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Staatstheater mainz: molières »Der menschenfeind« im Filmstudio

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Den Misanthropen Alceste als einen Lonesome Cowboy sich vorzustellen, fällt nicht ganz so schwer. Diesem kompromisslosen Verfechter der Wahrhaftigkeit im Umgang miteinander aus dem Typenreservoir von Jean-Baptiste Molière ist nicht sehr viel Aussicht beschieden, jemals im Einklang sein zu dürfen mit den Verhält-

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Fakt aber ist: Regisseur Jan Friedrich hat die Handlung in das Showbusiness verlegt, in dem es vor Typen tendenziell ja wimmelt, warum also nicht auch vor Teletubbies. Dem gemächlich Platz nehmenden Publikum stellt sich die offene Bühne von Louisa Robin jedenfalls als vielteilig verschachteltes Film- oder TV-Studio dar, in dem die Akteure erst nach und nach eintreffen. Zwei Cowboys kleiden sich ein, aus dem Off erschallt: »Arsinoè, bitte zu Set 5«, noch unklar ist, wohin der mit der »maman« auf Französisch parlierende Mann mit dem Rollkoffer steuert. Reichlich spät und aufgedreht huscht denn auch, schon im Kostüm, Celimène wie ein von Sektkelch zu Sektkelch springendes Nipp-Bienchen durch die Reihen. Man kennt sich, Big Hugs und Bussi links, Bussi rechts, am Schminkspiegel, vor Scheinwerfern, Schiebewänden und Soundanlagen mit Technikern, Musikern und Kollegiat. Nur dem einen der beiden Cowboys behagt das ganze Getue nicht recht: dem kommenden Aufstandswauwau Alceste.

Auf eine Zigarette noch am Marlboro-Stehaschenbecher und das

Stück hebt, wie man es kennt, mit dem Eingangsdialog über aufrichtiges Benehmen und Etikette zwischen Alceste (Henner Momann) und seinem Freund Philinte (Daniel Mutlu) in Versform an – übrigens nach der Übersetzung von Jürgen Gosch und Wolfgang Wiens aus dem Jahr 1983. Und weiter geht es mit dem Dichter Oronte (Holger Kraft), mit dem ersten Schlagabtausch von Alceste mit Celimène (Leandra Enders), dem Buhlerzwist von Clitandre (Johannes Schmidt) und Acaste (Benjamin Kaygun) und den affektierten Auftritten von Iris Atzwangers großartiger Arsinoè. Verlagert sich das Geschehen in die Rückräume dieses Studiolabyrinths, hält uns die Live-Kamera mit projizierten Aufnahmen auf dem Laufenden. Auch wenn nichts auf der Bühne mit den Vorgaben Molières übereinstimmen mag, wird das Publikum um keine der großen und geliebten Szenen gebracht, und auch der Autor nicht verraten. Der Ball der Eitelkeiten ist schließlich immer und überall.

Mainz serviert uns ein ganz auf süffige Unterhaltung getrimmtes, gelungenes Bilderfest, das allenfalls Mikrophon-bedingt in der Textverständlichkeit Wünsche offen lässt. Sein Mainzer Debüt »Glaube Liebe Hoffnung« (Strandgut November 2021) hat der junge Regisseur jedenfalls deutlich überboten.

Winnie Geipert

Termine: 10., 16., 26. Juni, jeweils 19.30 Uhr www.staatstheater-mainz.com

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