Eutergewebes mit einer Erhöhung der Abwehrzellen in der Milch. Diese Zellzahlerhöhung ist meist ein erstes Signal, dass der Gesundheitszustand des Tieres beeinträchtigt ist. Sie kann verschiedene Ursachen haben und muss nicht immer Vorstufe einer Euterentzündung sein. Da sie aber zu mehr als 50 Prozent (Worstorff, 2001) durch das Melken bedingt ist, liegt es nahe, diesen Arbeitsbereich einer genauen Analyse zu unterwerfen. Das Ziel ist eine stabile Eutergesundheit auf einem guten Milchleistungsniveau. Einwandfreie Funktion der Technik sicherstellen Wichtig ist die jährliche Überprüfung der Melkmaschine durch einen anerkannten Servicetechniker. Zitzengummis müssen regelmäßig ausgetauscht werden. Schwarze Kautschukgummis nach etwa 750 Betriebsstunden, Silikon nach 1.500 bis 2.000 Stunden. Sehr wichtig ist, dass die Gummis der Größe der Zitzen angepasst sind. Dadurch kann das „Klettern“ der Melkbecher, das Luftansaugen und ein Rückspray der Milch verhindert werden. Falsche Installationen können zu Vibrationen führen, die sich über die Melk- oder Luftleitungen bis zu den Kühen fortsetzen. Bei unzureichender Erdung aller metallführenden Stalleinrichtungen können Kriechströme entstehen. Kühe reagieren zehnmal empfindlicher auf elektrische Spannungen als der Mensch. Ein wichtiger Faktor ist auch die Stabilität des Melkvakuums. Unterhalb der Zitzenspitze darf das Vakuum nicht stark schwanken. Dies kann durch genügend Lufteinlass ins Sammelstück und korrekt dimensionierte Leitungen erreicht werden. Ein behutsames Ansetzen und Abnehmen der Melkzeuge mit rechtzeitigem Absperren des Vakuums verhindert Vakuumschwankungen. Gute Melkhygiene verhindert Neuinfektionen Wenn nötig soll das Euter nass gereinigt werden, vor dem Ansetzen des Melkzeugs aber unbedingt wieder trocknen. Kleider und Hände des Melkers müssen sauber sein. Um eine Ansteckung gesunder Kühe zu vermeiden, gehören Kühe mit veränderter Milch oder Euterinfektionen unbedingt am Schluss oder mit separatem Melkzeug gemolken. Zum optimalen Anrüs
Blindmelken muss unter allen Umständen vermieden werden.
ten zählt das Melken der ersten angesammelten Zisternenmilch in den Vormelkbecher. Durch das Tragen von Melkhandschuhen und regelmäßiges Abspülen der Hände, verringert sich die Gefahr, dass Erreger von Kuh zu Kuh verschleppt werden. Zur Reini gung eignen sich Holzwolle oder Eutertücher mit Desinfektions mittel. Letzteres wird besonders bei Eutergesundheitsproblemen empfohlen. Die Euterreinigung mit einem Eutertuch für alle Kühe ist russisches Roulette mit der Eutergesundheit der Kuh und sollte eigentlich Geschichte sein.
Hohe Melkbereitschaft verhindert das Blindmelken Die Dauer des Anrüstens wird idealerweise bei mindestens 30 Sekunden gesehen. Wichtig ist, dass zwischen dem ersten Berühren des Euters und dem Ansetzen des Melkzeugs eine Wartezeit von ungefähr 60 bis 90 Sekunden folgt. Bei spätlaktierenden Kühen dauert es eher 90 Sekunden, bis die Milch einschießt. Die Wartezeit darf aber auch nicht zu lange dauern. Wenn keine Milch fließt, ist das Vakuum an der Zitzenspitze so hoch wie in der Leitung. Dies ist eine unnötige Belastung der Zitze und für die Kuh sehr unangenehm. Als Folge können zum Beispiel weiße Ringe um die Strichkanalöffnung oder gar die Verhornung der Zitzenöffnung (Hyperkeratosen) auftreten.
Zitzenpflege Beim Dippen muss die gesamte Oberfläche der Zitze mit dem Mittel benetzt werden. Bei trockener Zitzenhaut wird der Einsatz eines Dippmittels mit Pflegekomponenten wie Glycerin empfohlen. Da der Strichkanal nach dem Melken noch rund 30 Minuten geöffnet bleibt, ist das Euter in dieser Zeit anfälliger für Infektionen. Die Kühe sollen darum während dieser Zeit auf keinen Fall auf verschmutzten Flächen liegen.
Eutergesundheit regelmäßig überprüfen Wichtig zur Vor beugung sind die Beobachtung des Euters und die Kontrolle der Milch. Entweder durch Milchleistungskontrolle und dementsprechende Analyse der Ergebnisse oder bei allen Kühen mindestens einen monatlichen Schalmtest durchführen und dies protokollieren. Bei der Zellzahlanalyse durch die Leistungsprüfung handelt es sich um eine Mischprobe pro Kuh. Einzelne Viertel mit erhöhten Zellzahlen werden leicht übersehen. Ab 150.000 Zellen/ml muss trotz dem ein Schalmtest durchgeführt werden. Je nach Befund oder nach anhaltend hohen Zellzahlen ist eine sterile Milchprobenent nahme für eine bakteriologische Untersuchung zu empfehlen. W