Sudetendeutscher Heimatrat blickt auf 80 Jahre Vertreibung (Seite 3)
Sudetendeutsche Zeitung Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft
Reicenberger Zeitung HEIMATBOTE
Jahrgang 76 | Folge 49 | 2,80 EUR · 75 CZK | München, 6. Dezember 2024
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Start in die Adventszeit
Die Zeitung der Sudetendeutschen Landsmannschaft
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Neudeker Heimatbrief
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Traditionell am Samstag vor dem ersten Advent hat die Heimatpflegerin der Sudetendeutschen, Christina Meinusch, zum Böhmisch-Mährisch-Schlesischen Adventsmarkt ins Sudetendeutsche Haus eingeladen.
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ls Ehrengast dabei war MdL Dr. Petra Loibl. Die empathische Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für Aussiedler und Vertriebene hatte zwei Stofftaschen dabei, um Adventsschmuck zu kaufen. Das Sudetendeutsche Museum unterstützte den Adventsmarkt mit einer „Weihnachtswerkstatt für Familien“, wo kleine und große Besucher Mini-Adventskalender basteln sowie Geschenkpapier bedrucken konnten. Stimmungsvoll umrahmt wurde der Adventsmarkt durch Auftritte der Böhmerwälder Singund Volkstanzgruppe München. Mehr auf Seite 7
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SWR-Rundfunkrat
Vertriebene MdL Dr. Petra Loibl, Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für Aussiedler und Vertriebene, umrahmt von Dr. Ortfried Kotzian, Vorstandsvorsitzender der Sudetendeutschen Stiftung, und SL-Bundeskulturreferent Prof. Dr. Ulf Broßmann, sowie vielen weiteren Sudetendeutschen. Foto: Torsten Fricke müssen Gehör finden Der rechtsextreme Populist Călin Georgescu gewinnt überraschend den ersten Wahlgang und tritt am Sonntag gegen die Konservative Lena Lasconi an Im Rundfunkrat des SWR teilen sich der Bund der Vertriebenen und die Europa-Union einen Sitz. Jetzt soll, so sieht es der Entwurf des neuen SWRRundfunkstaatsvertrags vor, eine dritte Organisation hinzukommen. Doch dagegen regt sich Protest.
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n einer Presseerklärung der Union der Vertriebenen und Flüchtlinge, die auch von BadenWürttembergs SL-Landesobmann Klaus Hoffmann als VizeLandesvorsitzender der UdVF gezeichnet wurde, heißt es: „Ein weiterer Eingriff in die Repräsentation der Vertriebenen und Aussiedler würde die Vielfalt im SWR-Rundfunkrat weiter einengen und die Stimmen jener Menschen marginalisieren, die über Jahrzehnte hinweg einen unverzichtbaren Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt geleistet haben.“ Als Sprachrohr der Vertriebenen und Aussiedler vertrete der BdV die Interessen eines bedeutenden Anteils der deutschen Bevölkerung. „Die öffentliche Wahrnehmung der Geschichte und Anliegen der Vertriebenen und Aussiedler ist ein wichtiger Bestandteil der Meinungsvielfalt im Rundfunkrat“, so UdV-Landeschef Christoph Zalder.
TikTok-Wahlkampf: Putin-Getreuer greift nach der Macht in Rumänien Während die EU-Kommission die Forderung nach einem Rauchverbot im Freien ganz oben auf der politischen Agenda hat, gelingt Rußland in seinem hybriden Krieg gegen den Westen ein massiver Durchbruch: Ein Putin-Getreuer hat beste Chancen, am Sonntag neuer Staatspräsident im strategisch wichtigen Rumänien zu werden.
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eit 2014 hatte Rumäniens Staatspräsident Klaus Iohannis sein Land auf Westkurs gesteuert. Erst Mitte November besuchte der Siebenbürger Sachse Berlin, sprach auf Deutsch im Bundestag und wurde von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier empfangen. Vor seiner Präsidentenzeit hatte Iohannis als Bürgermeister seine Heimatstadt Hermannstadt zur Europäischen Kulturhauptstadt gemacht. Für sein völkerverbindendes Engagement erhielt Iohannis 2020 den Europäischen Karls-Preis der Sudetendeutschen Landsmann-
schaft, der ihm nach der CoronaPandemie 2022 auf dem Sudetendeutschen Tag in Hof von Volksgruppensprecher Bernd Posselt überreicht wurde. Da Iohannis nach zwei Wahlperioden nicht mehr antreten durfte, ging der prowestliche Regierungschef Marcel Ciolacu als großer Favorit ins Rennen um die Nachfolge. Doch im ersten Wahlgang landete Ciolacumit 19,15 Prozent der Stimmen nur auf dem dritten Platz. Überraschender Sieger wurde der extrem rechte und prorussische Nato-Kritiker Călin Georgescu mit 22,94 Prozent, der am Sonntag in der Stichwahl gegen die konservative Oppositionsführerin Elena Lasconi antritt. Sollte Georgescu zum neuen Staatspräsidenten aufsteigen, sei dies auch für Europa eine Katastrophe, erklärte Prof. Dr. Oliver Jens Schmitt vom Institut für Osteuropäische Geschichte an der Universität Wien im ORF. Der Rumänien-Experte über Georgescu: „Es ist deshalb ein
Präsidium des Bundes der Vertriebenen in der Bayerischen Staatskanzlei
Austausch mit Ministerpräsident Das Präsidium des Bundes der Vertriebenen ist in der Bayerischen Staatskanzlei in München von Ministerpräsident Markus Söder und Staatskanzleiminister Florian Herrmann zu einem Austausch empfangen worden.
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hemen waren, so der BdV in einer Presseerklärung, „die aktuellen Anliegen der deutschen Heimatvertriebenen, Aussiedler und Spätaussiedler sowie der deutschen Minderheiten“. Ministerpräsident Söder habe bei dem Treffen den Respekt
Bayerns vor der Lebensleistung der Vertriebenen betont. „Durch ihre harte Arbeit und ihr großes Engagement ist Bayern nach dem Zweiten Weltkrieg immer stärker geworden“, sagte Söder und unterstrich die besondere Schutzverpflichtung Deutschlands gegenüber den Vertriebenen, Spätaussiedlern und ihren Verbänden, ebenso wie gegenüber den heimatverbliebenen deutschen Minderheiten. Zudem hob er hervor, daß der verständigungspolitische Einsatz der Verbände die Grundlage für die ver-
besserten Beziehungen Bayerns zu Tschechien und den Staaten Südosteuropas gelegt habe. BdV-Präsident Dr. Bernd Fabritius: „Bayern ist eine der Speerspitzen in der Vertriebenenarbeit in Deutschland, weil ‚Heimat‘ hier genauso selbstverständlich ist wie innerhalb unserer Personenkreise und wegen der spürbaren politischen Wertschätzung. Daher fühlen sich viele Vertriebene und Spätaussiedler hier besonders gut aufgenommen und haben eine neue Heimat gefunden.“
Problem, weil dieser Mann seit vielen Jahren einer der offensten Unterstützer von Wladimir Putin ist, weil er Rumänien aus EU und Na- Siegte im erto herauslösen sten Wahlgang: will und weil er Călin Georgemutmaßlich ei- scu. F.: Wikipedia nem prorussischen Agenten-Netzwerk angehört, daß seit über 30 Jahren in Rumänien besteht und jetzt aktiviert wurde, weil Rumänien einer der wichtigsten Unterstützer der Ukraine ist. Kurz gesagt: Das ist einer der größten strategischen Subversionserfolge der Regierung von Wladimir Putin innerhalb der EU.“ Georgescu gehört offiziell keiner Partei an und hat seinen Wahlkampf fast ausschließlich über die chinesische Socialmedia-Plattform TikTok geführt. Der Verdacht liegt nahe, daß Pe-
king als Moskaus-Verbündeter den Algorithmus entsprechend manipuliert hat. 16 Nichtregierungsorganisationen wandten sich deshalb in der vergangenen Woche an die EU-Kommission und verlangten eine Untersuchung nach dem EU-Gesetz über digitale Dienste. Zusätzlich forderte der Nationale Rundfunkrat (CNA) die EUKommission auf, eine offizielle Untersuchung gegen TikTok einzuleiten. Das Unternehmen soll gegen seine eigenen Standards verstoßen haben, indem es politische Werbung für Georgescu ermöglicht hat. Der Kandidat selbst behauptet, keinen einzigen Euro Wahlkampfhilfe bekommen zu haben, und schweigt sich über Unterstützer, die im Hintergrund agieren, aus. Fakt ist aber, daß Georgescu mit dem Start seiner TikTok-Kampagne seine Zustimmunsgwerte innerhalb von kurzer Zeit von zwei auf 22 Prozent steigern konnte. Der Schock über Georgescus
Sieg im ersten Wahlgang war so groß, daß die Abstimmung angefochten und alle Stimmen noch einmal gezählt wurden. Am Dienstag entscheid dann das Verfassungsgericht, daß der Wahlgang gültig ist. Zwischen den beiden Wahlgängen ums Präsidentenamt fanden am ersten Adventssonntag die Parlamentswahlen statt. Zwar holten die Sozialdemokraten die meisten Stimmen, aber das rechtsextreme Lager konnte seine Stimmen auf 30 Prozent mehr als verdoppeln. Zwar seien die Rumänen aus historischen Gründen kritisch gegenüber Rußland, so Katja Plate von der KonradAdenauer-Stiftung in Bukarest, aber „eine stärkere Annäherung an prorussische Narrative“ sei auf Seiten der Rechtsextremen erkennbar. MdEP Valérie Hayer, Vorsitzende der liberalen Renew-Fraktion: „Wir sind Zeugen eines Angriffs auf die Demokratie, der sich direkt vor unseren Augen abspielt.“ Torsten Fricke Das Präsidium des Bundes der Vertriebenen (BdV) am Dienstag, 26. November, in der bayerischen Staatskanzlei (von links): BdV-Präsident Dr. Bernd Fabritius, Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, Aussiedler- und Vertriebenenbeauftragte Dr. Petra Loibl, Stephan Grigat; 2. Reihe: Stephan Rauhut, Steffen Hörtler, Staatskanzleiminister Dr. Florian Herrmann und Heiko Schmelzle; 3. Reihe: MdL Raimund Haser und Johann Thießen; 4. Reihe: MdB Stephan Mayer, Milan Horáček und Peter-Dietmar Leber; 5. Reihe: Gisela Schewell und Dr. Ernst Gierlich; 6. Reihe: Dr. Maria Werthan und Siegbert Ortmann; 7. Reihe: Marc-P. Halatsch und Brunhilde Reitmeier-Zwick. Foto: Bayerische Staatskanzlei
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AUS UNSEREM PRAGER BÜRO
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u einer alten Tradition der langjährigen Existenz des Prager Sudetendeutschen Büros gehört auch der vorweihnachtliche Besuch des amtierenden deutschen Botschafters in der Thomasgasse. Seit der Gründung dieser Prager Adresse der Su-
detendeutschen Landsmannschaft im Frühling 2002 haben bereits acht Diplomaten der Bundesrepublik Deutschland das Büro besucht: Michael Libal (bis 2005), Helmut Elfenkämper (2005–2009), Johannes Haindl (2009–2011), Detlef Lingemann (2011–2014), Arndt Freiherr Freytag von Loringhoven (2014– 2016), Hansjörg Haber (2017), Christoph Israng (2017–2021) und jetzt, im Advent des Jahres 2024, Andreas Künne. Mit einigen früheren Botschaftern besteht der freundschaftliche Kontakt bis heute. Das Sudetendeutsche Büro arbeitet konsequent mit den höchsten Vertretern des
PRAGER SPITZEN Berliner Auswärtigen Amtes zusammen, und zwischen den beiden Institutionen herrscht ein hohes Vertrauen. Der Leiter des Prager Büros Peter Barton (seit der Gründung 2002) und Botschafter Künne waren sich auch bei diesem Treffen einig, daß es sich 2024 um ein gutes Jahr handelte, da die Sudetendeutschen und Tschechen sehr gute Ergebnisse in der Annäherung und Verständigung auf dem Weg zur Versöhnung erreichen konnten. Wir sind gespannt, welcher deutsche Botschafter das Sudetendeutsche Büro im Advent 2025 besuchen wird.
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ie tschechische Armee hat in der Nacht auf Sonntag ihre Hilfe für die Hochwassergebiete beendet. Während der knapp drei Monate seit der Flutkatastrophe vom September wurden insgesamt 5400 Soldaten bei den Aufräum- und Wiederaufbauarbeiten eingesetzt. Zuletzt waren 180 Soldaten mit 80 Großgeräten im Einsatz. Die Flutwelle betraf vor allem Gebiete in den Kreisen Mährisch-Schlesien und Olmütz. Dabei starben 13 Menschen oder werden bis heute vermißt. Die Schäden wurden mit bis zu 70 Milliarden Kronen (2,77 Milliarden Euro) beziffert. Zu Anfang waren bis zu 1300 Soldaten in den betroffenen Gebieten im Einsatz. Neben vielen weiteren Organisationen hatte auch die Sudetendeutsche Landsmannschaft eine Spendenaktion gestartet und einen fünfstelligen Betrag an die Caritas in Tschechien weitergeleitet.
Großputz vor Weihnachten
F Pfingsten 2023: Martina Miksch (links) stimmte mit der Böhmerwald Sing- und Volkstanzgruppe München die Regensburger musikalisch auf den Sudetendeutschen Tag ein. Rechts: Bundesvorstandsmitglied Margaretha Michel und Steffen Hörtler, stellvertretender Bundesvorsitzender und Landesobmann Bayern, bei der Kranzniederlegung für die Opfer der Vertreibung auf dem Bismarckplatz in Regensburg. Fotos: Torsten Fricke
SL-Bundesvorstand verabschiedet Motto des 75. Sudetendeutschen Tags an Pfingsten 2025 in Regensburg:
„Aus Krieg und Vertreibung lernen. Für Frieden und Freiheit kämpfen.“ Es ist ein besonderes Jubiläum: An Pfingsten 2025, vom 6. bis 8. Juni, findet in Regensburg der 75. Sudetendeutsche Tag statt. Das Motto lautet „Aus Krieg und Vertreibung lernen. Für Frieden und Freiheit kämpfen.“, hat der Bundesvorstand der Sudetendeutschen Landsmannschaft unter Vorsitz von Bernd Posselt am Samstag in München einstimmig entschieden.
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die Lieferung von Energie aus erneuerbaren Quellen vor. Nach eigenen Angaben will ČEZ künftig bis zu 5,5 Gigawatt grünen Stroms durch das Netz leiten.
Hopfenernte war durchschnittlich
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ie Hopfenernte in Tschechien fällt in diesem Jahr auf durchschnittlichem Niveau aus. Insgesamt wurden 6494 Tonnen eingebracht, was 500 Tonnen weniger sind als 2023, hat das Zentrale Agrar-Forschungsund Kontrollinstitut (ÚKZÚZ) am Montag mitgeteilt. Demnach sind die Schäden durch die Frühjahrsfröste dank einer günstigen Wetterlage mit Wärme und Regen Anfang August ausgeglichen worden. Der Durchschnittsertrag liegt dieses Jahr bei 1,34 Tonnen Hopfen pro Hektar. Im vergangenen Jahr hatte er 1,44 Tonnen betragen.
Waffenproduzenten steigern Umsatz
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ie tschechische Industrie- und Rüstungsholding Czechoslovak Group (CSG) ist zu den hundert größten Waffenherstellern weltweit aufgestiegen. Laut einer Studie, die das Stockholmer Institut für internationale Friedensforschung (sipri) am Montag veröffentlicht hat, liegt der Waffenkonzern auf Platz 89. Weiter heißt es in dem Bericht, daß die 100 größten Firmen ihren Gesamtumsatz im vergangenen Jahr um 4,2 Prozent auf insgesamt 632 Milliarden US-Dollar (601 Milliarden Euro) steigern konnten.
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Doppel-Sieg für Ewa Farna
ängerin Ewa Farna ist wie im Vorjahr mit dem Publikumspreis Český slavík (Tschechische Nachtigall) als beliebtester Musikstar Tschechiens ausgezeichnet worden. Auch in der Kategorie beliebteste Sängerin war Farna erfolgreich. Zum beliebtesten Sänger wurde wie 2023 Marek Ztracený gewählt. Beliebteste Band ist ebenfalls erneut Kabát. Der Publikumspreis der Musik wird seit 1962 vergeben. Häufigste Gesamtsiegerin ist Lucie Bílá mit 21 Siegen, gefolgt von Karel Gott mit 20 Siegen.
Sudetendeutsche Zeitung Höhepunkt des Sudetendeutschen Tags 2023 in Regensburg: Nach dem Einzug der Fahnenabordnungen folgten die Festreden von Schirmherr und Ministerpräsident Markus Söder sowie von Volksgruppensprecher Bernd Posselt. burg und den böhmischen Ländern mit ihren beiden Heimatvölkern sowie der verwandtschaftlichen Beziehungen der Bürger der ehemals freien Reichsstadt Regensburg zu den Deutschen
Böhmens, Mährens und Schlesiens, aber auch der Leistungen der heimatvertriebenen sudetendeutschen Neubürger nach 1945 zum Wiederaufbau der Stadt Regensburg“, hatte die Stadt an der
Donau am 10. November 1951 die Patenschaft für die Sudetendeutschen übernommen. „Wir Sudetendeutsche fühlen uns deshalb in Regensburg besonders wohl“, so Posselt.
Sudetendeutsche Dialoge über Integration
n diesem Jahr kooperierte das Sudetendeutsche Museum erstmals mit dem Goethe-Institut. Die Veranstaltungen an den Sitzen der beiden Organisationen standen unter dem Motto „Flucht, Vertreibung, Einwanderung: Strategien der Inte-
ČEZ investiert in Netzausbau
as halbstaatliche Energieunternehmen ČEZ nimmt bei der Europäischen Investitionsbank (EIB) einen Kredit von 400 Millionen Euro auf. Das Geld ist vor allem zur Modernisierung und Erweiterung des Stromversorgungsnetzes in Tschechien gedacht. Diese Arbeiten sollen demnach bis zum Jahr 2026 umgesetzt werden. Sie sehen auch einen Infrastrukturausbau für
Gemeinsame Veranstaltung des Sudetendeutschen Museums und des Goethe-Instituts
„Mit den Sudetendeutschen Dialogen erschließt das Sudetendeutsche Museum neue Zielgruppen und bringt noch mehr Menschen in Kontakt mit unseren Anliegen“, hat Volksgruppensprecher Bernd Posselt die Initiative von Museumsdirektor Dr. Stefan Planker gelobt, der das jährliche Veranstaltungsformat 2022 eingeführt hat.
ast die Hälfte aller Tschechen macht jedes Jahr vor Weihnachten daheim einen Großputz. Dies geht aus einer Umfrage der Privatkreditfirma Home Credit hervor. Weiter heißt es, weitere 36 Prozent der Tschechen würden zumindest alle paar Jahre vor den Weihnachtsfeiertagen aufräumen und putzen. Am eifrigsten putzen die 27- bis 35jährigen Tschechen, insbesondere auf dem Land. Weniger beliebt ist der Vorweihnachtsputz in den Großstädten. Hier wischen und staubsaugen nur 20 Prozent der Bewohner ihr Daheim vor den Feiertagen.
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an wolle damit deutlich machen, daß fast 80 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg wieder Krieg und Vertreibung mitten in Europa für unendliches Leid sorgen, erklärte Volksgruppensprecher Bernd Posselt und sagte: „Unsere Antwort als Volksgruppe, die Teil der europäischen Wertegemeinschaft ist, kann darauf nur lauten, für Frieden und Freiheit zu kämpfen.“ Nach 2019 und 2023 ist Regensburg zum dritten Mal Gastgeber eines Sudetendeutschen Tags. „Eingedenk der jahrhundertealten historischen und kulturellen Bindungen zwischen der ersten deutschen Residenz und bayerischen Hauptstadt Regens-
Armee beendet Flut-Einsatz
Zum Abschluß der Sudetendeutschen Dialoge diskutierten im Sudetendeutschen Haus (von links): Britta Coy, Dr. Gundula Bavendamm, Volksgruppensprecher Bernd Posselt und Prof. Dr. Vural Ünlü. Fotos: Torsten Fricke gration?“ Den Auftakt bildeten Vorträge von Dr. Gundula Bavendamm, Direktorin des Dokumentationszentrums Flucht, Vertreibung, Versöhnung, und von Britta Coy, Leitung Juno – eine Stimme für geflüchtete Frauen. Anschließend sprachen die Geschwister Rama und Moha-
med Abdulhadi aus Syrien, die Ukrainerin Mariia Yermak und der Türke Sultan Kinali sowie Dr. Raimund Paleczek vom Sudetendeutschen Museum in moderierten Runden über Flucht, Arbeitsmigration beziehungsweise Vertreibung. Nach dem Wechsel vom Goe-
the-Institut ins Sudetendeutsche Haus folgten am Nachmittag Impulsvorträge von Diagne Awa aus dem Senegal, Prof. Dr. Vural Ünlü, Vorstandssprecher der Türkischen Gemeinde in Bayern, und Dr. Ortfried Kotzian, Vorstandsvorsitzender der Sudetendeutschen Stiftung, der über die Phasen der Vertreibung während und nach dem Zweiten Weltkrieg berichtete. Den Abschluß bildete eine Podiumsdiskussion, die Fabian Riemen zum Leitthema Integration moderierte und an der auch Volksgruppensprecher Bernd Posselt teilnahm. Das Schlußwort übernahm Dr. Petra Lobil, Bayerns Beauftragte für Aussiedler und Vertriebene.
ISSN 0491-4546 Erscheint wöchentlich freitags. Redaktionsschluß Veranstaltungstermine: Freitag 18.00 Uhr. Redaktionsschluß Montag 18.00 Uhr. Chefredaktion und verantwortlich für den Inhalt: Torsten Fricke, Nadira Hurnaus. Kulturredaktion: Susanne Habel. Korrespondent in Prag: Dr. Jaroslav Šonka; Korrespondentin in Teplitz-Schönau: Jutta Benešová; Korrespondenten im Isergebirge: Petra Laurin; Korrespondent in Berlin: Ulrich Miksch. Ständige Mitarbeit: Peter Barton, Markus Bauer, Josef Grimm, Professor Dr. Rudolf Grulich, Dr. Wolf-Dieter Hamperl, Kathrin Hoffmann, Peter Pawlik, Karl Reitmeier und Lexa Wessel. Anschrift für alle: Hochstraße 8, 81669 München. Redaktion: eMail zeitung@sudeten.de; Verlag: Telefon (0 89) 48 00 03 80, eMail svg@sudeten.de. Jahres-Abonnement 2023 Inland als Postvertriebsstück im Lastschriftverfahren 125,00 EUR einschließlich 7 Prozent Mehrwertsteuer. Ausland 154,00 EUR, Luftpost auf Anfrage. Reichenberger Zeitung (24 Ausgaben jährlich) 62,50 EUR, Neudeker Heimatbrief oder einer der Regionalblöcke (Block 1 – Aussiger Bote, Leitmeritzer Heimatbote; Block 2 – Elbogener Heimatbrief, Falkenauer Heimatbrief, Karlsbader Heimatzeitung/Karlsbader Badeblatt, Luditzer Heimatbrief, Der Egerländer, Egerer Zeitung; Block 3 – Isergebirgs-Rundschau, Sternberger Heimat, Zuckmantler Heimatbrief; Block 4 – Riesengebirgsheimat) (12 Ausgaben jährlich) 31,25 EUR. Je Rechnung 2,00 EUR Aufschlag. Bankverbindung: Postbank München – IBAN: DE13 7001 0080 0005 7278 08, BIC: PBNKDEFF; Abbestellungen mit einer Frist von vier Wochen zum Vierteljahresschluß schriftlich an den Verlag. Anzeigenpreisliste Nr. 13 vom 1. Januar 2021; Anzeigengestaltung erst nach Auftrag. © 2023 Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft. Diese Zeitung ist mit allen Texten und Bildern urheberrechtlich geschützt. Nachdruck, Vervielfältigung und Verwertung – insbesondere auch Weitergabe in Form von Kopien oder Einstellen ins Internet – sind ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar, soweit sich aus dem Urheberrecht nichts anderes ergibt. Mit vollem Namen gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder der Sudetendeutschen Landsmannschaft wieder. Gerichtsstand und Erfüllungsort München. Kein Entschädigungsanspruch bei Nichterscheinen oder Nichtlieferung infolge Streik oder höherer Gewalt. Keine Gewähr für nicht angeforderte Manuskripte, Bilder, Dokumente, Datenträger und Daten. Alle datenschutzrechtlichen Vorschriften werden beachtet; Einzelheiten unter www.sudeten.de Sudetendeutsche Verlagsgesellschaft mbH, HRB München 3796. Geschäftsführer und verantwortlich für Anzeigen: Torsten Fricke. Alleiniger Anteilseigner: Sudetendeutsche Landsmannschaft, Hochstraße 8, 81669 München. Druck und Versand: Presse-Druck- und Verlags-GmbH, 86167 Augsburg.
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� Europaminister Eric Beißwenger würdigt zum zehnjährigen Jubiläum die Bayerische Repräsentanz in Prag
Bayerisch-tschechische Freundschaft
„Das Palais Chotek ist es ein sichtbares Zeichen der Freundschaft zwischen Bayern und Tschechien“, hat Bayerns Europaminister Eric Beißwenger bei der Festmatinée zum zehnjährigen Jubiläum der Bayerischen Repräsentanz in Prag erklärt.
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ieser Ort atme tschechische und europäische Kulturgeschichte und sei mit den Menschen in Prag engstens verbunden. „Seit 2014 ist in dieser weiß-blauen Begegnungsstätte eine Atmosphäre entstanden, in der Menschen aus Bayern und Tschechien zusammenkommen, sich austauschen und Freundschaft schließen“, so der Minister. Umrahmt wurde die Festmatinée von einem Adventsmarkt,
Staatssekretär Martin Schöffel und Minister Eric Beißwenger schauen Holzbildhauermeister Norbert Tuffek über die Schulter.
der erstmals in der Repräsentanz veranstaltet wurde. Die Repräsentanz war am 4. Dezember 2014 durch den bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer und den tschechischen Premierminister Bohuslav Sobotka eröffnet worden.. Unter den Gästen der Festmatinée waren Steffen Hörtler, stellvertretender Bundesvorsitzender der Sudetendeutschen Landsmannschaft und Landesobmann Bayern, Christa Naaß, Präsidentin der Sudetendeutschen Bundesversammlung, Ko-Bundesvorsitzende der Seliger-Gemeinde und Generalsekretärin des Sudetendeutschen Rats, Heimatpflegerin Christina Meinusch sowie Dr. Ivana Červenková, Tschechiens Generalkonsulin in München. TF
Bei der Festmatinée in Prag (von links): Steffen Hörtler, stellvertretender SLBundesvorsitzender, Dr. Ivana Červenková, Tschechiens Generalkonsulin in München, Minister Eric Beißwenger und Christa Naaß, unter anderem Präsidentin der Sudetendeutschen Bundesversammlung. Fotos: Staatskanzlei
� Jahrestagung auf dem Heiligenhof in Bad Kissingen
Sudetendeutscher Heimatrat blickt auf 80 Jahre Vertreibung
Mit einem Fokus auf grenzüberschreitende Zusammenarbeit und intergenerationelles Engagement hat sich der Sudetendeutsche Heimatrat unter Leitung seines Vorsitzenden Franz Longin bei seiner zweitägigen Jahrestagung am Heiligenhof in Bad Kissingen befaßt.
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ach der Eröffnung der Tagung durch Franz Longin begrüßte Steffen Hörtler als Stiftungsdirektor des Heiligenhofs die Anwesenden und verwies auf die historische Bedeutung, die dem Heiligenhof als erstem Stück gemeinschaftlichen Eigentums von Vertriebenen zukomme. Hans Knapek, Stiftungsratsvorsitzender des Sudetendeutschen Sozial- und Bildungswerks, ging in seinem Grußwort ebenfalls auf die Geschichte des Heiligenhofs ein, der im Jahr 1952 für die Sudetendeutschen habe erworben werden können. Knapek sprach über die Erfolge des Heiligenhofs und benannte dabei die deutsch-tschechische Zusammenarbeit als weiter zu vertiefendes Betätigungsfeld. Für das bevorstehende Gedenkjahr 2025 kündigte er drei Seminare an, in deren Rahmen sich der Heiligenhof mit dem Weg zur Vertreibung, dem Jahr 1945 und der eigentlichen Vertreibung, überwiegend ins Jahr 1946 fallend, auseinandersetzen werde. Franz Longin betonte, daß das kommende Jahr zum einen 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ein Gedenkjahr werde, zum anderen ein politisch turbulentes Jahr mit der Bundestagswahl voraussichtlich am 23. Februar, dem Amtsantritt von Donald Trump als US-Präsident und den zahlreichen weltweiten Krisen. Zur Vorbereitung auf 2025 sei die Stärkung der Basisarbeit durch Vitalisierung der Heimatkreise das Gebot der Stunde, ebenso wie die Vertiefung der menschlichen Verbindungen in die Tschechische Republik. Hans Knapek rief die Anwesenden dazu auf, Ideen für die Gestaltung des Gedenkjahrs zu sammeln. Auf besonderes Interesse stieß dabei die Initiative von Edmund Schiefer, Bezirksobmann der Sudetendeutschen Landsmannschaft Schwaben, Zeitzeugenberichte an Gymnasiallehrer zu übermitteln und – mit Finanzierung des Bezirks Schwaben – eine schülergerechte Ausstellung zur Vertreibung zu erarbeiten, die allen Gymnasien zwischen Oettingen und Oberstdorf zur Verfügung gestellt werde.
Dr. Ortfried Kotzian, Vorstandsvorsitzender der Sudetendeutschen Stiftung, referierte auf der Jahrestagung des Heimatrats über die Erinnerungskultur. Fotos: David Heydenreich Professor Dr. Ulf Broßmann, stellvertretender Vorsitzender des Sudetendeutschen Heimatrates und Vorsitzender der Arbeitsgruppe Friedhöfe, betonte, daß Gedenkinitiativen auch in der Tschechischen Republik erfolgreich seien. Als Beispiel nannte er ein Denkmal für die Opfer eines Massakers durch die Rote Armee im Kuhländchen, das auf tschechische Initiative hin aufgestellt worden sei. Laut Hans Knapek bringen die Gedenkjahre 2025 und 2026 für die Heimatgliederung die Aufgabe mit sich, deutschen und tschechischen Zielgruppen den Ablauf der Vertreibung darzustellen, während es an der Gebietsgliederung sei, der Öffentlichkeit die Ankunft der Vertriebenen in den jeweiligen Gemeinden nahezubringen. Als erster Referent brachte Dr. Ortfried Kotzian, Vorstandsvorsitzender der Sudetendeutschen Stiftung, den Anwesenden die Thematik der Erinnerungskultur im Kontext des Sudetendeutschen Museums und der Heimatstuben nahe und setzte sich am Ende mit dem Weg der Sudetendeutschen in die Zukunft auseinander – laut Longin eine „Gewissenserforschung der Volksgruppe“. In seiner Eröffnung wies Dr. Kotzian darauf hin, daß dem Erinnern die Problematik innewohne auszuwählen, was erinnerungswürdig sei und was nicht. Aktuelle geschichtspolitische Ansätze, die Vertreibung von 12 bis 14 Millionen Deutschen unter „Migration“ zu fassen, stufte er als verschleiernd und verharmlosend ein. So impliziere eine der-
artige Formulierung, die Vertriebenen seien freiwillig gegangen. Im Anschluß an eine Schilderung der Ankunft seiner Familie in Illertissen konstatierte Kotzian, daß Erinnerungskultur ungemein vielfältig sei und jeder sich anders erinnere. Heimatstuben seien in der Nachkriegszeit ein Ausdruck des Erinnerns gewesen, der den Sudetendeutschen dazu diente, das Verlorene festzuhalten. Allein in Bayern habe es 300 Heimatstuben gegeben, in der restlichen Bundesrepublik und in Österreich waren es nochmals 100. Heute habe die Zahl der Heimatstuben stark abgenommen, und über 20 Heimatstuben seien vom Sudetendeutschen Museum übernommen worden. Das Museum sei bewußt kein Vertreibungsmuseum, sondern ein kulturhistorisches Museum, dessen wichtigster Sinn darin bestehe, auf die kulturellen Leistungen der Sudetendeutschen hinzuweisen und damit auch das Selbstwertgefühl einer Volksgruppe zu stärken, die im Nachkriegsdeutschland jahrzehntelang Ressentiments der Einheimischen erlebt habe. Mit Blick auf die Zukunft erklärte Dr. Kotzian, daß sowohl die Abfolge der Generationen als auch der Verlust der Mundart und die gesellschaftliche Mehrheitsmeinung die sudetendeutsche Identität bedrohten. Dementsprechend müsse man sich Gedanken darüber machen, wie die Volksgruppe in Zukunft überleben könne, wobei die Betrachtung unterschiedlicher Minderheitenfragen wertvolle Anregungen biete. Während jedoch bei den Sorben die Pflege ihrer Spra-
che als Schutz vor der Assimilation diene, sei dies auf die Sudetendeutschen, die schließlich ins eigene Volk vertrieben worden seien, nicht anwendbar. Kotzian formulierte fünf Voraussetzungen für den Erhalt der Volksgruppe: erstens die Weitergabe der Herkunftsidentität an die Nachkommen, zweitens die Erzeugung eines positiven Bildes der Sudetendeutschen in der Öffentlichkeit, drittens die Schaffung eines Zentrums der Volksgruppe, viertens die Sicherung einer eigenen wirtschaftlichen Basis und fünftens die Gewinnung junger Eliten. Um Letzteres sicherzustellen, müsse eine pädagogisch-methodisch-didaktische Form gefunden werden, Personen ohne Vorkenntnisse die sudetendeutsche Thematik optimal zu vermitteln. Als zweiter Referent des Tages widmete sich Steffen Hörtler der Thematik der sudetendeutsch-deutsch-tschechischen Beziehungen und den damit verbundenen Herausforderungen. Dabei verwies er auf die Wichtigkeit der gemeinsamen Betrachtung der Vergangenheit als Grundlage für die Gestaltung der Zukunft. Als positives Beispiel nannte er den tschechischen Staatspräsidenten Petr Pavel, der sich bei Volksgruppensprecher Bernd Posselt für die Rolle der Sudetendeutschen bei der Verbesserung der deutschtschechischen Beziehungen bedankt habe. Um die Sichtbarkeit der Sudetendeutschen und die Berücksichtigung ihrer Interessen zu gewährleisten, sei es, so Hörtler, von großer Bedeutung, daß ih-
re Repräsentanten überall dort anwesend seien, wo über die deutsch-tschechischen Beziehungen gesprochen wird. Über den Erhalt und die Wiederherstellung deutscher Friedhöfe und Gräber in der Tschechischen Republik berichtete Professor Dr. Ulf Broßmann als Vorsitzender der Arbeitsgruppe Friedhöfe und erläuterte die Entwicklung bis zur „Konferenz zum Thema Gräber der Deutschen und anderer Nationalitäten in der Tschechischen Republik“, zu der Außenminister Jan Lipavský am 28. April 2023 ins Palais Czernin eingeladen hatte. Ergebnis der Konferenz sei gewesen, daß die Tschechische Republik eine Gesamtlösung für die über 100 000 sudetendeutschen Gräber und etwa 6 000 sudetendeutschen Friedhöfe auf ihrem Staatsgebiet erarbeiten und finanzieren wolle, um das Kulturerbe zu erhalten und ein Zeichen der Versöhnung zu setzen. Einen Rückschlag in den Bemühungen um Gräberpflege habe die Zerstörung eines sudetendeutschen Friedhofs im nordostböhmischen Hermsdorf/Heřmánkovice auf Anweisung der Bürgermeisterin dargestellt. Dies habe, so Professor Broßmann, deutlich die Notwendigkeit vor Augen geführt, einen Status für die deutschen Gräber zu schaffen und sie damit staatlichem Schutz zu unterstellen. Am 7. November 2023 sei es in Prag zu einer ersten gemeinsamen Arbeitskonferenz der Arbeitsgruppe Friedhöfe im Sudetendeutschen Heimatrat und der Arbeitsgruppe Funeralien in der Tschechischen Republik gekommen. Den von der beauftragten Technologieagentur erstellten Forschungsbericht des tschechischen Außenministeriums hätten die beiden Arbeitsgruppen am 30. November 2023 erhalten. Zu den darin empfohlenen Maßnahmen zähle auch die Einrichtung einer Datenbank zur digitalen Erfassung der Gräber. Mit dem Jahreswechsel 2023/24 sei die Zuständigkeit für die deutschen Gräber in Tschechien vom Außenministerium auf das Ministerium für regionale Entwicklung übergegangen, das somit als Hauptgeldgeber der Gräberpflege bis zur Bereitstellung von Geldern der Europäischen Union ab 2028 vorgesehen sei. Für den 19./20. November 2024 sei ein Informationsseminar in München organisiert worden, das Vertreter der tschechischen Regierung mit den Arbeitsgruppen zusammenbringen solle. David Heydenreich
Vorsitzender Franz Longin überreicht die Urkunde an Kurt Stepke, Links: Vize Prof. Dr. Ulf Broßmann.
� Heimatrat
Dank an neue Kreisbetreuer Auf der Jahrestagung des Sudetendeutschen Heimatrates hat der Vorsitzende Franz Longin die neuen Kreisbetreuer vorgestellt.
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er Urkunde bestellte der Bundesverband der Sudetendeutschen Landsmannschaft Kurt Stepke als Kreisbetreuer des Heimatkreises Oberes Adlergebirge, Sonja Jendras als Kreisbetreuerin des Heimatkreises Friesethal, und Lorenz Loserth als Kreisbetreuer des Heimatkreises Jägerndorf. Zum Dank für seine jahrelange Tätigkeit als ehemaliger Kreisbetreuer des Heimatkreises Grulich erhielt Karl Mück die Dankurkunde des Sprechers.
� Markus Decker berichtet
Erfolg auf Facebook Markus Decker, Landesobmann der Sudetendeutschen Landsmannschaft Hessen, hat auf der Jahrestagung des Heimatrates über den aktuellen Stand der Facebook-Gruppen der Heimatgliederung berichtet.
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ach dem Vorbild der Gruppe zur Heimatlandschaft Riesengebirge habe er im März 2021 für jede übrige Heimatlandschaft je eine Facebook-Gruppe ins Leben gerufen. Diese Gruppen wiesen inzwischen rund 8 000 Mitglieder, 20 000 Kommentare und 150 000 Reaktionen auf.
� Bundesversammlung
Wahl am 5. und 6. April Am Ende der Jahrestagung des Sudetendeutschen Heimatrates hat Franz Longin die Anwesenden dazu aufgerufen, sich den 5. und 6. April 2025 vorzumerken.
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n diesem Wochenende soll in München die Wahl zur Bundesversammlung für den Heimatrat stattfinden.
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TERMINE
Sudetendeutsche Zeitung Folge 49 | 6.12.2024
Im Foyer des Sudetendeutschen Museums
Weihnachtsausstellung Bis Donnerstag, 12. Januar: Weihnachtsausstellung im Foyer, Sudetendeutsches Museums, Hochstraße 10, München. Eintritt frei. Eine Präsentation von Sammlungsobjekten des Sudetendeutschen Museums widmet sich dem Thema Advent und Weihnachten. Die in vier Vitrinen ausgestellten Exponate veranschaulichen, mit welchem Schmuck, mit welchen Handwerkskünsten und mit welchen Bräuchen diese besondere Zeit des Jahres vom Böhmerwald bis zum Erzgebirge zelebriert wurde. Dabei wird auch gezeigt, wie es in historisch schwierigen Zeiten gelang, mit einfachen Mitteln eine weihnachtliche Stimmung aufkommen zu lassen, und welche Traditionen nach
Sonderausstellung in der Alfred-Kubin-Galerie zum 100. Todestag
Kafkas Spiele – Hry Franze Kafky Bis Sonntag, 2. Februar, Literaturmuseum Prag und Adalbert Stifter Verein: Kafkas Spiele – Hry Franze Kafky“. Die Ausstellung präsentiert literarische und biografische Texte Franz Kafkas sowie dazu passende Artefakte und Dokumente aus der Sammlung des tschechischen
Literaturmuseums. Öffnungszeiten: dienstags bis sonntags 10.00–18.00 Uhr (Weihnachten und Silverster geschlossen). Zur Ausstellung wird ein Begleitprogramm (siehe unten) angeboten. Sudetendeutsches Haus, AlfredKubin-Galerie, Hochstraße 8, München. Fotos: Torsten Fricke
der Vertreibung in der neuen Heimat weitergelebt wurden. So zum Beispiel das in liebevoller Handarbeit bestickte Deckchen aus dem frühen 20. Jahrhundert. Auf jeder der vier Seiten zeigt es den Weihnachtsmann, der begleitet von zwei kerzentragenden Engeln den mit Geschenken und Christbaum bepackten Esel führt.
Konzert und Stehempfang
Die Mundart der Banater Schwaben Bis Sonntag, 2. Februar,
Egerland-Museum: Ausstellung „Der Herrgott, Marktredwitz und die Alpen – die Krippen vom Schloß Brand“. Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag von 14.00 bis 17.00 Uhr. Begleitprogramm zur Sonderausstellung unter www.egerlandmuseum.de Egerland-Museum, Fikentscherstraße 24, Marktredwitz. Freitag, 6. Dezember, 18.00 Uhr, Seliger-Gemeinde: Online-Veranstaltung „Arbeit gestern und heute: Vertretung war und ist immer wichtig“. Christa Naaß, Ko-Bundesvorsitzende der Seliger-Gemeinde, im Gespräch mit Dr. Carsten Sieling von der Arbeitnehmerkammer Bremen. Zugang: https://us06web.zoom. us/j/85617080903 Samstag, 7. Dezember, 14.30 Uhr, SL-Ortsgruppe Stuttgart-Weilimdorf: Weihnachtsfeier. Haus der Begegnung, Giebelstraße 14, Stuttgart. Samstag, 7. Dezember, 18.00 Uhr, Sudetendeutsches Musikinstitut (Träger: Bezirk Oberpfalz): Benefizkonzert der Violinklasse Jewgeni Kerschner (Hochschule für katholische Kirchenmusik und Musikpädagogik Regensburg). Auf dem Programm stehen Werke vom Barock bis in die Gegenwart in solistischer und kammermusikalischer Besetzung. Eintritt frei. Bezirk Oberpfalz, Festsaal, Ludwig-Thoma-Straße 14, Regensburg. Sonntag, 8. Dezember, 14.00 Uhr, Ackermann-Gemeinde Augsburg: Adventsnachmittag. Haus St. Ulrich, Kappelberg 1, Augsburg. Sonntag, 8. Dezember, 16.00 Uhr, SL-Kreisgruppe und SL-Ortsgruppe Stuttgart-Weilimdorf: 52. Stuttgarter Adventssingen. Anmeldung und Kartenbestellung bei Waltraud Illner per Telefon unter (07 11) 86 32 58 oder per eMail an illner@sudeten-bw.de Liederhalle, Mozarthalle, Berliner Platz 1–3, Stuttgart. Montag, 9. Dezember, 19.00–21.00 Uhr, Dr. Erich Sepp: Offenes böhmisch-bairisches
VERANSTALTUNGSKALENDER Adventssingen. Sudetendeutsches Haus, Adalbert-StifterSaal, Hochstraße 8, München. Mittwoch, 11. Dezember, 15.00 Uhr, SL-Kreisgruppe Krefeld: Monatstreffen der Frauengruppe. Pfarrheim der katholischen Kirche Hl. Schutzengel, Hauptstraße 18, Krefeld-Oppum. Mittwoch, 11. Dezember, 18.00 Uhr, Deutsches Kulturforum östliches Europa: „Tonkünstler im Rundfunk: Das Königsberger Streichquartett.“ Konzert mit Einführungsvortrag. Haus der Heimat, Großer Saal, Schloßstraße 92, Stuttgart. Donnerstag, 12. Dezember, 14.00 Uhr, Bruna: Heimatnachmittag im Advent. Haus des Deutschen Ostens, Am Lilienberg 5, München. Samstag, 14. Dezember, 10.00–12.00 Uhr, Sudetendeutsches Museum: Museum mit allen Sinnen. Für Kinder ab fünf Jahren und Erwachsene mit und ohne Sehbehinderung. Treffpunkt Museumskasse Hochstraße 10, München. Teilnahme: Museumseintritt (Kinder frei), Anmeldung per eMail an anmeldung@sudetendeutschesmuseum.de oder unter Telefon (0 89) 48 00 03 37, Treffpunkt Museumskasse, Hochstraße 10, München. Samstag, 14. Dezember, 14.30 Uhr, SL-Ortsgruppe Erlangen und Ackermann-Gemeinde: Vorweihnachtliche Feier. Café Rathsstift, Rathsberger Straße 63, Erlangen. Samstag, 14. Dezember, 15.00 Uhr, SL-Kreisgruppe Krefeld: Monatstreffen. Niederrheinischer Hof, Hülser Straße 398, Krefeld. Samstag, 14. Dezember, 15.30 Uhr, Deutsches Kulturforum östliches Europa: „Die Russen kommen! – Schicksal der Siebenbürger Sachsen aus Nordsiebenbürgen“. Dokumentarfilm von Günter Czernetzky mit anschließendem Gespräch. Bundesplatz-Kino, Bundesplatz 14, Berlin. Montag, 16. Dezember,
18.00 Uhr, Stiftung GerhartHauptmann-Haus: „Es war einmal … im östlichen Europa“. Märchen für Erwachsene mit der Erzählerin Birgit Fritz. GerhartHauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf. Dienstag, 17. Dezember, bis Freitag, 31. Januar 2025, Stiftung Gerhart-HauptmannHaus: Ausstellung „Versöhnung für Europa“. Gerhart-Hauptmann-Haus, Bismarckstraße 90, Düsseldorf.
2025 Dienstag, 7. Januar, 14.30 Uhr, SL-Ortsgruppe Rückersdorf: Filmvorführung. Anmeldung bei Bärbel und Otmar Anclam (Telefon (09 11) 57 63 76, Mobil 01 74 1 67 50 96, eMail otmar.anclam@gmx.de Schmidtbauernhof, Schloßgasse 15, Rückersdorf. Donnerstag, 9. Januar, 19.00 Uhr: Adalbert Stifter Verein: Buchvorstellung „Kafkas Werkstatt“ von Andreas Kilcher im Rahmen der Sonderausstellung „Kafkas Spiele“. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München. Samstag, 18. Januar, 18.00 Uhr, Sudetendeutsches Musikinstitut (Träger: Bezirk Oberpfalz): „Junge Musiker begrüßen das neue Jahr“. Auf dem Programm stehen Werke vom Barock bis in die Gegenwart in solistischer und kammermusikalischer Besetzung. Eintritt frei. Bezirk Oberpfalz, Festsaal, Ludwig-Thoma-Straße 14, Regensburg. Donnerstag, 23. Januar, 14.30 Uhr, Ackermann-Gemeinde Bamberg: Literaturcafé. Autorin Sabine Dittrich liest aus ihrer Erzählung „Goldbachtal“. Bistumshaus St. Otto, Raum U80, Heinrichsdamm 32, Bamberg. Donnerstag, 23. Januar, 19.00 Uhr: Adalbert Stifter Verein: „Ich stehe auf einem wüsten Stück Boden“. Lesung mit Musik und Bewegung im Rahmen der Sonderausstellung „Kafkas Spiele“. Sudetendeutsches Haus,
Hochstraße 8, München. Mittwoch, 29. Januar, 16.00 Uhr: Adalbert Stifter Verein: „Playing Kafka“. Videospiel in Deutsch, Englisch und Tschechisch im Rahmen der Sonderausstellung „Kafkas Spiele“. Münchner Stadtbibliothek im Motorama, Rosenheimer Straße 30–32, München. Freitag, 14. bis Sonntag, 16. Februar: 61. Münchner Sicherheitskonferenz. Hotel Bayerischer Hof, Promenadeplatz, München. Sonntag, 23. Februar, 8.00 –18.00 Uhr: Bundestagswahl. Samstag, 29. März, Sudetendeutsche Landsmannschaft – Bundesverband: Verleihung der Sudetendeutschen Förderpreise. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München. Dienstag, 1. bis Mittwoch, 30. April, Sudetendeutsche Landsmannschaft – Bundesverband: Wahlmonat zur Sudetendeutschen Bundesversammlung. Siehe Sudetendeutsche Zeitung vom 8. November 2024, Ausgabe 45, Seite 5. Donnerstag, 8. Mai: 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs. Ausführlicher Überblick der Gedenkveranstaltungen folgt. Samstag, 31. Mai, Meeting Brno: Brünner Versöhnungsmarsch zum 80. Jahrestag des Brünner Todesmarsches. Die SL Landesgruppen Bayern und Baden-Württemberg organisieren wieder eine mehrtägige Busreise. Ausschreibung folgt. Freitag, 6. bis Pfingstsonntag, 8. Juni, Sudetendeutsche Landsmannschaft – Bundesverband: 75. Sudetendeutscher Tag in Regensburg. Ausführliches Programm folgt. Siehe Seite 2. Donau-Arena, Regensburg. Samstag, 28. bis Sonntag, 29. Juni: Sudetendeutsche Landsmannschaft – Bundesverband: Konstituierende SL-Bundesversammlung. Sudetendeutsches Haus, Hochstraße 8, München. Dienstag, 1. Juli: 80 Jahre Massaker in Aussig. Programm folgt.
Dienstag, 10. Dezember, 19.00 Uhr: Konzert „Luschdiche un ernschte Lieder iwer’s Banat“ mit anschließendem Stehempfang. Veranstaltungsort: Haus des Deutschen Ostens, Am Lilienberg 5, München. Die banatschwäbische Mundart ist ein einzigartiges Produkt, das, wie die Banater Schwaben selbst, aus der Verschmelzung verschiedener deutscher Dialekte beziehungsweise Volksstämme entstand. Dieser Thematik ist die Veranstaltung gewidmet, ohne sich allerdings in linguistischen Abhandlungen zu ver-
lieren. Vielmehr geschieht dies – nach einer kurzen Einführung durch den Kulturreferenten und Leiter des Kulturwerks Banater Schwaben, Dr. des. Michael T. Nusser, – auf musikalischem Wege: Wilfried Michl bietet eine Auswahl von ihm vertonter Gedichte in banatschwäbischer Mundart dar, die aus der Feder seines Schulkameraden aus dem Banater Orzydorf/Orţișoara, Rainer Kierer, stammen. Dr. Franz Metz übernimmt die Klavierbegleitung. Anmeldung per Telefon unter (0 89) 4 49 99 30 oder per eMail an poststelle@hdo. bayern.de
Heiligenhofer Werkwoche Sonntag, 5. bis Dienstag, 14. Januar: „Heiligenhofer Werkwoche“. Veranstaltung für handwerklich Interessierte unter der Leitung von Martina Berghardt. Bei dieser Veranstaltung werden alte handwerkliche Tätigkeiten wie Klöppeln, Knüpfen, Malen, Sticken, Weben und seit der letzten Werkwoche auch Occi mit der Nadel gepflegt beziehungsweise neu gelernt. Die Teilnahme ist offen für alle Interessenten, die ihre handwerklichen und künstlerischen Fähigkeiten ausbauen wollen und Spaß am Werken haben. Gepflegt wird auch das gesellige Beisammensein in familiärer Atmosphäre. Selbstverständlich sind auch Ehepartner, Freunde und Bekannte eingeladen. Die Partner können, falls sie am Werkeln kein Interesse haben, Bad Kissingen erkunden oder in der KissSalis-Therme entspannen. Die Kosten für die ganze Werkwoche betragen 450,00 Euro. Im Preis enthalten sind die Teilnahme an der Veranstaltung, die Übernachtung im Doppelzimmer und drei Mahlzeiten pro Tag. Der Einzelzimmerzuschlag beträgt 5,00 Euro pro Person und Nacht. Hinzu kommt noch die ermäßigte Kurtaxe von 2,00 Euro pro Nacht für Personen ab dem 18. Lebensjahr. Weitere Informationen zum Programm und zur Anmeldung über die Webseite des Heiligenhofs unter https://heiligenhof.de/unsere-seminare/ seminarprogramm/heiligenhofer-werkwoche Heiligenhof · Alte Euerdorfer Straße 1 · 97688 Bad Kissingen Telefax (09 71) 71 47 47 info@heiligenhof.de · www.heiligenhof.de
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Sudetendeutsche Zeitung Folge 49 | 6.12.2024
Multiplikatorenseminar auf dem Heiligenhof – Teil 2
Der langsame Tod der Muttersprache Wie entwickelt sich eine Minderheitssprache, wenn sie von Generation zu Generation weitergegeben wird? Mit dieser grundsätzlichen Frage beschäftigt sich Henry Ertner in seiner Promotionsarbeit am Lehrstuhl für Deutsche Sprachwissenschaft der Universität Augsburg. In seinem Vortrag im Rahmen des Multiplikatorenseminars auf dem Heiligenhof präsentierte er seine ersten Forschungsergebnisse.
ken der Bereiche Nachlässe, Sammlungen und Verbandschriftgut, überwiegend aus der Zeit nach 1945/1946, also aus der Zeit nach der Vertreibung, zusammen und wachsen auch heute noch durch Neuzugänge stetig an. Ingrid Sauer betreut hiermit eine Sammlung, die insbesondere für die historische Geschichtsforschung über die Sudetendeutschen von besonderer Bedeutung ist. Sie gewährte in ihrem Vortrag einen Einblick in den Alltag des Archivs und berichtete, daß sich insbesondere durch die Auflösung zahlreicher sudetendeutscher Heimatstuben in letzter Zeit oder die Abgabe von Privatarchiven nach dem Tod der Besitzer die Bestände inzwischen stapelten und die Mitarbeiter mit der Erfassung der Objekte kaum noch hinterherkämen. Hier hob Ingrid Sauer, fast schon etwas neidisch über die Grenze blickend, die herausragende Arbeit und die sehr gute
Henry Ertner wuchs im Schatten der Schneekoppe als Sohn heimatverbliebener Sudetendeutscher im Riesengebirge auf und forscht heute an der Universität Augsburg. Fotos: Czech Tourismn/Lubomír Stibůrek, Philipp Dippl und fruchtbare Zusammenarbeit mit den tschechischen Archiven hervor. Nicht nur, daß die tschechischen Kollegen eine schier unglaubliche Arbeit in der Erfassung und Digitalisierung von Objekten und Dokumenten leisten, auch die Zusammenarbeit mit den tschechischen Archiven funktioniert tadellos. Regelmäßig schauen tschechische Kollegen in München vorbei oder man tauscht sich beim Gegenbesuch in Tschechien
über die neuesten Entwicklungen aus. Ein Ergebnis dieser Zusammenarbeit ist das deutsch-tschechische Archivprojekt www.portafontium.eu, welches zum Ziel hat, durch den Lauf der Geschichte auseinandergerissene Archivbestände deutscher und tschechischer Archive digital wieder zusammenzuführen. Gerade in der grenzübergreifenden Zusammenarbeit liegt für Ingrid Sauer daher die große Chance deutscher und tschechischer sowie insgesamt europäischer Archive. Ein Aspekt, dem bereits mehrfach in der Vergangenheit auf europäischen sowie ost- und ostmitteleuropäischen Archivarstagungen am Heiligenhof Rechnung getragen wurde. Den dritten Teil über Ingrid Sauer verantwortet das Sudetendeutsche Archiv des das MultiplikatorensemiBayerischen Hauptstaatsarchivs und berichtete über das nar lesen Sie in der nächdeutsch-tschechische Archivprojekt Portafontium (www. sten Ausgabe. portafontium.eu). Philipp Dippl
Tschechiens ehemaliger Industrie- und Handelsminister Jozef Síkela soll Chinas Expansionsdrang eindämmen
Arbeitsbeginn für die neue EU-Kommission Knapp sechs Monate nach der Europawahl ist die neue EU-Kommission unter der Leitung von Präsidentin Ursula von der Leyen seit dem 1. Advent offiziell im Amt. Jedes EU-Land ist dabei mit einem Kommissar vertreten.
N
ach wochenlangen Diskussionen waren die 26 Kommissare erst am vergangenen Mittwoch vom Europaparlament gewählt worden. Tschechiens Premierminister Petr Fiala hatte seinen Industrie- und Handelsminister Jozef Síkela ins Rennen geschickt, der ab sofort als Kommissar den Bereich Internationale Partnerschaften verantwortet und insbesondere für die Umsetzung der „Global Gateway Initiative“ der EU zuständig ist. Das 300 Milliarden Euro schwere Investitions- und Infrastrukturprogramm soll Europas Antwort auf Chinas Neue Seidenstraße sein. „Der Neokolonialismus kommt nicht aus Europa – das sind Dinge, die wir durch chinesische oder russische Aktivitäten erleben“, hatte Síkela bei der Anhörung vor dem Europaparlament gesagt und als Beispiel davor gewarnt, daß durch die chinesischen Investitionen in der Demokratischen Republik Kongo, Peking bis 2030 die Hälfte der weltweiten Kobaltvorkommen kontrollieren könnte. Kobalt ist ein elementarer
Mut tut gut
Mensch ohne Makel D
I
m Speziellen geht es hier, ausgehend von dem in der amerikanischen Sprachwissenschaft etablierten Begriff der „Heritage Language“, um die Frage, wie eine Muttersprache, die nicht die dominante Sprache in der Herkunftsregion oder dem Herkunftsland ist, an die Kinder- beziehungsweise Enkelgeneration weitergegeben wird. Die These lautet, daß diese Muttersprache in der dritten Generation verlorengeht und die Mehrheitssprache als Erstsprache angenommen wird. Diese sehr komplexe Fragestellung betrifft Henry Ertner ganz persönlich, denn er entstammt einer sudetendeutschen Familie aus dem Riesengebirge. Seine Angehörigen gehören zu denjenigen circa 250 000 Deutschen, die nach 1945 in der Tschechoslowakei verblieben sind. Aus eigener Erfahrung weiß Ertner zu berichten, daß seine Großeltern nur Deutsch mit ihm gesprochen haben und seine Eltern nur Tschechisch. Er verlernte Deutsch und mußte seine Muttersprache selbstständig und mühevoll im Studium neu erlernen. Durch die systematische soziolinguistische Befragung zahlreicher heimatverbliebener Sudetendeutscher verschiedener Generationen konnte Hertner schließlich wissenschaftlich belegen, daß auch die Enkelgeneration der heimatverbliebenen Sudetendeutschen die deutsche Sprache weitgehend verloren hat und heute größtenteils bis ausschließlich Tschechisch spricht. Henry Ertner beendete seinen Vortrag schließlich mit den im Kontext der Forschungsergebnisse überaus nachdenklich stimmenden Aussagen Edvard Beneš’ vom „endgültigen Abschied, von der Umsiedlung ins Reich und vom Ende der Deutschen in der Tschechoslowakei“. Weit optimistischer allerdings blickt Ingrid Sauer auf ihre Arbeit. Sie ist Hauptverantwortliche für das Sudetendeutsche Archiv, welches sich als Depositum in der Abteilung V (Nachlässe und Sammlungen) des Bayerischen Hauptstaatsarchivs in München befindet. Das Sudetendeutsche Archiv dient der Bewahrung und Erforschung der Kultur und Geschichte der Sudetendeutschen. Die Bestände setzen sich zum allergrößten Teil aus historischen Schriftstük-
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EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (vorne, Mitte) mit ihren 26 Kommissaren. Letzte Reihe, dritter von links: Als tschechischer Vertreter verantwortet Jozef Síkela den Bereich Internationale Partnerschaften. Foto: EU-Kommission Grundstoff zur Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien und anderen strategisch wichtigen Produkten. Außerdem war Síkela von den Europaabgeordneten zum Thema illegale Einwanderung befragt worden und hatte dazu geantwortet, die EU müsse einen „ganzheitlichen Ansatz für ein wirksames Migrationsmanagement“ verfolgen. Dazu zählten, so der Tscheche, „ein
robustes Grenzmanagement“ und „die Zerschlagung von Schmugglernetzwerken an der Ursprungsquelle“. Besonders umstritten war die Wahl des Rechtaußenpolitikers Raffaele Fitto aus Italien zum geschäftsführenden Vizekommissionspräsidenten und Kommissar für Regionalförderung und Reformen, der aber am Ende auch die Sozialdemokraten und Liberalen zustimmten.
Mit Andrius Kubilius aus Litauen hat die EU erstmals auch einen Kommissar für Verteidigung – ein deutlicher Wink aus Brüssel in Richtung Moskau. Weitere wichtige Positionen: Die spanische Sozialdemokratin Teresa Ribera übernimmt den Geschäftsbereich Klima und Wettbewerb und soll für die Umsetzung der Klimaziele der Europäischen Union sorgen. Als Innen- und Migrationskommissar ist der Österreicher Magnus Brunner von der ÖVP verantwortlich für die Umsetzung des Asylpakts, auf den sich die EU nach jahrelangem Ringen geeinigt hatte und der 2026 voll greift. Kommissar für Industriepolitik ist der Franzose Stéphane Séjourné, EU-Außenbeauftragte die ehemalige estnische Regierungschefin Kaja Kallas und Kommissarin für Digitales die Finnin Henna Virkkunen. Für hämisches Gelächter hatte von der Leyens Entscheidung gesorgt, dem Vertreter aus Ungarn ein Ressort zu übertragen, daß in Brüssel keinerlei Relevanz hat. Oliver Varhelyi, ein Vertrauter des ungarischen Regierungschefs Viktor Orban, kümmert sich ab sofort um Tierschutz und Gesundheit, wobei wichtige Gesundheitsthemen, wie Abtreibung und Pandemie-Maßnahmen, in andere Ressorts verlagert wurden. TF
er 8. Dezember hat in der katholischen Kirche eine besondere Bedeutung. Er ist ein kirchlicher Feiertag. An ihm wird ein bedeutendes Marienfest gefeiert, das mit vollem Namen so heißt: Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria. Dieses Jahr fällt der 8. Dezember auf den Zweiten Adventsonntag, so daß das Hochfest auf den 9. Dezember verlegt wird. Allerdings gibt es eine Ausnahme: In Österreich feiert man das Marienfest doch am Sonntag. Vor vielen Jahren schon beschlossen die österreichischen Bischöfe, daß der Marienfeiertag dem Sonntag nicht weichen muß, und Rom segnete diesen Beschluß ab. Was genau feiern wir Katholiken an diesem Fest? Volkstümlich wird es in aller Regel mit einem kürzeren Namen bezeichnet: Mariä Empfängnis. Heute wird oft auch gesagt: Mariä Erwählung. Beide Bezeichnungen legen eine Spur zum Inhalt des Festes. Maria wurde wie jeder andere Mensch auf ganz natürliche Weise von ihren Eltern empfangen. Der Glaube sagt aber, daß sie von allem Anfang an erwählt war, die Mutter Jesu, des Sohnes Gottes, zu sein. Deswegen sei sie schon im ersten Augenblick ihres Daseins von aller Schuld bewahrt geblieben. Nach kirchlicher Lehre ist nämlich jedem Menschen eine angeborene und in diesem Sinne ererbte Neigung eigen, schuldig zu werden. Maria und Jesus hatten diese Neigung nicht. Sie waren frei von Schuld und Sünde. Heute mögen solche Gedankengänge schwer verständlich sein. Deshalb die Fragen: Was sagt uns dieses Fest? Worauf möchte es uns hinweisen? Worüber sollen wir nachdenken, wenn wir feiern, daß Maria ohne den Makel der Erbschuld empfangen wurde? Zunächst einmal ist es eine Realität, daß wir Menschen nicht ohne Sünde sind. Wir wollen zwar das Gute, aber denken, sprechen und handeln oft in die Gegenrichtung. Wir sehnen uns nach Heil, aber sind verstrickt in unheilvolle Zusammenhänge. Genau diese unheilvollen Zusammenhänge sind gemeint, wenn die Kirche von Erbschuld spricht. Wenn wir aus dieser Situation auf Maria schauen, dann blicken wir auf eine Frau, die vom Anfang ihres Daseins unter einem Privileg stand. Es ist das Privileg, nicht verwickelt zu sein in unheilvolle Zusammenhänge. Der Blick auf sie kann in uns eine Sehnsucht erwekken, nach dem Guten zu streben und sich um Lauterkeit im Denken, Sprechen und Handeln ständig zu bemühen. Es tut uns und der Welt nicht gut, wenn wir uns immer nur in den Strudel des Bösen hineinziehen lassen. Es braucht den Willen, sich zu verbessern. Zugleich wissen wir aber auch: Alleine schaffen wir das nicht. Maria wurde die Freiheit von Schuld und Sünde auch nicht aus sich selbst zuteil. Sie war begnadet. Das heißt, Gott hat an ihr gewirkt. So ist die Mutter Jesu für uns ein Zeichen der Hoffnung. Gott wirkt auch an uns. Er hilft uns zu erlangen, wozu wir aus eigener Kraft oft nicht fähig sind. Gerade jetzt im Advent möge uns diese Hoffnung mit einer tiefen Freude erfüllen. Dr. Martin Leitgöb CSsR Provinzial der Redemptoristen Wien-München
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Sudetendeutsche Zeitung Folge 49 | 6. 12. 2024
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Sankt Nikolaus und das Goggomobil D
er Heilige Nikolaus ist zweifellos ein alter Mann. Das beweisen allein schon sein langer grauweißer Bart und das von den vielen Sorgen um die rechte Erziehung der Kinder zerfurchte Gesicht. Jedes Jahr, wenn der Bischof von Myra zu seinem Namenstag auf die Erde kommt, ist er ein Jahr älter geworden. Das machen die Beine nur noch bei größter Willensanstrengung mit. Große Sorgen bereiten ihm auch die immer zahlreicher werdenden Geschenke, die kaum noch zu erschleppen sind. Für ein einziges Kind werden Geschenke von den Eltern, den Großeltern, Onkeln und Tanten bei ihm bestellt oder, wie man heutzutage zu sagen pflegt, in Auftrag gegeben. Und das alles, obwohl manchmal durchaus nicht feststeht, ob der Bub oder das Mädchen wirklich brav waren und so viele verschiedene Gaben redlich verdient haben. „Was soll denn das Christkind noch bringen?“, sinniert Sankt Nikolaus des Öfteren. Der Transport der Gaben hat ihn vor recht schwierige Aufgaben gestellt. Der Knecht Rupprecht, ein kräftiger Naturbursche, schafft es allein auch nicht mehr, den schweren Gabensack von einem Haus zum nächsten zu tragen. Er würde unter der Last hilflos zusammenbrechen. So beginnt für den Bischof Nikolaus schon Monate vor seinem Namenstag Anfang Dezember im Himmel eine Arbeit, um die er sich früher nie zu kümmern hatte. Er muß Stationen planen, wo jeweils ein schwerer Sack für die Kinder von einigen Familien abzustellen ist. Der Sack darf nur so schwer sein, daß Knecht Ruprecht ihn bequem tragen kann. Ist er leer, muß die nächste Station erreicht sein, und Knecht Ruprecht findet bei seinem Erdenweg den nächsten vollen Sack vor. In diesem Jahr liegt Schnee am Nikolausabend, und die Nacht ist bitterkalt. Sankt Nikolaus und sein Knecht stapfen durch den lockeren Pulverschnee, der unter ihren Füßen knirscht, überqueren beide eine Straße, dann klirren ihre Schritte auf dem hartgefrorenen Eis. Der Schnee, die Kälte und der große Sack machen beiden schwer zu schaffen. Der Heilige Nikolaus muß sich des Öfteren auf seinem Bischofsstab abstützen, um nicht auf der spiegelglatten Straße auszugleiten, und der Hosenboden des Knecht Rupprecht hat bereits mit der Erde Bekanntschaft gemacht. Allerdings wurde der Fall durch den Sack etwas aufgefangen. Einige Schokoladennikoläuse gingen dadurch zu Bruch, und mehrere Orangen wiesen erhebliche Druckstellen auf. Der Zeitplan ist schon ziemlich in Verzug gekommen, als der Erdmann Willi, ein fünfjähriger Dreikäsehoch, auf der Besucherliste steht. Der Heilige entschuldigt sich für das späte Erscheinen, berichtet von den widrigen Schnee- und Eisverhältnissen, ermahnt und lobt den kleinen Willi und schickt ihn – reich beschenkt – ins Bett. Vater Erdmann, ein gutmütiger Arbeiter in der hiesigen Spinnerei und Weberei, bietet sich an, den verzögerten Zeitplan des Heiligen und seines Gefährten aufzuholen, damit nicht in allen möglichen Stadtteilen schwere Nikolaussäcke herumstehen, welche die Engel frühzeitig eingeflogen haben. Er erklärt
Eine Schmunzelgeschichte von Ortfried Kotzian Vorstandsvorsitzender der Sudetendeutschen Stiftung sich bereit, den heiligen Nikolaus und seinen Knecht die kommenden Stunden mit seinem Auto von einer Familie zur nächsten zu kutschieren. „Wenn die himmlischen Personen mit meinem armseligen Gefährt einverstanden sind“, erklärt Vater Erdmann einschränkend. „Selbstverständlich“, drängt sich da Knecht Ruprecht vor, „schlecht gefahren ist immer noch besser als gut geschleppt und gelaufen!“
mehr seitlich unterbringen müssen.“ Knecht Ruprecht tut, wie ihm geheißen, holt sich am Hinterkopf eine kräftige Beule, weil er mit Schwung gegen die Oberkante der Türöffnung gerammt ist. Die Beule kann Gottseidank niemand sehen, da sie unter einer Pelzmütze verborgen bleibt. Im ersten Augenblick sieht er kleine Sternlein und fühlt sich in den Himmel zurückversetzt. Als jedoch Vater Erdmann seine
Der Heilige und sein Knecht verlassen das Haus und warten vor der Gartentür auf Vater Erdmann in seinem Auto. Dieser fährt den Wagen aus einem Unterstand heraus – Garage besitzt er keine – und um das Haus herum. Als das Gefährt tuckernd vor dem himmlischen Gespann zum Stehen kommt, bleibt den beiden die Spucke weg. „Wie sollen wir denn da hineinkommen?“, fragt der Heilige unsicher. „Das geht alles“, behauptet Vater Erdmann, „schließlich habe ich schon sechs Personen damit transportiert: Mutter Erdmann, Omi Erdmann, Opa Erdmann und seinen Freund Ludwig und mich!“ „Na, wenn das so ist, werden wir es wohl auch schaffen“, meint Sankt Nikolaus. Allerdings ist er davon nicht vollständig überzeugt. „Knecht Ruprecht, versuch‘s du zuerst!“ Der Knecht klappt die Rückenlehne des Sitzes zurück und versucht durch heftiges Ziehen, Strecken und Quetschen den Sack auf den Rücksitz zu bugsieren. Nachdem Vater Erdmann den Beifahrersitz bis zum vorderen Anschlag gedrückt hat, ist der Sack im Wageninneren. Wie allerdings in das Goggomobil noch ein Nikolaus, ein Knecht Rupprecht und der Fahrer passen sollen, kann bestimmt nur der Herr Jesus im Himmel beantworten, und sogar der muß wohl zweifeln. Vater Erdmann ist weiterhin optimistisch! „Knecht Ruprecht“, sagt er, „wenn Sie sich mit dem Rücken zur Wagentür stellen, in die Knie gehen und sich dann rücklings auf die Rückbank des Autos legen, dann könnte es gehen. Ihre langen Beine (es liegt ihm der Ausdruck „Haxen“ auf der Zunge, aber den verbeißt er sich) werden wir allerdings
langen Füße mit Hilfe der Tür ins Innere des Wagens preßt, wird Knecht Ruprecht wieder in die Wirklichkeit einer Fahrt mit dem Goggomobil zurückgeholt. „Ich denke, Sie sind nicht wehleidig und einiges gewohnt“, meint Vater Erdmann und wirft schwungvoll die kurze Rückenlehne des Beifahrersitzes in die Normalstellung. Knecht Ruprecht ist nun vollständig eingeklemmt: Er liegt halb auf dem Sack und denkt mit Schrecken an die zahlreichen Schokoladennikoläuse, die bereits durch seinen Sturz gelitten haben. Seine beiden Füße bilden eine waagerechte Linie, die Kniegelenke drohen deshalb aus den Angeln zu springen. Der Knecht seufzt tief und denkt darüber nach, ob er wohl einige Kinder ungerechterweise mit der Rute traktiert hat. Oder gibt es andere Gründe dafür, daß er so leiden muß? Das Verladen des Heiligen Nikolaus in das Goggomobil bereitet nun noch mehr Schwierigkeiten. Sämtliche Möglichkeiten, den Heiligen ganz normal auf den Beifahrersitz zu bugsieren, schlagen fehl. Vater Erdmann ist ratlos – und überlegt, ob er den Vordersitz ausbauen soll. Knecht Ruprecht brummt etwas, das wie „Besser schlecht gelaufen als überhaupt nicht gefahren!“ klingt, und der Himmelsbote fixiert seinen Bischofsstab, als ob er von dem die Erleuchtung erwartet. Als ein Lichtstrahl der Straßenlaterne den goldenen Stab streift, faßt der Heilige
einen Entschluß. „Vater Erdmann“, spricht er, „wenn der Stab hineingeht, dann schaffe ich es auch! Wollen wir es versuchen?“ Nikolaus schiebt den Stab diagonal ins Auto, wobei er, haarscharf an den Augenbrauen des Knechtes vorbei, den Gabensack auch noch von oben zusammenquetscht. Dann dreht er ihn mit viel Gefühl zwischen die Rücklehne von Fahrer- und Beifahrersitz und schafft es tatsächlich, das Ende im Fußraum unterzubringen. „Gott wird dir helfen“, denkt der Heilige, „auch in ein Goggomobil zu kommen“, und kniet im Geiste vor Jesus nieder. Das ist es! Sankt Nikolaus steigt mit dem Rücken zur Frontscheibe in das Goggomobil, schiebt seinen Kopf mitsamt der Bischofsmütze über die Rückenlehne des Beifahrersitzes und kniet darauf nieder. „Wir können fahren“, meint der Heilige, und Vater Erdmann schlägt mit stolzgeschwellter Brust die Tür auf der Beifahrerseite zu: „Hab ich nicht gesagt, daß ich sechs Personen in diesem Auto transportiert habe?“ Nikolaus und Knecht Ruprecht können sich nicht bewegen. Während der Fahrt sehen sie nichts, sondern spüren nur einige Schlaglöcher und das Schlingern in den Kurven auf der eisglatten Straße. Mit weiterer Verspätung erreichen sie die nächste Familie. Nachdem sich beide aus dem Goggomobil gequält haben, die Kinder beschenkt sind und nun die Tortur erneut beginnen soll, kommt ihnen Vater Erdmann schulterzuckend einige Schritte entgegen. „Er will nicht mehr, er springt nicht an, wahrscheinlich ist er ersoffen!“ Nikolaus, dem jedes technische Verständnis fehlt, fragt: „Ersoffen, wie das?“ „Im Benzin“, meint Vater Erdmann trocken, „da hilft nur Schieben! Ich setze mich hinein, den Sack lassen wir im Auto und dann versuche ich, wenn ihr genug Tempo gemacht habt, daß er anspringt!“ „Gott, gib uns Kraft!“, betet Sankt Nikolaus und stellt sich neben Knecht Ruprecht hinter das Goggomobil, während Vater Erdmann an der Zündung herumfummelt. Nach drei Versuchen haben sie es geschafft, obwohl sie auf der vereisten Straße immer wieder beinahe ausgleiten. Der Goggo läuft wieder. Als gegen halb zwölf Uhr der abenteuerliche Nikolausabend zu Ende geht und sich beide auf dem Rückweg in den Himmel befinden, stellt Sankt Nikolaus sachlich fest: „Hoffentlich hat uns kein Kind gesehen, wie wir hinter dem Goggomobil hergerannt sind, es müßte sich ja halb totgelacht haben. Unsere gesamte Würde wäre dahin! Das können wir uns nicht erlauben. Nächstes Jahr muß das anders werden! Ein Auto kann ja eine tolle Sache sein – wenn es funktioniert. Nächstes Jahr fahren wir wieder: Aber im Ford Transit! Der ist groß genug und Du, Knecht Ruprecht“, fügt er schmunzelnd hinzu, „du machst den Führerschein!“ Und so geschah es.
Dr. Petra Loibl MdL, Landesbeauftragte für Aussiedler und Vertriebene, spricht ein Grußwort. Im Sudetendeutschen Haus in München fand wieder der alljährliche böhmisch-mährischschlesische Adventsmarkt statt. Veranstaltet wurde der Markt von der Heimatpflegerin der Sudetendeutschen, Christina Mei nusch, und perfekt organisiert von Mitarbeiter Andreas Schmalcz. Zur Begrüßung hielt der Vorstandsvorsitzende der Sudetendeutschen Stiftung, Ortfried Kotzian, eine kleine Ansprache. Ehrengast war Petra Loibl MdL, die Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für Aussiedler und Vertriebene. Die Böhmerwald Sing- und Volkstanzgruppe München umrahmte die Veranstaltung musikalisch mit weihnachtlichen Liedern.
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KULTUR
Sudetendeutsche Zeitung Folge 49 | 6. 12. 2024
Dr. Ortfried Kotzian hält einen Vortrag, und ie Böhmerwäldler singen Adventslieder.
� Böhmisch-mährisch-schlesischer Weihnachtsmarkt 2024
„Ein wunderschöner Anblick“
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ie Sudetenländer Böhmen, Mähren und Schlesien sind echte Weihnachtsländer!“, ruft Ortfried Kotzian am Mikrofon. Der Vorstandsvorsitzende der Sudetendeutschen Stiftung sagt, daß auf dem Adventsmarkt im Sudetendeutschen Haus sehr schöne Erzeugnisse zu sehen seien. „Aber gleich nebenan, im Sudetendeutschen Museum, kann man alte Originalstücke heimischer Handwerkskunst betrachten.“ Dort gebe es unter anderem einen Christbaum aus Gänsekielen und eine Weihnachtskrippe aus Königsberg im Egerland. Anschließend stellt Kotzian die einzelnen Aussteller auf dem Adventsmarkt mit ihren Angeboten vor. Als Ehrengast präsentiert Kotzian erfreut Petra Loibl MdL. Die Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für Aussiedler und Vertriebene hält ein inspiriertes Grußwort, in dem sie den Mehrwert von selbstgemachten Kunstwerken unterstreicht. „Nichts hat mehr Seele, und nichts erzählt mehr von
Rosina Reim und Monika Ofner-Reim bieten Wischauer Spezialitäten an. Bilder: Susanne Habel (12), Carsten Drexler (1)
SL-Volkstumspreisträger Lorenz Loserth und Felix Fischer präsentieren Gebäck, Powidl, Liköre aus dem Altvater- und Adlergebirge.
der Heimat“, so nie McIntyre mit die Beauftrageinem Tisch volte. Sie freue sich ler handgemachauf den Bummel ter Karten mit über den AdFadengraphik. ventsmarkt mit Rübezahls seinen bunten Zwerge unter Ständen: „Ein Maria und Siegwunderschöner fried Lange aus Anblick.“ Schlesien bieten Und das ist Johannisbeerrichtig: ChristLikör, Marmebaumschmuck lade und echten aus Glas und Lydia Mertl aus dem Altvatergebirge zeigt ihr handbe- Holzspielsachen aus Böhmen und Bücher von böh- Stonsdorfer in mischen Autoren am Stand von KUBULA. Perlen, böhmi- maltes Porzellan. Stamperln an. sches Kristall, Christl Rösch geklöppelte Spitzen und ge- kleine Klöppelrunde unter Lei- re Mitstreiterinnen warten mit aus dem Kuhländchen hat süße strickte Mützen, bunte Bilder tung von Marie-Luise Kotzian, Christbaumschmuck und Kunst- „Kiechlen“ und andere Leckeund Krippenfiguren, knuspri- die live ihre traditionelle Kunst handwerk aus dem Böhmerwald reien im Angebot wie etwa Likör ge Plätzchen, kräftige Likörchen zeigt. Dazu gehört auch Ilse Karl- auf. Ergänzt werden die Böh- und Schnaps aus der sehr selteund vieles mehr sind ausgebrei- bauer aus dem Erzgebirge, die merwäldler Standl von Waltraud nen Mährischen Eberesche. Die tet an den Ständen im Adalbert- die Herstellung von Nadelspit- Valentin mit Pulswärmern und SL-Volkstumspreisträgerin von Stifter-Saal. Dort sitzt auch eine ze zeigt. Erika Weinert und ih- weihnachtlicher Deko und Jean- 2020 ist wie immer fröhlich und
Einer der großen Stände der Böhmerwäldler mit Petra Moser und Erika Weinert.
Zwei aktive Klöppelkünstlerinnen.
SL-Bundeskulturreferent Professor Dr. Ulf Broßmann, Marie-Luise Kotzian, SL-Volkstumspreisträgerin Christll Rösch und Hildegard Broßmann am Stand der Kuhländler.
wunderbar gekleidet. Auch die Wischauer Sprachinsel ist mit Rosina Reim und Monika OfnerReim und deren beliebten Marmeladen und Leckereien, darunter frische Buchteln, wieder dabei. Das Egerland vertreten Anita Köstler, Andrea Kopitz und Helmut Kindl vom Landesverband der Egerländer Gmoin z‘ Bayern mit selbstgestrickten Socken und Mützen, Häkeldeckchen, handgebastelten Stroh- und Perlensternen, sowie Schmuck und Publikationen. Traditionelle Handarbeiten und Kolatschen gibt es auch bei Brigitte und bei Christa Wenzel aus Teplitz-Schönau. Wie immer stellt Rudi Saiko kunstvolle, selbstgesteckte Adventskränze, Türschmuck aus Tannengrün und Kerzen zur Schau, die sofort Abnehmer finden. Der KUBULA-Laden für Tschechische Kultur aus München ist mit Kalendern, Büchern und buntem Holzspielzeug auch wieder vor Ort. Bei Friederike Niesner liegen Scherenschnitte und andere Kunstwerke ihres verstorbenen Mannes Wolfgang Niesner aus Freudenthal auf dem Tisch. Überall decken sich die Gäste gern mit den Kunstwerken und Spezialitäten ein. Am Stand der Sudetendeutschen Heimatpflege im Wandelgang vor dem Saal offerieren Christa Sehr und Tatiana Slesareva Kaffee, Glühwein und Kinderpunsch. Alle stärken sich mit schlesischen Würsteln und frisch gezapftem Hellen oder plaudern bei Kaffee, Glühwein und Kuchen, bis die Stände geplündert sind. Der Chor der Böhmerwald Sing- und Volkstanzgruppe München bietet den ganzen Nachmittag über auf der Bühne ein Programm aus ihrem breiten Spektrum an Advents- und Weihnachtsliedern dar. Susanne Habel
Die Auslage von Rudi Saiko mit seinen immergrünen Adventsgestecken.
Waltraud Pietschmann bietet Gossengrüner Nadelspitze feil.
Petra Loibl, Brunhilde Reitmeier-Zwick von den Karpatendeutschen und Heimatpflegerin Christina Meinusch.
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KULTUR
Sudetendeutsche Zeitung Folge 49 | 6. 12. 2024
Beim Auftanz marschieren alle unter Leitung von Tanzleiter Florian Slawik durch den Adalbert-Stifter-Saal. Die Böhmerwald Sing- und Volkstanzgruppe München veranstaltete in München ein Tanzfest für die ganze Familie. Vom Nachmittag bis zum Abend wurde im Sudetendeutschen Haus getanzt, gesungen, gefeiert und geschmaust.
Bilder: Susanne Habel
� Tanzfest der Böhmerwald Sing-und Volkstanzgruppe
Von Auftanz bis Zimmerleitpolka
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uch heuer hatte die Böhmerwald Sing- und Volkstanzgruppe München zum Tanzfest im Sudetendeutschen Haus eingeladen, um die Landsleute guter Dinge durch die kalte Saison zu bringen. Der Wintereinbruch hatte dafür gesorgt, daß die Getränke auf der Veranda des Sudetendeutschen Hauses gut im Schnee gekühlt werden konnten. Nachmittags begann das Familienprogramm für alt und jung mit Kaffee und Kuchen. Das Parkett wurde den Kindern überlassen, die sich an Volkstänzen versuchen durften. Tanzleiter Denis Gerschon Simões spielte Volksund Kinderlieder auf dem Akkordeon und erklärte den Kleinen einige Schritte. Auch andere Erwachsene gaben ihre Kenntnisse an den Nachwuchs weiter. Der Volkstanzabend für die Großen startete am frühen Abend. Renate Ruchty begrüßte die große Gästeschar. Der Chor der Böhmerwald Sing- und Volkstanzgruppe München sang „Griaß eich Gott, alle miteinander!“ Dann strömten die Gäste auf das Parkett, viele in Tracht. Beim Auftanz, angeführt von Tanzleiter Florian Slawik, bewegte sich so ein ganzer Reigen von Dutzenden von Tänzern durch den Adal-
Renate Ruchty begrüßt mit dem Chor die Gäste. Deren Ansturm ist so groß (unten), daß zusätzliche Tische und Stühle geholt werden müssen. bert-Stifter-Saal. Temperamentvolle Musik lieferte die „Altbayerische Wirtshausmusik“. Danach wurde getanzt, teils Offene Tänzen, bei denen Paare nach eigenem Gusto tanzten, teils Volkstänze mit vorgegebener Choreographie und Anleitungen. Auf dem Programm waren von Landler und Polka über Zwiefache und Walzer bis hin zum Woaf alle volkstümlichen Tänze des Böhmerwaldes vertreten. Bier und Brotzeit rundeten das Tanzfest kulinarisch ab. Susanne Habel
Das umfangreiche Tanzprogramm mit Offenen Tänzen (OT) und Volkstänzen (VT) sowie vorgegebener Choreographie. Am frühen Nachmittag dürfen die Kinder unter Anleitung von Tanzleiter Denis Gerson Simões schon einmal die ersten Schritte lernen.
Nach dem Auftanz folgen verschiedene Tänze …
… die die Musiker der „Altbairischen Wirtshausmusik“ begleiten.
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VERBANDSNACHRICHTEN
Sudetendeutsche Zeitung Folge 49 | 6. 12. 2024
� Bundesfrauenarbeitskreis der SL
Frauenpower am Heiligenhof Mitte November fand die Jahrestagung des SL-Bundesfrauenarbeitskreises unter dem Leitwort „Frauenpower“ auf dem Heiligenhof im unterfränkischen Bad Kissingen statt.
F
rauen vom Bundesfrauenarbeitskreis, also mit jahrzehntelanger Erfahrung, und Frauen von der SdJ sowie Frauen, die in die Bundesversammlung gewählt woren waren, waren zu dieser Tagung eingeladen. Da kamen Frauen aus verschiedenen Generationen und aus den unterschiedlichsten Bereichen zusammen, und so entstand ein reger Austausch. Erstmals hatte im Jänner 2023 die Tagung in dieser Konstellation stattgefunden. Die damaligen Teilnehmerinnen fanden dies gut und bereichernd und äußerten den Wunsch, zukünftig alle Frauentagungen in dieser Zusammensetzung durchzuführen. Das Thema „Frauenpower“ war gewählt worden, weil die Frauen in vielfältiger Weise Projekte aufgriffen, bearbeiteten und zum Ziel führten. Da dies leider manchmal im Großen und Ganzen der Landsmannschaft untergeht oder keine gebührende Beachtung findet, wurde bei dieser Frauentagung auf diese außergewöhnlichen Leistungen und Verdienste eingegangen. Gleich am ersten Abend begrüßte Stiftungsdirektor Steffen Hörtler die Teilnehmerinnen herzlich und gab einen Überblick über die Schwierigkeiten – unter Darlegung der Gründe – beim Neubau des Küchen- und Speisesaals. So verzögere sich die für dieses Wochenende vorgesehene Einweihung auf unbestimmte Zeit. Dennoch freue er sich, daß die Jahresfrauentagung wieder in der sudetendeutschen Bildungsstätte stattfinde. Danach begrüßte Bundesfrauenreferentin Gerda Ott die Frauen und führte in das Tagungsprogramm mit dem diesjährigen Motto ein. Ott betonte, wie wichtig es sei, daß die Frauen ihre Tätigkeiten in der Öffentlichkeit darstellten, denn die Arbeiten der Frauen auf den unterschiedlichen Ebenen und Bereichen finden in der SL oft nicht die entsprechende und angezeigte Wertschätzung. Sie verlas noch die Namen derer, die gerne an der Tagung teilgenommen hätten, aber nicht kommen konnten. In der Vorstellungs- und Kennenlernrunde wurde auch gesagt, daß man sich von dieser Tagung überwiegend den Austausch untereinander und vor allem neue Impulse von den anderen erhoffe. Die Vielfalt der ehrenamtlichen Tätigkeiten versprach ein interessantes Miteinander. Mit einem gemütlichen Beisammensein zum näheren Kennenlernen wurde das Abendprogramm abgeschlossen. Nach einem Friedensgedicht als Tagesimpuls eröffnete die Referentin Monika Hanika ihren interessanten Vortrag mit dem Zitat: „Niemand darf seine Wurzeln vergessen, sie sind der Ursprung unseres Lebens.“ Anschaulich und teilweise in Gedichtform schilderte sie ihre Aktivitäten. Sie habe zum Beispiel deutsch-tschechische Buchprojekte illustriert und sei 15 Jahre lang Heimatortsbetreuerin von Haindorf, Ferdinandsthal und Weißbach im Isergebirge gewesen. Ihre künstlerischen Fähigkeiten habe sie schon in vielfältiger Art in der Heimatarbeit eingesetzt, so mit Zeichnungen für ein Rübezahlbuch. Sie berich-
tete anhand einer Power-PointPräsentation von der traditionellen Wallfahrt in Haindorf, die jeden 2. Juli stattfinde. Der bereits verstorbene Pfarrer Miloš Raban habe sich sehr dafür eingesetzt und damit die wunderschöne Wallfahrtsbasilika Mariä Heimsuchung und das dazugehörige frühere Franziskanerkloster vor dem Verfall bewahrt. Bei ihrem Vortrag merkte man die tiefe und emotionale Verwurzelung zu ihrem Heimatort. Bedingt durch ihren Beruf als systemische Familientherapeutin gab Hanika auch den Anstoß, mit deutschen und tschechischen Therapeuten und Psychologen einen ehrenamtlichen Arbeitskreis zu gründen. Diesem war wichtig, Die Vergangenheit auf der familiären Ebene gemeinsam zu bewältigen. Diese Arbeit habe nur durchgeführt werden können, weil viele Institutionen das Projekt unterstützt hätten, so Hanika voller Dankbarkeit. Im Laufe der Jahrzehnte sei ein vertrauensvolles Verhältnis zur dortigen Bevölkerung, zu den Bürgermeistern und natürlich zu den Priestern entstanden. Die Arbeit, sich mit der Geschichte, mit der Familiengeschichte, dem schmerzhaften Vertreibungsschicksal zu beschäftigen, sei deshalb so wichtig, weil es besonders große Schatten auf das Leben der Nachkommen werfe, selbst wenn diese erst lange nach dem Krieg zur Welt gekommen seien. Ihren Vortrag beendete sie mit den Worten: „Frauen können alles bewegen und gemeinsam sogar die ganze Welt, wenn sie einen Menschen an der Seite haben, der zu ihnen hält. Freunde und Verbündete sind wichtig und natürlich Frauen wie Ihr“, damit meinte sie die ebenfalls in vielen Bereichen ehrenamtlichen Teilnehmerinnen der Tagung. So werde aus einem ich ein wir! Für seine Heimatarbeit und seinen damit verbundenen Einsatz sowie für seine jahrelangen Aktivitäten wurde das Ehepaar Monika und Franz Hanika am nächsten Tag in München mit dem
Er zeigte anschaulich das dörfliche Leben zu jener Zeit. Auch die Mundart wurde in ihrer ursprünglichen Art gehört, allerdings für viele mit entsprechenden Verständigungsschwierigkeiten. Reim berichtete über ihre Arbeit in verschiedenen Bereichen, wie über die Trachten, die ganz typisch und unverwechselbar sind, den ganz gewöhnlichen Alltag in der Familie, die zahlreichen Traditionen im Jahreslauf, über die speziellen Speisen und Gerichte. Sie zeigte Aufnahmen, wie die Dörfer angelegt waren mit dem Teich als Mittelpunkt. Sie stellte einige Bücher über ihre gesammelten und ausgearbeiteten Betätigungen vor. Sie zeigte Fotos von den Schuhen für Sonntag und für Werktag, die mit viel Liebe zum Detail gefertigt wurden und ein Leben lang hielten. Sie sammelte Sterbebildchen von den Verstorbenen aus der Sprachinsel und so weiter und so weiter. Besonders erwähnenswert ist die umfangreiche Sammlung von Stoffen für die Sprachinseltrachten. Reim richtete ein Museum in ihrem Heimatort Rosternitz ein. Sie berichtete auch über die enge und vertraute Zusammenarbeit mit den Bewohnern ihres Heimatortes, mit den Bürgermeistern und der Geistlichkeit, ohne die die erfolgreiche Arbeit nicht in diesem Umfang möglich gewesen wäre. Für das Jahr 2026 – 80 Jahre Vertreibung – mache sie sich, so Reim, heute schon Gedanken, wie man dieses Ereignis angemessen durchführen könne. Regine Löffler-Klemsche ist Heimatkreisbetreuerin vom Heimatkreis Plan-Weseritz im Egerland und Vorsitzende des Heimatvereins Plan-Weseritz. Zuerst stellte sie ihren umfangreichen Arbeitseinsatz im Archiv vor. Ein völlig chaotisches Durcheinander wurde von ihr und ihrem Ehemann in mühevoller, zeitraubender Arbeit mustergültig geordnet und eingerichtet. Die dazu gezeigten Fotos sprachen Bände.
Preis der Hausner-Stiftung geehrt (Ý SdZ 47/2024). Nach dem obligatorischen Fototermin auf der Treppe machten die Teilnehmerinnen von der Möglichkeit Gebrauch, Vorträge beim gleichzeitig tagenden Heimatrat anzuhören. Dazu gehörten „Heimatstuben und Museen. Erinnerungskultur und Zukunftsgedächtnis“ von Ortfried Kotzian, Vorstandsvorsitzender der Sudetendeutschen Stiftung, und Steffen Hörtlers Vortrag über das deutsch-sudetendeutsch-tschechische Verhältnis. In der Zwischenzeit kam David Heydenreich, in der Bundesgeschäftsstelle zuständig für Öffentlichkeitsarbeit und Projekte, auf einen kurzen Abstecher zu den Frauen und stellte sich und seine Arbeit vor. So lernten die Frauen den neuen Mitarbeiter kennen und dieser die aktiven Frauen. Am Nachmittag berichtete Rosina Reim über ihre Aktivitäten für die Wischauer Sprachinsel in Mähren. Eine besondere Rarität war der Film aus den dreißiger Jahren, den sie vorführte.
Im Mittelpunkt ihres Vortrages standen jedoch die SanktAnna-Wallfahrt im oberpfälzischen Mähring – Sankt-AnnaTag ist am 26. Juli – und das Ende Juli stattfindende Heimattreffen der Plan-Weseritzer sowie deren Entstehung und Entwicklung bis heute. Dazu zeigte sie einen Film, der eindrucksvoll diese wichtigen Ereignisse dokumentierte, so auch den Erweiterungsbau der Sankt-Anna-Kirche, der sich an die Bedürfnisse der steigenden Besucherzahlen angepaßt hatte. Der Turm neben der Kirche war für die Heimatvertriebenen sehr wichtig, denn man konnte, als der Eiserne Vorhang noch stand, von ihm aus in die geliebte Heimat schauen. Durch die Grenzöffnung verlor er an Bedeutung. Die örtlichen Vereine der Marktgemeinde Mähring unterstützten Löffler-Klemsche alljährlich bei den Vorbereitungen und der Durchführung der SanktAnna-Wallfahrt sowie beim Heimattreffen in vorbildlicher, mustergültiger Weise mit Zeltaufbau, Bewirtung oder Musik. Dies
ist nicht selbstverständlich, aber vor allem darauf zurückzuführen, daß Löffler-Klemsche zu allen Honoratioren der Gemeinde gute Kontakte pflegt, insbesondere auch zum Bürgermeister der Patenstadt Tirschenreuth. Mit den Bildern einer innigen und über 20 Jahre anhaltenden Freundschaft zwischen einer deutschen und einer tschechischen Frau endete der eindrucksvolle Filmbeitrag. Erwähnenswert ist noch, daß die Mähringer Bevölkerung mit ihrer Teilnahme an der Wallfahrt und deren Akzeptanz auch zu deren Erfolg beitrug. Nach diesen wunderbaren Beiträgen der drei Powerfrauen ließen wir den Tag gemütlich in der Weinstube ausklingen. Am Sonntag, dem Volkstrauertag, stand der Tagesimpuls ganz unter Berücksichtigung dieses Gedenktages. Gerda Ott nannte die Zahlen der Gefallenen des Ersten und Zweiten Weltkriegs und der Zivilopfer. Man wird sehr, sehr nachdenklich, wenn man dies hört. Sie berichtete, daß das Bundesversorgungsgestz (BVG), welches die Versorgung der Kriegsopfer, der Witwen, Waisen und Eltern regle, am 1. Oktober 1950 in Kraft getreten sei. Aus eigener beruflicher Erfahrung nannte sie Beispiele, die sie stark beindruckt, aber auch teilweise betroffen gemacht hätten. Danach begleitete uns Gerlind Preisenhammer mit zwei zum Volkstrauertag passenden Liedern auf der Gitarre. Das Programm wurde dann mit ihr in einer Singstunde fortgesetzt. Sie hatte Liedblätter vorbereitet mit schönen alten Liedern aus Nordmähren, dem Schönhengstgau, dem Kuhländchen, Südmähren und Nordböhmen. Viel zu schnell verging die Zeit mit dem gemeinsamen Singen. Aus der Teilnehmerrunde bat Gerda Ott Ilse von Freyburg und Inge Alesi, auch noch über ihre Aktivitäten zu berichten. Beide sind vielseitig und erfolgreich in der Sudetendeutschen Landsmannschaft, aber auch für ihren jeweiligen Heimatoder jetzigen Wohnort tätig. Ott ergänzte mit einem Bericht über das Engagement von Brigitta Gottmann, die unter anderem alljährlich die Gedenkfeier auf der Aussiger Brücke anläßlich des Massakers am 31. Juli 1945 organisiert, aber aus gesundheitlichen Gründen leider nicht an der Tagung teilnehmen konnte, die Reihe der Powerfrauen. Schließlich faßte Ott den Tagungsverlauf zusammen und kam zu dem Ergebnis, daß es gut, wichtig und richtig gewesen sei, diesen großartigen Einsatz der Frauen für die Volksgruppe bezeihungsweise für die angestammte Heimat einmal in so gestraffter Zusammenfassung zu hören und zu sehen. Bei der Umfrage, was die Teilnehmerinnen von dieser Tagung mitnähmen, seien hauptsächlich der Austausch untereinander und auch die Anregungen für die eigene ehrenamtliche Arbeit genannt worden. Mit dem Satz: „Ohne Frauen keine Zukunft für die SL.“ beendete Gerda Ott die Jahrestagung. Danach wurde noch gemeinsam Mittag gegessen, bevor alle die Heimfahrt antraten und sozusagen als Nachtisch das Lied „Kein schöner Land“ sangen, bei dem sich alle Frauen an den Händen faßten. Ein wunderbarer Abschluß einer erfolgreichen Frauentagung. at
Fackelträger des Wachbataillons der Bundeswehr
� SL-Landesgruppe Berlin
Verstummt Mahnung zum Frieden? Die SL-Landesgruppe Berlin nahm Mitte November in Vertretung des SL-Bundesverbandes an der Internationalen Gedenkfeier des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge zum Volkstrauertag in Berlin teil.
I
st die Mahnung zum Frieden verstummt?“, lautete die im Raum stehende bange Frage des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge am diesjährigen Volkstrauertag im „Wald der Erinnerung“ und auf dem Jüdischen Friedhof zu Berlin-Weißensee. Der Frieden in Freiheit ist in Gefahr, die Verächter der Demokratie werden stärker, und Europa steht aufgrund der aktuellen politischen Ereignisse vor gewaltigen Herausforderungen. Knapp 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges werden die Zeiten unfriedlicher, die bisher gekannten Sicherheiten ungewisser. Für die Menschen in der Ukraine und im Nahen Osten ist kein Frieden in Sicht. Extremistische und nationalistische Strömungen erstarken weltweit. Viele stellen sich angesichts dieser Lage die bange Frage: „Mahnen die Gräber der Millionen Kriegstoten nicht mehr zum Frieden? Zu einem Frieden in Freiheit?“ Wiederum verlieh der abendlichen Gedenkfeier an der Lilien thalstraße zu Berlin eine Abordnung uniformierter Fackelträger des Wachbataillons der Bundeswehr einen würdigen Rahmen. Einer über viele Jahre hinweg gepflegten Tradition folgend, legte der Obmann der SL-Landesgruppe Berlin, Rudolf D. Fischer, sowie sein Stellvertreter ArminLutz Dietrich in Vertretung des
SL-Bundesvorstandes einen Gedenkkranz nieder. Johanna Klier, Moderatorin dieser beeindruckenden Gedenkveranstaltung und Referatsleiterin Kooperation in der Abteilung Service und Kooperation in der Bundesgeschäftsstelle des Volksbundes, wies nachdrücklich darauf hin, daß es wichtig sei, zukünftige Generationen zum Engagement für Demokratie, Frei-
SL-Landesobmann Rudolf D. Fischer und sein Stellvertreter Armin-Lutz Dittrich. heit, gegenseitigen Respekt und Toleranz aufzurufen und mit aller Entschiedenheit gegen Rassismus, Antisemitismus, Hetze und Ausgrenzung vorzugehen. Der feierlichen Kranzniederlegung, akustisch unterlegt von einem anhaltenden Trommelwirbel im Hintergrund, folgten das Totengedenken, vorgetragen vom Volksbundpräsidenten, General a. D. Wolfgang Schneiderhan, sowie ein gemeinsames ökumenisches Gebet. Die würdevolle Feier endete mit dem Lied vom „Guten Kameraden“ und der deutschen Nationalhymne.
� AKVMOE
Archivgut sichern Bei einem Treffen im Bonifatiuskloster Hünfeld in Hessen sprach die Arbeitsgemeinschaft katholischer Verbände Mittel- und Osteuropa (AKVMOE) über die Sicherung von Quellen, Schriftstücken, Bildern und so weiter. Denn Zeugnisse der Arbeit und Aktivitäten dieser Gruppen sollten dokumentiert und für die nächsten Generationen bewahrt werden und für wissenschaftliche Zwecke verfügbar sein.
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ainer Bendel, AKVMOEBundessprecher, und Thomas Scharf-Wrede, Vorsitzender der Bundeskonferenz der kirchlichen Archive, leiteten die Tagung. Die Reform der Festlegungen von 2001 nannte Bendel als einen Grund für die Beratung, die zum Teil bitteren Erfahrungen bei der Sicherung von Dokumenten nach dem Tod entsprechender Personen den zweiten.
Informationsverlusten zu begegnen, sie zu verhindern ist für Scharf-Wrede die primäre Aufgabe. „Es rutscht manches an Überlieferung weg und damit aus dem kollektiven Bewußtsein raus“, betonte er. Vorbildlich sei das Engagement der Bundesgeschäftsstelle der Ackermann-Gemeinde, die ihr Archiv mit dem des Diözesanverbandes München-Freising vom Münchener Diözesanarchivar Peter Pfister habe neu ordnen und mit einem entsprechenden Findbuch versehen lassen. Das Wegrutschen sei leider der Normalfall, stellte Georg Jäschke (Grafschaft Glatz) fest. Er untermauerte dies mit einem konkreten Beispiel, bei dem die Zuständigkeiten nicht bekannt gewesen, Dokumente beiseite geschafft oder in einer Garage gefunden worden seien. Aber auch Naturkatastrophen könnten Ý Seite 10
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VERBANDSNACHRICHTEN . HEIMAT
Sudetendeutsche Zeitung Folge 49 | 6. 12. 2024
� Fortsetzung von Seite 9
Archivgut sichern sich negativ auswirken wie das Hochwasser in Münster im Juli, wo im dortigen Archiv im Ermlandhaus Archivalien in Mitleidenschaft gezogen worden seien. „Ein Trugschluß ist, daß ein Diözesanarchiv alles nimmt. Das ist heute nicht mehr möglich. Beim Archivgut gilt die kirchliche Archivordnung auch für Verbände“, erläuterte ScharfWrede und verwies auf die Archivfolgeregelung und das Belegenheitsprinzip. Die Diözesanarchive seien am Limit, was Räume, Personal und finanzielle Mittel betreffe. Daher gab er den Rat, Unterlagen frühzeitig zu bewerten und zu strukturieren, also vorarchivalisch tätig zu werden. Schwierig sei es bei Dokumenten, die nicht in einer Geschäftsstelle, Zentrale oder einem Büro lagerten. Bendel empfahl, etwa bei Vorstandswechseln oder ähnlichen Ereignissen, die Unterlagen an die übergeordnete Einrichtung zu übergeben. Probleme gebe es oft, wenn Führungskräfte stürben und die Angehörigen die Bedeutung der Schriftstücke und Bilder nicht erkennten. Dann sei die Gefahr der Entsorgung sehr groß. Einen festen, verbindlichen Übergabeturnus – am besten fünf Jahre – schlug Scharf-Wrede vor. Dazu müßten die Verbände angehalten und von den zuständigen Diözesanarchiven oder ähnlichen Institutionen beraten werden – wozu aber Geld bereitgestellt werden müsse. Bei Vereinen ohne Geschäftsstelle sei die Grundzuständigkeit zu prüfen, eine verantwortliche Person zu bestimmen und Zuständigkeiten sowie Abläufe zu definieren – kurzum ein Dokumentationsprofil mit Datum, Glossar wichtiger Dateien, Betreffzeile und so weiter zu erarbeiten. „Man muß jetzt den Schalter umlegen, damit das Schriftgut zeitnah in einer sicheren Stelle landet“, lautete die von allen getra-
gene Meinung. Offen bleibe aber die Finanzierung etwa aus Mitteln des Verbandes der Diözesen Deutschlands. Eine zentrale Aufgabe komme, so Rainer Bendel, den Verbänden und den unterstützenden Einrichtungen in den Diözesen zu, schließlich betreffe es die Tätigkeit und das Leben von 20 Prozent der Katholiken. Wichtige Aspekte seien die Digitalisierung sowie die Auflösung oder Zusammenlegung von Verbänden – also Transformationen auf verschiedenen Ebenen. Die Vertreter der Verbände – meist der Vorstand – müßten von ArchivFachleuten begleitet werden. Schwierig sei, wenn Verbandsdokumente bei mehreren Familien archiviert würden und der Überblick und die Zuordnungen fehlten. Daher forderte Bendel, die Verbände und Archive sollten ins Gespräch kommen und die Angelegenheit in Vollzug bringen. Grundsätzlich sei ein guter Kompromiß zu finden, bei dem kein Partner überfordert werde. Vor Ort müßten gute Lösungen bezüglich der Archivalien angestrebt werden. Kurzfristig empfahlen die Tagungsteilnehmer, das Thema „Archivierung“ bei den nächsten Sitzungen der Vereine, Gruppen und Verbände auf die Tagesordnung zu setzen. Einzelne Erfahrungen könnten als Fallbeispiele genutzt werden. Bis Ostern sollte die konkrete Strategie entwickelt und erarbeitet werden, um dann mit den Vertretern der Diözesanarchive Gespräche zu führen über gegenseitige Erwartungen, Erschließung der Archivalien, Abklärung der Zuständigkeiten, Abschätzung der Kosten. Nicht verschwiegen wurde, daß es in Einzelfällen zu strittigen Entwicklungen kommen könne. Aber: „Es geht darum, dieses Thema zu einer guten Lösung für alle Beteiligten zu bringen“, so das Fazit. Markus Bauer
Von links oben nach links unten: Dr. Joachim Giela, Domkapitular Krystian Burczek, Dr. Georg Jäschke, Dr. Thomas Scharf-Wrede, Professor Dr. Rainer Bendel und Pfarrer Bernhard Klatt. Bild: Markus Bauer Anfang November referierte Hans-Georg Herrnleben vor der Ackermann-Gemeinde der Diözese Mainz über „Tschechien – mehr als nur böhmische Dörfer“.
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ie Tschechische Republik sei so groß wie Bayern, habe aber nur zehn Millionen Einwohner. Die deutsch-tschechische Grenze sei 817 Kilometer lang. Seit dem Mittelalter seien deutsche Volksgruppen nach Böhmen, Mähren und Schlesien ausgewandert. Dort seien die römischen Katholiken auf die von Kyrill und Method missionierten griechischen Katholiken gestoßen. Der römische Katholizismus habe sich durchgesetzt. Die beiden wichtigsten Bistümer seien Olmütz und Prag gewesen und hätten bis zum 14. Jahrhundert zum Metropolitanverband des Erzbistums Mainz gehört. Nationalheilige seien Adalbert, Wenzel und Johannes von Nepomuk. Heute sei Tschechien das atheistischste Land Europas. Zehn Prozent seien Katholiken, ein Prozent Protestanten. Trotzdem werde um Jan Hus eine Art nationaler Heiligenkult betrieben. Auch in den Böhmischen Ländern habe es bedeutende jüdische Gemeinden gegeben, vor
Ackermann-Gemeinde Regensburg feiert Advent.
Bilder: Markus Bauer
� Ackermann-Gemeinde der Diözese Regensburg
Sudetendeutsches Priesterwerk stellt sich vor ger Kruschina mit der Gitarre begleitete Männerquartett „HenryVelten-Chor“ steuerte klassische
der sudetendeutschen Priester noch das „nunc“ und das „tunc“ („jetzt“ und „dann“) wichtig ge-
versammlung und die Urlaubswoche für tschechische Priester sowie das deutsch-tschechische Priestertreffen – dieses finde im Wechsel in Tschechien und Bayern statt. Aktuell würden rund 80 Geistliche dem Priesterwerk angehören. Er selbst, so Kruschina, sei bei einer Veranstaltung von Professor Rudolf Grulich angesprochen worden, so daß der jetzige Erste Vorsitzende über die Posten eines Beisitzers und des Stellvertretenden Vorsitzenden nun die Vereinigung seit inzwischen sieben Jahren er Hausherr, Pfarrer Marführe. „Wir haben tin Stempfhuber, hieß die die Verantwortung, Mitglieder der Ackermann- Pfarrer Holger Kruschina, Vorsitzender des Sudetendeutschen daß die Dinge nicht Gemeinde in seiner Pfarr- Priesterwerkes, und der „Henry-Velten-Chor“. vergessen werden, gemeinde willkommen und sie nicht wieder pasblickte schon mal auf die Eröff- sowie bayerische Adventslieder wesen. Bis 2016 hasieren und wir die nung des Heiligen Jahres 2025 bei. be das SudetenHand zur Versöham 24. Dezember in Rom durch Die Arbeit des Sudetendeut- deutsche Priesternung reichen. Wir Papst Franziskus. Dieses ste- schen Priesterwerks stehe im Zei- werk das eigene wollen einen Beitrag he unter dem Motto „Pilger der chen der Versöhnung und sei mit Einkehr- und Tazur VersöhnungsarHoffnung“ und gehe, so Pfarrer Brückenschlagen verbunden, lei- gungshaus Sankt beit leisten“, schloß Stempfhuber, auf die Zeiten der tete Kruschina seine Ausführun- Johann im oberbayKruschina. Krisen, Kriege und Zerwürfnisse gen ein. So seien in den zurück- erischen BrannenMit einem Ausein. Das Heilige Jahr wolle dazu liegenden zehn bis 15 Jahren burg gehabt, das Geistlicher Beirat Dom- blick auf das Promotivieren, daß wir „selber Hoff- auch tschechische und slowaki- dann verkauft wor- dekan em. Johannes gramm 2025, besonnung schenken und tanken dür- sche Geistliche dem Priesterwerk den sei. Inzwischen Neumüller. ders auf die im Mai fen“. beigetreten. Der Vorsitzende, sei das Verbandsgeplante KulturEinen meditativen Text sowie seit kurzem auch Ehrendomherr büro bei der Bundesgeschäfts- und Bildungsreise „Das vergesdie heitere Geschichte „Vom En- von Leitmeritz, rief die Umstände stelle der Ackermann-Gemein- sene Nepomukland“, endete der gel, der nicht mitsingen wollte“ der Gründung nach dem Zweiten de in München, die Veranstal- offizielle Teil der Feier. In gesellitrug der Geistliche Beirat Prälat Weltkrieg und der Vertreibung tungen fänden in verschiedenen gem Rahmen ging es bei Punsch, Domdekan em. Johannes Neu- in Erinnerung. In den 1950er und Tagungshäusern statt: die Prie- Lebkuchen und Stollen weiter. müller vor. Das von Pfarrer Hol- 1960er Jahren sei bei der Weihe sterexerzitien, die Mitglieder- Markus Bauer Mit der vorweihnachtlichen Feier Ende November im Pfarrsaal der Pfarrei Sankt Bonifaz Regensburg endete das mit zahlreichen Veranstaltungen gespickte Veranstaltungsjahr der Ackermann-Gemeinde im Bistum Regensburg. Neben meditativen und heiteren Texten sowie mehreren Liedern des „Henry-VeltenChors“ informierte Pfarrer Holger Kruschina, der Vorsitzende des Sudetendeutschen Priesterwerks, über die Geschichte und aktuelle Tätigkeit seiner Vereinigung.
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� Ackermann-Gemeinde der Diözese Mainz
Mehr als nur böhmische Dörfer allem in der Prager Josefstadt mit sechs Synagogen und dem jüdischen Friedhof. Schöpfer des Golem soll der aus Worms stammende Prager Rabbiner, Talmudist und Kabbalist Judah Löw gewesen sein, berichtete Hans-Georg Herrnleben. Im Heiligen Römischen Reich habe das Königreich Böhmen und seine Kronländer seit seiner Gründung 1182 bis zu dessen Ende 1918 eine Sonderstellung eingenommen. Der Silber- und Erzbergbau habe das Königreich zu einem der reichsten Länder Mitteleuropas gemacht, das dank des Münzregals und der Münzprägungen des Prager Groschens Einfluß auf die Geldwirtschaft in Mitteleuropa gehabt habe. 1310 sei Johann von Luxemburg König von Böhmen geworden. Sein Sohn habe als Karl IV. den Thron des deutschen Königs und etwas später den des Kaisers des Heiligen Römischen Reichs bestiegen. Er habe in der Goldenen Bulle die Ordnung für die Königswahl geregelt. 1348 habe er in Prag die erste Universi-
tät Mitteleuropas gegründet. Die Reichsinsignien seien zu Karls Zeiten auf der von ihm erbauten Burg Karlstein aufbewahrt worden, ebenso eine gewaltige Reliquiensammlung. Zwei Fensterstürze in Prag hätten bedeutsame Ereignisse ausgelöst: 1419 die Hussitenkriege und 1618 den Dreißigjährigen Krieg. Drei große Kriegsereignisse hätten auf böhmischem Boden stattgefunden: 1620 die Schlacht am Weißen Berg, mit der die Rekatholisierung begonnen habe, 1805 die Schlacht bei Austerlitz, in der Napoleon Österreich und Rußland besiegt habe, und 1866 die Schlacht bei Königgrätz, in der Preußen Österreich besiegt habe mit der Folge, daß 1867 die k. u. k. Monarchie ÖsterreichUngarn und 1871 das Kleindeutsche Reich gegrüdet worden seien. Rund 20 Millionen Touristen besuchten jährlich das Land, so Herrnleben. Besondere Spezialitäten seien das böhmische Bier und der mährische Wein. Wichtig seien die Teichwirtschaft
und seit dem 18. Jahrhundert die Kur-und Heilbäder Karls-, Franzens- und Marienbad. Viele tschechische Orte gehörten zum UNESCO-Welterbe wie Krummau in Südböhmen, Leitomischl in Ostböhmen oder das seit dem 16. Jahrhundert bestehende Gestüt in Kladrau in Westböhmen. Dann schilderte Herrnsleben weitere UNESCO-Welterbe-Orte wie Holschowitz. Bis ins 17. Jahrhundert sei Olmütz, danach Brünn die Hauptstadt Mährens gewesen, heute die zweitgrößte tschechische Stadt. Während der Revolution 1848 sei Kaiser Ferdinand I. mit seinem Hof ins ostmährische Kremsier geflohen und habe dort den Reichstag einberufen habe. In Trebitsch auf der BöhmischMährischen Höhe stünden die romanische Basilika und das Judenviertel als Welterbe unter Schutz. Joa chimsthal im Erzgebirge beherberge das weltälteste Uranbergwerk und sei Namensgeber für Taler und Dollar. Während in Frankfurt am Main 1848 das Paulskirchenparlament
getagt habe, habe in Kremsier der Reichstag der österreichischen Kronländer stattgefunden. Dieser habe eine Verfassung entworfen, die den Völkern der Donaumonarchie Gleichberechtigung und Autonomie versprochen habe und als Mährischer Ausgleich in die Geschichte eingegangen sei. In Wien hätten sich die Konservativen durchgesetzt, und die Verfassung sei gescheitert. Damit seien der Nationalismus und der Haß auf alles Deutsche sowie tschechische und deutsche Parallelwelten entstanden. Nach dem Ersten Weltkrieg sei die Tschechoslowakische Republik entstanden. Vor allem die böhmischen und mährischen Industriegebiete seien erblüht. Eine wichtige Rolle hätten Bergbau, Metall-, Fahrzeug- und Maschinenbau, Textilverarbeitung und Glasindustrie gespielt. Die Firma Baťa habe 1894 im südmährischen Zlin die Schuhindustrie gegründet. Nach der Weltwirtschaftskrise sei sie Weltmarktführer in der Schuhproduktion geworden.
Mit dem Münchner Abkommen sei das Sudetenland 1938 dem Deutschen Reich angegliedert worden, und 1939 seien Böhmen und Mähren zum deutschen Protektorat geworden. Dort seien KZ wie Theresienstadt errichtet worden. Im Mai 1945 hätten USA- und SU-Truppen Böhmen und Mähren besetzt. Eine von der SU eingesetzte Regierung unter Präsident Edvard Beneš habe die nach ihm benannten Dekrete erlassen, die die Entrechtung und Vertreibung der drei Millionen Sudetendeutschen verfügt habe. Nach der Samtenen Revolution seien die Bemühungen um eine gutnachbarliche Beziehung intensiver geworden. So habe Staatspräsident Václav Havel anerkannt, daß die Deutschen zu Unrecht vertrieben worden seien. Segensreich sei das Wirken der Ackermann-Gemeinde, getragen vom christlichen Geist der Bitten um Vergebung und Versöhnung, schloß Hans-Georg Herrnleben. Gerold Schmiedbach, Vorsitzender der Ackermann-Gemeinde der Diözese Mainz, der eingangs den Referenten und sein Thema vorgestellt hatte, dankte diesem nun und schloß die Veranstaltung.
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AUS DER HEIMAT
Sudetendeutsche Zeitung Folge 49 | 6. 12. 2024
Bund der Deutschen in Böhmen
Karlsbad, Leipa und Reinowitz Eintrittskarten verkauft worden. Schade, daß offenbar wegen der schlechten Wettervorhersage nur 13 Zuschauer gekommen waren. Aber es war eine tolle Gesellschaft, darunter eine Wienerin, die sich für Minderheiten interessiert und sofort nach der Lesung sagte: „Sehr geehrter Herr Šulko, ich bedanke mich für den wunderschönen Abend und bitte Sie, mich in Ihre Mailingliste aufzunehmen.“ Am nächsten Morgen ging es in den Norden des Landes. Am Hockenhof in Johnsdorf bei Graber im Kreis Böhmisch Leipa wartete schon Tomáš Cidlina ( Seite 13) mit seiner Familie. Seine Frau schürte das Feuer im Kachelofen, damit es in der Stube schön warm wurde. 15 Leute waren in den Bauernhof gekommen, darunter die Heimatpflegerin der Sudetendeutschen, Christina Meinusch, mit ihrem Mann Carsten. In die Bauernstube paßte der Klang der Zither hervorragend, und man sah leuchtende AuRichard, seine Frau Irena, sein Sohn Vojtĕch, seine Enkelin gen des Roman Řezáč aus Karoline mit dem Sankt-Stefans-Dom im Hinergrund. Niederpolitz, der auch ein Mundartsprecher ist. des Innern und für Heimat konnte der In dem Programm konnten die ZuBund der Deutschen in Böhmen (BdDB) schauer Texte in Egerländer Mundart wieder etwas Öffentlichkeitsarbeit und sowie in Schriftdeutsch hören, ergänzt etwas für den Erhalt des Deutschböh- von Volksliedern, die der Måla Richard mischen Kulturerbes tun. mit Zitherbegleitung seines Sohnes Vojtěch sang. Die warme Stube, waron Plachtin, einem Ortsteil von Net- me Herzen, ein Glas Wein oder Cognac schetin im ehemaligen Kreis Lu- machten den Nachmittag für Zuschauditz im Egerland, dauerte es zum Kai- er und Mitwirkende zum schönen Erlebserbad in Karlsbad nur etwa eine Stun- nis. Nach dem Abschied führte der Weg de Autofahrt. Nach der Einquartierung nach Gablonz-Reinowitz. blieb noch ein wenig Zeit, um ein Bier in Im dortigen Haus der deutsch-tscheder Nähe des Grandhotels Pupp zu trin- chischen Verständigung, im Rieger ken, und dann ging es in das Kaiserbad. Haus, versammelten sich neun Gäste Das war mit viel Geld wunderschön re- aus dem Isergebirge, um sich das Egernoviert worden. Das Kaiserbad, heu- länder Kulturgut anzuhören. Wie eite Museum und Konzerthalle, gewann ne Zuhörerin schrieb: „In Reinowitz war beim 32. Wettbewerb Gebäude des Jah- auch ein schöner Abend, welcher die Erres 2024 den Titel für die außergewöhn- innerungen an meine Omi und Uromi liche und originelle Konzerthalle, verge- wach werden ließ.“ ben von der tschechischen Stiftung für Nun machten sich die Egerländer auf Entwicklung von Architektur und Bau- den Weg nach Reichenberg, wo sie Zimwesen. Gleichzeitig bekam das Kaiser- mer im Hotel am Marktplatz belegten. bad den Architektur-Grand-Prix, den Nach dem harten Job mußte vor allem Nationalen Architekturpreis 2024 für der Sänger seine Stimmbänder kühlen, seine Multifunktionshalle im Kaiser- und deswegen wählte man zum Abendbad. essen ein Restaurant, in welchem es PilsUnd in diesem Gebäude konnte das ner Urquell gab. Sonntagfrüh besuchEgerländer Duo „Målaboum“ sein Kön- te das Egerländer Team noch die Heilinen zeigen. Dank der sehr guten Zusam- ge Messe in der Sankt-Antonius-Kirche menarbeit mit Věra Simeth, der Direkto- unter dem Marktplatz, und dann hieß es: rin des Kaiserbades, wurde die Lesung „Schnell nach Pilsen, Karoline hat noch in das offizielle Programm des Bades den Auftritt auf dem Pilsener Marktaufgenommen. Für die Lesung waren 24 platz!“ do Auch heuer machte sich der letzte noch in Westböhmen lebende Egerländer Autor Måla Richard Šulko mit seinem Sohn Vojtěch auf den Weg, um sein literarisches Schaffen im Lande vorzustellen. Diesmal waren die Anfahrten nicht so lang wie vor einem Jahr: Karlsbad, Böhmisch Leipa und Gablonz-Reinowitz. Dank des Bundesministeriums
Lüftelmalerei an einem Haus in Ebing und links Häuser in Silberbach von Willi Pfeiffer..
Vom Egerland nach Oberbayern – Teil I
Künstler Willibald Pfeiffer Rafael Raaber berichtet über den aus dem Egerländischen Silberbach im ehemaligen Kreis Graslitz stammenden Maler und Musiker Willibald Pfeiffer. Hier der Erste von zwei Teilen.
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illibald Pfeiffer wurde am 7. Dezember 1913 in Silberbach bei Graslitz, im böhmischen Teil des West-
Veranstaltungen spielte er immer Geige. Monika Pfeiffer erzählte, wie ihr Schwiegervater eine Familie gründete. „Im Gasthof in Silberbach lernte er bei der Familie Winklhöfer Erna kennen, das fünfte von sieben Kindern. Sie heirateten im Juni 1939. Im Oktober kam Sohn Günther zur Welt.“ Seinen Militär-
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Måla Richard, Tomáš Cidlina und Mundartsprecher Roman Řezáč.
Jitka Cidlinová schürt das Feuer. Bilder: Richard Šulko (4), Tomáš Cidlina (1)
Willi Pfeiffer: „Musikquartett“. erzgebirges, geboren. Seine Taufe erhielt er am 25. Dezember 1913. Er war das dritte von vier Kindern. Sein Vater Richard Pfeiffer, geboren am 1. Oktober 1882 in Silberbach Nr. 78, später Nr. 526, war Maschinen- und Instrumentenbauer. Die Mutter, Marie Pfeiffer, geborene Schmiedl, kam am 25. Juli 1885 zur Welt, wohnte in Silberbach Nr. 526, nach der Vertreibung im hessischen Heinebach. Sie starb am 9. Juli 1951“, erzählte des Künstlers Schwiegertochter Monika Pfeiffer. Pfeiffer hatte die Geschwister Anna, Milli, Franz und Berthold. Er besuchte von 1919 bis 1927 fünf Klassen Volksschule und drei Klassen Bürgerschule. Vier Jahre war er auf der Musikschule in Graslitz, wo er Geige lernte. Nebenbei eignete er sich die Kunstmalerei in Silberbach an. 1927 bis 1938 arbeitete er beim Vater als Instrumentenbauer. Danach war er Holzdrechsler und Lackierer bei der Spielwarenfirma Josef Pfeiffer und Schloß. Bei
Bilder: Rafael Raaber
Ortsteil Thal. Der Besitzer des Bauernhofes war Johann Rost. Pfeiffer arbeitete dort als Maler und Musiker in einer Kapelle. 1961 zog er in den Wiesengrund, später die Goethestraße in Aschau am Inn. Er war hauptsächlich als Maler, aber auch als Musiker, aktiv. Willi lernte die Kunstmalerei bei dem Kunstmaler und Bildhauer Franz Gruß in Silberbach-Nancy, der seine malerischen Fähigkeiten entdeckt hatte. Er hatte einen Ein-Mann-Betrieb und war in der Handwerksrolle als freischaffender Künstler eingetragen. Willi war auf seinem Moped mit Anhänger, auf dem er Material und Werkzeug geladen hatte, stets zu seiner Kundschaft unterwegs. Jeden Arbeitstag hielt er auf dem Weg nach Hause beim Gasthof Pichlmeier, wo er sich mit seinen Bekannten traf. Auch wenn an seiner rechten Hand zwei Finger fehlten, die er wegen Erfrierungen dritten Grades im Krieg verloren hatte, hinderte ihn das nicht, zu musizieren oder zu malen. „Er schuf Ölbilder, Lüftlmalerei an Hausfassaden in Ebing, in Aschau am Inn, in Grünthal und bei den Pfeiffers, auf Bauernschränken, Bannern, Werbeplakaten, Schaufensterbilder und Plakate für Firmen sowie Theaterkulissen in Aschau am Inn, Maibaumschilder, Gemälde in Gasthöfen wie im Unteren Wirt in Kraiburg und vieles mehr“, so Monika Pfeiffer. Zu Hause hatte Willi sein Atelier im Keller mit einem separaten Eingang. Er war nicht gerade begeistert davon, wenn ihm jemand bei der Arbeit zuschaute. In dem Moment, in dem ein ungebetener Gast in sein Atelier trat, legte er sofort den Pinsel auf die Staffelei. Fortsetzung folgt
dienst leistete Willi von September 1939 bis Mai 1945. Am 11. Mai 1945 geriet er bis 15. August 1945 in russische Gefangenschaft. Im Zuge der Vertreibung strandete die Familie im hessischen Heinebach, wo er in der Firma Julius Keilwert arbeitete. Im Januar 1947 zog er wegen seiner Musikkollegen, die zum Teil im oberbayerischen Waldkraiburg lebten, ins nahe Aschau am Inn. Dort fand er eine Unterkunft beim Guggenberger, dem Bauern im Willi Pfeiffer: „Vertreibung“.
Einer der letzten Deutschböhmen in der Heimat
Karl Multrus 90 Am morgigen 7. Dezember feiert Karl Multrus, einer der letzten Deutschböhmen in der Heimat, in Pladen, tschechisch Blatno, seinen 90. Geburtstag.
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Mundartlesung mit Zitherbegleitung und Heimapflegerin Christina Meinusch auf dem Hockenhof bei Familie Cidlina.
ls Karl Multrus am 7. Dezember 1934 in Schaar/Žďár zur Welt kam, gehörte der Ort zum damaligen Gerichtsbezirk Jechnitz, von 1938 bis 1945 zum Landkreis Podersam und heute zum Kreis Rakonitz im historischen Egerland. Sein Vater war Deutscher, seine Mutter eine Tschechin.
Seine Schwester Brigitte ist leider schon gestorben. Die Eltern ließen sich scheiden, und die Mutter heiratete einen Tschechen. Aus diesem Grund wurden die Kinder nicht vertrieben. Karl Multrus wurde Bauingenieur und heiratete Hana, die mittlerweile 86 Jahre alt. Hana schenkte ihm die zwei Kinder Hana und Jiří. Namens der Familie Multrus gratuliert Enkel Jan Šulc
von ganzem Herzen. „Wir wünschen unserem Großvater und Vater eine sehr gute Gesundheit und daß er uns noch lange seine Geschichten erzählen kann.“ Sollte noch ein Landsmann aus der Gegend SaazPodersam-Jechnitz-Scheles leben, würde sich Karl Multrus über einen Anruf freuen: Blatno 126, Okres Louny, 43984 Tschechische Republik, Telefon (0 04 20) 4 15 21 75 40.
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ZEITGESCHICHTE
Sudetendeutsche Zeitung Folge 49 | 6. 12. 2024
� Gottfried Konecny (1930–2024) – Teil VII
Aufzeichnungen über ein turbulentes Leben Die Sudetendeutsche Landsmannschaft ehrte Gottfried Konecny 2019 mit ihrem Großen Kulturpreis für sein Lebenswerk, die Entwicklung der Photogrammetrie zur Vermessung von
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urück in München, feierte ich mit Stroh-Rum und Coca Cola in Großhadern in der Würmtalstraße 40, wo ich in der Zwischenzeit wohnte, mit Lisl meinen Geburtstag nach. 14 Tage später kam meine Schwester Gerlinde zu Besuch nach München. Wir fuhren mit Ewald und seiner Freundin Margrit, Lisl und Gerlinde zum Tegernsee. Lisl wurde dabei übel. Am nächsten Tag bestätigte ihr der Arzt, daß sie schwanger sei. Das war zwar eine Überraschung, aber allerseits nicht unwillkommen. Wir mußten nur unsere Hochzeit planen. Mein Vater war in Nürnberg an Nierenkrebs operiert worden. Er befand sich nun in Reha in Bad Brückenau in der Rhön. Deshalb beschlossen wir, die standesamtliche Hochzeit mit den Schwiegereltern und Mutti in München zu begehen und die kirchliche Hochzeit mit beiden Eltern am 24. September 1958 in der Wieskirche zu planen. Die standesamtliche Hochzeit fand in Schwabing statt. Zum Mittagesssen waren wir in den Torggelstuben am Platzl, dann fuhren wir an den Tegernsee, wo Mutti ihr altes Armband verlor. Gegen Abend fuhren wir über Nacht nach Starnberg und verbrachten den nächsten Tag in einem Schiff auf dem Starberger See. Das Wochenende drauf fuhren wir über Würzburg nach Bad Brückenau zu meinem Vater und besuchten Onkel Rudolf und Tante Resl in Rupsroth in der Rhön. Das Wochenende danach fuhren wir in die Wies, um die kirchliche Trauung im September zu bestellen. Wiederum ein Wochenende später machten wir mit Schwiegervater Alois eine Bergtour auf den Herzogstand. Ich war stark erkältet. In der nächsten Woche mußte ich dienstlich nach Nürnberg für ein photogrammetrisches Projekt. Leider mußte ich mit Fieber bei den Eltern ins Bett. Nach ein paar Tagen konnte ich wieder nach München. Als das Fieber andauerte ging ich bei den Schwiegereltern ins Bett, um von dort aus zur kirchlichen Hochzeit in die Wies zu fahren. Die kirchliche Trauung und das Mittageseen im Gasthof gingen gut vorüber, aber das Fieber dauerte an, als wir zu den Schwiegereltern zurückfuhren. Der Arzt überwies mich mit Pfeiferschem Drüsenfieber ins Schwabinger Krankenhaus. Dies galt damals als Infektionskrankheit, und ich mußte in die Quarantäneabteilung. Ich konnte mit Besuchern im Garten nur vom Fenster aus im ersten Stock kommunizieren. Die Untersuchungen meines Zustandes besserten sich erst nach etwa einem Monat. Schwiegervater Alois und Lisl nutzten die Gelegenheit, die Wände unserer Bleibe in der Würmtalstraße zu streichen und mit Lisls Biedermeiermöbeln einzurichten. Als ich vom Krankenhaus entlassen wurde, kam ich mir wie im Paradies vor. Es war eine schöne Flitterwochenzeit für uns beide. Fachlich machte meine Dissertation Fortschritte. Wir gingen am Wochenende oft spazieren und abends oft ins Kino. Als unser DKW in die Brüche ging, spendierte uns Schwiegervater Alois einen gebrauchten Volkswagen. Als die Zeit der Niederkunft für Lisl heranrückte, machten wir einen weiten Frühlingsspaziergang bei Pocking am Starnber-
Landoberflächen mit Luftbildkameras und digitaler Datenverarbeitung. Mit 51 Jahren erhielt er einen Ruf an die Universität Hannover, wo er bis zu seiner Emeritierung 1998 Direktor des In-
ger See. Abends gingen wir noch nach Laim ins Kino. Dann setzten die ersten Wehen ein. Ich brachte Lisl sofort in die Klinik in der Lindwurmstraße. Damals war es noch nicht möglich, als Vater bei der Geburt anwesend zu sein, also schickte man mich wieder nach Großhadern. Aber ich sollte am Morgen wiederkommen. Lisl hatte früh morgens am 3. April 1959 unsere erste Tochter geboren, ein prächtiges Baby. Schwiegervater Alois war schon im Patentamt bei der Arbeit, als ich ihm die frohe Nachricht mitteilte. Ich holte Schwiegermutter Katharina um zehn Uhr ab, und wir gingen in den Löwenbräukeller, um das Ereignis zu feiern. Unsere Tochter wurde auf den Namen Susanne Katharina Olga getauft. Mei-
stituts für Photogrammetrie und Ingenieursvermessung war. Seine Beratertätigkeit erstreckte sich von Albanien bis Zimbabwe. Der mit vielen Preisen gewürdigte Konecny war Mitglied vie-
nen Assistant Professor suche, der die Vermessung und die Photogrammetrie auf Vordermann bringen könne. Mein Kontakt verlief dann sofort per Telegramm: „Ich akzeptiere das Angebot unter drei Bedingungen: Es soll sich nicht um eine kurzfristige Maßnahme handeln. Ich brauche Reisekosten, um meine Doktorprüfung vor Weihnachten machen zu können. Ich hätte gerne eine Aufstockung des finanziellen Angebots.“ Das Telegramm wurde sogleich beantwortet: „Wir akzeptieren alle Bedingungen.“ Also reiste ich zu Semesteranfang zwei Wochen später nach Fredericton. Ich nahm einen Flug von München über Paris und Montreal dorthin. Natürlich war es nicht möglich, Lisl und Sue überstürzt mitzunehmen. Sie blieben
ler angesehener Akademien, darunter ab 1984 der Sudetendeutschen Akademie der Wissenschaften und Künste. Er starb am 25. Juli im Alter von 94 Jahren (Þ SdZ 35/2024). Bereits 2019 hat-
te er unter dem Titel „Mein Weg. Aufzeichnungen über ein turbulentes Leben“ seine Erinnerungen niedergeschrieben, die wir als Serie veröffentlichen.
Am nächsten Morgen ging ich in die Uni. Die Wege waren weit, und ich brauchte ein Fahrzeug. Zudem gab es fast keine öffentlichen Verkehrsmittel außer Taxi. Als erstes suchte ich ein Zimmer. Eine Wirtin wies mich ab, weil ich katholisch bin. Aber beim zweiten Anlauf konnte ich eine Studentenunterkunft in der Waterloo Row in einem alten Haus finden. Ich konnte diese Unterkunft nach zwei Wochen wechseln, um ein anständiges Zimmer in der University Avenue zu beziehen. Die Bedingung war, daß ich der ledigen Dame wöchentlich eine Flasche Whiskey im Alko-Store besorge. An der Uni begann ich mit Vorlesungen der Vermessungskunde. Jedesmal mußte bei Beginn die Anwesenheitsliste kontrolliert werden. Aber bereits in
Wir fuhren per Bahn. Als wir in Fredericton Junction den Zug bestiegen, brachte Willis eine große Flasche Rum mit, dann bezogen wir unsere Schlafwagenquartiere und vesammelten uns in einem der Abteile zur Vorbereitung auf das Symposium. In dem Abteil gab es vier Sitzmöglichkeiten: eine auf dem Bett, eine auf dem Stuhl, eine auf dem Boden und eine auf der Toilette. Sobald einer sein Glas ausgetrunken hatte, wechselten wir die Sitzplätze. Dann kam die Diskusion in Gang. Als wir morgens in Montreal eintrafen, hatten wir alles vergessen, was wir besprochen hatten, aber wir wußten, daß wir uns einig waren, wir würden einen Studiengang an der UNB einrichten und dies auch in Ottawa verkünden.
der ersten Woche lernte ich den Direktor der Vemessungsverwaltung, Oberst Willis Roberts, kennen. Er nahm mich in den Golf Club mit, in dem es reichlich alkoholische Drinks gab. Das Canadian Institute of Surveying hatte auch eine lokale Gruppe mit monatlichen Treffen. Willis Roberts nahm mich zu diesen Treffen mit. Der lokale Photogrammeter war Art Wightman, der wissen wollte, was ich denn bisher in München getan hätte. Ich erklärte ihm unsere Arbeiten in der Gletschervermesung. Seine Antwort: „Aber in New Brunswick haben wir keine Gletscher.“ Das war für mich die Aufforderung, später im arktischen Kanada die Förderung der Gletschervermessung zu beantragen. Doch der Bedarf an neuer Vermessungstechnologie war in Kanada größer als erwartet. Das Canadian Institute of Surveying lud zu einem Kolloquium über Vermessungsausbildung in Ottawa ein. Wir beschlossen, an der Veranstalung Ende des Monats teilzunehmen. Die Delegation bestand aus Ira Beattie, Department Chair des Bauwesens an UNB, Bill Hilborn, Professor für Photogrammetrie in der Forstfakultät, Willis Roberts, Vermessungsdirektor der Provinz, und mir.
Sam Gamble, der Direktor der kanadischen Vermessungsbehörde, leitete das Symposium. Angus Hamilton hielt einen sehr guten Einführungsvortrag, der die Notwendigkeit dokumentierte, eine eigene Vermessungsausbildung für Kanada einzurichten. Der Vortrag von Angus Hamilton wurde unterstützt von Edward H. Thompson, Dekan der Bauingenieurfakultät am University College London. Er sprach von der toten Hand des Bauingenieurs für das Vermessungswesen. Dann trat Ira Beattie auf und verkündete, daß die Universität New Brunswick bereit sei, ein separates Curriculum für Vermessungswesen einzurichten. Ted Blachut hatte andere Bestrebungen. Er wollte ein Graduate Program an der Ottawa Universität etablieren, aber Sam Gamble zerschlug die Hoffnungen Ted Blachuts darauf. Dagegen unterstützte er den Vorschlag der Universität von New Brunswick. Damit war ein großer Meilenstein erreicht. Ich fuhr mit Ira Beattie zurück über Montreal nach Fredericton. Wir nutzten die Gelegenheit, im Zug einen Bericht über die Konferenz und den geplanten Wunsch, eine Fachrichtung Vermessugswesen in Fredericton zu etablieren,
Blick vom Gipfel des Mount Everest. Rechts das Rathaus von Fredericton, der Hauptstadt der kanadischen Provinz New Brunswick, deutsch Neu Braunschweig. Unten der Tergernsee aus der Vogelperspektive.
ne Eltern kamen nach München, und wir hatten ein Familienfest. An der TH reichte ich meine Doktorarbeit ein. Dann begannen die Feldarbeiten des Instituts. Wir machten Gletschervermessungen am Glacier de Bosson am Mont Blanc. Ich nahm meinen Schwiegervater mit, und wir machten eine schöne Bergtour auf den Mont Blanc. In 4000 Höhenmeter mußten wir leider wegen Neuschnee auf der Tete Rousse aufgeben. Aber die Phototheodolitaufnahmen waren gemacht, und wir kehrten zurück. Der nachfolgende Urlaub war für Lisl und mich eine verspätete Hochzeitsreise nach Italien. Wir fuhren über die Glocknerstraße nach Osttirol und zu den drei Zinnen, dann zum Gardasee, nach Verona und Venedig. Von dort ging es zurück über Triest und Kärnten nach München. Mit der Abschlußprüfung der Promotion war bis zu Weihnachten zu rechnen. Ted Blachut drängte auf die Annahme seines Angebots als Mitarbeiter beim National Research Council in Ottawa. Allerdings erhielt Professor Finsterwalder einen Brief von Professor Ira Beattie von der University of New Brunswick in Kanada, daß das Department ei-
bis zu Weihnachten in München bei den Schwiegereltern, und ich konnte inzwischen in Fredericton nach einer Unterkunft suchen. Damit unser dreimonatiger Abschied nicht so abrupt geschah, kam Lisl per Flug nach Paris mit. Wir hatten einen Tag in der Stadt, sie blieb in einem Hotel am Gare de l‘Est und fur per Bahn nach München zurück, während ich in Fredericton eintraf. Dort traf ich am Nachmittag ein. Was mich beeindruckte, war das Ausmaß der Wälder von New Brunswick, das nur spärlich von Siedlungen durchbrochen war, wie man vom Flugzeug aus sehen konnte. Es war ein Sonntagnachmittag am letzten Wochenende der Ferienzeit. Alle waren noch an den Seen, und keiner war am Flughafen, um mich zu empfangen. Ich ging ins Windsor-Hotel und machte einen Streifzug durch das kleine Städtchen. In einem Lokal bestelle ich etwas zu essen und ein Bier. Die Antwort war nur ein Lachen, da ich nicht wußte, daß in New Brunswick noch Prohibition herrschte. Das war, wie ich später feststellte, kein Problem, denn alle alkoholischen Getränke gab es nur im staatlichen Alko-Laden, aber nicht in der Öffentlichkeit.
an den Präsidenten der Universität, Colin B. McKay, zu richten. Dieser legte den Bericht dem Senat der Universität vor, und dieser genehmigte den Vorschlag. Damit war meine Zielrichtung an der Universität vorgegeben. Im September 1960 gewannen wir die ersten fünf Bauinge nieurstudenten des ersten Jahres, sich für das Studium des Vermessungswesens einzuschreiben. Ich hielt im ersten Jahr alle Fachvorlesungen, insgesamt 23 Wochenstunden. Diese mußte ich zum Teil mit Hilfe des mehrbändigen Buchs von Jordan Eggert Kneissl „Handbuch der Vermessungskunde“ für alle Teilgebiete des Vermessungswesens, das in Deutschland benötigt wird, neu verfassen. Im Frühjahr 1961 wurde ich beauftragt, nach Columbus in Ohio und nach Washington zur Jahrestagung der Vermessung zu fahren, um weitere Fachkräfte zu rekrutieren, die das Jahr darauf die Lehre mit mir teilen konnten. Ich fand Peter Wilson in Ohio, der Geodäsie, und Gerhard Gloss, der die Vermessungskunde übernehmen konnte. Inzwischen hatte ich mit Schwiegervater Alois vereinbart, unsern VW per Schiff nach Kanada zu überführen. Ewald fuhr den Wagen nach Bremerhaven. Ich wurde benachrichtigt und mußte nach Montreal, um die Zollangelegenheiten zu regeln. Während mir dort der Zoll hohe Gebühren abverlangen wollte, zeigte ich die in New Brunswick erhaltenen Nummernschilder. Damit war schon alles erledigt, und der Zöllner rief aus: „They trust people in New Brunswick.“ Ich übernachtete im Y MCA. Ich holte noch eine Gallone Rotwein, der in der Provinz Quebec ohne Probleme erhältlich war, und staunte nicht wenig, daß der erste Schneesturm des Jahres angekommen war. Deshalb verlief die Fahrt nach Fredericton langsamer als erwartet. Aber ich kam kurz vor Mitternacht gut an. Vor meiner Abreise zur Doktorprüfung nach München mußte ich noch eine Wohnung für unsere Familie einrichten. Ich mietete eine Wohnung in einem Mietshaus in 91 Main Street, Nashwaaksis. Natürlich mußte ich erst das Mobiliar kaufen. Mit dem Möbelhändler Medjucks, einem Juden von der King Street, hatte ich lange Diskussionen, doch das Bett mit der teuren Matratze zu kaufen, denn meine Frau aus Germany sollte sich doch wohlfühlen. Ich beugte mich seinem Vorschlag. Als alles eingerichtet war, kam Willis Roberts zur Inspektion. Wir leerten zur Feier eine Flasche Whiskey, dann fuhr er heim, aber er hatte einen Verkehrsunfall. Er war auf einen Polizeiwagen gefahren. In seinem Zustand betrat er die Polizeiwache mit den Worten „I want to report a major accident.“. Der Polizist, Jerry Laskey, war ein Freund von ihm und schickte ihn sofort nach Hause, er würde den Bericht dort aufnehmen. Das geschah dann in aller Stille und ohne Konsequenzen. Das war New Brunswick, wo die Leute noch nett zueinander waren. Meine Doktorprüfung in München verlief sehr gut, und wir konnten mit beiden Eltern deutsche Weihnachten feiern. Fortsetzung folgt
Reicenberger Zeitung
Sudetendeutsche Zeitung Folge 49 | 6. 12. 2023
Stadt und Kreis Reichenberg
Kreis Deutsch Gabel
Nordböhmi[e Um[au
Redaktion: Nadira Hurnaus, Baiernweg 5, 83233 Bernau, Telefon (0 80 51) 80 60 96, eMail rz@sudeten.de
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Kreis Friedland
Kreis Gablonz
Grottau/Kreis Reichenberg
Kirchturmspitze renoviert Nach einem Jahr kehrte die Turmkugel mit Kreuz an die Spitze der barocken Sankt-Bartholomäus-Kirche in Grottau zurück.
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Blick in die Ausstellung.
Böhmisch Leipa
Waldkraiburgensia wieder daheim Anfang November eröffnete das Heimatkundliche Museum in Böhmisch Leipa die Ausstellung „Waldkraiburgensia“, die bis 12. Januar läuft.
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bayerischen Stadt lesen, die ohne Vertreibung nicht entstanden wäre. Aufgrund der kleinen Aus-
verlas die Rede von Elke Keiper, Museumsleiterin in Waldkraiburg, die wegen Krankheit nicht
ie Übergabe des sudetendeutschen Heimatarchivs der nordböhmischen Kreise Böhmisch-Leipa, Haida und Dauba vom Archiv der oberbayerischen Stadt Waldkraiburg an das staatliche Heimatkundliche Museum in Böhmisch Leipa/Česká Lípa im April und Juni ( RZ 25/2024) fand nun einen würdigen Abschluß. Die Ausstellung heißt Tomáš Cidlina, Konrad Kern, Hildegard Kopecká und Jaromir Dvořak. „Waldkraiburgensia“, weil das Museum das rund 75 Regalmeter stellungsräume konnten nur we- gekommen war. Er dankte für die umfassende Heimatarchiv mit nige Archivdokumente Platz fin- gute Zusammenarbeit und erder lateinische Form von Wald- den. wähnte die für Mai 2025 geplankraiburg taufte, wo die SammZur Ausstellungseröffnung im te Busfahrt des Museumsförderlung ab 1970 entstanden war. Sie Josef-Maštálko-Saal im Dach- vereins Waldkraiburg nach Leiist übrigens die erste Ausstel- geschoß des Museums konn- pa und die Ausstellung über den lung im Leipaer Museum, die mit te Tomáš Cidlina, Historiker für Waldkraiburger Gründungsbürdeutschen Texten versehen ist. neuere Geschichte am Leipaer germeister Hubert Rösler, der Seit 1968 sind die sehr umfang- Museum, viele Besucher begrü- aus der Region Leipa stammte reichen Sammlungen des Muse- ßen, darunter Leipas Vizebürger- und 2025 125 Jahre alt geworden ums, die auf die Gründung des meister Jakub Mencl, zwei Leipa- wäre. Petr Kubat erinnerte an die Nordböhmischen Exkursions- er Altbürgermeister, Daubas Bür- Freundschaft, die ihn mit Erika clubs von 1878 zurückgehen, hier germeisterin Irena Žalovičová Rahnsch bis zu ihrem Tod im Mai untergebracht. und Haidas Bürgermeister Ja- 2021 über viele Jahre verbunden In zwei ehemaligen Zellen des romír Dvořák. Auch Archivar Petr hatte. Er fühle sich, so Kubat, wie 1627 gegründeten und 1948 auf- Joza aus Tetschen, der 2016 das ein Sohn von Erika Rahnsch. gehobenen Augustiner-Eremi- Tetschener Heimatarchiv überErstmals in der Geschichte der ten-Klosters werden vor allem nommen hatte, sowie der heuti- Sudetendeutschen konnte Armuseale Objekte, die zum Hei- ge Besitzer des Geburtshauses chivar Konrad Kern aus Waldmatarchiv gehören, gezeigt. Da- von Erika Rahnsch, Petr Kubat kraiburg, einer Stadt, die von zu gehören die Zifferblätter vom aus Falkenau-Kittlitz, waren ge- Heimatvertriebenen gegründet Turm der Haidaer Stadtpfarrkir- kommen. worden war, hier in Leipa, der alche Mariä Himmelfahrt, die man Besonders begrüßte Cidli- ten Heimat vieler WaldkraiburAnfang der 1990er Jahre aus dem na aber die Gäste aus Waldkrai- ger Familien, eine Rede halten. Müll rettete und nach Waldkrai- burg: Stadtarchivar Konrad Kern, Er sprach zunächst über die vieburg brachte. Oder die Priester- Michael Lode, Enkel des Stadt- len Wege und Umwege, auf deStola des aus Leipa stammen- gründers Emil Lode, der aus Lei- nen die wenigen geretteten perden Prälaten Norbert Kocho- pa stammte, und Landkreishisto- sönlichen Dokumente im Vertreilaty (1908–1995), der nach 1945 viele Jahre in der Diözese Passau wirkte. Auch einige aufwendig bestickte Wäschestücke, eine prächtige Trachtenhaube und ein Kanzeltuch aus der Dorfkirche in Dürchel sind zu sehen. Auf einem Bildschirm kann man aus dem Tausende Bilder umfassenden Sammlungsbestand 200 ausgewählte digitalisierte alte Fotos anschauen. Auch Gemälde mit Ortsansichten sind ausgestellt. Sehr schön gestaltet sind die vier Texttafeln, ergänzt mit vielen Abbildungen, Michael Lode, Daniel Baumgartner, Michal Rádl, Konrad Kern und Petr Kubat. welche die Geschichte der Stadt Waldkraiburg und die des riker Daniel Baumgartner. Da- bungsgepäck der Jahre 1945 und Heimatarchivs anschaulich dar- nach intonierte eine Sängerin 1946 sowie in späteren Jahrzehnstellen. Erstmals können Tsche- ein deutsches Heimatlied. Baum- ten ins Heimatarchiv gekommen chen in ihrem Land hier Informa- gartner überbrachte die Grüße waren. Bei Heimattreffen hätten tionen über die Geschichte einer des Landkreises Mühldorf und sich die Besucher gefreut, wenn
sie Einblick ins Archiv genommen und sich für einige Stunden „daheeme“ gefühlt hätten. Die Sammlung sei, wie der Stadtarchivar betonte, zu einer Ersatzheimat geworden. Viele schöne Erinnerungen habe er, wenn er an das Heimatarchiv denke. Dazu gehöre eine Ausstellung anläßlich der Vorstellung der drei Findbücher im August 2002 mit dem Titel „Schätze aus dem Haidaer Archiv“. Als Gastgeschenk überreichte Kern eine komplette Sammlung aller Bücher, Bildbände und Chroniken, die bisher über Waldkraiburg gedruckt worden waren. Kern würdigte auch die große Lebensleistung von Erika Rahnsch, die das Heimatarchiv mehr als 30 Jahre lang betreut habe. Ihr sei stets die Versöhnung und Verständigung zwischen Tschechen und Deutschen wichtig gewesen. Sie hätte, ist sich Kern sicher, große Freude daran gehabt, daß das Archiv in der Heimat würdig untergebracht, wertgeschätzt und gepflegt werde und für Interessierte zugänglich sei. Nach der Eröffnung lud der Haidaer Bürgermeister die Waldkraiburger spontan für den folgenden Vormittag in sein Rathaus ein. Dort erinnerte Konrad Kern in einem kurzen Vortrag an die Waldkraiburger Glasgeschichte, die ihre Wurzeln in der Haidaer Gegend gehabt habe. Auch die örtliche Vorsitzende des deutschen Kulturverbandes, Hildegard Kopecká, die kürzlich ihren 85. Geburtstag gefeiert hatte, war gekommen. Anschließend erhielten die Gäste eine Führung im Glasmuseum. Der Bürgermeister lud dann zum Mittagessen ein. Ein weiterer Höhepunkt erwartete die Waldkraiburger am Nachmittag. Archivar Michal Rádl zeigte in einer Führung das staatliche Kreisarchiv Böhmisch Leipa. Rádl konnte Michael Lode die Meldekarten seines Großvaters zeigen. Daniel Baumgartner war beim Anblick mittelalterlicher Leipaer Urkunden begeistert. Archivar Konrad Kern erhielt von seinem Kollegen Rádl einige Originalbaupläne von Hubert Rösler, der von 1923 bis 1945 in Hirschberg am See ein Baugeschäft hatte. Ein außerordentliches Zeichen guter Freundschaft. dn
rtspfarrer Jan Nepomuk Svoboda segnete die Kunstwerke, bevor sie wieder an der Turmspitze befestigt wurden. Der oberste Teil des Turms der katholischen Kirche war nach rund 60 Jahren restauriert worden. Die Sanierung kostete rund 850 000 Kronen, an den Kosten beteiligten sich die Ministerien für regionale Entwicklung und für Kultur sowie die Gemeinde Grottau. „Es ist ein bedeutendes Denkmal der Stadt“, betonte Bürgermeister Pavel Farský. Die goldglänzende Kugel mit dem Kreuz war in einem schlechten Zustand. „Sie stand schief und drohte einzustürzen. Außerdem hatte sie mehrere Löcher, war beschädigt und undicht“, sagte Matouš Kirschner, der für die Rückkehr der wertvollen Spitze der Kirche verantwortlich war. Sowohl das Kreuz als auch die Kugel wurden repariert und erhielten mehreren Schutzanstriche und eine Blattgoldveredelung. Die reparierten Teile wogen etwa 30 Kilogramm und wurden mit einem Kran in die Höhe von 41 Metern gehoben. In die Kugel
wurde ein Kasten mit Gedenkschriften eingesetzt, bevor sie auf die Turmspitze gesetzt wurde. Die erste Schrift hatte der Archivar der Leitmeritzer Diözese verfaßt, sie schildert die Geschichte der Kirche. „Sie enthält auch die Namen von allen 40 Pfarrern, die hier tätig waren“, ergänzt Vít Štrupl, ein Experte für lokale Geschichte. Das zweite Schriftstück berichtet über alle Reparaturen der Kirche im Laufe des 20. Jahrhunderts. Die erste Erwähnung der Kirche, die in der Nähe des Grottauer Hauptplatzes steht, stammt aus dem Jahr 1288. Das ursprüngliche Gebäude wurde etwa 150 Jahre später von den Hussiten zerstört. 1466 wurde an der selben Stelle eine neue Kirche errichtet und im Jahre 1568 im Stil der Renaissance umgebaut. Ihr heutiges barockes Aussehen stammt aus dem 18. Jahrhundert. Bereits während des kommunistischen Regimes drohte der Kirche ein Einsturz. Dank der langjährigen Bemühungen von Pfarrer Tomáš Genrt, der seit den 1970er Jahren in Grottau 40 Jahre lang gewirkt hatte, konnte sie gerettet werden. Die Restaurierung der Kirche dauerte etwa 20 Jahre und der Innenausstattung weitere 15 Jahre. „Es gibt nicht viele so reich verzierte Barockdenkmale in der Region“, fügt Vít Štrupl hinzu. Petra Laurin
Pfarrer Jan Nepomuk Svoboda weiht die Kirchturmspitze.
Die goldglänzende Kugel mit dem Kreuz ist zurück auf dem Kirchturm in Grottau. Bild: Roman Sedláček
Wir sind nur Gast auf Erden und wandern ohne Ruh mit mancherlei Bescherden der ewigen Heimat zu. Georg Thurmair
Traude Neumann * 2. Mai 1929 in Reichenberg
† 21. November 2024 in Hamburg
So gern hat sie gelebt und andere gelehrt, doch den Verlust der Heimat hat sie nie verwunden. Nun ist sie in die ewige Heimat eingegangen, und wir behalten sie in unseren Herzen. Ulrike Petri mit Familie, Verwandten und Weggefährten
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Dux
Ladowitz
Klostergrab
Ossegg
für die Kreise Dux, Bilin und Teplitz-Schönau
Bilin
Heimatlandschaft Erz- und Mittelgebirge – Landschaftsbetreuer: Dietmar Heller, Hillenloher Straße 10, 87733 Markt Rettenbach, Telefon (0 83 92) 9 34 72 77, Telefax 9 34 72 78, eMail dietmar.heller@deheller.de. Heimatkreis Bilin – Patenstadt Gerolzhofen; Heimatkreisbetreuer: Dietmar Heller. Internet www.heimatkreisbilin.de. H eimatkreis Dux – Patenstadt Miltenberg; Heimatkreisbetreuer: Klaus Püchler, In den Seegärten 35a, 63920 Großheubach, Telefon (0 93 71) 9 94 01, eMail klauspuechler@web.de. Heimatkreis Teplitz-Schönau – Patenstadt Frankfurt am Main; Heimatkreisbetreuer: Erhard Spacek, Franz-Schubert-Straße 13, 01796 Pirna, Telefon (01 60) 95 32 07 27, eMail erhard. spacek@gmx.de Redaktionsschluß: Freitag der Vorwoche. Redaktion: Nadira Hurnaus, Baiernweg 5, 83233 Bernau, Telefon (0 80 51) 80 60 96, eMail post@nadirahurnaus.de
Teplitz-Schönau
Graupen
Niklasberg
Kloster Ossegg, Gartenarbeiten, ein Braukessel in der Brauerei, der versiegte Brunnen in der Kapelle im Kreuzgang und der Hochaltar der Klosterkirche Mariä Himmelfahrt. Der Freundeskreis Kloster Osek brachte jüngst den beachtenswerten Jahreskalender „Kloster OCist Osek 2025“ heraus. Er zeigt auf 14 großformatigen Bildern Teile der Klosteranlage und Details der Ausstattung, ergänzt um einen umfangreichen Textteil.
S
eit dem Tod von Abt Bernhard Thebes 2010 unterstützt der Freundeskreis den Verwalter des Klosters bei der Erhaltung der barocken Klostergärten und baulichen Anlagen. Ein besonderes Anliegen ist im kommenden Jahr die Renovierung der Brunnenkapelle im Kreuzgang. Der Brunnen, ein wesentlicher Bestandteil jedes Zizsterzienserklosters, ist seit Jahrzehnten ohne Wasser und auch sonst in einem erbärmlichen Zustand. Dies soll sich nächstes Jahr ändern. Die Renovierung der Klosterkirche war 2022 abgeschlossen worden. Das Kloster Ossegg/Osek am Fuße des Erzgebirges ist ein Zisterzienserkloster mit einer langen und bewegenden Geschichte. Seit Abt Bernhards Tod und dem Weggang des letzten Mönches Pater Charbel 2012 ist es leider ein Kloster ohne klösterliches Leben. Dies bedeutet jedoch nicht, daß sich in dem Kloster nichts tut. Man kann im Kloster übernachten, feiern, sich zu Arbeitswochen oder an Wochenenden treffen. Die Verantwortung für das Kloster liegt beim Bistum Leitmeritz und auf den Schultern des Verwalters Jindřich Koska. Die seelsorgliche Betreuung leisten Pfarrer Philipp Irmer und Kaplan Christopher Canzen aus Maria Ratschitz/
� Kloster Ossegg
Freundeskreis sammelt Spenden Mariánské Hradčice. In der Klosterkirche wird jeden Sonntag um 10.30 Uhr Gottesdienst gefeiert. Die Klosterbrauerei stellt seit 2015 ein köstliches Ossegger Bier her, welches in einem kleinen Ausschank direkt neben dem Sudkessel, aber auch im Freien unter alten Linden getrunken werden kann. Dazu gibt es kleine Stärkungen vom Grill. Das Kloster Ossegg war eines der wenigen Zisterzienserklöster, welches nicht Opfer der Josephinischen Säkularisation war. Bis 1945 war es ein blühendes Kloster, dann kam jedoch die Zäsur. Die Mönche wurden verhaftet oder des Landes verwiesen. Ein Teil ging nach Sankt Marienstern im damaligen Bistum Meißen und später nach Rosenthal im Bistum Speyer, ein anderer über Österreich und Bayern nach Langwaden im Bistum Köln. Das Kloster wurde ein Internierungslager für Nonnen, beschönigend Caritasheim genannt. Nachdem die Zisterzienser das Kloster 1990 wieder zurückbekommen hatten, baute Abt Berhard einen neuen Konvent auf. Doch wie war es um die baulichen Anlagen bestellt? An den Gebäuden waren in der Zwischenzeit nur die nötigsten Reparaturen erfolgt, in den Gärten hatten in den 1980er Jahren Arbeiten zur Rekonstruktion begonnen, welche aber mit der Rückübertragung abrupt ende-
ten. Es war mehr zerstört, denn aufgebaut worden. Ein Beispiel ist die Treppe vom Gartensaal der Probstei hinab in den oberen Abtgarten. Sie ist demontiert und liegt in Einzelteilen im Garten, die zugehörigen Mauern zerbröseln. Aber es konnte damals nicht alles in Angriff genommen werden. So wurden unter Abt Bernhard die wichtigsten Dinge begonnen. In den Mönchszellen wurden Gästezimmer mit Sanitärbereichen eingerichtet, das Kloster bekam eine Zentralheizung sowie eine spendenfinanzierte moderne Küche. Nach 2010 begann die Erneuerung der Klosterkirche, zunächst an den Decken des vorderen Bereichs. Ab 2019 konnte eine Generalsanierung dank großzügiger Förderung in Angriff genommen werden. Die gesamte Kirche wurde neu ausgemalt, Risse geschlossen, die Fresken gereinigt und ergänzt, Altäre, Skulpturen und die Ausstattung restauriert, die Elektrik erneuert und das Dach neu gedeckt. Im Juni 2022 wurde die Kirche mit einer feierlichen Dankmesse wieder
in Dienst genommen. Das Gotteshaus erstrahlt wieder im barocken Glanz wie wohl seit 1728 nicht mehr. Um 2010 hatten Jugendliche aus Ober Leutensdorf und Annaberg in Arbeitseinsätzen bereits in den Gärten Wildwuchs beseitigt und Wasserläufe gesäubert. Nach dem Auslaufen dieser EUgeförderten Maßnahmen übernahm der Freundeskreis Kloster Osek diese Arbeiten. Jährlich werden vier bis fünf Arbeitseinsätze organisiert. Im Schnitt arbeiten jeweils 15 Leute von Montag bis Freitag oder Samstag in den Gärten. Dabei werden die jahreszeitlich notwendigen Arbeiten wie Schnitt der Obstbäume, Formschnitt an Linden und Kastanien, Pflege der Anpflanzungen im Prälaturhof und im Paradiesgarten sowie die Grasmahd immer wieder und wieder erledigt. Aber auch die Bausubstanz wird mit kleineren Reparaturen und Neuverfugung der Stützmauern erhalten. Größere Schäden erfordern Kräfte und Mittel, über welche der Freundeskreis nicht verfügt.
Dank unseres Freundes Dietmar Holz wurde im vergangenen Winterhalbjahr ein größerer Bereich im unteren Abtgarten vom Wildwuchs befreit, so daß im rechten Teil des mittleren und unteren Abtgartens jetzt der ursprüngliche Gesamteindruck erlebbar ist. Statuen und Brunnen sind wieder sichtbar. Durch Planierung des Geländes und Beräumung von Wurzelstöcken und Steinen lassen sich diese Flächen auch zukünftig besser pflegen. Im Frühjahr und Herbst konnten wir 23 Obstbäume verschiedener alter Sorten in den Streuobstwiesen des Konventgartens neu pflanzen. Die Bäume wurden durch eine gezielte Spendenaktion finanziert. Auch die laufende Arbeit in den Gärten finanzieren Spenden. Verbrauchsmaterialien, Betriebsstoffe und Reparaturen an den Gartengeräten sowie die Kosten für die Unterkunft der Teilnehmer der Arbeitseinsätze wären ohne die Spenden nicht zu stemmen. Ein ganz besonderes Anliegen des Freundeskreises ist die Restaurierung des Brunnenhauses im Kreuzgang. Die dazu notwendigen Abstimmungen mit dem Denkmalschutz sind erfolgt, und der Kostenvoranschlag liegt vor. Die Arbeiten können im neuen Jahr beginnen. Die Gesamtkosten werden 53 820 Euro betragen.
Der Brunnen, meist in einem kapellenartigen Raum, gehört zur Grundausstattung eines jeden Zisterzienserklosters und steht immer gegenüber dem Eingang zum Refektorium, dem Speisesaal. Einst verfügte das Kloster über vier eigene Wasserleitungen, welche von Quellen am Erzgebirgshang gespeist wurden und verschiedene Bereiche mit Wasser versorgten. Mit der Zeit brachen diese Leitungen oder gingen kaputt – nun fließt kein Wasser mehr. Die Verhandlungen mit der Stadt Ossegg zur Reaktivierung wenigstens einer Leitung zur Versorgung der Brunnen sind bis heute ohne ein konkretes Ergebnis, so daß ein geschlossener Wasserkreislauf erforderlich wird. Das ist eine leider notwendige Mehrausgabe. Außerdem wird die Hauptorgel renoviert. Auch die Geläute der Kirche und im Uhrenturm der Prälatur sollen ergänzt werden. Und das Herrenhaus und die barocke Scheune im Konventgarten werden revitalisiert. Der Verein möchte mit Hilfe des Kalenders Spenden für die Restaurierung des Brunnenhauses sowie für die Fortsetzung seiner Arbeit in den Klostergärten einwerben. Sie können diesen Kalender kostenlos bestellen per eMail bei freunde@kloster-osek.info oder beim Vorsitzenden Wolfgang Sperling, Telefon (03 57 96) 9 64 66. Spendenkonto: IBAN DE45 3055 0000 0083 1271 67, BIC WELADEDNXXX. Wenn sie gezielt für das Projekt „Brunnen“ spenden möchten, so geben sie dies im Verwendungszweck an.
HEIMATBOTE
Sudetendeutsche Zeitung Folge 49 | 6. 12. 2024
Bischofteinitz
FÜR DEN KREIS BISCHOFTEINITZ
Ronsperg
15 Hostau
Heimatkreis Bischofteinitz – Patenstadt Furth im Wald. Heimatkreisbetreuer: Peter Pawlik, Palnkamer Straße 73a, 83624 Otterfing, Telefon (0 80 24) 9 26 46, Telefax 9 26 48, eMail peter-pawlik@t-online.de, Internet www.bischofteinitz.de. Spendenkonto: Heimatkreis Bischofteinitz, Raiffeisenbank Chamer Land – IBAN: DE55 7426 1024 0007 1343 20, BIC: GENODEF1CHA. Heimatbote für den Kreis Bischofteinitz – Redaktionsschluß: Donnerstag der Vorwoche. Verantwortlich von seiten des Heimatkreises: Peter Pawlik. Redaktion: Nadira Hurnaus, Baiernweg 5, 83233 Bernau, Telefon (0 80 51) 80 60 96, eMail post@nadirahurnaus.de
Hostau
Vertreibung der Juden Im 15. Jahrhundert wurden alle Juden aus Hostau „für ewige Zeiten“ vertrieben.
D
ie aus Hostau vertriebenen Juden siedelten sich im nahegelegenen Neustadtl an. Es gab auch in den folgenden Jahrhunderten nur sehr wenige Juden in Hostau sowie keine jüdische Gemeinde und keinen jüdischen Friedhof wie beispielsweise in Ronsperg. Der Chronist von Hostau zitiert dazu die Legende über einen jüdischen Hostienfrevel, deren Wahrheitsgehalt er aber anzweifelt.
Legende vom Hostienfrevel in Hostau Im Jahr 1427 entwendeten Juden aus Hostau aus der Kirche Sankt Peter und Paul in Pernartitz/Bernartice etwa acht Kilometer nördlich von Hostau sieben konsekrierte Hostien. Sie mißhandelten diese zu Hause in Hostau mit Gabel- und Messerstichen, wobei Blut aus den Hostien auf den Tisch, die Wand und die Juden spritzte. Darüber erschraken die Juden und ver-
Ein Film dokumentiert die von Ivo Dubský initiierten Veränderungen in Schüttwa.
gruben die Hostien in der Nähe der Pfarrkirche bei einem Busch. Als am nächsten Morgen der Schäfer seine Herde dort vorbei trieb, fielen die Schafe rund um die Stelle, wo die Hostien vergraben waren, auf die Knie und begannen laut zu blöken. Die daraufhin herbeigeeilten Christen gruben die Hostien aus und brachten sie zum Pfarrer, der sie nach Rom schickte. Die Juden, die die Hostien gestohlen hatten, wurden verbrannt und alle Juden auf immerwährende Zeit aus Hostau vertrieben. An der Stelle, wo die Hostien vergraben gewesen waren, wurde eine Kapelle mit dem Namen Fronleichnam Christi erbaut. In der Kapelle befanden sich zwei Gemälde, auf denen die Legende dargestellt war. Diese Kapelle wurde 1634 von Kordula Gräfin von Lobkowicz, geborene Gräfin Czernin von und zu Chudenitz, renoviert oder erbaut und 1636 von Weihbischof Šimon Brosius von Horštejn (1567–1642) feierlich eingeweiht. 1802 wurde die Kapelle wegen Baufälligkeit abgetragen.
Schüttwa
Motor des Wunders geehrt Ivo Dubský, der Vorsitzende des Vereins Mikulaš/Nikolaus, dem das Wunder von Šitboř/Schüttwa zu verdanken ist, das auch viele Bürger aus dem Raum Waldmünchen und Umgebung sei vielen Jahren aufmerksam verfolgen, wurde mit dem Preis des Kreishauptmanns von Pilsen geehrt.
D
sen. Reitmeier bekannte gegenüber Dubský, daß er diese Pläne damals für ein Fantasieprodukt gehalten habe. Doch er habe nicht mit der Hartnäckigkeit, der Willenskraft und dem Durchsetzungsvermögen von Dubský gerechnet. Sehr bald sei das mitleidige Lächeln einem großen Respekt und hoher Anerkennung gewichen, denn in Schüttwa habe sich tatsächlich etwas zu verändern begonnen, was inzwischen als das Wunder von Schüttwa bezeichnet werde und inzwischen auch viele Bürger aus dem bay-
ie Auszeichnung überreichte der neue Kreishauptmann Kamal Farhan Ivo Dubský anläßlich eines Galaabends des Kreises Pilsen im Städtischen Bürgerhaus Beseda in Ronsperg, dessen Stadtteil Schüttwa heute ist. Den Preis des Kreishauptmanns hatte Farhans Vorgänger Rudolf Šopták ins Leben gerufen, der sich bei diesem festlichen Galaabend ebenfalls unter den zahlreichen Gästen befand. Mit dem Preis wurden nicht nur Dubskýs Verdienste um die Wiederbelebung der Nikolauskirche von Schütt- Ivo Dubský und Kamal Farhan, rechts wa, sondern auch die Dubský mit Tochter und Frau. zahlreichen Aktivitäten wie die Erstellung eines Denk- erischen Grenzraum anlocke, die mals für Johannes von Schüttwa die dortigen positive Verändeoder die Anlegung eines Skulp- rungen bestaunten. turenparks für diesen wichtigVor der Auszeichnung dokusten deutschsprachigen Prosa- mentierte ein Film die Aktivitädichter des späten Mittelalters ten Dubskýs, die schließlich ein gewürdigt. Auch der Friedhof Moderator würdigte. Dazu gab es hatte unter Dubskýs Regie wie- auch einen kleinen Festband, der der ein würdiges Aussehen er- für diesen Abend auch für weitere halten. Geehrte erstellt worden war und Zu den ersten Gratulanten auf den Tischen auslag. Nach der zählte an diesem Abend Karl Verleihung der VerdienstplaketReitmeier, der von einer überaus te wurde der Ausgezeichnete an verdienten Ehrung sprach. Er er- das Rednerpult gebeten. Dort erinnerte an ein Gespräch mit Ivo wähnte er unter anderem auch Dubský im Jahre 2016 in dessen den Ortsbetreuer von SchüttHaus in Schüttwa, in dem die- wa, Franz Metschl, anerkenser die Pläne des ein Jahr zuvor nend, denn von diesem habe er gegründeten Vereins Nikolaus/ immer Unterstützung erfahren. Spolek Mikulaš der Öffentlich- Und so werden die Maßnahmen keit vorgestellt habe. Damals sei in Schüttwa als ein gutes Zeichen der Vorsitzende des Vereins noch der deutsch-tschechischen VölVáclav Kohout, aber Dubský von kerverständigung und als ein PaAnfang an die Triebfelder gewe- radebeispiel der Versöhnung im
wiedervereinten Europa bewertet. Erste Maßnahmen waren die Revitalisierung des Friedhofs und des dortigen Gefallenendenkmals zur Erinnerung an die Opfer des Ersten Weltkriegs. Gleichzeitig begannen auch die Planungen für die Renovierung der einst stolzen Nikolauskirche, die eigentlich nur noch eine unansehnliche Ruine war. Die ersten Reparaturarbeiten wie die neue Überdachung des Presbyteriums/Altarraums starteten. Das erste große Projekt, mit dem
der Heimatverein Mikulaš große Aufmerksamkeit insbesondere auch bei der Ackermann-Gemeinde erweckte, war das Denkmal für Johannes von Schütta auf dem Platz unterhalb der Kirche, das 2018 von dem damaligen Pilsener Bischof František Radkovský eingeweiht wurde. Im Rahmen eines BildhauerSymposiums unter der Leitung des Künstlers Jaroslav Šindelář wurden ein Jahr später elf Statuen aus Sandstein geschaffen, die nun den Park oberhalb der Kirche bereichern. Die Künstler hatten sich bei dem Bildhauer-Symposium mit ihren Werken mit dem Leben und Wirken von Johannes von Schüttwa beschäftigt. In enger Abstimmung mit Ortsbetreuer Franz Metschl wurden auch die Maßnahmen für die Kirchenrenovierung Zug und
Zug umgesetzt. Ein Höhepunkt war, als die Kirche wieder einen neuen Zwiebelturm erhielt. Im Jahre 2022 wurde der Park mit einer Nikolausstatue, die der Bildhauer Jaroslav Šindelář gefertigt hatte, bereichert. Dieser blickt quasi schützend auf Schüttwa und das umliegende Gebiet. Erstellt wurde im Park auch ein zweisprachiger Poesiomat mit wertvollen Beiträgen über die Heimatgeschichte. Von diesem erklingt aber auch die Hymne „Tief drin im Böhmerwald“ von Andreas Hartauer (1839–1915). Im Friedhof läuft eine Ausstellung über Johannes von Schüttwa, der insbesondere für sein Werk „Der Ackermann und der Tod“ bekannt wurde. Jüngstes großes Ereignis war im September die Glockenweihe durch Pilsens Bischof Tomáš Holub ( HB 43/2024). Seitdem läuten in der Sankt-Nikolaus-Kirche wieder zwei Glocken, eine alte, die renoviert wurde, und eine neue. Doch damit sind die Arbeiten noch nicht zu Ende. Bis spätestens 2026 soll die Neueindeckung des Kirchenschiffes zum Abschluß gebracht werden. Und wie man Ivo Dubský kennt, wird er auch diese Maßnahme mit Nachdruck verfolgen. Wertvoll für diese Maßnahme wird in diesem Zusammenhang ein Zuschuß in Höhe von 20 000 Euro der Sudetendeutschen Stiftung sein, was Franz Metschl eingefädelt hatte. In Schüttwa freut sich die Bevölkerung inzwischen über jeden Besucher, der die positive Entwicklung ihres Ortes bestaunt. Es handelt sich hier um ein Projekt mit Vorbildcharakter, denn es zeigt eindrucksvoll, wie die heutige tschechische Bevölkerung und die ehemaligen deutschen Bewohner in Freundschaft fruchtbar zusammenwirken. lr
Das Gemälde „Hostienfrevel“ schuf ein Unbekannter 1630.
Vergelt‘s Gott für die Spenden F
olgende Spenden gingen über das vergehende Jahr 2024 beim Hostauer Förderverein ein: 100 Euro: Marianne Saufler, Gundelfingen; Wolfgang Stippler, Nördlingen. 80 Euro: Roland Liebl, Marbach. 70 Euro: Edgar Dietrich, Bruchmühlbach. 60 Euro: Karl Meidl, Linz. 50 Euro: Maria Brunnthaler; Aßling; Markus Schreiner, Regensburg; Wolfgang Schreiner, Bachhagel; Dr. Manfred Siedl, Gemmingen. 40 Euro: Manfred Muck, Lauda. 30 Euro: Bernhard Kalupke, Herbrechtingen. 25 Euro: Martin Brix, Sinzing; Waltraud Koller-Girke, Weiden; Heinz Leuker, Heidenheim; Herta Stanzl, Waiblingen. 20 Euro: Walter Böhm, Altenrath; Peter Gaag, Stuttgart; Gerhard Gröbner, Wiesent; Peter Ochsenmeier, Furth im Wald; Kirsten Steinbach, Freiburg. 15 Euro: Johanna Fabian, Merching; Vera Steinbach,
Linkenheim; Waltraud Werner, Freising. 10 Euro: Emmi Bauer, Höchberg. Allen Spendern ein herzliches Vergelt‘s Gott für ihre wertvollen Beiträge zur Finanzierung der Hostauer Heimatarbeit. Bitte unterstützen Sie uns auch zukünftig. Das Finanzamt Nördlingen hat unseren Förderverein im Sinn der §§ 51 ff. AO als unmittelbar steuerbegünstigt gemeinnützig anerkannt. Die Finanzämter akzeptieren bis zu einem Betrag von 100 Euro den Einzahlungsbeleg als Spendenquittung. Als Verwendungszweck muß aber „Spende“ eingetragen sein. Für höhere Geldbeträge können wir Ihnen gerne Spendenbescheinigungen ausstellen. Spendenkonto: Förderverein Heimatstadt Hostau e. V., Postbank München – IBAN: DE47 7001 0080 0041 1288 01, BIC: PBNKDEFF. Ihnen allen gesegnete Weihnachten, alles Gute, Gesundheit und Gottes Segen für 2025 wünscht Stefan Stippler Ortsbetreuer
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Heimatbote für den Kreis Ta<au
Heimatkreis Tachau – Patenstadt Weiden in der Oberpfalz. Heimatkreisbetreuer: Dr. Wolf-Dieter Hamperl, Aubergstraße 21, 83352 Altenmarkt, Telefon (0 86 21) 6 36 27, Telefax 64 75 27, eMail wolf-dieter.hamperl @online.de. Internet www.tachau.de. Tachauer Heimatmuseum: Kulturzentrum Hans Bauer, Schulgasse 3a, 92637 Weiden, Telefon (09 61) 81 41 02, Telefax 81 41 19, eMail museum@tachau.de. Spendenkonto: Heimatkreis Tachau, HypoVereinsbank Nürnberg – IBAN: DE38 7602 0070 0002 0824 54, BIC: HYVEDEMM460. Heimatbote für den Kreis Tachau – Redaktionsschluß: Donnerstag der Vorwoche. Redaktion: Nadira Hurnaus, Baiernweg 5, 83233 Bernau, Telefon (0 80 51) 80 60 96, eMail post@nadirahurnaus.de
N
ur noch wenige Wochen trennten uns vom heißersehnten Weihnachtsfest. Wir Kinder zählten die Wochen und rechneten diese in Tage um. Wir glaubten, damit die Zeit abkürzen und schneller näherbringen zu können. Jetzt kommt bald der Sternlsegen in der Klosterkirche, stellten wir fest – und damit kommt auch das Christkind bald. Vorfreude durchzog unser Herz, und glücklich waren wir schon, wenn uns die Mutter in den Segen mitnahm, der vom Guardian des Klosters gehalten wurde. Am Morgen schon konnten wir kaum den Abend erwarten, an welchem wir dem Segen beiwohnen durften. Noch eine Stunde und dann war‘s so weit, stellten wir auf der Uhr fest, und wenn sich Mutter anzog, dann wußten wir, daß es bald zur Kirche ging. Es war für uns Kinder etwas besonders Feierliches, wenn uns beim Betreten der Kirche vom Hochaltar aus in allen Farben leuchtende fünfzackige Sterne entgegenstrahlten. Es waren rote, blaue, grüne und gelbe Sterne, die einen Kranz um das Bild des Hochaltars bildeten und die auf dem Bild dargestellte heilige Magdalena fast himmlisch erscheinen ließen. Professor Franz Rumpler hatte dieses Bild innerhalb weniger Tage nach einem alten, jedoch schwer beschädigten Bild angefertig. Dieses war gelegentlich einer besonderen Kirchenfeier nach Abschluß einer großangelegten Renovierung der ganzen Kirche geweiht worden. Ja, diese Sterne hatten es in sich. Fasziniert sahen wir Kinder immer wieder, wie sie in ihrer Mitte heller, und an den Zacken an Licht nachlassend, uns entgegenstrahlten. Möglichst weit nach vorne zu kommen, möglichst nahe dem Hochaltar zu sein, war deshalb auch unser Wunsch. Am liebsten hätten wir nach den Sternen gegriffen und sie liebkosen wollen. Wir brachten sie ja auch in unmittelbare Verbindung mit dem Christkind und sahen in ihnen eine Art Vorboten für das Weihnachtsfest. Oft war die Kirche schon voll von Menschen, und es bedurfte besonderer Anstrengung, sich mit der Mutter durch die Menge nach vorne zu drängen. Ich schob mich einfach nach vorne, und die Mutter mußte mit. „Durch die Kirche geht das Christkind“, erzählten uns die Mütter. „Brave Kinder werden jetzt schon belohnt“, hieß es dabei, und „Wer schon jetzt den Segen besucht, auf den schaut es herab und merkt sich das Kind beim Geschenkeverteilen am Weihnachtsabend.“ Da geschah das Wunder: Wir Kinder waren auf einmal alle brav, vergaßen nie unser Morgen- und Abendgebet, unsere Schul- und andere Arbeiten, die wir bisher nur ungern und widerwillig gemacht hatten, wurden ohne Aufforderung ausgeführt. „Brave Kinder werden schon früher vom Christkind belohnt“, sagte mir die Mutter. „Paß gut auf, wenn der Segen vorbei ist und wir nach Hause gehen, dann greif‘ in deine Rocktasche, ich glaube, du findest etwas darin. Du darfst aber nicht früher hineingreifen, denn das will das Christkind nicht.“ Ich kleiner Knirps glaubte an jedes Wort meiner Mutter und
achtete streng darauf. Ich wollte es ja dem Christkind leicht machen, meine Rocktasche zu finden, und steckte den Taschenlatz immer hinein und nie über diese. So beruhigt, stand ich dann brav neben der Mutter vorne in der Kirche und betete mit ihr. Manchmal griff ich nach ihrer Hand, um mich zu versichern, daß sie auch neben mir steht, und freute mich dabei schon auf den Heimweg. Einmal hörte ich ein Rascheln in meiner Nähe und hatte das Gefühl, als wenn mir etwas in die Tasche geschoben würde. Jedoch eingedenk der Worte meiner Mutter blieb ich unbeweglich stehen, um ja nicht zu stören, wenn vielleicht jetzt das Christkind bei mir ist. „Du kannst es ja nicht sehen“, sagte man mir immer. „Aber ich hab‘s doch gespürt“, gab ich zur Antwort, „das war doch sicher das Christkind.“ Und nachher fand ich auch, so wie mir Mutter sagte, die Bonbons in meiner Rocktasche. Dieses Erlebnis hatte ich beim ersten Sternlsegen, und es war kein Wunder, wenn ich von nun an meine Mutter bat, jeden dieser Segen besuchen zu dürfen. „Morgen soll deine Schwester mitkommen, dann wieder du“, gab mir die Mutter bekannt. „Ich habe euch beide gleich lieb, und das Christkind würde es nicht gerne sehen, wenn nur du mitkommst und deine Schwester zu Hause bleiben müßte.“ „Nimm uns doch einfach beide mit, Mutter, die Kirche ist ja groß genug, und meine Schwester wird sicher noch Platz finden“, gab ich zur Antwort. „Das schon, aber da muß ich erst das Christkind fragen, ob es das will.“ Meine Schwester hörte diesem Gespräch zu, sie war älter als ich und lächelte bei den Worten der Mutter. War es die Freude, mitgenommen zu werden, oder etwas anderes? Ich frug nicht weiter. Ich selbst hatte ja meine Schwester auch gern, und wir Kinder hielten fest zusammen. So fand ich das Verlangen der Mutter, erst das Christkind zu befragen, nicht absonderlich. Es war am nächsten Morgen, Mutter war einkaufen gegangen,
und der Vater war beschäftigt. Da entstand, wenn auch selten, gerade heute ein unbedeutender Streit zwischen uns Kindern. Wir waren allein in der Wohnung, und ich versuchte, meine Schwester zu ärgern. Sie spielte zu dieser Zeit noch mit der Puppe, hatte den Puppenwagen neben sich stehen und wechselte die Puppenkleider. „Die hat ja heute einen ganz großen Bauch – und die Beine“, wollte ich weiters sagen. Da sagte meine Schwester zu mir: „Wenn du nicht aufhörst, mich zu ärgern, sage ich dir auch etwas, was dir die Freude nimmt.“ „Sag‘s doch,
Mitteilung der Schwester nach, und als ich daraufhin, es war kurze Zeit später, noch am selben Tag im Vertrauen diese Geschichte meiner Mutter erzählte und zu ihr sagte: „Gelt, Mutter, das Christkind kommt schon zum Sternlsegen“, da lächelte sie mich an. Sie gab mir einen herzhaften Kuß und sagte: „Ja, du hast schon recht, und ich habe auch das Christkind wegen deiner Schwester gefragt. Und du sollst allein mit mir zum Segen kommen.“ In der Nachbarschaft war ein gleichaltriger Junge, dem erzählte ich vom Sternlsegen und den
wenn du etwas weißt“, war meine Antwort, „Du, die Zuckerln nach dem Sternlsegen, darfst nicht glauben, daß die vom Christkind sind. Diese steckt dir immer die Mutter in die Tasche.“ „Du lügst“, sagte ich zu ihr, „das werde ich der Mutter sagen.“ „Sage nichts, bitte, aber paß doch selbst gut auf. Gib doch einmal den Latz über die Tasche, und du wirst nachher keine Bonbons darin finden.“ „Das Christkind kann ohne die offene Tasche mir etwas hineingeben“, versicherte ich ihr. Und nochmals: „Du lügst, du lügst.“ Trotz meiner wenigen Lebensjahre, ich besuchte noch nicht die Schule, dachte ich doch über die
Bonbons, welche mir nachher immer das Christkind in die Rocktasche steckte. „Ach“, meinte dieser Junge, „du mußt aber gut mit dem Christkind stehen, ich war mit meiner Mutter schon oft im Sternlsegen und fand nie etwas in meiner Rocktasche. Frag doch mal deine Mutter, warum das Christkind mir nichts in die Tasche steckt, wenn sie öfters mit ihm spricht. Schau, wir sind doch arm, da könnte doch auch ich einmal etwas bekommen. Mein Vater sagt zwar oft zu meiner Mutter: ,Wir sind arm und werden es auch bleiben.‘, aber warum soll das Christkind immer auf mich vergessen? Geh, frag‘ deine Mutter.“ Den kleinen Jun-
gen in der Nachbarschaft hatten alle gern. Seine Eltern waren rechtschaffene Leute, und, wenn auch ärmlich, seine Kleider waren immer sauber, nie fand sich ein Loch in seiner doch öfters sehr beanspruchten Hose, und gewaschen und gekämmt war er immer. „Wie die das nur macht“, sagte manchmal meine Mutter. „Die viele Arbeit, welche diese Frau hat, und dabei versorgt sie ihren Jungen noch so vortrefflich.“ So kam es auch, daß Mutter für den Jungen öfters etwas bereit hatte und auch seinen Eltern half, wenn Gelegenheit dazu war. „Mutter, der Franzl von drüben möchte auch einmal etwas beim Sternlsegen vom Christkind haben, er hat mir‘s gesagt, und du sollst es dem Christkind sagen, bat er mich.“ Mutter dachte nach und sagte: „Frag‘ den Franzl, ob er morgen mitkommen will, wenn wir in den Sternlsegen gehen. Ich frag‘ schon das Christkind, und ich bin sicher, daß es nichts dagegen hat, werde ihm schon sagen, daß er ein guter Junge ist.“ Ich überbrachte dem Franzl diese Nachricht. „Ist es wirklich wahr?“, wollte er wissen. „Ich soll mit dir und deiner Mutter in den Sternlsegen gehen, aber warum gibt mir das Christkind nichts, wenn ich mit meiner Mutter oder dem Vater gehe.“ „Frag‘ nicht lange“, sagte ich zum Franzl, „wenn du es wissen willst, dann sag‘ das meiner Mutter.“ Ich unterließ jedoch nicht, auch diese Worte meiner Mutter mitzuteilen. „Sag‘ dem Franzl, daß ich nochmals mit dem Christkind sprechen will; ich will ihm sagen, daß es ihm auch dann etwas schenkt, wenn er mit seinen Eltern zum Segen geht. Bring ihm doch etwas von den Bonbons, die dir gestern das Christkind in die Tasche steckte. Machst ihm damit eine Freude und tust ein gutes Werk.“ Ich begriff zwar nicht, was „ein gutes Werk“ sei, befolgte jedoch den Wunsch meiner Mutter. Tags darauf besuchte meine Mutter Franzls Mutter. Am Abend ging er mit meiner Mutter und mir in die Klosterkirche zum Segen. „Mußt aber brav
warten, bis wir heimgehen“, sagte ich noch einmal zum Franzl. Und das versprach er mir auch. In der Kirche stand der Franzl links von meiner Mutter und rechts von ihr ich. So wollte es meine Mutter. Wieder leuchteten die Sterne am Hochaltar in ihrer gewohnten Pracht, wieder sprach der Guardian seine Segensworte und betete zur Muttergottes um den Segen durch ihren Sohn. Alles war wie immer, fast die gleichen Menschen und auch die gleichen Kinder. Am Heimweg sagte meine Mutter zu uns beiden: „Langt doch einmal in eure Taschen, ich glaub‘, das Christkind hat an euch gedacht – und auch an dich, Franzl.“ Das ließen wir uns nicht zweimal sagen, und Franzl war der erste, der seine Tasche leerte. Freude überkam den Jungen. „Ja, gibt‘s denn das, daß mich das Christkind nicht vergessen hat? Schau, welche Bonbons, die muß ich aber erst meiner Mutter zeigen und sie mit ihr teilen. Sie hat ja sicher auch schon lange keine solchen Bonbons gegessen; wie groß wird doch ihre Freude sein.“ Auch ich fand in meiner Tasche wiederum Bonbons, tauschte welche mit Franzl aus und dachte dabei an die Güte des Christkindes, welches jetzt schon seine Gaben austeilte und uns vorweihnachtliche Freude schenkte. „Morgen gehst du wieder mit deiner Mutter zum Segen“, sagte meine Mutter zum Franzl. „Wirst sehen, das Christkind wird dich nicht mehr vergessen. Sei weiter brav, dann hast du auch Gottes reichsten Segen.“ Franzl verstand diese Worte nicht ganz. Daß man den Herrgott lieben müsse, lernte er vom Pfarrer, daß man seine Eltern lieben soll, war ihm ins Herz geschrieben. Der Sternlsegen war nur ein Anfang für den Franzl, es folgten weitere Freuden für ihn und seine Eltern. Wir beide wurden älter, wußten auch später, wie die Bonbons in unsere Taschen gekommen waren, daß jedoch Gottes Segen hier waltete, davon sind wir auch heute noch überzeugt. Was mag aus dem Sternlsegen wohl geworden sein? Ob seine farbigen Sterne zur Weihnachtszeit weiter leuchten und Kinderherzen erfreuen? Wir wissen es nicht. Fremde Menschen sind heute in unserer alten Heimat. Ob auch Gott mit uns diese alte Heimat verlassen hat, wer weiß es? Unser Gebet ist: „Lieber Gott, bleibe bei uns, schütze unsere alte Heimat, gib sie uns wieder, wenn es in Deinem unerforschlichen Ratschluß liegt. Gib uns die Gräber unserer Lieben wieder und breite Deinen Segen über uns, wie Du ihn einst im Sternlsegen in unsere Kinderherzen legtest.“ Aus Kindern werden Leute. Einen Sternlsegen gibt es in unserer neuen Heimat nicht. Kein Sternenband umrahmt das Altarbild, doch die Erinnerung bleibt und soll erhalten bleiben. Die Geschichte vom Sternlsegen in der Klosterkirche von Tachau ist keine Legende, sie ist Wahrheit und bleibt unvergessen. Glück und Kinderfreuden war ihr Geschenk. Franz schaffte es, er brachte es zu Wohlstand und Ansehen. Der Sternlsegen war bei ihm der Anfang, und Gottvertrauen führte ihn weiter. Alfred Kraus
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Sudetendeutsche Zeitung Folge 49 | 6.12. 2024
Betreuerin Heimatkreis Leitmeritz: Yvi Burian, Eugen-Kaiser-Str. 21, 63526 Erlensee, Tel. 06183 8995283, eMail: sudetenburi@gmail.com. Betreuer Wedlitz, Drahobus, Straschnitz, Laden, Julienau, Brzehor: Sven Pillat, OT Chursdorf 44, 07580 Seelingstädt, eMail: svenpillat@gmx.de. Redaktion: Heike Thiele, Eulengasse 16, 50189 Elsdorf, Tel. 02271 805630, eMail: thiele.heike@gmx.de. Redaktionsschluß: 15. Vormonat.
Geschichte
Mehr Vor- und Frühgeschichte Schüttenitz wird vom Modschiedelbach durchflossen.
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Vorweihnachtsstimmung in Leitmeritz, Wolken und Elbe im Farbspiel sowie erster Frost.
Fotos: Rainer Bach, Fotograf aus Leitmeritz
Wie es früher war
„Aus Böhmen kommt die Musik“ - II Schwiegertochter als Friede hätte Fanny (Großtante Franziska) nicht bekommen können“. Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges blieben Großs war ein Glückstag, als sich tante Franziska und Friede die Emil und Friede in der RundStrapazen der Vertreibung aus kirche des Töpferdorfes Lewin, der Heimat nicht erspart und dessen Burgruine die Landschaft der Neuanfang in der Fremde heute noch dominiert, das Jawort mit einem Sechsjährigen vergeben konnten. Der amtlich einlangte ihre ganze gemeinsame getragene Vomame seiner Frau Kraft. Sie standen, wie 3,5 Millionen Sudetendeutsche, vor dem Nichts. Geblieben war ihnen ihr Gottvertrauen und man mag darüber streiten, ob das in ihrer Situation viel oder wenig war. Großtante Franziska war dabei, das Rentenalter anzusteuern, aber über Rentenansprüche verfügte sie nicht. Regelmäßige Einzahlungen in ein Rentensystem waren in meiner Heimat für einen Kleinbauern weder üblich noch finanziell möglich. Die Versorgung der arbeitsunfähig gewordenen Generation erfolgte über das sogenannte ,,Ausgedinge“ durch die nachfolgende Generation. Die Basis dafür war also der bäuerliche Besitz, aber den hatten sie unverschuldet verloren. Friede war als ehemalige V. l. n. r.: Das Hochzeitspaar Elfriede und Emil, mit „Kranzmädel“ Grete Nedal. Daneben Emil Brünnich in Uniform, Bäuerin mit allen landwirtschaftrechts sein Grabstein. Fotos: privat lichen Arbeiten vertraut, einen nützlichen Berufsabschluß hatte war Elfriede, aber in meiner al- Männern, die als erste zur WehrDie Anteilnahme für Frie- sie jedoch nicht. Sie war aber eiten Heimat war es üblich, Vorna- macht eingezogen wurden. Da de und Großtante Franziska war ne Pragmatikerin und nutzte die men abzukürzen und sie mit dem seine Einheit in Griechenland groß, aber wer konnte wirklich Arbeitsstellen, die ihr ein regelOrtsnamen zu verbinden. So kam auf Rhodos stationiert war und er helfen, das Leid der beiden Frau- mäßiges Einkommen sicherten, es, daß seine Frau als ,,Zierder in der dortigen Militärkapelle als en zu mildern? Bekanntlich müs- ob als Mitarbeiterin in der reFriede“ mit viel Wohlgefallen in Trompeter im Range eines Un- sen Betroffene die notwendige gionalen Molkerei oder als Reider Verwandtschaft aufgenom- teroffiziers spielte, klang das im Trauerarbeit selbst leisten und es nigungskraft in Schule und Kinmen wurde. Dieses Foto zeigt Verwandtenkreis für alle erst ein- zeigte sich, daß die beiden Frau- dergarten. So schafften es die sie und Emil als Hochzeitspaar mal zumindest nicht allzu beun- en im gegenseitigen Verständ- beiden Frauen mit großem Fleiß, und ich, die heute neunzigjähri- ruhigend. nis füreinander die schwere Last Sparsamkeit und bewundernsge Erzählerin, durfte als ,,KränzlSehr schnell zeigte der Krieg gemeinsam trugen. Fast legen- werter Improvisationskraft, ein mädel“ den Schleier der Braut dann aber selbst auf unseren ab- där geworden für das Miteinan- neues ,,Zuhause“ aufzubauen. tragen. Es liegt mir am Herzen, gelegenen Dörfern mit den To- der der beiden Frauen war Tante Der Schluß folgt. die Familiengeschichte meiner desnachrichten der gefallenen Hannis Aussage: ,,Eine bessere Grete Nedal Diese Fortsetzung des ersten Teils im vorigen LHB, Nr. 44, 01.11.2024, stammt von Grete Nedal.
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Verwandten aus Zierde mit den insgesamt vier Trompetern zu erzählen, zumal der Hochzeitstag von Friede und Emil für mich allzeit ein bedeutsames Kindheitserlebnis blieb. Im November 1939 wurden Emil und Friede Eltern. Mit ihrem Sohn Karl hätten sie eigentlich eine glückliche Familie sein können, aber es war bereits Krieg und Emil gehörte zu den jungen
Soldaten, seine grausamste Seite. Emil traf es am siebten November 1943. Das Flugzeug, unterwegs in Richtung Deutschland, in dem er mit anderen Heimaturlaubssoldaten seinen Platz hatte, wurde abgeschossen. Es war der vierte Geburtstag seines Sohnes Karl, eine lronie des Schicksals ohnegleichen. Die Nachricht von seinem Tod verbreitete sich im Verwandtenkreis in Windeseile.
n der östlichen Seite fließt der Lautschkenbach, an der Westseite der Wiltschkenbach. Auch gibt es die drei kleineren Quellen Honsikns Born, Bidneis Born und die Saluschn-Quelle, die sich nach kurzem Lauf mit den anderen Bächen vereinen. Alle frühgeschichtlichen Funde hängen mit diesen Bachläufen oder Quellen zusammen. Das fundreichste Gebiet von vorgeschichtlichen Funden befindet sich an dem kurzen Wasserlauf aus Honsikns Born. Dieses Wasser läuft beim Dorfplatz in den Modschiedlbach und an diesem kleinen Bachlauf befand sich das vorgeschichtliche Schüttenitz. Man kann vier Siedlungen nachweisen, die erste war an den Wasserläufen Honsikns Born, Bidneis Born und dem Modschiedlbach. Danach siedelte man an der Saluschenquelle, dann an dem Wiltschkenbach und schließlich am Lautschkenbach. Im Gemeindegebiet fand man etliche, mehr oder weniger
Hirschgeweihrose zählen zu den bemerkenswerten Funden. Bei der St. Anna-Kapelle, auf dem Weg zur Lorette, fand man ein Miniaturgefäß aus der Lausitzer Kultur. Im Garten von Richard Gaudek wurde ein germanisches Brandgräberfeld von 300 v. Chr. entdeckt sowie Topfund Urnenscherben. In einer Tiefe von 30 Zentimetern wurde in der Humusschicht des Bodens eine ohne Töpferscheibe hergestellte Schalenurne aus der Kultur der Markomannen entdeckt. Die Markomannen gehörten zu der großen Volksgruppe der Sueben. Knochenreste und Eisenschlacke befanden sich ebenfalls an diesem Platz. Weitere Funde dort datieren von der Jungsteinzeit bis ins Mittelalter. Auf einem Schüttenitzer Feld wurde eine Bronzemünze desKaisers Galerius Maximianus von 300 n. Chr. entdeckt. Tonscherben slawischer Herkunft fand man im Ort erst aus der Zeit von 600 bis 1200 n. Chr., was ein Beleg dafür ist, daß vor der Völkerwanderzeit keltische und germanische Völker
Schalenurne aus dem Havelland, 4.-5. Jahrhundert n. Chr. Foto: Kreismuseum Jerichower Land, Genthin beschädigte Steinartefakte: einen angebohrten Stein, einen Steinmeißel, ein gelochtes Hammeraxtfragment mit querstehender Schneide, ein Steinkeil und ein gelochtes Steinbeilfragment aus der ursprünglich ersten Siedlung. [...] Diese Funde beweisen, daß Menschen dort bereits in der jüngeren Steinzeit, die etwas um 2.000 v. Chr. endete, siedelten. Zahlreich sind die gefundenen Tonscherben aus nachfolgenden Kulturepochen. 1923 stieß man beim Bau der elektrischen Leitung in der Skalitzer Straße auf eine vorgeschichtliche Siedlung, die den Übergang von der Bronze- in die Früheisenzeit (etwa 800 v. Chr.) dokumentiert. Mehrere Urnen, Artefakte aus Bein, Tonscherben und auch eine bearbeitete
dort lebten. Bestätigung für diese These kommt von den Professoren Gierach und Paudler sowie einigen Historikern. Man fand jedoch keinerlei slawische Tonscherben, Reste von Werkzeugen oder Gerätschaften in Böhmen und Mähren, die aus der Zeit vor der Völkerwanderung stammen. Nachdem der Großteil der Markomannen und Quaden im Zuge dieser Wanderung fortgegangen war, kamen die Tschechen mit den Awaren. Im 12. und 13. Jahrhundert riefen tschechische Herrscher dann deutsche Bauern ins Land, da diese den Boden mit eisernen Pflügen besser bearbeiten konnten. Bergleute, die die Erz- und Silbervorkommen in den Bergen abbauten, waren ebenso gefragt. Georg Pohlai, HT
Kultur
Heitere und kuriose Ortsnamen im Sudetenland Quelle für die genannten Namen ist auch: „Heimat im Herzen – Wir Sudetendeutschen“.
K
urios oder heiter, wie man es eben sehen will, sind einige Ortsnamen in unserer Sudetenheimat. So finden wir in der Leitmeritzer Umgebung bei Auscha die Orte Sorge und Zierde. Bei Aussig erleiden wir „Qualen“,
bei Niemes haben wir „Kummer“, aber bei Deutsch Gabel dürfen wir wieder „Hoffnung“ haben. Bei Kaaden finden wir „Zuflucht“, aber auch Dürrmaul und Rosengarten. Bei Böhmisch Kamnitz sollten wir uns vor dem Höllengrund in Acht nehmen. Dafür finden wir bei Dux ein „Herrlich“ und einen (Sonnen-) „Strahl“. Bei Görkau finden wir
Weingarten und bei Dauba: Fröhlichsdorf, Zuckerradl und Butterberg. Nicht zu vergessen, daß hinter dem Jeschken Nudelbaum liegt, und bei Taus sollte man sich entscheiden zwischen „Wassersuppen“ und „Schmalzgruben“. Bei Asch rufen wir „Juchhe“ und kommen hoffentlich ins „Himmelreich“, wobei uns bei Hohenelbe „St. Peter“
und bei Tachau „Heiligen“ weiterhelfen sollten, um bei Grulich den „Muttergottesberg“ zu erklimmen. Weiter finden wir bei Karlsbad Engelhaus, bei Königinhof: Königreich, Weiberkränke und Hasentanz. Bei Teplitz befindet sich Frauschiele. Sicher gibt es noch einige Ortschaften mehr zum Schmunzeln. Georg Pohlai
Liebe Leser, wir nehmen Abschied von 2024. Ich bedanke mich, daß Sie dem Leitmeritzer Heimatboten treu geblieben sind! Frei nach der Maxime: „Es kann nur besser werden“ wünsche ich Ihnen ein schönes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr. Bleiben Sie gesund und alles Gute! Heike Thiele
Illustration: iStock
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Sudetendeutsche Zeitung Folge 49 | 6.12. 2024
Nachrufe
Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!
Ein Nachruf auf Elfriede Spiegel Der Freundeskreis Fulda – Leitmeritz/Litoměřice hat die traurige Nachricht erhalten, daß sein Ehrenmitglied Elfriede Spiegel im 87. Lebensjahr verstorben ist.
Elfriede Spiegel.
Foto: privat Ein zugefrorener See in Proboscht.
E
lfriede Spiegel stammt aus dem Kreis Leitmeritz im Sudetenland. Sie kam 1946 mit einem Transport von Heimatvertriebenen, die aus dem Kreis Leitmeritz stammten, nach Fulda. Ihre Tätigkeit im landsmannschaftlichen Bereich begann sie als Mitglied des Heimatkreisrats Leitmeritz, einer Untergruppierung der Sudetendeutschen Landsmannschaft. Dort übernahm sie sogleich die Funktion als Kassenwartin. Alsbald nach der Verlegung des Vereinssitzes von München nach Fulda übernahm sie im
Heimatkreisverband Leitmeritz e. V. Posten im Vorstand. Sie war dort viele Jahre Kassenwartin, zuletzt tätig als stellvertretende Vorsitzende. Weiterer Schwerpunkt ihrer Arbeit im Heimatkreisverband Leitmeritz war die Betreuung der Landsleute aus dem Kirchsprengel Proboscht. Ihr Onkel Karl Altmann war der letzte deutsche Pfarrer in Proboscht. Vielen Landsleuten war sie als „Pfarrer-Friedel“ bekannt. Für das Mitteilungsblatt des Heimatkreisverbandes, den Leitmeritzer Heimatboten, verfaßte sie sehr viele Beiträge.
Foto: Karel Basta, Wikimedia Commons Nachdem die Städte Fulda und Litoměřice (Leitmeritz) im Jahre 2001 die Städtepartnerschaft begründet hatten und im Jahr 2002 der Städtepartnerschaftsverein Freundeskreis Fulda – Leitmeritz/Litoměřice gegründet worden war, gehörte sie zu den Gründungsmitgliedern. Auch hier erklärte sie sich sofort bereit, im Vorstand als Kassenwartin mitzuwirken. Der Vorsitzende des Gründungsvorstands, Jost Köhler, hat zum Ausdruck gebracht, daß sie eine der engagiertesten Mitgestalterinnen im Freundeskreis
war. Schon vor der Gründung der Städtepartnerschaft erklärte sie sich immer bereit, Schüler und Schülerinnen aus Leitmeritz im Rahmen unseres Schüleraustausches zu übernehmen. Wenn der Heimatkreisverband Leitmeritz die Kirchenvertreter von Leitmeritz zum Leitmeritzer Heimattreffen nach Fulda eingeladen hatte, waren Bischof Koukl und Generalvikar Havelka Gäste bei ihr. Sie bereitete die Gottesdienste im Dom im Rahmen der Heimattreffen vor, auch die Gottesdienste mit dem Bischof in Eichenzell. Selbstverständlich übernahm sie gleich Ämter im Vorstand. Eine gewissenhafte Buchführerin der Finanzen des Vereins war sie. Als Köhler dem Finanzamt das letzte Mal den Kassenbericht vorlegte, sagte ihm der Finanzbeamte: „Wer seine Buchführung derart exakt durchführt, den brauchen wir nicht zu kontrollieren“. Im Jahre 2021 wurde Elfriede Spiegel von der Mitgliederversammlung des Freundeskreises als Würdigung ihrer jahrelangen Arbeit zum Ehrenmitglied gewählt. Die letzen Lebensjahre verbrachte sie im DRK-Seniorenzentrum St. Lioba in Fulda. Rudolf Bauer, Freundeskreis Leitmeritz/ Litoměřice
Mundart
Waihnochtn bai uns daheeme Eine Geschichte in Schüttenitzer Mundart, verfaßt von Frau Piltschmann.
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in Advente, balde vur Waihnochtn, sulltn mir Kinda imma racht brav sein, sunst brengt uns dar Niklaus nischt, hechstns enne tichtiche Rutte. Ooda woss nouch schlimma weere, wenn uns dar Nikolaus oda dar Krampus olle zomm ai senn Sook schteckt. Na, suu enne Waile iss doss Bravsain gangn, obba gor ni lange. Dou hout uns wieda dar Hoba geschuchn und die guudn Viersetze woorn vagassn. S ollaschinste vu dar Waihnochtszait woor obba, weens draußn richtich geschnait hout und amende dar Wind die Fluckn
durchainander geblousn hout und kenna garne va die Tiere wullte. Dann soßnma halt ai dar woorm Schtube und die Eppln ai dar Rehre honn schien nouch Waihnochtn geruchchn. Obba, ia wards ni glebn, houts draußn farchtalich getromplt und gerumplt, ma heerte Schriete, die nehnda koom, und dann houts oo dar Tiere gedounat. Die engstlichn vu uns Kindan sain glai undan Tiesch gekruchn oda honn sich hinda dar Mutta vaschteckt. Doss woorn obba ock ni die Meedln. Ma kunnde sich nie besinn, uff ejmou iss die Tiere aufgangn und Eppln und Nisse sain ai die Schtube gekullat. Jeetze koomse olle wieda dazune. Sattock, dar Nikolaus hout woss
Leserbriefe
raigeschmissn. Jetz homma uns im die schinnsten Eppln und Nisse gebolgt. Obba am schinnsten woors on Nikolausoubnde. Ich woor domouls ai dar erschtn Klasse und ee klenna Karl vu sachs Johrn. Mir sooßn olle ganz gemietlich bainanda, ols die Rejde uffn Nikolaus koom. Mai gruußa Bruda meente grußschpurich: Dar sull ock kumm, ia wart schunn sahn. Dann schteck iech die Zunge raus. Iech wullde dann aa daan gruußn Moon schpieln und hobb gesoht: Iech erscht, iech waarn an Boorte ziehn, iech fercht miech kee bissl! Einsender: Georg Pohlai Eine alte Weihnachtskarte aus Leitmeritz. Foto: Archiv HKVL
Mundart
Zu „Einige Erinnerungen“ Dar Walter hout oogerufft Der Artikel von Georg Pohlai ist im LHB am 01.11.2024 erschienen.
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nkelkinder werden bestimmt die handgestrickten Winterstrümpfe erwähnen, wenn die Großeltern ihre die diesem Alter entsprechende Bekleidung schildern sollten. Nur dicke Stoffe konnten deren Wollgefühl des Kratzens und Beißens entstacheln. Welch Albtraum wäre es für heutige Teenager, nicht wahr, wenn der Großmarkt statt eines ganzjährigen, globalen Früchtesortiments ein Feigenkränzlein von Januar bis Dezember anbieten würde – und das bei langer Erwartungslücke als wirklich einzigen und seltenen Genuß. Das war eine Tatsache zu meiner Zeit. Der Bub durfte im Sommer einmal mit der Wawa zum nächstgelegenen Postamt gehen. Ja, Gehen war das einzige gewohnte Verkehrsmittel!
Was löschte den Durst auf dem Heimweg? Etwa Limonade? Die Krämerin entnahm dem Faß eine ordentlich saftige, saure Gurke. Sind der Konsumgeneration solche Erfahrungen nicht doch ein kurzes Innehalten wert? Eine Fortsetzung solcher Erinnerungen könnte nicht abwegig sein. Georg Brix, Kreis Bischofteinitz
Hilde Schiller, Winter in Brzehor (hinten Haus Nr. 6). Foto: Sven Pillat
Dar Walter vu Podiwin hotte senn Geburtstoog. Menn aldn Kuttlkriega vo daheeme musst iech doch gratuliern.
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out ar siech halt bedankt udn mier sain wieda ais Vazejln und Ratschn kumm vu daheeme. Wesste nouch, hoda gesoot, wie ddie Domffmachin uff daan Houfefeldan geockat hottn? Die Majaheefe vu Tannewan und Schittenz hottn bejde gruuße Felda ohne Oubstbeeme, beerisch lang woorn die Furchn, die die Domffmaschin mid daan gruußn Wendefluug gemocht hottn. Iech konn miech gutt droo arinnan, doss die zwej Lokomobile die Porschna Schtrouße rundakumm sain. Dou sain mier
Karln glai nouch und honn aufgepasst, wie die bejdn Maschinn sich jede oo enna Saite bain Rande aufgeschtellt hootn, und daan gruußn Fluug hie und hargezoon hootn. Dann hout dar Walter aa gesoot: Wesstn du aa no woos vunn Wehrmochstoog? Nu frailich, mier kunndn uns bejde droo arinnan, dossma mit enn Maschinngewehr geschußßn hottn. (Sicha ock mit Plotzpatroun.) Dann homma ieban Zeakus geredt, bejde kunndma uns oo die Elefantn und die Klauns vun Zeakus Busch und Zeakus Sarrasani arinnarn. S iss imma schiene wemma vu daheem rejdn kenn. Zu Walter aus Podiwin Die Dorfjugend hat sich mit Steinen (Kuttln) beworfen, deshalb der „Kuttlkrieger Walter“. Der letzte Krieg fand wohl 1943 statt, laut Adolf Förster (Trnowan). Ich war als siebenjähriger Bub nur als Zuschauer und Steinesammler dabei! Georg Pohlai
Auscha 16.12.1928, Christa Gorks geborene Czarschka Babina 10.12.1951, Elvira Gietz, geborene Helms Binowe 04.12.1941, M. Claudia Laube Brschehor 28.12.1973, Sven Pillat Gastorf 15.12.1928, Berta Rahm, geborene Tobsch Hummel 29.12.1927, Gisela Bernhard, geborene Strache Kninitz 05.12.1932, Marianne Rehm, geborene Kusebauch Kostial 21.12.1932, Ingeborg Witzke Kottomirsch 13.12.1932, Margit Maier, geborene Pappisch 16.12.1932, Liane Huber, geborene Heinz Kuttendorf 20.12.1936, Gottfried Stolz Leitmeritz 05.12.1927, Herbert J. Wagner 03.12.1930, Eduard Schantroch 29.12.1935, Heinz Richter 28.12.1941, Walter Werner 27.12.1943, Gerhard Tille 14.12.1952, Lothar Hauptmann Lhotta 02.12.1933, Erika Moyna Liboch 31.12.1925, Franz Mühlwald Libochowan 05.12.1973, Dirk Finger Lichtowitz 21.12.1938, Dipl.-Ing. Helmut Hoffmann Liebeschitz 10.12.1927, Ernst Fiedler 20.12.1935, Hanni (Johanna)
Malinowski, geborene Kyncl Lobositz 12.12.1925, Erna Stoll, geborene Nowak 31.12.1926, Hans Jörg Walzel 28.12.1932, Marie Lammel, geborene Geyer Lukowitz 17.12.1933, Martha Nieke Medonost 30.12.1928, Richard Rebitschek Mladei 18.12.1928, Christel Krzepeck Munker 19.12.1937, Helene Francke Nedwieditsch 22.12.1962, Thomas Seemann Netluk 30.12.1926, Siegfried Zimmermann Neuland 07.12.1937, Anneliese Schöps, geborene Rudolf Ober-Rschepsch 17.12.1946, Bruno Werner Pokratitz 11.12.1931, Valerie Gudera Polepp 13.12.1925, Ottilie Czerney, geborene Klier 03.12.1928, Erna Gärtner, geborene Motz 15.12.1931, Rudolf Kühnelt Ritschen 30.12.1930, Franz Grummich Ruschowan 03.12.1936, Roland Hallwirth Salesel 07.12.1932, Walter Mache Schüttenitz 14.12.1937, Renate Schmidt, geborene Fronek Skalitz bei Lobositz 04.12.1940, Anneliese Antinarelli, geborene Zimmermann Sukohrad 06.12.1951, Taschow 07.12.1940, Taucherschin 25.12.1931, geborene Hahnel Tetschendorf 03.12.1927, Reinhold Eichler 17.12.1928, Hedwig Bracklow, geborene Hanke Tlutzen 06.12.1931, Gertrud Krell, geborene Heller Trschebautitz 16.12.1935, Marie Magdalena Will, geborene Mattausch Tschalositz 25.12.1936, Kurt Peschke Tschersing 24.12.1930, Walburga Wolf, geborene Schreier Tünscht 16.12.1925, Willibald Fiedler Warnsdorf/Niederland 04.12.1937, Dietlinde Klötzig, geborene Schöberle Webrutz 11.12.1933, Lisl Kaschka, geborene Riedl Wellemin 26.12.1927, Margith Bergner, geborene Rudolf 18.12.1928, Elfriede Dittes, geborene Jandausch 30.12.1936, Ernestine Kronjäger, geborene Reichelt Zierde 08.12.1931, Marie Kasper, geborene Heller
Liebe Leserinnen und Leser, bitte helfen Sie mir, die oben stehenden Geburtstage zu aktualisieren und leiten mir weiter, wenn jemand verstorben ist. Nur
mit Ihrer Hilfe ist mir dies möglich und ich danke Ihnen recht herzlich für Ihre Mithilfe. Haben Sie schöne Festtage und einen „guten Rutsch“. Heike Thiele
100 Jahre 31.12.1924, Karl Herrmann, früher Molschen 28.12.1924, Roland Altsinger früher Leitmeritz 12.12.1924, Valerie Lobsch, geborene Pillat, fr. Enzowan 01.12.1924, Ursula Heinrich, geb. Wendt, fr. Stankowitz 95 Jahre 23.12.1929, Robert Modrey, früher Priesen 90 Jahre 23.12.1934, Gerti Simon, geb. Koschinek, fr. Schüttenitz 18.12.1934, Lieselotte Csobanczy, geb. Bauer, fr. Krscheschitz 13.12.1934, Irene Kähler, geb. Minasch, fr. Krscheschitz 07.12.1934, Maria Günsel, geb. Stolle, fr. Tünscht 85 Jahre 31.12.1939, Erich Anton, früher Kninitz 22.12.1939, Erich Hofmann, früher Leitmeritz 22.12.1939, Dr. med. Rudolf Hans Tomaschek, früher Leitmeritz 80 Jahre 25.12.1944, Heidrun Müller, geb. Maier, früher Leitmeritz 07.12.1944, Ute Gabriel, geb. Stolle, früher Proboscht 70 Jahre 13.12.1954, Cornelia Hopf, geb. Helmrich, früher Liebeschitz
Unseren Toten zum ehrenden Gedenken 19.11.2024 Horst Geppert, im Alter von 84 Jahren in El Gouna (Ägypten) verstorben, geboren in Leitmeritz 13.11.2024 Dipl.-Ing. Ewald Pechwitz, Altenkunstadt, im Alter von 85 Jahren, früher Graber 10.11.2024 Elfriede Spiegel, Eichenzell, im Alter von 96 Jahren, früher Proboscht
04.11.2024 Elisabeth Knoop geb. Bittner, Güstrow, im Alter von 90 Jahren, früher Schüttenitz 26.10.2024 Hedwig (Hedl) Baude geb. Müller, Zeitz, im Alter von 93 Jahren, früher Tetschendorf
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Sudetendeutsche Zeitung Folge 49 | 6.12.2024
Foto: Dipl. Ing. V. Horak
Heimatblatt der Vertriebenen aus dem Stadt- und Landkreis Aussig an der Elbe
Betreuer der Heimatkreise – Aussig: Brigitta Gottmann, Hebbelweg 8, 58513 Lüdenscheid, Tel. 02351 51153, eMail: brigitta.gottmann@t-online.de – Kulm: Rosemarie Kraus, Alte Schulstr. 14, 96272 Hochstadt, Tel. 09574 2929805, eMail: krausrosemarie65@gmail.com – Peterswald, Königswald: Renate von Babka, 71522 Backnang, Hessigheimerstr. 15, Tel. 0171 1418060, eMail: renatevonbabka@web.de – Heimatgruppe Graupen, Mariaschein, Rosenthal und Umgebung: Sibylle Schulze, Müggelschlößchenweg 36, 12559 Berlin, Tel. 030 64326636, eMail: sibyllemc@web.de – Redaktion: Karin Wende-Fuchs, Agg 3, 83246 Unterwössen, Tel. 08641 6999521, Mobil 0157 32215766, eMail: aussiger-bote@t-online.de – Redaktionsschluß: jeweils der 15. des Vormonats.
� Weihnachtsgrüße aus der alten Heimat
Friede den Menschen auf Erden
Langsam und vereinzelt fallen einige Schneeflocken herab und bedecken die winterliche Heimaterde sanft wie mit einer weißen Daunendecke.
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bend ist es geworden – „Heiliger Abend“. Irgendwo in der Ferne erklingen mit wundervollem Klang die Glocken – sie verkünden die Geburt des Herrn, und wie im Zauber hören wir die Engelsstimmen „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede den Menschen auf Erden, die guten Willens sind“. Ein bitteres Gefühl will in uns aufkommen – Friede den Menschen auf Erden? Wir denken zurück an all die Heiligen Abende, die wir bereits erlebten im Kreise unserer Lieben, in Glück und Frieden. Wir denken zurück an unsere eigene goldene Kinderzeit. Hörst Du noch all die weihnachtlichen Lieder, die wir unterm Christbaum sangen? Irgendwo erklingen sie wieder und lauschend überlassen wir uns dem Zauber von „Stille Nacht, heilige Nacht, alles schläft, einsam wacht ...“
Kirche in Kulm, Winter 2024. Foto: Kurt Richter, eingesandt von Rosemarie Kraus
Ja, einsam ist es manchem geworden. Weit weg sind die Lieben und manche schlafen schon den Schlaf der Ewigkeit. Zaghaft schwebt der Weihnachtsengel über das kleine Heimatdörfchen und schaut verwundert durch die Fenster der Häuschen, als kenne er sich nicht mehr aus. Ist es noch das kleine traute Dörfchen mit den sauberen Häuschen und den fröhlichen Menschen? Ja, manche kennt er noch, aber es sind nur ganz weni ge. Traurig geht er von Haus zu Haus, nur ab und zu bleibt er bei einem erleuchteten Fenster stehen, als wolle er segnend die Hände heben und trösten: „Seid nicht traurig am Fest der Freude, ich will heute Euer Mittler sein, zwischen Euch und Euren Lieben, wo immer sie auch sein mögen.“ So grüßen wir Euch denn aus der Heimat, die Ihr so liebtet am Weihnachtsfest und so grüßt Euch ebenso Eure liebe alte Heimat, all die schneebedeckten vertrauten Häuschen. Behaltet sie und uns in Euren Herzen und in Erinnerung, wie Ihr sie in glücklichen Tagen kanntet. Josef Langhans „Unser Niederland“ 12/2016
Wir wünschen allen Heimatfreunden ein gesegnetes Weihnachtsfest und ein gesundes und friedliches Neues Jahr.
Die weihnachtlich geschmückte Aussiger Stadtkirche. Foto: Kurt Richter
� Zum 4. Todestag von Pater Benno Beneš
In dieser Weihnachtsausgabe wollen wir an einen besonderen Menschen erinnern, dessen Todestag sich am 1. Dezember zum 4. Mal jährt: Salesianerpater Benno Beneš. Als „Brückenbauer“ steht er wie kein anderer für die Weihnachtsbotschaft, wenn er noch am Sterbebett zu Sanftmütigkeit und Frieden aufrief: „Die Menschen sollen sich umarmen!“ Pater Benno starb am 1. Dezember 2020 in Prag.
„Ein Mensch unter uns“
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enno Beneš wurde am 19. April 1938 in Ossegg geboren und wuchs in einer tschechischdeutschen Familie zweisprachig auf. Über die Musik trat er schon als Grundschüler mit den Salesianern seiner Geburtsstadt in Verbindung, beispielsweise als Solist im Kinderchor. Während des totalitären Regimes war Benno Beneš aktiv an geheimen Salesianer-Aktivitäten für die Jugend beteiligt. So organisierte er etwa Studententreffen und Jugendreisen nach Bulgarien und Rumänien. 1966 trat er dem Salesianerorden bei und wurde 1972 in Posen zum Priester geweiht. Als Priester brachte er Menschen zu Gott, als Mensch baute er dank seiner Freundlichkeit
DVD-Cover „BENNO – EIN MENSCH UNTER UNS“.
Foto: Erzgebirgs-Zeitung
und Güte starke Brücken zwischen den Menschen in Böhmen und Deutschland, sowohl über Nationalitäten als auch über Konfessionen hinweg. Nach der Wende Anfang der 1990er Jahre konnte er sich endlich öffentlich für die Salesianer-Arbeit einsetzen, deren Leitung er in Teplitz übernahm. Hier half er vielen Menschen und setzte sich dafür ein, die beschädigten Beziehungen zwischen Deutschen und Tschechen wiederherzustellen. Er war auch Mitbegründer des Salesianer-Verlags „Portal“, der sozial-theologischen Schule Jabok und der Salesianer-Missionen in Bulgarien. Die klassische Musik begleitete Pater Benno durch sein Leben. In verschiedenen Chören, wie den „Nordböhmischen Sängern“ in Most (früher Brüx) war er Mitglied, in Teplitz förderte er den jungen Komponisten Matouš Pavlis. 2015 wurde Pater Benno mit der „Goldenen Friedenstaube“ ausgezeichnet, die seit 2008 an Persönlichkeiten aus aller Welt, die zur Völkerverständigung beigetragen haben, verliehen wird; unter ihnen Papst Benedikt, dem Dalai Lama und Václav Havel. Während seines erfüllten Lebens erreichte er viele Generationen und konnte sie positiv
beeinflussen. Davon zeugt auch die DVD „BENNO – Ein Mensch unter uns“ von Martin Studecký. Sie entstand in Zusammenarbeit des Teplitzer Vereins und des Evangelisch-Lutherischen Kirchspiels Osterzgebirge, gefördert von der Euroregion Elbe/Labe im Kooperationsprogramm Freistaat Sachsen-Tschechische Republik 2014-2020. Die etwa 40-minütige DVD in Deutsch und Tschechisch liegt gratis in der Ausgabe 2023 der Erzgebirgs-Zeitung bei. Das Heft mit DVD können Sie zum Preis von 7,50 Euro online bestellen: https://erzgebirgs-zeitung.de/ unter „Online Angebote“ oder https://www.krusnohori.cz/ product-page/ erzgebirgs-zeitung-2023bonus-dvd Das Filmprojekt wurde unterstützt von David Keller, dem Pfarrer der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Altenberg, der nach Benno Beneš die traditionellen ökumenischen Treffen weiterführt, die seit zwei Jahrzehnten jeweils am 1. Mai oberhalb von Graupen in der St. Wolfgang-Kapelle am Mückenberg stattfinden. kw Quellen: kirche-altenberg.de/, benno-film/ Euroregion Elbe/ Labe, Erzgebirgs-Zeitung 2023
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AUSSIGER BOTE
Der ehemalige Ortsbetreuer von Nollendorf und Jungferndorf, Herbert Klepsch, schickte uns eine Geschichte, die uns daran erinnert, wie rauh und kalt die Winter im Erzgebirge einst waren. Wir nehmen sie zum Anlaß, seinen Bericht aus dem Jahr 2008 über sein Heimatdorf noch einmal in zwei Teilen zu veröffentlichen.
Sudetendeutsche Zeitung Folge 49 | 6.12.2024
� Ein unvergessenes Dorf im Erzgebirge
Nollendorf
Heimat der Bergleute
Graupen, Zinnwald und Nollendorf liegen im nördlichen Erzgebirge nahe beieinander. Alle drei hatten eine wirtschaftliche Gemeinsamkeit: ihre Gründung durch Bergleute. Die Nollendorfer Chronik berichtet, daß Nollendorf im Jahre 1216 bereits Kirchenort war und zum Archidiakonat Bilin gehörte. Direktor Karl Klöpsch schrieb in seinem Erinnerungsbuch „Schönwald“, daß man in den im „Grabenwegbach“ bei Tellnitz gefangenen Forellen Goldund Silberkörnchen fand! So kamen Bergleute aus dem Harz und Thüringen und „seiften“ zunächst aus den Sand- und Schuttmoränen das Gold- und Silbergranulat heraus. Später förderte man in kleinen Stollenbetrieben und in der „Segen-Gottes-Zeche“ nicht nur Silbererze, sondern vor allem Eisen- und Kupferkies, Bleiglanz und Zinkblende. Der 792 Meter hohe Zechberg erhielt seinen Namen von dieser Zeche. Die Bergleute, die oben auf dem Berg siedelten, nannten diese Stelle zunächst „Nol“ oder „Nolle“ für Spitze, Erhöhung,
In unserem Heimat-Archiv fand ich kürzlich eine Niederschrift von einem gewissen Richard Wolf, die ich gerne, mit geringfügigen Änderungen, hier zum Abdruck bringen darf. Diese aufgezeichnete Begebenheit spielte sich in meinem Heimatort Nollendorf ab.
Blick auf die heute nicht mehr existierende Kirche in Nollendorf. Foto: Archiv aus dem letztlich der Name Nollendorf entstand. Die Erzvorkommen fand man in den angrenzenden Schluchten, die sie Telle, Tellenz, oder Tellnz nannten. Aus der dort entstandenen Siedlung wurde letztlich das Dorf „Mittel Tellnitz“ – die oben angeführten Wortschöpfungen stammen aus dem Mittelhochdeutschen. Zur Pfarrei Nollendorf gehörten bis zuletzt Mittel-Tellnitz, Jungferndorf und die Grafschaft der Ledebur -Wicheln.
Die strategische Lage
Eine andere große Bedeutung
� Dramatische Begebenheiten in Eis und Schnee
Gerettet!
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azu ein paar Worte zu einer Jahreszeit in unserer Heimat, die Mensch und Tier viel abverlangte. Der Winter war in unserem Breitengrad ein harter Geselle. Böse Zungen behaupteten, bei uns sei es ein Dreivierteljahr Winter und ein Vierteljahr kalt gewesen. Schnee gab es stets reichlich. Auch an eisigem Wind, der oft Schnee mit sich führte, fehlte es nicht. Dadurch entstanden an ausgewiesenen Stellen meterhohe Windwehen, die häufig selbst im Monat Mai noch nicht zur Gänze weggeschmol-
bekam Nollendorf durch seine geografische Lage. Bei Nollendorf endet das Erzgebirge mit seiner Granit-Gneisformation und es beginnt das Elbsandsteingebirge. Die Reichsstraße von Teplitz-Schönau nach Pirna –1803 vollendet – durchquert das „Obere Dorf“. Der ältere Weg zwischen Böhmen und Sachsen – die Salzstraße – führte durch das „Untere Dorf“. So hatte Nollendorf mit seiner Lage bis zur Errichtung der Eisenbahnen und der Schiffbarmachung der Elbe viele Vorteile, aber auch wegen der unzäh-
Jungferndorf 1941. Foto: Archiv. Renate von Babka zen waren. Trotz der unwirtlichen Jahreszeit mußte ein Dienstleister stets seiner Tätigkeit nachkommen. So auch Adolf Schmidt, unser Land-Postbote. Fußläufig führte werktags sein Weg von sei-
nem Heimatort nach Peterswald, um beim Postamt die Briefpost in Empfang zu nehmen und danach in Jungferndorf, Oberwald und Nollendorf zu verteilen. Daß er dabei täglich schätzungsweise 20 km unter seinen Sohlen hatte, ist schon einer Hochachtung wert. Eines Tages, noch vor dem Ersten Weltkrieg, bei Dienstantritt in der frühen Morgenstunde, bewegte sich beim Vorbeigehen auf der ersten Ackerhöhe der Paßstraße etwas unter einem Schneehaufen. Er beseitigte ein wenig Schnee und fand darunter eine eingeschneite und halb erfrorene Frau. Mit aller Mühe schleppte er die Dame bis Jungferndorf in Höhnes Gast-
� Eine Weihnachtsgeschichte aus Graupen
Die Weisenmarter
Viele alte Graupener können sich noch an das schlichte Kreuz auf einem Steinsockel an der Wegkreuzung hinter dem Gasthausgarten „Zum Tiger“ im Ortsteil „Blöße“ erinnern. Der Volksmund bezeichnete den Ort „Bei der Weißen Marter“. In alten Urkunden heißt er „Weisenmarter“. Hier befanden sich einst zahlreiche Weingärten. Früher gruselte es einen, wenn man an dieser Stelle abends oder nachts vorbei mußte. Der Wind rauschte gespenstisch in den Bäumen und auf der Höhe sah man schwarz und düster den Totenstein und die Annakirche.
H
eute weiß kaum mehr jemand, woher dieser Name „Weisenmarter“ kam. Es ist nur bekannt, daß früher dort eine säulenartige Kapelle stand. In der Mauer befand sich eine Höhlung mit dem Bild des einsam sterbenden Franz Xaverius. Trotz Renovierung war sie 1865 so baufällig, daß sie abgerissen werden mußte. Die Gemeinde errichtete dafür das eingangs erwähnte Kreuz.
St. Annakirche in Graupen. Was hinter der „Weisenmarter“ steckt, erzählt uns eine Sage: „Man schrieb das Jahr 1680, die Weihnachtszeit war gekommen. Eine traurige Zeit, denn die Pest hatte ein Drittel der Bevölkerung dahingerafft. Dabei war Graupen durch den Dreißigjährigen Krieg schon schwer geprüft. Viele Häuser waren ausgestorben, aber in einem lebten noch
Gemälde von Ludwig Richter drei Kinder ganz allein, deren Eltern ebenfalls an der Pest gestorben waren. Niemand dachte an die armen Waisen. Vor Hunger und Kälte zitternd sahen sie dem nahen Weihnachtsfest entgegen. Am Christabend beteten sie und hofften, daß das liebe Christkind mit seinen Engeln kommen und ihnen aus der Not helfen würde. Als sie die Weihnachtsglocken
Kleist-Denkmal in Nollendorf, zur Erinnerung an den Feldherrn Kleist von Nollendorf, gefallen in der Schlacht bei Arbesau und Nollendorff, 1813. Foto: Ladislav Faigl ligen Kriege sehr zu leiden, wie dem Husiten-, dem Dreißigjährigen Krieg und den Schlachten Napoleons. Die an der Paßstraße stehende Kirche war ein Wahrzeichen Nollendorfs. Von ihrem Turm aus beobachtete 1813 Napoleon die Schlacht bei Kulm, in der seine Truppen bekanntlich vernichtend geschlagen wurden.
Geschichte
Der Ort, einst bestehend aus 35 Bauernhöfen, ging um 1310 in den Besitz der sächsischen Her-
wirtschaft. Hier bemühte man sich erfolgreich um eine Wiederbelebung. Nachdem letztlich alles soweit gut gegangen war und sich die Frau einigermaßen erholt hatte, erzählte sie, daß sie die Schneemassen unterschätzt habe. Völlig erschöpft konnte sie nicht mehr weitergehen und war schließlich eingeschlafen. Dann sprach sie von ihrer Mission als k.u.k.-Oberpostdirektorin und, daß sie aus Wien kommend, auf dem Weg zur Inspektion nach Peterswald war. Für ihre mühevolle Rettung revanchierte sich die Frau k.u.k.-Oberpostdirektorin, indem unser Postbote aus einem Fond in Form einer Rente, täglich eine Krone und später, während anderer Währungen, durch entsprechende Umrechnung diesen Betrag bis an sein Lebensende und das also bis 1945 erhielt. Herbert Klepsch, 2024 läuten hörten, dachten sie, das Christkind habe sie vergessen. So gingen sie los, um es zu suchen. In den Straßen sahen sie den Lichterglanz in den Häusern. So kamen sie bis zum alten Stadttor, traten hindurch und bewunderten die leuchtenden Sternlein, die so wunderschön in dieser klaren Nacht glänzten. Im Glauben, das Christkind schon zu finden, gingen sie in froher Erwartung weiter. Am Kreuzweg in den Weingärten ließen sie sich zu einer Rast nieder. Eng umschlungen schliefen sie, vom Christkind träumend, ein. Am anderen Morgen fand man die armen Kinder kalt und tot, die Tränen auf ihren Wangen erstarrt zu Eis. Nach damaligem Brauch begrub man die toten Kinder an Ort und Stelle. Zur Erinnerung an die letzten Opfer der grausamen Pest ließ die Stadt Graupen hier die „Waisenmarter“errichten. Im nächsten Frühling blühten die Veilchen, die dort so massenhaft vorkamen, ganz in weiß. Wohl von den Tränen der Kindlein, die den Blumen die Farbe der Unschuld verliehen hatten.“ Sibylle Schulze, Heimatgruppe Graupen, mit einem Dank an Heimatfreund Peter Reinert der die Sage in den Archiven gefunden hat.
ren von Lungwitz über. 1404 tauschten sie den Besitz mit Wenzel von Wartenberg auf Blankenstein gegen ein Gut bei Doppitz. Die Wartenberger waren aus strategischen Gründen an Nollendorf interessiert. Von den Nollendorfer Höhen konnten sie Peterswald und Schönwald einsehen, die damals zu Meißen gehörten. Um 1495 unterstand Nollendorf dem Bistum Meißen, 1506 gehörte es gemeinsam mit Peterswald und Schönwald zur Herrschaft Graupen. Im Jahre 1580 wurde dann
die Herrschaft Graupen aufgelöst. Der Sachse Damian von Sebottendorf kaufte alle drei Dörfer und bildete ein eigenes Gut mit Schloß und Amtssitz in Schönwald. Nach dem Dreißigjährigen Krieg waren von den 35 Bauernhöfen nur noch 16 bewohnt. 1787 waren es 72 und 1880 zählte der Ort 96 Häuser. Mit der wachsenden Einwohnerzahl wurde der Ackerboden knapp und nur noch ein Viertel der Bevölkerung konnte von der Landwirtschaft leben. Die Leute begannen Gegenstände aus Holz und Stroh für den täglichen Bedarf zu fertigen und in der Umgebung zu verkaufen. Später wurden durch Flachsanbau Garn, Zwirn und Leinen hergestellt. Viele der Männer waren in Handwerksberufen tätig und verdienten im Sommer in Brigaden weitab von daheim ihr Brot. Außerdem gab es Müller, Bäcker, Schnallenund Knopfmacher, Schankwirte, Fuhrleute, Getreide-, Heu- und Hopfenhändler. Nollendorf hatte im 18. Jahrhundert schon eine eigene Schule, die auch den Schülern aus dem 1802 gegründeten Ort Jungferndorf offenstand. Aber auch berüchtigte Wilddiebe und Pascher (Schmuggler) wohnten im Ort. 1860 hatte Nollendorf ca. 700 Einwohner, 1880 waren es aber nur noch 454. Der Grund: Viele Nollendorfer sind in die Industrie und den Kohlebergbau nach Aussig, Karbitz, aber auch nach Sachsen und bis Amerika ab- bzw. ausgewandert. (Wird fortgesetzt) Herbert Klepsch, 2008
WIR GRATULIEREN n 102. Geburtstag: Am 28. 12. Wilhelm KREIBICH aus Schönpriesen 47447 Moers, Ehrenmalstr. 19. n 99. Geburtstag: Am 9. 12. Herbert FISCHER aus AussigKleische. – Am 12. 12. Margit STRNADOVÁ geb. Schaffranke in CZ-40011 Usti nad Labem, Sramkova 4/2309. – Am 24. 12. Anna MACHER geb. Klingohr aus Kojeditz 8 in 91710 Gunzenhausen, Lerchenstr. 19. n 98. Geburtstag: Am 14. 12. Elsa BRAUNER geb. Sommer aus Malschen in 38871 Ilsenburg, Kastanienallee 27. n 97. Geburtstag: Am 10. 12. Ernst POHL aus Aussig in 96047 Bamberg, Geyerswörthstr. 14. n 95. Geburtstag: Am 24. 12. Walter FRIES aus Aussig, Kleine Wallstraße in 52146 Würselen, Auf dem Gewann 27. – Am 30. 12. Gerti BORRMANN geb. Schäfer aus Schanda in 16761 Hennigsdorf, Theodor-KörberWeg 7. n 94. Geburtstag: Am 9. 12.
Heinz PACKERT aus Schöbritz in 55743 Idar-Oberstein, Achatstr. 48. – Am 4. 1. 25 Marianne JESKOLSKI geb. Fischer aus Hohenstein. n 93. Geburtstag: Am 9. 1. 25 Marianne SCHNEIDER geb. Heinrich aus Stöben. n 92. Geburtstag: Am 15. 12.
Norbert SOMMER aus Birnai Nr. 37 in 63150 Heusenstamm, Ahornweg 44.
n 90. Geburtstag: Am 9. 12. Ilse STOY geb. Blumentritt aus Mörkau. – Am 1. 1. 25 Werner BAHR aus Danzig. – Am 9. 1. 25 Martha SCHILD geb. Hortig aus Mosern in 99755 Ellrich, Straße der Freundschaft 30.
n 89. Geburtstag: Am 7. 1. 25 Herbert LORENZ aus Peterswald 511. n 86. Geburtstag: Am 25. 12. Christoph KRETSCHMER aus Salesel. – Am 27. 12. Gerhard REHN aus Ebersdorf in 90441 Nürnberg, Robert-Bosch-Str. 8. n 85. Geburtstag: Am 23. 12. Eva-Maria TIETZ geb. Pillat aus Aussig, Töpfergasse in 08606 Oelsnitz, Schmidtstr. 10. n 84. Geburtstag: Am 28. 12. Gerhard-Rudolf PRANTL (Großvater Max Warth) aus Aussig, Oster 11 in 74523 Schwäbisch Hall, Hagenbacher Ring 246. – Am 31. 12. Roland HOCHE aus Aussig-Pockau in 80933 München, Stösserstr. 2. – Am 2. 1.25 Heinz-Joachim WINDRICH aus Marschen Nr. 6 (Sohn von EmilHermann Windrich, Futter-Düngemittel, Getreide- und Kohlengroßhandel) in 36282 Hauneck, Birkenstr. 7. n 83. Geburtstag: Am 21. 12. Gerlinde MARSCHIK aus Auschine in 85221 Dachau, Amperweg 50. – Am 20. 12. Dieter KÜHNEL aus Aussig-Prödlitz in 97072 Würzburg, Friedensstr. 17. – Am 25. 12. Dr. Franz MEHNERT aus Aussig, Elbstraße in 44534 Lünen, Cappenberger Str. 62. n 82. Geburtstag: Am 12. 1. 25 Helmut ORTNER aus Schreckenstein. n 81. Geburtstag: Am 19. 12. Hans ROTSCH aus Königswald in 64760 Oberzent, Poststr. 4. n 79. Geburtstag: Am 22. 12. Brunhilde THÜMMLER geb. Müller aus Weschen in 01326 Dresden, Malschendorfer Str. 7.
WIR BETRAUERN n Leo Wild geb. 30. 12. 1929 in Prödlitz, verst. 6. 12. 2021 in Aussig, 91 Jahre.
n Marie Herta Zille geb. 28. 3. 1939 in Peterswald, verst. im November 2024, 85 Jahre.