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Stuhlpatenschaften im CasaBlanca Kino
Startschuss für StuhlPatenschaften
Das CasaBlanca in Bad Soden leuchtet bald samtrot
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Eine Bilanz in Corona-Zeiten hat bei Kinos derzeit Seltenheitswert. Am 1. Juli 2021 (neu) eröffnet, jammert das Bad Sodener »CasaBlanca Art House« nicht über Besucherzahlen – die sind in der Tat stabil – sondern investiert aus eigener Kraft in die Zukunft. Nämlich in neue Kinosessel. Die Bestuhlung im »CasaBlanca« (früher KULT Kinobar und davor KurTheater) ist über 40 Jahre alt, nicht wenige Sessel sind mittlerweile arg zerschlissen. Die bei den Kinogästen beliebten Zweiersitze (Modell Pop Club vom französischen Hersteller Quinette Gallay) gibt es nicht mehr am Markt. Das Kinoteam hat einige Zeit damit verbracht, Angebote und fachmännischen Rat einzuholen. Bis zu einem möglichen Fördertermin dauert es aber noch. So lange aber wollten Javier Lozano, Irene Bräuninger und Alf Mayer nicht mehr warten. Deshalb gab es vor Weihnachten den Startschuss für Stuhl-Patenschaften – mitten in der Pandemie. Die alten Sessel werden neu aufgepolstert und dann im Samt-Rot der »Lichtburg« in Essen bezogen, Deutschlands schönstem Kino. Mehr als 50 Stuhlpaten à 350 Euro sind bereits gefunden – wer noch dabei sein will, am besten schnell eine Mail an:
info@casablanca-badsoden.de www.casablanca-badsoden.de
für Frankfurt und Rhein-Main
D A S K U L T U R M A G A Z I N verlosung
303
Als der Spielfilm von Hans Weingartner im Sommer 2018 in die Kinos kam, stand im STRANDGUT eine begeisterte Kritik. »Was für ein Film!« hieß es da. »145 Minuten sind eine lange Zeit im Kino. Doch hier, in diesem Film, gibt es keine überflüssige Minute.« Die Geschichte von den zwei jungen Menschen, die sich auf einer Fahrt in den Süden kennenlernen, ist so fszinierend, dass aus dem überlangen Film eine Miniserie von 215 Minuten entstanden ist.
Wir verlosen in Zusammenarbeit mit ALAMODE 3 Exemplare der DVD-Box, die die Serie mit diversen Extras enthält und bereits im Handel ist. Schreiben Sie uns eine E-Mail mit Ihrer Adresse und dem Kennwort »303« an verlosungen@strandgut.de. Einsendeschluss ist am 13.1.2022.
Überlebenskampf in Marseille
»Gloria Mundi« von Robert Guédiguian
Das nennt man wohl einen Teufelskreis. Ein Kind wird geboren, in einer Familie in Marseille, genauer im prekären Post-Arbeiterviertel von Estaque, dessen Mitglieder sich im beständigen Kampf ums Überleben befinden, als Busfahrer, Reinigungskraft für die Kreuzfahrtschiffe, die hier Station machen, als Uber-Kurier, Verkäuferin oder mit einem Laden, in dem die Ärmsten noch den Rest ihrer spärlichen Habe zu Geld machen. »Toutcash« heißt dieser Laden, und das ist ein ebenso treffender wie furchtbarer Name.
In dieser Welt kann jede Störung zur Katastrophe werden. Ein Streik gegen die sklavenähnlichen Arbeitsbedingungen, erboste Taxifahrer, die ihrem unliebsamen Konkurrenten den Arm brechen, ein Ladendiebstahl, eine Polizeistreife, die den Wagenlenker beim Telefonieren erwischt. Und natürlich die Geburt eines Kindes, das den schönen Namen Gloria erhält. Und schwerlich vom Hervorscheinen einer besseren Welt erfasst werden kann. Denn rauskommen aus dieser Welt, in der man im individuellen Lebenskampf nicht mehr die Kraft zur Solidarität findet, scheint unmöglich. Die Arbeiterklasse und ihre Organisationen gibt es hier nicht mehr, das neue Prekariat besteht nur noch aus isolierten und schutzlosen Individuen, denen die wenigen Gewinner immer wieder das höhnische »Selber schuld« entgegen halten, am Ende aber ist selbst die Familie, letzter Zufluchtsort und letzte Form des sozialen Zusammenhalts, nicht mehr in der Lage, die Katastrophe aufzufangen: Die Gewalt, die sich nach innen entlädt. Denn raus aus diesen Verhältnissen kommt nur, wer es auf Kosten anderer tut. In diese Welt kehrt Daniel zurück, nach zwanzig Jahren im Gefängnis, weit weg im kalten Norden, wegen eines »dummen« Aktes der Freundschaft, in die Welt seiner ExFrau und ihres neuen Ehemannes, der Töchter und Schwiegersöhne, und am Ende wird er ins Gefängnis zurückkehren. Seit »Marius et Jeannette« (1997), wo Guédiguian das gleiche Milieu und mit Ariane Ascaride das gleiche weibliche Zentrum der Geschehnisse noch mit einer ironischen Heiterkeit beschreiben konnte, ist das Zerstörungswerk und der totale Sieg des Kapitalismus vorangeschritten. An die Stelle von Ansätzen des solidarischen Miteinander ist der gnadenlose Kampf jedes gegen jeden getreten, an die Stelle von Widerstand das Opfer. Mit dem Schließen dieses Kreises durch das letzte Mittel, das einem Menschen in der Hölle des Neoliberalismus bleibt, erfüllt sich, was ebenso als bittere Farce hätte erzählt werden können, als Tragödie. In ihr erhalten die Menschen die Würde, die ihnen ihre Gesellschaft schon abgesprochen hat. »Gloria Mundi« ist eine starke, dringliche und genaue Erzählung aus der Unterschicht von Marseille, die ganz für sich stehen kann und voller Beobachtungen am Rand ist, jede ein weiterer Beweis für die Unmenschlichkeit, an die wir uns bereits gewöhnt haben. Aber es ist zugleich auch Teil eines ›work in progress‹, eine Chronik von Zerfall und Verzweiflung, die gleich hinter den Glasfassaden der Konzernbauten und den Shopping Malls beginnen. Aneinander gereiht ergeben die Filme eine direkte und persönliche Geschichte vom Verschwinden der Hoffnung. Aber Gloria ist geboren, und ob sie eine Zukunft hat, entscheidet nicht das Kino, sondern das richtige Leben. Robert Guédiguian ist nicht nur Autor und Regisseur dieses Filmes, sondern auch Zentrum eines ungemein produktiven künstlerischen Kollektivs, das sich immer wieder mit den verheerenden Auswirkungen des Neoliberalismus auf die Menschen in aller Welt auseinandersetzt. Der nächste Film, »Mali Twist« ist bereits fertig, eine afrikanische Ergänzung und Fortsetzung von »Gloria Mundi«, wo wir einmal an einer illegalen Zeltsiedlung Geflüchteter vorbei kommen, wie eine Erinnerung daran, dass es Menschen gibt, die noch brutaler behandelt werden als die billigen Arbeitskräfte, die jederzeit ersetzt werden können. Einmal bekennt Daniel, dass er aus dem Gefängnis komme, toll, sagt ein Nordafrikaner, du als Franzose kommst wenigstens mal wieder raus. Rassismus und Faschismus gehören in »Gloria« zur Randwahrnehmung. Noch. Weitere Produktionen (nicht immer unter seiner Regie) sind von Guédiguians Kollektiv in Arbeit und Vorbereitung. Es wäre an der Zeit, diesem Filmemacher und seinen Mitstreitern eine umfassende Retrospektive zu widmen.
Georg Seeßlen
GLOria MUNDi von Robert Guédiguian, F/I 2019, 107 Min. mit Ariane Ascaride, Jean-Pierre Darroussin, Gérard Meylan, Anaïs Demoustier, Robinson Stévenin, Lola Naymark Drama Start: 13.01.2022