910 ­ stilradar stuttgart

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Designers Saturday_ Jürgen Altmann_ eins:33_ Reiz_ Steffen Kuder_ Bohemian Rhapsody_ (se)arch_ Kurt Weidemann_ sichtbar_ Massive Töne_ Unternehmen Form_ Graffiti_ Digitalprint_ Daniela Wolfer

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1947 geht deshalb Le Cobusier umgekehrt von 6 engl. Fuss mit 1828,8 mm als Körpergröße aus. Durch die Goldene-Schnitt-Teilung bildet er eine rote Reihe nach oben und unten. Da die Stufen dieser Reihe für den praktischen Gebrauch viel zu groß sind, bildet er noch eine blaue Reihe, ausgehend von 2,26 m (Fingerspitze der erhobenen Hand), die doppelte Werte der roten Reihe ergibt. Die durch die mathematische Goldene-Schnitt-Teilung sich ergebenden Bruchzahlen werden rigoros aufgerundet, bis zu Differenzen von 7 mm auf volle Zentimeter nach oben oder unten, zu sogenannten Gebrauchswerten. Bei der Übersetzung dieser Grundwerte in das Zollsystem erfolgt dann eine weitere, von der ersten unabhängige Grundreihe... Basierend auf Le Corbusiers Entdeckungen, die noch heute Bestand haben und der Tatsache, daß Le Corbusier einer der ersten war, der konsequent im Maßstab 1:33 seine architektonischen Der gelernte Goldschmied und Schmuckdesigner arbeitet – anders als die BerufsEntwürfe erstellte, stand der französische Architekt neben anderen Pate für das 1998 von bezeichnung vermuten würde - hauptsächlich mit Platin, weissen und schwarzen Hendrik Müller und Patrick Batek gegründete Stuttgarter Büro eins:33. Dieser Maßstab ist der Diamanten. Platin ist ein sehr seltenes Metall, das erst im 17. Jahrhundert von einzige, der in der Lage ist sowohl Architektur als auch Innenarchitektur gleichberechtigt abzuGoldsuchern in Kolumbien entdeckt und aufgrund seiner silbernen Farbe, abfällig bilden. Auch der eigenen Vita wegen, eignete sich dieser Name. An der Staatlichen Akademie der als „platma“ („Silberchen“) tituliert wurde. Erst hundert Jahre später wurde festbildenden Künste studierten Hendrik Müller und Patrick Batek Architektur und Design und kamen aufgrund der räumlichen Nähe zur Weißenhof-Siedlung schnell in Kontakt zu Le Corbusiers gestellt, dass es sich um ein bis dato unbekanntes Element handelt. Platin kam Arbeiten und der Bauhaus-Bewegung. Nach anfänglichen eigenen Projekten, arbeitete man erstmals 1850 von Louis Cartier zu Schmuckehren. Es besitzt individuelle schnell gemeinsam an Konzepten und gründete noch im Studium das Innenarchitekturbüro Eigenschaften, die kein anderes Schmuckmetall aufweist – Eigenschaften die eins:33. Ende der 90er Jahre orientierte man sich noch stark am strengen Minimalismus mit seiWer wollte„Design“ nicht schon malinechte Designer sehen? So ohne richtig echte! Menschen ausgereifte Produkte ersinnen, das es von Gold und Silber unterscheiden. Außerdem ist Platin fester, zäher und Argument dem immer Verkäufer den Mund legen, Häuser Türklinken bauen, unddie Papier soKopf bedrucken lassen, daß man nen Materialien wie Stein, Holz oder Metall. Alle Farbnuancen entstehen durch den bewussten Wörter schön angeordnet findet – obwohl alle Schriften gleich aussehen! Fragen schwirren dazu im herum: Tragen Designer schwerer in der Verarbeitung. Deswegen hat das handwerkliche Können höchimmer noch schwarz? Haben Architekten immer Lippen fahren Porsche? man alsihre, Grafiker DJs kennen und Taschen Einsatz von Licht. Doch die Entwicklung ging zum Neuinterpretieren und zum Aufweichen der aus LKW-Planen tragen? Essen Webdesigner dendünne ganzen Tag und Pizza-Salami? DürfenMuss Fotografen beim Tahiti-Shooting angesten Stellenwert in Steffen Kuders Philosophie. „Der Anspruch des Materials in sammelten Lufthansa-Bonusmeilen bei Ebay versteigern? Und: Gibt es ein Frisurengesetz, daß nur Glatze oder Britpop-Haarschnitt Strukturen. „Wir versuchen durch Materialien und Farben eine atmosphärische Dichte zu schaferlaubt? Wer sich schon immer ein Bild von Menschen machen wollte, die sich den ganzen Tag Gedanken über Formen und Farben machen, fen, die softer und harmonischer ist, als die der klassischen, minimalistischen Architekten,“ seiner Formgebung ist enorm. Die perfekte Ausführung steht im Resultat zum kann dies beim Saturday in Stuttgart tun. ihre Der Arbeiten Designersaus Saturday wurde 2001 erstmalig in Stuttgart veranstaltet. An erläutert Hendrik Müller. Der gefestigte Stil basiert aber nach wie vor auf der klaren diesem „Tag derDesigners offenen Tür“ präsentieren Gestalter allen Designdisziplinen in ihren Büros. Gegründet Objekt.“ Die handwerkliche Perfektion ist zwar die Basis für die Auseinanderwurde der Designers Saturday in New York. Anfang der 80er Jahre nahmen europäische Städte, wieeigenen London, Paris,Saturday Wien oder Formensprache. „Wir haben uns dahingehend entwickelt, dass alle Projekte in einem Bezug zueiStockholm die Idee auf. 1985 fand der erste deutsche Designers Saturday in Düsseldorf statt, 2001 der Designers in setzung mit dem Metall, sie soll aber nicht bestimmend für die Gestaltung sein. Stuttgart. nander stehen. Die formale Erscheinung von Möbeln, Leuchten und wie wir mit Räumen umgehen Kuders Entwürfe werden nicht in Formen gegossen, sondern durch stundenIn diesem hat derSaturday Designers Stuttgart GestalterInaus New Yorkmit eingeladen, die aufgrund der Ereignisse im sie letzten ist gefestigt. Dies interpretieren wir aber nicht als Schwäche, sondern als bewusstes Handeln und Jahr, ihrenJahr Designers in Saturday New York nicht austragen. Kooperation ihren Stuttgarter Kollegen präsentieren hier langes „Wenn Kaltschmieden gebändigt. Dadurch erhöht sich die Dichte des Materials gemeinsam ihre Arbeiten. Neben den einzelnen Präsentationen wird der Designers Saturday durch Vorträge, Sonderausals Stilfrage. Gerade am Anfang muß man einen eigenen Stil entwickeln, um sich klar zu definieDer Anruf von Franz Reutter auf dem Handy erzeugte ein Schmunzeln: stellungen und dem Verleihen des internationalen Designpreis desDer Landes Baden-Württembergs abgerundet. Designers day in Stuttgart wurde vonPate Jochim Fischer und Silvia Olp initiiert. erste Designers Saturday fand 1967Der in New York Saturstatt. und der Schmuck, gewinnt an Härte und Wertigkeit. Wenn Steffen Kuder in seiren.“ Dennoch sind eins:33 an einem Punkt angelangt, wo über eine Neuinterpretation ihres Stils Welche Grundidee statt fürführenden diese Veranstaltung? ihr nachher Kaffee wollt, bringt bitte eine Milch mit. Wasser ist da, und steht, entwickelt sich ein Zwiegespräch zwischen ihm und dem Die Grundidee kam von den drei Designschulen New Yorks und war das Präsentieren von Projekten und Arbeiten in nachgedacht wird, um sich weiterzuentwickeln. Dabei sind zum einen Einflüsse aus Kunst, Musik, ner Musik Werkstatt Form einesdann Tagsauch der offenen Tür. Zusammen sie diese Idee als Plattform für sichsich und ihre breiten Schüler.Publikum Im Laufezu derzeigen. Jahre erkannten Unternehmen ausTeilnehmern einemnutzten breiten Designumfeld Notwendigkeit, einem Film und Grafik-Design wir auch“ . Aha, die international operierenden BrillendesignerMaterial. aus Wernau Ein Gerangel zwischen Widerspenstigkeit und Zähmung, einem stoiLehenviertel. Rechts, die kitschige, von außen rosa deko- als wichtigste Inspirationsquellen und zum anderen das intensive AuseinanAus einer ursprünglichen Idee mit drei ist ein Verein mit die mittlerweile über 300 festen Mitgliedern in NewStuttgart-Süd. York entdersetzen mit dem Bauherren und seiner räumlichen Struktur die Basis für den Umgang mit standen. rierte Animierwohnung, links gegenüber die riesige Klinkerwand mit offenbaren sich einem genauso, wie man sich junge Designer vorstellt: Immer schen Desinteresse des Leblosen und der Idee der Formgebung. Diese AuseinDie Idee des Designers Saturday wurde später dann auch die vongleiche London,Designvielfalt Paris oder Wien aufgegriffen. Seit 2001 findet der Architektur. wir uns sehr stark mit Architektur beschäftigen, ist die Auseinandersetzung Designers Saturday auch in Stuttgart statt. HatStädten Stuttgart wie große Metropolen? dem öffentlichen Schild: „Vorsicht Einsturzgefahr. Begehen aufObwohl eigene andersetzung Ich denke ja. Die sind in allen ähnlich. Es gibt die sicherlich den anzubieten, einen oderläßt anderen unterschiedlichen „nobel“ durchs Leben. Qualität ist alles - Qualität im Produkt ebenso wie in der lohnt sich, denn Steffen Kuder bleibt meist Sieger. „Platin ist Arbeiten, die in Architekturzeitschriften veröffentlicht werden, eher nicht unsere Sache. Wir Schwerpunkt, derDesigndisziplinen eine Stadt schnell interessant macht, aber die Gründung Vielfalt in Stuttgart besteht, sich nicht vonGefahr.“ der Hand Als ob libidogesteuertes Verhalten durch mit statische Unausgeweisen. Letztendlich ist Stuttgart, unter anderem durch die frühe des Design Centers, auch immer eine Hochburg des zwar schwierig, aber faszinierend. Es hat nicht die geschichtliche, von versuchen unsere eigenen Erfahrungen mit einfließen zu lassen.“ so Patrick Batek. Das junge Büro, Lebensgestaltung. Es muss schön anzusehen sein und sich vor allem extrem gut Designs haben. gewesen. Man braucht sich nurAnsiedlung vor Augen von halten, dass überund 30% deutschen Designstudios 7 inwogenheiten der Post- aufgehalten werden könnte. Sonst scheint alles normal. leitzahl Dementsprechend ist die Designbüros diealler Ausbildungsmöglichkeiten im eine Stuttgarter Umfeld daß mittlerweile eine Dependance in Berlin hat, interpretiert den Minimalismus im Kontext zur Alchimisten geprägte, mystische Eigenart von Gold, sondern durch seine matten im Vergleich zuverbindet anderen Städten überproportional hoch. anfühlen. Hier im Hinterhof des neuentdeckten semi-hippen Lehenviertels ist das Mit Stuttgart man aber automatisch nicht gleich eine Designhochburg, auch wenn die Zahlen dafür sprechen. Moderne und Postmoderne. Die Befreiung vom Ornament und der additiven Art der Gestaltung und seidenen Oberflächen strahlt es Strenge und Klarheit aus.“ Der Schmuck ManRuf liebäugelt eherStädte mit Städten wie sich, Berlin, Hamburg oder Frankfurt. Kann man diese einzelner Designkompetenz kommunizieren? Fotostudio Der anderen begründet schonFrankfurt angedeutet auf eine Konzentration Disziplinen. Berlin stehtaller für von Jürgen Altmann. in der Architektur hatte bereits in der Moderne ihren Höhepunkt und wurde im Minimalismus wievon Steffen Kuder versöhnt die in Form geschmiedete, eigenwillige Königin der die Newder Economy, Hamburg Verlage undwie Media, für Werbeagenturen. Stuttgart hat eine gesunde 19.00 Uhr, das Treppenhaus ist abgeschlossen, und Gruber die derKatrin aufgegriffen. Die Reduktion auf das Wesentliche, die Spürbarkeit von Räumen und der StelDisziplinen zu bieten, wie die für derzeitige Krisensituation auch wieder eindrucksvoll beweißt. Auch wenn man esimmens. nichtMischung auf den Unterersten Im Büro werden wir von den zwei Geschäftführern Franz Reutter und Jochen Metalle. Klare, reduzierte Formensprache unterstreichen die Besonderheiten. Blick wahrnimmt, die Wirkung von Firmen wie Daimler-Chrysler, Porsche, Festo oder Bosch ist für die Region Diese Praktikantin, auf. Imvon Studio desals gestalterisches Element, sind Verdienste der Moderne und später des lenwert Licht nehmen zu den designlastigsten in Deutschland. Auch wenn deren im Produktundprimär Industriedesign liegen, kommt im Mantel herunter und schließt sind die gehören Impulse für andere Designdisziplinen bedeutsam. Die Aufgabe vomSchwerpunkt Designers Umfeld Saturday aber ein einheitliches Das Korsett Gutbrod erstmal auf ein Rennen mit den neu erworbenen ferngesteuerten Mini-der Form verliert sich und schmeichelt dem Charakter. Gekrönt 4. Stocks telefoniert noch Jürgen Altmann mit einemMinimalismus. finnischen Kunden. Die Art der Materialien und die sorgfältige Abwägung beim Einsatz sind immer Designbild der Stadt zu kommunizieren. Sowohl Konzerndesign mitSzene seinem alsistauch eine gewachsene subkulturelle Designszene. Auch wenn viele sich solch eine nurperipheren Berlin oder Hamburg befinden kann. hat schreit Altmann gutgelaunt quer durch den wirdder die Welt: Schöne durch die Krone der schwarzen Diamanten. Steffen Kuders Stil nochRaum, Qualitäten, die das Büro schätzt und bei ihren Planungen mit einbezieht. „Gruber!“, nachdem nochBeitrag eine spannende Entwicklung vor meinen, sich, da dass die Abwanderungstendenzen inin die Großstädte nachlassen wird. Wir Stuttgart hoffen unseCars aus Fernost eingeladen. Die kleinsten ferngesteuerten Autos ren dazu zu leisten. der zweidimensionalen Planung in die Dreidimensionalität ist ein wichtiges ist durch den Bauhauscharakter geprägt. Schlicht, aber nicht durch die Hysterie des er den Hörer aufgelegt hat: „Willst du schon gehen?Die DuFortführung musst noch die Fundstücke der letzten Geschäftsreise nach Tokio. Die Rennbahn „made by beeinflusst. „Die maschinelle Optik mit futuristischen und scharfThema eins:33. und bei stellt sich anDas Entstehen eines Raumkonzeptes, das auch die dritte Dimension erfasst, Minimalismus Das Themas Thema des Forum als Marke - Vision oder Illusion“ spricht dieses Problemnoch an. Der kritischePräsentation Unterton vorbereiten.“ „Gruber“ trägts mit Fassung des läßtDesigners vermuten, dass„Stadt Stuttgart in der seiner Designkompetenzen Nachholbedarf muss als Idee erkennbar sein. So muss eine Wand nicht zwangsläufig mit dem Boden verhaftet REIZ“ aus Stücken eines Brillen-Präsentationssystems nimmt kantigen, ungefähr geradlinigen die den hat. iMac. und unterkühlten Attributen ist nicht dass, was ich von Themenstellungen wie diesewie haben immerdamit etwas mitKommunikation Unzufriedenheit zu tun. Es gibt kaum eine alsApple“ Marke funktioniert. Es wirdBerlin ja auch aufgezeigt, Frankfurt kämpft. Vielleicht funktioniert New York mit demStadt, Begriffdie „Big oder ansatzsein.erstmal Wenn es die Korrespondenz zu anderen Raumelementen bedingt und der Aspekt der Auf die erste Frage, wie er zur Fotografie kam, folgt nichts, weise mit seinem visuellen Erscheinungsbild. Es ist mir wichtig, dieses Problem anzusprechen. Hier sehe ich, das etwa Hälfte ihrer Werkstatt ein. Während die selbstgebrachte Milch sich mit dem reduzierter Gestaltung verstehe. Die feminine Komponente muß im Detail Leichtigkeit gefordert „Stuttgartist 21“ einüberaus anderes Erscheinungsbild hat wie „Stuttgart oderBeyrow die „Stadt Corporate Design dann: „Für Nachdem sich ist, wird diese „Tektonik“-Frage entscheidend. Der Kern des Begriffs Aspekten dies Dersorgt Anspruch des Marketing“ Autor Matthias „MutStuttgart“. zum ProfilUnter – Corporate Design für Rockstar mußte man zuviel Gitarre üben“. erkennbar sein, darf sich jedoch nicht aufdrängen“. Kaffee vermischt - wird sich so also im Hause REIZ für das anstehende Meeting Tektonikals bezieht sich auf das Verhältnis zwischen der Fügbarkeit und der Anschaubarkeit der Städte“, einem Referentendiskussionswürdig! des Designers Dialog für Impulse in dieser Diskussion. seine Rockstar-Karriere nicht erfüllte, wurde Jürgen Altmann FashionGratwanderung zwischen femininer Sinnlichkeit und dem Vermeiden archeDinge und der Struktur unserer Wahrnehmung. Dieser Zusammenhang zwischen dem, wie etwas warm gemacht. Wir meinen: Das kann was! ...und, was wirDiese später blind und Lifestylefotograf ernst genommen. Zahlreiche Kampagnen für interWird diese Notwendigkeit überhaupt als Problem erkannt, Stuttgart als Marke aufzubauen? gebaut erscheint, und dem, was wir bei seinem Anblick empfinden, hat seine eigene Dialektik. typischer Formen, spiegelt sich in seinen Ringen wider. Nicht die klassisch-runden national die technisch-konstruktiv bauen lässt und nützlich sein mag, empfinden wir als unterschreiben würden, zuvor allerdings schon schwer ahnten: DieFormen, könnensondern was! ein von ihm aufgenommenes Detail der Fingeranatomie war entVielleicht ist essagen, gar kein Problem. Wasgemacht ich auf jeden Fall vermeiden möchte, warum ist mit dem berühmten erhobenen Zeigefinger winkenbekannte Modehäuser und Editorials, Nichtwie alles,z.B. was sich und der Stadt was alles falsch wird. Es gezeigt soll gezeigt werden, Marken wie positiv „Bosch“ oder „Porsche“ bekannZirkusaufnahmen für „Glamour“ mit dem Stylisten Michael oder Dye aus ter sind alsbeim die Marke „Stuttgart“. soll aber auch auf Kassel wirkt. In dieser angenehm gar schön. Der Ansatz des Versteckens von notwendigen, aber unangenehm Ihren internationalen Ruf als Brillengestalter verdankt das Gespann Diskussion Designers Saturday Es bieten wir eine Plattform werden, mit dem wie Ziel,eine über„Documenta“ dieses Problem nachhaltig nachzudenken. scheidend für die Kuderschen Ringe. Es war nicht sein Wunsch, auf Biegen und Mailand, begründen seinen Ruf als Topfotograf. Stuttgart als Standort empfundenen Dingen, wie z.B. technische Vorrichtungen wird bei eins:33 konsequent umgeGutbrod/Reutter der zukunftsorientierten Andersartigkeit. Das Machbare Brechen eine andere Ringform zu gestalten. Doch aufgrund der Unebenheiten ist aufgrund einer fehlenden Infrastruktur im moderedaktionellen setzt. Der Umgang mit Tektonik wurde beim Projekt „Sauter Beautypool“ Stil so umgesetzt, einesein. Aber dass Ihr euch gleich ums ganze Radarsystem kümmern In Zeiten wirtschaftlicher Schwierigkeiten, ist der Designers Saturday alsHinsicht Privatinitiative ein schwieriges Unterfangen. muss schondaß dabei Sollte diewird? Stadt die Veranstaltung, stärker finanziell unterstützen, auch in der überregionalen Präsenz, die damit eines Fingers Bereich für einen Fotografen mit diesen Schwerpunkten zwar nicht Leichtigkeit der der miteinander korrespondierenden Elemente suggeriert müsst. wird. Zusammen mit sowie Nichtmachbare wurde ausgelotet. Auf internationalen Messen wurdenbot es sich an, den Ring unten rund und zu den Aufbauten hin erreicht Ich Stadtals muß es nicht. Man wünscht es sich zwar, aberzudietun. Idee, daß etwas und von Stuttgartern für Stuttgarter idealste, getan wird doch gar nicht. Wir wollen lediglich die Koordinaten bestimmen. exotische Brillenformen in einer neuen, unerwartet stylishenkonisch doch „ ob du deine Models und Stylistenmori:projects von Mailandentwarfen nach eins:33, ein Konzept, das durch den langen KorridorStimmt den atmosphärischen zu gestalten. Die Seitenflächen werden durch die angrenzenden Finger hat glaube mit derdie Stadt übergeordnetete Institution bedingt Wir fordern fördern Eigeninitiative, ja von den UndercoverGestaltern auch so aufgegriffen wird. Ein Vorteil ist,nur wenn man nicht so auf Fördertöpfe angewiesen ist, daß man die freier in seinen dein Schwager nicht Mathematiker? Einstiegkaum in dieeinen Welt der Schönheit schafft. 320 Quadratmeter Zeitgeist –Ist lavendelblaue Tresen, Hamburg fliegen lässt oder nach Stuttgart, macht gestützt und verrutschen so nicht. Dass Kuder bei seinen exakten geometrischen Entscheidungen ist passen und schneller derung, das würde und gutauf tun.Begebenheiten reagieren kann. Aber eine starke Unterstützung seitens der WirtschaftsförAktion, dem Verkauf aus einer Art Bauchladen, vertrieben. grüneaus Sideboards, Leuchtkörper. Die Doch, wieso. Unterschied – genauso kann ein Fototeam von Stuttgart auch übe- ein zebranofurnierter Loungetisch und kubische Schmuckstücken nur wenig poliertes Material benutzt, unterstreicht seine Grundsubstanz zuob verbauen, Na, der das sondern nicht besser könnte? rallhin kommen.“ So ist die Standortfrage nicht wesentlich. Weitaus der ent-Räumlichkeiten war so gut, dass versucht wurde, nichts Nach der gesunden Phase des Experimentierens besann man sich Auffassung 1996 auf eine Sollte die Wirtschaft nicht verstärkt das Kultursponsoring der Stadt übernehmen? von reduzierter Gestaltung. Wie zum Beispiel der Platin Ring mit einem zu erhalten. Alle während die Wie, ein Naturwissenschaftler soll sich mit der Stilfrage beschäftigen? am Markt bisher ebenso neuartige Formsprache - die Idee Diamant scheidender für die Qualität der Bilder ist sein künstlerischer Ansatz bei bestehenden Elemente sind in weiß belassen worden, Sponsoring wäre für uns eine Erleichterung. Es würde eben auch für einen dauerhaften Betrieb sorgen. Vor allem, da das präder formalen im Emerald-Cut. „Dramatisch“ eingesprengt in Profilen, die sich logisch sentierte Design der betreffenden Firmen Alleinstellungsmerkmal ist.Teilnehmergebühr Ich bedauere es,wäre daßeine auch im Förderung zweiten Jahr Veränderungen farbig wurden. Die bestehenden Elemente wurden soNein, restauriert, dass einDu weißt doch. Heutzutage hängt alles miteinander zusammen. natürlich nicht. der Herangehensweise. „Mein Stil definiert sich durch einen sehr klaren Unternehmen wie Porsche, Nimbus oder Festoein nicht teilnehmen. Allein deren echte des Besonders im Design. Da stellen sich Naturwissenschaftler vielleicht gar nicht so blödEine an. Brillenfassung betrachtend wird klar, dass dieser ausGegenstand der Ringform entwickeln. Es heißt, dass Schmuck ein Ausdruck der Seele sei und „Klassenunterschied“ eine überfrachtete Designers Saturday gewesen. Reduktion. Bildaufbau, der auf das Wesentliche fokussiert ist. Dennoch ist das zwischen neu und alt nicht zu erkennen ist. Nicht Ich weiß sein nichtsoll, – guck Dir Philipp Starck an. Der sagt zwar, dass für jeden ersch„Kulissenarchitektur“, sondern der sensible Umgang mit Ressourcen und die ästhetisch-intelligenetwas beimder Träger bewirke. Steffen Kuder ist sich sicher, dass ein Wechselspiel winglich dass man keine Wegwerfmöbel produzieren sollDesign und trotzdem macht erwie genial funktioniert. Ein Mittelteil, zwei Bügel, die wichtigste im erstenmachen genauso simpel Fassung Braucht der Designers Saturday eine längere Anlaufphase, um in den Köpfen verankert und ernster genommen zu wer- Moment meiner Bilder die Poesie.“ teDieser alles allein. Macht Stühle in der seines Also Hinterteils. Plastik. Wenn das nicht schon Innenarchitektur „Sauter Beautypool“ zum raümlichen Erlebnis.alles Die Newcomer wurden den? zwischen Träger und Getragenem stattfindet. „Nicht dass ich jetzt auf die esoteheißt. Er sagt ja, wär einForm Egomane. nichts Aus mit Vernetzung. Augenblick erscheinende Widerspruch, die Kombination aus rationelGläser und der hohe Anspruch, diese Elemente harmonisch zu rische kombinieren. dieser Realisierung schnell weitergereicht: Ob Restaurant „Gensfleisch“ Bosch-Areal, woer Ja, der braucht, Designersum Saturday benötigt seine um sich in den Köpfen zuzuverankern. Selbst Dietmar von Henneka daß man Schiene abdriften will, aber es ist beobachtbar, dass tendenziell labilere Na, im dann denkgelungen mal an – sagen wir ... Komposition und der Verknüpfung emotionalernach Elemente sind die englischem Newauch Yorker auf Stuttgart die Zeit Veranstaltung aufmerksam machen. Die Teilnahme New sagte, Yorklerwird dies der Spagat zwischen Bibliotheken-Charme und strenger Formensprache beschleunigen, dennoch braucht es eineund jährliche Kontinuität, um sich zu etablieren. Diesen Entwicklungsprozeß ich aber Wenige Bestandteile gepaart mit einem ausgefeilten Zusammenspiel Jetztund sagst du bestimmt Walter Menschen von mit einem Schmuckstück sicherer werden. Dieser ursprüngliche Merkmale einer oft skurril anmutenden Bildsprache. Altmann nicht schlecht,verglichen da es unswerden, Veranstaltern Raum läßtJahrzehnte sich weiter zuund entwickeln. Einden Problem ist nur, daß wir mit finde anderen Verist, Jürgen Frisierbar, La Coupe oder Werbeagentur Eberle Ästhetik hat einen Markt Kenner. Nein, ich seine wollte eigentlich etwasGropius! über Le Corbusier erzählen. anstaltungen die es seit über gibt bereits aus Kinderschuhen rausgewachsen sind. Wir hat seinen Stil gefunden, auch wenn er diesen nicht bewusst einsetzt, Material, Form und Farbe. Talisman-Charakter ist auch heute noch spürbar. Viele manufakturierte Stücke sindwünschen erst im zweiten Jahrdieund haben Fehler gemacht. uns Diese werden wir beheben und werden auch wieder neue Fehler machen. Der eigene Stil ist in allen gestalteten Objekten zu erkennen. Querverweisend auf dass andere Bist machen du sicher, Du dich doch auf dieses Gespräch vorbereitet hast? Ich nämlich dachte, Wir uns, daß Besucher und Teilnehmer Raum für diesen Entwicklungsprozeß lassen. wir einfach mal ein nicht brainstorming über unser Magazin. Dann fänd oder ihn stoisch weiterverfolgt. Dabei weiß er aberProjekte, ganz genau was er kopierend. Trotzdem individuell und nicht manufakturiert Labels sind aber austauschbar und ich würde es ablehnen von einer Aura aber nicht – so Ist könnte das Ein ich’s weiteres wichtiges Merkmal ihrer Brillen ist der extrem großer ausgeprägte langweilig. mir zu besserwisserisch. will. Vielmehr hat Jürgen Altmann ein neurotisches Motto Verhältnis Sache der zur beiden lauten. Was war Deine persönliche Intention den Designers Saturday nach Stuttgart zu holen? zu sprechen.“ Nein wieso, dannfür also Gropius. Der war Leiter vom Bauhaus und hat sichdass natürlich Qualitätsanspruch zu natio- Sicherlich ist industrieller Schmuck mit den Werken von Steffen Direktorenmöbel sein Büro entwerfen lassen. Mit Ist der doch klar, er ab an die Produktion. Ausschließlich der direkte Kontakt selber –und den Shootings. Minutiös werden im VorfeldDie Pläne erstellt undentstehen in erster Linie durch die eingesetzte Möblierung. Querverweise Die stetsSkat in dreschen Unerfahrenheit! (lacht) Nein, unsDesignkompetenz, war es wichtig einedie Plattform zu schaffen, wo Gestalter aus verschiedenen Disziplinen sich Kuder nicht vergleichbar. Aber wer will auch einen Kunstdruck von Ikea mit und zu eine Runde wollte. musst imSpieltisch. Design einfach an den ihre Produkte vorstellen, die wir in Stuttgart haben, präsentieren. Die Lücke war da Wir undsämtliche wir versudenken! Form follows function. Und dass Du Starck gut undauch Gropius gutAlltag spie- sichert diese hohe Verarbeitungsqualität. Das einem nalen Herstellern eigenhändige wer, wann, wo Eigenentwicklung gestalteten Elemente, wirken als Objekte im Raum und len, geben eigentliche chen sie zuden schließen. Wirum haben den aufbesser die Schiene gesetzt und feuern zu jetzt kräftigaber die erkennbar Lokomotive an. haben denEventualitäten bedacht. Es wird abgewogen, dasihre kann man ihnen nicht vorwerfen, das will diesitzen Hälftemöchte der Menschheit sicher auch. Original vergleichen. Und dass es Unterschiede Anspruch, Designers Saturday jedesZug Jahr zu machen, dendann vorherigen. Wenn wird, die Gefahr Bedeutung und nichtdas Preis. Möbelgestaltung ist für Hendrik Müller und Patrick Batek ein wichtiger zu stehen droht, sichdaß totzulaufen oder bloß noch ein seiner selbstals wird, muß man ans Aufhören Ichdaß bin aber zuver-hat, Beleuchtungsverhältnisse bei Außenshootings Aussuchen der Acetatplatten und die Bestimmung der Platzierung auf der Platte, Du meinst, Designer sollte zuerst einen Kompass rausholen? sichtlich, wir aufgrund der Vielfalt der Abklatsch Stadt keine Probleme haben werden, spannende Positionendenken. in Stuttgart weiterhin daund sie im räumlichen Kontext zum Boden, Wänden und sonstigen FaktoreneingleichbeStyling.zeiDoch Jürgen Altmann wäre nicht Jürgen Punkt, Altmann seine gen zu können. Ja, klar. Wie sonst willst du wissen, wie man beim Spielen gut sitzt. Ich meine natürlich, gewährleistet die optimale Nuancenverteilung der unterschiedlichen , die sich sicher ein gutes Menü und ihren ganz persönlichen Schmuck (von S. stehen und eine weitere Gestaltungsebene sind. Es ist geplant, ob mitman den beim bereits beste-seines Spiels den richtigen Sitzplatz hat. Formschön gestaltet. Spielen Bilder nicht die, die man kennt, wenn er sich aus rechtigt diesem selbstauferDieses nehmenDesignszene ausgewählte New Yorker Gestalter am Stuttgarter Designers Saturday teil. Besteht Gefahr, henden Möbeln und Leuchten und einer Serie weiterer Produkte eine eigene Home-Collection gönnten Farbschichten. Germany“. Aha. Und soll das gehen? Hier Stuttgart –Fröhlich? wo willst du hier den Kompass peilen las-Von der Idee bis zur Produktion ist alles „made in Kuder) legten Korsett nicht befreien würde. „Ein guter Plan ist die Vorausdaß dieJahr heimische aufgrund der amerikanischen Qualitätsdichte an die Wand gespielt wird? nicht die sen? Etwawie im 212 oder in derinWeinstube zu entwickeln, vonsuite eins:33 setzung für entspanntes Herangehen an ein Shooting. Im Idealfall um sindder steigenden Nachfrage gerecht zu werden. Die Fortführung Stuttgart hatund ebenso Schwergewichte wie diese New nicht York mit zu oder bieten. von nicht Daimler, Persönlichkeiten wiespanKurt den hohen Dein Vorschlag ist gar nicht so schlecht. Weil, im suite 212 In sitzt ja aufDurch Blöcken, in der Fertigungsanspruch und dem Designbewusstsein gelang es REIZ wird vermutlich aus GrafikWeidemann andere. Nur leider machen sindProduktdesigner auf den Blick sichtbar. Es ist aber dann sehr Weinstube Fröhlich auf Bänken oder einfachen Stühlen. derman Schnittmenge bedeutet alle so entspannt, dass man den Plan nicht mehr braucht und auch das langsame Aufgehen in einem Kreativ-Pool nend wie sich die ausSzene etablierten NewYorkern Yorker Persönlichkeiten understen der heimischen, jungen Szene entwickelt. Ich bin das, dass alle dieser Orte auch auf runden Hockern zu nehDesignern und Textil-Designern sein, so dass ein gesamtkonzeptioneller architektonischer denPlatz Werkstoff Acetat neu zu interpretieren. Das hochwertige, gepresste, aufwenzuversichtlich, dasKombination dieum Stuttgarter den New und kreativ Paroli kann. Aber es geht auch nicht um men. Wenn duBesucher das mit derbereit Anzahlwären, an Clubs und Weinstuben in Stuttgart, einund überraschendes Ergebnis entstehen kann.“ Dass manchmal die Konkurrenz,verblüffte sondern Kooperationen. der qualitativ New Yorker an Stuttgart undbieten dem Umfeld, der Infrastruktur dem dann wäre sogar aufmultiplizierst Anhieb ein Großteil deines Koordinatensystems ausgefüllt. Ansatz nicht auf die Innenarchitektur beschränkt ist. Nachwuchs mich undGeschäfte versprichtDas ein Interesse gegenseitiges Umgehen. Unsere Aufgabe ist es, daß für die Teilnehmer digunsere veredelte Material wurde in der Brillenindustrie zu dem, was der einst verbesten Pläne nicht viel bringen, musste Jürgen Altmann bei nur einem interessante daraus entstehen und wir entspanntes diewir Veranstaltung so positionieren, deutschlandweites Interesse HmmStandortfrage. – muss ich mal drüber nachdenken. Zumindest wärs ein Anfang für stilistian StuttgartKontakte, entsteht. dieser Veranstaltung wollen dazu beitragen, was sich das jeder für StuttgartShooting wünscht: sche in Neuseeland feststellen. Das Team war wegen SnowboardMetropolencharakter undMit Lebensqualität. nachlässigte Basisstoff bei sachgemäßem Umgang eigentlich ist - ein exklusiver Vielleicht solltest du Radarfallen aufstellen! aufnahmen für ein Jeans-Label buchstäblich um die halbe Welt gefloTräger für optische Gläser. „Nicht dass wir die Erfinder von Acetat wären, aber Also, jetzt übertreibst du! gen. Auf dem Tasman-Gletscher stellte sich dann heraus, dass eines der 1996 war derhier Markt derartig verknöchert und festgefahren, dass wir, eine neue Wieso, wenn dann du empirisch willst, welchen Stil die Menschen Models seine Snowboard-Kenntnisse überschätzt hatte. „Wir mussten bevorzugen, musst dugenau schonherausbekommen Fallbeispiele rausziehen. unser Konzept in Richtung lustiges Purzeln in pittoresken Generation von Brillendesignern gar nicht anders konnten...“ meint Franz Und soll ich möchte? dann Bußgeld verlangen, wenn einer statt `nem Hocker doch `nen Philipp Starck-Stuhl Reutter. steht am Fenster, den Blick auf den energiegeladenen, roten Nein, eine Mahnung auch. Die sollen dann alle euer Magazin lesen.ErDann wissen sie schriftliche Bescheid über Stil undtäts Radar. Sturmhimmel gerichtet und raucht eine Parisienne. – Der Gedanke an den Anspruch der Qualität, der stets „noblen“ Lebensform keimt wieder auf... „Unser Anspruch ist das in den Köpfen immer noch gefestigte Bild der Brille als notwendiges Übel aufzuweichen. Brille ist das wohl charakterstärkste Accessoire, das als erstes an einem Menschen wahrgenommen wird. Und dementsprechend versuchen wir das bewußte Tragen von Brillen zu manifestieren“ erklärt uns Jochen Gutbrod. REIZ zeigt uns, dass die Auseinandersetzung mit brillenunabhängigen Formen und der Einfluss haptischer Reize aus unserem Alltag für die Produktfindung entscheidend sind. Dass zuerst die innere Haltung kommt und dann die Form, weiß man spätestens seit Konfuzius. Dass man die innere Haltung leben muss, um „Reiz“spezifische Formen entwickeln zu können, wissen wir spätestens seit REIZ.

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Der „Modulor“ ist ein Maßwerkzeug, das von der menschlichen Gestalt und der Mathematik ausgeht. Ein Mensch mit erhobenem Arm liefert in den Hauptpunkten der Raumverdrängung Fuß, Solarplexus, Kopf, Fingerspitze des erhobenen Arms - drei Intervalle, die eine Reihe von Goldenen Schnitten ergeben, die man nach Fibonacci benennt. Die Mathematik andererseits bietet sowohl die einfachste wie die stärkste Variationsmöglichkeit eines Wertes: die Einheit, das Doppel, die beiden Goldenen Schnitte.

Inhalt

06

_DESIGNERS SATURDAY Das Wochenende der Formen und Farben

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_JÜRGEN ALTMANN Der neurotische Poet

18

_EINS:33 Minimalistischer Maßstab

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_910 STILRADAR 1 spricht mit 2 über das Magazin 910 stilradar

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_REIZ Der noble Blick

Fertighäuser sind für viele junge Familien oftmals die einzige Alternative, sich den vielzitierten Traum vom Eigenheim leisten zu können. Ein Haus von der Stange ist zwar günstiger, aber das Risiko bleibt, dass die Seele des Hauses, die Architektur, verschwindet. Stephan und Stefanie Eberding von (se)arch beweisen, das Ästhetik in der Architektur nicht zwingendermaßen einen dicken Geldbeutel bedarf. Das junge Architekturbüro im Stuttgarter Heusteigviertel realisierte ein Wohnhaus in Riederich mit enggestecktem finanziellen Rahmen. Das Wohnhaus am Fuße der schwäbischen Alb zeichnet sich durch seine offene Struktur im Wohn- und Alltagsbereich aus, der sich über zwei Ebenen verteilt und so den Übergang von Erdgeschoss in den oberen privaten Bereich ermöglicht. Variable Schiebewände ermöglichen offene wie auch geschlossene räumliche Situationen für die Privatsphäre. Dieses Konzept der wandelbaren Räume und der klaren Ausrichtung nach der Sonne charaktisiert dieses Haus. Der große Dachüberstand lässt Sonneneinstrahlung im Winter ungehindert durch die großzügigen Verglasungen, während im Sommer dadurch einer Überhitzung vorgebeugt wird. Aufbauend auf Bauelementen der klassischen Moderne entstand eine Raumfolge, die mit höchster Präzision im Detail und einem fein abgestimmten Materialkonzept eine sehr spezifische Wohnvorstellung von hohem ästhetischen Anspruch erfüllt. Dabei war der Aspekt der Kostenminimierung entscheidendes Kriterium für die Realisierung. Die Bebauung der Nutzfläche von 250 qm, wurde für unter 250 Euro/m3 ermöglicht. Vor allem in der Stilfrage lassen sie sich nicht festlegen. Es erfüllt sie mit Genugtuung, dass die bereits realisierten Projekte keine offensichtlichen Selbstzitate sind, sondern dass jeder Bau auf die individuellen Bedürfnisse der Bauherren zugeschnitten ist. Schnell könnte man argumentieren, dass dies ein Versuch ist, bauliche Beliebigkeit und Unentschlossenheit zu tarnen, doch die Liebe zum Detail und Ausgereiftheit ihrer Entwürfe, jenseits von Trauter-Heim-Idylle und Bauträgerhäusern, verhindert diese gedankliche Fortführung. Ist aber dennoch eine Philosophie oder ein Eberding-Stil auszumachen? Am ehesten die subtile Vermittlung von Formensprache beim genaueren Betrachten von Details und dem Versuch der Zusammenführung von individuellen Bedürfnissen, Grundstücksstruktur, städtebaulichen Möglichkeiten und der persönlichen Note. „Es wird mit jeder Handlung eine formale Aussage getan, doch sollte nicht der Selbstverwirklichungswille im Vordergrund stehen, sondern lediglich ein Bestandteil einer Schnittmenge dieser vier Faktoren sein“, so Stefanie Eberding. Die Denkweise der beiden Architekten versinnbildlicht Stephan Eberding : „Alte Bauernhäuser sind aufgrund ihrer gewachsenen Struktur Vorbilder, da die verschiedenen Funktionen und Abläufe ideal aufeinander abgestimmt sind. Diese Häuser sind ästhetisch, da das Haus die Form gefunden hat. Ich will jetzt aber nicht Bauernhäuser kopieren, sondern diese Findung aus einem gewachsenen Umfeld aufnehmen.“ Diese subtile Herangehensweise erfordert eine starke Auseinandersetzung mit dem Bauherren und der Diskussion zum Teil konträrer Vorschläge. Dieser zeitintensive Ansatz wird auch von ihren Bauherren abverlangt, um dem Grundsatz gerecht zu werden, ein Haus noch in 50 Jahren sehen zu können. Die Reduktion aufs Wesentliche in Kombination mit Qualitäten, die erst auf den zweiten Blick erkennbar werden, prägen zwar die Bauten der beiden Architekten, doch sind sie sich bewusst, daß nicht die reine Schlichtheit und Reduktion der Entwürfe, der Grund für ihre Qualität ist, sondern die Kombination aus Architektur und Innenarchitektur, welche Räume schaffen, die Bestand haben. Das Ziel ist immer eine Einfachheit zu erreichen, die eine Tiefe hat, ohne austauschbar und reizarm zu wirken. Bedingt durch unterschiedliche Einflüsse, würde ein Projekt schnell überfrachtet wirken. Den Mut auch einen Schritt zurückzugehen und das völlige Verwerfen von Ideen gehört zum Arbeitsprozeß. Einen Schritt vorwärts und zwei zurück – und beim nächsten Ansatz drei Schritte vorwärts und nur einen zurück. Die Summe muß aber stets positiv sein, sprich: es müssen Schritte vorwärts gegangen werden. Die intensive Auseinandersetzung mit der MenschArchitektur Beziehung ist geprägt durch die Betrachtungsweise des amerikanischen Architekten Richard Neutra. Stephan Eberding lebte in einem Haus des wegweisenden Architekten und setzte sich intensiv mit seiner Gedankenwelt auseinander. „Anfangs war mir diese Architektur befremdlich, doch es verhält sich wie mit klassischer Musik. Erst nach genauer Einarbeitung offenbaren sich die Nuancen und die Qualitäten eines Werkes. Nicht die erste Schönheit, sondern die zweite Betrachtung ist entscheidend“. Ihr neuestes fertiggestelltes Projekt, ist ein Ensemble aus Eingangs- und Wohntrakt, sowie Wohn- und Kochbereich, die sich ebenerdig um einen Gartenhof gruppieren. Dieses Haus in Fischbachtal, das sich an einen Bachlauf schmiegt, nimmt nicht die kompakte und blockige Bauweise des Hauses in Riederich auf, sondern wirkt eigenständig und nicht vergleichbar mit diesem Entwurf. Aber nur auf den ersten Blick. Neben Reduziertheit finden sich auch hier innenarchitektonische Lösungen, die mit dem Gesamtentwurf korrespondieren. Neben soviel Akribie gehört das Loslassen und das Entlassen in die Selbständigkeit dazu. Ansonsten würden sich Stephan und Stefanie Eberding bei privaten Wohnprojekten schnell in Gefahr begeben, Bilder für die Wände, sowie die Möbel auszusuchen und sich in einem Geflecht aus benutzertypischen Vorlieben und gesamtkonzeptionellem Ansatz verlieren. „Man gibt die Hülle und diese muss durch den Besitzer belebt werden.


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Das Unangenehme am Neuen ist, verlangt daß es neu ist. Das Neue macht zunächst ängstlich, machtzuunsicher. Dasverlangt Neue Gewohntes abzulegen, Gekonntes vergessen, neues womöglich, Denken. Lieber richten uns mit unseren Notständen, mit unseren Not-Zuständen ein, als„Da daß läßt wirwir sie wenden. Wir kennen die Redewendungen: „So istDas das war nun mal“, sich nichts ändern“, „Damit müssen In wirkreativen leben“, schon immer so“. Das ist Dauer eine resignative Haltung. Berufen macht das mutlos. Auf die ist das tödlich. Das amerikanische Prinzip des Handelns über and errordarf (Versuch und Irrtum) an das Neue zu gelangen, greift bei unstrial nicht. Fehler man allernicht machen, nicht korrigieren. Dabei bewegt der Kreativität Fortschritt dings aufIrrtümer schmaler Bahn. DieWand ständigen Rufesich nach und Innovation verhallen vor der der Bedenkenträger. Unsicherheit und Unentschlossenheit bremsen bis zum Stillstand.Die Folge: In den gestaltenden Berufen gehen Informationen, verbale und nonverbale – nicht vom wie inAuge den meisten anderen Berufen – vom Mund zum Der Ohr,Verstand sondern häufiger ins Herz, in die Seele. Oder in den Bauch. wird oft erst hinterher als Kontrollorgan eingesetzt. Deshalb sind Anblick, Anschauung und Voraussicht die Kriterien des Qualitätsbewußtseins und Urteilsvermögens. Prozesse des langsamen und gründlichen Denkens haben gelegentlich zur Weisheit geführt. Aber selten zuDummen Veränderungen. Das Sprichwort „Dieweil die Weisen stürmen die die Festung“ Mit dieser Frage war Daniela Wolfer konfrontiert und sie ging in den brodelnden Stuttgarter Talkessel, wo hat seine Gültigkeit bewahrt. Ingrübeln, Zeiten rascher Veränderungen und großer Unausgeglichenheiten haben wir Weisheit durch Cleverneß ersetzt und weggekürzt. Der Gerissene und Listige nimmt zu fix beachten, seinen Vorteil wahr. Der gefeiert, musiziert und am Puls der Zeit gelebt wird. Und da sie ein Ziel verfolgt und der pure Konsum des Schnäppchenjäger braucht keine das macht so raffig. Und oft hat er dafür einenSchonzeiten voll funktionierenden Antrieb: Den ihn Neid, die Chance, was andere geschafft – oder besser angeschafft – haben, selbst Nachtlebens ihr zu einfach erschien, wurde aus der Kunststudentin die DJane Dirty Daniela, die sich mit Plattenauch zu erreichen. Wir bilden unshat zwaruns ein,– andauernd im Streß, gehetztBegradigungshilfe und überfordert zu–sein, auflegen und Partymachen nicht nur ihren Lebensunterhalt verdient, sondern auch eine neue Quelle der künaber die Elbe unter unserer freundlichen mit zwei Metern Fortschritt pro Sekunde beigebracht, was ist aber und was als Reaktionsgeschwindigkeit von unsweitschweifig verlangt wird.und WirTempo bleiben stlerischen Inspiration erschließt. noch gründlich undfürbürokratisch, wortreich: Wir immer haben den scharfen Blick das Unwesentliche. In der Hip-Hop- und Clubszene findet sie das Thema für ihre malerische Auseinandersetzung, die ihrem In den gestaltenden glaubt man, den Notwendigkeitenfolgt. am besten zu entkommen, wennBerufen man dem Prinzip „Selbstverwirklichung“ Wenn man sich dem Leistungsdruck, den gesellschaftlichen Zwängen, den familiäAnspruch an Authentizität und Credibility gerecht wird und gleichzeitig ihre Vorstellungen von Kunst und Leben ren Bindungen, notfalls auch der Moral, entzieht, aus dem Weg geht. Wenn man sein Selbst, seinedem, Gefühle und erfüllt. Wenn man jenseits vonseine Gut Interessen, und Böse, von was erforscht erlaubt oder verboten ist, erfüllt. Am Anfang stand, das Gesehene und Erlebte fotografisch festzuhalten. Es entstanden Fotos von Partyherumlaviert. Leider werden die Risiken und Nebenwirkungen dieses people beim Feiern, von Hip-Hop-Stars hinter der Bühne und immer wieder von DJ-Kollegen bei der Arbeit. Selbstverwirklichungstriebes nicht bedacht. fördert den rückhaltlosen, rücksichtslosen Egoismus, dieSelbstverwirklichung Maßlosigkeit, Launenhaftigkeit und Eitelkeit. Nicht jeder kann seine Talente entfalten, wenn keine Anlagen Fotoserien von DJs zeigen vor allem die Hände bei der Arbeit am Plattenteller und Mischpult. Diese Fotos offendafür vorhanden sind. Die Nabelschau entfremdet, macht handlungsunfähig, selbstfixiert. Die Einhalt Not istzunicht wendig genug, um diesen Risiken und Nebenwirkungen gebieten und ihre Entfaltung verhindern. Wir baren den geschulten Blick für das Wesentliche, das für sie das Nichtfassbare ausmacht und werden Ausgangshaben Grund genug, etwas unser Schicksal zu zu handhaben. Dabei reicht ein Zufriedensein mitgelassener seinem Dasein unddem Hiersein bereits aus, um Vertrauen und Selbstsicherheit zu gewinnen, um Notwendigen die Not material für die weitere künstlerische Umsetzung. Dass es ihr nicht um das bloße malerische Abbild geht, wurde zu wenden. Aber das scheint uns wohl zu selbstverständlich. Wasunserer uns vonGegenwart anderen Säugetieren unterscheidet, ist die Tatsache, daßwiswir klar, als die ersten Bilder im Verkaufsraum des Stuttgarter Skater- und Streetwear-Ladens „Firma Bonn“ bunt uns bewußt sind, über unsere Vergangenheit etwas senschwierig“, und unseremeint Zukunft zu erforschen versuchen. „Voraussagen zu treffen, ist Herr Chirac, wenn sie die Zukunftwerden. betreffen.“ verstreut zwischen dem Produktsortiment präsentiert wurden. Die Malerei auf Preßspanplatten zeigte Mit solchen Weisheiten kann man„besonders französischer Staats-Präsident Das Image der Politiker, der Regierenden, hat weltweit erschreckende Defizite. Einen Gefallen und tun Verachtung sie uns ständig: Sie decken unseren Bedarf an Spott, Stuttgarts DJ-Prominenz in ausgelassener Partypose hinter ihren Plattentellern, umgeben von mehr oder weniSchadenfreude gut ab. KreativeNur und Innovative sind nicht handzahm undund nicht vorauseilend abrufger furchterregenden Wesen aus SciFi- oder Horrorfilmen. Diese Verquickung von realen und fiktiven Momenten bereit. das Mittelmaß ist ständig in Hochform die Dummen sind ständig geistesgegenwärtig. Begriffenoch wie als Treu und Glauben, Sitte und Gott und Güte findet manDiese allenfalls Kreuzstichmuster aufabtun denMoral, Sofakissen macht sehr plakativ deutlich, daß es in diesen Bildern um die Darstellung von Stimmungen und Gefühlen geht, sie der Urgroßeltern. Tugenden kann man inleicht mit der Begründung, daß Konventionen es an sich haben, die Erstarrung, in den Stillstand zu führen. Innovationsfreude, Mut, sind überall geforsind aber keine emotionale Nabelschau junger Menschen, sondern zeigen ganz allgemeine Befindlichkeiten, die dert in einer in Kreativität, der die Angst dienoch höchsten Wachstumsraten hat. Wie sollen auch Zeit, Recht und Gleichheit gewahrt werden, wenn ein Handwerker, der pleite geht, mit Haus und Hof, Weib und Kind haftet, wähjeden beim nachmitternächtlichen Besuch einer „Monsterparty“ mit „Mörderstimmung“ beschleichen kann und rend ein Vorstand, der ein Unternehmen an die Wand fährt, noch die Kasse plündert undDie sichselektive mit selbstgefüllten Geldkoffern auf Finka in Mallorca zurückzieht. Wahrnehmung verengt sichseine auf die Rettung jeder, der einmal so eine Nacht durchlebt hat, weiß, daß der Spaß, den man haben kann, nicht von dieser Welt eigenen Haut: Beim Handwerker genauso wie anderen beim Manager. Nur, der die Verhältnisse erlauben dem einen nichts und dem alles. Rechtsstaat und Gleichberechtigung sindKotzen. dann nur noch Papiertiger. Das ist nicht nur ist.Nach diesem ersten, eher spielerischen Ansatz, sich ihrem Thema zu nähern und einem längeren New-Yorkunappetitlich, sondern zum Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten sind nicht dreierlei Sorte Mensch, die man Aufenthalt, den Wolfer auch zum Fotografieren, Plattenauflegen und Kontakteknüpfen nutzte, entwickelt sie in entweder– ist zuvorkommend oderauch beflissen hochnäsig behandelt. Der Mensch als wer oder was immeroder – zuerst ein Mensch. zwei Serien auf Papier stringente Kompositionsschemata. Der eine Block bezieht sich inhaltlich auf die Gruppe Wenn Blüte ich insteht, einemden Unternehmen, noch dazu eines, in demim das Mobbing in voller Satz höre: „Bei uns steht der Mensch Mittelpunkt“, dannfehlt entsichere ichum meine Kalaschnikow. Mensch um ist ein Mängelwesen. der Clubbesucher, sprich dem Publikum ihres wöchentlichen Hip-Hop-Events im Inner Rhythm Club, die formatIhm das Fell, zu dieDer Laufkraft, fliehen zusind können und die Kampfkraft, umüberwintern, überleben zu können. Die Instinkte im Nichtgebrauch entschlummert, verkümmert. Was ihn schützt und stützt und füllend in der sie umgebenden Location porträtiert werden. Diese farblich reduzierten Gouachen dokumentieihm nützt: Esabhängig wird ihm wie allesnie angeboten Ein etwas persönlicherer Zug durch die Vergangenheit der erfolgreichen Stuttgarter sorgt und so zuvor. und zugebracht. Er ist rundum verHipHop-Posse „Massive Töne“ ren nicht nur das Styling von Partygängern und der Clubdekoration, sondern darüber hinaus den sozialen Dabei sieht die Stadt illegale Graffiti als eines der größten zu bekämpfenden Probleme an, die Ein Berater ist nur sofindet. gut wie die Wahrheit, dielebt er nicht gesagt bekommt, Als wir uns zum Gespräch über die Massiven Töne verabredeten, ging es zunächst sondern die er selbst Der frühere Utopist heute in der virtual reality: Was kann er sicherfrüher vorstellen aber noch und wofür gebrauchen laut Monica Wüllner, Geschäftsführerin der CDU-Gemeinderatsfraktion, jährlich 120.000 Euro eine Weile ratlos hin und her, schließlich schlug Schowi das Locanda vor. „Damit Kontext, in dem sich Wolfer bewegt. In diesem Block tauchen dann auch erste Selbstporträts auf. Der andere konnte, heute herstellen, ernicht weißherstellen nicht Millennium mehr, es sind meine Jungs auch down", meinte er. gebrauchen soll. Mit dem Eintritt inaber dasDatum. elek-tronische hatersich gewaltig viel mehr geändert als nur das Die Zerlegung der Welt und an Kosten verursachen. „Mit diesem Geld könnten, beispielsweise im sozialen Bereich, einige Block zeigt wiederum DJs, wobei hier eher grafisch abstrahiert die Porträts aus verschiedenen Blickwinkeln und ihrer Schöpfungsgeschichte in ihre Komponenten und Mikrodetails führtdie zu Jean Christoph – „Schowi" und Joao – „Ju" kommen allein, Alex – „DJ Fünfter Ton" Veränderungen mit unabsehbaren Folgen. Je kleiner und schneller zusätzliche Stellen geschaffen werden, oder aber man könnte es angesichts der schlechten Instrumentarien werden, desto leistungsfähiger und umfassender werden muss renovieren! Das Locanda, ein kleines italienisches Lokal, ist für viele Stuttgarter Perspektiven ineinander verzahnt werden. Diese Blätter, in greller Farbigkeit und linearer Struktur gehalten, zeisie. Wenn man heute unter einer Nadelspitze ein Gebirge von Daten unterMCs und DJs eine Institution. „Damit sind meine Jungs auch down!" Dieser Satz geibringenweiter kann,zurückbleibt, müssen wir daß uns darüber im Klaren daß unser wissen. Wissen Wirtschaftslage einsparen“, so Wüllner. Immerhin sieht sie ein, dass „es vielen Jugendlichen immer immer mehrsein, immer weniger stert mir seither durch den Kopf. Ein Klassiker unter den HipHop Termini! Und dengen sowohl die ausgeprägt konzentrierte Mimik des DJs, als auch – auf dem selben Blatt – dessen stark vergröDas jeweils neueste Wissenals hält wir uns von seinverkauft, Verfalldatum bereits entgegen. noch fällt er nur noch selten. HipHop war in den USA eine Minderheitenmusik. So war ein Bedürfnis ist, ihre Kreativität durch Graffiti-Kunst zu entfalten.“ Und darum unterstütze 20 Jahre Falschgemachtes istdes dann schlimmer, alsWer nur ein Störfaktor. Er gehört in dieErfahrung Leichtlohngruppen Denkbetriebes. es anfangs auch in Deutschland, „Es war das Ding der Ausländer“, erklärt Schowi, ßerte und merkwürdig verzerrten Hände am Plattenspieler. Dazu kommen fokussierte Abbildungen von Tondie Stadt auch die Bereitstellung öffentlicher Flächen. Was bei einer einzigen ernstzunehmen„denn HipHop ist universell, das kann jeder machen und man tat und tut etwas GeDie Wirtschafthaben läßt Jahresumsätze, sich von der die Politik nichts mehrmittlerer sagen. europäiUnsere Großkonzerne den Haushalten meinsames über kulturelle und geistige Unterschiede hinweg“. abnehmern und Reglern, die dem Porträtierten wie Cyborg-Extremitäten anhaften. So entstehen dynamische scher Staaten entsprechen. Sie sind Selbstversorger und Selbstentscheider. den Fläche in Bad Cannstatt in den Ohren aktiver Sprüher wie blanker Hohn klingen muss. Seit Mitte der 90er ist deutscher HipHop sehr populär. Die große HipHop Welle ist Der Haifischkapitalismus kennt in der Vernichtung von und Arbeitsplätzen Bedauern. kann es dort nicht Geld geben, wo seither wie ein Tsunami über das Land geschwappt, hat vieles nach oben gespült und Kompositionen mit stark psychedelischer Wirkung. In beiden Blocks werden die Vitalität der sogenannten JuEines wird jedoch bei der Diskussion um öffentliche Flächen häufig übersehen. Dass Graffiti in kein Gewissenkein vorhanden ist.Gewissensbisse Treue und Vertrauen wechseln wie der nun die große Krise hinterlassen – behaupten viele! Vor allem die Pop-Medien, trittWetterbericht. Wenn man jemandem zunächst erst einmal hinter ihm stehen.in den Rücken fallen will, muß man brettfahrende Nutznießer und eine kränkelnde Musikindustrie.“Das stimmt einfach seiner ganzen Bandbreite nicht durch wenige legale Flächen kanalisiert werden kann, denn gendkultur thematisiert, präzise auf soziale Phänomenologien eingegangen und differenzierte visuelle Umsetznicht", so Schowi, „es gibt keine Krise, nur der Hype ist vorbei!" Es ist etwas ruhiUnserdie Sprachgebrauch verrät unsere Unaufrichtigkeit. Ein paar über Bühnewerden gebrachte Sätze, die nicht gerade mit Umsatz oderunfallfrei Gewinn Graffiti ist nicht nur die Kunst des WAS, sondern auch die des WO und des WIE. Bestimmte ger geworden um den deutschen HipHop. Und dennoch kommen regelmäßig gute ungen und Codes entwickelt. Diese wiederum läßt Wolfer ganz gezielt in ihr soziales Umfeld zurückfließen, zu tun haben, gleich als „Unternehmensphilosophie“ geadelt. Was oder gar herausragende Produktionen auf den Markt. Meist von den üblichen hat ein im Konkurrenzkampf Unternehmen mit Weisheitsliebe (= Wände bedeuten bestimmte Öffentlichkeiten und letztendlich geht es dem „Writer“ auch daPhilosophie) zu tun? Aber diestehendes „Unternehmensphilosophie“ gehört nun mal Verdächtigen. Eben jenen, die schon sehr früh dabei waren und seit jeher Wert auf indem sie dieses Bildmaterial als Flyer für ihre Hip-Hop-Veranstaltungen tausendfach reproduziert, in die Szene zur „Unternehmenskultur“. Und Informationskultur, Kultur ist alles: selbst Angebotskultur, Eigenständigkeit und Qualität legten. Präsentationskultur, Produktkultur, im Streit rum, in welchem räumlichen Kontext sein „Piece“ zu sehen ist und welche Herausforderungen bewahrt Die manWorte sich lügen, noch seine Kultur, Streitkultur beim Hauen und Früh dabei waren die Massiven Töne sowieso! Aber sie hatten anfangs schwer zu streut oder für DJ-Kollege Thomilla die komplette Covergestaltung malerisch umsetzt. Dieser Umgang mit dem Stechen. aber sie habendie einen hohen Gebrauchswert und kämpfen: Als Stuttgarter mussten sie gegen das Pop-Image ankämpfen, das der verlieren dabei ihre Unaufrichtigkeit. er beim „Bomben“ auf sich genommen hat. Für viele ist das „Tag“ an einem öffentlichen Erfolg der Fanta 4 in den Köpfen der anderen deutschen MCs, DJs und Fans hervoreigenen künstlerischen Werk ist auch von anderen Künstlern bekannt, so hat zum Beispiel Raymond Pettibon „Soziale Gerechtigkeit“ sagt Wolfgang Erbe, „ist erst dann erreicht, wenn Gebäude gleichzeitig ein Faustschlag ins Gesicht des Staates, der nicht mehr in Graffiti sehen rief, da musste um jeden Funken Anerkennung doppelt gekämpft werden. Aber es jeder das hat, was dersagt, andere nicht hat.“ergänzen. Und wennBeim jeder nicht mehr versteht, was derheute andere darf man noch zusieBabel war Ju, Alex, Schowi und Wasi sehr ernst! Ihr erstes Album, „Kopfnicker", ist anerfür die amerikanische Independent-Band „Blackflag“ Cover und Plakate gezeichnet. Durch das Verlassen des begann, was noch gilt. Der Herr sprach: „Siehe ein Turmbau Volk sind und das Gerberviertel in Stuttgart Brooklyn kanntermaßen Wenn wäre, will als eine bloße Gesetzesübertretung, als Schmiererei und Beschädigung von Privateigenein Meilenstein des deutschen HipHop und ist bis heute rund 40.000 eine Sprache haben sie alle, und dies ist erst der Anfang ihres Tuns. Jetzt hätte Wayne Wang sicherlich seinen Film „Blue in the wird heute ihnen erst nichts mehr unmöglich Dann fährt er aber zu sagen, Face“ nicht in Auggie Wrens Zigarrenladen „Cigar Mal verkauft worden. Ohne Major-Deal wohlgemerkt! Alles Homegrown! tradierten Kunstkontextes erreichen Pettibon wie Wolfer eine gezielte Positionierung Ihrer Werke in einem tum. Somit erscheint Graffiti – vor allem in Stuttgart – als Protest gegen den Unwillen, Protest was recht gilt: unssein.“ herabfahren dort ihrefort Sprache verCompany“ gedreht, sondern in dem mit kleinen „1995, mit der ersten deutschen Welle, wollten uns alle großen deutschen Majors wirren, daß sieund einer des „Laßt anderen Sprache nicht und mehr verstehen.“ Das ist Brillenladen an der Ecke. Gemeinsam dem eine Aufgabe Herausforderung, der christlich zu„Glück“ begegnen wir uns Zigarrenladen aus dem Film hat die sichtbar die signen – als Fanta-Klon! Da zogen wir nicht mit", erläutert Schowi den Alleingang Kontext, der für die Rezeption der Arbeit von entscheidender Relevanz ist. Die Kunst nähert sich anderen Medien überhaupt zur Kenntnis zu nehmen. Ein erstaunliches Beispiel hierfür ist die Stuttgarter C2Gbemühen, solange wir denken können. Das Wort ist in der Unverkrampftheit und den Charme eines Treffpunktes, und ergänzt ironisch: „In der Zeit haben wir jede Menge Restaurants in Stuttgart Schöpfungsgeschichte nicht vorgesehen. Die babylonische Sprachverwirrung in demund alle alle Protagonisten den gleichen Stellenwert besteht aber noch. Nicht selten sogar zwischen den Generationen gleicher Crew (Close2God). Überall in der Stadt sind die schwarz-weiß-silbernen Wide-Bombings zu haben zu Hauptdarstellern werden. In der gelernt!" Heute sind sie bei EastWest, mit denen der Kontakt von Anfang kennen an, benutzt deren Strukturen und Mechanismen und führt so zu einem Crossover. Das heißt der selbstZunge. sichtbar treffen sich Leute, die mit ihren Besitzern an offen, freundschaftlich und fair war. Hans und Angela Schneider rund ums Thema Brille sehen. Über ihren künstlerischen Wert kann man sich streiten, über ihr Ziel, Aufmerksamkeit zu John Adams (1735 – 1828)Rechtsanwalt, war der zweiteSchriftsteller Präsident derund Vereinigten Staaten, philosophieren dabei oft diese eigentliche Für die meisten Plattenfirmen zählt damals wie heute der schnelle Erfolg. Für referenzielle Umgang der Medien wird unterwandert und erweitert. Der subversive Ansatz in Wolfers Arbeit Farmersohn, Philosoph, General in Idee den verwerfen.wollen Das und sich Drehbuch wird Schowi eine der Ursachen für die großen Probleme der deutschen Plattenindustrie: Unabhängigkeitskriegen. Er schrieb 1780 in einem Brief an seinedie Frau: „Ich unweigerlich erweitert undgesetzte deraufgelockert. eigentliche Besuch erregen und, wenn möglich, eine Botschaft in die Öffentlichkeit zu tragen, jedoch nicht, wie muß Politik und Kriegsgeschichte studieren, damit meine Söhne Freiheit wird durch kurzweilige Themen „Der deutsche Markt ist ein Single Markt. Alben werden zwar herausgebracht und wird umso deutlicher, wenn man die Bilder näher betrachtet. Als Bildträger verwendet sie nicht etwa Papier oder haben, Mathematik und Philosophie zu studieren. sollen Mathematik und Schauplatz sichtbar ist Mittelpunkt damit Der eineswird eigentlich auch das Geld verdient, aber die Industrie im Land geht lieber Philosophie, Geographie, Naturgeschichte undSie Schiffbau, Navigation, man zum Beispiel an dem mit „Widerstand“ versehenen C2G-Tag sehen kann. Am augenMikrokosmos, wo mannicht sich im trifft – aber dersteht Gedanke Handel undPoesie, Landwirtschaft studieren, damit Bildhauerei, ihre Kinder dasWeberei Recht haben, des Gesehenwerdens Vordergrund und einen Weg – erst eine Single, wenn die erfolgreich war, schnell eine hinLeinwand, sondern entscheidet sich für Aluminiumplatten. Diese halbglänzenden harten Oberflächen findet man Malerei, Musik, Architektur, undQualität wo und Service entscheidend ist. Zwar ist dasrisikoarmen scheinlichsten bei C2G scheint jedoch das Risiko zu sein, dass sie beim Sprühen eingehen. terher schieben, dann das Album." Ju nickt: „Hier werden Künstler nicht in Ruhe aufPorzellanmanufaktur studieren zu können.“ Auf der Stufe der dritten Gerberviertel nicht Brooklyn, die „Cigar Company“ Generation wir auch nach über zweihundert noch dieser nicht angekein Optiker und laufen Auggie Wrenhier nicht Hans Schneider. gebaut, um langfristig mit Ihnen erfolgreich zu sein." Für die beiden ist dieses oft als Gestaltungselement in Discos, vor allem Tanzflächen werden mit ihnen ausgelegt. Sie sind strapazierfähig, kommen. Diesind künstlerischen Berufe stehen nicht im Jahren Mittelpunkt Welt, Doch wie das im Film viele Fäden zusamEinige Bombings sind an Stellen, an denen man es für unmöglich hält, dass nicht alle 10 Minuten Problem ein hausgemachtes. Singles und Sampler brächten die schnelle Mark, aber sondern führen ein existenzbedrohtes Randdasein auf demund Rand einer men und Konzept istauch unkonventionell. Brille wird immer schneller rotierenden Scheibe. Die Design-Berufe Designhier nicht als Konsumartikel verstanden. Auch nicht als keine längere Bindung. Hinzu kommen geändertes Freizeitverhalten und die Art und leicht zu reinigen und sehen sehr cool aus. Wie schon in den früheren Arbeiten sind DJs, Partygäste und sie selbst Interessierten würden mit bekommen. unter fünf Prozent der Stimmen in keinem eine Streife vorbeifährt. Doch Graffiti in Stuttgart bedeutet auch schweigende Ästhetik, die das, was man landläufig als Brilleunterschiedlichen betrachtet. Dasder Präsentation: „Die Kids geben heute mehr Geld für Handies und PC-Spiele Weise Parlament Sitz und Stimme Zelebrieren von individueller Produktphilosophien Beratung sind aus, weniger für Musik", erläutert Schowi. die Protagonisten, man findet auch wieder Figuren aus Comics, der Sesamstraße oder B-Movies. Auffallend ist, dass sich nicht durch ihre Größe definiert. Besonders neuartig sind die Werke von Sturm. Er verDas Werkenauf mit der Hand verkommt. Einige Hundert Vasenformen kann ichdie mirHauptaugenmerkeund von der sichtbar. „Eine Brille Kennengelernt haben sich die Jungs förmlich auf der Straße: Ju und Schowi sind im kurzfristig dem Computer herunterladen. Der an der Töpferscheibe muß in Formgestaltung, Qualität und sein“, der Farbgebung geschulte die Formensinn ist verlorengegangen. Ein Viertel dersind über 200 ästhetisch und intelligent gelöst so selben Hans sucht das klassische schriftorientierte Graffiti durch einen Ansatz zu ergänzen, der zuweilen Stadtviertel aufgewachsen und gemeinsam zur Schule gegangen. Alex lernten alle Elemente in den einzelnen Bildern durch abstrakt-flächig angelegte Farbfelder verbunden scheinen, wobei Knochen, unseren Körper aufrecht und in Bewegung halten, allein in Schneider. Scharfkantige und unhaptische Stücke werüber einen Sprayer kennen, der in ihr Viertel zog und der ihnen zunächst einmal den Händen untergebracht: genau sind es zu 54. Sie benötigen etwa ein Drittel den nichtKollektionen in das Portfolio aufgenommen. Auchsie nicht unserer Gehirnmasse, um all das erschaffen, was von der über den zweidimensionalen Rahmen hinausgeht. Seine Bilder gehen eine angenehme Symbiose gesamte bekannter Marken, sondern nur vernünftiges Taggen, also Graffiti sprayen, beibrachte. Wasi kannten sie von den diese Flächen die Bildebene nicht komplett füllen, sondern Zonen bilden, Schwerpunkte setzen oder Klammern Schöpfungsgeschichte aus ihreranKreativabteilung in diezuWelt gesetztWas worden einzelne Exemplare und kleine Hersteller finden den die es seinerzeit in der Tanzschule Haag auf der Zerschredderte DM-Scheine Grillanzünder, Taschen aus Auswahl Gummibooten, aber auch Kaffeekannen und Parties, Königstraße gab. Dort hinist. Um sogar ein nochBildhauer, Spaß ihrem Gebrauch finden: ein in den Weg Laden. die „Boutique“, „nobel“,daund Maurer Leuchten sichals kombiniert mit einer großen an Tonträgern in Stelton einer unspektakulären LageIngo im ein, auf dem sie abgebildet sind. Es gibt noch viele weitere Crews und mit Pauls dem Untergrund Zauberkünstler, Teppichknüpfer, ein Schönschreibkünstler sit“ sind vielleicht falschen Wörter, das„exquiaffekgen die unterschiedlichen Stadtteil-Posses ab. „Da durfteund niemand rein,wieder. derfinden älter als Gerberviertel Pünktlich zum Designers Saturday imKonzept Oktoberder feiert der Zusammenschluß von Musique schaffen. Diese Flächen, die meist mit Sprühlack oder Effektfarben ausgeführt sind, schieben sich als Subkomoder ein Zahnarzt mitbisdiesen 54 solange Knochen zustande bringt. Diese tierte Brimborium und die unterkühlte Atmosphäre, Unternehmen Form ihr einjähriges Bestehen. Das Symbiose zwischen elektronischer Musik und 18 war, man musste sogar einen Ausweis zeigen, wenn Zweifel aufkamen. Das hat Unermüdlichkeit hält an zum Grab, Auge und Gehirn noch sehen, die man mit solchen verbindet, fehlen. Es ist Künstler, erwähnt werden müssen. Leider geht es auf Grund des Platzes natürlich Wohnaccesoires nebst Moebeln ist in Einzig Stuttgart einzigartig. Die formale Trennung ist aufgehoben und es ist die nichthier klar, steuern und kontrollieren können, was zu vollbringen ist. eher vergleichbar mitBegriffen einemWare-gegen-Geld Zigarrenladen undPrinzip einem zu der kuriosen Situation geführt, dass Leute ihre Ausweise gefälscht haben, umForm wo Form anfängt und Musik aufhört. an den zwei getrennten Kassen wirdund eine Differenzierung erkennbar. Den position zwischen die dargestellten Personen und Figuren und den Bildträger und verstärken so den scheinbar Zigarettenautomaten. Betreibern des „Musique Kollektivs“, Alex Seifried für der Unternehmen Form Tobi Ettle fürnicht. Pauls Musique war Alle haben jedoch eines gemein. Die krasse Verfolgung durch Wahrnehmung die StuttgarteristPolizei. sich jünger zu machen," erläutert Schowi. Aufgelegt hat dortVerschmelzung seinerzeit Thomilla, Nun legen wirmit diese Fähigkeiten und Tätigkeiten immer mehr brach. Die Eingehen auf Das ohne die Person und persönliche diese bewusst. Durch die Zusammenlegung nach wie vor unabhängigen Labels zu einem gemeinDie visuelle ein wichtiges Mittel der heutigen Kommunikation. Bilder prägen Sinne, Hand rutscht zusammengewachsenen Fingern über der Maus hin und Vorlieben sind nicht die Herangehensweisen von dem heute die eine Hälfte der Turntablerocker. Im Musicland – Betreiber damalsLaden DJmit Friction’s Homesamen ist diese ganz eigene entstanden. Sag aber niemalsForm „chillig“ eine oder Plattform „Lounge“,für bekrätigen die der unsere dargestellten her, tastet Schalter, die in zu derstellen. Lage sind, Erde, Feuer und Luftkleinen per Laden anverlangt. der Ecke. Dabei wird aberunverkeinkam Schmunzeln. DerAtmosphäre ursprüngliche Ansatz von Unternehmen Produkte zu wer die Bilder beherrscht, Produktes. ObCharakter das Entfernen von kleinen Situation. Man fühlt sich an Benutzeroberflächen eines Computers Und nur damit sei eine erwähnt, denn beherrscht in kaum auch die Erscheinung einesschwebenden base Wasi schließlich auf sie zu und man begann gemeinsam Texten und Tasten in unserer Dienste OderWasser, diesen Erdball ins Universum zu Seelenstriptease ist das schaffen, diezueinem sehr gut gestaltet sind, aber So trotzdem bezahlbar bleiben. Diese Ideewar funktionierte aber bedingt, da weitere sehr typische Stuttgarter Eigenschaft sprengen. Für die miniaturisierten elektronischen Gerätschaften sindkrampfte die Gespräch, jenseitsVielmehr vom aufgesetzten, ein- im Studio von Adone, einem gemeinsamen Freund, Musik zu machen. Den ersten der Anspruch des Klientels sehr hoch war. wurde das Portfolio durch Newcomer mit niedrigen Stückzahlen ergänzt Makeln im Teint eines Models oder komplette Bildmontagen digitale Retuschen sind seit der Verbreitung von erinnert, bei denen mehrere Ebenen des Systems hinter- und übereinander auf dem Bildschirm stehen. Die darHände zu klobig, die Stimme muß mehr und mehr als Kommandozentrale ihre einer anderen deutschen Großstadt ist das Polizeiaufgebot ähnlich hoch wie in der Badenstudiertem Verkaufsgespräch die Basis für guten und mit Designklassikern abgerundet. „Wichtig ist, dass wir relativ unbekannte Produkte aus etablierten Linien vorAuftritt Ju’sund Schule. Über die Manipulationen übernehmen. Dassondern für die Aufgaben Funktionenübernehmen, der Hand befehligende Sevice.Brille „Mit einer Brille muß man sich wohlfühlen. Da gab es schließlich bei der Abschlussfeier von stellen junge Produktdesigner diezuansonsten nicht in der Stadt zu finden Nichtund jung klassischNachdem sind die Bilbearbeitungssoftware Standard am heimischen Computer. Dochgestellten der professionellen Retuscheoft und Gehirndrittel wird nicht veröden, vonkennen. denen eine das erstes wahrgenommenes Namensfindung finden Ju und Schowi keine Einigkeit: „Dass war imum Auto vor Wasi`s Kriterien, vonzur ihm aufgenommen werden, sondern die Formgebung dersind.“ Produkte dieoder Exquisität. Szenen operieren mitBildbemehreren Fluchtpunkten und sequenzhaften Perspektiven, die den Effekt Württembergischen von Graffiti hier an einem wir noch nichts wissen undmachen für Befähigungen, wir noch Accessoire an einemals Menschen ist, muss sie zu der Ju unterbricht erste Anfragen räumlichen Gestaltung aufkamen, entwickelte Alex Seifried eine eigene Möbelkollektion. „Der Landeshauptstadt. Die Verfolgungarbeitung für dieistWerbebranche bedarf es mehr als das „Nach-Feierabend-Gepfriemele“ an Urlaubsfotos aus Bude", ihn: „Nö, das war im Studio!“ So Wunsch geht es eine Weile hin und sein Haus Was uns aber nachdenklich sollte, ist diedie immer weiternicht voneinander eigenen Persönlichkeit unabhängig von eines Kunden war, aus den 50er Jahren dem Stil entsprechend einzurichten. Da ich aber Schwierigabweichende Geschwindigkeit, mit der einerseits wissenschaftlich-technoloModeströmungen erkärt Hans Schneider. Eine her. Alex, der vielleicht für Aufklärung sorgen könnte, tapeziert lieber! Agressive keiten hatte,Über solche Möbel zu finden,war die diesen Geist widerspiegeln, ohne lediglich der Zeit sein und Höhepunkt angekommen. Die hohe Polizeidichte lässt kaum für Aktionen, aus Sicht derPlatz Toskana. Stefanwas Kessler und Peter Käß von Digitalprint haben sich die professionelle der Dynamik nochauf verstärken. Raum und Zeit scheinen komplett aufgelöst; oben und unten, vorne und hingische Entwicklungen werden; und andererseits die darf nicht passen,“ Brille verkleiden, sondern ist oft eine den heutigen aufnehmen, eine eigene Linieein zuReplikat entwerfen.“ DiezuKollektion landeten sie letztendlich bei Massive Töne. Davor nannten„ sich JuT und Schowi Beharrung des Menschenvorangetrieben in seinen schöpfungsgeschichtlichen AnlagenSpiegelung und einer inneren Haltung, wie z.B. schwarUN E RCaiola NZeitgeist Edem Hund Mjeweils EJean N F O RProgramm M M O es D Excel. UdieL Slogische Y S TExcel EKonsequenz MFreak E “ bezieht ihre Proportionen, völlig untypisch fürSenioren die Bildbearbeitung mit angegliedertem dielinks, beiden, die schon jahreMöglichkeiten. Behörden, und Unternehmern positiv, aus Sicht der Jugendkultur jedoch nega- Offsetdruck spezialisiert. 1993 zumrandete Brillen mit eckigen Formen, die das und JC Jam. Die hatten sie von ihren Initialen abgeleitet: 50er jahre, aus Microsoft Der erkanntehat eines Nachts, dass die der kleinste Einheit des JCaber Joy Jóao ten,realisierten rechts(ChromaCom) und sprich: diedaß zur Orientierung dienenden Parameter sind verschoben. Dies muß nicht Klischee der Existentialisten bedienen. Es ist Tabellenkalkulationsprogrammes, die Zelle, eine harmonische Proportion und sich für ein Sideboard ideal anbieten lang Erfahrung an den ersten elektronischen Bildverarbeitungsanlagen hatten, das Cristoph. Programme können die Initiative Zeit für ein Leben aus erster Hand nicht Hans Schneider jedem der für sichsein von Gott würde. Trotz dieses Einflusses, zitiert Seifried die Formenund Materialsprache der 50er Jahre. wie „Die Zeit war extrem tiv in ist. Denn Alternativen werden zwar angedacht, aber nicht geboten. Widerspruch zu gewinnen. Nur meistens wird beleben, dasinnicht genutzt: Erfindung kann an so, dass verlassen fühlt dieSartre-Brille Verantwortung eigespannend. EsDiese ging los mit organischen Formen und Kunststoff, aber war noch nicht so extrem den 60erund Heute wird vornehmlich auf Autofahrten getextet. Sie hatten irgendwann keine Ruhe Aufkommen vonDieser DTP das grafische Gewerbe verändern wird. 1993 entschlossen sich, Chaos einen vollstufigen zwangsläufig in sie großes führen, sondern birgt eine gewisse Freiheit und Großzügigkeit, die sich nicht zuder Möglichkeit Mißbrauchs Frage gestelltJede werden. Ein Schädel. Hammer nes Sein trägt,und eine empfiehlt. Nicht 70er Jahren. Umbruchphase aber noch auf der meine Formensprache vergangener Tage,aus deswegen glaube ich, mehr im Studio, dort hingen ständig zu viele Leute ab. Mittlerweile werden die Texte heutebasierte kann nichtComputer nur ihres einenkönnen Nagel in einschlagen, sondern auch einen ganz so philosophisch ist der Umgang mit dem Gut zwischen „Kunst ja, Vandalismus nein“ und dem Mangel an legalen Plätzen spricht klare dass dieser Stil das Denken gut widerspiegelt. Doch Kollektion ist ein Produkt heutiger Zeit, was grafischen Betrieb aufzubauen und Satz, Repro und Druck zu vereinen. Heute ist dies bei größeren DruckerMillionen Stunden lahmgelegt werden. Brauchen „Brille“ von und seinem zukünftigen Träger. der Verarbeitungsqualität und Farbpalette angeht.“ aufEinCruises durch Europa geschrieben. Da werden Besuche abgestattet, Kontakte zur im Duktus Bei undkleineren Farbauftrag wiederspiegelt. Wolfer vermeidet jegliche Form von verkrampfter Pinselmoderne Technologien einen Einige Hundertmillionen klang Typus, Qualität, und Eher zufriedener eien eigentlich normal, vor fasthat 10 Jahren war es noch eher letzt ungewöhnlich. Firmen wie schweizerischen und französischen Szene gepflegt und auch Internetbenutzer bedienen sich Sicherheitsstaat? der offensichtlichen Vorteile dieses unserer Netzes, Worte: ähnlich Graffiti klinals unkontrollierbare Kunstform soll klein gehalten werden. Stuttgart Kundschaft. Dass dabei aber eine gewisse Philosophie D e mal r Pdas l a ein t t eoder n l aanded e n awar m mitverantwortlich k l e i n e n S c für h l die o s Belebung s p l a t zdes , in von direkter Nähe zum namentlich sonst würde ihre urknallartige Ausbreitung nicht dasBomben Vielfache zum Tragen kommt, ist Angela erkennbar. Man könnte Sartre re Kulturdenkmal begutachtet. gendem Gastronomiekonzept, den Stadtvätern in Ungnade gefallenen Digitalprint ist die Mischung aus Highend-Repro und Highend-Offsetdruck auch heute noch selten. Kunden führung oder pingeliger Abklebetechnik. Diese Lässigkeit ist kein Ausdruck von Nachlässigkeit sondern Geburtenrate betragen. Man kann aber auch lernen, zu basteln zitieren und Hans und Schneiders Denken so Platzes. as u lasu sMg ue sz ieqi uc he n iest t wmoer hd refna .c So h ist a les s nicht e i nweiter e r dverwunderlich, e r b e s t e ndaßPdiese l a t Lokalität t vor e n lQuerdenkern, ä dgern en Angst Künstlern und kritischen Köpfen, die Automobilindustrie, es wagen, ihrem Protest oder ihren Terrorgruppen ausdrücken: „Das Tragen die der Verantwortung Verantwortung für für das das Ebesucht u r o zu pPwurde. alanden! aus der Mode, Sport oder aus der Kosmetikindustrie lassen sich ihr Bildmaterial „runauch Mißbrauchzuimvernetzen. Gefolge. Eine gegebene Freiheit hat aber immer Sein beinhaltet zugleich Keine InPauls den Pre-Abriss-Zeiten wurde Pauls noch von Tobi Ettle„Unsere und Mischa Harrer betrieben. vielmehr eine Haltung, die man mit dem Verhältnis von klassischem Eiskunstlauf und RollerbladeSein des Anderen“. Wie gesagt: ManLawine könnte... wennschlechte Methode, um einen Top-5-Hit mit „Cruisen" Ausdruck zuzuverleihen. Egal, ob mit Dose oder Mikrofon. derneuern“ Graffiti in Stuttgart, das ist Die immer Mittlerweile Musique alleine von Tobi EttleMusique im Gerberviertel geleitet. Standleitung Pauls und optimieren. Bildauswahl und das Image legenbeschreibt die Fotografen, die Werbeagenturen und Die phantastischen elektronischen Geräte und Möglichkeiten sind weder gut man nichtwürde. gleich eine ganze weiterer Boutique warwird schon von Vorteil“ schwärmt Ettle, „die lümmelnde Robbenkolonie hörte den Sound und konnte ihn noch böse. Sie können das,gebietet. wozu derDas Mensch sie gemacht hat, wozu er dadurch Fragen aufwerfen Umdas aber den Konjunktiv zu gleich kaufen. die jetzige Geschichte mit „Musique Kollektiv“ hat sehr viele Synergieffekte.“ Tobi Ettle aka der in Kunde dieBerlin technischen von Digitalprint. Daskönnte. Ziel ist, in Wettbewerben vergleichen Es der geht bei beiden Sportarten um die Erfüllung von Pflicht und Kür. Beim sie anstiftet und was ernur ihnen allerdings kanndie gut und kann auch Schock-Therapie für lahmende Geister. Die Menschen New fest, York,doch Paris, oder Umsetzungen liegen in den Händen verlassen und sich auf philosophiBlackTrane akaAber Jaeger & Sampler ist auches Garant fürkeine dieForm Qualität des Labels „Pauls Boutique Recordings“. Bis dato auch böse Anonymität und absolute rufen Fischer im Vergleiche scher zunicht begeben, sindGlatteis dieund Tatsachen der sind 20 Tonträger veröffentlicht. Obwohl ein Jahr Neuerscheinungen mehr gab, sindund für die Zukunft weitere Repro das Optimale rauszuholen, der Kunde bekommt dafürEiskunstlauf farbverbindliche Proofs vorgelegt. AnTrüben und sein. andere auf den Freiheit Plan. „Was einst auspersönlichen der derviel Auswahl des WohlProduktionen geplant. Dervon DJ, Pauls Produzent und Artist kümmert um eindas weiteres eigenes Label ein sind Schwesterlabel. findet man gedruckt starre Normen und Regeln, um erbrachte Leistungen zu bewerten. Dementsprechend Rio daran Dort gehören die bunten Zeichnungen und können Kritzeleien bereitsauf zum Ethik nahmen“, sagtUnlichtgestalten ein moderner Sinnspruch, „macht heut‘ die wir Kypernetik. fühlfaktors inBeratung, der Wenn sichtbar entscheidender. Eins Die Deephouse Division „Philpot“„ undsich in Berlin Label „No.9“ Elektropop. Zurück zugewöhnt. den schließend die Seiten der nagelneuen Heidelberg Speedmaster 52-4 mit CPC werden, – Amen.“ ist aber sicher: Auggieeine Wren, der TabakSynergieeffekten: Geplant sind im Musique Musique Form vorstellen Kollektiv die Entwicklung eines Hi-Fifür Möbelsystems, jenseits von warenbesitzer aus Brooklyn, bräuchte, Stadtbild. Sie die kulturelle Perspektive auf diewobei Stadt das undDruckergebnis verkörpern selbst herkömmlichen Wie man sich etwas ist zwar noch unklar, aberprägen die dank beInhouse-Produktion dem Proof dann auch wirklich entspricht. „Wobei verkrampft wirken oft die Beiträge der zu Teilnehmer. Der psychische Druck entlädt sich oft in Tränen nach der Eine neue Denkund Annäherungsweise anAusbildung unsere Arbeit bedarf nichteines nur er mit Lou würde Reed zusammen in Brille der sichtbar bei Kombination ausBoxen. Musik und um Möbel sollsostärker manifestiertkann, werden. Zudemden sollBetreibern es„Musique eine stärkere Ausrichtung im einer höheren Intelligenz, sondern auch der einer Haltung, einer guten Zigarre über Sartre, Existentialismus und Gastronomiebereich geben, die Wohnzimmeratmosphäre zu verstärken, sprich Form Kollektiv“ soll sagen ist, dass jeder Drucker, der nach PMS-Standart druckt, auch problemlos an unser Proof herankomstimmte Werte und Lebensstile. Denn schon immer war die Wand das Forum derjenigen, die Sinn- und Wertebewußtseins gegenüber unserem Tun und Wollen. Unseredem Ge- Bezug zu Brillen philosophieren. „chilliger“ und „loungiger“ werden. Auch wenn man dies nicht sagen darf. Darbietung. Betrachtet sich im Gegensatz dazu die Veranstaltungen der „X-Games“, werden auf Skatesellschaft bietetwenn diesen Notwendigkeiten gegenüber keine überzeugenden menmehr muss. EineWände Druckmaschine kann sich jeder kaufen, doch nach wie vor ist man das Können von Ansätze. Auch sind, brauchen wir den Mut für und das nicht nach ihrer Meinung gefragt werden. Und darum wären legale in Stuttgart Machbare und Sinn fürwir dasDienstleister Denkbare, wir brauchen wir Überzeugungskraft Entscheidung, um eine optimale Qualität im Druck zu erreichen“,boards so Stefan Der Vorteil kleinenoder auf dem Freestyle-Parcours ganz entspannt Höchstleistungen undKessler. Inlineskates in derdes Halfpipe Überzeugungstäterschaft, brauchen Kreativität, keine gelegentliche, vagabundierende Unternehmens ist das individuelle Betreuen von Kunden. „Wir gehören nicht Die zu den Firmen, diePrinzipien sagen, dass keine Resignation.sondern eine abrufbereite, verfügbare, sinnstiftende. Und vollbracht. olympischen „schneller, höher, weiter“ werden hier durch „hang loose“ und „have die Daten noch so und soviele Fehler haben und zusätzlich Bearbeitungskosten anfallen. Es gehört zu unseIn einerinGesellschaft, die von allem nur den PreisUmsatz und von nichts den ihren Wert kennt, der in diederWertschöpfungskette nur aus und Gewinn rem Service, Dokumente druckreif aufzubauen und wir versuchen bereits bei der Datenübernahme evtl. Profun“ konterkariert. Es wird gezeigt, daß Leistung respektiert wird, aber sicherlich nicht alles ist. Dieses Wert bezieht, ein Kollege nurund als ängstlich, Konkurrent angesehen wird, in dieser Gesellschaft bleiben viele schlimmerenfalls feige und bleme mit dem Kunden abzuklären. Aufgrund unserer überschaubaren Größestrahlen ist uns nicht das Fütternvon der verlogen. Kaum sagt nochschwach jemand Bewußtsein die Bilder standen wird, wie es gemeint ist. etwas auf die Gefahr hin, daß es so verMaschine und die kompromisslose Auslastung am wichtigsten, sondern ein optimales auch Ergebnis“, so PeterDaniela Wolfer aus. Sie entspringen einer Welt, in der MTV und Viva Die Designberufe sind nicht dazuauslösen angetankönnen. und auch nichtesso besetzt, daß sie Käß. Es kam schon oft vor, dass die Druckplatten erneut belichtet wurden und Maschine stillstand, die Funktion von die Zentralorganen übernommen haben, in der Computer sowohl Werkzeug als auch Spielzeug einen „Ruck durch dienicht Republik“ Wenn gilt, Not man und Nöte zu wenden, geht es um die beliebten Prognosen, mit denen proobwohl der Kunde die Proof freigab. Doch wenn das Ergebnis nicht gefällt oder doch noch aber eine belichtete blemlosoder Schrecken verbreiten kann. Klimakatastrophe, Waldsterben, Ozonloch, sind, in der single soziallaut gedacht und gefühlt wird. Wolfer collagiert in ihren Bildern Dinge und Eiszeit Abschmelzen derfüllen Polkappen, das scheint unabwendbar. Alkohol, Haarlinie zu finden ist, wird das Prozedere von Peter Käß wiederholt. Auch wenn seingelebt, Drucker Hartmut Zigaretten und Benzinpreise die Staatskasse. fressenen und bewegungsfaulen Bürger übellaunig.Das macht manchen überBegebenheiten, die für die Generation des 70er Jahrgangs wichtig und prägend sind. Sie kombiniert Triviales Zu keiner Zeit seiner Geschichte waren einsogewisser und eine garantierte Meinungsfreiheit den Deutschen beschertWohlstand wie jetzt und heute. mit großen Gesten und Gefühlen, setzt ausgewogene Flächen in Bezug zu exaltierten Bewegungen. In den Nie war es leichter, Freiheit durch Mut zu korrigieren. Farben, die eigentlich der Mode vorbehalten sind, zeigt sie uns die tiefere Bedeutung des Werbeslogans „Just be“.

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Im Disput mit der Königin

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_BOHEMIAN RHAPSODY

Cruisen

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Bohemian Rhapsody

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_(SE)ARCH

_KURT WEIDEMANN

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_SICHTBAR Brillen, Tabakwaren und Sartre

_GRAFFITI Tags, Bombs, Styles und die Stadt

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Weshalb läßt sich unsere Not so schlecht wenden?

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_UNTERNEHMEN FORM Excel Tabellen und Robbenkolonien

Suche nach Architektur

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_MASSIVE TÖNE

_DIGITALPRINT Bildertuning für die Perfektion

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_DANIELA WOLFER Daniela Wolfer

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DAS WOCHENENDE DER FORMEN UND FARBEN


Wer wollte nicht schon immer mal echte Designer sehen? So richtig echte! Menschen die ausgereifte Produkte ersinnen, das Argument „Design“ dem Verkäufer in den Mund legen, Häuser ohne Türklinken bauen, und Papier so bedrucken lassen, dass man Wörter schön angeordnet findet – obwohl alle Schriften gleich aussehen! Fragen schwirren dazu im Kopf herum: Tragen Designer immer noch schwarz? Haben Architekten immer dünne Lippen und fahren Porsche? Muss man als Grafiker DJs kennen und Taschen aus LKW-Planen tragen? Essen Webdesigner den ganzen Tag Pizza-Salami? Dürfen Fotografen ihre beim TahitiShooting angesammelten Lufthansa-Bonusmeilen bei Ebay versteigern? Und: Gibt es ein Frisurengesetz, das nur Glatze oder Britpop-Haarschnitt erlaubt? Wer sich schon immer ein Bild von Menschen machen wollte, die sich den ganzen Tag Gedanken über Formen und Farben machen, kann dies beim Designers Saturday in Stuttgart tun. Der Designers Saturday wurde 2001 erstmalig in

Stuttgart veranstaltet. An diesem „Tag der offenen Tür“ präsentieren Gestalter ihre Arbeiten aus allen Designdisziplinen in ihren eigenen Büros. Gegründet wurde der Designers Saturday in New York. Anfang der 80er Jahre nahmen europäische Städte, wie London, Paris, Wien oder Stockholm die Idee auf. 1985 fand der erste deutsche Designers Saturday in Düsseldorf statt, 2001 der Designers Saturday in Stuttgart. In diesem Jahr hat der Designers Saturday Stuttgart Gestalter aus New York eingeladen die aufgrund der Ereignisse im letzten Jahr, ihren Designers Saturday in New York nicht austragen. In Kooperation mit ihren Stuttgarter Kollegen präsentieren sie hier gemeinsam ihre Arbeiten. Neben den einzelnen Präsentationen wird der Designers Saturday durch Vorträge, Sonderausstellungen und der Verleihung des internationalen Designpreis des Landes Baden-Württemberg abgerundet. Der Designers Saturday in Stuttgart wurde von Jochim Fischer und Silvia Olp initiiert.

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Stockholm

Düsseldorf

London

Brüssel Paris Stuttgart Langenthal

Wien

New York

910 im Gespräch mit Joachim Fischer

Der erste Designers Saturday fand 1967 in New York statt. Welche Grundidee stand Pate für diese Veranstaltung? Die Grundidee kam von den drei führenden Designschulen New Yorks und war das Präsentieren von Projekten und Arbeiten in Form eines Tags der offenen Tür. Zusammen nutzten sie diese Idee als Plattform für sich und ihre Schüler. Im Laufe der Jahre erkannten dann auch Unternehmen aus einem breiten Designumfeld die Notwendigkeit, sich einem breiten Publikum zu zeigen. Aus einer ursprünglichen Idee mit drei Teilnehmern ist ein Verein mit mittlerweile über 300 festen Mitgliedern in New York entstanden.

Die Idee des Designers Saturday wurde später dann auch von London, Paris oder Wien aufgegriffen. Seit 2001 findet der Designers Saturday auch in Stuttgart statt. Hat Stuttgart die gleiche Designvielfalt anzubieten wie große Metropolen? Ich denke ja. Die Designdisziplinen sind in allen Städten ähnlich. Es gibt sicherlich den einen oder anderen unterschiedlichen Schwerpunkt, der eine Stadt schnell interessant macht, aber die Vielfalt die in Stuttgart besteht, lässt sich nicht von der Hand weisen. Letztendlich ist Stuttgart, unter anderem durch die frühe Gründung des Design Centers, auch immer eine Hochburg des Designs gewesen. Man braucht sich nur vor Augen halten, dass über 30% aller deutschen Designstudios eine 7 in der Postleitzahl haben. Dementsprechend ist die Ansiedlung von Designbüros und die Ausbildungsmöglichkeiten im Stuttgarter Umfeld im Vergleich zu anderen Städten überproportional hoch.


PRODUKTDESIGNMÖBELDESIGNINT ERIORDESIGNEVENTDESIGNAUSSTE LLUNGSDESIGNMULTIMEDIADESIGN INTERFACEDESIGNGRAFIKDESIGNK OMMUNIKATIONSDESIGNMODEDES IGNSCHMUCKDESIGNARCHITEKTUR

Mit Stuttgart verbindet man aber nicht gleich automatisch eine Designhochburg, auch wenn die Zahlen dafür sprechen. Man liebäugelt eher mit Städten wie Berlin, Hamburg oder Frankfurt. Kann man diese Designkompetenz kommunizieren? Der Ruf der anderen Städte begründet sich auf eine Konzentration einzelner Disziplinen. Berlin steht für die New Economy, Hamburg für Verlage und Media, Frankfurt für Werbeagenturen. Stuttgart hat eine gesunde Mischung aller Disziplinen zu bieten, wie die derzeitige Krisensituation auch wieder eindrucksvoll beweist. Auch wenn man es nicht auf den ersten Blick wahrnimmt, die Wirkung von Firmen wie Daimler-Chrysler, Porsche, Festo oder Bosch ist für die Region immens. Diese Unternehmen gehören zu den designlastigsten in Deutschland. Auch wenn deren Schwerpunkt im Produktund Industriedesign liegt, sind die Impulse für andere Designdisziplinen bedeutsam. Die Aufgabe vom Designers Saturday ist deshalb primär ein einheitliches Designbild der Stadt zu kommunizieren. Sowohl Konzerndesign mit seinem peripheren Umfeld als auch eine gewachsene subkulturelle Designszene. Auch wenn viele meinen, dass sich solch eine Szene nur in Berlin oder Hamburg befinden kann. Stuttgart hat noch eine spannende Entwicklung vor sich, da die Abwanderungstendenzen in die Großstädte nachlassen wird. Wir hoffen unseren Beitrag dazu zu leisten.

Das Thema des Designers Forum „Stadt als Marke - Vision oder Illusion“ spricht dieses Problem an. Der kritische Unterton des Themas lässt vermuten, dass Stuttgart in der Kommunikation seiner Designkompetenzen noch Nachholbedarf hat.

Themenstellungen wie diese haben immer etwas mit Unzufriedenheit zu tun. Es gibt kaum eine Stadt, die als Marke funktioniert. Es wird ja auch aufgezeigt, wie Frankfurt damit kämpft. Vielleicht funktioniert New York mit dem Begriff „Big Apple“ oder ansatzweise Berlin mit seinem visuellen Erscheinungsbild. Es ist mir wichtig, dieses Problem anzusprechen. Hier sehe ich, dass etwa „Stuttgart 21“ ein anderes Erscheinungsbild hat wie „Stuttgart Marketing“ oder die „Stadt Stuttgart“. Unter Corporate Design Aspekten ist dies überaus diskussionswürdig! Der Anspruch des Autor Matthias Beyrow „Mut zum Profil – Corporate Design für Städte“, einem Referenten des Designers Dialog, sorgt für Impulse in dieser Diskussion.

Wird diese Notwendigkeit überhaupt als Problem erkannt, Stuttgart als Marke aufzubauen? Vielleicht ist es gar kein Problem. Was ich auf jeden Fall vermeiden möchte, ist mit dem berühmten erhobenen Zeigefinger winken und der Stadt sagen, was alles falsch gemacht wird. Es soll gezeigt werden, warum Marken wie „Bosch“ oder „Porsche“ bekannter sind als die Marke „Stuttgart“. Es soll aber auch gezeigt werden wie eine „Documenta“ positiv auf Kassel wirkt. In dieser Diskussion beim Designers Saturday bieten wir eine Plattform mit dem Ziel, über dieses Problem nachhaltig nachzudenken.

In Zeiten wirtschaftlicher Schwierigkeiten ist der Designers Saturday als Privatinitiative ein schwieriges Unterfangen. Sollte die Stadt die Veranstaltung stärker finanziell unterstützen, auch hinsichtlich der überregionalen Präsenz, die damit erreicht wird?

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Ich glaube die Stadt muss es nicht. Man wünscht es sich zwar, aber die Idee, dass etwas von Stuttgartern für Stuttgarter getan wird hat mit der Stadt als übergeordnetete Institution nur bedingt zu tun. Wir fordern und fördern Eigeninitiative, die ja von den Gestaltern auch so aufgegriffen wird. Ein Vorteil ist, wenn man nicht so auf Fördertöpfe angewiesen ist, dass man freier in seinen Entscheidungen ist und schneller auf Begebenheiten reagieren kann. Aber eine starke Unterstützung seitens der Wirtschaftsförderung, das würde passen und gut tun.

jährliche Kontinuität, um sich zu etablieren. Diesen Entwicklungsprozess finde ich aber nicht schlecht, da es uns Veranstaltern Raum lässt sich weiter zu entwickeln. Ein Problem ist nur, dass wir mit anderen Veranstaltungen verglichen werden, die es seit Jahrzehnte gibt und die bereits aus den Kinderschuhen rausgewachsen sind. Wir sind erst im zweiten Jahr und haben Fehler gemacht. Diese werden wir beheben und werden auch wieder neue Fehler machen. Wir wünschen uns, dass die Besucher und Teilnehmer uns Raum für diesen Entwicklungsprozess lassen.

Sollte die Wirtschaft nicht verstärkt das Kultursponsoring der Stadt übernehmen?

Was war Deine persönliche Intention den Designers Saturday nach Stuttgart zu holen?

Sponsoring wäre für uns eine Erleichterung. Es würde eben auch für einen dauerhaften Betrieb sorgen. Vor allem, da das präsentierte Design der betreffenden Firmen ein Alleinstellungsmerkmal ist. Ich bedauere es, dass auch im zweiten Jahr Unternehmen wie Porsche, Nimbus oder Festo nicht teilnehmen. Allein deren Teilnehmergebühr wäre eine echte Förderung des Designers Saturday gewesen.

Unerfahrenheit! (lacht) Nein, Silvia und mir war es wichtig eine Plattform zu schaffen, wo Gestalter aus verschiedenen Disziplinen sich und ihre Produkte vorstellen, um die Designkompetenz, die wir in Stuttgart haben, zu präsentieren. Die Lücke war da und wir versuchen sie zu schließen. Wir haben den Zug auf die Schiene gesetzt und feuern jetzt kräftig die Lokomotive an. Wir haben den Anspruch, den Designers Saturday jedes Jahr besser zu machen als den vorherigen. Wenn aber erkennbar wird, dass die Gefahr droht, sich totzulaufen oder bloß noch ein Abklatsch seiner selbst wird, dann muss man ans Aufhören denken. Ich bin aber zuversichtlich, dass wir aufgrund der Vielfalt der Stadt keine Probleme haben werden, spannende Positionen in Stuttgart weiterhin zeigen zu können.

Braucht der Designers Saturday eine längere Anlaufphase, um in den Köpfen verankert und ernster genommen zu werden? Ja, auch der Designers Saturday benötigt seine Zeit um sich in den Köpfen zu verankern. Selbst Dietmar Henneka sagte, dass man New Yorker braucht, um auf Stuttgart und die Veranstaltung aufmerksam zu machen. Die Teilnahme von New York wird dies beschleunigen, dennoch braucht es eine

Dieses Jahr nehmen ausgewählte New Yorker Gestalter am Stuttgarter Designers Saturday teil. Besteht nicht die Gefahr, daß die heimische


Stuttgart ist der Nabel des wieder-

wiederum hat der frühere Stuttgarter

vereinigten Deutschland. Warum?

Oberbürgermeister Manfred Rommel

Weil hier der preußische Staatsphilo-

klar umrissen: Ohne Hegel keinen

soph Georg Wilhelm Friedrich Hegel

Marund keinen Lenin, ohne Lenin

geboren wurde. Und erkannt hat:

keine russische Revolution, ohne

Was vernünftig ist, das ist wirklich;

russische Revolution keinen Gorbat-

und was wirklich ist, das ist ver-

schow, ohne Gorbatschow keine

nünftig. Die Bedeutung dieser Schluss-

Perestroika, ohne Perestroika keine

folgerung für die Schwabenmetropole

Wiedervereinigung.

Designszene aufgrund der amerikanischen Qualitätsdichte an die Wand gespielt wird? Stuttgart hat ebenso Schwergewichte wie New York zu bieten. Produktdesigner von Daimler, Persönlichkeiten wie Kurt Weidemann und andere. Nur leider machen diese nicht mit oder sind auf den ersten Blick nicht sichtbar. Es ist aber sehr spannend wie sich die Kombination aus etablierten New Yorker Persönlichkeiten und der heimischen, jungen Szene entwickelt. Ich bin zuversichtlich, dass die Stuttgarter Szene den New Yorkern qualitativ und kreativ Paroli bieten kann. Aber es geht auch nicht um Konkurrenz, sondern um Kooperationen. Das Interesse der New Yorker an Stuttgart und dem Umfeld, der Infrastruktur und dem Nachwuchs verblüffte mich und verspricht ein gegenseitiges entspanntes Umgehen. Unsere Aufgabe ist es, dass für die Teilnehmer interessante Kontakte, daraus Geschäfte entstehen und wir die Veranstaltung so positionieren, dass deutschlandweites Interesse an Stuttgart entsteht. Mit dieser Veranstaltung wollen wir dazu beitragen, was sich jeder für Stuttgart wünscht: Metropolencharakter und Lebensqualität.

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Stuttgart-Süd. Lehenviertel. Rechts, die kitschige, von außen rosa dekorierte Animierwohnung, links gegenüber die riesige Klinkerwand mit dem öffentlichen Schild: „Vorsicht Einsturzgefahr. Begehen auf eigene Gefahr.“ Als ob libidogesteuertes Verhalten durch statische Unausgewogenheiten aufgehalten werden könnte. Sonst scheint alles normal. Hier im Hinterhof des neuentdeckten semi-hippen Lehenviertels ist das Fotostudio von Jürgen Altmann.

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B n

19.00 Uhr, das Treppenhaus ist abgeschlossen, und Katrin Gruber die Praktikantin, kommt im Mantel herunter und schließt auf. Im Studio des 4. Stocks telefoniert noch Jürgen Altmann mit einem finnischen Kunden. „Gruber!“, schreit Altmann gutgelaunt quer durch den Raum, nachdem er den Hörer aufgelegt hat: „Willst du schon gehen? Du musst noch die Präsentation vorbereiten.“ „Gruber“ trägts mit Fassung und stellt sich an den iMac. Auf die erste Frage, wie er zur Fotografie kam, folgt erstmal nichts, dann: „Für Rockstar mußte man zuviel Gitarre üben“. Nachdem sich seine Rockstar-Karriere nicht erfüllte, wurde Jürgen Altmann als Fashion- und Lifestylefotograf ernst genommen. Zahlreiche Kampagnen für international bekannte Modehäuser und Editorials, wie z.B. die hier gezeigten Zirkusaufnahmen für „Glamour“ mit dem Stylisten Michael Dye aus Mailand, begründen seinen Ruf als Topfotograf. Stuttgart als Standort ist aufgrund einer fehlenden Infrastruktur im moderedaktionellen Bereich für einen Fotografen mit diesen Schwerpunkten zwar nicht der idealste, doch „ ob du deine Models und Stylisten von Mailand nach Hamburg fliegen lässt oder nach Stuttgart, macht kaum einen Unterschied – genauso kann ein Fototeam von Stuttgart aus auch überallhin kommen.“ So ist die Standortfrage nicht wesentlich. Weitaus entscheidender für die Qualität der Bilder ist sein künstlerischer Ansatz bei der Herangehensweise. „Mein Stil definiert sich durch einen sehr klaren Bildaufbau, der auf das Wesentliche fokussiert ist. Dennoch ist das

Beim Einlegen und Herausnehmen des Films aus der Kamera direktes Sonnenlicht vermeiden. Für Blitzlichtaufnahmen Elektronenblitz, blaue Blitzleuchten oder Blitzwürfel verwenden.

wichtigste Moment meiner Bilder die Poesie.“ Dieser im ersten Augenblick erscheinende Widerspruch, die Kombination aus rationeller Komposition und der Verknüpfung emotionaler Elemente sind die Merkmale einer oft skurril anmutenden Bildsprache. Jürgen Altmann hat seinen Stil gefunden, auch wenn er diesen nicht bewusst einsetzt, oder ihn stoisch weiterverfolgt. Dabei weiß er aber ganz genau was er will. Vielmehr hat Jürgen Altmann ein neurotisches Verhältnis zur Sache selber – den Shootings. Minutiös werden im Vorfeld Pläne erstellt und sämtliche Eventualitäten bedacht. Es wird abgewogen, wer, wann, wo zu stehen hat, Beleuchtungsverhältnisse bei Außenshootings und das Styling. Doch Jürgen Altmann wäre nicht Jürgen Altmann und seine Bilder nicht die, die man kennt, wenn er sich aus diesem selbstauferlegten Korsett nicht befreien würde. „Ein guter Plan ist die Voraussetzung für entspanntes Herangehen an ein Shooting. Im Idealfall sind dann alle so entspannt, dass man den Plan nicht mehr braucht und auch ein überraschendes Ergebnis entstehen kann.“ Dass manchmal die besten Pläne nicht viel bringen, musste Jürgen Altmann bei einem Shooting in Neuseeland feststellen. Das Team war wegen Snowboardaufnahmen für ein Jeans-Label buchstäblich um die halbe Welt geflogen. Auf dem Tasman-Gletscher stellte sich dann heraus, dass eines der Models seine Snowboard-Kenntnisse überschätzt hatte. „Wir mussten unser Konzept in Richtung lustiges Purzeln in pittoresken Eisformationen ändern“.


Bezugsquellen 端ber: Telephone +49 7153 36328


Minimalistischer Maßstab

Der „Modulor“ ist ein Maßwerkzeug, das von der menschlichen Gestalt und der Mathematik ausgeht. Ein Mensch mit erhobenem Arm liefert in den Hauptpunkten der Raumverdrängung - Fuß, Solarplexus, Kopf, Fingerspitze des erhobenen Arms - drei Intervalle, die eine Reihe von Goldenen Schnitten ergeben, die man nach Fibonacci benennt. Die Mathematik andererseits bietet sowohl die einfachste wie die stärkste Variationsmöglichkeit eines Wertes: die Einheit, das Doppel, die beiden Goldenen Schnitte. 1947 geht deshalb Le Cobusier umgekehrt von 6 engl. Fuss mit 1828,8 mm als Körpergröße aus. Durch die Goldene-Schnitt-Teilung bildet er eine rote Reihe nach oben und unten. Da die Stufen dieser Reihe für den praktischen Gebrauch viel zu groß sind, bildet er noch eine blaue Reihe, ausgehend von 2,26 m (Fingerspitze der erhobenen Hand), die doppelte Werte der roten Reihe ergibt. Die durch die mathematische Goldene-Schnitt-Teilung sich ergebenden Bruchzahlen werden rigoros aufgerundet, bis zu Differenzen von 7 mm auf volle Zentimeter nach oben oder unten, zu sogenannten Gebrauchswerten. Bei der Übersetzung dieser Grundwerte in das Zollsystem erfolgt dann eine weitere, von der ersten unabhängigen Grundreihe...


Basierend auf Le Corbusiers Entdeckungen, die noch heute Bestand haben und der Tatsache, daß Le Corbusier einer der ersten war, der konsequent im Maßstab 1:33 seine architektonischen Entwürfe erstellte, stand der französische Architekt unter anderem Pate für das 1998 von Hendrik Müller und Patrick Batek gegründete Stuttgarter Büro eins:33. Dieser Maßstab ist der einzige, der in der Lage ist sowohl Architektur als auch Innenarchitektur gleichberechtigt abzubilden. Auch der eigenen Vita wegen, eignete sich dieser Name. An der Staatlichen Akademie der bildenden Künste studierten Hendrik Müller und Patrick Batek Architektur und Design und kamen aufgrund der räumlichen Nähe zur Weißenhof-Siedlung schnell in Kontakt zu Le Corbusiers Arbeiten und der Bauhaus-Bewegung. Nach anfänglichen eigenen Projekten, arbeitete man schnell gemeinsam an Konzepten und gründete noch im Studium das Innenarchitekturbüro eins:33. Ende der 90er Jahre orientierte man sich noch stark am strengen Minimalismus mit seinen Materialien wie Stein, Holz oder Metall. Alle Farbnuancen entstehen durch den bewussten Einsatz von Licht. Doch die Entwicklung ging zum Neuinterpretieren und zum Aufweichen der Strukturen. „Wir versuchen durch Materialien und Farben eine atmosphärische Dichte zu schaffen, die softer und harmonischer ist, als die der klassischen, minimalistischen Architekten,“ erläutert Hendrik Müller. Der gefestigte Stil basiert aber nach wie vor auf der klaren Formensprache. „Wir haben uns dahin-

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Projekt: La Coupe Charlottenstraße 23 Stuttgart Bauherr: Ahmet Bilir, Stefan Mall Foto: Francis Koenig, Stuttgart

Waschanlage aus Schichtstoff HPGL Hochdrucklaminat, beige mit Sesseln aus braunem Kunstleder, Leuchten mit Textilverspannung aus weissem Chinz, Entwurf von eins:33.

gehend entwickelt, dass alle Projekte in einem Bezug zueinander stehen. Die formale Erscheinung von Möbeln, Leuchten und wie wir mit Räumen umgehen ist gefestigt. Dies interpretieren wir aber nicht als Schwäche, sondern als bewusstes Handeln und als Stilfrage. Gerade am Anfang muß man einen eigenen Stil entwickeln, um sich klar zu definieren.“ Dennoch sind eins:33 an einem Punkt angelangt, wo über eine Neuinterpretation ihres Stils nachgedacht wird, um sich weiterzuentwickeln. Dabei sind zum einen Einflüsse aus Kunst, Musik, Film und Grafik-Design als wichtigste Inspirationsquellen und zum anderen das intensive Auseinandersetzen mit dem Bauherren und seiner räumlichen Struktur die Basis für den Umgang mit

Architektur. Obwohl wir uns sehr stark mit Architektur beschäftigen, ist die Auseinandersetzung mit Arbeiten, die in Architekturzeitschriften veröffentlicht werden, eher nicht unsere Sache. Wir versuchen unsere eigenen Erfahrungen mit einfließen zu lassen.“ so Patrick Batek. Das junge Büro, daß mittlerweile eine Dependance in Berlin hat, interpretiert den Minimalismus im Kontext zur Moderne und Postmoderne. Die Befreiung vom Ornament und der additiven Art der Gestaltung in der Architektur hatte bereits in der Moderne ihren Höhepunkt und wurde im Minimalismus wieder aufgegriffen. Die Reduktion auf das Wesentliche, die Spürbarkeit von Räumen und der Stellenwert von Licht als gestalterisches Element, sind Verdienste der Moderne


Projekt: Kitchen for a non-cooking woman Charlottenstraße Stuttgart Bauherr: Ellen Staudenmayer Foto: Heiko Simayer Studio, Stuttgart

Beidseitig Küchenmöbel, Arbeitsplatte Resopal weiss, Türen und Schubladen MDF lackiert mit eingefrästen Griffmulden, Ellen Staudenmayer mit grauer Hose und schwarzem Oberteil (Gucci).

und später des Minimalismus. Die Art der Materialien und die sorgfältige Abwägung beim Einsatz sind immer noch Qualitäten, die das Büro schätzt und bei ihren Planungen mit einbezieht. Die Fortführung der zweidimensionalen Planung in die Dreidimensionalität ist ein wichtiges Thema bei eins:33. Das Entstehen eines Raumkonzeptes, das auch die dritte Dimension erfasst, muss als Idee erkennbar sein. So muss eine Wand nicht zwangsläufig mit dem Boden verhaftet sein. Wenn es die Korrespondenz zu anderen Raumelementen bedingt und der Aspekt der Leichtigkeit gefordert ist, wird diese „Tektonik“-Frage entscheidend. Der Kern des Begriffs Tektonik bezieht sich auf das Verhältnis zwischen der

Fügbarkeit und der Anschaubarkeit der Dinge und der Struktur unserer Wahrnehmung. Dieser Zusammenhang zwischen dem, wie etwas gebaut erscheint, und dem, was wir bei seinem Anblick empfinden, hat seine eigene Dialektik. Nicht alles, was sich technisch-konstruktiv bauen lässt und nützlich sein mag, empfinden wir als angenehm oder gar schön. Der Ansatz des Versteckens von notwendigen, aber unangenehm empfundenen Dingen, wie z.B. technische Vorrichtungen wird bei eins:33 konsequent umgesetzt. Der Umgang mit Tektonik wurde beim Projekt „Sauter Beautypool“ so umgesetzt, daß eine Leichtigkeit der miteinander korrespondierenden Elemente suggeriert wird. Zusammen mit mori:projects entwarfen eins:33, ein Konzept, das durch den

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Projekt: Sauter Beautypool Christophstraße 8 Stuttgart Bauherr: Reiner Sauter Foto: Heiko Simayer Studio, Stuttgart

Flur: Blick vom Eingang in Richtung Rezeptionstheke. Der Besucher betritt die Räume des Beautypools und be-

Frisiertische: Die weißen Frisiertische verfügen über versenkbare Spiegel, die im Bedarfsfall durch eine Gasdruck-

schreitet eine Strecke von 25 m, während er sich aus dem „hektischen Getümmel“ der Stadt ausgliedern und auf

feder unterstützt aus der Arbeitsfläche hochgefahren werden können. Zusätzlich ist jeder Platz mit einer ver-

die eigene Welt des Beautypools einstimmen kann. Der Raum öffnet sich Stück für Stück auf diesem Weg.

tikalen Plexiglasleuchte ausgestattet, die angenehmes und weiches Licht auf das Gesicht der Kundin wirft.

langen Korridor den atmosphärischen Einstieg in die Welt der Schönheit schafft. 320 Quadratmeter Zeitgeist – lavendelblaue Tresen, grüne Sideboards, ein zebranofurnierter Loungetisch und kubische Leuchtkörper. Die Grundsubstanz der Räumlichkeiten war so gut, dass versucht wurde, nichts zu verbauen, sondern zu erhalten. Alle bestehenden Elemente sind in weiß belassen worden, während die Veränderungen farbig wurden. Die bestehenden Elemente wurden so restauriert, dass ein „Klassenunterschied“ zwischen neu und alt nicht zu erkennen ist. Nicht eine überfrachtete „Kulissenarchitektur“, sondern der sensible Umgang mit Ressourcen und die ästhetischintelligente Innenarchitektur machen „Sauter Beautypool“ zum raümlichen


Projekt: Johannes Gensfleisch zur Laden, Restaurant, Bistro, Bar Literaturhaus Stuttgart Breitscheidstrasse 4 Stuttgart Bauherr: Gascon 23. Gastronomie Betriebs- und Beteiligungsgesellschaft mbH, Klaus Morlock, Marc Tzschoppe Foto: Heiko Simayer Studio, Stuttgart

Restaurant: Blick in den Restaurantbereich. Boden Räuchereiche geölt und gewachst, Tische Räuchereiche /

Lounge: Natursteinverkleidung und Boden Muschelkalk (Bestand), Sessel Minotti Leder grau,Tische wie im

Edelstahl, Möbel Schichtstoff HPGL dunkelrot/Mercedes-Leder grau, Leuchtkästen Plexiglas PMMA weiss,

Restaurant, Leuchten Constanza, Rückseite Bar Räuchereiche gebeizt mit Sichtschlitz Plexiglas PMMA weiss.

Stühle Eiche gebeizt, Mercedes-Leder dunkelgrau, Vorhänge Trevira CS, Gittergewebe.

Erlebnis. Die Newcomer wurden nach dieser Realisierung schnell weitergereicht: Ob Restaurant „Gensfleisch“ im Bosch-Areal, wo der Spagat zwischen englischem Bibliotheken-Charme und strenger Formensprache gelungen ist, Frisierbar, La Coupe oder Werbeagentur Eberle Ästhetik hat einen Markt und seine Kenner. Der eigene Stil ist in allen gestalteten Objekten zu erkennen. Querverweisend auf andere Projekte, aber nicht kopierend. Trotzdem individuell und nicht manufakturiert – so könnte das Motto der beiden lauten. Die Querverweise entstehen in erster Linie durch die eingesetzte Möblierung. Die stets in Eigenentwicklung gestalteten Elemente, wirken als Objekte im

Raum und geben ihre eigentliche Bedeutung nicht Preis. Möbelgestaltung ist für Hendrik Müller und Patrick Batek ein wichtiger Punkt, da sie im räumlichen Kontext zum Boden, Wänden und sonstigen Faktoren gleichberechtigt stehen und eine weitere Gestaltungsebene sind. Es ist geplant, mit den bereits bestehenden Möbeln und Leuchten und einer Serie weiterer Produkte eine eigene Home-Collection zu entwickeln, um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden. Die Fortführung von eins:33 wird vermutlich das langsame Aufgehen in einem Kreativ-Pool aus GrafikDesignern und Textil-Designern sein, so dass ein gesamtkonzeptioneller architektonischer Ansatz nicht nur auf die Innenarchitektur beschränkt ist.

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1 spricht mit 2 über das Magazin 910 stilradar

1>

Stil muss schon dabei sein. Aber dass Ihr euch gleich ums ganze Radarsystem kümmern müsst.

2>

Stimmt doch gar nicht. Wir wollen lediglich die Koordinaten bestimmen.

1>

Ist dein Schwager nicht Mathematiker?

2>

Doch, wieso.

1>

Na, ob der das nicht besser könnte?

2>

Wie, ein Naturwissenschaftler soll sich mit der Stilfrage beschäftigen?

1>

Nein, natürlich nicht. Du weißt doch. Heutzutage hängt alles miteinander zusammen. Besonders im Design. Da stellen sich Naturwissenschaftler vielleicht gar nicht so blöd an.

2>

Ich weiß nicht – kuck Dir Philipp Starck an. Der sagt zwar, dass Design für jeden erschwinglich sein soll, dass man keine Wegwerfmöbel produzieren soll und trotzdem macht er alles allein. Macht Stühle in der Form seines Hinterteils. Aus Plastik. Wenn das nicht schon alles heißt. Er sagt ja, er wär ein Egomane. Also nichts mit Vernetzung.

1>

Na, dann denk mal an – sagen wir ...

2>

Jetzt sagst du bestimmt Walter Gropius!


1>

Nein, ich wollte eigentlich etwas über Le Corbusier erzählen.

2>

Bist du sicher, dass Du dich nicht doch auf dieses Gespräch vorbereitet hast? Ich dachte, wir machen einfach mal ein brainstorming über unser Magazin. Dann fänd ich’s nämlich langweilig. Ist mir zu besserwisserisch.

1>

Nein wieso, dann also Gropius. Der war Leiter vom Bauhaus und der hat sich natürlich Direktorenmöbel für sein Büro entwerfen lassen. Mit Spieltisch. Ist doch klar, dass er ab und zu eine Runde Skat dreschen wollte. Du musst im Design einfach auch an den Alltag denken! Form follows function. Und dass Starck gut sitzen möchte und Gropius gut spielen, das kann man ihnen nicht vorwerfen, das will die Hälfte der Menschheit sicher auch.

2>

Du meinst, ein Designer sollte zuerst einen Kompass rausholen?

1>

Ja, klar. Wie sonst willst du wissen, wie man beim Spielen gut sitzt. Ich meine natürlich, ob man beim Spielen seines Spiels den richtigen Sitzplatz hat. Formschön gestaltet.

2>

Aha. Und wie soll das gehen? Hier in Stuttgart – wo willst du hier den Kompass peilen lassen? Etwa im suite 212 oder in der Weinstube Fröhlich?

1>

Dein Vorschlag ist gar nicht so schlecht. Weil, im suite 212 sitzt man ja auf Blöcken, in der Weinstube Fröhlich auf Bänken oder einfachen Stühlen. In der Schnittmenge bedeutet das, dass alle Besucher dieser Orte auch bereit wären, auf runden Hockern Platz zu nehmen. Wenn du das multiplizierst mit der Anzahl an Clubs und Weinstuben in Stuttgart, dann wäre sogar auf Anhieb ein Großteil deines Koordinatensystems ausgefüllt.

2>

Hmm – muss ich mal drüber nachdenken. Zumindest wärs ein Anfang für unsere stilistische Standortfrage.

1>

Vielleicht solltest du Radarfallen aufstellen!

2>

Also, jetzt übertreibst du!

1>

Wieso, wenn du empirisch genau herausbekommen willst, welchen Stil die Menschen hier bevorzugen, dann musst du schon Fallbeispiele rausziehen.

2>

Und soll ich dann Bußgeld verlangen, wenn einer statt `nem Hocker doch `nen Philipp Starck-Stuhl möchte?

1>

Nein, eine schriftliche Mahnung täts auch. Die sollen dann alle euer Magazin lesen. Dann wissen sie Bescheid über Stil und Radar.

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PARIS

NEW YORK MAILAND

Fotograf: J端rgen Altmann Assistenz: Tom Mennemann | Katrin Gruber Styling: Julia Kessel Make up & Hair: Stefanie Trenz c/o spirit Model: Julia Sterk | Michael Peterec | Aschaeh Khodabakhshi c/o fischercasting


TOKIO

Der noble Blick Der Anruf von Franz Reutter auf dem Handy erzeugte ein Schmunzeln: „Wenn ihr nachher Kaffee wollt, bringt bitte eine Milch mit. Wasser ist da, Musik und wir auch“ . Aha, die international operierenden Brillendesigner aus Wernau offenbaren sich einem genauso, wie man sich junge Designer vorstellt: Immer „nobel“ durchs Leben. Qualität ist alles - Qualität im Produkt ebenso wie in der Lebensgestaltung. Es muss schön anzusehen sein und sich vor allem extrem gut anfühlen.

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REIZ

Im Büro werden wir von den zwei Geschäftführern Franz Reutter und Jochen Gutbrod erstmal auf ein Rennen mit den neu erworbenen ferngesteuerten Mini-Cars aus Fernost eingeladen. Die kleinsten ferngesteuerten Autos der Welt: Fundstücke der letzten Geschäftsreise nach Tokio. Die Rennbahn „made by REIZ“ aus Stücken eines Brillen-Präsentationssystems nimmt ungefähr die Hälfte ihrer Werkstatt ein. Während die selbstgebrachte Milch sich mit dem Kaffee vermischt - wird sich so also im Hause REIZ für das anstehende Meeting warm gemacht. Wir meinen: Das kann was! ...und, was wir später blind unterschreiben würden, zuvor allerdings schon schwer ahnten: Die können was! Ihren internationalen Ruf als Brillengestalter verdankt das Gespann Gutbrod / Reutter der zukunftsorientierten Andersartigkeit. Das Machbare sowie Nichtmachbare wurde ausgelotet. Auf internationalen Messen wurden exotische Brillenformen in einer neuen, unerwartet stylishen Undercover-Aktion, dem Verkauf aus einer Art Bauchladen, vertrieben.


FARBE

PLATZIERUNG FORM

QUALITÄT

MATERIAL

Nach der gesunden Phase des Experimentierens besann man sich 1996 auf eine am Markt bisher ebenso neuartige Formsprache - die Idee der formalen Reduktion. Eine Brillenfassung betrachtend wird klar, dass dieser Gegenstand genauso simpel wie genial funktioniert. Ein Mittelteil, zwei Bügel, die Fassung der Gläser und der hohe Anspruch, diese Elemente harmonisch zu kombinieren. Wenige Bestandteile gepaart mit einem ausgefeilten Zusammenspiel von Material, Form und Farbe. Ein weiteres wichtiges Merkmal ihrer Brillen ist der extrem ausgeprägte Qualitätsanspruch an die Produktion. Ausschließlich der direkte Kontakt zu nationalen Herstellern sichert diese hohe Verarbeitungsqualität. Das eigenhändige Aussuchen der Acetatplatten und die Bestimmung der Platzierung auf der Platte, gewährleistet die optimale Nuancenverteilung der unterschiedlichen Farbschichten. Von der Idee bis zur Produktion ist alles „made in Germany“.

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ACCESSOIRE

Durch den hohen Fertigungsanspruch und dem Designbewusstsein gelang es REIZ den Werkstoff Acetat neu zu interpretieren. Das hochwertige, gepresste, aufwendig veredelte Material wurde in der Brillenindustrie zu dem, was der einst vernachlässigte Basisstoff bei sachgemäßem Umgang eigentlich ist - ein exklusiver Träger für optische Gläser. „Nicht dass wir die Erfinder von Acetat wären, aber 1996 war der Markt derartig verknöchert und festgefahren, dass wir, eine neue Generation von Brillendesignern gar nicht anders konnten...“ meint Franz Reutter. Er steht am Fenster, den Blick auf den energiegeladenen, roten Sturmhimmel gerichtet und raucht eine Parisienne. – Der Gedanke an den Anspruch der Qualität, der stets „noblen“ Lebensform keimt wieder auf... „Unser Anspruch ist das in den Köpfen immer noch gefestigte Bild der Brille als notwendiges Übel aufzuweichen. Brille ist das wohl charakterstärkste Accessoire, das als erstes an einem Menschen wahrgenommen wird. Und dementsprechend versuchen wir das bewußte Tragen von Brillen zu manifestieren“ erklärt uns Jochen Gutbrod. REIZ zeigt uns, dass die Auseinandersetzung mit brillenunabhängigen Formen und der Einfluss haptischer Reize aus unserem Alltag für die Produktfindung entscheidend sind. Dass zuerst die innere Haltung kommt und dann die Form, weiß man spätestens seit Konfuzius. Dass man die innere Haltung leben muss, um „Reiz“-spezifische Formen entwickeln zu können, wissen wir spätestens seit REIZ.



1969

SK Steffen Kuder

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Ag 107,8

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Pt 195,08

Au 196,9

Pt 1690 Fund in Kolumbien

Relative Atommasse:

195,08 g/mol

Atomradius:

138 pm

Kovalenzradius:

129 pm

Van-der-Waals-Radius:

k.A. pm

Dichte:

21,45 g/cm3

Schmelzpunkt Celsius:

1772 째C

Siedepunkt Celsius:

3827 째C


Im Disput mit der Königin

SC

HM UC

KD

ESI GN

01

NY

02

SF

FELLBACH

03

Schmuck ist wie die Gastronomie. Es gibt Meisterköche, die viel Gespür für Zubereitung und Zutaten haben, durch ihre Kreationen ein Geschmacksfeuerwerk zünden und Kunstwerke erschaffen und es gibt gefälliges Fast Food, kompatibel für den schnellen Hunger und nachhaltig nicht sonderlich bemerkenswert. Steffen Kuder gehört sicherlich zu den ersteren. Nicht leblose Auslagen mit Kilos von Gold und Edelsteinen, sondern das filigrane Zusammenspiel von Material und Form beseelen seine Kollektionen.

Platin wird vorwiegend mit einem Feingehalt von 950/000 verarbeitet. Das heißt, von 1000 Gramm Schmuckmetall sind 950 Gramm, also 95 Prozent, reines Platin, dokumentiert im Stempel eines Schmuckstücks mit Pt 950.

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Emerald Cut Englische Bezeichnung für Achtkanttreppenschliff. Da

bekannt als „spröder Stein“, wird in der „Topqualität“,

dieser bei Smaragden angewendet wird, ergab sich die

immer im sogenannten „Achtkant-Treppenschliff“ =

Bezeichnung Emerald Cut. (Smaragdschliff). Charakter-

„Emerald Cut“, geschliffen. Würde man Smaragde im

istisch sind die „Stufen“, d.h. die „treppenförmig“, mit

„Rechteck“ und nicht im „Stumpfeck“ schleifen, wür-

56 Facetten und 1 Tafel angelegte Form. Der Smaragd,

den Risse, Sprünge oder Absplitterungen entstehen.

Der gelernte Goldschmied und Schmuckdesigner arbeitet – anders als die Berufsbezeichnung vermuten würde - hauptsächlich mit Platin, weissen und schwarzen Diamanten. Platin ist ein sehr seltenes Metall, das erst im 17. Jahrhundert von Goldsuchern in Kolumbien entdeckt und aufgrund seiner silbernen Farbe, abfällig als „platma“ („Silberchen“) tituliert wurde. Erst hundert Jahre später wurde festgestellt, dass es sich um ein bis dato unbekanntes Element handelt. Platin kam erstmals 1850 von Louis Cartier zu Schmuckehren. Es besitzt individuelle Eigenschaften, die kein anderes Schmuckmetall aufweist – Eigenschaften die es von Gold und Silber unterscheiden. Außerdem ist Platin fester, zäher und schwerer in der Verarbeitung. Deswegen hat das handwerkliche Können höchsten Stellenwert in Steffen Kuders Philosophie. „Der Anspruch des Materials in seiner Formgebung ist enorm. Die perfekte Ausführung steht im Resultat zum Objekt.“ Die handwerkliche Perfektion ist zwar die Basis für die Auseinandersetzung mit dem Metall, sie soll aber nicht bestimmend für die Gestaltung sein. Kuders Entwürfe werden nicht in Formen gegossen, sondern durch stundenlanges Kaltschmieden gebändigt. Dadurch erhöht sich die Dichte des Materials und der Schmuck,

gewinnt an Härte und Wertigkeit. Wenn Steffen Kuder in seiner Werkstatt steht, entwickelt sich ein Zwiegespräch zwischen ihm und dem Material. Ein Gerangel zwischen Widerspenstigkeit und Zähmung, einem stoischen Desinteresse des Leblosen und der Idee der Formgebung. Diese Auseinandersetzung lohnt sich, denn Steffen Kuder bleibt meist Sieger. „Platin ist zwar schwierig, aber faszinierend. Es hat nicht die geschichtliche, von Alchimisten geprägte, mystische Eigenart von Gold, sondern durch seine matten und seidenen Oberflächen strahlt es Strenge und Klarheit aus.“ Der Schmuck von Steffen Kuder versöhnt die in Form geschmiedete, eigenwillige Königin der Metalle. Klare, reduzierte Formensprache unterstreichen die Besonderheiten. Das Korsett der Form verliert sich und schmeichelt dem Charakter. Gekrönt wird die Schöne durch die Krone der schwarzen Diamanten. Steffen Kuders Stil ist durch den Bauhauscharakter geprägt. Schlicht, aber nicht durch die Hysterie des Minimalismus beeinflusst. „Die maschinelle Optik mit futuristischen und scharfkantigen, geradlinigen und unterkühlten Attributen ist nicht dass, was ich von reduzierter Gestaltung verstehe. Die feminine Komponente muß im Detail erkennbar sein, darf sich jedoch nicht aufdrängen“.


Diese Gratwanderung zwischen femininer Sinnlichkeit und dem Vermeiden archetypischer Formen, spiegelt sich in seinen Ringen wider. Nicht die klassisch-runden Formen, sondern ein von ihm aufgenommenes Detail der Fingeranatomie war entscheidend für die Kuderschen Ringe. Es war nicht sein Wunsch, auf Biegen und Brechen eine andere Ringform zu gestalten. Doch aufgrund der Unebenheiten eines Fingers bot es sich an, den Ring unten rund und zu den Aufbauten hin konisch zu gestalten. Die Seitenflächen werden durch die angrenzenden Finger gestützt und verrutschen so nicht. Dass Kuder bei seinen exakten geometrischen Schmuckstücken nur wenig poliertes Material benutzt, unterstreicht seine Auffassung von reduzierter Gestaltung. Wie zum Beispiel der Platin Ring mit einem Diamant im Emerald-Cut. „Dramatisch“ eingesprengt in Profilen, die sich logisch aus der Ringform entwickeln. Es heißt, dass Schmuck ein Ausdruck der Seele sei und etwas beim Träger bewirke. Steffen Kuder ist sich sicher, dass ein Wechselspiel zwischen Träger und Getragenem stattfindet. „Nicht dass ich jetzt auf die esoterische Schiene abdriften will, aber es ist beobachtbar, dass tendenziell labilere Menschen mit einem Schmuckstück sicherer werden. Dieser ursprüngliche Talisman-Charakter ist auch heute noch spürbar. Viele manufakturierte Stücke großer Labels sind aber austauschbar und ich würde es ablehnen von einer Aura zu sprechen.“ Sicherlich ist industrieller Schmuck mit den Werken von Steffen Kuder nicht vergleichbar. Aber wer will auch einen Kunstdruck von Ikea mit einem Original vergleichen. Und dass es Unterschiede zwischen Fast Food und einem

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komponierten mehrgängigen Menü gibt, ist unbestreitbar. Der Beruf des Schmuckdesigners ist in vielerlei Hinsicht eng mit dem Befinden und der Geschichte eines Menschen verwoben. Steffen Kuder ist froh von der ersten Idee bis hin zum perfekten Schmuckstück den ganzen Prozess zu gestalten und die Qualität eines Schmuckstücks mit den Qualitäten eines Menschen in Einklang zu bringen. Die Positionierung von Schmuck ist in einer Phase der Neuorientierung und einem Verlassen gewohnter Betrachtungsweisen. Weg vom „Klunker“-Image und Statussymbol hin zum bewussten Ausdruck der Persönlichkeit. Aber der Mythos des Glitzerns und die Einstellung, dass viel auch schön ist, gilt noch heute. „Je größer der Stein desto mehr werde ich von meinem Geliebten vereehrt“, bekräftigt Kuder. Auch wenn dieser Glaube, der in den 70ern kulminierte, sich langsam dem Ende neigt, sind archaische Verhaltensweisen immer noch maßgeblich prägend für die Handhabung mit Schmuck. Schmuck als Modeaccessoire und Ausdruck einer Einstellung wird noch wenig Bedeutung beigemessen. Frauen kaufen heutzutage ihren Schmuck meist selbst. Sie machen sich Gedanken über ihre Garderobe und stellen fest, dass ihr Schmuck nicht mehr passt. Genauso

wie ihre Handtasche oder ihre Schuhe. Zum Kauf von neuen Schuhen und Handtaschen lassen sich die modebewussten Kundinnen gerne verführen, nur beim Schmuck bleibt es meist beim alten. Doch Steffen Kuder, der lange Jahre in New York und San Francisco sein Handwerk verfeinerte und dort wichtige gestalterische Impulse erlangte, sieht diese Problematik gelassen. „Das Thema des Sich-Schmückens ist in den USA praktisch nicht vorhanden, nur der Verlobungsring gehört zur Zeremonie der Brautwerbung. Aber auch da gilt: Großer Diamant, große Liebe. Doch langsam schwappt die europäische Tradition eines verstärkten Schmuckbewusstseins auch nach Amerika. Wenn man meint, Schmuck ist in Deutschland ein marginaler Bestandteil der Modekultur, ist das im Vergleich zu den USA dennoch viel. Nur ein verschwindend kleiner Teil ist auf Qualität und Gestaltung bedacht. Diese Klientel ist hart umkämpft.“ Kuder verinnerlichte den Wunsch nach Qualität und genauer Detailarbeit. Seinen Stil festigte er bei einem der führenden Designer und Schmuckgaleristen. Dort fand er den Kontakt zu allerlei prominenten Kunden, die sich sicher ein gutes Menü und ihren ganz persönlichen Schmuck (von S. Kuder) gönnten.


F R A M E S F OR YOU

GERBERS TR ASSE 7 S T

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Bohemian Rhapsody

Photo: J端rgen Altmann Assistent: Tom Mennemann Styling: Michael Dye c/o Barbara Mierau Styling Assistent: Julia Kessel Make up: Heiko Palach c/o Barbara Mierau Hair: Carolyn O`Neill Model: Pamela c/o Riccardo Gay


Ne cklace : S t y l i s t s o w n Shir t : S p o r t m a x Trousers : M i s s o n i



Ne cklace : S t y l i s t s o w n Shir t : S p o r t m a x B elt : M a r n i Ties : S t y l i s t s o w n Skir t : S p o r t m a x B o o ts : i B l u e s

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Wa istcoat : M i s s o n i Shir t : S p o r t m a x Skir t : S t y l i s t s o w n B o o ts : S e r g i o R o s s i



Ja cke t : S p o r t m a x Shirt: Sportmax Dress: GianFrancoFerre Studio Belt: iBlues


Bohemian Rhapsody

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Fertighäuser sind für viele junge Familien oftmals die einzige Alternative, sich den vielzitierten Traum vom Eigenheim leisten zu können. Ein Haus von der Stange ist zwar günstiger, aber das Risiko bleibt, dass die Seele des Hauses, die Architektur, verschwindet. Stephan und Stefanie Eberding von (se)arch beweisen, das Ästhetik in der Architektur nicht zwingendermaßen einen dicken Geldbeutel bedarf. Das junge Architekturbüro im Stuttgarter Heusteigviertel realisierte ein Wohnhaus in Riederich mit enggestecktem finanziellen Rahmen. Das Wohnhaus am Fuße der schwäbischen Alb zeichnet sich durch seine offene Struktur im Wohn- und Alltagsbereich aus, der sich über zwei Ebenen verteilt und so den Übergang von Erdgeschoss in den oberen privaten Bereich ermöglicht. Variable Schiebewände ermöglichen offene wie auch geschlossene räumliche Situationen für die Privatsphäre. Dieses Konzept der wandelbaren Räume und der klaren Ausrichtung nach der Sonne charaktisiert dieses Haus. Der große Dachüberstand lässt Sonneneinstrahlung im Winter ungehindert durch die großzügigen Verglasungen, während im Sommer dadurch einer Überhitzung vorgebeugt wird. Aufbauend auf Bauelementen der klassischen Moderne entstand eine Raumfolge, die mit höchster Präzision im Detail und einem fein abgestimmten Materialkonzept eine sehr spezifische Wohnvorstellung von hohem ästhetischen Anspruch erfüllt. Dabei war der Aspekt der Kostenminimierung entscheidendes Kriterium für die Realisierung. Die Bebauung der Nutzfläche von 250 qm, wurde für unter 250 Euro/m3 ermöglicht.

Fotos: Sabrina Rothe

Dieses mehrfach ausgezeichnete Haus ist aber nur bedingt stellvertretend für die Denkweise von Stephan und Stefanie Eberding.


Vor allem in der Stilfrage lassen sie sich nicht festlegen. Es erfüllt sie mit Genugtuung, dass die bereits realisierten Projekte keine offensichtlichen Selbstzitate sind, sondern dass jeder Bau auf die individuellen Bedürfnisse der Bauherren zugeschnitten ist. Schnell könnte man argumentieren, dass dies ein Versuch ist, bauliche Beliebigkeit und Unentschlossenheit zu tarnen, doch die Liebe zum Detail und Ausgereiftheit ihrer Entwürfe, jenseits von TrauterHeim-Idylle und Bauträgerhäusern, verhindert diese gedankliche Fortführung. Ist aber dennoch eine Philosophie oder ein Eberding-Stil auszumachen? Am ehesten die subtile Vermittlung von Formensprache beim genaueren Betrachten von Details und dem Versuch der Zusammenführung von individuellen Bedürfnissen, Grundstücksstruktur, städtebaulichen Möglichkeiten und der persönlichen Note. „Es wird mit jeder Handlung eine formale Aussage gemacht, doch sollte nicht der Selbstverwirklichungswille im Vordergrund stehen, sondern lediglich ein Bestandteil einer Schnittmenge dieser vier Faktoren sein“, so Stefanie Eberding. Die Denkweise der beiden Architekten versinnbildlicht Stephan Eberding : „Alte Bauernhäuser sind aufgrund ihrer gewachsenen Struktur Vorbilder, da die verschiedenen Funktionen und Abläufe ideal aufeinander abgestimmt sind. Diese Häuser sind ästhetisch, da das Haus die Form gefunden hat. Ich will jetzt aber nicht Bauernhäuser kopieren, sondern diese Findung aus einem gewachsenen Umfeld aufnehmen.“

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Haus Fischbachtal Planung 1999 - 2002 Fertigstellung 2002 Im Dorfkern einer Gemeinde im hessischen Odenwald entstand ein Wohnhaus an einem Bachlauf. Ein Ensemble aus Eingangs- und Arbeitstrakt, Wintergarten sowie Wohn- und Kochbereich gruppiert sich ebenerdig um einen Gartenhof. Schlafbereich und Bad befinden sich auf der oberen Ebene unter dem Steildach. Ein Pflanzwasserbecken bildet den Mittelpunkt des Hauses. Das Haus verfügt über eine Erdwärmepumpe, eine Solaranlage zur Warmwasserbereitung sowie über eine kontrollierte Be- und Entlüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung und einen Erdkanal.


Diese subtile Herangehensweise erfordert eine starke Auseinandersetzung mit dem Bauherren und der Diskussion zum Teil konträrer Vorschläge. Dieser zeitintensive Ansatz wird auch von ihren Bauherren abverlangt, um dem Grundsatz gerecht zu werden, ein Haus noch in 50 Jahren sehen zu können. Die Reduktion aufs Wesentliche in Kombination mit Qualitäten, die erst auf den zweiten Blick erkennbar werden, prägen zwar die Bauten der beiden Architekten, doch sind sie sich bewusst, daß nicht die reine Schlichtheit und Reduktion der Entwürfe, der Grund für ihre Qualität ist, sondern die Kombination aus Architektur und Innenarchitektur, welche Räume schaffen, die Bestand haben. Das Ziel ist immer eine Einfachheit zu erreichen, die eine Tiefe hat, ohne austauschbar und reizarm zu wirken. Bedingt durch unterschiedliche Einflüsse, würde ein Projekt schnell überfrachtet wirken. Den Mut auch einen Schritt zurückzugehen und das völlige Verwerfen von Ideen gehört zum Arbeitsprozeß. Einen Schritt vorwärts und zwei zurück – und beim nächsten Ansatz drei Schritte vorwärts und nur einen zurück. Die Summe muß aber stets positiv sein, sprich: es müssen Schritte vorwärts gegangen werden. Die intensive Auseinandersetzung mit der MenschArchitektur Beziehung ist geprägt durch die Betrachtungsweise des amerikanischen Architekten Richard Neutra. Stephan Eberding lebte in einem Haus

des wegweisenden Architekten und setzte sich intensiv mit seiner Gedankenwelt auseinander. „Anfangs war mir diese Architektur befremdlich, doch es verhält sich wie mit klassischer Musik. Erst nach genauer Einarbeitung offenbaren sich die Nuancen und die Qualitäten eines Werkes. Nicht die erste Schönheit, sondern die zweite Betrachtung ist entscheidend“. Ihr neuestes fertiggestelltes Projekt, ist ein Ensemble aus Eingangs- und Wohntrakt, sowie Wohn- und Kochbereich, die sich ebenerdig um einen Gartenhof gruppieren. Dieses Haus in Fischbachtal, das sich an einen Bachlauf schmiegt, nimmt nicht die kompakte und blockige Bauweise des Hauses in Riederich auf, sondern wirkt eigenständig und nicht vergleichbar mit diesem Entwurf. Aber nur auf den ersten Blick. Neben Reduziertheit finden sich auch hier innenarchitektonische Lösungen, die mit dem Gesamtentwurf korrespondieren. Neben soviel Akribie gehört das Loslassen und das Entlassen in die Selbständigkeit dazu. Ansonsten würden sich Stephan und Stefanie Eberding bei privaten Wohnprojekten schnell in Gefahr begeben, Bilder für die Wände, sowie die Möbel auszusuchen und sich in einem Geflecht aus benutzertypischen Vorlieben und gesamtkonzeptionellem Ansatz verlieren. „Man gibt die Hülle und diese muss durch den Besitzer belebt werden.

Das Ziel ist, eine Qualität zu schaffen,

die auch eventuelle Geschmacklosigkeiten verkraftet“, so Stefanie Eberding.

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Hahnenkammschule in Alzenau

Das helle Farbkonzept fördert die Lern-und Konzentrationsfähigkeit.

Die Anlage reagiert maßstäblich auf das kleinteilige Wohnumfeld und hält angemessenen Abstand zur umliegenden Bebauung.

Das aktuelle, von öffentlicher Hand getragene Projekt „Hahnenkammschule“ – eine Schule für individuelle Lernförderung – liegt in der Stadt Alzenau, mitten im Grünen mit Blickbezug zur Burg. Sie bezieht sowohl das äußere Erscheinungsbild als auch die innere Gestaltung mit ein. Dies bedeutet, daß von der ersten Planung bis zur Schulkreide, alles bezugsfertig abgegeben wird. Diese Schule in Alzenau bildet einen Y-förmigen Baukörper mit drei Außenbereichen: den Eingangshof, den Werkhof und den Pausenhof. Das Gebäude setzt sich aus drei Schultypen zusammen, der Grundschule, der Hauptschule und der Erziehungsschule. Die zentrale Halle und die Außenanlagen binden


die Flügel ein. Die Anlage reagiert maßstäblich auf das kleinteilige Wohnumfeld und hält angemessenen Abstand zur umliegenden Bebauung. Die Halle, das Herz der Hahnenkammschule, dient als Klimapuffer zwischen Innen und Außen und ist integrativer Bestandteil einer natürlichen Klimatisierung, die es gestattet, die Klassenräume je nach Jahreszeit mit vorgewärmter oder – gekühlter Frischluft zu versorgen. Helle freundliche Farben fördern die Lern- und Konzentrationsfähigkeit. Nachvollziehbare Kreisläufe (Jahreszeiten, Sonnenstand, Witterung) nehmen die Kinder über Elemente wie die Freiklassen oder das Regenwasserbecken wahr. So können sie leicht Bezüge zu ihrem Umfeld entwickeln.

Neubau einer Schule für individuelle Lernförderung Wettbewerb (1. Preis) 1997 Planungsbeginn 1998 Baubeginn Herbst 2000 Fertigstellung Januar 2003 Bauherr Landkreis Aschaffenburg

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1 kurt weidemann

datum

2002

Titel

signatur | foto

Weshalb läßt sich unsere Not so schlecht wenden?

Das Unangenehme am Neuen ist, daß es neu ist. Das Neue macht zunächst ängstlich, macht unsicher. Das Neue verlangt womöglich, Gewohntes abzulegen, Gekonntes zu vergessen, verlangt neues Denken. Lieber richten wir uns mit unseren Notständen, mit unseren Not-Zuständen ein, als daß wir sie wenden. Wir kennen die Redewendungen: „So ist das nun mal“, „Da läßt sich nichts ändern“, „Damit müssen wir leben“, Das war schon immer so“. Das ist eine resignative Haltung. In kreativen Berufen macht das mutlos. Auf die Dauer ist das tödlich. Das amerikanische Prinzip des Handelns über trial and error (Versuch und Irrtum) an das Neue zu gelangen, greift bei uns nicht. Fehler darf man nicht machen, Irrtümer nicht korrigieren. Dabei bewegt sich der Fortschritt allerdings auf schmaler Bahn. Die ständigen Rufe nach Kreativität und Innovation verhallen vor der Wand der Bedenkenträger. Die Folge: Unsicherheit und Unentschlossenheit bremsen bis zum Stillstand. In den gestaltenden Berufen gehen Informationen, verbale und nonverbale – nicht wie in den meisten anderen Berufen – vom Mund zum Ohr, sondern häufiger vom Auge ins Herz, in die Seele. Oder in den Bauch. Der Verstand wird oft erst hinterher als Kontrollorgan eingesetzt. Deshalb sind Anblick, Anschauung und Voraussicht die Kriterien des Qualitätsbewußtseins und Urteilsvermögens. Prozesse des langsamen und gründlichen Denkens haben gelegentlich zur Weisheit geführt. Aber selten zu Veränderungen. Das Sprichwort „Dieweil die Weisen grübeln, stürmen die Dummen die Festung“ hat seine Gültigkeit bewahrt. In Zeiten rascher Veränderungen und großer Unausgeglichenheiten haben wir Weisheit durch Cleverneß ersetzt und weggekürzt. Der Gerissene und Listige nimmt fix seinen Vorteil wahr. Der Schnäppchenjäger braucht keine Schonzeiten zu beachten, das macht ihn so raffig. Und oft hat er dafür einen voll funktionierenden Antrieb: Den Neid, die Chance, was andere geschafft – oder besser angeschafft – haben, selbst auch zu erreichen. Wir bilden uns zwar ein, andauernd im Streß, gehetzt und überfordert zu sein, aber die Elbe hat uns – unter unserer freundlichen Begradigungshilfe – mit zwei Metern Fortschritt pro Sekunde beigebracht, was Tempo ist und was als Reaktionsgeschwindigkeit von uns verlangt wird. Wir bleiben aber immer noch gründlich und bürokratisch, weitschweifig und wortreich: Wir haben den scharfen Blick für das Unwesentliche. In den gestaltenden Berufen glaubt man, den Notwendigkeiten am besten zu entkommen, wenn man dem Prinzip „Selbstverwirklichung“ folgt. Wenn man sich dem Leistungsdruck, den gesellschaftlichen Zwängen, den familiären Bindungen, notfalls auch der Moral, entzieht, aus dem Weg geht. Wenn man sein Selbst, seine Interessen, seine Gefühle erforscht und erfüllt. Wenn man jenseits von Gut und Böse, von dem, was erlaubt oder verboten ist, herumlaviert. Leider werden die Risiken und Nebenwirkungen dieses Selbstverwirklichungstriebes nicht bedacht. Selbstverwirklichung fördert den rückhaltlosen, rücksichtslosen Egoismus, die Maßlosigkeit, Launenhaftigkeit und Eitelkeit. Nicht jeder kann seine Talente entfalten, wenn keine Anlagen dafür vorhanden sind. Die Nabelschau entfremdet, macht handlungsunfähig, selbstfixiert. Die Not ist nicht wendig genug, um diesen Risiken und Nebenwirkungen Einhalt zu gebieten und ihre Entfaltung zu verhindern. Wir haben Grund genug, etwas gelassener unser Schicksal zu handhaben. Dabei reicht ein Zufriedensein mit seinem Dasein und Hiersein bereits aus, um Vertrauen und Selbstsicherheit zu gewinnen, um dem Notwendigen die Not zu wenden. Aber das scheint uns wohl zu selbstverständlich.


2 kurt weidemann

datum

2002

Titel

signatur

Weshalb läßt sich unsere Not so schlecht wenden?

Was uns von anderen Säugetieren unterscheidet, ist die Tatsache, daß wir uns unserer Gegenwart bewußt sind, über unsere Vergangenheit etwas wissen und unsere Zukunft zu erforschen versuchen. „Voraussagen zu treffen, ist schwierig“, meint Herr Chirac, „besonders wenn sie die Zukunft betreffen.“ Mit solchen Weisheiten kann man französischer Staats-Präsident werden. Das Image der Politiker, der Regierenden, hat weltweit erschreckende Defizite. Einen Gefallen tun sie uns ständig: Sie decken unseren Bedarf an Spott, Schadenfreude und Verachtung gut ab. Kreative und Innovative sind nicht handzahm und nicht vorauseilend abrufbereit. Nur das Mittelmaß ist ständig in Hochform und die Dummen sind ständig geistesgegenwärtig. Begriffe wie Treu und Glauben, Sitte und Moral, Gott und Güte findet man allenfalls noch als Kreuzstichmuster auf den Sofakissen der Urgroßeltern. Diese Tugenden kann man leicht abtun mit der Begründung, daß Konventionen es an sich haben, in die Erstarrung, in den Stillstand zu führen. Kreativität, Innovationsfreude, Mut, sind überall gefordert in einer Zeit, in der die Angst die höchsten Wachstumsraten hat. Wie sollen auch Recht und Gleichheit noch gewahrt werden, wenn ein Handwerker, der pleite geht, mit Haus und Hof, Weib und Kind haftet, während ein Vorstand, der ein Unternehmen an die Wand fährt, noch die Kasse plündert und sich mit selbstgefüllten Geldkoffern auf seine Finka in Mallorca zurückzieht. Die selektive Wahrnehmung verengt sich auf die Rettung der eigenen Haut: Beim Handwerker genauso wie beim Manager. Nur, die Verhältnisse erlauben dem einen nichts und dem anderen alles. Rechtsstaat und Gleichberechtigung sind dann nur noch Papiertiger. Das ist nicht nur unappetitlich, sondern zum Kotzen. Mitarbeiter, Kunden und Lieferanten sind nicht dreierlei Sorte Mensch, die man entweder zuvorkommend oder beflissen oder hochnäsig behandelt. Der Mensch – ist als wer oder was auch immer – zuerst ein Mensch. Wenn ich in einem Unternehmen, noch dazu eines, in dem das Mobbing in voller Blüte steht, den Satz höre: „Bei uns steht der Mensch im Mittelpunkt“, dann entsichere ich meine Kalaschnikow. Der Mensch ist ein Mängelwesen. Ihm fehlt das Fell, um zu überwintern, die Laufkraft, um fliehen zu können und die Kampfkraft, um überleben zu können. Die Instinkte sind im Nichtgebrauch entschlummert, verkümmert. Was ihn schützt und stützt und ihm nützt: Es wird ihm alles angeboten und zugebracht. Er ist rundum versorgt und so abhängig wie nie zuvor. Ein Berater ist nur so gut wie die Wahrheit, die er nicht gesagt bekommt, sondern die er selbst findet. Der frühere Utopist lebt heute in der virtual reality: Was er sich früher vorstellen aber noch nicht herstellen und gebrauchen konnte, kann er heute herstellen, aber er weiß nicht mehr, wofür er es gebrauchen soll. Mit dem Eintritt in das elektronische Millennium hat sich gewaltig viel mehr geändert als nur das Datum. Die Zerlegung der Welt und ihrer Schöpfungsgeschichte in ihre Komponenten und Mikrodetails führt zu Veränderungen mit unabsehbaren Folgen. Je kleiner und schneller die Instrumentarien werden, desto leistungsfähiger und umfassender werden sie. Wenn man heute unter einer Nadelspitze ein Gebirge von Daten unterbringen kann, müssen wir uns darüber im Klaren sein, daß unser Wissen immer weiter zurückbleibt, daß wir von immer mehr immer weniger wissen. Das jeweils neueste Wissen hält uns sein Verfalldatum bereits entgegen. Wer 20 Jahre Falschgemachtes als Erfahrung verkauft, ist dann schlimmer, als nur ein Störfaktor. Er gehört in die Leichtlohngruppen des Denkbetriebes. Die Wirtschaft läßt sich von der Politik nichts mehr sagen. Unsere Großkonzerne haben Jahresumsätze, die den Haushalten mittlerer europäischer Staaten entsprechen. Sie sind Selbstversorger und Selbstentscheider. Der Haifischkapitalismus kennt in der Vernichtung von Geld und Arbeitsplätzen kein Bedauern. Gewissensbisse kann es dort nicht

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geben, wo kein Gewissen vorhanden ist. Treue und Vertrauen wechseln wie der Wetterbericht. Wenn man jemandem in den Rücken fallen will, muß man zunächst erst einmal hinter ihm stehen. Unser Sprachgebrauch verrät unsere Unaufrichtigkeit. Ein paar unfallfrei über die Bühne gebrachte Sätze, die nicht gerade mit Umsatz oder Gewinn zu tun haben, werden gleich als „Unternehmensphilosophie“ geadelt. Was hat ein im Konkurrenzkampf stehendes Unternehmen mit Weisheitsliebe (= Philosophie) zu tun? Aber die „Unternehmensphilosophie“ gehört nun mal zur „Unternehmenskultur“. Und Kultur ist alles: Angebotskultur, Präsentationskultur, Produktkultur, Informationskultur, selbst im Streit bewahrt man sich noch seine Kultur, die Streitkultur beim Hauen und Stechen. Die Worte lügen, aber sie haben einen hohen Gebrauchswert und verlieren dabei ihre Unaufrichtigkeit. „Soziale Gerechtigkeit“ sagt Wolfgang Erbe, „ist erst dann erreicht, wenn jeder das hat, was der andere nicht hat.“ Und wenn jeder nicht mehr versteht, was der andere sagt, darf man noch ergänzen. Beim Turmbau zu Babel begann, was heute noch gilt. Der Herr sprach: „Siehe ein Volk sind sie und eine Sprache haben sie alle, und dies ist erst der Anfang ihres Tuns. Jetzt wird ihnen nichts mehr unmöglich sein.“ Dann fährt er aber fort zu sagen, was heute erst recht gilt: „Laßt uns herabfahren und dort ihre Sprache verwirren, daß sie einer des anderen Sprache nicht mehr verstehen.“ Das ist eine Aufgabe und Herausforderung, der christlich zu begegnen wir uns bemühen, solange wir denken können. Das Wort „Glück“ ist in der Schöpfungsgeschichte nicht vorgesehen. Die babylonische Sprachverwirrung besteht aber noch. Nicht selten sogar zwischen den Generationen gleicher Zunge. John Adams (1735 – 1828) war der zweite Präsident der Vereinigten Staaten, Farmersohn, Philosoph, Rechtsanwalt, Schriftsteller und General in den Unabhängigkeitskriegen. Er schrieb 1780 in einem Brief an seine Frau: „Ich muß Politik und Kriegsgeschichte studieren, damit meine Söhne die Freiheit haben, Mathematik und Philosophie zu studieren. Sie sollen Mathematik und Philosophie, Geographie, Naturgeschichte und Schiffbau, Navigation, Handel und Landwirtschaft studieren, damit ihre Kinder das Recht haben, Malerei, Poesie, Musik, Architektur, Bildhauerei, Weberei und Porzellanmanufaktur studieren zu können.“ Auf der Stufe der dritten Generation sind wir auch nach über zweihundert Jahren noch nicht angekommen. Die künstlerischen Berufe stehen nicht im Mittelpunkt dieser Welt, sondern führen ein existenzbedrohtes Randdasein auf dem Rand einer immer schneller rotierenden Scheibe. Die Design-Berufe und Design-Interessierten würden mit unter fünf Prozent der Stimmen in keinem Parlament Sitz und Stimme bekommen. Das Werken mit der Hand verkommt. Einige Hundert Vasenformen kann ich mir kurzfristig auf dem Computer herunterladen. Der an der Töpferscheibe geschulte Formensinn ist verlorengegangen. Ein Viertel der über 200 Knochen, die unseren Körper aufrecht und in Bewegung halten, sind allein in den Händen untergebracht: genau sind es 54. Sie benötigen etwa ein Drittel unserer Gehirnmasse, um all das zu erschaffen, was von der Schöpfungsgeschichte aus ihrer Kreativabteilung in die Welt gesetzt worden ist. Um sogar noch Spaß an ihrem Gebrauch zu finden: Was ein Zauberkünstler, ein Bildhauer, Teppichknüpfer, ein Schönschreibkünstler oder ein Zahnarzt mit diesen 54 Knochen zustande bringt. Diese Unermüdlichkeit hält an bis zum Grab, solange Auge und Gehirn noch sehen, steuern und kontrollieren können, was zu vollbringen ist. Nun legen wir diese Fähigkeiten und Tätigkeiten immer mehr brach. Die Hand rutscht mit zusammengewachsenen Fingern über der Maus hin und her, tastet Schalter, die in der Lage sind, Wasser, Erde, Feuer und Luft per Tasten in


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2002

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Weshalb läßt sich unsere Not so schlecht wenden?

unserer Dienste zu stellen. Oder diesen Erdball ins Universum zu sprengen. Für die miniaturisierten elektronischen Gerätschaften sind die Hände zu klobig, die Stimme muß mehr und mehr als Kommandozentrale ihre Manipulationen übernehmen. Das für die Funktionen der Hand befehligende Gehirndrittel wird nicht veröden, sondern Aufgaben übernehmen, von denen wir noch nichts wissen und für Befähigungen, die wir noch nicht kennen. Was uns aber nachdenklich machen sollte, ist die immer weiter voneinander abweichende Geschwindigkeit, mit der einerseits wissenschaftlich-technologische Entwicklungen vorangetrieben werden; und andererseits die Beharrung des Menschen in seinen schöpfungsgeschichtlichen Anlagen und Möglichkeiten. Programme können die Initiative beleben, Zeit für ein Leben aus erster Hand zu gewinnen. Nur meistens wird das nicht genutzt: Jede Erfindung kann an der Möglichkeit ihres Mißbrauchs in Frage gestellt werden. Ein Hammer kann nicht nur einen Nagel einschlagen, sondern auch einen Schädel. Millionen Computer können in Stunden lahmgelegt werden. Brauchen moderne Technologien einen Sicherheitsstaat? Einige Hundertmillionen Internetbenutzer bedienen sich der offensichtlichen Vorteile dieses Netzes, sonst würde ihre urknallartige Ausbreitung nicht das Vielfache unserer Geburtenrate betragen. Man kann aber auch lernen, Bomben zu basteln oder Terrorgruppen zu vernetzen. Eine gegebene Freiheit hat aber immer auch ihren Mißbrauch im Gefolge. Die phantastischen elektronischen Geräte und Möglichkeiten sind weder gut noch böse. Sie können nur das, wozu der Mensch sie gemacht hat, wozu er sie anstiftet und was er ihnen gebietet. Das allerdings kann gut und kann auch böse sein. Anonymität und absolute Freiheit rufen die Fischer im Trüben und andere Unlichtgestalten auf den Plan. „Was einst wir aus der Ethik nahmen“, sagt ein moderner Sinnspruch, „macht heut‘ die Kypernetik. – Amen.“ Eine neue Denk- und Annäherungsweise an unsere Arbeit bedarf nicht nur einer höheren Intelligenz, sondern auch der Ausbildung einer Haltung, eines Sinn- und Wertebewußtseins gegenüber unserem Tun und Wollen. Unsere Gesellschaft bietet diesen Notwendigkeiten gegenüber keine überzeugenden Ansätze. Auch wenn wir Dienstleister sind, brauchen wir den Mut für das Machbare und Sinn für das Denkbare, brauchen wir Überzeugungskraft und Überzeugungstäterschaft, brauchen wir Kreativität, keine gelegentliche, vagabundierende sondern eine abrufbereite, verfügbare, sinnstiftende. Und keine Resignation. In einer Gesellschaft, die von allem nur den Preis und von nichts den Wert kennt, in der die Wertschöpfungskette nur aus Umsatz und Gewinn ihren Wert bezieht, in der ein Kollege nur als Konkurrent angesehen wird, in dieser Gesellschaft bleiben viele schwach und ängstlich, schlimmerenfalls feige und verlogen. Kaum sagt noch jemand etwas auf die Gefahr hin, daß es so verstanden wird, wie es gemeint ist. Die Designberufe sind nicht dazu angetan und auch nicht so besetzt, daß sie einen „Ruck durch die Republik“ auslösen können. Wenn es gilt, Not und Nöte zu wenden, geht es nicht um die beliebten Prognosen, mit denen man problemlos Schrecken verbreiten kann. Klimakatastrophe, Waldsterben, Ozonloch, Eiszeit oder Abschmelzen der Polkappen, das scheint unabwendbar. Alkohol, Zigaretten und Benzinpreise füllen die Staatskasse. Das macht manchen überfressenen und bewegungsfaulen Bürger übellaunig. Zu keiner Zeit seiner Geschichte waren ein gewisser Wohlstand und eine garantierte Meinungsfreiheit den Deutschen so beschert wie jetzt und heute. Nie war es leichter, Freiheit durch Mut zu korrigieren.

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Wenn das Gerberviertel in Stuttgart Brooklyn wäre, hätte Wayne Wang sicherlich seinen Film „Blue in the Face“ nicht in Auggie Wrens Zigarrenladen „Cigar Company“ gedreht, sondern in dem kleinen Brillenladen an der Ecke. Gemeinsam mit dem Zigarrenladen aus dem Film hat die sichtbar die Unverkrampftheit und den Charme eines Treffpunktes, in dem alle Protagonisten den gleichen Stellenwert haben und alle zu Hauptdarstellern werden. In der sichtbar treffen sich Leute, die mit ihren Besitzern Hans und Angela Schneider rund ums Thema Brille philosophieren wollen und dabei oft diese eigentliche Idee verwerfen. Das sich gesetzte Drehbuch wird unweigerlich erweitert und der eigentliche Besuch wird durch kurzweilige Themen aufgelockert.


Brillen, Tabakwaren und Sartre.

Der Schauplatz sichtbar ist Mittelpunkt eines Mikrokosmos, wo man sich trifft – aber der Gedanke des Gesehenwerdens nicht im Vordergrund steht und wo Qualität und Service entscheidend ist. Zwar ist das Gerberviertel nicht Brooklyn, die „Cigar Company“ kein Optiker und Auggie Wren nicht Hans Schneider. Doch wie im Film laufen auch hier viele Fäden zusammen und das Konzept ist unkonventionell. Brille wird hier nicht als Konsumartikel verstanden. Auch nicht als das, was man landläufig als Brille betrachtet. Das Zelebrieren von unterschiedlichen Produktphilosophien und individueller Beratung sind die Hauptaugenmerke von der sichtbar. „Eine Brille muß in Formgestaltung, Qualität und der Farbgebung ästhetisch und intelligent gelöst sein“, so Hans Schneider. Scharfkantige und unhaptische Stücke werden nicht in das Portfolio aufgenommen. Auch nicht gesamte Kollektionen bekannter Marken, sondern nur einzelne Exemplare und kleine Hersteller finden den Weg in den Laden. „Boutique“, „nobel“, und „exquisit“ sind vielleicht die falschen Wörter, da das affektierte Brimborium und die unterkühlte Atmosphäre, die man mit solchen Begriffen verbindet, fehlen. Es ist eher vergleichbar mit einem Zigarrenladen und einem Zigarettenautomaten.

Das Ware-gegen-Geld Prinzip ohne Eingehen auf die Person und persönliche Vorlieben sind nicht die Herangehensweisen von dem kleinen Laden an der Ecke. Dabei wird aber kein Seelenstriptease verlangt. Vielmehr ist das unverkrampfte Gespräch, jenseits vom aufgesetzten, einstudiertem Verkaufsgespräch die Basis für guten Sevice. „Mit einer Brille muß man sich wohlfühlen. Da eine Brille das als erstes wahrgenommenes Accessoire an einem Menschen ist, muss sie zu der eigenen Persönlichkeit unabhängig von Modeströmungen passen,“ erkärt Hans Schneider. Eine Brille darf nicht verkleiden, sondern ist oft eine Spiegelung einer inneren Haltung, wie z.B. schwarzumrandete Brillen mit eckigen Formen, die das Klischee der Existentialisten bedienen. Es ist aber nicht so, dass Hans Schneider jedem der sich von Gott verlassen fühlt und die Verantwortung für sein eigenes Sein trägt, eine Sartre-Brille empfiehlt. Nicht ganz so philosophisch ist der Umgang mit dem Gut „Brille“ und seinem zukünftigen Träger. Eher der Einklang von Typus, Qualität, und zufriedener Kundschaft. Dass dabei aber eine gewisse Philosophie zum Tragen kommt, ist erkennbar. Man könnte Sartre zitieren und Hans und Angela Schneiders Denken so ausdrücken:

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„Das Tragen der Verantwortung für das Sein beinhaltet zugleich die Verantwortung für das Sein des Anderen“. Wie gesagt: Man könnte... wenn man dadurch nicht gleich eine ganze Lawine weiterer Fragen aufwerfen würde. Um aber den Konjunktiv zu verlassen und sich nicht auf das Glatteis philosophischer Vergleiche zu begeben, sind die Tatsachen der per-

sönlichen Beratung, der Auswahl und des Wohlfühlfaktors in der sichtbar viel entscheidender. Eins ist aber sicher: Wenn Auggie Wren, der Tabakwarenbesitzer aus Brooklyn, eine Brille bräuchte, würde er mit Lou Reed zusammen in der sichtbar bei einer guten Zigarre über Sartre, Existentialismus und dem Bezug zu Brillen philosophieren.



CRUISEN by Stefan Strauß Photography for 910 by Jürgen Altmann Assistenz: Tom Mennemann | Katrin Gruber Styling: Julia Kessel Make up: Stefanie Trenz c/o spirit

Ein etwas persönlicherer Zug durch die Vergangenheit der erfolgrei chen Stuttgarter HipHop-Posse „Massive Töne“




Als wir uns zum Gespräch über die Massiven Töne verabredeten, ging es zunächst eine Weile ratlos hin und her, schließlich schlug Schowi das Locanda vor. „Damit sind meine Jungs auch down“, meinte er. Jean Christoph – „Schowi“ und Joao – „Ju“ kommen allein, Alex – „DJ Fünfter Ton“ muss renovieren! Das Locanda, ein kleines italienisches Lokal, ist für viele Stuttgarter MCs und DJs eine Institution. „Damit sind meine Jungs auch down!“ Dieser Satz geistert mir seither durch den Kopf. Ein Klassiker unter den HipHop Termini! Und dennoch fällt er nur noch selten. HipHop war in den USA eine Minderheitenmusik. So war es anfangs auch in Deutschland, „Es war das Ding der Ausländer“, erklärt Schowi, „denn HipHop ist universell, das kann jeder machen und man tat und tut etwas Gemeinsames über kulturelle und geistige Unterschiede hinweg“. Seit Mitte der 90er ist deutscher HipHop sehr populär. Die große HipHop Welle ist seither wie ein Tsunami über das Land geschwappt, hat vieles nach oben gespült und nun die große Krise hinterlassen – behaupten viele! Vor allem die Pop-Medien, trittbrettfahrende Nutznießer und eine kränkelnde Musikindustrie.“Das stimmt einfach nicht“, so Schowi, „es gibt keine Krise, nur der Hype ist vorbei!“ Es ist etwas ruhiger geworden um den deutschen HipHop. Und dennoch kommen regelmäßig gute oder gar herausragende Produktionen auf den Markt. Meist von den üblichen Verdächtigen. Eben jenen, die schon sehr früh dabei waren und seit jeher Wert auf Eigenständigkeit und Qualität legten. Früh dabei waren die Massiven Töne sowieso! Aber sie hatten anfangs schwer zu kämpfen: Als Stuttgarter mussten sie gegen das Pop-Image ankämpfen, das der Erfolg der Fanta 4 in den Köpfen der anderen deutschen MCs, DJs und Fans hervorrief, da musste um jeden Funken Anerkennung doppelt gekämpft werden. Aber es war Ju, Alex, Schowi und Wasi sehr ernst! Ihr erstes Album, „Kopfnicker“, ist anerkanntermaßen ein Meilenstein des deutschen HipHop und ist bis heute rund 40.000 Mal verkauft worden. Ohne Major-Deal wohlgemerkt! Alles Homegrown! „1995, mit der ersten deutschen Welle, wollten uns alle großen deutschen Majors signen – als Fanta-Klon! Da zogen wir nicht mit“, erläutert Schowi den Alleingang und ergänzt ironisch: „In der Zeit haben wir jede Menge Restaurants in Stuttgart kennen gelernt!“ Heute sind sie bei EastWest, mit denen der Kontakt von Anfang an offen, freundschaftlich und fair war. Für die meisten Plattenfirmen zählt damals wie heute der schnelle Erfolg.

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Für Schowi eine der Ursachen für die großen Probleme der deutschen Plattenindustrie: „Der deutsche Markt ist ein Single Markt. Alben werden zwar herausgebracht und damit wird eigentlich auch das Geld verdient, aber die Industrie im Land geht lieber einen risikoarmen Weg – erst eine Single, wenn die erfolgreich war, schnell eine hinterher schieben, dann das Album.“ Ju nickt: „Hier werden Künstler nicht in Ruhe aufgebaut, um langfristig mit Ihnen erfolgreich zu sein.“ Für die beiden ist dieses Problem ein hausgemachtes. Singles und Sampler brächten die schnelle Mark, aber keine längere Bindung. Hinzu kommen geändertes Freizeitverhalten und die Art und Weise der Präsentation: „Die Kids geben heute mehr Geld für Handies und PC-Spiele aus, weniger für Musik“, erläutert Schowi. Kennengelernt haben sich die Jungs förmlich auf der Straße: Ju und Schowi sind im selben Stadtviertel aufgewachsen und gemeinsam zur Schule gegangen. Alex lernten sie über einen Sprayer kennen, der in ihr Viertel zog und der ihnen zunächst einmal vernünftiges Taggen, also Graffiti sprayen, beibrachte. Wasi kannten sie von den Parties, die es seinerzeit in der Tanzschule Haag auf der Königstraße gab. Dort hingen die unterschiedlichen StadtteilPosses ab. „Da durfte niemand rein, der älter als 18 war, man musste sogar einen Ausweis zeigen, wenn Zweifel aufkamen. Das hat zu der kuriosen Situation geführt, dass Leute ihre Ausweise gefälscht haben, um sich jünger zu machen,“ erläutert Schowi. Aufgelegt hat dort seinerzeit Thomilla, heute die eine Hälfte der Turntablerocker. Im Musicland – damals DJ Friction’s Homebase kam Wasi schließlich auf sie zu und man begann gemeinsam zu Texten und Musik im Studio von Adone, einem gemeinsamen Freund, zu machen. Den ersten Auftritt gab es schließlich bei der Abschlussfeier von Ju’s Schule. Über die Namensfindung finden Ju und Schowi keine Einigkeit: „Dass war im Auto vor Wasi`s Bude“, Ju unterbricht ihn: „Nö, das war im Studio!“ So geht es eine Weile hin und her. Alex, der vielleicht für Aufklärung sorgen könnte, tapeziert lieber! Über „Agressive“ landeten sie letztendlich bei Massive Töne. Davor nannten sich Ju und Schowi jeweils JC Joy und JC Jam. Die hatten sie von ihren Initialen abgeleitet: Jóao Caiola und Jean Cristoph. Heute wird vornehmlich auf Autofahrten getextet. Sie hatten irgendwann keine Ruhe mehr im Studio, dort hingen ständig zu viele Leute ab. Mittlerweile werden die Texte auf Cruises durch Europa geschrieben. Da werden Besuche abgestattet, Kontakte zur schweizerischen und französischen Szene gepflegt und auch mal das ein oder andere Kulturdenkmal begutachtet. Keine schlechte Methode, um einen Top-5-Hit mit „Cruisen“ zu landen!


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Streife vorbeifährt. Doch Graffiti in Stuttgart bedeutet auch schweigende Ästhetik, die sich nicht durch ihre Größe definiert. Besonders neuartig sind die Werke von Sturm. Er versucht das klassische schriftorientierte Graffiti durch einen Ansatz zu ergänzen, der zuweilen über den zweidimensionalen Rahmen hinausgeht. Seine Bilder gehen eine angenehme Symbiose mit dem Untergrund ein, auf dem sie abgebildet sind. Es gibt noch viele weitere Crews und Künstler, die hier erwähnt werden müssen. Leider

WRITER: AI CREW _ LOCATION: S-BAHN (UFAPALAST)

geht es auf Grund des Platzes natürlich nicht. Alle haben jedoch eines gemein. Die krasse Verfolgung durch die Stuttgarter Polizei. Und damit sei eine weitere sehr typische Stuttgarter Eigenschaft erwähnt, denn in kaum einer anderen deutschen Großstadt ist das Polizeiaufgebot ähnlich hoch wie in der Baden-Württembergischen Landeshauptstadt. Die Verfolgung von Graffiti ist hier an einem Höhepunkt angekommen. Die hohe Polizeidichte lässt kaum Platz für Aktionen, was aus Sicht der Behörden, Senioren


und Unternehmern positiv, aus Sicht der Jugendkultur jedoch negativ ist. Denn Alternativen werden zwar angedacht, aber nicht geboten. Dieser Widerspruch zwischen „Kunst ja, Vandalismus nein“ und dem Mangel an legalen Plätzen spricht klare Worte: Graffiti als unkontrollierbare Kunstform soll klein gehalten werden. Stuttgart hat Angst vor Querdenkern, Künstlern und kritischen Köpfen, die es wagen, ihrem Protest Ausdruck zu verleihen. Egal, ob mit Dose oder Mikrofon. Graffiti in Stuttgart, das

ist immer auch Schock-Therapie für lahmende Geister. Die Menschen in New York, Paris, Berlin oder Rio sind daran gewöhnt. Dort gehören die bunten Zeichnungen und Kritzeleien bereits zum Stadtbild. Sie prägen die kulturelle Perspektive auf die Stadt und verkörpern selbst bestimmte Werte und Lebensstile. Denn schon immer war die Wand das Forum derjenigen, die nicht nach ihrer Meinung gefragt werden. Und darum wären mehr legale Wände in Stuttgart ein guter Anfang.

WRITER: UNBEKANNT

WRITER: URAN (AI / HWS CREW)

LOCATION: HALL OF FAME

LOCATION: S-BAHN (UFAPALAST)

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WRITER: STURM _ LOCATION: HALL OF FAME


Text by: Nuno Miguel Sobral Alves

Graffiti in Stuttgart, das ist die inoffizielle Kunst-Initiative zur eigenhändigen Verschönerung der Stadt. Denn Stuttgart ist bekanntlich nicht Tirana und Wolfgang Schuster nicht Edi Rama, der seit dem er Oberbürgermeister der Balkanstadt ist, versucht, der albanischen Hauptstadt mit farbenfrohen Hausfassaden ein neues, positives Antlitz zu verpassen.

Nein, Stuttgarts Philosophie ist eine andere. Da passen Farben nicht ins Konzept. Runde, mitunter auch anarchisch anmutende Formen schon gar nicht. Wie also sollte Graffiti in Stuttgart ein geeignetes Forum finden? Zugegeben, es gibt sogenannte Hall of Fames. Da wäre die Mini-Unterführung unter der Theodor-Heuss-Straße, der kleine Schlossplatz – nein, das war einmal – und seit kurzem die Hall of Fame unter der König-KarlBrücke in Bad Cannstatt. Das war’s.

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WRITER: SUMA _ LOCATION: UFAPALAST

Dabei sieht die Stadt illegale Graffiti als eines der größten zu bekämpfenden Probleme an, die laut Monica Wüllner, Geschäftsführerin der CDU-Gemeinderatsfraktion, jährlich 120.000 Euro an Kosten verursachen. „Mit diesem Geld könnten, beispielsweise im sozialen Bereich, einige zusätzliche Stellen geschaffen werden, oder aber man könnte es angesichts der schlechten Wirtschaftslage einsparen“, so Wüllner. Immerhin sieht sie ein, dass „es vielen Jugendlichen ein Bedürfnis ist, ihre Kreativität durch Graffiti-Kunst zu entfalten.“ Und darum unterstütze die Stadt auch die Bereitstellung öffentlicher Flächen. Was bei einer einzigen ernstzunehmenden Fläche in Bad Cannstatt in den Ohren aktiver Sprüher wie blanker Hohn klingen muss.

Eines wird jedoch bei der Diskussion um öffentliche Flächen häufig übersehen. Dass Graffiti in seiner ganzen Bandbreite nicht durch wenige legale Flächen kanalisiert werden kann, denn Graffiti ist nicht nur die Kunst des WAS, sondern auch die des WO und des WIE. Bestimmte Wände bedeuten bestimmte Öffentlichkeiten und letztendlich geht es dem „Writer“ auch darum, in welchem räumlichen Kontext sein „Piece“ zu sehen ist und welche Herausforderungen er beim „Bomben“ auf sich genommen hat. Für viele ist das „Tag“ an einem öffentlichen Gebäude gleichzeitig ein Faustschlag ins Gesicht des Staates, der nicht mehr in Graffiti sehen will als eine bloße Gesetzesübertretung, als Schmiererei und Beschädigung von Privateigentum.

German Fat

German Outlines

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Somit erscheint Graffiti – vor allem in Stuttgart – als Protest gegen den Unwillen, Protest überhaupt zur Kenntnis zu nehmen. Ein erstaunliches Beispiel hierfür ist die Stuttgarter C2G-Crew (Close2God). Überall in der Stadt sind die schwarz-weiß-silbernen Wide-Bombings zu sehen. Über ihren künstlerischen Wert kann man sich streiten, über ihr Ziel, Aufmerksamkeit zu erregen und, wenn möglich, eine Botschaft in die Öffentlichkeit zu tragen, jedoch nicht, wie man zum Beispiel an dem mit „Widerstand“ versehenen C2G-Tag sehen kann. Am augenscheinlichsten bei C2G scheint jedoch das Risiko zu sein, dass sie beim Sprühen eingehen. Einige Bombings sind an Stellen, an denen man es für unmöglich hält, dass nicht alle 10 Minuten eine

WRITER: C2G _ LOCATION: STUTTGART OST

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Zerschredderte DM-Scheine als Grillanzünder, Taschen aus Gummibooten, aber auch Stelton Kaffeekannen und Ingo Maurer Leuchten finden sich kombiniert mit einer großen Auswahl an Tonträgern in einer unspektakulären Lage im Gerberviertel wieder. Pünktlich zum Designers Saturday ER im Oktober feiert der Zusammenschluß von Pauls Musique und Unternehmen Form ihr einjähriges Bestehen. Das Konzept der Symbiose zwischen elektronischer Musik und Wohnaccessoires nebst Moebeln ist in Stuttgart einzigartig. Die formale Trennung ist aufgehoben und es ist nicht klar, wo Form anfängt und Musik aufhört. Einzig an den zwei getrennten Kassen wird eine Differenzierung erkennbar. Den Betreibern des „Musique Form Kollektivs“, Alex Seifried für Unternehmen Form und Tobi Ettle für Pauls Musique war diese Verschmelzung bewusst. Durch die Zusammenlegung der nach wie vor unabhängigen Labels zu einem gemeinsamen Laden ist diese ganz eigene Atmosphäre entstanden. Sag aber niemals „chillig“ oder „Lounge“, bekrätigen die Betreiber mit einem Schmunzeln. Der ursprüngliche Ansatz von Unternehmen Form war eine Plattform für Produkte zu schaffen, die sehr gut gestaltet sind, aber trotzdem bezahlbar bleiben. Diese Idee funktionierte aber nur bedingt, da der Anspruch des Klientels sehr hoch war. So wurde das Portfolio durch Newcomer mit niedrigen Stückzahlen ergänzt und mit Designklassikern abgerundet. „Wichtig ist, dass wir relativ unbekannte Produkte aus etablierten Linien vorstellen und junge Produktdesigner die ansonsten nicht in der Stadt zu finden sind.“ Nicht jung oder klassisch sind die Kriterien, um von ihm aufgenommen zu werden, sondern die Formgebung der Produkte und die Exquisität. Nachdem erste Anfragen zur räumlichen Gestaltung aufkamen, entwickelte Alex Seifried eine eigene Möbelkollektion. „Der Wunsch eines Kunden war, sein Haus aus den 50er Jahren dem Stil entsprechend einzurichten. Da ich aber Schwierigkeiten hatte, solche Möbel zu finden, die diesen Geist widerspiegeln, ohne lediglich ein Replikat der Zeit zu sein und den heutigen Zeitgeist aufnehmen, war es die logische Konsequenz eine eigene Linie zu entwerfen.“ Die Kollektion „ U N T E R N E H M E N F O R M M O D U L S Y S T E M E “ bezieht ihre Proportionen, völlig untypisch für die 50er jahre, aus dem Microsoft Programm Excel. Der Excel Freak erkannte eines Nachts, dass die kleinste Einheit des Tabellenkalkulationsprogrammes, die Zelle, eine harmonische Proportion hat und sich für ein Sideboard ideal anbieten würde. Trotz dieses Einflusses, zitiert Seifried die Formen- und Materialsprache der 50er Jahre. „Die Zeit war extrem spannend. Es ging los mit organischen Formen und Kunststoff, aber war noch nicht so extrem wie in den 60er- und 70er Jahren. Diese Umbruchphase basierte aber noch auf der Formensprache vergangener Tage, deswegen glaube ich, dass dieser Stil das Denken heute gut widerspiegelt. Doch meine Kollektion ist ein Produkt aus heutiger Zeit, was Verarbeitungsqualität und Farbpalette angeht.“

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JAHR

D e r P l a t t e n l a d e n a m k l e i n e n S c h l o s s p l a t z , in direkter Nähe zum namentlich ähnlich klingendem Gastronomiekonzept, war mitverantwortlich für die Belebung des von den Stadtvätern in Ungnade gefallenen Platzes. Pauls Musique ist mehrfach als einer der besten Plattenläden E u r o p a s a u s g e z e i c h n e t w o r d e n . So ist es nicht weiter verwunderlich, daß diese Lokalität gern besucht wurde. In den Pre-Abriss-Zeiten wurde Pauls Musique noch von Tobi Ettle und Mischa Harrer betrieben. Mittlerweile wird Pauls Musique alleine von Tobi Ettle im Gerberviertel geleitet. „Unsere Standleitung zu Pauls Boutique war schon von Vorteil“ schwärmt Ettle, „die lümmelnde Robbenkolonie hörte den Sound und konnte ihn gleich kaufen. Aber die jetzige Geschichte mit „Musique Form Kollektiv“

pop. Zurück zu den Synergieeffekten:

Berlin das Label „No.9“ für Elektro-

von Pauls Musique „Philpot“„ und in

terlabel. Die Deephouse Division

teres eigenes Label und ein Schwes-

und Artist kümmert sich um ein wei-

duktionen geplant. Der DJ, Produzent

gab, sind für die Zukunft weitere Pro-

Jahr keine Neuerscheinungen mehr

träger veröffentlicht. Obwohl es ein

Recordings“. Bis dato sind 20 Ton-

lität des Labels „Pauls Boutique

Sampler ist auch Garant für die Qua-

Ettle aka BlackTrane aka Jaeger &

hat sehr viele Synergieffekte.“ Tobi

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Excel Tabellen und Robbenkolonien.

Geplant sind im Musique Form Kollektiv die Entwicklung eines Hi-Fi Möbelsystems, jenseits von herkömmlichen Boxen. Wie man sich so etwas vorstellen kann, ist zwar den Betreibern noch unklar, aber die Kombination aus Musik und Möbel soll stärker manifestiert werden. Zudem soll es eine stärkere Ausrichtung im Gastronomiebereich geben, um die Wohnzimmeratmosphäre zu verstärken, sprich „Musique Form Kollektiv“ soll „chilliger“ und „loungiger“ werden. Auch wenn man dies nicht sagen darf.

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