14 | SWISSPROP TECH-MAGA ZIN 2021
«Weiterhin starkes Wachstumspotenzial» Digitalisierung – Corona hat der Transformation der Immobilienwirtschaft Schub verliehen; die Akzeptanz von IT-Lösungen ist deutlich gestiegen. Die «Sturm-undDrang-Jahre» der PropTechs seien allerdings vorbei, sagt Fredy Hasenmaile, Leiter Real Estate Economics von Credit Suisse. Interview: Birgitt Wüst– Fotos: zVg
Herr Hasenmaile, Covid-19 hat eine massive Rezession ausgelöst, von deren Folgen auch die Immobilienwirtschaft betroffen ist. Wie wirkt sich dies auf die Digitalisierung der Branche aus? Nun – eigentlich hat die digitale Transformation der Immobilienwirtschaft durch die Corona-Krise einen starken Impuls bekommen – der Strukturwandel, den dieser Wirtschaftssektor seit einigen Jahren durchläuft, wurde deutlich beschleunigt. Wie äussert sich dies? Unternehmen, die früher auf digitale Prozesse umgestellt hatten, profitierten in der Krise markant. Beispielsweise waren Immobili«Die Pandemie hat engesellschaften oder Maklerunternehmen, die bei der Vermietung von die traditionelle Liegenschaften virtuelle BesichtigunTrägheit der Immobi- gen anbieten konnten, im Lockdown im lienbranche besei- Vorteil – alle, die diese Möglichkeiten tigt. Das Interesse an nicht hatten, waren abgeschnitten. Dieses und weitere Beispiele erfolgreicher digitalen Lösungen Automatisierungen von Geschäftsprohat zugenommen.» zessen führten dazu, dass mehr Branchenteilnehmer das Potenzial der Digitalisierung in Bezug auf Beschleunigungen und Vereinfachungen vieler Abläufe und Prozesse erkannten – was wiederum die Nachfrage nach digitalen Lösungen förderte. Was PropTechs gefreut haben dürfte ... Man könnte sagen, die Pandemie hat die traditionelle relative Trägheit der Immobilienbranche beseitigt; das Interesse an digitalen Lösungen hat bei den Akteuren des Schweizer Immobilienmark-
tes sprunghaft zugenommen. Einige PropTechs konnten sich vor Aufträgen kaum retten. In welchen Bereichen besonders? Gefragt waren vor allem PropTechs, die unter anderem Lösungen und Alternativen für die in den Lockdowns eingeschränkten physischen Besichtigungsmöglichkeiten anbieten, also Unternehmen aus der Kategorie Grundrisse, AR, VR, 3D. Erhöhtes Interesse verzeichnen auch Unternehmen, die Produkte in den Kategorien Software, CRM, Datenmanagement, Marktplätze sowie smarte Gebäude und IoT anbieten. Doch wie viele andere Industrien leidet natürlich auch der PropTech-Sektor unter den Folgen von Covid-19. Viele Immobilienfirmen waren im vergangenen Jahr intensiv mit der Bewältigung der Krise beschäftigt, beispielsweise um ihre Mitarbeiter zu schützen oder Anfragen von Mietern zu bewältigen, die zu Hunderten eingingen – für neue Projekte oder Ideen aus der Welt der PropTechs blieb da häufig wenig Spielraum. Einige Projekte wurden krisenbedingt zurückgestellt und auch Finanzierungsrunden wurden ausgesetzt. Gemäss unserer im Mai 2020 durchgeführten Umfrage für den «Swiss PropTech Report 2020» zeigten sich die Investoren auf einmal zurückhaltender mit Finanzierungszusagen. Auf Basis neuerer Daten schätzen wir den Rückgang des Finanzierungsvolumens der PropTechs im letzten Jahr auf 15 bis 25 Prozent. Bedeutet dies für betroffene Startups das Aus? Nein, nur in den wenigsten Fällen. Für die «gereiften» Startups , deren Finanzierung teilweise bereits über die Geschäftstätigkeit sichergestellt ist, waren die Auswirkungen der Pandemie weniger schlimm als für solche, die auf die Gewinnung zusätzlicher Kunden, die Lancierung von Pilotprojekten und die Erweiterung des Netzwerkes angewiesen sind. Ohnehin ist die Zahl der PropTechs, die sich letztlich am Markt durchsetzen werden, begrenzt und eine gewisse Konsolidierung der Branche war schon vor der Pandemie zu beobachten. Worin äussert sich dies? Dass Covid-19 die Digitalisierung in der Immobilienwirtschaft beschleunigt hat, heisst nicht au-