PROGRAMM DES SAARLÄNDISCHEN STAATSTHEATERS
2 BIS 5/2017
T H E AT E R Z E I T EDITORIAL
Liebes Publikum!
I
n diesen Tagen habe ich mit den Proben für meine Abschiedsinszenierung im Saarländischen Staatstheater begonnen: „Othello“ von William Shakespeare steht am Ende einer langen Reihe von Stücken und Opern, die ich hier auf die Bühne gebracht habe. Shakespeares faszinierendes Drama ist heute von einer geradezu bedrückenden Aktualität. Es geht darin um Macht, Intrigen, Vorurteile und Rassismus, um die Abhängigkeit des Einzelnen von der Gesellschaft – und um die perfide geplante Demontage und Zerstörung Othellos, des erfolgreichen, beneideten Fremden. Ab dem 25. März spielen wir es für Sie im Großen Haus, liebe Zuschauer*innen.
Leoš Janác˘eks Oper „Katja Kabanowa“ ist noch bis zum 8. April im Saarländischen Staatstheater zu sehen: ein Kammerspiel mit Musik, das ganz ohne plakative Dramatik auskommt und genau deshalb tief berührt.
B
is dahin liegen nicht nur spannende Probenwochen vor dem Ensemble und mir, sondern auch eine Vielzahl verlockender Premieren, Wiederaufnahmen und Konzerte in allen unseren Spielstätten vor Ihnen. Generalmusikdirektor Nicholas Milton dirigiert das 5. Sinfoniekonzert des Saarländischen Staatsorchesters mit Robert Schumanns Cellokonzert eMoll op. 129 und Gustav Mahlers berühmter Sinfonie Nr. 5 cis-Moll, zu Gast ist mit Daniel Müller-Schott einer der besten Cellisten unserer Zeit. Auch zwei Kinder- und ein Jugendkonzert des Staatsorchesters im Großen Haus stehen demnächst auf dem Programm sowie das zweite Konzert „Inspiration“ in der Alten Feuerwache.
I
m Ballett steht mit „Konjetzky_Barros“ Mitte Februar eine Uraufführung auf dem Spielplan, zwei junge Choreografinnen erarbeiten je ein Stück mit unserer Ballettkompanie. Die Eine, Anna Konjetzky, kommt aus München zu uns, die Andere, Liliana Barros, kennen Sie bereits bestens als langjährige Tänzerin am SST. Eine Woche später folgt Gaetano Donizettis opera buffa „Der Liebestrank“ in der fantasievollen Inszenierung von Solveig Bauer im Staatstheater – selbst wenn Sie dieses Meisterwerk nicht kennen sollten, haben Sie gewiss die traurige und wunderschöne Arie des Nemorino, „Una furtiva lagrima“ schon einmal gehört und dabei vielleicht unversehens eine verstohlene Träne (so der Titel auf Deutsch) geweint.
SCHAUSPIEL
Der Fall Othello Dagmar Schlingmanns Abschiedsinszenierung im SST
E
igentlich ist es unverständlich: Er hätte nur direkt mit ihr sprechen müssen. Und an ihre Version der Wirklichkeit glauben sollen. Statt seiner geliebten Desdemona vertraut der angesehene Befehlshaber Othello jedoch dem listigen Jago: Dessen Mutmaßungen Desdemonas angebliche Untreue betreffend scheinen ihm realer als die Wirklichkeit selbst. Perfide an der Intrige ist, dass Jago nicht nur Othellos Eifersucht entfacht, sondern dass er auch die Machtgelüste anderer instrumentalisiert, um ihn zu Fall zu bringen. Dass es sich bei Othello erkennbar um einen Andersverwurzelten handelt, den Shakespeare im englischen Titelzusatz als „The Moor of Venice“ bezeichnet hat, würzt die Intrige zusätzlich mit Hass.
Gesellschaft von voyeuristischen Narren, die Weisheit wie Boshaftigkeit in sich birgt, die experimentierfreudig beobachtet, wie sich das zu schädigende Subjekt windet, in dem Versuch Würde und Status zu erhalten.
Ausloten demokratischer Werte Dagmar Schlingmann verabschiedet sich mit einem klassischen Dramenstoff von ihrem SST-Publikum. Sie schätzt den klassischen Dramenkanon und sieht in der Distanz zum Stoff die eigentliche Möglichkeit einer kritischen Betrachtung unserer Gegenwart. Shakespeare nehme einen besonderen Platz unter den klassischen Autoren ein – er bilde in seinen Stücken ein ganzes Weltengefüge ab. Allein in Saarbrücken waren in ihrer Regie „Hamlet“, „Macbeth“ sowie „Ein Sommernachtstraum“ zu sehen. Auch inszenierte sie im deutschsprachigen Raum „Der Sturm“, „Richard III.“ und jüngst „Ro-
meo und Julia“. Ob „Flüchtlingskrise“, ob deutsche Einwanderungsgesellschaft, Shakespeares Stück zu seiner Zeitenwende ist auch eines über unsere. Wenngleich es nicht nur vom steten gesellschaftlichen Wandel erzählt, sondern aufzeigt, wie dringlich auf diesen das Ausloten demokratischer Werte folgen muss. Das Alarmierende ist nicht der Wandel, sondern wäre das Ausbleiben von letzterem. BSG Othello Matinee: 19. März, 11 Uhr, Mittelfoyer Kostprobe: 21. März, 18.30 Uhr, Anmeldung unter a.mueller@staatstheater.saarland Premiere: 25. März, 19.30 Uhr, SST
„So fängt man zutrauliche Narren.“ ie Figur des Jago steht in der Tradition der mittelalterlichen Vice-Figur, einem Teufelswesen, das zum Laster verführt. Othello lässt sich verführen, lässt sich vorführen in seiner Rolle als fehlbarer Mensch. Menschlicher Geltungsdrang und Machtgier bilden die barbarischen Triebfedern der Intrige, die Shakespeare geschickt mit einer rassistischen Problematik verknüpft. Getragen wird sie jedoch nicht von Initiator Jago alleine, sondern von einer ganzen Gesellschaft. Einer
Deutschsprachige Erstaufführung der Shakespeare-Szene „Die Fremden“ eizvoll an dem Stoff sei die Demontage und Zerstörung Othellos durch Jago und damit die Abhängigkeit des Einzelnen von der Gesellschaft, so Dagmar Schlingmann. Selbstverwirklichung versus soziale Kontrolle wird hier durchexerziert. Diesen Tragödienverlauf konterkariert die kürzlich entdeckte, als von Shakespeare verfasste Szene „Die Fremden“. Sie entstammt einem Drama um die historische Person Thomas Morus und behandelt den Höhepunkt eines Konfliktes zwischen Londoner Handwerkern und Glaubensflüchtlingen aus Flandern und Frankreich. Der angesehene Sheriff Morus beschwichtigt die aggressiven Auseinandersetzungen durch einen Appell an die Mitmenschlichkeit und an geltendes Recht. Im Rahmen von Dagmar Schlingmanns „Othello“-Inszenierung im Saarländischen Staatstheater kommt es zur deutschsprachigen Erstaufführung der 2016 von Frank Günther übersetzten Szene.
Frank Günther übersetzt seit über vierzig Jahren Shakespeares Werke und hat nahezu dessen gesamtes Œuvre ins Deutsche übertragen
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Konjetzky_Barros ab 18. Februar in der Alten Feuerwache siehe Seite 3 Der Liebestrank ab 25. Februar im Staatstheater siehe Seite 2
Tschick ab 9. März in der Alten Feuerwache Der Barbier von Sevilla ab 12. März im Staatstheater Die Dreigroschenoper ab 31. März in der Alten Feuerwache
5. Sinfoniekonzert – Elegisch! mit Daniel Müller-Schott, Violoncello 12./13. Februar, Congresshalle The Young Person’s Guide to the Orchestra Kinderkonzert ab 6 Jahren, 19./23. Februar, Staatstheater
N
ach den närrischen Tagen geht es bei uns mit den Wiederaufnahmen dreier Publikumslieblinge weiter: „Der Barbier von Sevilla“, „Tschick“ und „Die Dreigroschenoper“ kehren zurück auf den Spielplan. Ende März schließlich feiert in der sparte4 Klaus Gehres dritter Live-Film für das SST seine Uraufführung, „KING KONG #weißefrau“: ein lustvolles Spiel mit der Illusion und deren Brechung vor unseren Augen. Ich freue mich auf Sie! Ihre
Dagmar Schlingmann, Intendantin
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