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Wir können nicht stur an den Trends vorbei erzeugen
by SPV-Verlag
Er ist ein ganz Großer im Obst- und Gemüsehandel, als Anbieter und auch im Logistikbereich: MANFRED HOHENSINNER dreht am großen Rad. ALOIS BURGSTALLER sprach mit dem Mister Tomate der Branche und entdeckte dabei, dass er sich über viele Entwicklungen in der Landwirtschaft Gedanken, ja Sorgen macht. Ortswechsel: Mir gegenüber sitzt der Mann, der den Südfrüchten das Fliegen abgewöhnt hat, ein ehemaliger Milchbauer. Ein Rebell? Manfred Hohensinner – Herr über das Blumauer Glashaus und 500 Millionen Euro Umsatz.
B LI c K INS L AN d: Woher kommt Ihr durchhaltevermögen?
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Manfred Hohensinner: i ch habe sehr gute Adoptiveltern gehabt, sie hatten einen kleinen Milchviehbetrieb. Die erste Arbeit, an die ich mich erinnere, war, die ähren vom Boden aufzuklauben, damit kein Getreide verloren geht. Andererseits, wir hatten einen Hirschbirnbaum, mitten in der Wiese. Und wenn das Gras hoch war, hat rundherum alles gesummt. Diese zwei Dinge haben mich geprägt und sich bei mir eingebrannt. Nach der Hofübernahme bin ich als Hilfsarbeiter in die teppichbodenfabrik, zur Nachtschicht. Dann bin ich 11 Jahre LKW gefahren, meist touren in den ehemaligen Ostblock. Da fährt der kleine Milchbauer, der das Romantische in sich trägt, hinaus und sieht unglaubliche Dimensionen und die Umweltsünden, diese brutalen Gegen -
KLIMA REIFESCHRÄNKE für Fleisch & Käse sätze. Wie ich da das erste Mal wieder heimgekommen bin, habe ich geweint, dankbar, dass ich in unserem schönen Land geboren bin.
Mein kleiner Kuhbauernhof hat einen anderen Stellenwert bekommen. Was könnte ich tun, damit ich unsere Lebensgrundla gen auch für die Zukunft erhalten kann, von Abhängigkeiten wegkomme? Und es hat mich immer gestört, dass wir Bauern sehr gute Akzeptanz haben, aber den direkten Draht zum Konsumenten haben wir eigentlich nicht.
Jetzt ist gerade ein spezieller Zeitpunkt, über Milchbauern zu reden, denn einerseits wachsen die Betriebe wie verrückt, und die Preise sind so gut wie nie. Was sollten die Milchbauern tun, damit sie auf sicherem Grund stehen?
Hohensinner: Das ist gar nicht so leicht zu beantworten. Wie wir mit unserem Unternehmen angefangen haben, war Gas noch viel billiger als alle anderen e nergiequellen. Mein Gedankenansatz war aber: Wenn ich vo n e n ergieträgern abhängig bin, um Lebensmittel zu erzeugen, dann müssen die sauber sein. Damit war für mich Gas ausgeschlossen. Und: Wenn die Produkte, die wir erzeugen, nicht schmecken, hilft uns alles nichts.
Warum haben Sie sich für Tomaten entschieden?
Hohens inner: No na, weil wir im Winter 100 Prozent dieser Früchte importieren. Wir haben daher in Holland nach Gärtnern gesucht. Deren einstellung war noch: Vollgas! Gemma! Kilo! „Freunde“, habe ich gesagt, „ihr produziert mir jetzt die geschmackvollsten Paradeiser Österreichs.“ Die haben gesagt: „Das bezahlt niemand!“
M eine Antwort: „Verkaufen ist mein t hema.“ Das e rg ebnis ist bekannt: e s kamen im Laufe der Zeit zehntausende e -M ails von Konsumenten, die im Kern sagten: e ndlich tomaten, die schmecken! Wir könnten aber noch viel mehr machen. Und endlich zu i hr er Frage mit den Milchbauern. i ch habe gelernt, die Art, wie du was produzierst, muss sauber sein und der Zeit entsprechen. Meine Vision ist, landwirtschaftliche Produktion mit und für die Gesellschaft zu machen. Wir können nicht stur an den trends vorbei erzeugen, sondern wir müssen das Umfeld in unsere Strategie hereinnehmen. Du hast bei Milch eine hohe Konzentration und dort bringt man, was da an Wertvollem gemacht wird, nicht zu den Konsumenten hin. e s geht nicht nur um die Milch und die Sicherstellung der Lebensmittelversorgung, sondern u m die Bergregionen, um die Biodiversität und um das Wasser. Aktuell hat sich preislich das Blatt gewendet und ich hoffe, es bleibt so in der Milchwirtschaft.
Vorher ist ja nur auf dem Preis herumgeritten worden. Ständige Argumente waren, es sei zu viel Milch da und im Ausland ist sie außerdem billiger.
Der Handel zeichnet seit 30 Jahren eine unwirkliche Heidi-Landwirtschaft. Warum sagt m an nicht von der Landwirtschaft: Liebe Gesellschaft, wir mache n gemeinsam mit euch jene Landwirtschaft, die ihr euch wünscht. Wir machen es ohnehin, wir sitzen ja in den sensiblen Gebieten. Das funktioniert nicht über eine politi - sche Lösung, sondern es muss eine private i nitiativ e werden, die das Konzept ausarbeitet mit dem Lösungsanspruch: Wie binden wir die Gesellschaft ein?
Sind Sie dafür, dass die Bauern mit den NGOs direkter agieren? Hohensinner: Wenn dieses Verhältnis ein faires Miteinander wäre, dan n ist es etwas anderes, aber es ist halt nicht fair. e s ist ein ständiges Faulspiel gegen die Bauernschaft. Jeden tag.
Sie sehen auch die Zuwendungen der Staaten, der EU in Form von Förderungen kritisch.
Hohensinner: Förderung brauchen wir nur für Bergbauern, die müssen der Allgemeinheit was wert sein. Alles andere sind Almosen, die die Leute ruhig halten sollen. Was ich überhaupt nicht verstehe, dass das mittlere Hof ein kommen mit zwei Vollzeit-AK bei 30.000 euro liegt. Zeigen Sie mir den, der um 15.000 bei vollem Risiko selbständig arbeitet, brutto. Wir müssen zu höherer en tlohnung kommen, sonst kommen keine jungen Übernehmer nach.
Die Bauern erhalten den gesamten Lebensraum. Sie haben z wei trü mpfe: Sie erzeugen Lebensmittel auch in digitalen Zeiten. Und sie schützen und pflegen unseren Lebensraum. Ohne sie wächst alles zu. Offene Landschaft ade!
D as machen jetzt nur mehr 3 bis 4 Prozent der Bevölkerung. An uns paar hängt alles. Da müsste sich eine i nitiative finden, unabhängig von der Politik, die das macht. ich glaube, da würde sich etwas Unglaubliches auftun. Das ist der ein zige Weg, dass ich aus der sogenannten Anonymität herauskomme.