13. Ausgabe
Magazin der United Supporters Luzern
29. August 2010
Luzern on Tour!
Spannung herrschte in der Zone 5, als Orakel Petar Aleksandrov beim «Klartext am Donnschtig» den Gegner des FC Luzern in der Europa League per Losziehung bereits einige Stunden vor der richtigen Auslosung bestimmen sollte. Zwar durften die Luzerner Fans dann nicht die von Aleksandrov prophezeite Fahrt nach Montpellier antreten,
stattdessen erlebten gut 700 Leuchtenstädter mit ihrer Mannschaft einen unvergesslichen Trip nach Utrecht. Auch wenn das Abenteuer bereits nach einer Runde durch den ersten Gegner jäh gestoppt wurde, hat die Luzerner Fangemeinde doch bewiesen, dass sie sich auch international nicht zu verstecken braucht. Ein Blick zurück.
Die neuen Stadionverbotsrichtlinien des SFV
ab S. 14
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Impressum Herausgeber United Supporters Luzern Online: www.us-luzern.ch
Impressum
Saisonbeginn in Bildern
Bildnachweis Mit freundlicher Genehmigung abgedruckt von: footballislife.ch.vu amade.ch fcl.fan-fotos.ch Druck Auchli Druck Romantica 6106 Werthenstein Tel: 041 490 20 83 auchli-druck@bluemail.ch
Schalparade im EL-Rückspiel gegen Utrecht.
Kontakt Wir freuen uns über jedes Feedback! Mit einem E-Mail an unsere Adresse stelzbock@us-luzern.ch oder in unserem Fanlokal «Zone 5» am Bundesplatz kannst du mit uns Kontakt aufnehmen. Spenden Das Magazin wird in ehrenamtlicher Arbeit produziert und kostenlos verteilt. Beiträge zur Deckung unserer Aufwendungen sind jederzeit herzlich willkommen. Spenden nehmen wir gerne per Überweisung mit Stichwort «Stelzbock» an United Supporters 6000 Luzern, Raiffeisenbank Region Stans, Kontonummer 94453.59, Clearing 81223, Postkonto 60-7178-4, IBAN CH61 8122 3000 0094 4535 9 entgegen.
Per Transparent vor seiner Wohnung wünschen die Luzerner Fans Christian Ianu gute Besserung.
Ehrbekungung der FCL Fans an seinen geliebten Verein im Letzigrund.
Inhaltsverzeichnis
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Rückblick Utrecht Zwei Fans, die den Europa-LeagueAuswärtsmatch zu mehrtägigen Trips nutzten und FCL-Spieler Alain Wiss blicken nochmals auf die Reise nach Utrecht zurück. Alles zum Europa-Abenteuer des FCL auf den Seiten 4-7 und 10.
«Ich dachte, mein Trommelfell würde platzen» Nach zweieinhalb Jahren durfte ein Ausgeperrter in Utrecht zum ersten Mal wieder mit seinen Freunden in der Kurve stehen. Wie er die Rückkehr ins Stadion für ein Spiel erlebte, lest ihr auf den Seiten 8 und 9.
Immer wieder Züri... In seiner Oldschool-Kolumne berichtet Maré, was sich in den 1990er Jahren bei den Gastspielen Luzerns in Zürich so zugetragen hat. Auf den Seiten 12 und 13 berichtet er von nicht vorhandenen Absperrungen im Stadion und René van Eck als Sanitäter.
Neue Stadionverbotsrichtlinien Seit 1. Juli 2010 gelten die neuen Stadionverbots-Richtlinien. Wie es dazu kam, welche Änderungen es gibt und was das neue Reglement für die Zukunft der Fankultur bedeutet, steht auf den Seiten 14-17.
Editorial Liebe FCL-Fans, Nach zehn Jahren durften wir unsere Farben endlich wieder in Europa vertreten, der FCL grüsst von der Tabellenspitze und der neue Stelzbock ist da - was will man mehr als Luzerner Fan? Als erstes möchte ich mich bei allen blau-weissen Fans bedanken, die unsere Mannschaft mit nach Holland begleitet haben und einen Support der Extraklasse hinlegten. Besonderen Dank auch an unsere zwei Freunde aus Como, welche mit uns das Abenteuer Europa antraten. Grazie Lariani. Nach vier Jahren und zwölf Ausgaben haben wir den Stelzbock in der Sommerpause einer Erfrischungskur unterzogen, das Magazin erscheint darum heute erstmals im neuen Layout. Inhaltich werden wir euch weiterhin mit allen Infos rund um die USL und die Luzerner Fanszene versorgen. Der sportliche Erfolg zu Saisonbeginn wurde leider von der schweren Verletzung von Cristian Ianu überschattet. «Cristian, wir wünschen dir gute Besserung. Mögest du uns bald wieder mit deinen Toren beglücken.» Nun wünsche ich euch viel Spass beim Lesen. Lasst uns unsere Mannschaft auch heute zum Sieg singen. René Schwarzentruber Präsident USL
Im Block: Die Mad Lions stellen sich vor
Seite 11
Groundhopping: Derbyzeit in Buenos Aires Zone 5: Klartext am Donnschtig
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FCL in Utrecht
Einmal Benelux, bitte!
Der Gästeblock im Galgenwaard: 700 Luzerner in blau.
Zum ersten Mal mit dem FCL nach Europa. Wir nutzten das Los gleich für einen mehrtägigen InterrailAusflug in die Benelux-Staaten. Europapokal-Auslosung. Ich und das Kamel unterwegs an ein Openair in Deutschland. Per Telefon-Konferenz und Internet-Handy in der Liiribox verfolgt man die Ziehung aus dem ICE live mit. Verbleibende Lose für Luzern: FC Utrecht und FC Sibir Novosibirsk. 50/50-Chance auf eine absolute Legendenfahrt mit Flieger und zweieinhalb Tagen Transsibirischer Eisenbahn versus Utrecht. Utrecht was? Das Herz pocht, die Pulsfrequenz überschlägt sich. Aber nein: Luzern gegen... Utrecht. Fuck. Was wollen wir in Belgien? Enttäuschung pur. Erst später wird uns zudem etwas beschämt klar, dass Utrecht im nördlichen Nachbarland Belgiens liegt. Aber auch Holland hört sich nicht wirklich nach dem Riesen-Bomben-Los an, das
man sich erhofft hatte. Der Zug fährt vor 11 Tage später. Es ist Dienstagmorgen in DER Europapokal-Woche. Ich war erst seit dem Vorabend retour von einem anderen Ausland-Trip. Nervosität und unglaubliche Vorfreude beherrschen Körper und Gedanken. Aber ich habs meinem Chef versprochen, heute komme ich arbeiten. Dafür erhalte ich die restlichen Tage kurzfristig frei. Gebucht habe ich zwar sowieso schon. Viel Produktives sollte an diesem Tag nicht herausschauen. Dafür ist die Forumsgemeinde fast im Minutentakt darüber informiert, wie lange es noch dauert, bis ich mich in Richtung Benelux verabschiede. Um 21 Uhr ist es dann soweit, nach kurzem ÜSÜL-Apero im Roadhouse gehts zu zweit per Nachtzug nach Amsterdam. Ein kultiger Alt-Weltmeer-Matrose und seine abenteuerlichen Geschichten verkürzen uns die Hinreise. In Amsterdam-City trifft
FCL in Utrecht
man am nächsten Morgen die restliche Interrail-Crew. Ansonsten beherrschen zwei Farben das Stadtbild: schwarz und weiss. 2‘500 fanatische PAOK-Fans bereiten sich in der gesamten Innenstadt auf ihr ChampionsLeague-Quali-Spiel gegen Ajax vor. Des unsäglichen niederländischen Ticketsystems wegen können wir das Spiel allerdings nicht live mitverfolgen, obwohl das Stadion nicht mal zur Hälfte gefüllt ist. Aber Holland dient ja hierzulande trotzdem als Vorbild in Sachen Fan-Umgang... Der Stimmung konnte dies aber überhaupt nichts anhaben. So verbrachte man den ersten Abend halt so, wie es sich für Amsterdam gehört: Kiffen, Schaufenster-Touren (passiv), Bierchen stemmen. Alles ziemlich ausgiebig. Ausserordentlich «giggerig» auf den folgenden Tag gings ins Bett. Utrecht wird blau-weiss 9 Uhr am Spieltag: Die hartgesottenen «Amsterdamer» trudeln an der Centraal Station ein. Nach kurzer Zugfahrt trifft man als eine der ersten Luzerner Fangruppen in Utrecht ein. Sightseeing ist angesagt (nettes Innenstädtli) und erste Bierli werden bestellt, während sich nebenan die heimische Obdachlosen- und Jesus-Fanatiker-Szene breit macht. «Na-dis-na» treffen mehr und mehr blau-weisse Fans in der Stadt ein. Das Wetter wechselt sein Gesicht im Minutentakt: Sonne – Regen retour, es wird nicht langweilig, wenn man den Himmel betrachtet. Doch spätestens bei der (etwas verspäteten) Ankunft der USL-Cars ist es sowieso vorbei mit Wettergucken. Nach der Begrüssung der vielen angeschlagenen und müden, aber sehr glücklichen und vorfreudigen Gesichter werden Bar und Strasse rund um «unser» IrishPub in Beschlag genommen. Der Spielbeginn rückt näher, die Stimmung wird immer besser. Grossartig hallen die Einsing-Songs durch die Gassen rund um den FCL-Fan-Treffpunkt.
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Die Polizei wird scheinbar nervös: Etwas früher als vereinbart werden wir in Busse verfrachtet und zum Stadion geführt. Netter Info-Anruf während der Fahrt: (Zaun-)Fahnen seien scheinbar trotzdem erlaubt und müssen nicht geschmuggelt werden. Symphatisch. Bereits beim Betreten des Stadions herrscht grossartige Stimmung im Gästeblock. Das Vergnügen kann beginnen... Das restliche Stadionrund wird noch länger leer bleiben, während der Luzerner Anhang bereits am Toben ist. Spätestens, als das Team erstmals das Spielfeld betritt, explodiert der Gästesektor endgültig. Hühnerhaut. Dazu der gesamte Block in blau und wohl erstmals seit gefühlten 572 Pflichtspielen alle FCLFans vereint in der Kurve, keiner ausgeschlossen. Das Spiel beginnt. Etwas matchbezogen war der Support während den folgenden 90 Minuten, allerdings nicht mehr ganz so enthusiastisch wie vor dem Anstoss. Alle wünschten sich sehnlichst das Ausgleichstor herbei. Man stelle sich das einmal vor! Gewisse Herzen hätten das wohl nicht mehr mitgemacht... Leider kam es anders. Mit einem 0:1 konnte man resultatmässig aber sicher leben. So breitete sich nach dem Spielende schon bald wieder die Fröhlichkeit im Block aus. Nachdem alle endlosen 43 Reihen ihren Hüpfer gemacht haben (krank!) wurde nochmals Gas gegeben. Riesig! Ich klettere vorne auf den Zaun, um das Spektakel zu filmen: «Come on FCL!»... «COOOOME OOOOON FCL!» brettert es mir wie ein Katapultgeschoss entgegen… Ich zittere. Was für ein saugeiles Gefühl. Nach zirka einer Stunde wird die Blocksperre – und somit auch die Kurven-Show – beendet. Holländische Odyssee Ein paar Tunnel-Minuten später betreten wir die Extrabusse nach Amsterdam zum Hauptbahnhof, wie mir auf Nachfrage versichert wird. Die überfüllten Busse verlassen das
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Stadiongelände, kurven eine halbe Ewigkeit um Utrecht rum und laden uns dann tatsächlich an einer Bahn-Station aus. Zwar definitiv nicht Amsterdam Centraal, naja, vielleicht ein Vorortsbahnhof. Richtig geraten, allerdings nach wie vor einer der Stadt Utrecht. Tja... 15 Minuten später fuhr eine S-Bahn nach Amsterdam. Eine Bahnstation später war aber auch bei dieser bereits wieder Endstation. Nochmals Däumchen drehen auf einem Prärie-Bahnhof. Knapp drei Stunden nach Spielende erreichte man sein Ziel dann tatsächlich doch noch. Per Tatzelwurm stürzte man sich wieder ins Nachtleben der niederländischen Hauptstadt. Spezielle Grüsse gehen hierbei an die Kleine Kneipe und Alex, den Velo-Taxi-Chauffeur. Einfach grossartig. Am Tag danach gings für die Interrail-Crew weiter nach Lüttich, wo noch-
FCL in Utrecht
Galgenwaard-Stadion, Utrecht
mals gekonnt Punkte für einen prominenten Off-Topic-Thread im FCL-Forum gesammelt wurden, ehe wir am Samstagabend wieder Luzerner Boden unter den Füssen hatten. Vier unvergessliche Tage. Drei Nächte für die Ewigkeit! Oder, um mich beim Vokabular einer grossartigen Fanseite zu bedienen: Just can’t beat that! Ach ja, und im Nachhinein gesehen war das Los „Utrecht“ doch gar nicht so übel...
Drei Tage für die Ewigkeit Unsere zehnköpfige Gruppe wählte einen eher speziellen Reiseweg nach Utrecht. Als Einstimmung aufs Spiel wurde zuerst Düsseldorf unsicher gemacht. Wer die längste Theke der Welt kennt, kann wohl nachvollziehen, warum die Reiseleitung einen Abstecher nach Düsseldorf einplante. Kneipen, Bars und Clubs reihen sich in der Altstadt aneinander, Shots kosten rund zwei Euro und das legendäre Altbier macht sogar aus der grössten Schlafmütze einen Partyhasen. Die Frauen scheinen auch ganz willig zu sein, wie unbestätigten Quellen zu entnehmen ist. Und da die Flüge von Basel nach Düsseldorf spottbillig waren, zögerte die Reiseleitung keine Sekunde mit der Buchung.
Mittwochabend Abflug, am Donnerstag Zugfahrt nach Utrecht via Amsterdam, eintrinken in der Utrechter Innenstadt, Spiel und dann noch Ausgang in Amsterdam. Und das alles dank der geilen Saison von Ianu und Co. Die Heimreise traten wir am Freitag an. Party im Kuhstall Als wir uns am Mittwoch um 16 Uhr im Roadhouse trafen, wussten nur drei der zehn Europapokal-Fahrer, wie wir nach Utrecht reisen. Mit genügend Alkohol und grosser Euphorie machte man sich auf den Weg Richtung Euroairport. Das einmalige Erlebnis liess die Stimmung bei allen Teilnehmern steigen, FCL-Lieder gehörten von Anfang an zu unserer Reise. Auch die Barmaid im Düsseldorfer König-City bekam das zu spüren.
FCL in Utrecht
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Die blaue Pisskolonne: Toillettenhalt der Carbesatzung auf einer Raststätte. Änderung der Musik ohne ihre Zustimmung passte ihr nicht in den Kram. Nach ein paar «wenigen» Runden Shots verschob sich die Runde in den Kuhstall, wo mächtig weitergefeiert wurde. Die Stimmung war ausgelassen, die Vorfreude auf das Spiel am folgenden Tag riesig. Nur schade, dass gewisse Fotos wieder gelöscht werden mussten.
Amsterdam überall bekannte Gesichter. Als wir uns dann nach 1 Uhr Richtung Leidseplein aufmachten, landeten wir prompt wieder in einer mit Luzernern gefüllten Bar. Die Stimmung war nun wieder besser, das Spiel bereits vergessen. So wurde es auch am Donnerstag wieder spät, bis man sich schlafen legte.
Bekannte Gesichter in Amsterdam
Auch nächstes Jahr dabei
Am Donnerstagmorgen standen überra- Einen würdigen Abschluss fand der Europaschenderweise alle um 8 Uhr auf der Matte, pokal-Trip am Freitag. Der Flug wurde im bereit Richtung Utrecht aufzubrechen. Die letzten Moment noch erwischt, am Blue Balls Schlafenszeit bewegte sich zwischen einer liessen wir die Reise noch würdig ausklingen. und drei Stunden. Bei der Ankunft in Utrecht Hätte das Resultat gestimmt, wäre die Reise staunten wir nicht schlecht: am Bahnhof nahezu perfekt gewesen. Die Erinnerungen kein Schwein, in der Innenstadt grosses Poli- werden aber noch lange in unseren Köpfen zeiaufgebot. Das Eintrinken in der blau-weis- bleiben und auch in der Champions League sen Gasse war dann einfach legendär. Auch werden wir unserer Mannschaft wieder Michi vom Blick am Abend war schwer be- nachreisen. Danke Luzern. eindruckt. Gutes Foto. Die Stimmung vor, zu Beginn und nach dem Spiel im Stadion war aber der Höhepunkt unserer Reise. Einfach nur geil, was da abging. Mit etwas gesenktem Haupt, machte man sich danach auf nach Amsterdam, um den letzten Abend der Europapokal-Reise zu geniessen. Erster Halt war natürlich das Rotlicht-Viertel. Die 50 Euro haben wir dann aber lieber in Flüssiges investiert. Und siehe da: Im grossen Eintrinken im Irish-Pub vor dem Match.
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Ausgesperrt
«Ich dachte, mein Trommelfell würde platzen» Ein Ausgesperrter berichtet, wie er in Utrecht seit langer Zeit wieder einmal das Gefühl erleben durfte, in der Kurve zu stehen. Es ist bereits fast zweieinhalb Jahre her, als das Übel anfing und ich aufgrund des Versuchs, bengalische Fackeln ins Brügglifeld zu schmuggeln, Stadionverbot erhielt. Da sich noch weitere Kleinigkeiten ereigneten, welche den Sicherheitsverantwortlichen der Liga nicht gerade passten, darf ich noch weitere zweieinhalb Jahre aussitzen, bis ich dann Mitte 2013 endlich wieder ins Stadion zu meinen Freunden gehen darf. Zum Glück oder eher zum Übel sind auch andere Jungs ähnlich bestraft, was heisst, dass man nicht alleine ist. Meistens schauen wir die Spiele zusammen in der Zone 5, aber an diesem Donnerstagabend im Mai war sie geschlossen. Also brachen wir auf und schauten das Spiel Luzern – YB im Anfield. Wir waren nicht die einzigen! Das Anfield war voll mit Luzerner Anhängern. Eine gute Stimmung herrschte, da sich der FCL endlich wieder für ein Europaturnier qualifizieren könnte. Und als Luzern die Berner dann tatsächlich mit 5:1 auseinander gerissen hatte, war im Anfield die Hölle los. Alle tanzten und umarmten sich! Die grenzenlose Freude darüber, dass wir zusammen mit dem FC Luzern an ein Spiel ausserhalb der Schweiz reisen dürfen, war kaum mehr zu überbieten. Das sollte rich-
tig gefeiert werden und so schickte man den Freunden im Stadion eine SMS, dass man sich treffen sollte. So geschah es dann auch: Mitten auf der Seebrücke rannten sich Stadionverbötler und Stadiongänger in die Arme und drückten so ihre Freude über den Einzug in die Europa-League-Qualifikation aus. Das Ganze war so etwas von verrückt, alle schreiten sich die Seele aus dem Leib und hüpften wild umher! Gemeinsam marschierten wir weiter bis zum Schweizerhof. In der Eingangshalle des berühmten Luxus-Hotels feierten wir dann lautstark. Auch die Bar wurde angesteuert und gleich von den Luzerner Anhängern übernommen. Die Blicke der Hotelgäste werde ich nie vergessen. Als sich alle wieder ein bisschen beruhigt hatten, ging es um das lange Rätseln und Raten, wer denn unser Gegner sein wird. Am Freitag, 16. Juli 2010 war es dann wohl allen bekannt: Der Gegner lautet Utrecht aus den Niederlanden! Das Auswärtsspiel würde am 29. Juli 2010 stattfinden, weswegen es gleich ans Organisieren der Reise nach Holland ging. Doch darum mussten wir uns nicht gross kümmern, da unsere Freunde der USL ziemlich schnell einen Car angeboten hatten - wir mussten uns nur noch anmelden. Unglaublich war aber, wie schnell sich die Teilnehmer-Liste füllte! Innert kürzester Zeit waren fünf Cars völlig ausgebucht. Die Vorfreude stieg also weiter an. Dazu kam noch die grosse Hoffnung, dass wir Stadionverbötler in Utrecht ins Stadion dürfen, da
Ausgesperrt
dort unser Stadionverbot nicht zählt. Richtig sicher ob wir das Stadion betreten dürfen waren wir uns nie, aber die Hoffnung blieb bis kurz vor der Abreise und wir kauften uns Eintrittskarten. Dann war es endlich soweit: der Tag der Hinreise nach Holland! Treffpunkt der Busse war beim Inseli in Luzern. Auf dem Weg dorthin hörte man schon, dass die Stimmung der Fans jetzt schon am Explodieren war. Dies bestätigte sich dann auch, als man die Leute begrüsste. Und schon ging es los in Richtung Niederlande! Nach einer langen und feuchtfröhlichen Fahrt kamen wir dann am Donnerstagmittag in Utrecht an. Da bis zum Spielbeginn noch ein wenig Zeit blieb, trafen sich die meisten Luzerner in einer Bar in Utrecht-City, wo die Stimmung schon grossartig war. Es war ein einziges gemeinsames Feiern. In dieser Gasse wurde dann auch zum ersten Mal ein Lied angestimmt. Ich war schockiert, wie laut die Luzerner waren. Die Lautstärke war enorm! Die Utrechter haben uns sicher nicht überhört. Ein bisschen früher als geplant fuhren dann die Busse vor, welche uns zum Stadion bringen sollten. Nun ging es also los! Das Geilste am Ganzen: Kurz vorher in der Bar erfuhren wir, dass alle mit Stadionverbot den Match im Stadion mitverfolgen dürfen!!! Das war die beste Nachricht seit langem. Der Bus hielt vor dem Galgenwaard, wo wir uns am Eingang anstellten. Als die Ordner mein Ticket entgegengenommen und ein Stück davon abgerissen hatten, war die Freude grenzenlos. Endlich durfte ich wieder einmal das Gefühl erleben, welches ich schon seit langer Zeit vermisse. Ich lief durch den Eingangsbereich direkt in den Gästeblock und blickte auf den Rasen, welcher für den Lu-
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zerner Europa-Auftritt bereit war. Danach blickte ich in die Kurve. Unglaublich was Luzern in so kurzer Zeit zusammengebracht hatte. Mit so vielen Luzernern hätte ich nicht gerechnet. Und das Geilste daran: Die meisten trugen das von den USL extra angefertigte blaue Europapokal-Shirt. Die Glücksgefühle in mir hatten mich nun endgültig überwältigt. Wir freuten uns riesig, wieder gemeinsam im Stadion stehen zu dürfen! Und dann kam der Moment, als Cristian Ianu das Spielfeld betrat. Ich glaube wir sind uns alle einig, der bekam bestimmt einen Ständer als er begrüsst wurde. Ich dachte mein Trommelfell würde platzen, so laut sangen die Luzerner das Cristian-Ianu-Lied! Einfach nur geil! Und als dann das Spiel begann und alle ihr T-Shirt in die Höhe hielten, brachen alle Dämme. Was für ein geiler Support! Ich denke, die Spieler konnten es selber fast nicht glauben, was sich an diesem Abend im Gästeblock im Utrechter Stadion ereignete. Einfach unglaublich – ein grosses Dankeschön und Schulterklopfen an alle, die mitgereist sind! Leider half auch das lauteste Singen nichts und wir verloren mit 0:1. Nach dem Match waren nicht mehr alle so fit, weshalb viele bei der Rückfahrt zu schlafen begannen. Andere jedoch liessen sich nicht so einfach kleinkriegen und unterhielten sich weiter bis in die Morgenstunden hinein. Schlussendlich denke ich, dass alle Beteiligten diese Reise nie vergessen werden. Und auch für uns Stadionverbötler war es ein unvergessliches Abenteuer. Dieses Spiel zeigte, dass es sich lohnt, weiter zu machen und weiter zu kämpfen. Das Gefühl, zusammen mit allen Jungs unserer Kurve den FC Luzern anzufeuern, ist wohl das Schönste überhaupt! Danke an alle!
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FCL in Utrecht
Alain Wiss sagt Danke Alain Wiss kam beim EL-Hinspiel zwar nicht zum Einsatz, blickt für den Stelzbock aber nochmals auf die Reise nach Holland zurück, und erzählt wie die Spieler den Match erlebten. «Nach einer langen und anstrengenden Saison 2009/10 war es für uns alle eine riesen Freude, dass wir uns nach langer internationalen Abwesenheit wieder für internationale Spiele qualifizieren konnten. Zudem machte es uns sehr stolz, dass wir eine der Mannschaften sind, die die Schweiz im internationalen Fussball vertreten können. Auf der Reise nach Utrecht war eine zunehmende Anspannung und auch vor allem Vorfreude auf den kommenden Match zu spüren. Direkt nach der Ankunft fand das Abschlusstraining im Stadion statt. Wir waren äusserst beeindruckt von diesem modernen Gebäude, welches sehr an die englischen Stadions erinnerte. Am Matchtag stand ein Footing auf dem Programm. Als wir vor Matchbeginn im Stadion ankamen waren wir überrascht, dass sich unsere Supporters bereits zahlreich versammelt hatten und uns vor, während sowie auch nach dem Spiel nonstop unterstützten und uns motivierten.
Dafür sind wir äusserst dankbar!»
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Im Block
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Mit blau-weissem Herz die Mannschaft antreiben Mad Lions – dies ist der Name einer relativ jungen Fangruppierung Luzerns. Jedoch liegt die Entstehung dieser Gruppierung weiter zurück, als es den Anschein macht. Um uns den Fans vertrauter zu machen, stellen wir uns jetzt vor. Alles begann in der Saison 2007/08 mit einigen fussballbegeisterten Jungs aus der Region Sempach, die immer die Heimspiele des FC Luzern verfolgten. Als immer die gleichen Leute zusammen am Bahnhof einstiegen, beschlossen wir schon bald, dass wir künftig als Gruppe an die Spiele gehen wollten. Es ging nicht lange, bis sich die Gruppe organisierte und zu FRS, den Fans Region Sempachersee, wurde, welche sich schon bald durch Fahnenmaterial zu erkennen gab. Mit der Zeit aber spaltete sich diese Gruppierung, da für einige der bedingungslose Support an Heim- und vermehrt auch an Auswärtsspielen eine immer grössere Rolle spielte. Dies führte schliesslich zur
Trennung von einigen Mitgliedern und schliesslich zur Auflösung der FRS im Winter 09/10. Nach langem Hin und Her gründeten schliesslich einige ehemalige Mitglieder der FRS eine neue Gruppierung unter dem Namen Mad Lions (verrückte Löwen). Als Name wurde bewusst der Löwe eingebracht, weil er sowohl Luzern als auch Sempach repräsentiert. Als das Zeichen und die Schrift endlich feststanden, wurden eifrig die ersten Fahnen gemalt. Auf diesem Weg wurden wir stets tatkräftig durch die Fanarbeit unterstützt. Zurzeit besteht die Gruppierung aus zehn 15- bis 18-jährigen Personen, welche so oft wie möglich an die Spiele gehen. Das Ziel unserer Gruppierung besteht darin, den FCL so gut wie möglich an jedem Match zu unterstützen.Mit Fahnenmaterial und lautstarkem Support versuchen wir uns nach und nach in die Luzerner Fanszene einzubringen. Wir freuen uns darum, unsere Mannschaft noch viele weitere Jahre mit blau-weissem Herz von Sieg zu Sieg zu schreien.
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Zürich Rene van Eck als Sanitäter In den 1990er Jahren setzte es für den FCL bei GC meistens Niederlagen ab. Zeitzeuge Maré erinnert sich an die Luzerner Gastspiele im Hardturm zurück. Vor ein paar Wochen absolvierte der FCL sein Europapokal-Heimspiel in Zürich im relativ frisch umgebauten Letzigrund. Ein Antifussballstadion par excellence ist man versucht zu schreiben, denn, alle Fussballfans der Schweiz, abgesehen von ein paar FCZ-Anhängern, mögen dieses Stadion überhaupt nicht. Trotz der rund 6‘500 mitgereisten FCLSupporter ging die Stimmung im Regen unter. Da tun einem die GCZ-Fans ja richtig leid, deren Heimstätte vor rund zwei Jahren abgerissen wurde. Deren Stadion war der legendäre Hardturm. Zeit für ein paar FCLStorys aus dem nicht mehr da stehenden Stadion ennet den Gleisen vom Letzigrund. Luzerner standen neben Zürchern Spiele des FC Luzern im Hardturm waren stets geprägt von einer frühen Führung der meist in rot gekleideten FCL-Kicker. Mein “erstes Mal“ im Hardturm war im Herbst 1988, als der FCL als Leader zum Meisterschaftsfavoriten GC musste. Der FCL ging nach zwischenzeitlichem Ausgleich durch Martin Müller mit 1:4 unter. Was mir auffiel: Die FCL-Anhänger befanden sich nicht visà-vis der GC-Fans, sondern standen meist in der Überzahl neben den Zürchern! Heute undenkbar, denn die Anhänger waren weder durch einen Zaun noch durch irgendwelche
Ordner getrennt. Von gegenseitiger Freundschaft konnte man auch nicht reden, zu oft hat es zwischen der LU-City und der Hardturm-Front vor und nach den Spielen gescheppert. Rund fünf Jahre später trafen die beiden Mannschaften in der legendären Auf-/Abstiegsrunde aufeinander. Rund 7‘000 FCLFans begleiteten unseren Klub in den damals noch verhassten Hardturm. Trotz Heimspielatmosphäre verlor man die Partie mit 0:3, ein gewisser Giovanni Elber brachte mit seinen Jubelszenen vor der FCL-Kurve die Atmosphäre zum Kochen. GC-Fans wechseln Tribüne Meist verlor man unverschämt hoch gegen die Grasshoppers, welche rund 15 Jahre zu den meist gehassten Teams der Luzerner Fans gehörten. Spiele gegen die Hoppers zogen auf der Allmend oft über 10‘000 Leute an, während in Zürich im Stadion gähnende Leere herrschte, und dies trotz ChampionsLeague-Teilnahme. Die Stadtzürcher wollten lieber den damals armen FCZ sehen, aber dies auch nur spärlich, dafür holte der dahinsiechende ZSC mit über 9‘000 Zuschauern im Schnitt bei der Zürcher Bevölkerung am meisten Pluspunkte. Eine Geschichte im Hardturm werde ich nie mehr vergessen, sie fand 1994 statt. Der FCL spielte in der zweiten Runde gegen den Grasshopper Club. Neben den FCL-Fans standen wie immer die GC-Anhänger. Da diese aber von uns niedergesungen wurden,
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wechselten sie nach 30 Minuten mit Pauken und Fahnen die Seite! So was habe ich seitdem nicht mehr erlebt. Scharmützel im Tram 1995 stellte Trainer Jean-Paul Brigger ein ganz passables Team zusammen, welches den GCZ im Hardturm an den Rand einer Niederlage brachte - ein gewisser Junior Namens Gerry Seoane schoss den Ausgleich und Wiggerl Kögl gab seinen Einstand - aber am Schluss jubelten wieder die Snobs aus Zürich. An dieses Spiel habe ich besondere Erinnerungen, weil viele FCL-Fans seit längerer Zeit wieder einmal den Zug statt den Car benutzten. Als Teenie war Zürich immer ein bisschen Abenteuer, im Tram kam es jeweils zu Scharmützeln und die Polizei regelmässig zu spät. So auch rund ein Jahr später, als sich der FCL ein verdientes 2:2 erkämpfte und militante Zürcher einen FCL-Fancar angriffen, während wir im Stadion feierten. Der Spieler René van Eck höchstpersönlich kümmerte sich damals um die verletzen Supporter! Die Jahre vergingen - und der Hardturm
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wurde dann erst eingenommen, als man gar nicht mehr daran dachte. Viele Luzerner waren nicht mehr dabei, als Marco Branca mit zwei Toren die Reichen abschoss und deren Trainer Roy Hodgson gleich in den Urlaub schickte. Dieses Spiel gehörte zu den Highlights, weil wirklich niemand damit rechnete. Ich war damals alleine unterwegs und genehmigte mir ein Sitzplatzticket, unten feierten die ersten Luzerner Ultras den Sieg überschwänglich. Das Highlight schlechtin fand schliesslich im April 2007 statt. Notabene gegen den FCZ und nicht gegen GC, gewann der FCL in einem denkwürdigen Cuphalbfinal mit 3:2! Der Wahnsinn! Ein paar Monate später starb dann das Hardturmstadion. Eines der besten Stadien der Schweiz wurde abgerissen, und nun finden quasi nur noch Trauerspiele im Letzigrund statt. Ob beim Hardturmareal je wieder einmal ein reines Fussballstadion stehen wird? Trotz heftigen Niederlagen, trotz bitteren Minuten - die Zeit im Hardturm möchte ich nicht missen, sie hat uns zu dem gemacht, was wir sind: Treue- statt Erfolgsfans!
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Neue Richtlinien für Stadionverbote
Neue Richtlinien Stell dir vor, es ist Fussball und keiner darf hin. Am 1. Juli 2010 traten die neuen Richtlinien betreffend den Erlass von Stadionverboten in Kraft. Wir berichten, welche Änderungen sie beinhalten, was für neue Schikanen die Fans erwarten und welche Auswirkungen die neuen Richtlinien für die Zukunft der Fankurven haben. Ein Samstagabend im Spätsommer. Es ist 17.40. Der Schiedsrichter steht im Gang der Katakomben und bläst in seine Trillerpfeife. Die Spieler kommen aus ihren Garderoben und stellen sich hintereinander auf. Konzentration, Anspannung, Adrenalin. Das Schiedsrichtertrio läuft los. Von ihren Captains angeführt betreten die Mannschaften das Spielfeld. Die Kameras zoomen auf die Gesichter der Spieler, die Fotoapparate blitzen und aus den Fankurven kommt - nichts. Gar nichts. Keine lautstarken Gesänge, keine originellen Choreographien, keine inferioren Pyroshows, keine bunten Fahnenmeere. Einfach nichts. Unvorstellbar? Momentan ja. Denn was wären unsere Schweizer Fussballstadien ohne die lauten und leidenschaftlichen Fanblöcke, in denen tausende Menschen aller Couleur sich jedes Wochenende in brünstig für ihren Verein die Kehle aus dem Leib schreien und ihr Team nach vorne treiben. Doch immer mehr Fans dürfen nicht mehr mit ihren Kollegen und Kolleginnen in der Kurve stehen, weil sie mit einem Stadionverbot belegt sind. Ausgesperrt. Bisher war die Zahl der Verbannten in den Schweizer Stadien überschaubar, doch mit den neuen Richtlinien
betreffend den Erlass von Stadionverboten die seit dem 1. Juli 2010 in Kraft sind könnte dies bald anders aussehen. Bisher ist es nur das imaginäre Worst-Case-Szenario. Doch wenn SFV und SFL ihren Plan alle unbequemen und kritischen Fans aus den Stadion zu verbannen weiter vorantreiben, könnte es vielleicht bald wirklich so sein: Stell dir vor es ist Fussball und keiner darf mehr hin. Stadionverbote nun SFLAngelegenheit Bisher war die Schweizer Fussballliga (SFL) für das Prozedere der Stadionverbote (SV) verantwortlich. Da die SFL nur die zwei höchsten Spielklassen umfasst, gab dies früher den Stadionverbotlern noch die Möglichkeit etwa ein Cupspiel ihrer Mannschaft bei einem Erst- oder Zweitligisten zu besuchen. Nach und nach wurden die Stadionverbote aber auch auf solche Partien (wie einige FCLFans beispielsweise 2007 in Biasca erleben mussten) ausgeweitet und sogar der Besuch von Freundschaftsspielen wurde den Betroffenen untersagt. Per 1. Juli 2010 hat nun der Schweizer Fussballverband (SFV) still und heimlich die Hoheit über die Stadionverbotsvergabe übernommen. Dabei haben die Funktionäre in Muri wieder einmal bewiesen, dass ihnen die Mitsprache von Fans und Fanvertretern am Allerwertesten vorbei gehen. Zur Erklärung bedarf es eines kurzen Rückblicks: 2007 hat die damals neu geschaffene Fankommission (FAKO) beschlossen, die StadionverbotsRichtlinien anzupassen. Zwei Jahre lang arbeitet eine dreiköpfige Gruppe an den neuen Richtlinien, wobei sie sich immer wieder in
Neue Richtlinien für Stadionverbote
harten Diskussionen gegen die Funktionäre der Liga behaupten mussten. Das Papier wurde schlussendlich von der Sicherheitskommission (SIKO) abgesegnet und hätte der SFL vorgelegt werden können. Die ganze Arbeit war für die Katz: Diesen Frühling bekamen die Vertreter der FAKO den Bescheid, dass in Zukunft nicht mehr die Liga, sondern der Schweizerische Fussballverband für die Stadionverbots-Richtlinien zuständig sein soll und ohne ihr Wissen diverse Änderungen vorgenommen wurden. FAKO und SIKO konnten nun keinen Einfluss mehr nehmen und mussten zusehen, wie ihre jahrelange Arbeit ohne Vorwarnung zunichte gemacht wurde. Ausgesperrt auf Verdacht Die neuen Richtlinien umfassen 26 Artikel und liegen als zwölfseitiges pdf-Dokument vor. Anstatt Klarheit zu schaffen und die bisherigen umstrittenen SV-Entscheide in der Zukunft zu vermeiden, besteht nun ein Sanktionskatalog der es erlaubt, einen unliebsamen Fan wegen fast jeder Handlung mit einem Stadionverbot zu belegen. Das Grundproblem besteht bereits im Faktum, dass das Stadionverbot aufgrund des Hausrechts des Veranstalters ausgesprochen wird. Damit ist es keine Disziplinarmassnahme gegen das gemäss Statuten des SFV rekurriert werden könnte. In Artikel 6 werden anschliessend die Tatbestände aufgeführt, die zu einem Stadionverbot fuhren können, darin heisst es abschliessend: «Vorliegen hinreichender Gründe [...], welche die Annahme rechtfertigt, dass eine Person eine Tat gemäss diesem Artikel begangen hat, begehen wollte oder begehen will.» Alleine die Vermutung, dass ein Fan gegen die Stadienordnung verstossen könnte reicht also weiterhin aus um ihn mit einem SV zu belegen. Die Zuständigkeiten zur Verhängung von
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Stadionverboten unterliegt nun dem SFV, der diese aber auf einzelne Abteilungen, Regionalverbände oder Klubs übertragen kann. Ein Verein der 4. Liga kann somit einem Zuschauer ein lokales Hausverbot erteilen und beim SFV ein Stadionverbot beantragen. Daneben will der SFV gemäss Art. 10 Personen, «die als Spieler, Funktionäre oder Trainer beim SFV gemeldet sind» und mit einem Stadionverbot belegt werden oder einen HOOGAN-Eintrag besitzen, von ihrer jeweiligen Funktion suspendieren. Erhält nun zum Beispiel ein Fan eines Challenge League Clubs ein Stadionverbot, kann er vom SFV gleichzeitig als aktiver Spieler einer Drittligamannschaft gesperrt werden. Dieses Prinzip ist nicht nur lächerlich, sondern pädagogisch auch höchst fragwürdig. Jugendlichen Fussballfans wird damit im schlimmsten Fall nicht nur der Stadionbesuch mit ihrem Freundeskreis verwehrt, sie dürfen gleichzeitig auch nicht mal mehr selber am Wettkampfbetrieb ihrer Mannschaft teilnehmen. Dieses Ausschlussprinzip auf allen Ebenen widerspricht jeder Form von Prävention, mit der sich Verband und Liga doch so gerne brüsten. Anhörungsrecht und Ombudsstelle Eine erste positive Änderung der neuen Richtlinien taucht in Art. 11 auf. Neu soll anstatt eines SVs bei einem «geringfügigem Verstoss gegen die Stadionordnung» eine Verwarnung ausgesprochen werden können. Da jedoch bereits das Erklettern eines Zauns oder eine verbale Provokation gegenüber Fans eine Verwarnung nach sich zieht, kann von einer fanfreundlicheren Regelung keineswegs die Rede sein. Auch die neuen «integrativen Massnahmen», in welche nach Art. 16 ein SV umgewandelt werden kann, nützen kaum einem Fan, da alle Personen mit einem aktiven HOOGAN Eintrag von dieser Massnahme ausgeschlossen sind. Hier kommts möglicherweise zum Zirkelschluss:
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Wer mit einem Stadionverbot belegt ist, wird auch in HOOGAN eingetragen. Wer in der HOOGAN landet, dem ist die Teilnahme an einem Integrationsprojekt verwehrt. Oder anders gesagt: Wer Stadionverbot hat, für den sind Integrationsmassnahmen vom Tisch. Wurden damit die auch in Luzern erfolgreich laufenden Integrationsprojekte hinterrücks abgesägt? Immerhin wurde die von Fans und Fanvertretern schon lange geforderte Abstufung der Stadionverbotsdauer eingeführt, womit der Sicherheitsverantwortliche eines Vereins nicht mehr willkürlich die Maximaldauer für jedes verhängte Stadionverbot aussprechen darf. So ist im Anhang der neuen Richtlinien klar geregelt, wie lange ein SV für welches Vergehen verhängt werden darf. Somit wird beispielsweise das Abbrennen von Pyrotechnischen Gegenständen mit zwei Jahren SV bestraft, während das zusätzliche Werfen einer Fackel aufs Spielfeld mit drei Jahren sanktioniert wird. Weshalb der «betrügerische Missbrauch einer Datenverarbeitungsmaschine» allerdings auch drei Jahre SV gibt und worum es sich bei diesem Vergehen konkret handelt wird aber nicht erklärt. Neu ist auch, dass den betroffenen Personen
Neue Richtlinien für Stadionverbote
endlich ein Anhörungsrecht eingeräumt wird und eine Ombudsstelle geschaffen wird. Der Fan erhält somit Einsicht in die gegen ihn vorgebrachten Beweise und kann sich zu den Vorwürfen äussern. Eine aufschiebende Wirkung für das Stadionverbot bis zur Anhörung wird aber dennoch nicht gewährt. Wird das SV nach der Anhörung Aufrecht erhalten, kann die Person bei der Ombudsstelle vorstellig werden, die anschliessend gemäss der Aktenlage eine Empfehlung abgibt. Der Gang zur Ombudstelle kostet den Betroffenen aber 350.- Franken, die bei Aufrechterhaltung des Stadionsverbotes nicht zurückerstattet werden. Die SBB als Datenverwalter Mit dem Datenschutz haben es SFV, SFL und auch einige Vereine in der Vergangenheit nicht immer so genau genommen. Dass dies gerade bei heiklen Daten wie den Personalien von Ausgesperrten der Fall sein müsste, wird in Art. 18 zwar festgehalten, die Daten werden aber trotzdem Hinz und Kunz zugänglich gemacht. Völlig unklar ist beispielsweise, weshalb die SBB davon Kenntnis erhalten sollen. Insgesamt bedeuten die neuen Richtlinien
Neue Richtlinien für Stadionverbote
für die Fans eine weitere Verstärkung der Repression. Mit der Staffelung der Stadionverbotsdauer, der Gewährung eines Anhörungsrechts und der Schaffung einer Ombudsstelle konnten zwar drei lang geforderte Punkte erreicht werden. Doch zielen die neuen Massnahmen weiterhin darauf hin, jede Art von kritischer und aufmüpfiger Fankultur aus den Stadien zu verbannen und nach dem Vorbild von England ein neues Stadionpublikum zu züchten. Eines das Events und keine Fussballspiele sehen will. Sollten die neuen Richtlinien konsequent durchgesetzt werden, dürften in Zukunft auch immer mehr Zuschauer ausserhalb der Ultra-Orientierten Fankurven von Stadionverboten betroffen sein. Daneben wird mit den neuen Richtlinien auch immer weiter in den Alltag der Betroffenen eingegriffen, indem sie nicht mal mehr selber aktiv Fussball spielen dürfen. Quo vadis, Fussballfan? Ist tatsächlich bald Spieltag und keiner darf mehr ins Stadion? So düster wollen wir die Zukunft nicht malen. Denn die Schweizer Fussballfans haben in den letzten Jahren immer wieder bewiesen, dass sie sich gegen Ungerechtigkeit und die Kontrollwut von
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Vereinen und Liga zu wehren wissen. Ob Choreo-Bewilligungsformular oder Gästefanregistrierung, bisher haben sich die Fans immer zur Wehr setzten können und ihre Rechte verteidigt. Es bleibt also zu hoffen dass auch trotz der neuen Richtlinien die Schweizer Fankurven weiterhin mit Stolz und Leidenschaft IM Stadion agieren werden.
Info Die neuen Stadionverbotsrichtlinien des SFV findet ihr unter www.fansicht.ch unter aktuelles. Dort sind ebenfalls die von FAKO/SIKO entworfenen Richtlinien aufgeschaltet. Die Initiative fansicht wurde 2007 von Pascal Claude gegründet. Sie setzt sich für Fanrechte ein und nimmt die Medienberichterstattung über Fans kritisch unter die Lupe. Mehr Infos findet ihr auf www. fansicht.ch oder in der vierten Ausgabe des Stelzbocks auf www.us-luzern.ch.
Auch die YB-Fans taten im Heimspiel gegen Luzern ihren Unmut über die neuen Richtlinien kund.
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Groundhopping
Derbyzeit in Buenos Aires Matula kennt die schönsten Stadien der Welt, besuchte die faszinierendsten Derbys und schreibt darüber exklusiv im Stelzbock. CA INDEPENDIENTE – CA BOCA JUNIORS 2:0 (Torneo Clausura) 08.03.2009, Estadio Tomas Adolfo Duco, Buenos Aires Manchmal fällt es einem in Buenos Aires nicht ganz leicht, sich für ein Fussballspiel zu entscheiden, denn nicht weniger als 15 der 20 Teams in Argentiniens erster Liga sind im Grossraum der Hauptstadt beheimatet, und so sind brisante Derbys fast an der Tagesordnung. An diesem Sonntag allerdings fiel uns die Wahl leicht, denn wenn zwei der grossen vier (Independiente, Boca, River und Racing) aufeinander treffen, sollte man sich das eigentlich nicht entgehen lassen. Weil Independiente aus gleichem Grund wie der FC Luzern, nämlich dem Bau eines neuen Stadions, die Heimspiele dieser Spielzeit im Exil austragen musste, fand die Partie im Stadion
von Ligakonkurrent CA Huracán statt. Da wird im Vorfeld keine Tickets organisieren konnten und mit einem grossen Andrang rechneten, meldeten wir uns zur Abwechslung mal für eine geführte Touri-Tour an, um das Spiel bestimmt nicht zu versäumen. Mit etwa einstündiger Verspätung fuhr dann endlich ein grosser Car vor unser Hotel und brachte uns, nach Abstechern zu einer Handvoll weiteren Unterkünften, in die Nähe des 1949 fertig erstellten Estadio Tomas Adolfo Duco. Nach einem kurzen Fussmarsch vorbei an drei Polizeisperren, die dank unseres charmanten und hier scheinbar nicht unbekannten Reiseführers zügig passiert werden konnten, waren wir dann relativ schnell in dieser imposanten Arena. Während sich die meisten Touris aus unserem Bus erst mal mit Fanutensillien eindeckten, setzte ich mich schon mal auf meinen Platz auf der Gegengerade dieses komplett ungedeckten Stadions, das 48›000 Zuschauern Platz bietet und genoss die geile Stimmung, welche schon eine Stunde vor dem Anpfiff herrschte. Als die Akteure dann den Rasen betraten, schien das Stadion zu explodieren. Ohrenbetäubender Lärm aus tausenden Kehlen, dazu Pa-
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pierschlangen, rote Ballone und auch etliche pyrotechnische Gegenstände verwandelten das Stadion in einen wahren Hexenkessel. Auf Seiten der Gäste kam zum Intro die grosse „El Jugador No. 12“-Blockfahne zum Einsatz, welche eigentlich bei fast jedem Boca-Spiel präsentiert wird und auch immer wieder schön anzusehen ist. Von beiden Seiten gab es von Minute eins an die für Argentinien typischen Gesänge, wobei die Boca-Leute fast nicht zu hören waren, weil wirklich das ganze Stadion mitsang, wenn in der Kurve der „Diablos Rojos“ (rote Teufel) eine Hymne angestimmt wurde. Als dann nach 23 Minuten auch noch der Boca-Spieler Mouche die rote Karte kassierte, wurde es noch etwas lauter im Stadion. Auch auf dem Feld war es jetzt das Heimteam, das den Ton angab, aber ein Tor gelang in der ersten Halbzeit auch ihnen nicht. In der Pause wurde vom Mob natürlich durchgesungen und zum Wiederanpfiff präsentierte dann auch die Inde-Kurve noch ihre überdimensionale Blockfahne. Dazu weiterhin die eindrücklichen Gesänge, begleitet von zwölf Pauken, die in Argentinien einfach dazuge-
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hören. Als dann Daniel Montenegro den zweimaligen Weltpokalsieger Independiente mit einem Traumtor in Führung (56.) brachte, verwandelte sich das Stadion endgültig in ein Tollhaus. Nach 79 Minuten war es dann erneut Montenegro, der auf 2:0 erhöhte, womit das Spiel gelaufen war. Die Stimmung, die nun herrschte, ist schwer in Worte zu fassen und erzeugte nicht nur bei mir eine Gänsehaut. Kurz vor Ende der Partie sah dann noch ein weiterer Spieler der Boca Juniors die rote Karte, was aber niemanden mehr wirklich interessierte. Da in Argentinien jeweils zuerst die Auswärtsfans aus dem Stadion gelassen werden, während der Rest noch etwa 30 bis 45 Minuten drinnen bleiben muss, wurde noch bis lange nach Spielschluss auf den Tribünen gefeiert. Nachdem sich dann die Tore auch für uns geöffnet hatten, ging es zum abgemachten Platz, wo schon unser Car bereitstand, der uns zurück in die Innenstadt brachte. Danach wurde bei einem kühlen Quilmes besprochen, welches Spiel denn am nächsten Tag besucht werden könnte, denn irgendwo rollt der Ball bekanntlich immer in Buenos Aires.
Die mit Sponsorenlogos verzierte Blockfahne von Independiente.
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Donnerstag, 9. September 2010:
«Klartext am Donnschtig!» ➙Schick uns Deine Fragen! Barbetrieb ab 19.01h / Beginn 19.30h Ab sofort kannst Du FCL-Exponenten während der Saison monatlich – immer am 2. Donnerstag des Monats – auf den Zahn fühlen. Am Donnerstag, 9. September 2010 zu Gast in der Zone 5 am Luzerner Bundesplatz: Daniel Gygax und
Michel Renggli.
Deine Fragen kannst Du am 9. September direkt stellen - beim interaktiven Fantalk in der Zone 5. Oder noch besser: Du schickst uns die Frage bereits im Vorfeld (bis spätestens Montag, 6. September, 19.01h) an event@zone5.ch oder via PN an User «Zone 5» im FCL-Forum ➙ www.fclforum.ch Jede/r, der im Vorfeld eine oder mehrere Frage einsendet, nimmt an einer Auslosung teil. Es warten attraktive Sofortpreise auf die Gewinner, die vor Ort sind! Dani, Michel und das Zone 5-Team heissen Dich am Donnerstagabend herzlich willkommen!
Rückblick Fantalk: Pascal Bader & Roli Schwegler Im August durften wir die ehemaligen Luzerner Spieler Pascal Bader und Roli Schwegler, welche mittlerweile beide in Vaduz unter Vertrag stehen, beim Klartext am Donnschtig in der Zone 5 begrüssen. Das Lokal war gut gefüllt und besonders Roli immer wieder zu Spässen aufgelegt. Und da nicht, wie bei Spielern aus dem aktuellen Kader üblich, der FCL-Pressechef Stefan Bucher über die Aussagen der Kicker wachte, plauderten die beiden wie es ihnen gefiel. Die ihnen gestellten Aufgaben meisterten sie ebenfalls souverän, auch wenn Pasci Bader bei der Zuordnung der Fussballgötter zu ihren Klubs Paolo di Canio dem FC St. Pauli und Holger Stanislawski Lazio Rom zuordnete. Roli Schwegler bestach durch seine ehrliche Art, welche er, wie die Gäste in der Zone 5 an diesem warmen Sommerabend erfuhren, auch gegenüber Journalisten gerne mal Kund tut. Wir wünschen den beiden weiterhin alles Gute im Fürstentum und vertrauen auf ihr Wort, dass sie jederzeit wieder für den FCL in die kurzen Hosen steigen würden.