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Galapagos Tauchsafari der Extraklasse
from Silent World 65
by OCEAN.GLOBAL
GALAPAGOS INSELN
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SCHAUFENSTER DER EVOLUTION
TEXT UND FOTOS // MARK B. HATTER ÜBERSETZUNG // MATTHIAS BERGBAUER
Es ist 15 Uhr, die heiße, helle Äquatorialsonne steht noch immer hoch am westlichen Horizont. Der Wind ist ruhig und das Meer glatt, als Alex, der Fahrer unseres Schlauchboots – hier auch Panga genannt – die kurze Strecke von der „Galapagos Aggressor II“ zu unserem Einstiegspunkt zurücklegt, einer Bucht in der Nähe von Punta Vicente Roca an der nordöstlichen Ecke der Isla Isabela.
Schlanke Echse – ein Lava Lizard auf Isla Bartolomé.
Den fünf Tauchern und Richard, unserem Divemaster, wird es langsam ziemlich warm im sieben Millimeter dicken Neopren. Es ist eigentlich ein Widerspruch, einen halben Grad südlich des Äquators so warme Tauchanzüge mitzunehmen. Aber wir tauchen auf den Galapagosinseln, einem geografisch bedingten Klimaparadoxon im östlichen Pazifik, 1.000 Kilometer von Südamerika entfernt, fast genau auf dem Äquator. Eigentlich sollte das Wasser, das den Galapagos-Archipel umspült, badewannenwarm sein. Aufgrund ihrer einzigartigen Lage werden die Galapagosinseln jedoch von drei großen und vier kleinen Meeresströmungen umspült, die zeitweise konvergieren, divergieren, sich vermischen und schichten, was zu Widersprüchen in der Wassertemperatur führt. Dies ist überall auf den Inseln der Fall. Wir rollen rückwärts ins Wasser und der Widerspruch setzt sich fort: An der Oberfläche
Riesenschildkröte auf Isla Santa Cruz.
Einfach knuffig – Blaufußtölpel.
FOTO // SCOTT JOHNSON
Eines der beiden Tauchboote, im Hintergrund die „Galapagos Aggressor II“.
Die Walhaie bei Galapagos sind meist besonders groß.
gibt es an diesem Ort kaum Strömung. Das Meerwasser sammelt sich um die Bucht und erwärmt sich in der tropischen Sonne erheblich. Das Ergebnis ist eine lokale Mikroblüte von Plankton im nährstoffreichen Oberflächenwasser, das sich von dem kühlen Wasser unterhalb der allgegenwärtigen Sprungschicht um bis zu 12 Grad unterscheidet. Wenn wir die trübe Suppe in 15 Meter Tiefe durchstoßen, gelangen wir in eine tiefgrüne, sehr klare ätherische Welt. Am schimmernden Übergang sinkt die Temperatur augenblicklich von 26 auf 20 Grad und die Sichtweite beträgt plötzlich über 33 Meter!
Seelöwen sind neugierig und kommen nah zu den Tauchern heran.
Wir gleiten den Hang hinunter, vorbei an spektakulär gefärbten Fächerkorallen, zum weißen Sandgrund auf fast 35 Metern. In der Dämmerung schießt ein Paar junger Galapagos-Seelöwen, die bei den meisten Tauchgängen auf den Galapagosinseln allgegenwärtig sind, von hinten an uns vorbei, dann in die Höhe und spielerisch durch unsere aufsteigenden Luftblasen sausend an die Oberfläche. Ihr spielerischer Vorbeiflug scheint beendet zu sein. Auf dem Sandgrund macht uns Richard auf ein Paar Mola molas aufmerksam, das langsam auf uns zugleitet. Eine äußerst seltene Erscheinung, vor allem nachdem Richard vor dem Tauchgang verkündet hatte, dass wir wahrscheinlich keine Mola molas sehen würden, weil es zu warm sei. Ich denke nicht mehr an die Kälte und schiebe mich mit einem einzigen Stoß auf den Leitfisch zu, wobei ich versuche, klein und harmlos auszusehen. Dieser Fisch ist zwar nicht ausgewachsen, scheint aber zwischen den Flossenspitzen mindestens zwei Meter lang zu sein. Ich gleite näher heran und der Mola mola folgt mir mit einem großen, neugierigen Auge. Ich bin offenbar keine Bedrohung, aber auch nichts von Interesse. Der Mola mola wendet sich der Tiefe zu und verschwindet langsam mit einem sanften Flattern der riesigen Rücken- und Bauchflossen. Aber erst nachdem es mir gelungen ist, ein Bild zu machen. Für mich eine Begegnung mit einem imposanten Tier, das ich in 40 Jahren Tauchen noch nie gesehen habe! Die Zeit drängt und wir begeben uns in ein Areal mit Weichkorallen auf der Suche nach den schwer fassbaren Seepferdchen. Unser Glück geht weiter, Richard und einer unserer Taucher finden jeweils ein geschickt getarntes Seepferdchen zwischen den Korallen.
Vielleicht sind die Galapagosinseln die größte Show der Welt. Seit Charles Darwin im Herbst 1825 an Bord der britischen Brigg „HMS Beagle“ die Galapagosinseln betrat, haben Entdecker die Wunder dieser herrlichen Inseln bestaunt. Die Galapagosinseln, die von Naturforschern als „einzigartiges lebendes Museum und Schaufenster der Evolution“ und als „Schmelztiegel der Meeresarten“ bezeichnet wurden, sind für viele ein Ziel, das
Grandioser Ausblick auf Isla Bartolomé.
sie unbedingt besuchen wollen. Genau das hat mich in den letzten 15 Jahren fünfmal auf diese bemerkenswerten Inseln gebracht.
Der Galapagos-Archipel besteht aus 127 Inseln, Inselchen und Felsen, die zwischen 1,40 Grad nördlicher und 1,36 Grad südlicher Breite liegen. Da die Inseln vulkanischen Ursprungs sind, sind sie geologisch gesehen relativ jung, nur etwa fünf Millionen Jahre alt, und im Fall der Isla Isabela und der Isla Fernandina befinden sie sich noch in der Entstehungsphase. Als die „Galapagos Aggressor II“ am zweiten Abend unserer Reise auf die Insel Darwin zusteuert, ist der Vulkan Wolf auf Isabela, der an seiner Nordflanke Rauch, Asche und Lava ausspuckt, deutlich zu sehen. Die geografische Lage, die Abgeschiedenheit und das Zusammentreffen von Meeresströmungen haben auf den Galapagosinseln zur Entstehung von vielen endemischen Landtieren und Vögeln geführt, also Tiere, die nur hier und nirgendwo sonst auf der Welt vorkommen. Zu diesen gehören zum Beispiel der Galapagos-Pinguin, die Galapagos-Schildkröte, der Meeresleguan, der Blaufußtölpel, der flugunfähige Galapagos-Kormoran, der Galapagos-Falke und 14 Arten von Galapagos-Finken.
Die nördlichen Inseln Wolf und Darwin sind die ersten großen Ziele auf unserer einwöchigen Reise mit der „Galapagos Aggressor II“. Diese Inseln, die oberhalb des Äquators liegen und von einer relativ warmen Äquatorialströmung umspült werden (warm genug, um Steinkorallen zu beherbergen), sind bekannt für Schwärme von Hammerhaien, Adlerrochen und dem Walhai, wenn die Strömungen stark sind und in eine Richtung gehen.
INFORMATIONEN
Die Galapagosinseln können das ganze Jahr über besucht werden, da der Wechsel zwischen Sommer- und Wintermonaten am Äquator minimal ist. Der Aggressor-Reiseplaner zeigt, wann die beste Zeit ist, um bestimmte Arten mit größerer Regelmäßigkeit zu sehen.
Unser Besuch ist um die Zeit des Vollmonds, was normalerweise die stärksten Gezeiten und große Haischulen mit sich bringen sollte. Doch bei unserem Aufenthalt kommen die Strömungen an der Oberfläche oft aus einer Richtung und in der Tiefe aus der entgegengesetzten. Infolgedessen sind die großen Haischulen nicht zu sehen. Wir haben jedoch während unserer Tauchgänge zahlreiche Begegnungen mit einzelnen Haien und können das Riff rund um Darwin’s Columns (ehemals Darwin’s Arch) und das Landslide Reef bei Wolf vollständig erkunden.
Milde und ungewöhnliche Strömungen geben uns zudem die Gelegenheit, andere Orte wie die Höhle bei Wolf Island und an weniger bekannten Riffen Tiere zu fotografieren, darunter große Fischschwärme und Grüne Meeresschildkröten. Am Kap Douglas auf der Isla Fernandina sind die Meeresleguane schon früh in der Sonne und gehen um zehn Uhr morgens zum Fressen ins Wasser. Zu Hunderten, wenn nicht gar Tausenden hocken die kohlefarbenen Reptilien auf den hinteren Vulkanfelsen am Kap Douglas nahe an der Meeresgrenze, wenn nicht sogar aufeinander. Dort wärmen sie sich ausreichend auf, bevor sie sich in den kühlen Pazifik wagen, um sich von Meeresalgen zu ernähren.
Im weiteren Verlauf unserer Reise im Süden treffen wir auf die allgegenwärtigen Galapagos-Seelöwen, deren verspielte Possen einen Fotografen in den Wahnsinn treiben können – mit einer Beweglichkeit wirbelnder Derwische. Während die Jungtiere am neugierigsten sind, machen die jungen Weibchen oft mit und entlocken dem dominanten Männchen des Harems schließlich eine Reaktion. Als wolle dieser sagen: „Jetzt reicht’s!“, schiebt sich das große Männchen zwischen die Taucher und die Weibchen und bläst energisch warnend durch seine Nasenlöcher.
Seepferdchen am Tauchplatz Isabela Punta Roca Vicente.
Vor jedem Tauchgang gibt es ein ausführliches Briefing.
Im großen Salon kann man gemütlich zusammensitzen.
FOTO // MICHELE WESTMORLAND
Einmal in der Woche gibt es zum Dinner Truthahn.
FOTO // MICHELE WESTMORLAND
INFORMATIONEN
Anreise
Alle Flüge zu den Galapagosinseln starten entweder von Quito oder Guayaquil in Ecuador. Es gilt, eine Ankunft in Ecuador am Tag vor der Abreise einzuplanen. Direktflüge zu den Inseln von Quito oder Guayaquil aus werden von zwei Fluggesellschaften angeboten, und zwar mehrmals am Tag.
Weitere Informationen
unter www.aggressor.com Eines Nachmittags treffen wir an einem harmlosen Felsen namens Cowley auf die Mutter aller Fischschwärme. Der Ort ist berühmt für seine riesigen Schwärme von schwarz gestreiften Salmlern. Tausende, wenn nicht gar Millionen von ihnen wechseln bei Cowley unaufhörlich von der Oberfläche zum Meeresboden. Wäre da nicht die Taschenlampe unseres Guides oder das Aufflackern der Stroboskopblitze meiner Tauchkameraden, würde ich mich sicher verirren, wenn die Salmler in 20 Meter Tiefe den Tag zur Nacht machen.
Keine Reise zu den Galapagosinseln wäre vollständig ohne ein oder zwei Landausflüge, um weitere Superstars der natürlichen Auslese von Charles Darwin zu beobachten. Die „Galapagos Aggressor II“ bietet uns zwei Landausflüge sowie eine Küstenfahrt, um weitere auf Galapagos endemische Tierarten zu entdecken. Auf der Isla Bartolomé erklimmen wir den Gipfel (berühmt geworden durch den Film „Master and Commander: The Far Side of the World“ mit Russell Crowe) und sehen einen Galapagos-Falken auf einem hohen Felsen und eine Lava-Eidechse auf einem niedrigen. Dazu haben wir einen großartigen Blick auf die unter uns liegende Passage mitsamt der „Galapagos Aggressor II“. Und am Pinnacle Rock fotografieren wir Blaufußtölpel, Galapagos-Pinguine und den flugunfähigen Galapagos-Kormoran. An unserem letzten Nachmittag, nachdem die aufmerksame Schiffscrew unsere Tauchausrüstung gewaschen hat, fahren wir ins Landesinnere zu einer Farm auf der Isla Santa Cruz, wo wir die größte Landschildkröte der Welt in freier Wildbahn beobachten können.