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»Der Nussknacker« im Staatstheater Wiesbaden und im Staatstheater Mainz »Romeo ø Julia« in den Landungsbrücken
Modern Dreaming mit Marie
Darmstadt/Wiesbaden: Tim Plegges »Der nussknacker«-Choreografie kommt zurück
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Pünktlich zum Weihnachtsfest kehrt Tim Plegges Interpretation des Tanzballetts »Der Nussknacker« von Pjotr Iljitsch Tschaikowkis auf die Bühnen der beiden Staatstheater in Darmstadt und Wiesbaden zurück, jeweils live begleitet vom Staatsorchester Darmstadt unter Leitung von Johannes Zahn sowie dessen Pedant in der Landeshauptstadt unter Leitung von Christoph Stiller. Erzählt wird in der auf ein Kunstmärchen E.T.A. Hoffmanns zurückgehenden Geschichte von dem Mädchen Marie, das zum Weihnachtsfest vom Patenonkel Drosselmeier einen veritablen Nussknacker erhält und diesen fortan mitnimmt in ihren Träumen und Wunschwelten. Alltag und Projektion verschwimmen, Maries Wünsche scheinen sich zu erfüllen, bis ihre Traumwelt plötzlich in die Schieflage gerät. Tim Plegges Choreografie wirft ein neues Licht auf den bekannten Stoff. Märchenhaft-fantastische Elemente entfalten sich nun ebenso wie die dunklen Seiten und das verborgene Unterbewusstsein. Der phantasievolle Bruch mit den tradierten Bildern des Ballettklassikers drückt sich auch in einer Musik aus, die sich die Freiheit nimmt, Tschaikowskis Werk bei Bedarf einmal zu verfremden und mit jazzigen Anklängen zur Hammondorgel anzureichern. Doch selbst wenn wir die Ouvertüre erst nach der Pause hören, wird doch keine Note von Tschaikowskis wunderbarer Musik unterschlagen. Der verzückende Tanz der Schneeflocken, bei dem vielköpfig die Kinderballetts mitwirken und das Publikum dahinschmelzen lassen, Maries unheimliche Begegnung mit einem Heer von Wiedergängerinnen und der Tanz der Lumpenpuppen gehören zu den eindrucksvollsten der mit großem Kostümaufwand (Judith Adam) auf die Bühne gezauberten Bilder. Und ein riesiger dunkler Schrank zu seinen unheimlichsten. »Der Nussknacker« ist für Kinder ab acht Jahren und damit als Ereignis für die ganze Familie konzipiert.
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Termine in Darmstadt: 3., 9., 10., 18., 23., 25. Dezember zu unterschiedlichen Uhrzeiten www.staatstheater-darmstadt.de Termine in Wiesbaden: 30. Dezember, 5., 6. Januar, 19.30 Uhr; 31. Dezember 12 Uhr www.staatstheater-wiesbaden.de
Auf der Suche nach dem Optimum
Landungsbrücken: Vlasova/Pawlica zeigen »Romeo ø Julia« genderneutral
Weil die Liebe zeitlos ist, ist es auch das Schicksal von Romeo und Julia. Einen sehr eigenen tänzerischen Blick auf Shakespeares ach so sterbliches unsterbliches Liebespaar hat das Tanz- und Choreografie-Duo Katerina Vlasova/Amadeus Pawlica schon vor drei Jahren im Gallus Theater vorgestellt, jetzt nimmt es die Produktion »Romeo Ø Julia« für die Landungsbrücken mit Noemi Emanuela Martone als dritter Besetzung wieder auf. Bei den Aufführungen 2019 im Gallus Theater führten Vlasova/Pawlica lediglich Regie. Das Zeichen Ø kommt aus der Mengenlehre, bedeutet leere Menge und war in der Erstfassung eigentlich dem männlichen Part des Stücks geschuldet, der nun als bloße Projektion betrachtet wurde. Verhandelt wurden stattdessen die weiblichen Perspektiven von Julia Amme und Lady Capulet. Die anstehende Neufassung in den Landungsbrücken werde dagegen »genderneutraler« sein, heißt es. Bestehen aber bleibe die tänzerische Auseinandersetzung mit der so genannten Generation Y. Sprich: William Shakespeares Love-Story findet nicht im Verona des 14. Jahrhunderts, sondern in den Clubs von Heute statt. Kommunikation findet in dieser Welt nur noch intermedial mit dem Smart-Phone statt. Unendlicher Spaß ist angesagt und zeichnet zur Musik von Sergej Prokofjew die von Bildern Edward Hoppers und Video-Clips Jonas Lindstroems gerahmte rauschhafte Atmosphäre einer Generation, die permanent feiert, ohne recht zu wissen, was. Und die unablässig nach einem Optimum an Erleben strebt, gibt es für sie doch immer etwas, das noch begehrenswerter ist: einen besseren Club, ein besseres iPhone, den besseren Partner. »Akku drei Prozent, Aufmerksamkeitsspanne null Sekunden« – so heißt es in der Ankündigung. Vlasova/Pawlica beschreiben ihren ästhetischen Ansatz als eine Mischung aus Tanz und Sprache, die inhaltlich direkt auf relevante Themen eingeht. Basierend auf klassischer Technik werde das Vokabular des zeitgenössischen Tanzes genutzt, um es mit Elementen aus Volkstänzen oder vergessenen Tanzstile wie dem Dance Apache zu bereichern.
Gisbert Gotthardt
Termine: 1.–3. Dezember, jeweils 20 Uhr; zusätzlich 2. Dezember, 10 Uhr www.landungsbruecken.org
© Vlasova/Pawlica