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Wie geht’s weiter?
W GEHT’S IE DENKEN NEU WEIT E R ?
Stillstand ist Rückschritt. Die Modebranche ist im Wandel, tiefgreifend und strukturell. Onlinehandel boomt, die Vertikalen erweitern aggressiv ihre Flächen und Markenhersteller expandieren mit eigenem Retail. Doch, um es mit Kafka zu sagen: „Wege entstehen dadurch, dass man sie geht.“ style in progress wollte von Meinungsbildnern in der Branche wissen: Was denken Sie anders oder neu? Und was machen Sie ganz persönlich schon anders, um dem Wandel in unserer Branche zu begegnen? Text: Kay Alexander Plonka. Illustrationen: Claudia Meitert@Caroline Seidler
ABKEHR VOM SINNLOSEN KONSUM
„Anfang 2012 beschloss ich: Ich kaufe mir jetzt ein Jahr keine neue Kleidung mehr. Ursprünglich war die Idee, mir selbst zu beweisen, dass ich es kann. Doch es kam ganz anders (Ja, ich hielt durch, übrigens). Ich beschäftigte mich viel mit der Produktionsweise der Kleidung, die ich konsumierte. Üblicherweise, das war H&M, Promod, Desigual und so weiter. All diese Informationen überforderten mich zunächst: Näherinnen bekommen einen Lohn, von dem sie selbst in Bangladesch nicht überleben können, es herrschen keine akzeptablen Sicherheitsstandards, gifti ge Chemikalien landen bei den Fabriken ungefiltert in den Flüssen, Bauern geben ihre Macht an die Konzerne ab, weil sie jedes Jahr neues, gentechnisch verändertes Saatgut kaufen müssen, in Kamerun müssen Kleinbauern so viel Baumwolle anbauen, dass auf ihren eigenen Feldern kein Platz bleibt, sich selbst was Essbares zu ziehen. Und So weiter. Immer wieder wurde ich gefragt: Was machst du nach dem Jahr Shoppingdiät? Wie geht es weiter? Zu Beginn wusste ich das selbst noch nicht, doch nach und nach wurde mir klar: So, wie es vorher war, würde es nachher nicht weitergehen.
EINKAUFEN
„Die Schnelllebigkeit der Branche kann für den Einzelhandel gefährlich sein, vor allem in Bezug auf die Liquidität. Die Zeitspanne, in der eine Kollektion zum regulären Preis verkauft werden kann, wird immer kürzer. Der Kunde wird dazu erzogen, entweder auf die Sale-Phase oder auf Bestseller und Must-Haves zu warten. Ich kaufe mittlerweile vermehrt saisonun abhängig ein. Sonst müssten wir Schals im Juli verkaufen, weil
(Anmerkung der Red.: Nachzulesen auf http://ichkaufnix.wordpress.com) Mein gesamtes Konsumverhalten stellte sich um. Denn ich realisierte: Als Kon sumentin ist meine Macht mein Geld. Denn mein Geld, das wollen sie ja alle von mir, und ich kann entscheiden, wer mein Geld bekommt. Dementsprechend kaufe ich seither nicht nur viel weniger Kleidung als zuvor – dem Fast-Fashion-Prinzip entsage ich inzwischen völlig, sondern nur noch entweder ökologisch und fair pro duziert oder Second Hand. ‚Weil ich es mir wert bin‘ ist ein bekannter Werbeslogan, der in meinen Augen zu Shopping als Belohnung anheizt. Die Fast-Fashion-Industrie will uns Modekauf als eine Nebenbei-Handlung verkaufen, schnell mal ein neues Top für einen Partyabend, kostet ja nur fünf Euro. In Wahrheit hat das Top aber einen viel höheren Preis, den die Umwelt und Arbeiterinnen bezahlen. Ich gehe nicht mehr shoppen, ich kaufe Kleidung, wenn ich sie brauche. Schlicht, ökologisch, fair. Weil ich es mir wert bin.“ Nunu Kaller, Konsumentensprecherin bei Greenpeace und
SAISON-
SO LÄUFT’S 035 NEU DENKEN. STATEMENTS UNABHÄNGIG
Autorin/Bloggerin von IchKaufNix diese dann geliefert werden und Badehosen in der ersten Januarwoche. Der Kunde ist zwar flexibel, aber wir versuchen die Saisons wieder in die richtige Reihenfolge zu bringen. Denn ein Beispiel aus der Praxis zeigt: Ende Juli ist es für den Kunden ein Ding der Unmöglichkeit eine gute Badehose zu kaufen – das wollen wir ändern. Der Kunde von heute will gar nicht jede Woche neue Ware, sondern eine Selektion, die länger aktuell ist. Cruise- und In-Season-Kollekti onen lassen wir zum Teil ganz bewusst aus. Denn wie soll der Kunde der ganzen ‚New In‘-Kommunikation folgen können, wenn man sogar selbst Probleme damit hat, obwohl man jeden Tag mit den Kollekti onen zu tun hat? Bei uns funktioniert der Mix von Streetwear und Luxusbrands immer besser. Diese Entwicklung sehen wir seit der Ladeneröffnung vor fünf Jahren. Und wir freuen uns, dass die Präsentati on von Einstiegspreissegment neben High-End-Produkten sehr gut von unseren Kunden angenommen wird.“ Herbert Hofman, Buyer & Creative Director Voo Store Berlin
AUF DEN STRUKTURWANDEL REAGIEREN
„Für uns als Vertriebsagentur ist es sehr wichtig, Veränderungen in der immer komplexer und vor allem schnelllebiger werdenden Branche rechtzeitig zu erkennen, richtig darauf zu reagieren und trotzdem dabei unseren Prinzipien und Zielen treu zu bleiben, um auch weiterhin ein nachhaltiger Geschäftspartner zu sein. In Zeiten des demografischen Wandels steht das Thema Personal entwicklung ganz oben auf unserer Prioritätenliste. Gut ausgebildete, engagierte und motivierte, internationale Nachwuchskräfte sind ein wichtiger Teil unseres Teams. Durch ihre globale Erfahrung und Ausrichtung bleiben wir stets am Puls der Zeit und kreieren aus diesen Einflüssen den idealen Handelsweg für den D-A-CH-Markt. Dazu haben wir die Markenzusammenstellung an den Branchenwandel und die damit verbundene Onlinetendenz angepasst. Mit unserem Portfolio bieten wir unseren Kunden eine übersichtliche, aber dennoch vielseitige und internationale Pro duktauswahl im Premium- als auch im Streetwearbereich. Damit bedienen wir unterschiedliche Geschmacksrichtungen, Altersgruppen und Verkaufskonzepte. Durch eine enge Zusammenarbeit und intensive Kommunikation mit Produzenten und Designern finden wir marktspezifische Lösungen für die Kollektionen unserer Marken. Offenheit, Verlässlichkeit und Flexibilität sind Eigenschaften, die uns seit vielen Jahren auf dem Weg zu unseren Zielen begleiten und uns dabei helfen, unseren Job mit Leidenschaft und einem hohen Maß an Qualität auszuüben. Der persönliche Kontakt zum Kunden steht immer an erster Stelle – die permanente Kontaktpflege und ein hervorragender Service, also der physische Handel, ist für uns bis heute unersetzbar. Folglich sehen wir die Kombination aller genannten Faktoren als ideale Verbindung, um in Zeiten des Strukturwandels in der Modebranche erfolgrei che Geschäfte zu führen.“ Angelika Malzacher, Inhaber MaschAgency
NACHHALTIGKEIT INTEGRIEREN
„Wir leben in einem satten Markt und in einer Multioptionsgesellschaft. Sich nicht entscheiden zu können, weil es ALLES gibt, artet schon fast zu einer Volkskrankheit aus. Im Einkauf auf alle Themen ein bisschen setzen oder da noch ein zusätzliches Kerzerl oder Büchlein auf den PoS dazustellen, reicht nicht aus. Die Kundengruppe, die für den größten Umsatz steht, definiert sich stark über Kleidung und setzt diese auch als Differenzierungsmerkmal ein. Diese Kunden wollen überrascht, animiert und inspiriert werden. Es braucht klare, verständliche Einkaufsthemen mit Gesicht und Herz und authen tische, faszinierende Inszenierungen. Für mich übersetzt heißt das für das Jahr 2015: Wenn Kunden das Smartphone zücken, ein Foto machen, positiv über Social-Media-Kanäle berichten und mit einem gefüllten Einkaufssackerl das Geschäft verlassen, wurden sie definitiv verführt! Auch nachhaltiges Einkaufen kann ein gutes Gefühl hervorrufen. Wir haben Mitte September 2015 unsere nachhaltigen Flächen stark vergrößert, sie komplett neu gestaltet und die ursprüngliche Idee, rund um Grünpflanzen, Kartons, Weizen und Jute weiterentwickelt. Der neue Weg soll möglichst viele Aspekte von Nachhaltigkeit visualisieren, die Fläche ist zur Gänze aus upcycelten Materialien gestaltet. Recycelte Designermöbel, ein Teppich aus recyceltem Plastik und Tische aus Metall vom Schrottplatz, die neu designt wurden. Außerdem legen wir großes Augenmerk darauf, dass die Materi alien aus der Region kommen. Die Fläche soll sich in das Gesamtkonzept von Kastner & Öhler integrieren und trotzdem provozieren. Aber das Wichtigste ist, sie muss für Fashion stehen!“ Christian Adelsberger, Einkaufsleitung HAKA Kastner & Öhler
DENKEN, STATT REGULIERUNG VON AUSSEN
„Bereits seit ein paar Jahren kommt mir immer wieder zu Ohren, dass sich Händler und Hersteller nach dem guten alten Schlussverkauf sehnen. Den Hintergrund dieses Wunsches verstehe ich. Die Problemlösung können wir eigentlich selbst in die Hand nehmen, indem wir Ware entsprechend der Saisons liefern. Ich denke, wir sind uns alle einig, wann die kalten Wintermonate sind und wann die größte Chance auf warme Sommermonate besteht. Weshalb also Winterware im Juni und Sommerware schon ab Dezember ausliefern? Das verursacht unnötigen Druck auf den Handel und verlagert den Kern der Saisons in die grundsätzlich falschen Monate. Die Konsequenz daraus für Konsumenten, Händler und Hersteller kennen wir. Der Konsument bekommt saisonale Artikel nicht in den dafür vorgesehenen Monaten, der Händler kann nicht die Saison und das entsprechende Wetter voll ausschöpfen und die Hersteller kämpfen mit den Produzenten um Produktionsdeadlines, damit die Ware entsprechend früh geliefert werden kann. In meiner Firma fühlen wir uns nicht gezwungen, den vorgegebenen Takt einzuhalten. Wir liefern in Absprache mit unseren Kunden die Winterware im September und Oktober aus und Sandalen mit Fokus auf die warmen Sommermonate. Das tolle daran ist, die absolute Mehrheit unserer Handelspartner teilt unsere Ansichten. Diese Art des miteinander Denkens kann auf so viele weitere Be reiche angewendet werden. Wichtig ist die Grundeinstellung dazu. Wir müssen nicht umdenken, wir möchten mitdenken. Das Denken und der Austausch mit unseren Partnern macht uns Spaß und hat grundsätzlich einen positiven Antrieb.“ Felix Engelmann, Inhaber Haptiques Trading Company
GLOBAL KOMMUNIZIEREN UND ENTWICKELN
„Nach zehn Jahren im Einzelhandel als Co-Geschäftsführer, Einkäufer, Kreativdirektor und Human-Resources-Verantwortlicher habe ich mich Ende 2014 aus dieser Position verabschiedet. Neben vielen Faktoren ist sicher auch der Umstand, dass sich die Branche innerhalb der letzten Jahre stark verändert hat, ein Grund für diesen doch recht großen Schritt gewesen. Gerade im hochspezialisierten Einzelhandel ist der Druck deutlich spürbar geworden, der bei innovativen kleinen, aber auch bei weltweit agierenden Firmen mehr und mehr in den Vordergrund gerückt ist. Diese Entwicklung ist im Hinblick auf die Globalisierung des Einzelhandels und der damit einhergehenden Kommunikation (Social Media) nachvollziehbar. Genau hier setze ich mit meiner Beratungsagentur an: Ohne den lokalen Händler und die jeweiligen Gegebenheiten eines nationalen Marktes aus den Augen zu lassen, bin ich bemüht, den Blick Richtung Global zu erweitern. Ein Hersteller distribuiert zwar in unterschiedlichen Regionen, aber neue Medien agieren über jede Gren ze hinweg. Konsumenten sind heutzutage bestens informiert und können quasi in Echtzeit Verfügbarkeiten eines bestimmten Produkts international abrufen. Meine Arbeit selbst hat sich ebenfalls globalisiert. Ein interessantes Betätigungsfeld scheint sich in Fernost zu entwickeln. Systematiken, Abläufe, Strategien, die sich in Europa bzw. in den westlich ausgerichteten Wirtschaftsräumen etabliert haben, können z. T. in diesen noch relativ jungen Märkten adaptiert werden. Ich bin auf die Entwicklungen innerhalb der nächsten ein bis zwei Jahre gespannt, denn, was sich in meinem bisherigen Tätigkeitsfeld in drei bis fünf Jahren bewegt hat, scheint in Asien fast mit doppelter Geschwindigkeit abzulaufen.“ Jörg Haas, Founder & Director Beinghunted. net.work
WERTE VORLEBEN
„Mit Andersmachen verstehe ich, Dinge neu zu übersetzen, zu begreifen, ohne die Grundidee zu vernachlässigen und nicht gegen den Strom zu schwimmen. Werden Designs oder Konzepte wie so häufig nur kopiert, dann führt das zu Eintönigkeit und das ist das, was wir gerade in der Modebranche viel zu oft erleben. Ein bisschen hiervon, ein bisschen davon, um möglichst jedem gerecht zu werden. Oft ohne zu merken, dass der Spagat immer größer wird, um glaubwürdig und authentisch zu sein. Und plötzlich ist der Endverbraucher weiter als die Industrie und sucht etwas ganz anderes. Ich möchte bei der Umsetzung meiner Ziele so wenig Kompromisse wie möglich ein gehen. Für unser Label Wunderwerk gibt es dazu einen ganz einfachen Grundsatz: Wir machen in erster Linie Mode zu einem sehr guten Preis-Leistungs-Verhältnis – Punkt. Qualität, Passform und Aktualität sind Grundvoraussetzung, um am Markt – nicht in der Nische – eine Rolle zu spielen. Die Nachhaltigkeit, der Respekt vor Mensch, Natur und Tier, vorwiegend europäische Produktion sowie der Einsatz von möglichst naturbelassenen Rohstoffen, wie Bio baumwolle und Wolle aus kontrolliert biologischer Tierhaltung, sind für uns selbstverständlich und unantastbar in unserer DNA verankert. Egal, ob Knopf, Garn oder Taschenfutter. Ist eine Umsetzung mit nachhaltigen Techniken nicht möglich, machen wir sie einfach nicht oder versuchen, das Ziel auf anderem Wege zu erreichen. Das meinen wir mit ‚more than organic‘ und möchten das auch so vorleben. Das positive Feedback unserer Kunden und das Wachstum über unsere Erwartungen hinaus bestärkt uns darin, dass wir genau das Richtige tun. Mode hat mit der Freude an Neuem, Innovation und auch mit dem Verlassen der üblichen Comfort-Zone zu tun und dass man dabei an Morgen denkt, ist doch klar, oder?“ Heiko Wunder, geschäfts führender Gesellschafter Rheinstoff GmbH & Co. KG
„Es kommen positive Signale aus dem stationären Handel und dem Onlinehandel: Es scheint sich doch die Mär des großen Feindes Onlinehandel zu relativieren: Der stationäre Handel erkennt seine Chancen des persönlichen Kontakts zum Konsumenten und das ‚Multichannel Marketing‘ wird hier und da in die Tat umge setzt. Ein Miteinander wird wieder spürbar, die großen Grabenkämpfe zwischen On- und Offline scheinen geklärt. Am Ende bleiben einige wenige Onlineplattformen, die schon früh und professionell den Markt erobert haben und die Anzahl der stationären Händler bleibt relativ stabil. So hat jeder Trend seinen Gegentrend und demnach wird auch der stationäre Handel wieder seine Renaissance erleben, wenn die Chancen der Informationsgesellschaft richtig und professionell genutzt werden. Kopfschmerzen bereitet mir die fehlende Emotion in der Mode, die mit dieser Infor mationsflut einhergeht. Nicht mehr Emotion, Geschmack oder Stil, sondern Listen, Zahlen und Abverkaufsergebnisse werden immer mehr zum Leitmotiv des Einkaufs. Das hat sich der stationäre Handel wohl vom Onlinehandel abgeschaut. Der On linehandel wiederum reagiert mit virtuellen Einkaufsberatern und auf die fehlende Emotion des Onlinebusiness. Der Trend vom Gegentrend ist für mich vorprogrammiert: Es muss wieder mehr Emotion in der Modebranche Einzug halten. Die Transparenzgesellschaft führt zu einer entemotionalisierten Gesellschaft und das Leben im digitalen Schwarm führt zur Verödung und zur Vereinsamung des Individuums. Die Transparenzgesellschaft ist eine Gesellschaft des Misstrauens und des Ver dachts, die aufgrund des schwindenden Vertrauens auf Kontrolle setzt. Damit wird das moralische Fundament der Gesellschaft brüchig und Werte wie Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit verlieren an Bedeutung. Also wünsche ich mir den Trend vom Gegentrend: mehr Emotion, mehr Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit. Eigentlich ganz einfach: die Rückkehr der alten, wahren Werte.“ Mark Grütters, Inhaber Fashion Factory
MEHR GANZJAHRESTAUGLICHE WARE
„Aufgrund weniger Trendimpulse im Markt braucht der Handel in Zukunft wieder mehr Identität. Auf Basis dieser Tatsache können im hochwertigen Handel nur Konzepte funktionieren, die eine klare Botschaft und damit auch eine Zielgruppe haben. Ein Einkauf der sich nach Sommer- und Wintersaison aufteilt, ist eigentlich Schnee von gestern. Der Handel braucht mindestens 80 bis 90 Prozent ganzjahrestaugliche Ware, die sich durch unterschiedliche Lieferrhythmen erneuert. Durch die bis dato sehr engen saisonalen Abgrenzungen und falsche Auslieferungsrhythmen resultiert ein permanenter Sale in den Läden. Anstelle von Preisaktionen muss der Handel wieder seine Leistung und DNA in den Vordergrund stellen. Nur so ist gewährleistet, dass der Endverbraucher auch wie der Lust am Einkauf und ebenso ein entsprechendes Preis-Leistungs-Verhältnis erkennen kann. Ware wird derzeit nur wie Junk Food behandelt. Die Konzentration auf das Wesentliche gilt für meinen Einzelhandel, als auch für meine Agentur. Ich habe mich in meiner Agentur immer auf eine limitierte Anzahl von Produkten konzentriert und den Servicegedanken extrem hoch gehalten. Dies funktioniert mittlerweile seit über 30 Jahren sehr erfolgreich.“ Rolf Griesinger, Inhaber Internationale Mode GmbH
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EIGENPROFIL ST ÄRKEN
„Wir als Luxushändler müssen ganz einfach der Tatsache ins Auge schauen, dass die meisten unserer Brands, Labels und Kollektionen heutzutage flächendeckend über die vielen Monostores oder Onlinehändler erhältlich sind. So kann man den Flat von Charlotte Olympia in Wuppertal oder Paderborn theoretisch genauso kaufen wie in London oder New York. Was heißt das für uns? Wir wollen uns als Marke weiter etablieren und das Eigenprofil stärken. Es geht nicht nur darum, aus dem unglaublichen Angebot eine feine, aussage kräftige Selektion zusammenzustellen, es geht auch darum, den Kunden Freude zu vermitteln, bei uns zu kaufen. Mit unserem neuen Shopkonzept Uzwei verfol gen wir das Projekt sehr zielstrebig und konsequent. Der Editorialansatz, das Zusammenstellen von Themen, verschiedene Bühnenbilder über eine Saison und der Versuch, einen Lifestyle zu kreieren, dem junge und modein teressierte Konsumenten gerne folgen. Ich freue mich unheimlich darüber, dass es schon nach einem Jahr gelungen zu sein scheint, eine gewisse Brandloyalität zu unserer eigenen Marke entwickelt zu haben. Modeaffine Frauen kaufen teilweise ihre Loewe-, Proenza- oder Stella-McCartney-Tasche auch deshalb, weil sie dem Stil und der Selektion unseres Redak tionsteams vertrauen. Je schärfer das Profil bei Uzwei, umso leichter tun wir uns auch bei Unger, wieder mehr Klarheit ins Sortiment zu bringen. So wie man auf der einen Seite in der Spitze um die modisch interessierten, neugieri gen, selbstbewussten und begeisterungsfähigen Konsumenten kämpft, so können wir das gehobene Luxussegment bei Unger in der Breite sehr stark abdecken und gewinnen hier oftmals kaufwilliges Klientel zurück, das in der Monobrandwelt nicht zurechtkommt. Es wird kaum einem Kunden möglich sein, seinen Saisonbedarf nur über die Geschäfte der internationalen Luxusmarken abzude cken. Wie häufig passiert es, dass man einem Must-Have-Teil hinterherläuft und durch die geringe Sortimentstiefe der Schuh bei Hermès, die Hose bei Bottega Veneta oder der Anzug bei Dior nicht in der richtigen Größe da ist. Ich beschäftige mich mit den Veränderungen in unserer Branche schon seit vielen Jahren und ob unsere Strategie, unsere Ideen und unsere Rezepte am Ende die richtigen sind, wird sich zeigen. Ohne klare Handschrift und Profil aber glaube ich, ist Einzelhandel im Luxussegment heute nicht mehr systemkompatibel.“ Florian Braun, Geschäftsführer Unger GmbH & Co KG
DEN WANDEL VORANTREIBEN
„Ein großer Reiz in der Mode ist das Neue, Unverbrauchte. Unser Interesse daran befeuert die immer schnelleren Kollektionswechsel, vor der nicht einmal die ehrwürdige Haute Couture sicher ist. Dabei bleibt aber nicht nur die Kreativität der Modeschaffenden auf der Strecke, die immer seltener Zeit haben, Innovationen zu erarbeiten und sich immer öfter mit Rekombinationen zufrieden geben müssen, die aus kreativer Sicht nur Fingerübungen sind. Nur gut, dass inzwischen immer deutlicher wird, dass die Kreativität nicht die einzige Ressource ist, die dabei auf der Strecke bleibt. Auch andere Ressourcen kommen zu kurz: Die Menschen, die Fast Fashion, aber auch die High Fashion namhafter Marken unter oft unwürdigen sozialen Bedingungen produzieren und sich nicht einmal ihre Existenz sichern können, und die Ressourcen der Natur – Wasser, Energie; Rohstoffe wie Baum wolle, die so knapp werden, dass die Industrie umdenken muss. Wandel vollzieht sich in dieser Sphäre der Branche nicht aus reiner Vernunft, sondern aufgrund von Sachzwängen. Rohstoffmangel ist ein solcher Sachzwang, steigende Energiekosten ein weiterer. Hier wird ökologischer Wandel angestoßen und neue Methoden werden getestet – Jeans aus recycelter Baumwolle, Jacken aus recyceltem PVC, das Konzept des geschlossenen Kreislaufs, bei dem aus alten Ressourcen neue hergestellt werden, sind nur wenige Beispiele. Sozialer Wandel, also in Bezug auf die Arbeitsbedingungen der Produzenten – vom Designer bis hin zum Textilarbeiter – vollzieht sich ebenfalls nur durch Sachzwänge. Schlechte Publicity, wie die im Nachgang der Katastrophe von Rana Plaza gehört dazu. Der Wandel, der in der Mode fällig ist, hat sich in der Lebensmittelindustrie längst vollzo gen: Wer will, kann erfahren, welches Huhn sein Frühstücksei gelegt hat. Mode hingegen ist und bleibt ein weitestgehend anonymes Produkt, das vom Himmel in die Regale der Läden zu fallen scheint. Diese Tatsache will ich ändern und setze mit meiner Arbeit als Modejournalistin und besonders mit meinem Start-up Fair-a-porter darauf, den Wandel an zwei Fronten voranzutreiben: Indem ich die Konsumenten über das Thema nachhaltig produzierte Mode informiere und ihnen eine Plattform biete, auf der sie Mode bewusst konsumieren können, indem ich ein Angebot transparent produzierter Mode kuratiere. Und zweitens, indem ich Marken, die nachhaltig produzieren, eine Plattform biete, auf der sie ihr Angebot platzieren können. Dabei kuratiere ich nicht nur die Klassenbesten, sondern auch die, die auf einem guten Weg sind – also good und best practise. So arbeite ich mit Fair-a-porter auf eine Modebranche hin, in der die Lust an Mode lebt – aber unter anderen Vorzeichen. Nicht pseudo innovative Produkte mit kurzer Halbwertszeit sind begehrens wert, sondern sorgsam und transparent produzierte, schöne Mode, bei der alle auf ihre Kosten kommen: die Kunden, die Vielzahl der Produzenten und die Natur.“ Alex Bohn, Journalistin www.fairaporter.com
HAUSAUFGABEN MACHEN
„Wichtig ist es, zu wissen: Wer ist mein Kunde. Und darauf sollte man sein Produkt ausrichten. Optimal ist es, wenn man seine Produktion so an die Gegebenheiten des Marktes anpassen kann, dass man stets in der Lage ist, auf Entwicklungen im Markt rechtzeitig zu reagieren. Außerdem sollte man bei der Wahl seiner Partner darauf achten, das Konstanz und Verlässlichkeit in der Firmenführung gegeben sind und nicht alle sechs Monate die Richtung wie bei einem Fähnchen im Wind gewechselt wird.“ Fares Hadid, Geschäftsführer Berlin Bicycle Week
NEUE UNTERNEHMENSKULTUR SCHAFFEN
„Eine große Herausforderung bringt der Wandel ganz sicher mit sich: die Beschleunigung fast aller Prozesse. Denken sie zum Beispiel daran, wie kurzlebig Trends inzwischen geworden sind. Als Händler müssen wir neue Wege gehen, um in dem sich immer schneller drehenden Marktumfeld weiterhin erfolgreich zu sein. Wir glauben, dass sich dafür auch unsere Unternehmenskultur in Teilen verändern muss. Es gibt Bereiche, in denen weniger Kontrolle und statt dessen mehr autonome Entscheidungsfindung auf operativer Ebene sinnvoll erscheint. Kommunikation ist ein Beispiel, dass sich hier aufdrängt. Insbesondere im Bereich Social Media oder Bloggerkoopera tionen verfolgen wir einen neuen Ansatz: Statt Inhalte detailliert vorzugeben, lösen wir Kontrolle dort gezielt auf. Wir sind sehr neugierig auf die mittelfristigen Resultate. Aber schon jetzt bin ich mir sicher, dass das immer schnellere und kompetitivere Umfeld dazu führen wird, dass auch andere trendsensible Unternehmensbereiche noch mehr Raum zu eigenständigem Handeln be nötigen. Zum Beispiel der Einkauf. Unsere Kunden erwarten von uns, dass wir topaktuelle Ware anbieten. Da das heute aber auch extrem kurzlebig geworden ist, müssen wir uns fragen, ob herkömmliche Sourcingprozesse noch schnell genug auf Trends reagieren können. Bei zunehmender Geschwindigkeit des Marktes weder die Wettbewerbsfähigkeit noch seine Identität zu verlieren – das ist die Aufgabe, vor die uns der Wandel heute stellt.“ Dipl.-Ing. Markus Dielmann, Geschäftsführung Dielmann-Gruppe
WENIGER REDEN – MEHR HANDELN
„Ich denke, wir machen noch immer viel zu wenig anders. Die Welt hat sich in den vergangen zehn Jahren geändert und unser Verhalten als Konsumenten noch viel mehr. Die Modebranche hechelt hinterher. Geändert, wirklich geändert hat sich nichts, außer dem Onlinebusiness. Der stationäre Handel ist immer noch derselbe. Messe, anschließend Vororder und ein halbes Jahr später ist alles anders, als man gedacht hat, und wieder sind wir alle sprachlos und fassungslos! Wir sind wie Politiker, wir können stundenlang auf Messen diskutieren, jammern, schimpfen und am Ende des Tages sind wir verwundert, dass nichts passiert ist, und es so kommt, wie es kommen musste. Dann gibt es die Topseller, es gibt die Kunden, die sie kaufen möchten, aber von den Topsellern gibt es zu wenig und der Kunde wird noch immer in seinem Verhalten unterschätzt! Wieso verhält er sich nicht so, wie wir es wollen? Weil wir alle unser Verhalten geändert haben beim Geld ausgeben! Und der Handel? Der Handel sieht wieder zu, geht auf die gleichen Mes sen, nutz dasselbe Ordersystem – kaum mehr was am Lager zum Austauschen, kaum mehr Flexibilität. Die Frage wird sein, wann ändert man etwas – merkbar für den Kunden und für einen selber? Wann kaufen wir genug von den Topsellern, um dem Kunden das zu geben, was er sucht? Ein Beispiel war in diesem Jahr der 15. August am ‚italienischen Feiertag‘ – sollen wir die Geschäfte öffnen oder nicht? Dieser Tag war bis jetzt nicht wirklich ertragreich. Nach langen Diskussionen und weil der August zäh genug war, haben wir beschlossen, alle sechs Geschäfte in der Innsbrucker Altstadt zu öffnen, und siehe da: Der August war gerettet. Rekordumsatz mit Shoppinggästen aus Asien, Dubai und Termingeschäfte mit VIP-Stammkunden! Einheimische, Chinesen und Scheichs kauften bei 30 Grad die Topseller der Herbstsaison! Das heißt für uns: Lokal-glo bal-Business ist angesagt und dieser heiße Sommer hat uns noch mehr bestätigt: Ab Juli künftig mehr neue Herbstware anzubieten, den Summer Sale noch früher zu starten und jedes Jahr eine neue Modesprache zu lernen! So läuft’s in Innsbruck.“ Theresa Minatti-Einwaller, Einkauf Einwaller
SCHNELLIGKEIT UND INTUITION
„Um als Marke auch in Zukunft modern und frisch aufzutreten, müssen wir – nicht zuletzt auch wegen der Krise – eine andere Denkweise an den Tag legen als bisher. Wir müssen uns vor Augen halten, dass das, was wir tun, neue Trends entstehen lässt. Nur so können wir die Art, wie sich Menschen kleiden und fühlen, verändern. Normalerweise kommen die Trends von denen, die nicht der Mode folgen. Auch wir glauben, dass ist der Weg der Wahl, wenn man Märkte erreichen will, die ständigen Änderungen unterliegen. Heute ändern sich Mode und Märkte so schnell, das gestern noch die High Fashion Impulsgeber war und morgen plötzlich die technische Outerwear den Ton angibt. Um auf diese Veränderungen zu reagieren, bedarf es einer gewissen Schnelligkeit und Intuition. Das Ziel muss sein, die einzelnen Märkte mit kleineren Kollektionen zu bedienen. Detailreich und mit einer gut definierten DNA, die in allen Märkten Anklang findet. Um immer zeitge mäß zu bleiben, sollten wir außerdem über das Jahr hinweg mehrere Liefertermine ansetzen, damit wir dem Endverbraucher stets ein breites Angebot bieten können.“ Enzo Fusco, Inhaber FGF Industries