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Liz Parkinson

INTERVIEW

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LIZ PARKINSON IST EINE BEEINDRUCKENDE FRAU MIT EINER GROSSEN LEIDENSCHAFT FÜR DIE UNTERWASSERWELT, HAIE UND DEN UMWELTSCHUTZ. ALS PADI IDC STAFF INSTRUCTOR, PADI FREEDIVER INSTRUCTOR TRAINER UND PADI EFR INSTRUCTOR TRAINER UNTERRICHTET SIE PADI-TAUCHKURSE, WO AUCH IMMER SIE GERADE AUF DER WELT UNTERWEGS IST. SIE IST IN ENGLAND GEBOREN, IN SÜDAFRIKA AUFGEWACHSEN UND ZURZEIT IN LOS ANGELES WOHNHAFT. ZUDEM HAT LIZ PARKINSON ERFOLGE ALS TAUCH-STUNTFRAU IN DER FILMBRANCHE VORZUWEISEN UND BEIM NEUEN FILM „AVATAR: THE WAY OF WATER“ MITGEWIRKT.

TEXT // MAREN SCHOLTEN FOTOS // JASON WASHINGTON

Liz Parkinson freitauchend mit Karibischen Riffhaien.

D

Du bist sowohl eine professionelle PADI-Gerätetaucherin als auch eine PADI-Freitaucherin. Wann und wie bist du dazu gekommen? Was gefällt dir an beiden Disziplinen am besten?

Ich bin in Südafrika als Leistungsschwimmerin aufgewachsen, sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene. Aber erst als ich mit einem Schwimmstipendium in die USA gezogen bin, wurde ich brevetierte Taucherin. Mit meinen Teamkollegen der University of Hawaii, die Meeres- und Ozeanwissenschaften studierten, hatte ich die Gelegenheit, einige der besten Inselplätze Unterwasser zu erkunden. Nach dem Ende meiner Schwimmkarriere dauerte es ein Jahr, bis ich PADI Instructor wurde und anfing, in verschiedene Teile der Welt zu reisen und dort zu unterrichten.

Da ich sozusagen im Wasser aufgewachsen bin, habe ich mich schon immer zum Freitauchen und Luftanhalten hingezogen gefühlt. Ich kann mich an keine Zeit erinnern, in der ich nicht auf den Grund eines Pools oder entlang eines Meeresriffs geschwommen wäre oder den Grund eines Sees entdecken wollte. Ich fing an, mich richtig für Freitauchen zu interessieren, als ich einen Kurs bei Kirk Krack, dem Gründer von PFI (Performance Freediving International), belegte.

Es gibt so viel, was ich an beiden Sportarten genieße, aber abgesehen von der reinen Freude, ein Riff, Wrack oder eine Höhle für längere Zeit beim Tauchen erkunden zu können, liebe ich es, zu unterrichten und Menschen zum ersten Mal unter Wasser zu bringen. Die Schönheit und der reine Ehrfurchtsfaktor, den die Welt unter der Meeresoberfläche bietet, können und werden Leben verändern. Man vergisst nie, wo man zum ersten Mal unter Wasser geatmet hat, und es ist ein tolles Gefühl, das mit jemandem zu teilen.

Einige meiner aufregendsten Momente unter Wasser waren beim Freitauchen, denn man taucht lautlos ins Wasser ein, wie es keine andere Aktivität kann. In gewissem Sinne ist man für eine kurze Zeit zurück in der aquatischen Welt, in der man das Leben begonnen hat. Das Gefühl in diesem Moment ist unübertroffen.

Du hast einen ziemlich ungewöhnlichen Job als Tauch-Stuntfrau, bei dem du mit vielen großen Namen wie Hugh Jackman arbeitest und Teil großer Filmproduktionen, wie dem neuen „Avatar“-Film, bist. Bitte erzähl uns über

deinen Job und deine Erfahrungen. Ich fühle mich sehr privilegiert, schon an einigen großartigen Filmen mitgearbeitet zu haben. Ich hatte die Chance, talentierte und fantastische Darsteller zu doubeln, zu trainieren und zu unterstützen. Unter Wasser zu arbeiten, hat seine eigenen Herausforderungen und Komplexitätsgrade, aber die meisten Leute freuen sich sehr darauf. Diejenigen, für die es etwas einschüchternd ist, werden am Ende nach der Filmbearbeitung mit einer tiefen Befriedigung belohnt. Mit meinem Hintergrund im Wassersport hat die Welt der Unterwasserstunts definitiv die Türen zu neuen Erfahrungen und Herausforderungen geöffnet. Es geht darum, zu lernen, sich an Situation anzupassen, herauszufinden, wie weit man jemanden bringen kann, neue Grenzen zu setzen und sich in ständig ändernden Situationen wohlzufühlen. Die Filmindustrie hat es mir auch ermöglicht, zu reisen und in Gewässern zu tauchen, in die man normalerweise nicht darf. Kürzlich war ich in Thailand, um die Netflix-Serie „Thai Cave Rescue“ zu drehen. Es ist die Geschichte der zwölf jungen Fußballspieler und deren Trainer „The Wild Boars“, die in der Tham-Luang-Höhle in Chiang Rai gefangen waren.

Links Tham-Luang-Höhle

in Chiang Rai, Dreharbeiten zum Film „Thai Cave Rescue“.

Oben rechts Hugh Jackman und Liz

Parkinson bei Dreharbeiten zum Film „Reminiscence“ aus 2021.

Mitte rechts Weit im Höhleninne-

ren bei den Dreharbeiten zum Film „Thai Cave Rescue“.

Unten rechts Liz erhält Anweisun-

gen am Drehort für die Stunts zum Film „Thai Cave Rescue“. Interaktion mit einem Großen Weißen Hai bei Dreharbeiten zu Beyond Fear, Mike Rutzen, Südafrika.

Da wir in der Höhle drehten, hatten wir die Möglichkeit, weit ins Höhleninnere hineinzugehen, was seit dem Vorfall für die Öffentlichkeit geschlossen ist. Diese Erfahrung verdeutlichte wirklich den enormen Einsatz der Männer und Frauen bei der Rettung. Durch die Arbeit im Film- und Fernsehbereich habe ich einige großartige Leute getroffen und durfte mit ihnen tauchen. Es ist erstaunlich, was man lernen kann und welche Geschichten man hört, während man mit jemandem zehn bis 14 Stunden am Stück in einem Tank oder im Ozean schwimmt!

Wann hat deine Faszination und Liebe für Haie begonnen?

Meine Eltern haben meinem Bruder und mir von klein auf beigebracht, dass alle Tiere, groß und klein, respektiert werden müssen. Sie haben mir nie beigebracht, etwas zu fürchten, sondern vielmehr es zu respektieren und etwas darüber zu lernen, wenn wir unsicher waren. Es stört mich, wenn Leute fragen, ob ich Angst vor Haien habe, worauf normalerweise eine Diskussion über „Jaws“ folgt. Die Interaktion mit einem wilden Tier ist mit Risiken verbunden, aber mit der Entscheidung dafür kommen Erfahrung, Wissen und natürlich auch die Kenntnis, was zu tun ist, wenn etwas passiert.

Oben Auf Augenhöhe mit

einem Tigerhai.

Links Liz Parkinson.

Unten Hai-Gewusel: Liz

mit Tigerhai, Karibischen Riffhaien und Ammenhai.

Als kleines Kind verbrachten wir unsere Sommer in Irland und besuchten meine Großeltern. Mein Großvater war Geologe und verbrachte einen Großteil seines Lebens mit Abenteuern und der Erforschung der Welt. Auf einer Expedition in Grönland fand er hoch oben auf einem Gletscher einen versteinerten Megalodon-Zahn. Er benutzte ihn als Briefbeschwerer in seinem Büro. Wenn wir ihn besuchten, erinnere ich mich, dass er ihn mir immer zeigte. Ich konnte nicht glauben, dass etwas so große Zähne hatte. Seine Geschichten brachten mich zum Staunen. Also schätze ich, es war kein vorbeischwimmender Hai oder ein Dokumentarfilm von David Attenborough, der mein Interesse geweckt hat, sondern eher ein glücklicher Zufall, der zu einem Briefbeschwerer wurde.

Wie fühlst du dich, wenn du mit Haien freitauchst? Falls du schon mal in einem Raum mit einer berühmten Person warst – einem Schauspieler, Politiker oder Schriftsteller –, weißt du wahrscheinlich, wie sie die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Sie haben eine Präsenz. Ähnlich ist es, mit Haien im Wasser zu sein. Sie haben eine elegante Art, allen die Show zu stehlen.

Zwischen Tauchen und Freitauchen mit Haien gibt es einen Unterschied. Bei angehaltenem Atem ist man kühner und ehrwürdiger. Ohne die Blasen und lauten Geräusche ist man für die Haie noch interessanter. Von Natur aus neugierig, ist es nicht ungewöhnlich, dass ein Hai näher schwimmt. Die Erfahrung, neben einem viereinhalb Meter großen Tigerhai in zwölf Meter tiefem Wasser zu sein, ist etwas ganz Besonderes. Sie bewegen sich scheinbar langsam, aber ihre Anmut und unvergleichliche Art, durchs Wasser zu gleiten, ist einfach nur perfekt. In Momenten wie diesen lernst du, wie unbedeutend du wirklich bist. Du befindest dich in einer Welt, in der du nicht mehr das Sagen hast, und bist dankbar, dass dieses majestätische Geschöpf dir erlaubt, ihm so nahe zu sein. Es ist demütigend und wunderbar zugleich.

Haie spielen eine so wichtige Rolle im Meeresökosystem und du bist eine große Verfechterin ihres Schutzes.

Wie genau machst du das? Es gibt viele unglaubliche Menschen da draußen, die für Haie und das Ökosystem, das sie umgibt, arbeiten und sich dafür einsetzen. Es ist inspirierend zu sehen, was Einzelpersonen tun und getan haben, um den Schutz der Haie zu fördern.

Ich hatte das Glück, auf den Bahamas bei Stuart Cove’s Dive Bahamas zu arbeiten. Das Unternehmen beteiligte sich an Regierungsplänen, Gesetze zum Schutz der Haie auf den Bahamas zu verabschieden. Dies führte zur Zusammenarbeit mit anderen Regierungen und gemeinnützigen Organisationen, deren Hauptziel es war, Gesetze zum Schutz von Haien durchzusetzen und den Verkauf und Kauf von Haiprodukten zu stoppen.

Shark Angels, eine gemeinnützige Organisation mit Sitz in New York City, bat mich schon früh in meiner Karriere, mich ihrer Sache anzuschließen. Der Fokus auf die Erziehung von Kindern und das „Umwandeln von Angst in Faszination und Leidenschaft in Handeln“ hat mir die Bandbreite gegeben, um unsere zukünftigen Generationen zu erreichen.

Haie und den Meeresschutz Menschen näher zu bringen, die normalerweise nichts mit dem Meer zu tun haben, ist ein wichtiger Aspekt. Jedes Jahr sponsert die PADI Aware Foundation Läufer sowohl beim Chicago- als auch beim New-York-City-Marathon. Unsere Läufer kommen aus der ganzen Welt, um an diesen legendären Rennen teilzunehmen. Eines der Themen, die wir teilen, ist, dass man nicht am Meer leben muss, um dem Meer zu helfen, und in einigen Jahren bestanden unsere Teams hauptsächlich aus Nichttauchern, die keine Ahnung hatten, wie schwer es unsere Meeresumwelt wirklich hat.

Welche Tipps würdest du als erfolgreiche Meeres- und Haischützerin der jüngeren Generation und Menschen im Allgemeinen geben, die sich für den Meeresschutz enga-

gieren möchten? Im Naturschutz zu arbeiten und Geld zu sammeln, ist harte Arbeit. Es gibt so viele wohltätige Zwecke und Wohltätigkeitsorganisationen da draußen. Mein Rat ist also, wähle das aus, wofür dein Herz am höchsten schlägt und setze dich dafür voll ein. Ich liebe den Ozean, ich erkenne seinen Wert und die Wichtigkeit, ihn zu erhalten, nicht nur für unser Wohlergehen, sondern auch für unseren Planeten. Lass dich nicht entmutigen, auch wenn es sich anfühlen sollte, als würdest du zwei Schritte vorwärts- und drei Schritte zurückgehen. Selbst wenn deine Bemühungen nur ein oder zwei Personen an Bord bringen, ist das unglaublich. Naturschutzarbeit geschieht nicht über Nacht. Es braucht jahrelange Teamarbeit und konsequente Anstrengungen, um etwas zu bewirken.

Die Rettung unserer Ozeane und der Meeresumwelt ist ein großes Thema. Nutze deine Talente, sei es Schreiben, Fotografieren, Kunst, Politik, Organisieren von Veranstaltungen, Wissenschaft und so weiter, um einen Unterschied zu machen. Langfristig hilft alles.

Links Freitauchend kommt

man Haien viel näher.

Rechts Freitaucherin Liz

mit einem Seabob am Wrack „Ray of Hope“.

Unten Als Scuba-Taucherin

ist Liz mit einem Unterwasserscooter unterwegs.

FOTO // MANUELA KIRSCHNER

FOTO // MANUELA KIRSCHNER

Oben Ziemlich

cool: Liz Parkinson unter einem Tigerhai.

Unten Liz steht

entspannt auf 20 Meter Tiefe am Wrack „Ray of Hope“, Bahamas.

Was war bisher dein tollstes Taucherlebnis? Dies ist eine schwere Frage. Es gab so viele Tauchgänge, so viele atemberaubende Momente: Schwimmen mit einem über sieben Meter großen Pottwalbaby in Dominica, Great Whites in Südafrika aus dem Wasser brechen sehen und im Sand liegend einem Oktopus zusehen, wie er in Hawaii eine Burg aus Muscheln baut. Aber ganz besonders erinnere ich mich an einen Moment zurück von einem Nachttauchgang auf den Bahamas. Wir filmten nachts eine Haifütterung für eine TV-Show und ich trug die Köderbox (Anm. der Redaktion: darin sind Stücke von

FOTO // MANUELA KIRSCHNER toten Fischen zum Anlocken der Haie), während Karibische Riffhaie um mich herumschwammen. Es waren etwa 30 Tiere, also hatte ich natürlich alle Hände voll zu tun. Der Kameramann hatte das Licht dabei, damit er mich filmen konnte und auch damit ich in der Dunkelheit sehen konnte. Plötzlich gab es ein technisches Problem mit der Kamera und er musste zurück an die Oberfläche. Dies ließ mich im Dunkeln auf dem Boden mit 30 Haien zurück, die eifrig versuchten, an den toten Fisch zu kommen, den ich in der Kiste hatte. Diejenigen unter euch, die schon einmal bei einem Nachttauchgang waren, wissen, dass sich die Augen mit der Zeit an die Dunkelheit gewöhnen. Also setzte ich mich auf die Kiste und wartete. Die Haie waren relativ ruhig und ich dachte, was könnte schon passieren, wenn ich ihnen ein paar Fischstücke hinwerfe, um zu sehen, was passiert. Die Haie fingen an, in schnellen, aufregenden Bewegungen hin- und herzuschwimmen. Aber das Beeindruckendste war, dass um sie herum Spuren von Biolumineszenz waren. Ich stand in einer grün funkelnden Welt, die mich an den Disney-Film „Fantasia“ erinnerte. Ich konnte die Haie sehen, die sich um mich herum bewegten, nur durch die Biolumineszenz, die leuchtete. Es war magisch und bemerkenswert und verschwand so schnell, wie es begonnen hatte, als die Kamera und die Lichter wieder ins Wasser eintauchten.

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