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Staatstheater Mainz »Die satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch«
Verhext und zugewünscht
Staatstheater Mainz zeigt »Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch« von Michael Ende
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Silvesterabend in der Villa Alptraum: Aus Reagenzgläsern und Glaskugeln brodelt und dampft es, verschiedenste Pflanzen stehen für Experimente bereit, sonderbar blinkende Bildschirme hängen an den Wänden und die Fenster sind durch grüne Folie abgedunkelt – als Zuschauer hat man keine Mühe in die Lebenswelt des Zauberers Beelzebub Irrwitzer einzutauchen. Das Staatstheater Mainz bringt unter Regie von Jule Kracht ein Weihnachtsmärchen der etwas anderen Art auf seine Große Bühne. »Der satanarchäolügenialkohöllische Wunschpunsch« ist Michael Endes letzter vollendeter Roman (1989) und steht seinen anderen Erfolgswerken an Phantasie in nichts nach, so dass sich Familien auf ein Feuerwerk an Magie und Humor freuen dürfen. Die Handlung beginnt um 5 Uhr nachmittags, wie eine Digitaluhr an der rechten Bühnenwand anzeigt. Noch genau sieben Stunden hat Irrwitzer (Denis Larisch) Zeit, so viel Unheil wie möglich über die Welt zu bringen, da er mit seinem Jahressoll an Katastrophen in Verzug ist – genauso wie seine nicht minder fiese Tante, die Geldhexe Tyrannja Vamperl (Stephanie Kämmer). Beiden droht die Pfändung durch den höllischen Gerichtsvollzieher Maledictus Made (Armin Dillenberger), wenn sie es nicht schaffen, ihren Rückstand aufzuholen. Ein geheimnisvoller Punsch soll daher gebraut werden, der alle guten Wünsche ins Gegenteil verkehrt. Aus Frieden wird Krieg, aus Tierschutz Artensterben, aus Gesundheit Krankheit etc. Hierzu müssen sie aber auch die beiden Spione, den etwas trägen Kater Maurizio di Mauro (Benjamin Kaygun) und den frechen Raben Jakob Krakel (Carlotta Hein) austricksen, die vom Hohen Rat der Tiere geschickt wurden. Mit äußerster Liebe zum Detail wurde nicht nur Irrwitzers Alchimistenküche auf die Bühne (Nora Lau) gebracht, auch der flauschigkuschelig orangene Katzenanzug oder der fast nur aus schwarzem Gefieder bestehende Rabe (Kostüme Ursula Bergmann) lassen Kinder- und Erwachsenenherzen höher schlagen. Eine Nebelmaschine und Videoprojektionen sorgen zusätzlich für die perfekte Illusion. So leidet man gemeinsam mit Maurizio und Jakob, wenn sie sich gegen den eisigen Schneesturm stemmen, um Hilfe herbeizuholen. Diese finden sie eher zufällig beim heiligen Silvester, der wie jedes Jahr zu seinem Namenstag lebendig wird, um an Mitternacht die Glocken des Münsters zu läuten. Das Wechselspiel zwischen Gut und Böse wird hierbei eindrücklich dargestellt: Während die Bösewichte mit dem Aufzug im Keller verschwinden, schwebt Silvester einer Statue gleich mit Bischofsmütze und Hirtenstab (Armin Dillenberger) in einer pyramidenartigen Gondel vom Theaterhimmel und schenkt den beiden Bittstellern seinen vierten Glockenschlag. Gelangt dieser vor Mitternacht in den Wunschpunsch, schlägt die Umkehrwirkung des Trankes nicht an. Das Adjektiv »satanarchäolügenialkohöllisch« ist eine Wortverschmelzung aus den Wörtern Satan, Anarchie, Archäologie, Lüge, genial, Alkohol und höllisch. Jedes hat im Stück seine Berechtigung: Dadurch nämlich, dass der Trank alkoholisch ist, sind Irrwitzer und Tyrannia zum Schluss betrunken und bemerken nicht mal mehr, dass ihre Zaubertinktur wirkungslos bleibt und sie nur noch Gutes tun. Larisch, der in der aktuellen Spielzeit schon als M. in »Der Mann ohne Vergangenheit« brillierte, und Stephanie Kämmer, die man aus Fernsehproduktionen kennt, spielen auf beeindruckende Weise das verrückte Schurkenpärchen aus dem Reich des Bösen, das sich in einen regelrechten Rausch trinkt, tanzt und singt, so dass der Zauberspruch »Punsch aller Pünsche, erfüll meine Wünsche« gegen Ende hin – zum Amüsement des Publikums – immer unverständlicher klingt. Kaygun, Hein und Dillenberger unterstreichen in ihren Rollen den rundum gelungenen Theaternachmittag, der deutlich macht, dass die Werke Michael Endes an Aktualität (hier Klimakrise, Artensterben, etc.) nichts eingebüßt, sondern hinzugewonnen haben.
Verena Rutkowski
Termine: 1., 4.–9., 12.–17., 19.–22., 26., 29. Dezember, zu verschiedenen Uhrzeiten www.staatstheater-mainz.com
Bli-Blip, © Katrin Schander Theaterhaus Ensemble
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