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Deutschland hat Innovationskultur

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„Deutschland hat Innovationskultur –wir müssen sie nutzen“

Lisa Lang, Gründerin des Fashiontech-Start-ups ElektroCouture und Jurymitglied des Telekom Fashion Fusion Wettbewerbs für Fashiontechnologie glaubt an den Produktionsstandort Europa –mit einem Industrie 4.0.-Hub in Berlin. Interview: Quynh Tran. Foto: ElektroCouture

Wird Europa als Produktionsstandort für die Textilindustrie gerade wieder interessanter?

Von unseren Großkunden höre ich in letzter Zeit immer wieder, wie sie mehr Zeit und größere Kosten hatten, weil sie ihre Produktionen aufgrund von niedrigen Preisen nach Asien verlegt haben – da herrscht momentan so etwas wie eine Katerstimmung. Wir waren über zehn Jahre in einem Preisverfall, der uns in eine Situation gebracht hat, in der es keine Qualität, keine Entwicklung, keine Innovation und keine Freude gibt, und die Kreativen verbrannt werden, weil sie pausenlos produzieren müssen. Europa ist als Standort in den letzten Jahren attraktiver geworden, weil man erkannt hat, dass der Preis nicht alles ausmacht und man hier Stil und Innovation findet. Die Infrastruktur ist bereits vorhanden und der Preis ist absolut gerechtfertigt, weil die Produzenten wissen, wie es geht. Wenn wir hier etwas bestellen, wissen wir, dass es auch hergestellt und pünktlich geliefert wird und es keinen Ausschuss gibt. Um erfolgreich zu arbeiten, muss man mit Menschen und Maschinen arbeiten. Und da sind die Nähe zwischen Entwicklern, Produzenten und Absatzmarkt ebenso wie die Innovationskultur hier ein Vorteil.

Welche Rolle spielt die Digitalisierung der Industrie, die sogenannte Industrie 4.0, in diesem Zusammenhang?

Zunächst kann man mit der Industrie 4.0 bestehende Technologien ausnutzen, indem man sie durch Digitalisierung besser manipuliert. So kann man etwa Nähmaschinen und Webstühle umprogrammieren, um eine innovativere und effizientere Produktion zu erzielen. Auf der anderen Seite gibt es neue Formen von Fashiontechnologie, die die Arbeit mit ganz neuen Materialien ermöglichen, wie zum Beispiel Smart Textiles oder 3-D-Druck. Für große Bekleidungshersteller ist es natürlich ein feuchter Traum, einen Drucker zu haben, mit dem der Kunde nach einem Scan ein maßgeschneidertes Produkt bekommt. Das ist auch der Wunsch des Kunden. Die Realität sieht anders aus: Der 3-D-Druck ist noch nicht ausgereift, es gibt noch immer Konstruktionsprobleme und es ist zu teuer. Zudem gibt es keine Zertifizierungen für 3-D-gedruckte Produkte und skalierbare Manufakturkosten funktionieren nur, wenn es Standards gibt, mit der sich Produzenten absichern können. Anders sieht das beim Prototyping aus: Für einen Designer gibt es nichts Besseres, als eine Idee zu haben, die Maschine zu laden und innerhalb kürzester Zeit eine 3-D-Form zu haben. Fortgeschritten ist außerdem der Schmuck- und Accessoirebereich. Da kann eine Gussform zum Gießen von Objekten gedruckt werden, was präziser und billiger als die klassische Formherstellung ist. Oder es werden 3-D-Objekte gedruckt, die mit Gold und Silber überzogen werden. Da gibt es in Europa eine hochqualitative, schnelle Produktionskette. Wir brauchen gar nicht über die Grenzen Europas hinauszugehen, weil in diesem Bereich schon alles hier ist. Gerade bei den neumodischen Techniken muss man sich als Designer mit der Produktionskette beschäftigen, und die liegt in diesem Fall in Europa. Vojd Studios, zum Beispiel, ist ein Berliner 3-D-Druck-Studio, das Couture-Schmuck designt, aber auch für Alexander McQueen und Dior produziert. Die sind nach Berlin gekommen, statt in London oder Paris zu bleiben. Das ist Wahnsinn, wenn man bedenkt, wie sehr Berlin mit seiner Reputation kämpft. Aber es wächst aus Berlin gerade eine ganz neue Generation, die mit deutscher Ernsthaftigkeit hoch technische, hoch qualitative Innovationen hervorbringt.

Lisa Lang glaubt fest daran, dass die Nutzung von Technologien Produktion nach Europa zurückbringen kann.

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