1 minute read
Getreide-Gütesiegel mit Fragezeichen
by SPV-Verlag
Mit der Novelle des AMA-Gesetzes werden erstmals für landwirtschaftliche Flächen Beiträge eingehoben. Damit wird auch ein Gütesiegel für Brot und Backwaren möglich.
Fleisch, Milch, Gemüse, Obst. Bis dato hat sich das AMA-Gütesiegel im Wesentlichen auf diese Produktgruppen beschränkt. Eine Bewerbung von Getreide war mangels Marketingbeiträgen dafür bisher nicht möglich. Diese waren zwar bei der Gründung der Institution rund um den österreichischen EU-Beitritt vorgesehen gewesen, ihre tatsächliche Einhebung war von den Mühlen aber vehement abgelehnt worden. Nach Kritik des Rechnungshofs wurde das Beitragssystem nun auf neue Beine gestellt und bei dieser Gelegenheit auch der Anbau von Marktfrüchten mitgenommen.
Advertisement
Künftig gibt es einen einheitlichen Beitrag von fünf Euro pro Hektar und Jahr für landwirtschaftliche Nutzflächen. Extensiv genutzte Flächen wie Almen oder Streuwiesen schlagen sich mit einem Euro zu Buche. Da auch Milch- oder Schweinebauern mit ihrem Grund von dieser Bemessung erfasst sind, werden parallel dazu die bereits bekannten Produktbeiträge reduziert, um einen fairen Ausgleich zu schaffen. Der Beitrag für Milch wird zum Beispiel von drei auf 2,2 Euro sinken. Insgesamt steht der AMA-Marketing damit ein um ein Viertel größeres Budget zur Bewerbung heimischer Agrarerzeugnisse zur Verfügung.
„Erstmalig können wir damit die gesamte Geschichte der Landwirtschaft erzählen“, meint der AMA-Qualitätsmanager Mar tin Greßl mit Blick aufs Getreide. In den nächsten Monaten werde man eine gemeinsame Ackerbaustrategie erarbeiten, die unter anderem die konkreten Details zur Einhebung enthalten wird. Ziel sei es, die Konzepte im Juni vorzustellen, um mit der Auslobung der Ware mit der Ernte 2024 beginnen zu können. Zugeknöpft gibt man sich noch zu den möglichen Auflagen, die zu erfüllen sein werden. Klären wird man aber wohl müssen, ob es dann sowohl Gütesiegel- als auch Nicht-Gütesiegel-Weizen geben wird. Wenn man neben Biogetreide noch eine dritte Schiene etabliert, würde das die Übernehmer und Lagerhalter vor logistische Herausforderungen stellen. Offen ist auch, ob es dann einen offiziellen höheren Preis geben wird, von dem die Bauern profitieren. Außerdem ist noch nicht ganz klar, ob es zusätzliche Kontrollen geben wird oder ob etwa eine Teilnahme am ÖPUL als Basis genügt.
„Positiv gelassen“ sieht der Generaldirektor der LeipnikLu ndenburger Invest Beteili gungs AG, Josef Pröll, das Pro jekt. „Wenn wir die genauen Vo rgaben kennen, werden wir uns darauf einstellen“, so der Ex-Politiker, der mit GoodMills einen bedeutenden Mühlenkon zern in seinem Haus hat. Enor me Mengenverschiebungen er wartet er jedenfalls nicht. „Die Müllerei ist ohnehin ein extrem regionales Geschäft. Ein He rumkar ren von ausländischem Getreide, wie uns manche un terstellen, sehe ich nicht. Aber wenn es einen Zusatznutzen für den Konsumenten bringt, warum nicht?“ Die entscheidende Frage sei, ob die Großbäckereien dann das AMA-Gütesiegel einsetzen und dieses im Regal ausweisen wollen. Welchen Preisaufschlag das alles beim Mehl nach sich ziehen werde, müsse man erst kalkulieren. „Wichtig ist uns nur, dass der Flaschenhals (der Verwaltung; Anm.) nicht bei den Mühlen ist.“
STEFAN NIMMERVOLL