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STARTUP-SZENE 2018 Der große Jahresrückblick
DIGITAL REVOLUTION
NEW MOBILITY Wie wir uns morgen fortbewegen
FASHIONTECH Mehr als nur smarte Textilien
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DIE MACHT DER DATEN Wie dem IoT-Unternehmen Relayr der 300 Millionen Exit gelang
EDITORIAL
Ein rasantes Jahr Liebe Leserin, lieber Leser, für unseren Verlag NKF Media ist der November der ereignisreichste Monat des Jahres. Zum einen sind wir noch ganz aufgewühlt von unserer großartigen Digital-Konferenz NKF Summit Vol.4, die soeben mit 50 Speakern und knapp 650 Teilnehmern über die Bühne gegangen ist. Ein erfolgreicher Brückenschlag zwischen Startups und etablierten Unternehmen. Zum anderen ist soeben die elfte Edition unseres Coffeetable-Books „The Hundert” erschienen. Eine großartige Ausgabe, in der wir erstmals die innovativsten jungen Startups des Jahres 2018 aus ganz Deutschland vorstellen. Ohnehin war 2018 ein rasantes Jahr mit vielen herausragenden Ereignissen in der Start up-Szene. Grund genug für einen großen Jahresrückblick, bei dem wir einige dieser Momente nochmal einfangen.
Ganz besonders freuen wir uns, die Cover-Story der letzten Ausgabe des Jahres einem der innovativsten Start ups aus Deutschland widmen zu können. Das Technologieunternehmen Relayr aus Berlin hat einen der größten Exits der deutschen Startup-Szene hingelegt. Ein beeindruckender Durchmarsch und ein leuchtendes Vorbild für deutsche Startups in 2019. Wir sehen uns im nächsten Jahr an gleicher Stelle. Mit den besten Wünschen Ihr / Euer Jan Thomas
Vielen Dank! OHNE DIE UNTERSTÜTZUNG UNSERER SPONSOREN WÄRE DIESES MAGAZIN NICHT REALISIERBAR. DAFÜR GANZ HERZLICHEN DANK AN:
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70–77 Relayr „Josef hat uns den Weg gezeigt“ Seit Josef Brunner 2014 als neuer CEO bei Relayr einstieg, hat sich das Berliner IoT-Unternehmen von einem Startup zu einem der innovatisten Player auf dem Markt entwickelt. Ein Gespräch mit den Gründern Jackson Bond, Paul Hopton und natürlich auch dem neuen Chef des Unternehmens.
114–122 Accelerator
124–132 FashionTech
Erfolgsgeheimnis der Startup-Industrie?
So inspiriert Tech die Looks der Zukunft
Im Interview diskutiert Jörg Rheinboldt, Managing Director bei APX, den Erfolgskurs des Axel Springer Accelerator-Programms. Außerdem stellen wir 22 weitere spannende Accelerator vor.
Blinkende LEDs und 3D-Prints sind nur der Anfang. Fashiontech wird in Zukunft fast alle unsere Lebensbereiche verändern. Chancen für smarte Textilien gibt es etwa auch im Hinblick auf die Industry 4.0.
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100–112 Mobility Neue Wege Roller, Urmo oder Flugtaxi: Wie kommen wir in Zukunft von A nach B? Unsere Wege, aber vor allem auch unsere Transportmittel werden sich verändern. Aber wie und wohin? Dem gehen wir in unserem Mobility-Special nach und stellen unter anderem die wichtigsten Initiativen der deutschen Autoindustrie vor. Kann der Wandel vom Autobauer hin zum Mobilitätsanbieter funktionieren?
Fotos: Johannes Räbel, Dominik Tryba/APX, Patrick Debrosses,, Claudia Rocha, Seabubbles,
INHALT
64–66 Lars Klingbeil Politische Debatte „Wir schauen nicht weit genug in die digitale Zukunft.“ SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil spricht im Interview darüber, warum Digitalisierung nicht nur ein Thema für Berlin-Mitte ist.
Editorial 3 Contributors 8-9 Momente 10-16 Gadgets 18-22 Das war 2018 24-29 Jahresrückblick in Kooperation mit Venture Daily Startup Basics 32-36 Alles eine Sache der Organisation 40-46 Neues aus der C-Level-Ebene Testimonials 48-53 Stars für Startups NKF Summit 54-59 Erfolg durch Wandel Project Together 60-61 Diplomaten für positiven Wandel Masifunde 62-62 Schirmherrin Brigitte Zypries im Interview The Hundert 78-81 Thomas Eichhorn über die aktuelle Ausgabe Fairphone 84-86 Fairness zum Zusammenbauen Finanzen 88-91 Steuertipps für Gründer Process-Mining 92-98 Celonis-Gründer Alex Rinke im Interview Schwerpunkt Erfolg 136-142 Sieben Schritte für den Weg nach oben Human Resources144-145 Tipps von Wunderflats Digitale Nomaden 148-150 Geschäftsmodell Freiheit Coworking International 152-155 Medien 157–159 Impressum 162
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CONTRIBUTORS
Contributors Ein großer Dank gilt den folgenden Gastautoren, die uns bei der Erstellung von Berlin Valley 32 unterstützt haben: Christian Tönies
Christoph Räthke gilt als einer der Motoren der Berliner Startup-Szene. Nach fast 20 Jahren als Gründer, Investor, Autor, Berater und Mentor hat er festgestellt, dass Acceleratoren nicht immer das beste Erfolgsmodell sind. Seite 142.
Nach einer Mitarbeiterbeteiligung wird auch in Deutschland immer häufiger gefragt. Wie sich dabei steuerliche Nachteile vermeiden lassen, erläutert Christian Tönies, Partner bei der international tätigen deutschen Wirtschafts- und Steuerkanzlei Pöllath + Partners auf Seite 91.
Fotos: privat, Wunderflats, The Official Board, Jenna Dallwitz
Christoph Räthke
UND SONST NOCH? Unser weiterer Dank für ihre Mitarbeit und Unterstützung im Rahmen dieser Ausgabe gilt:
Yannick Müller Innerhalb von vier Jahren ist Wunderflats auf 85 Team-Mitglieder angewachsen. Nur vier Vollzeit-Mitarbeiter verließen das Team. Ein Erfolg, den Yannick Müller, Head of HR, vor allem der Firmenkultur zuschreibt. Seine Tipps lest ihr auf Seite 144.
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Klaus Isländer, Jan Jürgens, Farhad Khalil, Catherine Bischoff, Martin Rücker, Jeri Doris, Sachar Klein, Taledo-Bürohund Willi, Henner Mamane, Sebastian Stricker, Carsten Maschmeyer, Lisa Ihde, Natascha Hoffner und Conrad Fritzsch, Frank Höfler, Sabina Jeschke, Daniel Wiegand, Ardo Reinsalu, Johannes Ungar und Jaime Rodríguez de Santiago.
CONTRIBUTORS
Fabian Krüger Fabian Krüger ist Rechtsanwalt und Startup-Steuerexperte bei Raue LLP. Seine Spezialgebiete sind nationales und internationales Steuerrecht sowie Venture-Capital-Beratung: insbesondere Early Stage bis Series A. Seine Steuertipps teil er auf Seite 88.
Stefan Schultes-Schnitzlein Eines seiner Spezialgebiete sind deutsche Unternehmen mit US-Bezug sowie Finanzierungsrunden und M&A von Startups. Seine Erfahrungen zum Thema Flip und andere Steuertipps teilt der Rechtsanwalt, Steuerberater und Partner bei Orrick auf Seite 89.
Peter Jungblut Peter Jungblut war 20 Jahre lang erfolgreicher Unternehmer und Inhaber einer Werbeagentur. 2013 musste er Insolvenz anmelden und hat sich nach Suizidversuchen in psychiatrische Betreuung begeben. Über den Erfolg und seine Nebenwirkung berichtet er auf Seite 142.
Fotos: LOREM IPSUM
Thomas Lot Thomas Lot war mehr als 20 Jahre lang im Management großer Firmen tätig, bevor er sich mit The Official Board auf die Auswertung von Organisationsstrukturen konzentrierte. Wie sich das auf die aktuelle Besetzung von C-Level-Positionen auswirkt, erläutert er auf Seite 42.
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Foto: zhangjin_net / Shutterstock
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Wenn das Shoppen beginnt Gleich fällt der Startschuss für das größte jährliche Shoppingevent der Welt. Denn am 11.11., dem Tag der Einsen, ist Singles Day in China. Der Verkaufsriese Alibaba hat sehr erfolgreich eine Art Black Friday daraus gemacht. Zum zehnten Jubiläum in diesem Jahr bricht Alibaba mit einem Umsatz in Höhe von 30,8 Milliarden US-Dollar seine eigenen Rekorde – 27 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Im Vergleich dazu: Während des gesamten Black-FridayWochenendes in den USA kommt nur etwa die Hälfte dieses Umsatzes zusammen.
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Foto: NASA
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Eis im Rechteck Einen fast perfekt rechteckigen Eisberg hat die NASA bei einem Forschungsflug in der Antarktis entdeckt. Vermutlich sei erst kürzlich ein Stück des Eisberges abgebrochen, sagt Kelly Brunt, Glaziologin bei der NASA. Das würde erklären, weshalb der Eisberg noch so flach und die Kanten noch nicht abgerundet seien. Experten schätzen die Größe des Eisbergs auf etwa 1,6 Quadratkilometer.
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Der Roboter Sophia zieht die Neugier dieser Schüler bei einer Konferenz in der Ukraine auf sich. An diesem Tag unterzeichneten die Entwickler von Sophia, Hanson Robotics, ein Abkommen mit der ukrainischen Staats-Agentur für E-Governance. Künftig wolle man im Bereich KI und Robotik zusammenarbeiten. Diese Nachricht ging durch Sophias Anwesenheit jedoch fast unter.
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Foto: paparazzza / Shutterstock
Der Stargast
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Pillen per Drohne
Foto: Wingcopter
Medikamente, die per Drohne kommen – dieses Pilotprojekt des Startups Wingcopter und der DHL ist nun erfolgreich beendet. Sechs Monate lang brachte die Drohne in Tansania Medikamente auf eine entlegene Insel und flog mit Blutproben zurück zum Festland. Unterstützt wurde das Projekt von der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). Das Besondere an der Drohne sind ihre vier Schwenkrotoren, die sich bei voller Flughöhe nur um 90 Grad drehen.
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Mehr Zeit fürs Leben: NOMOS Glashütte hat für Ärzte ohne Grenzen Sondermodelle gebaut. Sie können mit diesen limitierten Klassikern beim Helfen helfen – 100 Euro einer jeden Uhr gehen an Menschen in Not. Mehr: nomos-glashuette.com
GADGETS
Alles eine Frage der Technik Ein Leben ohne Gadgets – kaum vorstellbar. Wir zeigen die begehrtesten Fundstücke der Redaktion.
Gekommen, um zu bleiben Bis 2020 will Spacelife Origin menschliches Erbgut als Absicherung gegen Umweltkatastrophen, Kriege und andere apokalyptische Szenarien in den Weltraum schießen. Ark Core soll männliche, weibliche und bereits befruchtete Zellen enthalten und über Jahrzehnte sicher in knapp 500 Kilometern Höhe kreisen. Langfristig plant das niederländische Startup die Embryonalentwicklung sowie die menschliche Geburt im Weltraum. spacelifeorigin.com 18
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Fotos: Lexar, Palm, Spacelife Origin, Vector Global
Zusammengestellt von Justus Zenker
GADGETS
Hochspannend Von null auf 100 in 2,7 Sekunden, 270 Kilometer Reichweite und bis zu 240 Kilometer pro Stunde schnell: Anfang November hat die britische Firma Arc auf der Motorradmesse EICMA mit Vector neue Maßstäbe gesetzt. Spannend ist aber nicht nur der elektrische Antrieb des etwa 100.000 Euro teuren Fahrzeugs, sondern auch das Zubehör. Statt klassischem Dashboard am Lenker ist im Helm ein Heads-up-Display integriert. Die „Haptic Body Armor“-Jacke warnt mit Vibrationen vor Gefahren auf der Straße. Inmotion, der Ventura-Capital-Arm von Jaguar Land Rover, ist bereits investiert. ourroadis.com
Comeback
Sicherer Tipp Die vom Smartphone bekannte Fingerabdruck-Sperre nutzt Lexar für die Verschlüsselung von Daten auf einem USB-Stick nach Industriestandard 256-Bit AES. Bis zu zehn Finger lassen sich auf dem F35 mit bis zu 256 Gigabyte hinterlegen. Voraussetzung ist ein Windows Rechner. Die Entschlüsselung geht dagegen unabhängig vom Betriebssystem. Preis: ab circa 33 US-Dollar. lexar.com
Als Mini-Smartphone kehrt die Kultmarke Palm im Portfolio des chinesischen Herstellers TCL zurück. Der Rückkehrer überrascht mit einem nur 3,3 Zoll großen Display. Dahinter treibt ein Qualcomm-435-Prozessor mit drei Gigabyte RAM das Android System an. Außerdem an Bord: 32 Gigabyte Speicher, zwei Kameras, Gesichtserkennung und Gestensteuerung. Erhältlich bei Vodafone mit einer Multi-SIM-Karte. palm.com
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GADGETS
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Babbelfisch Sprachbarrieren in Echtzeit überwinden? Das jedenfalls verspricht das New Yorker Startup Waverly Labs mit dem drahtlosen Kopfhörer-Set Pilot. Im Tandem mit der App Pilot Speech Translator sollen Nutzer 15 Sprachen und 42 Dialekte verstehen. Die Spracherkennung funktioniert in zwei Modi: Als Zuhörer übersetzt der Kopfhörer automatisch das gesprochene Wort in der direkten Umgebung. Für eine direkte Unterhaltung teilen sich zwei Gesprächsteilnehmer ein Kopfhörer-Paar, um sich so in ihrer jeweils eigenen Sprache zu unterhalten. Alternativ verbinden sich bis zu fünf Pilot-Nutzer direkt über die App für eine Unterhaltung. Fünf Millionen Dollar hat das Startup in zwei Crowdfunding-Runden eingesammelt. Preis: circa 199 US-Dollar. waverlylabs.com
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Steuererklärung Bei diesen Gadgets ist die Tastatur Nebensache. Vor 45 Jahren entwickelte Xerox die erste Workstation mit einer Computermaus. Seitdem hat sich das Eingabegerät ständig weiterentwickelt. Den letzten Stand zeigt beispielsweise Swiftpoint mit der ergonomischen Propoint (Abb. 2, circa 189 US-Dollar, swiftpoint.com). Die Mini-Maus sorgt dafür, dass die Hand natürlich wie beim Schreiben seitlich auf dem Tisch liegt. Ein integriertes Gyroskop verwandelt die Maus bei Präsentationen in einen Markierstift oder Laserpointer. Rund 800.000 Dollar hat Touchjet (Abb. 3, circa 299 US-Dollar, touchjet.com) zur Entwicklung einer interaktiven Präsentationslösung über Crowdfunding eingesammelt. Das Set, bestehend aus einer SetTop-Box („Wave“) und einem Eingabestift („Lily“), verwandelt jeden Fernseher oder Monitor in ein bis zu 65 Zoll großes Android Tablet. Vom Fernseher zur Fernbedienung: Über Kickstarter wollten die Hersteller der Photoshop- und Lightroom-Steuerung Tourbox (Abb. 1, circa 150 US-Dollar, kickstarter.com) gut 8.000 Euro haben, bekommen haben Sie fast 140.000. Sieben Steuerelemente ermöglichen durch Drücken und Drehen die filigrane Steuerung von Funktionen wie Pinselstärke, Größe oder Deckkraft. Tourbox ist für die Verwendung neben einem Grafiktablett oder einer Maus konzipiert.
Fotos: Swiftpoint, Tour Tech, Touchjet, Waverly Labs,
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GADGETS
Geht immer „Dafür hab ich nicht die richtigen Schuhe an!“ lässt das Startup Tropic aus Barcelona als Ausrede nicht mehr gelten. 2,1 Millionen Euro haben die Gründer für Tropicfeel in diesem Sommer eingesammelt. Der Schuh verbindet die Dämpfung von Wanderschuhen mit dem Tragekomfort eines Sportschuhs. Eine spezielle Beschichtung wirkt der Geruchsbildung entgegen. Andererseits lassen sich die Schuhe einfach bei 30 Grad in die Waschmaschine waschen. Preis: circa 120 Euro. tropicfeel.com
Die Uhr. Mehr als 250 Millionen Dollar hat Mobvoi in mehreren Runden von Investoren wie Google, Sequioa Capital eingesammelt. 2017 stieg auch Volkswagen bei dem auf künstliche Intelligenz spezialisierten chinesischen Unternehmen ein. Mit der TicWatch C2 hat das Startup jetzt seine Smartwatch mit Googles Wear OS neu aufgelegt, das sich sowohl mit Android- als auch iOS-Smartphones versteht. Im Edelstahlgehäuse der in zwei Größen erhältlichen Uhr werkelt ein Qualcomm Snapdragon Wear 2100 Prozessor. Das Display hat eine Größe von 1,3 Zoll mit 360 mal 360 Bildpunkten. Der 400 Milliampere starke Akku soll bis zu zwei Tagen halten. Für kontaktlose Zahlungen ist NFC mit an Bord. Erhältlich in Schwarz, Silber und Roségold. Preis: circa 199 Euro. mobvoi.com
Der „kleinste Gepäckträger der Welt“ transportiert kleinere Gegenstände wie Brötchentüte, Lunchbox oder Pullover direkt am Lenker. Das Gummiband hält mit Kletthalterungen und ist ideal für Rennräder, Single Speeds, Mountainbikes oder Fahrräder mit Kindersitz. Die Idee kam dem Münchener Carl Heinze beim Radeln durch den Englischen Garten auf einem Fahrrad ohne Gepäckträger mit Zeitschrift und Tischtennisschläger in der Hand. Rund 20.000 Euro kamen bei Kickstarter zusammen. Preis: circa 19 Euro. carryyygum.com
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Fotos: Carryyygum, Mobvoi, Tropic Team,
Voll spannend
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JAHRESRÜCKBLICK
DAS WAR 2018
Gemeinsam mit unserem Kooperationspartner Venture Daily haben wir eine Auswahl der Themen des vergangenen Jahres für euch zusammengestellt.* *Redaktionsschluss: November 2018.
2018 griffen viele nicht nur nach den Sternen, sondern hoben teils wortwörtlich gleich ab in den Weltraum. Erinnert ihr euch an diese sechs Durchstarter?
1. Elon Musks setzte mit dem erfolgreichen Raketenstart der Falcon Heavy, die einen Tesla Roadster im Laderaum transportierte, auch in Sachen Marketingbudget neue Maßstäbe. 2./3. .Mit AboutYou und Celonis stiegen gleich zwei deutsche Unternehmen zum Unicorn auf. 4. Hochfliegende Pläne haben Nokia, Vodafone Germany und Audi, die 2019 gemeinsam mit dem Berliner Startup
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PTScientists eine SpaceX-Rakete auf den Mond schießen wollen. Diese soll die Technologie für ein Mobilfunknetz ins All tragen. 5. Im April ging Spotify an die Börse. Mit einem Erstkurs von 165,90 US-Dollar lag der Preis pro Aktie rund 25 Prozent über dem angekündigten Referenzpreis. 6. Rocket Internet verzeichnete bereits im ersten Geschäftsquartal ein Gewinn von 75 Millionen Euro und schaffte es damit erstmals in die schwarzen Zahlen. 7. Erfolgszahlen schrieb auch die weltweit größte Krypto-Handelsbörse Coinbase, die 2018 eine Milliarde US-Dollar umsetzte.
Fotos: iStock, Alexas_Fotos/Pixabay,crashbangfoto/Pixabay
ERFOLGE
JAHRESRÜCKBLICK
CAMBRIDGE ANALYTICA SKANDAL Im März kommt es ans Licht: Cambridge Analytica, Beraterfirma in Trumps Wahlkampf, hat illegal rund 50 Millionen US-amerikanische Facebook-Accounts ausgespäht. Facebook soll rund zwei Jahre lang von dem Leak gewusst, aber nichts unternommen haben. Im April geht man sogar von mehr als 87 Millionen Konten aus. Gründer Mark Zuckerberg sagt noch im selben Monat vor dem US-Kongress aus und wird im Juni auch von den EU-Parlamentariern in Brüssel angehört. Beide Male bleiben viele Fragen unbeantwortet. Cambridge Analytica und die britische Dachgesellschaft SCL Elections stellen im Mai Anträge auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Der Betrieb wird mit sofortiger Wirkung eingestellt.
2. Trotz Investitionen in Höhe von 40 Millionen musste das Berliner Umzugs-Startup Move24 überraschend Ende Februar eine vorläufige Insolvenz anmelden. Wettbewerber Movinga schlug zu und kaufte Teile des Unternehmens. 3. Auch keine Rettung gab es für DaWanda. Nach zwölf Jahren ging die Berliner DIY-Plattform im August offline. Und das obwohl im Frühjahr der Sprung in die schwarzen Zahlen bekanntgegeben worden war. Community-Mitglieder wechselten zu Etsy.
GESCHEITERT
4. Die geplante Rettung des insolventen Interior-Design-Startups 99chairs scheiterte am Abend vor der Vertragsunterzeichnung. Einer der Neuinvestoren sagte kurzfristig ab. Das Unternehmen wurde liquidiert, einziges Überbleibsel ist ein gleichnamiger Blog.
Die Leihradleichen in vielen deutschen Städten waren 2018 das Symbol für so einige gescheiterte Geschäftsmodelle, hier sechs prominente Beispiele:
5. Das Berliner Tierfutter-Startup Pets Deli meldet im Juni Insolvenz an.
1. Nach dem Aus von Obike hatten viele Städte erstmals mit den Radleichen zu kämpfen. Der Bikesharing-Anbieter aus Singapur hatte sich zuvor schon durch Datenlecks und Qualitätsmängel unbeliebt gemacht.
6. Aus auch für Wimdu: Erst im Februar 2018 wurde der Ferienunterkunftsvermittler von Platinum Equity übernommen, nun wird das Startup liquidiert und sämtliche 110 Mitarbeiter entlassen.
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JAHRESRÜCKBLICK
AUSGEGOOGELT Klar, die G-Suite nutzen viele. Dennoch wurden die Proteste gegen den Suchmaschinen-Giganten 2018 immer lauter - selbst aus den eigenen Reihen. Nach den Protesten im Herbst wird es doch keinen Google-Campus in Berlin Kreuzberg geben. Mehr als 3.000 Google-Mitarbeiter fordern CEO Sundar Pichai im April auf, die Zusammenarbeit mit dem Verteidigungsministerium im Rahmen des „Project Maven” zu beenden. Sie fordern ein klares Bekenntnis zu einer Firmenpolitik, die keine Kriegstechnologie herstellt. Googles Pläne für Dragonfly, eine zensierte Suchmaschine in China, werden im September bekannt. Es handle sich aber lediglich um ein Forschungsprojekt, so Google nach Protesten.
ENTLASSUNGEN Diese drei Entlassungsfälle sind symbolisch für die Herausforderungen, denen sich unsere Gesellschaft in den nächsten Jahren stellen muss. 1. Zalando entlässt 250 Mitarbeiter aus der Marketingabteilung. Ihre Tätigkeit soll künftig durch Algorithmen ausgeführt werden. 2. Nach einem tödlichen Unfall in Arizona Anfang des Jahres überdenkt Uber die Gesamtstrategie zur autonomen Fahrzeugtechnologie. 100 Safety Driver, die bisher die Fahrten von autonomen Uber-Fahrzeugen zu Sicherheitszwecken begleitet haben, wurden entlassen.
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in Millionen Euro, * Investitionssumme wurde von US-Dollar in Euro umgerechnet und gerundet
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Juni: Giga-Investment in China
Monoqi (Interior, Juni)
Stocard* (Fintech, Juni)
Tier Mobility (Mobility, Oktober)
Coya* (Insurtech, Juni)
Clark* (Insurtech, April)
Ava* (Femtech, Juni)
Relayr (IoT, Februar)
Tado* (Cleantech, Oktober)
SolarisBank (Fintech, März)
Design Offices (Coworking, Juni)
GoEuro* (Mobility, Juni)
Sonnen (Cleantech, Juni)
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Relayr (IoT,September)
250
Auto1 (Mobility, Januar)
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N26* (Banking, März)
500
Deposit Solutions* (Fintech, August)
INVESTITIONEN IN DEUTSCHLAND
Mit 12 Milliarden Euro hat die Ant Financial Service Group* (Fintech) die weltweit größte bestätitgte einzelne Fundraising-Runde abgeschlossen.
Das große RelayrInterview mit CEO Josef Brunner, sowie den beiden Gründer Jackson Bond und Paul Hopton: Seite 70.
Fotos: NASA, Uber, Fuck off Google
3. Auch Theranos, das Bluttest-Startup von Selfmade-Milliardärin Elizabeth Holmes, muss einen Großteil seiner Mitarbeiter entlassen. Gründerin Holmes war wegen massiven Betrugs angeklagt worden.
JAHRESRÜCKBLICK
PEOPLE Stellvertretend für all die Menschen, die wir in diesem Jahr bewundert, die uns Mut zugesprochen oder auch richtig wütend gemacht haben, haben wir acht Namen ausgewählt, die 2018 mehrfach in den Schlagzeilen waren. 1. Am 14. März 2018 trauert die Welt um den britische Astrophysiker Stephen Hawking, der in seinem Haus in Cambridge starb. 2. Angesichts der die Medien bestimmenden Bilder und Berichte von Kindern, die an der mexikanischen Grenze von ihren Eltern getrennt werden, beziehen im Juni eine Reihe von Tech-CEOs klare Position gegen die „Null-Toleranz-Politik” von US-Präsident Donald Trump. 3. Im August muss Elon Musk aus dem Aufsichtsrat von
Tesla zurücktreten. Er hatte angekündigt, das Unternehmen von der Börse nehmen zu wollen. 4. Neue Gerüchte um den Erfinder der Bitcoin: Hat Nick Szabo den Bitcoin erfunden? 5. Auf dem Global Solutions Summit im Juni spricht sich Angela Merkel dafür, dass die Daten – der „Rohstoff der Zukunft” - besteuert werden sollen. 6. Der Berliner Gründer Christian Kroll spendet sein Unternehmen Ecosia der Allgemeinheit. 7. WeFugees-Gründerin Cornelia Röper erhält den ersten in Deutschland von Bill Gates verliehenen Global Goals Changemaker Award.
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JAHRESRÜCKBLICK
MOBILITY Wie werden wir uns in Zukunft fortbewegen? Dazu wurden im vergangenen Jahr zahlreiche Vorschläge gemacht. Von diesen zwölf solltet ihr auf alle Fälle mal gehört haben.
8. Uber möchte bis 2020 Flugtaxis in die Luft bringen. Theoretisch wäre das möglich, aber praktisch müssen Auswirkungen, wie etwa der entstehende Lärmpegel bedacht werden.
1. Flixbus startete bereits sein Bahn-Angebot.
9. Lilium erhält 90 Million Dollar in der Series B für sein elektrisches Flugtaxi und wird mit bei den Global Cleantech Awards als Early Stage Company des Jahres ausgezeichnet.
3. In den USA wollen Uber und Lyft ins E-Roller-Geschäft einsteigen. 4. Und der von Elon Musk geplante Loop-Tunnel in der Nähe des SpaceX-Hauptquartiers in Hawthorne soll am 10. Dezember eröffnet werden. 5. Geld gibt es auch für die Zukunfts-Branche: Target Global etwa legt einen 100 Millionen US-Dollar Fund für europäische und israelische Mobility-Startups auf. 6. Der amerikanisch-chinesische Tesla-Herausforderer Faraday Future erhält Investitionen in Höhe von zwei Milliarden US-Dollar. 7. Der Uber-Rivale Lyft sichert sich 600 Millionen US-Dollar.
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10. Das von mehreren BMW-Managern mitgegründete chinesisches E-Auto StartupFuture Mobility Corp (E-SUV Byton) erhält im Juni ein Investment in Höhe von 44 Millionen Euro. 11. Auch ethisch wirft die Mobilität der Zukunft einige Fragen auf: Im März wird im US-Bundesstaat Arizona eine Frau von einem selbstfahrenden Uber-Fahrzeug erfasst und tödlich verletzt. 12. Mehrmals gerät auch der halbautomatisierte Fahrassistent von Tesla in die Schlagzeilen, weil er mit parkenden Fahrzeugen kollidiert - im Juni mit einem Polizeifahrzeug.
Fotos: Bundesregierung/Steffen Kugler , Lilium
2. BMW und Mercedes planen einen Zusammenschluss in Sachen Car-Sharing.
JAHRESRÜCKBLICK
POLITIK Im Mai kam erstmals der von Staatsministerin Dorothee Bär einberufene Innovationsrat zusammen. Und im August tagte zum ersten Mal der Digitalrat. Geleitet wird das zehnköpfige Gremium der Bundesregierung von Katrin Suder. Schlagzeilen machten jedoch vor allem die kurzen Hosen von Ijad Madisch. Drei große Themenbereiche beherrschten 2018 die Beziehungen zwischen Politik, Wirtschaft und Startup-Szene. 1. Digitalisierung Deutschland Mit dem „Hammerbrooklyn.DigitalCampus” soll im Hamburger Stadtteil Hammerbrook ein neues Zukunftslabor entstehen. Siemens will seinen 600 Millionen Euro-Standort in Berlin statt in Singapur eröffnen. Von Seiten der Bundesregierung wird mit der „Agentur zur Förderung von Sprunginnovationen” für 2019 ein Fördertopf in Höhe von 10 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Damit sollen Digitalisierung und technologische Entwicklung in Deutschland vorangetrieben werden. Auf dem Global Solutions Summit im Juni spricht sich Angela Merkel dafür, dass die Daten – der „Rohstoff der Zukunft” - besteuert werden sollen.
2. Künstliche Intelligenz Bundeskanzlerin Merkel erklärte KI-Kompetenz zur Schlüsselfrage, damit die deutsche Wirtschaft international wettbewerbsfähig bleiben könne. Von der Bundesregierung werden die Eckpunkte für eine nationale KI-Strategie verabschiedet. Außerdem plant der Bund mit dem Bundeshaushalt 2019 in einem ersten Schritt 500 Millionen Euro zur Stärkung der KI-Strategie bereit zu stellen. Insgesamt sollen bis 2025 drei Milliarden Euro in KI-Förderprogramme investiert werden. Mit „Claire” wird ein Europäisches Bündnis für KI gestartet. Anliegen der 550 beteiligten Forscher: Europa zu einem Standort für Künstliche Intelligenz zu entwickeln, der mit Amerika und Asien mithalten kann. 3. Datenschutz und Urheberrecht Im Mai tritt die neue Datenschutzgrundverordnung in Kraft. Im Juni stellt das EU-Parlament die Weichen für ein neues Urheberrecht. Kritisiert werden vor allem das Leistungsschutzrecht und die sogenannten Upload-Filter. Im September stimmt das EU-Parlament einer Reform zu.
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SCALE OR DIE? Skalieren als Patentrezept? Auf der fünften #TechNight der HypoVereinsbank gewährten Startup-Experten Einblick in das Geheimnis eines gesunden Wachstums. Drei Sessions, sechs Experten, ein Thema: „scale or die“. Dabei ließen die Experten des Abends schnell erkennen, dass die Skalierung des Umsatzes allein nicht das Allheilmittel einer gesunden Unternehmensstrategie sein kann. Was nötig ist, um erfolgreich zu wachsen, diskutierten Erik F. Nielsen, Chefvolkswirt der UniCredit, Duncan McIntyre, SVP Corporate Finance und Head of Investor Relations von Delivery Hero SE, Finn Hänsel, CEO von Movinga, Michiel Kotting, Partner von Northzone, Sebastian Bielski, CFO von smava, sowie Michael Wax, COO und Co-Founder von FreightHub.
An der Basis: das Diktat des Markts Die Frage des „scale or die“ ist für Erik F. Nielsen mit Blick auf die Weltmärkte wichtiger denn je. Seine Prognose: Eine leichte Rezession könnte bevorstehen. Grund für die Annahme des Chefvolkswirts sind vielfältige politische Entwicklungen. Das Ergebnis aber wird laut Nielsen überall dasselbe sein und kann derzeit in den Vereinigten Staaten beobachtet werden: „Investoren interessieren sich zunehmend für größere Deals und die Spätphasenfinanzierung. Hier sehen wir wie nirgendwo sonst ‘you scale or you die’.“ Doch wie müssen Startups skalieren, um trotz aller Marktentwicklungen und politischen Entscheidungen langfristig ein gesundes Wachstum zu erreichen?
Vom Startup zum „Scaleup“ „Wachstum und Skalierung sind zwei grundverschiedene Dinge. Skalierung bedeutet nicht nur, dass Umsatzzahlen steigen, sondern dass jeder zu-
sätzliche Verkauf zur Ertragskraft des Unternehmens beiträgt“, erklärt Finn Hänsel. Michael Wax ergänzt: „Neben dem Umsatz sind es die Versandmengen, aber auch Faktoren wie der Net Promoter Score, die relevante Indikatoren für unseren langfristigen Erfolg darstellen.“ Die Experten scheinen sich einig, dass das Geheimnis des Erfolgs in der Skalierung einzelner Prozesse liegt, um das Unternehmen letztlich ganzheitlich zu stärken. Eines ist den Diskutanten dabei klar: ökonomische Aspekte – ja. Skalierung als Allheilmittel eines erfolgreichen Geschäftsmodells – nein. Denn ein „gesunder Umsatz“ ist laut Hänsel mehr als ein auf Marketingtricks kurzfristig geschaffener schneller Anstieg von Zahlen. Auch Sebastian Bielski sieht Skalierung als Teil eines größeren Wachstumsprozesses: „Wenn du dein Unternehmen aus Schwierigkeiten heraushalten willst, dann solltest du nach dem Motto ‚nail it before you scale it' arbeiten. Dein Unternehmen – dein Marketing, deine IT – muss funktionieren. Skaliere zunächst qualitativ, um darauf aufbauend quantitativ zu skalieren“, rät Bielski.
Das große Ganze Ein weiterer Grundsatz des Abends: Erfolg erfordert Transparenz. „Die Mitarbeiter schätzen es, wenn die Zahlen mit ihnen geteilt werden. Sie fühlen sich als Teil des großen Ganzen“, erklärt Hänsel. Ein großes Ganzes, das nicht zuletzt durch Investoren gestützt wird. Um erfolgreich zu agieren und zu skalieren, müssen diese dieselbe „DNA“ haben wie die Gründer. Erwartungen an Kapitaleinsatz, Umsatz und Gewinn müssen laut den Experten in-
und extern stimmig sein. „Meilensteine des Unternehmens, die das Risikoprofil verändern, sind hier relevant. Fragen danach, ob beispielsweise eine Internationalisierung angestrebt wird, neue Märkte in Angriff genommen werden oder die Kernmärkte profitabel sind, müssen gestellt werden“, weiß Michiel Kotting.
Auf dem Parkett: „Where the love happens” Ist die ganzheitliche Skalierung gelungen, blicken viele Startups voller Hoffnung auf die Königsdiszi plin des Wachstums: das große Parkett. Ein Startup, das den Börsengang erfolgreich gemeistert hat, ist Delivery Hero. „Auf unserem Weg zum IPO war das Verständnis für unser Geschäftsmodell durch das Tech Team der HypoVereinsbank sehr wichtig. Natürlich stand irgendwann die Frage im Raum, wann endlich der Schritt auf das Parkett stattfindet. Sie wollten wissen, ‚when does the love happen’“, lacht Duncan McIntyre. Für ihn steht fest, bei diesem Schritt geht es nicht mehr um „scale or die“, es geht darum, das Phänomen des „scale and die“ zu vermeiden. „Du musst sicherstellen, dass du Marktpräsenz zeigst, deine Kundenbasis kontinuierlich ausbaust und ununterbrochen Kapital beschaffst“, verrät McIntyre. Skalieren geht also doch als Kern des Wachstums, man muss nur wissen, wie: auf allen Ebenen des Unternehmens. Michiel Kotting bringt es letztlich auf den Punkt: „What measures gets done but if you only measure top line you are going to ruin your company.“ Weitere Infos zur #TechNight Berlin: hvb.de/tech
ANZEIGE 1 | „Scale or die“, Panel der fünften #TechNight Berlin 2 | Er kennt den Markt genau: Erik F. Nielsen, Chefvolkswirt der UniCredit 3 | Aus einem anderen Blickwinkel betrachtet: Erfolg durch ganzheitliche Skalierung 4 | Das Tech Team der HypoVereinsbank
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5 | Jörg Frischholz, Head of Unternehmer Bank Region East der HypoVereinsbank, begrüßt die Gäste. 6 | Expertenaustausch im Arena Glashaus Berlin 7 | Der Fireside Chat: Olivier Khayat, Co-Head Corporate & Investment Banking der UniCredit (links), mit Duncan McIntyre, SVP Corporate Finance und Head of Investor Relations von Delivery Hero SE
Fotos: Michael Fahrig
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Gute Ideen sind selten – man muss sie vor Copycats schützen. Wir erklären, wie. Von Justus Zenker
Einer der bekanntesten Fälle ist sicher der der Winklevoss-Zwillinge: Die Brüder Cameron und Tyler warfen ihrem früheren Kommilitonen Mark Zuckerberg vor, die Idee zu Facebook von ihnen geklaut zu haben, und klagten gegen ihn. In einem Vergleich mit Zuckerberg wurden den Zwillingen 65 Millionen Dollar zugesprochen. Teure und langwierige Rechtsstreitigkeiten über die Frage „Wer hat´s erfunden?“ sind keine Seltenheit. Seit Jahren führen Apple und Samsung erbitterte juristische Auseinandersetzungen über Patentrechte. Amazon, Microsoft und praktisch alle anderen Technologiekonzerne sind davon ebenso betroffen. „Die Nachahmung ist nicht nur viel häufiger als die Innovation, sondern tatsächlich auch ein viel weiter verbreiteter Weg zu geschäftlichem Wachstum und Erfolg“, konstatierte der Harvard-Ökonom Theodore Levitt bereits 1966. Darum gehen viele Unternehmer diesen Weg und verfolgen Ideen, die bereits „erprobt“ sind. Rocket Internet ist anfangs vor allem deswegen er-
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folgreich gewesen, weil es gute Ideen kopiert und oft besser umgesetzt hat als seine Urheber. Doch wie kann man als junger Gründer verhindern, dass die eigene Geschäftsidee geklaut wird? Wie schützt man sie? Die schlechte Nachricht ist: „Ideen als solche schützt die deutsche Rechtsordnung nicht“, sagt Rechtsanwalt Marcel Breite. „Hierzulande herrscht freier Wettbewerb und auch freier Ideentausch. Wenn ich auf einem Pitch eine tolle Idee höre, kann ich diese für eigene Zwecke nutzen, ohne zu fragen.“ Da die Idee als solche also nicht geschützt werden kann, müsse man andere Vorkehrungen treffen, um sich vor Ideenklau zu schützen, sagt Breite, der für die Berliner Kanzlei JBB Rechtsanwälte arbeitet. JBB betreut Mandanten – darunter auch Startups – im Bereich des Marken- und Wettbewerbsrechts, des Urheberund Medienrechts sowie des IT- und Datenschutzrechts. Erst wenn die Idee in eine bestimmte Form übergeht und einen gewissen kreativen Gehalt hat, kann man da-
Fotos: iStock.com/ Nils Jacobi, Marcel Breite/JBB Rechtsanwälte
Der Moment des Risikos
STARTUP-BASICS raus bestimmte Rechte herleiten. Schutzrechte, die dann infrage kommen, sind zum Beispiel das Urheberrecht, das Patentrecht sowie das Gebrauchsmuster-, Design- oder Markenrecht. Auch aus dem Wettbewerbsrecht lassen sich gewisse Ansprüche herleiten.
Als Werk ist die Idee geschützt Das Urheberrecht kommt ins Spiel, wenn ein Gründer seine Idee in Form eines Konzeptes oder Businessplanes niederlegt. Wenn das Konzept ausreichend ausgearbeitet ist, kann unter Umständen daraus ein schutzfähiges Werk entstehen. Wenn nun jemand aus diesem Business plan etwas abschreibt, kann der Urheber dies verbieten. Allerdings ist das Urheberrecht kein Registerrecht, das heißt, die Urheberschaft wird nirgendwo eingetragen. Wenn Dritte die Idee aus einem Businessplan für sich nutzen, muss der Urheber im Streitfall darlegen und beweisen, dass das ursprünglich seine Idee war und er diese auch fixiert hat. „Dies kann beispielsweise dadurch erreicht werden, indem man den Businessplan bei einem Notar hinterlegt“, erklärt Rechtsanwalt Breite. Bevor ein Gründer also auf Wettbewerben oder Pitches für seine Idee wirbt, sollte er sicherstellen, dass er nachweisen kann, dass es seine Idee war. In der Anfangsphase haben Gründer viel zu tun. Was sie in der Regel nicht haben, ist viel Geld und ein großes Team, um die vielen Aufgaben zu verteilen. Dennoch rät der Anwalt, sich so früh wie möglich rechtlich abzusichern. „Jeder Businessplan sollte eine Risikoanalyse enthalten“, sagt Breite. „Wenn ich mich gut aufstellen will, beobachte ich den Markt und finde heraus, ob an der Idee rechtliche Risiken haften. Das gilt vor allem bei innovativen Ideen.“ Die rechtliche Risikoanalyse kostet zwar Geld, doch die Expertise eines Profis, der die Marktverhältnisse und auch die Risiken kennt, sei in der Vorbereitungsphase, wo so viele Dinge gleichzeitig auf einen Gründer einprasseln, besonders wichtig. „Es gehört zu einem der klassischen Fehler in der Gründungsphase, sich mit dem Thema nicht auseinanderzusetzen“, hat Breite beobachtet. Er rät Gründern, beim Anwalt zunächst eine Erstberatung zu vereinbaren. Dort kann man dann festlegen, was überhaupt Gegenstand der juristischen Prüfung sein und wie sie vergütet werden soll. Möglich ist es, Stundensätze oder auch eine Pauschale zu vereinbaren.
Die Marke eintragen lassen Typische Schutzrechte sind Patente, Gebrauchsmuster, Marken und Designs. Anders als beim Urheberrecht können diese Rechte in Registern eingetragen werden, wobei das Patentrecht erst mit der Veröffentlichung der Patent erteilung im Patentblatt entsteht. Die Eintragung erfolgt beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA). Es ist das größte nationale Patent- und Markenamt in Europa und das fünftgrößte Patentamt weltweit. Darüber hinaus ist es inzwischen gang und gäbe, eine Marke auch als EU-Marke (Unionsmarke) oder in den USA und China anzumelden. Bevor man also als Gründer auf die Bühne tritt und neben seiner Idee zum Beispiel auch die ersten Logos oder seine Marke zeigt, tut man gut daran zu prüfen, ob es die Marke eventuell schon gibt, damit man nicht selbst des Ideenklaus bezichtigt wird. Wenn das nicht der Fall ist, sollte man die Marke eintragen und schützen lassen. Der richtige Zeitpunkt dafür ist, bevor man mit seiner
„Jeder Businessplan sollte eine Risikoanalyse enthalten“ Marcel Breite, Rechtsanwalt JBB Rechtsanwälte
Idee auf Tour geht. Über die Gebühren und Bearbeitungszeiten informiert das DPMA auf seiner Website. „Das Markenamt stellt gute Informationen zur Verfügung, sodass man zunächst auch ohne anwaltlichen Rat in Eigenrecherche herausfinden kann, ob eine identische Marke am Markt existiert“, sagt Breite. Das Gleiche gilt für das Design eines Produktes. Wichtig zu wissen ist, dass eine Anmeldung beim Markenamt nicht bedeutet, dass die Marke tatsächlich zuvor noch nicht eingetragen wurde. Das prüft das Amt nämlich nicht. Es setzt vielmehr voraus, dass der Anmelder selbst prüft, ob die geplante Marke ältere Rechte Dritter verletzt. Rechtsanwalt Breite empfiehlt, nach der ersten Eigenrecherche auch dafür Profis einzuschalten. Markenagenturen sind auf dieses Thema spezialisiert. „Es kann wirklich sehr, sehr teuer werden, wenn man blauäugig eine Marke verwendet, ohne zu prüfen, ob dadurch bestehende Markenrechte verletzt werden“, warnt Breite. Bei einer Verletzung von Markenrechten kann der Markeninhaber Lizenzschadenersatz fordern. Gründer sollten bedenken, dass Markeninhaber oft Kanzleien beauftragen, um ihre Markenrechte weltweit zu überwachen und gegebenenfalls gegen Markenverletzer vorzugehen.
Patente sind zeit- und kostenintensiv Soweit Produkte eine technische Neuerung darstellen sowie auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind, können und sollten sie vor einer Präsentation in der Öffentlichkeit angemeldet werden, rät Breite. Sowohl die Anmeldung von Patenten als auch deren Aufrechterhaltung sind allerdings kostspielig. Auch hier gibt es spezialisierte Anwälte, die da-
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STARTUP-BASICS rauf schauen, ob es sich tatsächlich um eine technische Erfindung handelt. Um ein Patent anmelden zu können, muss der Gegenstand nicht nur eine technisch neue Wirkung, sondern auch einen wirtschaftlichen Wert entfalten. Das DPMA lässt nur solche Erfindungen zum Patent zu, die auch einen Mehrwert für die deutsche Industrie haben, und das wird ausführlich geprüft. Das bedeutet: Für eine Patent anmeldung müssen sehr viele formale Voraussetzungen erfüllt werden. „Dafür sollten in der Gründungsphase ausreichend zeitliche und finanzielle Ressourcen bereitgestellt werden“, sagt Breite. Er hält den Aufwand aber für absolut sinnvoll, da man auch einen Mehrwert davon hat. „Wenn man mit einer innovativen technischen Erfindung anfällig für Copycats ist, wäre es waghalsig, diese Erfindung vor Publikum zu präsentieren, bevor man sie patentiert hat“, sagt Breite. In einem Gespräch mit einem Patentanwalt könne man sehr schnell feststellen, ob die Idee so innovativ ist wie gedacht – oder auch nicht.
Es muss nicht immer ein Patent sein Doch auch eine Patentanmeldung hat Risiken, wie Michael Münnix, Partner bei Target Partners, meint. Der Münchner VC investiert in B2B-Technologieunternehmen. „Wir bei Target Partners achten darauf, dass junge Gründer ihre Ideen schützen“, sagt Münnix. Es bleibe aber abzuwägen, in welcher Form. „Denn ja, Patente sind sinnvoll und in manchen Bereichen, etwa Hardware-Startups, auch sehr wichtig“, sagt er. „Der Vorteil ist: Patente bieten Schutz. Der Nachteil ist: Einmal veröffentlicht, kann das der Konkurrenz Einblicke in die eigene Technologie geben.“ Auch dieses Risiko muss ein Gründer einkalkulieren. Neben dem Patentrecht gibt es noch das Gebrauchsmusterrecht, das auch als das „kleine Patentrecht” be-
zeichnet wird. Es gibt dem Inhaber die gleichen Rechte wie ein Patent. Allerdings ist im Gegensatz zum Patent die maximale Gültigkeitsdauer auf zehn Jahre ab dem Tag der Anmeldung beschränkt. Ein weiterer Unterschied ist, dass sich keine technischen Verfahren schützen lassen.
Sonderfall Software-Patente Patente auf Software sind übrigens ein Sonderfall. Anders als in den USA kann Software in Europa nicht so einfach patentiert werden. Dass es so ist, ist zwar umstritten, doch bis jetzt gilt: „Das Patentgesetz schließt (…) Programme für Datenverarbeitungsanlagen ,als solche‘ explizit vom Patentschutz aus“, schreibt das DPMA. Dort heißt es weiter: „Für eine computerimplementierte Erfindung kann also dann ein Patent erteilt werden, wenn sie eine abstrakt formulierte Lösung des zugrunde liegenden technischen Problems mit technischen Mitteln angibt, welche neu ist und auf erfinderischer Tätigkeit beruht.“ Klingt kompliziert, ist es offenbar auch. Aktuell sind nur etwa zehn Prozent der beim DPMA eingereichten Patent anmeldungen softwarebezogene Erfindungen. Deswegen ist Software jedoch nicht ohne Schutz: Auch wenn eine Software nicht patentiert ist, so kann sie dennoch ein urheberrechtlich geschütztes Werk sein. Neben den Schutzrechten gibt es natürlich weitere Vorkehrungen, die getroffen werden können, um zu verhindern, dass Ideen und Geschäftsgeheimnisse geklaut werden. Das fängt schon beim Aufbau des Teams und der Gestaltung der Arbeitsverträge an. „Die Risiken können auch in den eigenen Reihen lauern“, sagt Breite. „Wenn jemand im Team das Potenzial einer Idee sieht und sie selbst verwerten will.“ Daher rät der Anwalt, in die Verträge unbedingt eine Geheimhaltungsverpflichtung und ein Wettbewerbsverbot aufzunehmen. Seit 2016 gilt in der EU die Geheimnisschutzrichtlinie, die der deutsche
Patente
Gebrauchsmuster
Marken
eingetragene Designs
Topografien
schützen...
technische Erfindungen
technische Erfindungen (außer Verfahren)
die Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens
Farb- und Formgebung von nahezu allen industriell oder handwerklich herstellbaren Erzeugnissen
dreidimensionale Strukturen mikroelektronischer Halbleitererzeugnisse
Erfordernisse für den Schutz
- neu - erfinderische Tätigkeit - gewerblich anwendbar - ausführbar
- neu - erfinderischer Schritt - gewerblich anwendbar - ausführbar
- grafisch darstellbar - nicht nur reine Beschreibung der Dienstleistung oder Ware - Unterscheidungskraft
- Neuheit und Eigenart
- Eigenart (keine bloße Nachbildung einer anderen Topografie)
Schutz beginnt...
mit der Veröffentlichung der Erteilung im Patentblatt
mit der Eintragung in das Register
mit dem Anmeldeag, der mit der Eintragung der Marke in das Register zuerkannt wird
mit der Eintragung in das Register
abhängig davon, ob die Topografie bereits geschäftlich verwendet wurde (siehe § 5 Halbleiterschutzgesetz)
maximale Laufzeit
20 Jahre
10 Jahre
unbegrenzt verlängerbar (alle 10 Jahre)
25 Jahre
10 Jahre
Quelle: Deutsches Patent- und Markenamt
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Foto: Target Partners
Gewerbliche Schutzrechte kurz erklärt
STARTUP-BASICS Gesetzgeber noch in nationales Recht umsetzen muss. Diese Richtlinie soll für Geschäftsgeheimnisse einen europaweit einheitlichen Mindestschutz bieten. Neu ist darin vor allem, dass Unternehmen zukünftig konkrete Maßnahmen ergreifen müssen, um überhaupt Geheimnisschutz erlangen zu können. Solche technischen und organisatorischen Maßnahmen können sein: Zugangs- und Zugriffskontrollen sowie die Verschlüsselung geheim zu haltender Informationen beim Datenaustausch. Im Streitfall müssen Startups nachweisen, welche Schutzmaßnahmen sie ergriffen haben, um bei einer Verletzung ihres Geschäftsgeheimnisses Ansprüche geltend machen zu können. „Man kann seine Idee nicht grundsätzlich gegen alles schützen“, sagt Breite. „Aber natürlich kann man versuchen, organisatorische Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen, die sich nicht nur in den Schutzrechten widerspiegeln.“
Ein NDA für den VC? Nicht nur die eigenen Leute, sondern auch Gesprächsund Geschäftspartner kann man zur Geheimhaltung verpflichten, indem man mit ihnen eine entsprechende Vereinbarung, ein Non-Disclosure Agreement (NDA), abschließt. Theoretisch ist das auch möglich, bevor man seine Idee zum Beispiel bei einem Wettbewerb vor Publikum pitcht. „Die Möglichkeit besteht natürlich, das ist in Deutschland aber eher unüblich“, sagt Breite. In den USA sei es dagegen gang und gäbe, vor Pitches zu allen
„Bei Target Partners achten wir darauf, dass junge Gründer ihre Ideen schützen“ Michael Münnix, Partner bei Target Partners
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STARTUP-BASICS möglichen Punkten Geheimhaltungsverpflichtungen abzuschließen. „Das bedeutet aber nicht, dass man es hierzulande nicht zur Sprache bringen sollte“, meint Breite. Auch für die Organisatoren sei der Wunsch nach Geheimhaltung ein Hinweis, dass eine Idee einen enormen wirtschaftlichen Wert hat und zumindest für die Veranstaltung geschützt werden sollte. „Das weckt auch eher die Neugier beim Gesprächspartner, als wenn man frei von der Leber weg über seine Idee spricht.“ Breite hält es für eine strategische Frage, die Verhandlungssache sei. Dabei hänge es davon ab, wer der Organisator des Pitches ist und wer die Teilnehmer. Eine Situation, in der Gründer regelmäßig die Hosen runterlassen, sind Investorengespräche. Hier werden regelmäßig sensible Informationen preisgegeben. Anders kommt man mit einem VC nicht ins Geschäft. „Gründer sollten unbedingt ihre Ideen nicht blind streuen“, warnt Michael Münnix von Target Partners. Sein Rat: „Einfach den VC direkt ansprechen, der relevante Sektorexpertise und eine gute Referenz hat.“ Seiner Meinung nach müssen Gründer aber nicht befürchten, dass ein VC eine Idee abgelehnt, diese aber dann an ein anderes Startup im Portfolio weitergibt. „Es ist ein absolutes Tabu, wenn etwas durchsickert“, sagt Münnix. „Und das habe ich bislang auch nicht erlebt, auch nicht bei anderen VCs. Dennoch würde ich nicht gerade den VC wählen, der in einen direkten Konkurrenten investiert ist.“ Er ist überzeugt: „Das ganze Ökosystem beruht auf Vertrauen und natürlich gibt es NDAs, falls gewünscht. Unsere Erfahrung zeigt, dass nur etwa fünf Prozent der Gründer danach fragen.“
Ungleiche Machtverhältnisse Anders sieht es bei Konzernen aus, die mit Startups zusammenarbeiten wollen – und dann einfach die Ideen klauen. Im Netz gibt es jedenfalls eine Reihe von Berichten, wonach sich Handelskonzerne Produkte von Startups präsentieren ließen, sie ablehnten und dann in Eigenregie auf den Markt brachten. „Man muss sich be-
wusst sein, dass es immer ein Moment des Risikos ist, wenn man sein neues Produkt präsentiert“, sagt Breite. Dennoch müsse man natürlich nicht zwangsläufig damit rechnen, dass einmal vorgetragene Ideen vom Gegenüber rechtswidrig selbst genutzt würden, ohne sich eine Erlaubnis zu holen. Als Startup ist man jedoch kaum in der Position, vor jeder Unternehmenspräsentation ein NDA unterschreiben zu lassen. „Für den Moment ist es rein strategisch oder verhandlungstaktisch nicht klug, in eine Präsentation mit einem Corporate hineinzugehen und erst einmal einen Vertrag vorzulegen“, sagt Breite.
Man kann sich wehren Wenn man Patent oder Marke angemeldet hat, steht man bei einem Ideenklau jedenfalls nicht vollständig hilflos da. Ist man mit dem eigenen Produkt bereits am Markt und kopiert ein Konkurrent dieses Produkt, so greift auch das Wettbewerbsrecht (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, UWG). Man kann sich gegen die unlautere Handlung wehren. Dazu muss zuerst der Nachahmer über die Rechtsverletzung in Kenntnis gesetzt werden. Er wird abgemahnt und zur Unterlassung aufgefordert, eventuell kann auch Schadenersatz geltend gemacht werden. Das Ganze kann bis zu einem gerichtlichen Verfahren gehen. Da hilft es natürlich, wenn man nachweisen kann, dass das Produkt tatsächlich eine eigene Entwicklung ist. Man steht immer besser da, wenn man sich mit der Problematik beschäftigt und Vorkehrungen getroffen hat. Ganz verhindern kann man es nicht, dass gute Ideen Copycats anziehen. „Es ist in jedem Fall wichtig, sich des Risikos bewusst zu sein und dafür ein Gespür zu entwickeln“, findet Breite. Das Risiko des Ideenklaus könne man nicht auf null setzen, es sei immer da. Man könne Vorkehrungen treffen, aber eine Risikominimierung auf null gebe es nicht. „Eine Startup-Gründung ist natürlich risikobehaftet“, sagt Breite. „Die Risiken schwingen immer mit, man muss sie einkalkulieren.“
Buchtipps
Recht des geistigen Eigentums widmet sich wissenschaftlich fundiert den Grundlagen des gewerblichen Rechtsschutzes, des Urheber rechts und des Wettbewerbsrechts. Die neue Auflage berücksichtigt die aktuelle Rechtsprechung. utb, 692 Seiten, 39,99 Euro
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Der kreative Entrepreneur: In dieser empi rischen Multimethoden-Studie geht der erfahrene Gründungsberater und Autor Christian Horneber der Frage nach, welche Rolle Kreativität für den Erfolg einer Gründung spielt. Springer Gabler, 337 Seiten, 69,99 Euro
Copycats: Kreative Prozesse sind teuer und langwierig, echte Innovationen sehr selten. Oded Shenkar beweist, dass auch „me too“ sehr erfolgreich sein kann. Ein provokantes Plädoyer dafür, das Rad nicht immer neu zu erfinden. Redline, 200 Seiten, 24,99 Euro
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Berlin – Deutschlands Startup Hauptstadt
VERSICHERUNG NEU DENKEN Wie gehen Versicherungen mit der Konkurrenz durch Startups um? Wir befragten das Team des insurHUBs. Was ist das insurHUB? Und welche Ziele verfolgt es? Sylvie: Das insurHUB ist ein Innovationslabor für die Versicherungsindustrie. Wir wollen „Versicherung neu denken“, das heißt, wir entwickeln innovative Geschäftsmodelle. Dabei nehmen wir konsequent die Perspektive des Kunden ein. Das gerät leider immer wieder in Vergessenheit und muss geändert werden. Gerhard: Um diese Veränderung in der Branche in den Zeiten der Digitalisierung zu unterstützen, verfolgen wir drei wesentliche Ziele. Zunächst vermitteln wir den Teilnehmern neue agile Arbeitsmethoden und positionieren sie damit als Multiplikatoren in ihren Teilnehmerhäusern. So können sie den kulturellen Wandel unterstützen. Weiter zeigen wir den Teilnehmern, wie sich neue Technologien für neue Geschäftsmodelle gewinnbringend einsetzen lassen. Und nicht zuletzt wollen wir vorführen, wie Startups arbeiten, und uns mit diesen vernetzen.
Fast jedes Unternehmen hat sein Innovationslabor. Wo seid ihr anders? Lucas: Anders als unternehmenseigene Innovationsteams verfolgen wir einen offenen Ansatz. Im Jahr 2018 waren beispielsweise vier Versicherungsunternehmen und ein Versicherungsmakler als Teilnehmerhäuser bei uns organisiert. Von jedem teilnehmenden Unternehmen wurden Mitarbeiter ausgewählt und für neun Monate nach Berlin entsendet. Es entsteht ein eigenes Team, das unternehmensübergreifend zusammenarbeitet. Das ist einmalig auf dem deutschen Markt. Sylvie: Initiiert wurde das insurHUB gemeinsam von der Unternehmensberatung EY Innovalue, SAP und der V.E.R.S. Leipzig, einem Spin-off der Universität Leipzig. Dadurch haben wir ein breites Netzwerk und können bei Bedarf schnell Fachberater aus Bereichen wie Geschäftsstrategie, Technologie und Wissenschaft hinzuholen.
ANZEIGE Welchen Hintergrund haben die Leute in eurem Team? Gerhard: Das ist sehr unterschiedlich. Im vergangenen Jahr hatten wir eher Mitarbeiter aus Vertrieb und Produktentwicklung bei uns, in diesem Jahr sind es auch einige Softwareentwickler. Es gibt hierzu aber keine Vorgaben. Wir freuen uns, wenn wir möglichst vielfältige Fähigkeiten im Team haben. Einzige Voraussetzung ist Neugier und Offenheit, sich auf neue Methoden und Arbeitsweisen einzulassen. Es gilt jedoch, je diverser das Team, desto besser. Lucas: Hinzu kommen sogenannte „Gastsprinter“, also weitere Mitarbeiter aus den teilnehmenden Unternehmen, die uns für die Dauer eines Sprints begleiten. Ein Sprint dauert drei Wochen, startet mit einer bestimmten Themenstellung und endet mit dem Pitch einer neu entwickelten Idee. Dieses Jahr waren dadurch insgesamt 60 Mitarbeiter bei uns und konnten den bei uns herrschenden Spirit in ihr Unternehmen nehmen. Und warum sitzt ihr in Berlin? Ronja: Berlin ist die Startup-Hauptstadt Deutschlands. Auch wenn in vielen anderen Regionen ebenfalls innovative und junge Unternehmen ansiedeln, ist Berlin einfach das Epizentrum. Nirgendwo sonst hat man die Möglichkeit, so schnell mit anderen jungen Unternehmen in Kontakt zu kommen. Gemeinsam besuchen wir Veranstaltungen und bekommen Anregungen für unsere Arbeit. Diese Vernetzung ist auch ein expliziter Auftrag unseres „Steering Committees“. Was hat es mit diesem Steering Committee auf sich? Lucas: Im Steering Committee sitzen die Entscheidungsträger aus den teilnehmenden Unternehmen. In der Regel sind dies Mitglieder des Vorstands, die uns ungefähr alle sechs Wochen in Berlin besuchen. Das ist ein bißchen wie bei der TV-Show „Höhle der Löwen“. In Form von Pitches stellen wir unsere Ideen vor, und die Mitglieder des Steering Committees entscheiden, welche Ideen weiterentwickelt werden sollen, und erteilen spezifische Arbeitsaufträge.
Fotos: shutterstock, insurHUB
Und was ist eure Rolle? Sylvie: Wir agieren als Coaches und begleiten die Mitarbeiter aus den Versicherungshäusern durch den Prozess der Ideenentwicklung. Ich habe beispielsweise Design Thinking studiert; diese Methode nutzen wir sehr intensiv zur Entwicklung neuer Ideen. Lucas hat viel Erfahrung bei der Zusammenarbeit mit Startups und weiß, wie man eine Idee schnell testet und skaliert. Da es meistens auf digitale Lösungen hinausläuft, hilft uns Gerhard mit Know-how in innovativen Technologien wie Cloud-Anwendungen oder Machine Learning. Und Ronja hat bereits umfangreiche Erfahrungen mit Innovationen im Bereich Finanzdienstleistungen. Ronja: Wir ergänzen uns ziemlich gut. Neben der inhaltlichen und methodischen Begleitung der Teams kümmern wir uns auch um alle anderen operativen Themen, die anfallen. Von der Anmietung von Büroflächen bis zur Eventorganisation ist alles dabei. Das ist ein großer Kontrast zur gewohnten Beratungstätigkeit bei EY, ist aber unglaublich spannend und vielseitig. Du erwähnst EY – welche Ziele verfolgt ihr denn jeweils mit dem insurHUB? Ronja: Wir bei EY wollen unseren Klienten eine Vielzahl an Leistungen aus einer Hand anbieten. In der Versicherungsindustrie besteht eine große Nachfrage nach modernen, digitalen Lösungen. Durch das insurHUB haben wir die Möglichkeit, Versicherungshäuser schon bei der Ideenentwicklung zu begleiten. Häu-
fig spielen in diesem Geschäft auch Themen wie Datenschutz und Regulatorik eine Rolle. Da können wir sofort passende Fachkollegen hinzuholen. EY Innovalue wiederum hat mit dem Fokus auf Strategie umfangreiches Branchenwissen und kann stets die neuesten Trends in die Arbeit einbringen. Gerhard: SAP wird meist mit klassischen Softwarelösungen zur Unternehmenssteuerung in Verbindung gebracht, etwa für Finanzbuchhaltung und Controlling. SAP versteht sich aber mittlerweile als Plattformanbieter für neue Technologien und möchte hier zeigen, welche Möglichkeiten deren Einsatz bietet. Darüber hinaus unterstützen wir mit unseren Kollegen die schnelle Entwicklung von Prototypen in agilen Methoden wie Design Thinking und Rapid Prototyping. Hierbei kommen unter anderem UX-Designer und Kollegen aus unseren Innovationszentren zum Einsatz. Sylvie: Wir von der V.E.R.S. bringen zum einen Know-how im Bereich Innovationen und Digitalisierung mit und haben zum anderen als Spin-off des Instituts für Versicherungswissenschaften an der Universität Leipzig einen wissenschaftlichen Hintergrund. Das gilt natürlich für uns selbst; zudem laden wir auch regelmäßig Doktoranden und Studenten der Universität zu uns ein, die uns über aktuelle Forschungsprojekte auf dem Laufenden halten. Dadurch bekommen wir noch mal ganz neue Impulse und haben einen sehr guten Austausch hier in Berlin. Und wie geht es weiter mit dem insurHUB? Lucas: Für 2019 planen wir eine Fortsetzung dieser Aktivitäten. Da dies dann bereits der dritte Durchlauf ist, nennen wir es „insurHUB 3.0“. Neu ist, dass wir unseren Ansatz noch erweitern wollen. Neben Versicherungen möchten wir auch Unternehmen anderer Branchen integrieren. „Ökosysteme“ sind ein großer Trend und wir glauben, dass man nur durch Zusammenarbeit zwischen Industrien Lösungen entwickeln kann, die für Kunden wirklich Mehrwert bringen. Lucas Wirmer ist Manager bei EY Innovalue. Ronja Lamers ist Senior Consultant bei EY. Gerhard Loske ist Senior Business Consultant bei SAP. Sylvie Hauke ist Projektleiterin bei der V.E.R.S. Leipzig. insurhub.de Kontakt: Lucas.Wirmer@ey-innovalue.de
Das insurHUB Kernteam und einige Gastsprinter.
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Organisation ist alles Auch wenn viele Startups das Thema erst mal außen vor lassen: Gute Organisationsstrukturen sind die Basis eines erfolgreichen Unternehmens. Tipps von Gründern für Gründer. Von Josefine Köhn-Haskins
„Am Anfang waren wir fünf Leute auf 14 Quadratmetern“, erinnert sich Dennis Schmoltzi, Gründer der Bettzeit Gruppe aus Frankfurt. Neben ihm saßen sein Mitgründer Manuel Müller und drei Praktikanten. „Jeder hat alles gemacht und wusste, was zu tun war.“ Organisationsstrukturen existierten nicht. „Heute sind 50 Prozent meiner Aufgaben, mich mit Organisation zu beschäftigen“, sagt Dennis, dessen Unternehmen in fünf Jahren auf 185 Mitarbeiter angewachsen ist. Gerade bei neu entstehenden Organisationen – wie etwa Startups – sei es „typisch, sich anfangs nicht explizit mit dem Thema zu beschäftigen“, weiß Rudolf Lütke Schwienhorst, der sich
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49,0 %
als Vorstandsvorsitzender der Gesellschaft für Organisation e.V. und auch als Unternehmensberater seit 30 Jahren mit Prozessen, Strukturen und Kulturen in Unternehmen beschäftigt. Im Kontext von Startups habe er dies bereits in seiner Funktion als Business Angel erlebt. „Da saß eine Gruppe von fünf Gründern bei uns am Tisch. Irgendwann habe ich dann gefragt, wer eigentlich der Chef hier sei, und dann zeigten drei Leute gleichzeitig auf. Spätestens ab dem Punkt wissen wir, dass wir ein Organisationsthema haben“, erzählt er lachend. Wie teile ich die Verantwortungen auf? Während die Aufgabenbereiche innerhalb des Gründerteams noch relativ einfach je nach Talenten und Erfahrung verteilt werden können, ist die Frage danach, welche Verantwortungen man abgeben soll, schon schwieriger. Klar, als nicht technischer Gründer musste sich Gunnar Froh von Wunder Mobility einen technisch versierten Product Owner an Bord holen, danach
„Am Anfang wusste jeder alles, ohne dass wir koordinieren mussten“
Quelle: Deutscher Startup Monitor 2018.
Dennis Schmoltzi, Gründer der Bettzeit Gruppe
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kamen die verschiedenen Engineering-Positionen. Letztlich hänge diese Entscheidung, sagt Christoph Kruse, Gründer von Bookingkit, „vom jeweiligen Unternehmen ab“. Weil bereits direkt nach der Gründung ein Minimum Viable Product (MVP) vorhanden gewesen sei, sei bei Bookingkit der Aufbau eines Sales- und Vertriebs-Teams sehr wichtig gewesen. „Strategie und Shareholder-Kommunikation sollte allerdings unbedingt beim CEO bleiben”, meint Kruse. Michael Brehm, Gründer von i2x und Partner Redstone Digital, kann dies nur bestätigen. Nach
C-LEVEL fast einem Jahr auf dem Markt haben sich seine Aufgaben als Geschäftsführer stark verändert. „Ich spreche viel mit Investoren, potenziellen Kunden und kümmere mich um die strategische Ausrichtung des Unternehmens.“ Um sich dieser strategisch bedeutsamen Themen annehmen zu können, sei es wichtig, Verantwortung abzugeben – eine Fähigkeit, die jeder Gründer erst lernen müsse, meint er, jedoch dem Wachstum des Unternehmens sehr zugute komme. Warum ist eine Organisationsstruktur wichtig? Gunnar Froh, Gründer und CEO von Wunder Mobility, rät davon ab, am Anfang zu viele Chef-Titel zu vergeben. „Es geht um konkrete Aufgaben und Fähigkeiten. Entscheidungen über Titel und Strukturen sind am Anfang unnötig und führen später zu Friktion, wenn ein wachsendes Team die initiale Struktur wieder aufbricht”, erklärt der Gründer. Tatsächlich, so bestätigt Lütke Schwienhorst, haben „Organisationen etwas sehr Beständiges und sind die Bedingung dafür, dass Leute, die gemeinsam arbeiten, mehr schaffen als einer alleine“. Für Dennis Schmoltzi, Geschäftsführer der Bettzeit Gruppe, ist „die Diskussion über die Organisation deshalb sogar wichtiger als die Diskussion über das nächste Produkt, denn dieses kann eine gute Organisation dann aus sich heraus kreieren.“ Im Idealfall wird die „Firmenstruktur um das strategische Differenzierungsmerkmal aufgebaut“, erklärt i2x-Gründer Michael Brehm. „Das bedeutet, dass man Teams so aufstellt, dass diese die Alleinstellungsmerkmale schnell ausbauen und schützen, um einen Vorsprung gegenüber dem Wettbewerb zu erlangen. Im Fall von i2x ist es unsere Forschung an Spracherkennungssystemen.“ Wie baue ich die perfekte Struktur auf? Laut Schwienhorst lässt sich dies mit der Arbeit eines Architekten vergleichen. Dieser müsse auch erst verstanden haben, was in dem Haus passieren soll, bevor er etwas Sinnvolles bauen könne. „Genauso ist es bei den Gestaltern von Organisationen. Ich muss die Strategie und den Markt kennen, bevor ich entscheiden kann, welche Prozesse, Strukturen und Kulturen sinnvoll sind, um die Herausforderung zu bewältigen.“ Wunder Mobility holt sich dafür sogar regelmäßig Unterstützung von einem Coach, der bereits die Airbnb-Gründer beraten hat. „Je größer das Unternehmen wird, desto komplexer werden die Aufgaben“, weiß CEO Gunnar Froh. „Unser Coach kennt das Team und die Strukturen und kann potenzielle Probleme vorhersehen, sodass wir frühzeitig gemeinsam an neuen Lösungen arbeiten können.“ Bei der Bettzeit-Gruppe wurde das Thema Strukturen bei einer Größe von etwa 30 Mitarbeitern brisant. „Uns wurde klar, dass wir nun Meetings organisieren müssen“, erinnert sich Gründer Dennis Schmoltzi. „Über diesen Schritt, sich Gedanken dazu zu machen, wen ich mit einbeziehen muss, wurde mir klar, wie wichtig es ist, Zuständigkeiten gezielt zuzuteilen.“ Bei Delivery Hero war die von Anfang an angestrebte internationale Ausrichtung des Unternehmens die Basis für den Aufbau der Organisationsstruktur. „Wir sehen, dass sich die Essenskultur von Land zu Land stark unterscheidet, und konzentrieren uns daher darauf, unseren lokalen Führungsteams viel Autonomie zu geben“, erklärt Bodo von Braunmühl, Leiter der Unternehmenskommunikation.
Wie besetze ich die Positionen richtig? Ein Fehler, den man vor allem in der Anfangsphase vermeiden sollte, ist es, zuerst an die Personen und dann an die Aufgaben zu denken, sagt Lütke Schwienhorst. Besser sei es, ausgehend von den Prozessen und Strukturen, die richtige Person für die zu besetzende Stelle zu finden. Grundvoraussetzung dafür ist nach Meinung von Bettzeit-Gründer Schmoltzi, „nur diejenigen Leute einzustellen, denen du auch traust.” Deshalb würden für alle Festanstellungen drei Bewerbungsgespräche geführt, eines von einem Senior-Teammitglied, wie etwa dem
„Eine gute Organisation kann ein Produkt aus sich heraus kreieren“ Dennis Schmoltzi, Gründer der Bettzeit Gruppe
Gründer selbst. Dabei stehen nicht unbedingt fachspezifische Punkte im Vordergrund, sondern analytische und operative Fähigkeiten, Team- und Leadership-Fähigkeit sowie Entrepreneurship und natürlich die Firmenwerte. Für Wunder-Mobility-Gründer Froh geht es darum, „die Teams so aufzubauen, dass sie Herausforderungen selbst meistern können. Sie sind Experten auf ihrem Gebiet und meistern ihre Aufgaben besser, als ich sie ausführen könnte.“ Ihren eigenen Aufgabenbereich sehen beide Gründer heute darin, eine „Organisationsstruktur aufzubauen, innerhalb der das Team Exzellenz schaffen kann“, sagt Schmoltzi. Mobility-Gründer Froh fokussiert sich darauf, „Engpässe zu vermeiden und Probleme rechtzeitig zu antizipieren“, um im Vorfeld die richtigen Schritte einleiten zu können. Und bei Delivery Hero setzt man zudem „auf Vielfalt bei der Besetzung von Schlüsselpositionen“ bei i2x auf eine „Kombination zwischen Erfahrung der Experten und Kreativität der Einsteiger“. Wie bleibe ich trotz Wachstum agil? „Agilität ist etwas, woran man ständig arbeiten muss. Je mehr Mitarbeiter wir haben, desto mehr“, erklärt Dennis Schmoltzi von Bettzeit. So müssten etwa Senior-Level-Mitarbeiter dabei unterstützt werden, flache Hierarchien schätzen zu lernen. Außerdem setzt Schmoltzi weiter auf Teamleiter-Treffen, um Projekte in gemeinsamen Abstimmungsrunden ohne „E-Mail-Pingpong“ auf den Weg zu bringen. Für das Projekt werden interdisziplinäre Teams zusammengestellt, die für die Dauer des Projekts räumlich an einem Tisch zusammensitzen. Generell fordere Agilität eine andere Führungsform, erläutert Lütke Schwienhorst von der Gesellschaft für Organisation. Es gehe darum, einen Rahmen zu schaffen, „in dem Mitarbeiter auf der unteren Arbeitsebene eigenverantwortlich gestalten und entscheiden können. Ich kontrolliere im Tagesgeschäft also nicht mehr im Einzelnen, was die Mitarbeiter machen, sondern habe mehr damit zu tun, meinem Team Hindernisse aus dem Weg zu räumen“.
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C-LEVEL
Alles neu auf C-Level Eine Top-Führungsposition bedeutet Macht und Anerkennung. Welche Fähigkeiten dafür gebraucht werden, wandelt sich stetig. Ein Gastbeitrag von Thomas Lot
Jedes Jahr werden 20 Prozent der traditionellen Führungskräfte überflüssig Laut Harvard Research werden jedes Jahr etwa 20 Prozent der traditionellen Führungsqualitäten überflüssig. In der Regel erhält der CEO eines Unternehmens Direktberichte von acht sorgfältig ausgewählten C-Level-Managern. Die Titel dieser Führungskräfte sind kein Zufall, sondern dahingehend ausgewählt, welche Prioritäten das Unternehmen vermitteln möchte. Entstehen neue Führungspositionen, sind diese ein Indiz dafür, welche Fähigkeiten momentan hoch im Kurs stehen – und auf welche Bereiche Unternehmen setzen, um in Zukunft relevant zu bleiben. In den vergangenen Jahren haben sich, basierend auf den Beobachtungen von The Official Board, zwölf neue C-Level-Rollen etabliert. 1. Chief Data Officer Daten sind mittlerweile die Hauptinformationsquelle im Hinblick auf Kundenbeziehungen, Unternehmenseffizienz und Finanzoptimierung. Ausgehend von Unternehmensgiganten wie IBM, Google und Amazon etabliert sich diese neue Führungsrolle mittlerweile über alle Branchen hinweg. 53 Prozent der von uns identifizierten CDOs berichten direkt an den CEO. 2. Chief Revenue Officer In Fluggesellschaften, im Hotelbereich und auch in der Telekommunikation sind sie
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nicht mehr wegzudenken: CROs koppeln ihr Verständnis für das Marktumfeld mit Analysen und Algorithmen, um ihre Bestände durch Preismanagement in Echtzeit besser zu vermarkten und zu verkaufen. Ihr Erfolg wird an den Einnahmen und Gewinnen gemessen, die sie erzielen. Mittlerweile haben auch die Medien, die Konsumgüter- und Versorgungsbranche die Vorteile einer solchen Position für sich entdeckt. 54 Prozent der CROs berichten direkt an den CEO.
4. Chief Customer Success Vor allem in B2B-Softwareunternehmen anzutreffen, berät der CCS bereits bestehende Kunden dahingehend, wie sie die Produkteigenschaften besser nutzen können. Ihr Erfolg wird an ihrem Beitrag zum Umsatzwachstum und an der Vertragsverlängerung gemessen. 68 Prozent der von uns lokalisierten CCS berichten an den CEO. 5. Chief Digital Officer
3. Chief Growth Officer Wachstum ist wichtig. Deshalb ist der CGO dafür zuständig, bahnbrechende Produkte und Dienstleistungen zu fördern – immer mit der Mission, neue Verträge abzuschließen und neue Kunden zu gewinnen. Sein Erfolg wird an den Einnahmen und Vertragsabschlüssen gemessen. 76 Prozent der Chief Growth Officer berichten direkt an den CEO.
„Neue Führungspositionen sind ein Indiz dafür, auf welche Bereiche Unternehmen setzen, um in Zukunft relevant zu bleiben“
Innerhalb der letzten drei Jahre hat sich die Rolle des Chief Digital Officers zur am schnellsten wachsenden C-Level-Position in unseren Organigrammen entwickelt. In der Regel ist der CDO für die Entwicklung der Einnahmen aus digitalen Unternehmens-Kanälen verantwortlich. Er verwaltet die Präsenz des Unternehmens in den sozialen Netzwerken und unterstützt das gesamte Unternehmen dabei, neue digitale Potenziale zu erschließen und zu nutzen. 49 Prozent der CDOs, die wir identifiziert haben, berichten an den CEO. 6. Chief Innovation Officer Der CIO fördert die Innovations-Dynamik innerhalb des Unternehmens, um eine Positionierung vor den Mitbewerbern zu sichern. CIOs treiben wichtige Initiativen voran, coachen abteilungsinterne Innovationen und sind teils auch für die Partnerschaften mit Startups zuständig. 70 Prozent der von uns identifizierten CIOs berichten an den CEO. 7. Chief Transformation Officer Wenn sich die jeweiligen Märkte schnell verändern, müssen auch Unternehmen schnell reagieren. Die dafür notwendigen organisatorischen Veränderungen werden zunehmend vom CTO koordiniert. Er orchestriert
Übersetzung aus dem Englischen von Josefine Köhn-Haskins
Wenn neue Berufsbezeichnungen entstehen, ist das viel mehr als nur reine Semantik. Vor allem im C-Level-Bereich ist der Jobtitel gleichzeitig auch Ausdruck von Macht und beruflicher Anerkennung. Entstehen neue Positionen, deutet dies auf tief greifende Veränderungen in der Unternehmensstrategie hin.
Daten von 70.000 Unternehmen Für die Liste der aktuell zwölf heißesten C-Level-Titel hat The Official Board weltweit rund 70.000 Unternehmen mit einem Jahresumsatz von über 100 Millionen US-Dollar analysiert. Eingeflossen sind Titel, die seit Februar 2018 mehr als 500 Mal in verschiedenen Branchen auftauchten, im Februar 2015 jedoch noch kaum vorhanden waren. Obwohl auch künstliche Intelligenz häufig in Zusammenhang mit einer C-Level-Position in den Quartalsberichten erwähnt wurde, berichten nur wenige Dutzend dieser Führungskräfte direkt an den CEO und wurden daher nicht mit aufgenommen. theofficialboard.com
die Veränderung in der Geschäftsleitung. Sein Erfolg wird an den damit verbundenen Auswirkungen gemessen. 63 Prozent der von uns identifizierten CTOs berichten an den CEO. 8. Chief Venture Officer Um die Innovation zu beschleunigen, erwerben Unternehmen häufig vielversprechende Startups. CVOs arbeiten mit Risikokapitalfonds zusammen, um zu identifizieren, welche Technologien gefördert und in welche Startups investiert werden sollten. 66 Prozent der von uns identifizierten CVOs von Venture-Führungskräften berichten an den CEO. 9. Chief Regulation Officer Viele Branchen wie Banken, Gesundheitswesen, Transport oder Energie werden immer stärker reguliert. CROs stellen sicher, dass Unternehmen alle für die Branche zutreffenden Vorschriften einhalten und dass die Interessen ihres Unternehmens von den relevanten Aufsichtsbehörden wahrgenommen werden. 75 Prozent der von uns identifizierten CROs berichten an den CEO.
che im ständigen Wandel befindet, ist ein gutes und anpassungsfähiges Team das wichtigste Kapital eines Unternehmens. CTOs binden die Mitarbeiter eines Unternehmens langfristig durch durchdachte Vergütungsmodelle und Leistungen sowie Performance-Management und die entsprechende organisatorische Anpassung. Ihr Erfolg wird vor allem an der Effizienz von Mitarbeitern und Teams gemessen. 47 Prozent der von uns identifizierten VP-Talent-Führungskräfte berichten an den CEO.
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C-LEVEL
11. Chief Information Security Officer Das Hacking von Unternehmensdaten ist nicht nur ein Problem im Hinblick auf die Verletzung der Kundenprivatsphäre, sondern schadet auch dem Ruf des Unternehmens. CISOs sind dafür zuständig, mögliche Datenlecks zu minimieren, etwa durch den Einsatz von Technologien oder Mitarbeiterschulungen. In ihrem Aufgabenbereich liegen außerdem die Einhaltung der Datenschutzbestimmungen, Risiko-Audits und die Echtzeit-Prävention vor Hacking oder anderen bedrohlichen Cyber-Aktivitäten. 50 Prozent der CISOs berichten an den CEO. 12. Chief Culture Officer Der Chief Culture Officer ist für die Unternehmenskultur und -werte eines Unternehmens verantwortlich. Er kommuniziert diese nach außen, fördert sie innerhalb des Teams und greift korrigierend ein, wenn diese verletzt werden. 79 Prozent der CCOs berichten an den CEO.
Thomas Lot Thomas Lot war über 20 Jahre im Management großer Firmen tätig, bevor er The Official Board gründete. Seine Firma wertet die Organisationsstrukturen von derzeit 70.000 Firmen weltweit aus, die jährlich über 100 Millionen US-Dollar Umsatz machen. theofficialboard.com
10. Chief Talent Officer Wenn sich das Marktumfeld einer Bran-
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Das ist Chefsache Bei der Inflation von C-Level-Positionen ist es nicht leicht, den Überblick zu behalten. Deshalb haben wir bei den Chiefs nachgefragt. Zusammengestellt von Josefine Köhn-Haskins
Klaus Ifländer Chief Analytics Officer, Magnum Est Digital Health GmbH
Catherine Bischoff Chief Relationship Officer, Factory Berlin
Martin Rückert Chief Artificial Intelligence Officer, Market Logic Software In meiner täglichen Arbeit als CAIO bohre ich mich tief in die Probleme, die wir als Firma zu lösen versuchen, und lege diese dann neben die Fähigkeiten, die AI bietet. Dabei versuche ich nicht, die „Pferdekutsche schneller zu machen“, sondern eben völlig neue, strategische Perspektiven zu eröffnen. marketlogicsoftware.com
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Als CRO präsentiere ich das einzigartige Community-Modell der Factory. Dabei konzentriere ich mich darauf, Verbindungen und Co-Learning-Möglichkeiten zwischen den Mitgliedern der Factory zu schaffen – von Studenten, Kreativen und Technologen und Startups bis hin zu Investoren, politischen Interessensgruppen und Unternehmen. Wichtig ist die Sicherung strategischer Partner, die dem Modell einen Mehrwert bringen. factoryberlin.com
Foto: Magnum Est Digital Health GmbH, Tagesspiegel, Basilicom, Factory, Marketing Logic Software
Als CAO betreue ich den gesamten analytischen Prozess. Angefangen von der Selektion und Transformation der Daten über die Bereinigung bis hin zur Entwicklung statistischer Modelle, experimenteller Designs und der Visualisierung der Ergebnisse, die ich mit dem ganzen Team bespreche. Mein Ziel sind actionable Insights – Erkenntnisse, die es dem Unternehmen erlauben, ein noch besseres Produkt zu entwickeln. yas.life
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Farhad Khalil Chief Digital Officer, Tagesspiegel Als CDO beim Tagesspiegel arbeite ich täglich mit großartigen Kollegen aus der Redaktion und dem Verlag daran, das Leitmedium der Hauptstadt digital erfolgreich zu machen. Im Rahmen der digitalen Transformation haben wir seit letztem Jahr über 50 Projekte in den Bereichen Technologie, Organisation und Produkte angestoßen (T.O.P. Programm). Der wichtigste Part der Transformation ist der kulturelle Wandel. tagesspiegel.de
Jan Jürjens Chief Experience Officer bei Basilicom Basilicom entwickelt Lösungen und Produkte im Dreiklang von Unternehmenszielen, Nutzerbedürfnissen und technischer Machbarkeit. Als CXO bin ich der Anwalt der Nutzerbedürfnisse. Zusammen mit meinem Team sorge ich dafür, dass User Centricity als der Schlüsselfaktor für den Erfolg von Marken und Unternehmen erkannt wird, der er ist, und in Form von bedürfnisorientierten Experiences erlebbare Realität wird. basilicom.de
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DIGITAL HEISST NICHT GLEICH ERFOLGREICH Aber dafür gibt es ja uns.
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C-LEVEL
Jeri Doris Chief People Officer, Delivery Hero Mein Fokus liegt auf dem „Employee Life Cyle“. Es geht darum sicherzustellen, dass wir die besten Talente der Welt anziehen, um unsere Führungsposition in der Branche zu behaupten. Um diese dann auch zu halten, schaffen wir ein positives und produktives Arbeitsumfeld, das die Möglichkeit dazu bietet, sich zu entwickeln und vom Erfolg des Unternehmens zu profitieren. deliveryhero.com
Sachar Klein Chief Attention Officer, Hypr In einer Zeit, in der uns Tausende Botschaften über Social Media erreichen, geht es schon lange nicht mehr nur darum, Öffentlichkeit herzustellen. Was zählt, ist Aufmerksamkeit. Wer Menschen dazu bewegen kann, einem zuzuhören, der hat auch die Chance, sie zu bewegen, zu motivieren und ihnen etwas zu verkaufen. Genau um diese Aufmerksamkeit geht es mir in meinem Job als CAO. hypr.agency
Chief Happiness Officer, Taledo Ich bin als Glücksbeauftragter verantwortlich für gute Stimmung im Büro. Dabei steht enger Mitarbeiterkontakt an erster Stelle – und zwar in Form von Schmusen, Schlafen und Spielen. Gerne nehme ich auch unsere Gäste und Mitarbeiter persönlich in Empfang. Bei Bedarf unterstütze ich unsere Human-Resources-Abteilung bei der Auswahl von Bewerbern mittels des Knurren-Schwanzwedel-Prinzips. taledo.com
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Foto: Delivery Hero, Hypr, Taledo
Wilhelm Iliopoulos Cichon (Willi)
Ich investiere nachhaltig. Und bei der Weberbank. ROBIN ERIC HAAK , ENTREPRENEUR UND INVESTOR
Die Privatbank der Hauptstadt.
STARTUP-TESTIMONIALS
Lena Meyer-Landrut war von November 2016 bis Juli 2017 das Gesicht des Matratzen-Startups Emma.
Stars für Startups Auch Startups werben gerne mit bekannten Gesichtern. Doch wie, wann und vor allem mit wem macht das überhaupt Sinn für Startups? Von Sarah Heuberger
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Promi ohne Hörproblem Hasselhoffs Werbegeschichte ist lang – er hat unter anderem schon für Autos geworben, für eine Anti-Virus-Software, ein Urlaubsportal und einen Mobilfunkanbieter. Und jetzt also für Hörgeräte. Über die Gründe für seine Kooperation sagt Hasselhoff in der offiziellen Pressemitteilung: „Ich unterstütze Audibene, weil auch mein Hören wahrscheinlich früher oder später repariert werden muss.“ Ein Hörproblem hat er laut Vietor aber nicht. Finn Age Hänsel, Geschäftsführer von Movinga, rät von Promis ab, die für zu viele Marken gleichzeitig arbeiten, da bestehe Verwechslungsgefahr. Franz Beckenbauer zum Beispiel habe Dutzende Werbeengagements gehabt, werde aber immer noch vor allem mit O2 assoziiert. Für Movinga wirbt Schauspieler Ralf Möller, in einem Fernsehclip trainiert er Umzugshelfer für das Portal.
Foto. Presseportal/Florian Grill
Ralf Möller wirbt für Movinga, Lena Meyer-Landrut war das Gesicht von Matratzen-Startup Emma. Und Fußballer Luís Figo tritt neuerdings als Experte für die Kryptowährung Stryking auf. Auch Startups greifen gerne auf bekannte Gesichter zurück, um bei Investoren, bei alten oder neuen Kunden Aufmerksamkeit zu erzeugen. So wie das Hörgeräte-Startup Audibene, das sich mit David Hasselhoff zusammengetan hat. „Wir wollten die Zusammenarbeit mit einem Prominenten einfach mal ausprobieren“, sagt Audibene-Gründer Marco Vietor. Seit Anfang dieses Jahres wirbt das Hörgeräte-Startup online mit dem Sänger und Schauspieler. Die Idee, mit Hasselhoff zusammenzuarbeiten, kam von den Kollegen aus den USA, Audibene ist dort mit hear.com sehr stark vertreten. Hasselhoff sei sowohl in den USA als auch in Deutschland bekannt und komme in der relevanten Zielgruppe gut an.
„Online wird oft noch unterbewertet“ Marco Vietor, Audibene-Gründer
Online Only? Für die internationale Kampagne mit Audibene hat Hasselhoff ein sechsstelliges Werbebudget erhalten. Die Kampagne mit ihm läuft ausschließlich online. Für Onlinerechte seien die Ausgaben oftmals nicht so hoch, sagt Audibene-Gründer Marco Vietor. Wenn Print oder sogar TV-Spots mit dazukämen, wären sie viel höher. „Online wird oftmals tendenziell unterbewertet“, sagt Vietor. Oftmals erhalten Prominente auch Anteile als Gegenleistung für ihren Einsatz. Das Modell Promi4Equity kann sich gerade für Startups ohne hohes Mediabudget lohnen. Und es könne auch bei der Ansprache der Investoren helfen, so Berater Mamane. Trotzdem rät er Startups, immer eine Grundgebühr zu bezahlen. „Sonst wirkt es unseriös.“
Celebrity-Testimonials oder Investoren Wieder etwas anderes sind Celebrity-Investoren, deren Gesicht ganz automatisch den Bekanntheitsgrad der Investitionen pushen. Philipp Lahm etwa war Gesellschafter bei Fanmiles vor dessen Verkauf im September dieses Jahres. Joko Winterscheidt machte durch seine Investiti-
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Ob ein Promi wirklich zu einem Unternehmen passt, hängt davon ab, welche Ziele und welche Zielgruppe das Unternehmen erreichen will. Henner Mamane berät mit seiner Agentur Think Out Of The Box Unternehmen, die gerne mit Testimonials zusammenarbeiten möchten. Sein letzter Coup war es, die Computerspielefirma Activision mit den deutschen Bundesligaspielern Franck Ribéry und David Alaba zusammenzubringen. Die beiden werben jetzt für das Egoshooter-Spiel Call of Duty. Manche von Mamanes Kunden kommen mit einem konkreten Namen zu ihm. Nicht immer ist diese Idee dann umzusetzen. Wenn beispielsweise das Budget für den Promi nicht ausreicht oder das Gesicht eigentlich nicht zum Unternehmen passt. Im Fall von Activision etwa gab es klare Anforderungen. Die Testimonials sollten Fußballspieler sein, die Idole der hauptsächlich jugendlichen Call-of-Duty-Spieler. Und da Egoshooter-Spiele generell nicht das beste Image in der Bevölkerung haben, sollten die Testimonials selbst Callof-Duty-Spieler sein. Will ein Startup ein Promi-Testimonial engagieren, sollte es mindestens mit einem Budget im fünfstelligen Bereich rechnen, sagt Berater Mamane. Der Preis hängt vom Bekanntheitsgrad des Prominenten ab und von den Medien, auf die sich der Deal bezieht. In den vertraglichen Vereinbarungen sollte möglichst alles geregelt sein, zum Beispiel auch, ob und in welchem Umfang der Promi von seinen privaten Social-Media-Accounts postet.
STARTUP-TESTIMONIALS
„Eine Kampagne mit Promi wird nicht automatisch besser, nur teurer“ Henner Mamane, Celebrity-Marketing-Berater
Namen gemacht. Zweifelhafte Berühmtheit hat ihm 2011 allerdings die Schleichwerbung für seine Investments eingebracht: In einer Szene von „Two and a Half Men“ benutzte er einen Laptop, auf dem Sticker von sechs Unternehmen prangten, in die er alle investiert war. Ob sich der Einsatz von Celebrities wirklich lohnt, darüber dringt normalerweise wenig nach außen. Bei dem Fernsehspot des Reifenherstellers Tirendo mit Sebastian
Vettel als Werbegesicht vor fünf Jahren zeigte sich aber: Diejenigen, die Vettel kannten, nahmen den Spot um 20 Prozent positiver wahr als diejenigen, denen er unbekannt war. Außerdem stiegen Conversion Rate und Markenstärke ebenfalls um ein Fünftel. Und was ist mit Hörgeräte-Profi David Hasselhoff ? Ein Ziel der Kampagne von Audibene war es, das Image von Hörgeräten zu verbessern. Dafür findet Marco Vietor die Kampagne mit Hasselhoff gelungen. Aber: „Man darf auch nicht zu viel erwarten. Im Vordergrund steht immer noch das eigene Produkt“, so Vietor.
Online-Dating nur mit Singles Auch Agenturchef Mamane glaubt: „Eine Kampagne mit Promi wird nicht automatisch besser, nur teurer.“ Ein negatives Beispiel für eine solche Promikooperation ist Cosma Shiva Hagens Engagement für die Online-Datingseite Parship. Der Fernsehspot kam nicht gut an – die Zuschauer kritisierten, dass die Schauspielerin gar kein Single sei. Hagen beendete die Kooperation daraufhin. Auf den Fall angesprochen sagt Mamane: „Da fragt man sich, wieso sich Parship für Cosma Shiva Hagen und nicht etwa für Jennifer Aniston entschieden hat.“ Durch die öffentliche Trennung von Brad Pitt sei die amerikanische Schauspielerin sehr stark mit dem Singlesein assoziiert. Amerikanische Prominente seien außerdem oftmals gar nicht so teuer, wenn es nicht ihren Heimatmarkt betreffe. Mamane ist sich sicher: „Es wäre für Parship nicht viel teurer gewesen, Jennifer Aniston zu buchen, als einen deutschen Promi in der Liga eines Elyas M’Barek.“ Zumal M’Barek bisher nicht unbedingt durch seine Suche nach einer festen Beziehung aufgefallen ist.
Joko Winterscheidt hat aktuell drei Investments: Socken, Gin und gemeinsam mit seinem Freund Matthias Schweighöfer das Weinstartup III Freunde.
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Foto: III Freunde/Holger Talinski
on in den Concierge-Service GoButler zum ersten Mal in der Startup-Welt auf sich aufmerksam. Aktuell ist Joko Winterscheidt noch in drei Unternehmen investiert: beim Socken-Startup von Jungfeld, bei einem Ginproduzenten und bei einem Wein-Startup. Die Grenzen zwischen Testimonials und Celebrity-Investoren sind oft fließend. Laut Mamane solle es manchmal so wirken, als hätte der Prominente die Anteile aus Eigen initiative selbst gekauft. Auch der amerikanische Schauspieler Ashton Kutcher hat sich als Startup-Investor einen
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STARTUP-TESTIMONIALS
Wer für wen wirbt Sieben Startups und deren Testimonials im Fokus, kommentiert vom Celebrity-Experten Henner Mamane.
Die Zusammenarbeit mit dem Hollywoodstar besteht für das ganze Jahr 2018. Das sagt der Experte: „Finde ich einen sehr guten Fit! David Hasselhoff ist in Deutschland sehr beliebt und hat in der relevanten Zielgruppe eine außergewöhnlich hohe Bekanntheit. Das Thema Eitelkeit spielt bei dem Produkt Hörgerät eine große Rolle und David Hasselhoff gilt als sehr eitel. Für den Kunden gilt dann: ‚Wow, wenn sogar er für so ein Produkt wirbt, dann muss ich mich dafür ja sicherlich nicht schämen.‘ Kleiner Wermuts tropfen: Hasselhoff hat durch Eskapaden ein nicht ganz sauberes Image und die Skeptiker unter den Kunden sehen Kompetenz als einen ausschlaggebenden Faktor. Da wirkt Hasselhoff weniger sattelfest als beispielsweise Mario Adorf, der damals für Widex geworben hat.“ audibene.de
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„I Make You Sexy“ von BodyChange Daniela Katzenberger Die Kooperation gibt es seit 2016. Das sagt der Experte: „Eine sehr gelungene Kooperation. Daniela Katzenberger gilt als glaubwürdig. Sie steht zu ihren Schwächen und geht charmant mit ihnen um – Eigenschaften, die sie bei ihren Fans und in der Öffentlichkeit auszeichnen. Wichtig war zudem, dass man den Wandel vom Durchschnittskörper hin zur Strandfigur live mitverfolgen konnte. Die Social-Media-Reichweite von Daniela Katzenberger spricht bereits für sich, aber auch der generierte Unpaid-PR-Effekt ist nicht zu unterschätzen. Die Herausforderung hier ist allerdings: Der Prominente muss konsequent an sich arbeiten, denn sobald er sich privat etwas gehen lässt, wirft das auch ein schlechtes Licht auf das Produkt.“ bodychange-shop.de
Movinga Ralf Möller Möller ist seit 2016 Umzugstrainer. Das sagt der Experte: „Auf den ersten Blick ein super Fit. Ralf Möller steht für Kraft – eine Eigenschaft, die bei einem Umzug sehr gefragt ist. Dass die Tonalität humorvoll aufgebaut ist, dürfte die Zielgruppe erfreuen. In der jungen Zielgruppe – und an diese richtet sich Movinga primär – dürfte seine Bekanntheit jedoch vergleichsweise gering sein. Ralf Möllers einziger erfolgreicher Film vor 18 Jahren war „Gladiator“. Viele werden gar nicht Ralf Möller gesehen haben, sondern einfach einen sehr gut gebauten älteren Mann. Ob diese Besetzung also ein Volltreffer war oder nicht, das hängt ganz von der vereinbarten Gage ab. Hat man eine Testimonial-Fee gezahlt, so hätte ich nicht zu dieser Kampagne geraten. Hat man eine bessere Model-Gage gezahlt, so ist es eine super Kooperation.“ movinga.de/akademie
Foto. Shutterstock, Goalplay, Home24, Movinga, Ottonova, OOTB
Audibene David Hasselhoff
STARTUP-TESTIMONIALS
Goalplay Oliver Kahn
Stryking Luís Figo
Home24 Eva Padberg
2016 gründet Kahn das Torwart-Portal gemeinsam mit drei Kollegen.
Für die Plattform Football-Stars ist Luís Figo seit April 2018 Markenbotschafter.
Das sagt der Experte: „Super Fit. Es gibt kaum einen bekannteren Torwart auf der Welt und schon gar nicht in Deutschland. Natürlich hat man auch hier das Problem, dass die Bekanntheit von Oliver Kahn in der jüngeren Zielgruppe rapide abnimmt. Da ist ein Manuel Neuer deutlich präsenter und verfügt natürlich auch über ganz andere Möglichkeiten der Social-Media-Nutzung. Aber da Oliver Kahn Miteigentümer ist, war der Fit eh vorgeschrieben.“ goalplay.com
Das sagt der Experte: „Luís Figo ist bei der jüngeren Zielgruppe schon nicht mehr ganz präsent. Daher schwieriger Fit. Er war ein sehr intelligenter Spieler, was ja zum Thema Kryptowährung passen würde. Aber eigentlich geht es um die Plattform ‚Football Stars‘ und deren junge Zielgruppe kann relativ wenig mit einem Star anfangen, der seinen Popularitätshöhepunkt vor sechs Jahren hatte.“ stryking.com
Das Model Padberg hat bereits mehrere Einrichtungskollektionen für das Interior-Portal entworfen. Die Zusammenarbeit besteht seit 2016. Das sagt der Experte: „Eva Padberg ist für mich ein Rätsel. Sie ist kaum medial präsent, hat kaum Social-Media-Reichweite und bekommt dennoch weiterhin gute Werbedeals. Home24 hätte hier sicherlich deutlich bessere Möglichkeiten gehabt.“ home24.de
Ottonova Frank Thelen Seit 2018 läuft eine Werbekampagne der digitalen Krankenversicherung Ottonova mit ihrem prominenten Investor Frank Thelen. Das sagt der Experte: „Ein sehr spannendes Produkt mit einem glaubhaften Gesicht. Zumindest wenn es um die Digital-Kompetenz geht. Allerdings auch sehr bieder und wenig Connection zum Thema Gesundheit. Wäre er nicht Mitinvestor, wäre ein klassischer Sympathieträger mit Gesundheits-Know-how wie Eckart von Hirschhausen eher meine Empfehlung gewesen.“ Ottonova.de
Der Experte: Henner Mamane Mit seiner Celebrity-Agentur „Think Out Of The Box“ berät Mamane Unternehmen, die mit Testimonials zusammenarbeiten wollen. ootb-thinkers.com
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Fotos: Jenna Dallwitz, Gabriel Poblete Young
NKF SUMMIT
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NKF SUMMIT
Durch Wandel zum Erfolg Knapp 650 Gäste nutzten den Summit, um sich intensiv mit den Auswirkungen und Möglichkeiten des digitalen Wandels zu beschäftigen. Von Josefine Köhn-Haskins
Nicht die Stärksten werden überleben, sondern diejenigen, die sich am besten anpassen können. Die Theorie, die Darwin bereits im 18. Jahrhundert aufstellte, ist heute aktuell wie nie. Denn wir leben in einer Welt, die sich dank innovativer Technologien nicht mehr linear, sondern längst exponentiell weiterentwickelt. Was das genau bedeutet, veranschaulichte Masterplan-Gründer Daniel Schütt in seinem Vortrag beim NKF-Summit mit einer Frage ans Publikum: „Die meisten von ihnen werden wissen, wie viele Meter man mit 30 linearen Schritten zurücklegen kann, aber wissen sie auch, wie weit sie mit 30 exponentiellen Schritten kommen?“ Tatsächlich kann man mit 30 exponentiellen Schritten die Erde 25 Mal umrunden. Ein ungeheures Potenzial, dessen mögliche Nutzung beim NKF Summit thematisiert und diskutiert wurde. Hauptziel dieses mittlerweile vierten Summit war es, wie gewohnt Startups und Corporates bei der Startup Expo oder den stark frequentierten Speed Networking-Sessions zu vernetzen. Zusätzlich ging es aber auch immer mehr um bereits erfolgreiche Kooperations-Beispiele zwischen großen Unternehmen und jungen Gründern. Ein spannendes Beispiel war das gemeinsame Projekt
von Mini und Project Together. Hier werden durch die Zusammenarbeit mit Startups Mobilitätsmodelle der Zukunft entwickelt, die durch Ideen für einen positiven gesellschaftlichen Wandel inspiriert wurden. Positive Veränderungen einzuleiten, darum ging es der ehemaligen Bundesministerin für Wirtschaft und Energie, Brigitte Zypries. In ihrer Keynote zum Thema „Deutschland auf dem Weg zur digitalen Champions League“ plädierte sie für eine bessere Einbindung von kleinen und mittelständischen Unternehmen und generell mehr Diversität in deutschen Unternehmen, wobei es nicht nur um das Geschlecht, sondern auch um verschiedene Kulturen und Nationalitäten gehe. „Wir wissen doch alle mittlerweile, dass Diversität viel erfolgreicher ist als mittelalterlich aufgestellte Teams aus weißen Männern.“ Klar, alles kann niemand immer richtig machen. Und das ist auch gut. Denn jeder einmal gemachte Fehler trägt durchaus auch zum späteren Erfolg bei, so das Resümee des Panels „Warum Startups scheitern“ auf der Deep Dive Stage. Vanessa Schmoranzer, C-Level-Beraterin für Corporate Digital Strategy bei Futurice, brachte es auf den Punkt: „Man sollte Krisen nicht negativ sehen, sondern für Veränderung nutzen.“
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NKF-SUMMIT RÜCKBLICK
Gut besucht waren die Panels und Vortäge der Deep Dive Stage, Thema hier: „Warum Startups scheitern.“
CHRISTIAN TÖNIES LL.M. Eur. Rechtsanwalt, Partner Pöllath + Partners Der Austausch von Corporates und Startups ist wichtig, da nur so das disruptive Potenzial neuer und innovativer Technologien vollständig ausgeschöpft werden kann. Dies erfordert einen belastbaren rechtlichen Rahmen, der die unterschiedlichen Interessen gleichermaßen berücksichtigt. Insoweit greifen wir auf unsere langjährige Erfahrung im Bereich Venture Capital zurück, die notwendig ist, um den zahlreichen rechtlichen Anforderungen im Venture Capital Umfeld entsprechen zu können.
Das Thema Diversität hob Brigitte Zypries bei ihrer Keynote zur Digitalisierung besonders hervor.
Zum Anbeißen: Berlin Cuisine versorgte die Summit-Gäste mit leckeren Snacks und Gerichten.
Managing Director Wayra Deutschland GmbH Startups sind ein essenzieller Teil jeder Digitalstrategie. Warum? Weil sie schnell sind, weil sie geile Produkte haben, weil sie die Kunden verstehen. Schritt eins muss es sein, eine Organisation, eine Kultur zu schaffen, die mit Startups zusammenarbeiten kann. Dabei brauchst du die Schnittstellen nicht nur bei der Innovation, sondern bei HR, IT, Legal, Finance, bei allen Konzern-Angelegenheiten.
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Fotos: Jenna Dallwitz, Gabriel Poblete Young
CHRISTIAN LINDENER
NKF SUMMIT
Moderatorin Hannah Klose startet 2018 ihren eigenen Kurs zum Thema „Wohlfühlen auf der Bühne“.
PATRICK DEGENHARDT Consensys Head of Marketing
KI-Guru und Arago-CEO Chris Boos ist Mitgield des Digitalrats und begeisterte mit seinem Vortrag beim Summit.
Völlig unterschiedliche Branchen wie Banken, Journalismus, Logistik oder auch die Musik können von der Blockchain profitieren, und zwar durch eine Gemeinsamkeit: Smart Contracts. Denn so können Daten sicher und geschützt vor fremden Interessen übermittelt werden.
Drei Minuten Pitch: Startup-Gründer und Corporate-Vertreter beim Speed-Networking.
PATRICK EBERWEIN Startup-kooperationen Telekom Techboost Der Austausch zwischen Corporates und Startups wird zur Normalität. Wir sind an einem Punkt angelangt, wo der Austausch allgegenwärtig ist. Gemeinsame Marktangänge und Partnerschaften stehen nun im Fokus.
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NKF SUMMIT
JÖRG FRISCHHOLZ UniCredit Bank AG, Leiter Region Ost der Unternehmer Bank Es gibt drei große Themenbereiche, bei denen Corporates viel von Startups lernen können, unter anderem wenn es darum geht freier zu denken und sich bei Bedarf auch länger mit einer Herausforderung auseinander zu setzen, um diese dann auch zu verstehen. Weitere Punkte sind agile Arbeitsweise und der starke Kundenfokus.
Wie man Krisen für Veränderung nutzt, erklärte Vanessa Schmoranzer, C-Level-Beraterin bei Futurice.
PETER LENNARTZ
NKF Summit Volume 5 Der nächste NKF Summit findet am 8. März in der Gläsernen Fabrik in Dresden statt. nkf-summit.com
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Mit dem Laptop beim Netzwerken: In den Pausen wurden Projekte vorgestellt und Ideen diskutiert.
Meine Prognose für Blockchain Anwendungen? Als das Internet erfunden wurde, waren viele der Meinung, dass das wieder vorüber gehen würde. Wir sind heute aber auf einem technologisch viel weiter entwickelten Stand als vor 20 Jahren und die bisherigen Blockchain Use Cases liefern sehr überzeugende Ergebnisse ab. Insofern bin ich der festen Überzeugung, dass sich die Technologie genauso durchsetzen wird wie das Internet – nur die Veränderungen durch Blockchain werden nicht das Ausmaß der Veränderungen haben, die das Internet auf unser Leben gehabt hat.
Fotos: Jenna Dallwitz, Gabriel Poblete Young
Partner EY Ernst & Young
Corporates meets Startups: Bereits zum vierten Mal begrüßte Jan Thomas die Gäste zum NKF Summit.
Wir danken unseren Sponsoren PLATINIUM
PREMIUM
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DIE KAFFEE-REVOLUTION Viele Berlin Valley-Leser kennen Bonaverde sicher durch die erfolgreichen Crowdfunding-Kampagnen auf Kickstarter, Indiegogo, Seedmatch und Seedrs. Fünf Jahre sind seit der Firmengründung vergangen, drei Jahre seit der Seedmatch-Kampagne und ein Jahr seit die „Berlin“ – die einzigartige Röst-Mahl-Brüh-Kaffeemaschine - ausgeliefert worden ist. Das Team ist fleißig dabei, ein skalierbares Geschäftsmodell zu entwickeln. Keine leichte Aufgabe Hardware und Software miteinander zu verschmelzen und dabei die Wertschöpfungskette des weltweit zweitmeist gehandelten Produkts zu revolutionieren. Aus Disintermediation wurde ein Ecosystem! Konzeption, Entwicklung und Produktion der smarten IoT-Kaffeemaschine sowie der Aufbau von engen Beziehungen zu „Speciality Grade“ Kaffee Farmern wurden erfolgreich abgeschlossen. Nun folgt das letzte Stück im Plan, den Kaffeemarkt umzu krempeln – das digitale Coffee Ecosystem!
Eine einzigartige Community Plattform zum Steuern und Individualisieren der „Berlin“, zum Kreieren, Teilen und Verkaufen von Röstprofilen. Und schließlich ein transparenter Marktplatz für direkten und fairen Handel von Speciality Coffees. Dabei verbindet ein Blockchain-basiertes „Wallet-to-Wallet“-Payment die direkte Beziehung zwischen Konsument und Kaffeefarmer nachhaltig. Nach der erfolgreichen Pilotphase des Mitgliedschafts-Modells „Coffee-as-a-Service“ mit intelligenter, verbrauchsabhängiger Kaffeelieferung sowie innovativen Verknüpfungen der Maschine mit Chat-Bots und Büro-Anwendungen wie Slack und Alexa geht es nun darum, das Modell zu skalieren. PS.: Die „Berlin“ gibt es jetzt auch in Schwarz! PPS.: Als Berlin Valley–Leser jetzt schnell am Weihnachtskalender teilnehmen: valley.bonaverde.com
SOCIAL IMPACT
Philipp von der Wippel und Mentorin Ulrike von Mirbach, Leiterin Marketing Mini, präsentieren Project Together beim NKF Summit.
Inkubator für positiven Wandel Wirtschaft und Gesellschaft: Sie brauchen sich gegenseitig, doch sie finden bisher nicht zueinander. Project Together will das ändern. „Wir müssen dafür sorgen, dass wirtschaftlicher Erfolg in Zukunft nicht mehr im Widerspruch zu gesellschaftlicher Verantwortung steht“, sagt Philipp von der Wippel. Mit „Project Together” hat es sich der heute 22-Jährige deshalb zur Aufgabe gemacht, zwischen Entscheidungsträgern der Wirtschaft und Politik und Startups mit Social Impact zu vermitteln. „Nur wenn Konzernvorstände gesellschaftliche Trends verstehen, können sie frühzeitig ihre Strategie darauf abstimmen. Wer bei seinem Geschäftsmodell nicht auf die gesellschaftliche Wirkung achtet, der hat zukünftig ein Problem.” Mit diesem Verständnis im Hinterkopf könnte der Einsatz für eine bessere Welt aus der Ecke der Corporate-Social-Responsibility-Ecke herausgeholt und direkt ins Kerngeschäft der Konzerne integriert werden. Beispiel ist etwa das gemeinsame Projekt mit Mini. Auf dem Weg vom Autokonzern hin zum Mobilitätsanbieter ist es für die etablierten Motorenwerke natürlich spannend zu sehen, wie sich das Zusammenleben in urbanen Räumen in Zukunft gestalten wird. Deshalb wurde unter #startupnextdoor zu einem gemeinsamen Wettbewerb aufgerufen.
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IPPJu-EL W R N DE iedenen
VOhüler in verschtto: mit Ideenen P P I L PHI hon als Sc rt. Sein Mo Mit 16 Jahr h sc renlten. gagie hat sic änden en t zu gesta ute als füh s b e r ng lb h e u e v s ms wort , da gend hen, u t Together he Verant e g s u c c vora Proje sellschaftli rte er e initiie ator für g rg ub r.o k e n I h t r de ttoge rojec p . t il g
Fotocredit: Gabriel Poblete Young
Von Josefine Köhn-Haskins
SOCIAL IMPACT
Zu den Gewinnern zählen etwa Urmo, ein leichtes, klappbares und selbstbalancierendes Fahrgerät, das quasi unter dem Arm mit in die U-Bahn genommen werden kann. Recycle Hero möchte mit einem Abholdienst per Lastenrad für Altglas ein Geschäftsmodell schaffen, mit dem auch Arbeitsplätze für Langzeitarbeitslose, Wohnungslose und Geflüchtete geschaffen werden könnte.
Diplomaten für Social Impact
Fotos: Siteinander, Recyclehero
„Wir sehen uns als Diplomaten, die Welten zusammenbringen, die noch nicht wussten, dass sie sich gegenseitig brauchen – aber gemeinsam effektiv gesellschaftlichen Wandel anstoßen können“, erklärt Philipp. Initialzündung für die Idee von „Project Together“ war für ihn ein Erlebnis während eines viermonatigen Schüleraustauschs in England vor sechs Jahren. „Das war 2012, also als es mit dem Bürgerkrieg in Syrien losging“, erinnert sich Philipp. „Damals kam ein Mitschüler aus Syrien auf mich zu, weil er überlegen wollte, was er als Einzelner dagegen tun kann.“ Als gemeinsamen Ansatz entwickelten die beiden „Together We Can For Syria”, um das Bewusstsein der anderen Jugendlichen in ihrem Umfeld für das Problem zu schärfen. Zufällig hörte damals ein englischer Abgeordneter von dem Projekt und lud die beiden ein, ihre Idee im House of Commons zu präsentieren, um sie dann landesweit zu skalieren. „Wieder zu Hause habe ich überlegt, wie wir es möglich
machen können, dass dieses Erlebnis kein Einzelfall und Zufall bleibt, sondern ein Modell daraus wird, 1.000-mal ein tolles, kleines Projekt richtig groß zu skalieren.“ Gemeinsam mit seinen Freunden Michael Heider und Maximilian Schlereth entwickelte der damals 16-Jährige zuerst ein digitales Coaching. Nach dem Abitur bekam Philipp dann die Chance, als Praktikant der BMW-Stiftung das Projekt in Berlin weiterzuentwickeln. Und natürlich blieb er auch während des anschließenden Studiums in Oxford weiter involviert. Als Studienfächer wählte der heutige Geschäftsführer von „Project Together“ Politik, Philosophie und Volkswirtschaftslehre. Eine Mischung, die für ihn das Spannungsfeld seiner Aufgabe widerspiegelt, nämlich die Konflikte zwischen wirtschaftlichen und politischen Interessensgruppen auf der einen Seite sowie gesellschaftlichen Anforderungen auf der anderen. „Moralisieren und predigen hilft da gar nichts. Du musst die Interessen verstehen, orchestrieren und die Akteure vom wirtschaftlichen Nutzen ihres Einsatzes für einen positiven Impact überzeugen. Denn eines ist sicher: Wir müssen die großen Herausforderungen unserer Generation angehen und uns endlich an Dinge herantrauen, an denen sich andere schon die Zähne ausgebissen haben.“ „ProjectTogether“ gewann 2018 in der Kategorie „Verantwortungsvolles und integrationsfreundliches Unternehmertum“ den Europäischen Unternehmensförderpreis.
Siteinander
Recyclehero
Über die App von Siteinander können sich Eltern digital vernetzen und gegenseitig bei der Kinderbetreuung unterstützen. Anstatt einen Babysitter bezahlen zu müssen, helfen sich Eltern untereinander – und finden dabei noch neue Freunde für sich und die ganze Familie. Damit sich niemand benachteiligt fühlt, werden Sitpunkte für die übernommenen Betreuungsstunden ausgetauscht. siteinander.de
Recyclehero ist Deutschlands erster Abhol-Service für Altglas, Altpapier und Pfandflaschen. Beschäftigt werden vorwiegend Geflüchtete, Obdachlose und Langzeitarbeitslose, um diese bei der Integration in Job und Gesellschaft zu unterstützen. Die Abholung erfolgt mit emissionsfreien E-Lastenrädern und kann derzeit ab 4,99 Euro in mehreren Hamburger Stadtteilen gebucht werden. recyclehero.de
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MASIFUNDE
Mit Bildung die Ungleichheit in Südafrika überwinden.
Chancen durch Bildung Als Schirmherrin für Masifunde setzt sich die ehemalige Bundestagsabgeordnete Brigitte Zypries für mehr Chancengleichheit in Afrika ein. Frau Zypries, neben Ihrer politischen Karriere haben Sie sich auch schon immer ehrenamtlich engagiert. Was sind heute Ihre wichtigsten Projekte? Neben Masifunde bin auch schon sehr lange in einem Wohnprojekt für Mädchen hier in Berlin engagiert. Das sind so meine beiden langjährigen Engagements – jenseits der Tatsache, dass ich natürlich seit 40 Jahren für die SOS-Kinderdörfer spende. Ansonsten bin ich weiterhin ehrenamtlich tätig, vor allem im juristischen Bereich, aber auch in der Wirtschaft. Außerdem bin ich bei verschiedenen Startups engagiert, helfe ihnen, wenn es Fragen gibt – und stelle umgekehrt auch viele Fragen. Denn ich bin selbst dabei, ein Startup zu gründen. Können Sie uns ein wenig mehr dazu erzählen? Die Ursprungsidee war, Frauen zum Sparen für die Rente zu animieren. Dazu sollen Bonuspunkte, die einem sonst über Payback-Karten gutgeschrieben und für weiteren Konsum ausgegeben werden, in einen Fonds weitergeleitet und angespart werden. Inzwischen habe ich mich
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ein bisschen näher damit beschäftigt und festgestellt: Für die Rente reicht das Geld nicht. Aber ich bin da trotzdem noch dran und überlege, wie man die Einsparmöglichkeiten verbessern und erweitern kann, sodass zumindest über einen längeren Zeitraum die Möglichkeit besteht, tatsächlich ein bisschen was zusammenzubekommen. Und dann kann man das Sparangebot natürlich erweitern und zusätzlich Gutscheine anbieten oder das Konzept damit kombinieren, dass man auch Geld einzahlt. Könnte so ein Konzept nicht auch genutzt werden, um etwa Spendengelder für Masifunde zu sammeln? Ja, das ist eine Idee, die ich auch ventiliere: das Einsetzen der Bonuspunkte für soziale Zwecke. Von Bill Gates bis hin zum deutschen Entwicklungsminister Gerd Müller setzen sich heute immer mehr Menschen dafür ein, Afrika auf den Weg zum Chancenkontinent zu bringen. Da waren Sie mit der Grün-
Fotos: Masifunde Bildungsförderung e.V., Jenna Dallwitz
Das Gespräch führte Josefine Köhn-Haskins.
MASIFUNDE dung von Masifunde 2004 ein echter Trendsetter. Die Gründer von Masifunde sind Kinder von Freunden, die mich als Juristin und Politikerin um Tipps und Unterstützung gebeten haben. Sehr gerne habe ich mich dauerhaft zur Unterstützung verpflichtet, weil mich die Idee wirklich überzeugt hat: Denn wenn wir irgendwie eine Chance haben wollen, die Ungleichheit in Südafrika zu überwinden, dann müssen wir Kinder aus den Town ships in die Schulen bringen. Aber – Schulen in Südafrika kosten Geld. Also müssen wir Geld sammeln. Unser gemeinsames Interesse ist es doch, diesem Kontinent zu helfen, damit signifikante Fortschritte erzielt werden können. Dazu gibt es unterschiedliche Ansätze und ich denke, wir müssen bei den Kindern anfangen. Wir müssen sehen, dass die Kinder eine Bildung bekommen und damit was auf die Beine stellen können in ihrem Leben. Wir wollen sie zum Leben ertüchtigen. Aber egal, wo auf der Welt – immer würde ich mich dafür einsetzen, dass Kinder gleiche Chancen haben. Das ist ja völlig klar. Afrika ist in der letzten Bundesregierung stärker
Brigitte Zypries, Annika Kruse und Jacob Birkenhäger von Masifunde beim Interivew.
„Egal, wo auf der Welt würde ich mich dafür einsetzen, dass Kinder gleiche Chancen haben“ in unseren Fokus gerückt. Vonseiten des Wirtschaftsministeriums habe ich das Afrikakonzept „Pro! Afrika“ und die Startup-Night für Afrika begründet. Seitdem arbeite ich auch sehr stark mit den „Lionesses of Africa“ zusammen. Das ist eine Plattform, die Gründerinnen aus allen 54 afrikanischen Ländern vernetzt. Dabei sind Startups, die Tee aus afrikanischen Kräutern machen, bis hin zu richtig tollen Tech-Unternehmen. Unser Ziel ist es, insbesondere afrikanischen Gründerinnen eine Chance zu geben, ihre Projekte vorzustellen und Kontakte zu deutschen und europäischen Investoren zu bekommen. Ich persönlich bin sehr davon überzeugt, dass wir über diese jungen Unternehmerinnen und Unternehmer gehen müssen, wenn wir in Afrika irgendwas ändern wollen.
Bildung als Schlüssel zu einer gerechteren Welt Masifunde Bildungsförderung e.V. setzt sich in Deutschland und Südafrika für gleiche Bildungschancen für alle Kinder und Jugendlichen ein. Durch ganzheitliche (außer)schulische Bildungsprogramme werden sozial benachteiligte Heranwachsende in Südafrika gefördert. Die Bildungsprogramme in Deutschland regen Jugendliche dazu an, den Blick über den Tellerrand zu wagen und sich mit dem Leben in einer multikulturellen Gesellschaft auseinanderzusetzen. Spendenkonto:
Gemeinsam zu lernen macht Spaß - und Selbstbewusst.
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ATTE B E D ALE n von DIGIT oproduktio in Valley eK Berl ist ein gital und k Di Politi
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DIGITALE DEBATTE
SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil spricht darüber, weshalb Digitalisierung nicht nur ein Berlin-Mitte-Thema ist. Das Gespräch führten Jan Thomas, Steffen Wenzel und Sarah Heuberger.
Herr Klingbeil, Sie sitzen uns heute als Generalsekretär und ehemaliger Netzpolitiker gegenüber. Wird man so was eigentlich wieder los? Das möchte ich gar nicht loswerden, das hat mich geprägt. Nach acht Jahren als Netzpolitiker hat man den Blick nach vorne verinnerlicht und diese Grundhaltung habe ich auch als Generalsekretär. Und ich glaube auch, dass es ganz viele Parallelen gibt zwischen der Zukunft der Sozialdemokratie und der Digitalpolitik. Welche Parallelen sind das denn? Ich habe immer dafür geworben, dass wir Digitalisierung nicht technisch betrachten, sondern als gesellschaftspolitischen Wandel. Zum Beispiel in Bezug auf den Wandel des Arbeitsmarktes. Aber wie definiere ich neue Berufsbilder? Wie sieht die richtige Balance von Freiheit und Schutz aus? Es ist die Aufgabe der SPD, das zu definieren. Wir waren die erste Partei, die die Industrialisierung im Sinne der Menschen gestaltet hat. Das ist auch bei der Digitalisierung so.
Foto: Johannes Räbel/JFRcreatives
Ist das Thema Digitalisierung beziehungsweise digitale Transformation außerhalb der deutschen Großstädte überhaupt der SPD-Klientel zu vermitteln? Meine Heimat ist auf dem Land. Wenn da Unternehmen abwandern, weil sie keinen Zugang zum schnellen Internet haben, oder wenn die Menschen jeden zweiten, dritten Tag in der Zeitung lesen, dass sie ihre Jobs verlieren durch die Digitalisierung – dann ist das eine Angst, die die Leute treibt. Darauf muss Politik Antworten geben. Und zwar nicht nur für Berlin-Mitte. Wie kann denn die SPD den Menschen die Angst vor der Digitalisierung und der Zukunft nehmen? Indem man aus einem technologischen Fortschritt auch einen sozialen Fortschritt macht. Die SPD tritt zum Beispiel für ein Recht auf Weiterbildung ein. Das gibt es bisher nur, wenn man arbeitslos ist. Aber ich finde, das gehört mitten ins Berufsleben. An-
dere Parteien sind da komplett anders aufgestellt. Die Union, die eher am Status quo festhält, oder die FDP, die jedem viel Glück wünscht auf dem weiteren Weg, aber nichts an den Rahmenbedingungen ändern will. Die SPD ist die Partei, die den Leuten sagt: Habt keine Angst, ihr könnt euch auf uns verlassen, aber ihr müsst euch mit uns auf den Weg machen. Glauben Sie denn, dass die Gewerkschaften als Arbeitnehmervertreterinnen gut aufgestellt sind, um ihre Klientel auf das Thema vorzubereiten? Ich erlebe schon, dass sich die Gewerkschaften immer mehr mit der Veränderung von Arbeit durch Digitalisierung auseinandersetzen. Die Themen Weiterbildung oder mobiles Arbeiten tauchen zum Beispiel immer öfter in Tarifverträgen auf. Aber ich merke eben auch, dass es immer noch Bereiche gibt, in denen es noch überhaupt keine Interessensvertretung oder nur sehr wenig Schutz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gibt. Früher haben Arbeitnehmer im Durchschnitt sicherlich länger für eine Firma gearbeitet und deswegen vielleicht auch mehr Schutz gebraucht. Heute ist jedoch die Job-Fluktuation viel höher. Sind die SPD und die Gewerkschaften auf diese neue Arbeitswelt vorbereitet? Dass heute die Menschen nicht mehr ihr ganzes Leben bei einem Unternehmen arbeiten, sondern öfter den Job wechseln, bedeutet doch nicht, dass sie weniger Schutz brauchen, sondern mehr! Egal ob nach einer Gründung, als Selbstständiger oder Angestellter – es muss immer klar sein, dass ich mich auf den Sozialstaat verlassen kann, wenn es hart auf hart kommt. Das gilt insbesondere dann, wenn sich meine Lebenssituation verändert, ich zum Beispiel ein Kind bekomme oder krank werde. Damit das auch für eine veränderte Arbeitswelt gilt, brauchen wir einen neu aufgestellten Sozialstaat. Sprechen wir über ein anderes Thema: Genauso wie sich der Arbeitsmarkt wan-
delt, verändert sich auch die Mobilität. In Zukunft wird nur noch ein kleiner Teil der Autos, die wir heute besitzen, auf den Straßen herumfahren. Ja, das wird sich drastisch verändern. Von meinen Freunden, die in größeren Städten wohnen, hat heute fast niemand mehr ein Auto. Ich weiß noch, wie ich mal ein Gespräch mit Vertretern der Automobilkonzerne hatte. Und meine erste These war, dass in zehn Jahren niemand mehr ein Auto hat und alle sich einen anderen Zugang zu Mobilität besorgen. Und ab diesem Moment gab es sofort eine Konfrontation. Ich habe etwas infrage gestellt, das für die Anwesenden Status quo war und woran sie festhalten wollten. Für diese Offenheit kann ich aber nur werben. Das ist auch Aufgabe von Menschen, die Unternehmen lenken. Die müssen sich fragen: Will ich denn, dass mein Unternehmen in zehn Jahren noch existiert? Wenn ja, müssen sie an neuen Mobilitätskonzepten arbeiten. Wie weit reicht denn unser Blick, wenn wir über die digitale Zukunft sprechen? Meine Befürchtung ist, dass wir gerade nicht weit genug nach vorne schauen, sondern viel zu kleinteilig bleiben. Deutschland hat einen großen Rückstand in vielen Bereichen und wir achten nicht genug darauf, was andere Länder machen. Zum Beispiel im Bereich künstliche Intelligenz – viele Experten sind der Meinung, dass Deutschland da total hinterherhinkt. Ja, wir hinken total hinterher. In den Tagen, in denen Macron seine KI-Strategie vorgestellt hat, hat Andi Scheuer seine Funkloch-App präsentiert. Das ist für mich sinnbildlich, wie die Dinge falsch laufen. Die USA und China haben KI als zentrales Zukunftsfeld definiert und stecken gerade richtig viel Geld in die Entwicklung künstlicher Intelligenz. Ich bin froh, dass die Bundesregierung jetzt endlich eine eigene KI-Strategie beschlossen hat. Vor kurzem hat Zalando über Nacht 250 Mitarbeiter aus seinem sehr erfolgreichen Marketingteam entlassen und durch
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DIGITALE DEBATTE FACTORY den Versuch einer KI-Logik ersetzt. Was sagen Sie dazu, dass Leute ihren Arbeitsplatz verlieren, dank der KI? Wenn wir immer am Status quo festhalten würden, würden bei mir zu Hause in der Lüneburger Heide auf dem Acker immer noch vierzig Leute stehen und nicht nur einer, der die Maschine bedient. Es wird diese Entwicklung geben, da darf Politik den Menschen nichts vorgaukeln. Unsere Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass die Menschen in den betroffenen Jobs weiterqualifiziert und auf-
„Gründen müsste eigentlich innerhalb von 48 Stunden möglich sein“ gefangen werden. Dieser Vorgang zeigt aber auch, wie wichtig es ist, die Rechte der Mitarbeiter von Online-Plattformen zu stärken. Was halten Sie von der Idee eines Daten-für-alle-Gesetzes von Frau Nahles? Das halte ich für richtig. Wenn wir anderen Unternehmen den Zugang zu den Daten der großen Player ermöglichen, dann steigert das die Innovationschancen. Geht es dabei nicht eigentlich viel mehr um Algorithmen für alle? Die bloßen Daten bringen uns ja nichts. Daten sind heute Macht und diese Macht konzentriert sich auf sehr wenige. Wir müss-
ten da bessere Zugänge schaffen. Diese Rückmeldung bekomme ich auch aus der deutschen Startup-Szene. Welches Modell sollte Europa denn Ihrer Meinung nach vertreten im Vergleich zu den KI-Aktivitäten von China oder den USA? Da haben wir auf der einen Seite das Silicon-Valley-Modell der USA, unternehmergetrieben und mit wenig staatlicher Regulierung. Dem gegenüber steht das staatsgetriebene chinesische Modell mit überhaupt keinem Datenschutz. Dazwischen bietet sich meiner Meinung nach eine Lücke für eine europäische KI-Entwicklung basierend auf Datenschutz und einem europäischen Werteverständnis. Diese Aussage zu einem europäischen, wertebasierten Modell hört man ja sehr oft. Auf der anderen Seite wären Konzerne wie Facebook oder Google in Europa einfach nicht möglich gewesen. Wenn Ihre These, dass Regulierung Innovation verhindert, stimmt, dann müsste Deutschland ja ein sehr rückständiges Land sein. Aber unserer Wirtschaft geht es sehr gut. Ob sie den Wandel hinbekommt, ist die andere Frage. Uns geht es in Deutschland so gut, weil wir Innovation und Regulierung zusammengebracht haben. Daran sollten wir uns auch in Zukunft orientieren. Waren Sie überrascht, dass Tim Cook neulich gesagt hat, die DSGVO sei ein tolles Modell? Ich halte die DSGVO nach wie vor für richtig, deshalb habe ich auch dafür gekämpft. Wir müssen jetzt aber überprüfen, ob sie an allen Stellen so wirkt, wie wir das wollen.
Welche Themen müssten wir beim Bürokratieabbau anpacken, damit mehr Menschen in Deutschland gründen? Vor allem geht es um das Gründen selbst. In den Koalitionsverhandlungen haben wir darüber diskutiert, dass Gründen eigentlich innerhalb von 48 Stunden möglich sein müsste. Als Zweites haben wir vorgeschlagen, dass man die Gründer nicht in den ersten Jahren von den Sozialabgaben befreien sollte. Da gibt es ja auch in anderen Ländern gute Modelle. Leider sind wir uns in diesem Punkt nicht mit der Union einig geworden. Sie waren ursprünglich für ein eigenes Internetministerium. Was halten Sie nun von dem Konstrukt um die Staatsministerin für Digitales, Dorothee Bär? Ich arbeite seit Jahren sehr gut mit Dorothee Bär zusammen. Sie ist eine der wenigen aus der Union, die das Thema Digitalisierung tatsächlich verstanden haben. Aber ich halte die ganze Zersplitterung des Digitalthemas nach wie vor für falsch. Mir wäre eine Person wichtig, die ein Haushaltsbudget hat, die Verantwortung trägt und die Einspruch einlegen kann, wenn etwas falsch läuft. Eine Staatsministerin für Digitales ist ein Fortschritt, aber noch nicht das, was ich mir gewünscht hätte. Frau Bär hat also nicht genug Macht, um etwas durchzusetzen? Helge Braun (Kanzleramtsminister, Anm. d. Redaktion) hat erklärt, dass er immer dann zuständig ist, wenn es wichtig wird. Wie die beiden ihre Zusammenarbeit organisieren, kann ich nicht bewerten. Aber dass wir wirklich in der Substanz vorankommen, daran müssen sich beide messen lassen.
Lars Klingbeil Der 40-Jährige ist seit 2017 Generalsekretär der SPD. Vorher hat er sich als netzpolitischer Sprecher seiner Partei einen Namen gemacht. Seit 2009 ist Klingbeil Abgeordneter im Deutschen Bundestag. Sein Wahlkreis liegt in der Lüneburger Heide, wo er auch geboren und aufgewachsen ist. spd.de
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Foto: Johannes Räbel/JFRcreatives
Lars Klingbeil steht hinter der Idee eines Daten-für-alle-Gesetzes seiner Parteikollegin Andrea Nahles.
Ihr Weg zur Optimierung Ihrer E-Commerce / Omnichannel-Logistik
Im Rahmen der FACTORY
19. – 21. Februar 2019 MESSE STUTTGART
Lösungs anbieter und Expertenvorträge zu:
SHOP-SYSTEME SAME DAY / LAST MILE DELIVERY
FULFILLMENT TRENDS IM WAREHOUSE
HANDELS LOGISTIK 4.0 Foto: Shutterstock
RETOURENMANAGEMENT ROBOTICS IN RETAIL KÜNSTLICHE INTELLIGENZ
Vortragsreihe der TradeWorld in Halle 2 Di., 19. Februar, 11:00 – 12:15 Uhr, Forum T, Halle 2
Der Besuch der Foren ist im Messeeintritt enthalten.
Mi., 20. Februar, 10:00 – 11:15 Uhr, Forum T, Halle 2
Do., 21. Februar, 10:00 – 11:15 Uhr, Forum T, Halle 2
Herausforderung B2B-E-Commerce
B2B-Commerce im Plattformzeitalter
Roboter machen mobil
Im Spannungsfeld von Innovation und Routine Moderation: Dr. Georg Wittmann, Research Director, ibi research an der Universität Regensburg Die Digitalisierung macht auch vor Herstellern und dem Großhandel in Deutschland nicht halt. Erfahrene Praktiker berichten in spannenden Fachvorträgen über die Chancen und Herausforderungen des digitalen Handels im Bereich B2B und Großhandel.
Welche B2B-Geschäftsmodelle im digitalen Plattformzeitalter Bestand haben Moderation: Gero Becker, Senior Projektmanager, IFH Köln GmbH, Köln Bereits heute wird bei drei von vier Beschaffern die Customer Journey regelmäßig von digitalen Plattformen beeinflusst – entweder während der Informationsphase oder bei der schlussendlichen Beschaffung. Das Forum zeigt, was B2B-Anbieter berücksichtigen müssen, um zukünftig in der Customer Journey relevant zu bleiben.
Status und Entwicklungsperspektiven von KI und Robotik in der Logistik Moderation: Marco Atzberger, Mitglied der Geschäftsleitung, EHI Retail Institute, Köln Ob in der Logistik oder im Verkauf, dank der sich rasant fortentwickelnden Leistungsfähigkeit der Künstlichen Intelligenz und der physischen Leistungsfähigkeit von Robotik-Anwendungen werden Anwendungsfälle im Handel immer realistischer.
Di., 19. Februar, 14:45 – 16:00 Uhr, Forum T, Halle 2
Mi., 20. Februar, 14:30 – 15:45 Uhr, Forum T, Halle 2
Do., 21. Februar, 14:00 – 15:15 Uhr, Forum T, Halle 2
Digitalisierung bringt Transparenz in die Handelslogistik
Vom Fulfillment zum Omnichannel Handel
Retourenlogistik: Das Beste aus Rücksendungen machen
Wie digitale Technologien Ressourcen optimieren Moderation: Julia Miosga, Bereichsleiterin Handel und Logistik, BITKOM e. V. In der Handelslogistik sorgt der sinnstiftenden Einsatz von z. B. Smart Data, Artificial Intelligence, Blockchain, Tracking und Tracing und effektives Routen Management für mehr Transparenz und damit die Optimierung von Ressourcen.
Wie Händler sich schrittweise auf den Weg machen können Moderation: Prof. Dr. Franz Vallée, Wissenschaftlicher Leiter, VuP GmbH, Vallée und Partner, Logistik- & IT-Beratung, Münster Unternehmen stehen vor der Herausforderung mehrere Vertriebskanäle in allen Phasen des Kaufprozesses intelligent integrieren zu müssen. Im Forum werden pragmatische Lösungen für den Händler und neue Technologien aufgezeigt.
Wie man mit dem passenden Retourenmanagement punkten kann Moderation: Matthias Pieringer, Chefredakteur LOGISTIK HEUTE, HUSS-VERLAG GmbH, München Wer sich im Online- und Omnichannel-Handel nicht zielgerichtet mit Retouren beschäftigt, setzt den Geschäftserfolg aufs Spiel. Durch ein ganzheitliches Retourenmanagement aber können Händler sowie die für sie tätigen Logistikdienstleister punkten.
Kooperationspartner der TradeWorld:
JETZT INFORMIEREN
www.tradeworld.de
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Kirsten Buhrmester, Nina Schwarting, Marc Johannsen (v. l. n. r.): „Lernerfahrung und Verhaltensänderung beeinflussen“.
„LERNEN MUSS KONTINUIERLICH UND INTEGRIERT SEIN“ Wie Unternehmen ihr Corporate Learning zukunftsgerecht gestalten Interview: Kristina Schreiber
Worauf müssen sich Unternehmen, Leader und Mitarbeiter in puncto Lernkultur einstellen? Kirsten Buhrmester: Sie müssen sich auf stetige Veränderungen und berufsbegleitendes Lernen einstellen. Es ist wichtiger, kontinuierlich neue Fähigkeiten zu erwerben und nachhaltig in den Arbeitsalltag zu integrieren. Einen kulturellen Change über Nacht anzustoßen und zu begleiten, ist unmöglich. Marc Johannsen: Mitarbeiter sollten ihr Wissen systematisch, kontinuierlich und lebenslang erweitern und gegenseitig von den Erfahrungen anderer Lernender profitieren: Die besten Lernerfahrungen und nachhaltigsten Verhaltensänderungen entstehen durch ein geschicktes Zusammenspiel aus Kooperation und Netzwerk zwischen den Lernenden, sofortiger Anwendung und klarem Praxisnutzen bei kontinuierlicher Weiterbildung.
Buhrmester: Im Idealfall findet Lernen immer und überall statt – lebenslang und rund um alle meine Themen. Was ist am Lernen im Jahr „2020 plus“ anders? Nina Schwarting: Lernende wollen sofortiges Feedback. Sogenanntes Instructional Design gibt ihnen diese Hilfestellung: Es steht für Strukturen, die die traditionelle Wissensvermittlung mit Online-Studienmaterialien und Problemstellungen auf Plattformen kombinieren – idealerweise dort, wo Dozenten und Lernende interagieren, kooperieren und sich gegenseitig in Echtzeit helfen. Instructional Design leitet Teilnehmer nicht nur auf ihrem Lernpfad. Es hilft, Inhalte über den eigentlichen Lerngegenstand hinaus kritisch zu hinterfragen. Wie lernbereit ist die hiesige Wirtschaft – vom Konzern bis zum Startup – tatsächlich? Schwarting: In den USA und Asien ist eine Arbeitskultur entstanden, die Organisationen und Mitarbeitern ein in den Job integriertes One-Stop-Learning mit inspirierenden Lernplattformen bietet – mit VR-Brillen und anderen Gadgets. Vor allem jedoch über niedrigschwelliges, flexibles Lernen. Muss Jobqualifizierung „cool, shiny and entertaining“ sein?
Foto: AVADO Learning/Jasper Junge
Lebenslanges Lernen beeinflusst die nachhaltige Mitarbeiterleistung. Marc Johannsen, Geschäftsführer von AVADO Learning, Hamburg, Kirsten Buhrmester, dortige Director Corporate Partnerships DACH, sowie Nina Schwarting, verantwortlich für die Produktentwicklung bei AVADO, skizzieren im Interview die Potenziale und die Zukunft des organisationsübergreifenden Lernens.
ANZEIGE Johannsen: Das allein wäre zu kurz gedacht. Gespiegelt auf unseren Markt verfallen beim organisationsübergreifenden Lernen viele Unternehmen in blinden Aktionismus. Investitionen ins betriebliche Lernen zahlen im schlimmsten Fall nicht auf strategische Ziele ein – nach dem Motto: fancy, aber ohne wirklichen Arbeitsbezug und ohne kulturelle, nachhaltige Veränderung in der Tiefe. Wann wäre eine gute Voraussetzung für gelungenes Corporate Learning gegeben? Johannsen: Idealerweise geben Lernprogramme, die den digitalen und kulturellen Wandel fördern, Antworten: was Mitarbeiter und Führungskräfte tun können, um sich mit den exponentiellen Entwicklungen der Digitalisierung synchron und positiv zu verändern. Lernen bietet die Chance, dass Arbeit einfacher wird und Beteiligte von Digital profitieren. Weil Standardaufgaben automatisiert werden, können sich Menschen auf höherwertige Tätigkeiten konzentrieren. Welche Rolle spielen im Corporate Learning die Führungskräfte? Johannsen: Diejenigen, die den Wandel treiben, brauchen Ziele. Sie müssen agiles Arbeiten positionieren und den Verunsicherungen durch neue Herausforderungen etwas entgegensetzen. Sie müssen Mut machen – etwa indem sie positive Antworten formulieren, was mit den Menschen passiert, deren Standardaufgaben automatisiert werden. Und welche Rolle das Lernen für diese Menschen und die Kultur der Gesamtorganisation spielt. Schwarting: Um neue Lernkonzepte und -inhalte erfolgreich zu integrieren, braucht es Mut, um Hindernisse konsequent zu adressieren und bei Widerständen nicht einzuknicken. Lernprogramme bringen Veränderungen; sie lassen sich nur konsequent umsetzen, wenn sie kontinuierlich wiederholt werden und zu einem Teil des Berufsalltags werden. Versteht die Organisation indes die Relevanz nicht, ziehen Unternehmen und ihre Manager im schlimmsten Fall bei ihrer Corporate-Learning-Initiative die Reißleine und verbrennen damit Budget und eine Vision. Buhrmester: Die Krux ist, dass sich die stringente Einführung von nachhaltigem und durchdachtem Lernen als Teil einer digitalen Kultur auch als anstrengend erweist. Führungskräfte müssen Ziele festlegen, Wünsche ermitteln und Mitarbeiter frühzeitig ins Boot holen. Sonst erkennen insbesondere die weniger Motivierten nicht, dass die Teilnahme an smarten Lernprogrammen zielführend, anwendungsbezogen und sogar ein Privileg ist. Was passiert, wenn Organisationen Mitarbeiter spät oder halbherzig in ihre Learning-Initiative einbeziehen? Buhrmester: Wenn Manager Lernprogramme verordnen und selbst nicht mit Herzblut dahinterstehen, droht die Einführung zu scheitern. Anstatt beim geringsten Widerstand einzuknicken, braucht es eine starke, kommunikative Führung. Erfolgsgeschichten helfen zu begeistern, Awareness zu schaffen und Organisationen zum Treiber von Wandel und Lernkultur zu machen. Nach dem Motto: „Tue Gutes und rede darüber!“ Wie viele gelungene Beispiele für fundierte Corporate-Learning-Anstrengungen gibt es? Buhrmester: Immer mehr. Im Idealfall sind sie ein Bekenntnis dafür, dass sich organisationsübergreifendes Lernen immer wieder an aktuellen Bedürfnissen ausrichtet und bei Bedarf justie-
ren lässt. Dem kulturellen Wandel werden alle anderen Ziele untergeordnet. Es geht um Kompetenz und Mindset, aber auch um Willen und Mut, einen Wandel herbeizuführen. Inwiefern gehen organisationsübergreifende Programme auf individuelle Lernbedürfnisse ein? Buhrmester: Gibt es zusätzlichen Austauschbedarf und Wünsche, erhalten einzelne Mitarbeiter Coachings – per Mix aus Face-to-Face-Workshops und virtuellem Lernen. Oder wir als Change-Begleiter und Lerndienstleister stellen die zehn für das Geschäft oder für die Teilnehmer relevantesten Themen zur Wahl. In den Unternehmen selbst braucht es Führungspersönlichkeiten, die Lust haben, in agiler Weise neues, aktuelles Wissen anzuzapfen. Was braucht es für eine anspruchsvolle Learning Journey heute und morgen? Buhrmester: Es braucht interaktive Software, Mobile Devices und schnell anbindbare Tools – den täglichen „heißesten Shit“ im Stream. Wir brauchen Chats, Push-Nachrichten, Bewegtbilder und Audios in einer vertrauten Umgebung, auf Plattformen, auf denen wir uns wie in unserer Westentasche auskennen – à la Social-Media-Apps, jederzeit und auf jedem Gerät verfügbar. Schwarting: Um zu motivieren, brauchen wir leicht integrierbare Profile, in denen wir Themen anzeigen, auf die wir als Nutzer, Teilnehmer und Macher besonders stolz sind und in deren Kontaktbereich wir uns als Experten exponieren. Welche informationelle Herausforderung verbirgt sich hinter einer smarten Learning Journey? Schwarting: Neuartiges Lernen findet datenbasiert statt. Systeme werten Datenpunkte aus und machen Informationen im Sinne des Lernenden nutzbar. Mehrwertige Inhalte werden hier angeflanscht. So geht Lernen auf die Präferenzen des Nutzers ein oder vernetzt diesen mit anderen Lernenden, die sich für Ähnliches interessieren. So gelingt es, Lernen zu optimieren. Wie lautet euer Appell an Wirtschaft und Gesellschaft, sich eine Corporate Learning Culture zu erschließen? Johannsen: Lernen muss zur Selbstverständlichkeit und Gewohnheit werden. Es muss sich bequem in die Arbeit integrieren, sofort verfügbar und immer hilfreich und flexibel sein – als fester Teil des Arbeitsalltags. Schwarting: Die Alternative besteht in geleitetem Lernen. Es geht als Alltagsbestandteil auf neue Themen ein – egal ob wir heute mit Alexa reden oder morgen in einem mit Sensoren ausgestatteten Anzug auf dem „Holodeck“ eine inspirierende Lernlektion erhalten.
AVADO Learning unterstützt auf allen Ebenen der Digitalisierung mit skalierbaren, nachhaltigen Lernprogrammen – vom preisgekrönten, mit Google entwickelten „Squared Online“ bis hin zu Customized-Lösungen. Wir helfen Organisationen, zum Treiber digitaler Initiativen zu werden. avadolearning.de
COVERSTORY
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Foto: Patrick Debrosses
TONE, R, P O H PAULF BRUNNND Unter JOSE SON BnOner stieg 201V4ertinrsieb und JACr-CKhef Josef Bmrumert sich umder kreative che
COVERSTORY
„Es entsteht ein Wettbewerb um die Daten“ Dem Technologieunternehmen Relayr gelang der Exit des Jahres. Im Interview erläutert das Team seine Erfolgsformel und Ambitionen. Das Gespräch führte Jan Thomas.
Wie ist euer Team strukturiert und wie hat es sich verändert? Paul: Als CTO habe ich die Verantwortung für die Technologie und Produktentwicklung. Das sind ca. 50 Prozent des Teams. Angefangen haben wir zu dritt. Josef ist 2014 dazugekommen und hat uns den Weg aufgezeigt. Josef: Ich versuche, das Schiff auf Kurs zu halten. Ich habe eine große Nähe zu Vertrieb und Sales, die meines Erachtens kriegsentscheidend sind. In Startups gibt es oft eine ausgeprägte Liebe zu Technologie. Das ist unglaublich wichtig, aber man vernachlässigt dabei oft, dass man das Produkt auch verkaufen muss und dass die eigentliche Komplexität im Vertriebskonzept liegt. Jackson: Und ich mache den Vertrieb auf C-Level-Ebene, vermittele CEOs die Geschäftspotenziale von industrial IoT. Ist es kompliziert, den Kontakt zu C-Levels herzustellen? Jackson: Unser Sweetspot ist der Mittelstand mit einem Umsatz zwischen 20 Millionen und zwei Milliarden Euro. Da sind die CEOs noch relativ zugänglich. Aber natürlich sind Intros und Netzwerke hilfreich, zunehmend auch durch Private-Equity-Unternehmen oder andere Multiplikatoren. Wie offen sind die Geschäftsführer für diese Art von Gesprächen? Jackson: Zunächst mal haben alle Schiss! (lacht) Und unser Unterscheidungsmerkmal ist, dass wir kundenzentrisch sind. Unser Kunde ist der CEO eines mittelständischen Unternehmens und wir tun alles, ihn mit Datenauswertung und Vorhersagen erfolgreich zu machen. Josef: Grundsätzlich ändern sich in der Digitalisierung die Marktdemarkationslinien. Kernmärkte der Industrieunternehmen werden durch Challenger angegriffen, wobei die Angriffe meistens nicht auf der harten Ebene erfolgen. Trotzdem ist es natürlich schwierig, einen Termin zu bekommen. Aber noch schwieriger ist der
nächste Schritt. Hier hast du eine Aufmerksamkeitsspanne von fünf Minuten, in denen dein Gegenüber versucht herauszubekommen, ob sich diese 30 Minuten für ihn rentieren oder nicht. In diesen fünf Minuten relevant zu werden, ist schwierig, denn Digitalisierung ist technologisch ja immer gleich. Aber der Weg, wie man diese adaptiert und sich transformiert, ist von Kunde zu Kunde signifikant unterschiedlich. Deswegen starten wir unsere Erstgespräche beim Kunden strikt ohne Laptop und PowerPoint. Denn das führt zu Einbahnstraßen und du betankst den Kunden, statt zuzuhören. Entscheidender ist es, zu verstehen und darauf schnell intelligent zu antworten. Der dritte Schritt ist dann die Umsetzung. Hier kann man festhalten, dass der Mittelstand über umsetzungsstarke Organisationsstrukturen verfügt. Je größer die Organisation ist, desto schwieriger wird es, die Transformation umzusetzen. Sind eure Kunden nicht sehr verschieden? Wie denkt man sich da rein? Josef: Ganz gleich, ob es sich um Aufzugshersteller oder Müllunternehmen handelt – das Wichtige ist, den Endkundenmarkt zu verstehen. Es geht also gar nicht so sehr um den Kunden selbst. Wir bauen zum Beispiel eine Predictive-Maintenance-Lösung, die agnostisch zum vertikalen Markt ist. Aus diesem Grund schauen wir uns immer den Endkundenmarkt an und finden die relevanten Unternehmen. Das sind in der Regel Unternehmen, die Schmerz spüren. Denn solange „good enough is good enough“ steht, wird sich ein Unternehmen nicht bewegen. Sobald sie anfangen zu leiden, ist es der richtige Zeitpunkt für uns. Wenn sie bereits schon länger leiden, ist es meistens zu spät, denn du kannst als träges Unternehmen nicht mehr schnell genug aufholen. Und gibt es für diese Branchen Indikatoren oder Marktsignale? Josef: Das ist schwierig und zeigt auch die Komplexität. Zum einen muss der Kunde verstehen, dass er sein
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FACTORY COVERSTORY
Jackson Bond und Paul Hopton auf einem Rundgang durch die Büroräume.
Kerngeschäft digitalisieren muss. Das tut weh. Wir wie- sowohl der Hersteller als auch der Betreiber oder das Serderum benötigen dafür Domain-Expertise, denn wir ver- viceunternehmen haben einen enormen Effizienzdruck. stehen vom Geschäft unserer Kunden zu wenig. Dann for- Wir haben die gute Ausgangsposition als agnostischer men wir mit dem Kunden ein emotionales Joint Venture. Partner ein Intelligenz-Layer darüberzulegen. Es entsteht Nehmen wir einen Aufzughersteller: In dem Seg- ein Wettbewerb um die Daten. ment haben wir eine Predictive-Maintanance-Lösung entwickelt, um sicherzustellen, dass ein Aufzug seltener Wie sieht denn euer Pitch bei einem angsterfüllten ausfällt. Wir können voraussagen, wann ein bestimmtes CEO genau aus? Teil kaputtgehen wird. Im nächsten Schritt entdecken wir Josef: Das „intellectual property“, das wir geschaffen dann Service-Modelle rund um den Aufzug. haben, liegt zu einem Großteil in der Modellierung neuIn der dritten Phase setzen wir uns dann mit den er Geschäftsmodelle. Mit einem CEO sprichst du nicht Kunden des Aufzugsüber Technik, sondern unternehmens auseinüber Go-to-Market-Profiander, also etwa großen tabilität. Ein CEO möchVermietern oder den Bete keine Technologie kautreibern von Nah- und fen, sondern die Zukunft Fernverkehrsnetzen. seines Unternehmens siDiese Unternehmen hachern. Josef Brunner ben Rückstellungen für Einer unserer loyalsdie möglichen Reparaten Kunden ist ein Cheturen der Aufzüge gebilmieunternehmen, bei det. Das kann bei großen Unternehmen schnell große Blö- dem ein innovativer CEO am Steuer ist, der durch die Dicke in der Bilanz bedeuten. Und dann kommt Financial gitalisierung Mehrwerte in die Company bringen möchEngenieering ins Spiel, mit dem Ziel, die Rückstellungen te. Er hilft uns dabei, zu verstehen, wo die Ineffizienzen aufzulösen und den Aktienkurs zu steigern. Das Spannen- in den Märkten liegen, und wir helfen ihm, zu verstehen, de daran ist, dass wir vor drei Jahren auf die Frage „was wie man diese mit Technologie adressieren kann. macht ihr mit Aufzügen“ noch signifikant anders geantwortet hätten, als wir es heute tun. Inzwischen haben wir Von außen betrachtet habt ihr euch stark gewanuns vom reinen Technologie-Pitch verabschiedet und se- delt. Die ursprüngliche Idee mit der Wunderbar und hen uns eher als Business-Partner. die Partnerschaft mit Conrad Electronic scheinen Jackson: Trotzdem bleibt unser Fokus natürlich auf komplett vergessen. Und plötzlich war Relayr eine den Maschinen, die ja hergestellt, gewartet und betrie- Riesen-Story. Erst kam Josef und dann Kleiner Perben werden müssen. Interessanterweise stehen diese drei kings und Cisco. Wie kam es dazu? Wertschöpfungsketten im Wettbewerb zueinander und Jackson: Eine wichtige Erkenntnis war, dass man mit
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Foto: Patrick Debrosses
„Geschwindigkeit über Perfektion“
COVERSTORY Entwicklern kein Geld verdienen kann. Rückblickend war die Wunderbar ein trojanisches Pferd für unsere Plattform. Mit der Unterstützung von Conrad ist es uns gelungen, ca. 3.000 Entwickler auf unsere Plattform zu bekommen. Dann kam Josef dazu, der gerade seine IT-Firma an Cisco verkauft hatte. Er hat unsere Traction verstanden, aber auch die Gründe gesehen, warum wir kein Geld verdienen. Und auf diesem Fundament konnte man aufbauen und Lösungen für Unternehmen verkaufen. Paul: Alle Unternehmen stehen unter Druck. Einem Zitat von John Cambers, CEO von Cisco, zufolge werden im Jahr 2020 vierzig Prozent der Fortune-500-Unternehmen nicht mehr existieren, was ebenso den Mittelstand betrifft. Unsere Mission ist es, sie beim Überleben zu unterstützen. Und die Frage von Josef war von Anfang an, wie wir damit Geld verdienen. Wie sah Relayr zu diesem Zeitpunkt aus? Paul: Wir hatten zu diesem Zeitpunkt ein Liquiditätsthema. Josef: Als ich in Relayr investiert habe, war ich noch bei Cisco, die gerade meine vorherige Firma JouleX für etwas über 100 Millionen Dollar gekauft hatten. JouleX hatte sich mit Energy Management beschäftigt, wodurch ich eine natürliche Affinität zu IoT hatte. Außerdem war ich angefixt von der Weitsicht von John Chambers, der viele Branchentransformationen vorausgesehen hat. Dann kamen Paul, Jackson und Harald auf mich zu, auf der Suche nach Geld. Und ich war thematisch schon voll drin. Daraufhin habe ich John angesprochen und gesagt, dass ich gerne aufhören möchte, weil ich in Relayr Potenzial sehe, aber das Geschäftsmodell nicht fliegt. Das lag primär auch an fehlender Sales-Aggressivität. Wir müssen mehr auf die Kunden zugehen und wegkommen von der Verliebtheit in Technologie - was leider bei den meisten Startups vorherrscht. Wenn dir keiner dein Produkt abkauft, ist es irrelevant. Wir haben dann versucht, eine Kombination aus deutscher Technologie und amerikanischen Marketingund Vertriebsansätzen zu verfolgen. Daher haben wir auch das Wunderbar-Thema beerdigt, was natürlich zu einem kulturellen Wandel in der Firma geführt hat. Für vie-
Luechtendes Vorbild: Modell einer Containerlösung für einen Aluhersteller.
le war mein Eintritt in die Firma sicher ein Clash of Cultures. Und das war schon eine harte Phase. Und es gab eine Fehleinschätzung, denn wir wollten unsere wirklich gute Technologie an CTOs vermarkten, haben aber unterschätzt, dass Technologie keine Line of Business verantwortet und deswegen auch keine Transformation machen kann. Dann sind wir an die CEOs herangetreten, haben aber schnell gemerkt, dass man mit ihnen nicht über Technologie sprechen kann. Mit CEOs musst du über Business Outcomes sprechen, über Modellierung des Geschäftsmodells. Und dann landest du schnell bei den Themen Versicherung und Finanzierung. Und so haben wir uns wie eine Brute Force durch den Markt geprügelt und haben dabei eine unglaublich gute Value Proposition gefunden: das „Technology enabled Business Outcome based selling“. Jackson: Man darf nicht vergessen, dass der Markt noch wahnsinnig früh ist. Wir vergleichen uns immer mit dem Smartphone-Markt im Jahr 2003. Da war die Branche noch dominiert von einigen PDAs, den Nokia Bricks und von Standards oder Durchbrüchen wie dem iPhone oder Android noch weit entfernt.
Fokus bleibt auf den Maschinen.
Habt ihr den Eintritt von Josef nur als Chance oder auch als Risiko gesehen? Paul: In den ersten zwei Jahren habe ich der Firma ohnehin nur geringe Überlebenschancen gegeben. Aber wenn du nicht mit dem Tod leben kannst, solltest du auch kein Startup gründen. Von positiver Resonanz unserer Entwickler und Innovationspreisen alleine kann man nicht überleben. Durch Josef haben wir zwar die Firma verändert, aber der Grundgedanke ‚Maschine spricht mit Maschine‘ ist geblieben. Einige Mitarbeiter wollten oder konnten den Wechsel nicht mitgehen, was zu personellen Veränderungen geführt hat. Rückblickend denke ich, dass die Wende sogar zu langsam war. Jackson: Flexibilität ist wichtig. Kill your darlings. Nicht an etwas festzuhalten, was man mag. Erfolgreiche Firmen müssen sich immer dem Markt anpassen. Relayr ist mein viertes Unternehmen. Ich habe gelernt, agil zu bleiben. Wenn jemand mit einem entsprechenden Track
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FACTORY COVERSTORY
Programmierer bei der Arbeit.
Hier strömen Daten: Ein Blick hinter die glatten Oberflächen.
Record, einer Vision, Geld und Netzwerk kommt, warum soll man das nicht ausprobieren?
Hat sich euer Team dabei verändert? Jackson: Es ist wichtig zu verstehen, dass sich eine Firma verändert. Im Laufe der Zeit verändert sich die Anforderung an das Personal. Wer nicht flexibel im Kopf ist, den verlierst du. Das muss man akzeptieren. Paul: Alles ändert sich konstant. Die Stadt, der Markt. Viele Mitarbeiter kamen zu einem bestimmten Zeitpunkt mit bestimmten Fähigkeiten und Erwartungen. Wenn sich das Setup ändert, kann das uninteressant für sie werden. Dann ist das Gras woanders grüner.
Dann musst du aber auch liefern, richtig? Absolut. Bei uns haben viele Kleinigkeiten geholfen. Wir hatten top Investoren, was bei der Story gegenüber Kunden und Mitarbeitern hilft. Dann haben wir tolle Kunden, die immer mehr über uns sprechen. So baust du ein Fundament auf. Aber klar, wenn Storyline und Strategie nicht substanziiert sind, bricht dir deine komplette Story zusammen. Deshalb hatten wir auch am Anfang einige harte Diskussionen mit Mitarbeitern, denn man muss verstehen, was für die Firma gut und was falsch ist.
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Ihr seid dezentral aufgestellt, habt mehrere Standorte und einige Firmen akquiriert. Wir haben derzeit etwas über 200 Mitarbeiter, sind in den USA in Chicago und in Austin, haben eine Niederlassung in Polen, sind in England, Frankreich, in München und in Berlin. Die zweite Firma, die wir akquiriert haben, war ähnlich groß wie wir, aber dreimal so alt. Das ist kulturell spannend, denn man möchte das Beste beider Welten. Andererseits musst du zeitweise sehr hart in der Formulierung sein, denn man möchte eine gemeinsame Firmenkultur etablieren. Waren die Unternehmenszukäufe unterm Strich erfolgreich? Paul: Würden wir es noch mal machen, wäre der Due-Diligence-Prozess wahrscheinlich länger und wir würden mehr hinterfragen. Genauso haben wir gelernt, dass das Vereinheitlichen von Prozessen nicht aus der Distanz gelingt. Du musst vor Ort präsent sein und anhand positiver Beispiele sensibilisieren. Durch die Zukäufe haben wir uns von einem Middleware- zu einem End-to-End-Anbieter gewandelt und uns zeitgleich eine zehnjährige Expertise eingekauft. Am Markt hat man mit-
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Seid ihr denn inzwischen an dem Punkt, wo der Tod des Unternehmens kein Thema mehr ist? Josef: Ich werde mit dem Konzept des „accepting failures“ nicht warm. Wenn du diese Option mental zulässt, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie eintritt. Wenn du ein Startup betreibst, muss du die Realität ausblenden und auf eine gewisse Art ignorant sein. Sonst wirst du verrückt. Und das gilt speziell fürs Fundraising. Die richtig guten Investoren, die wir gewinnen wollten, investieren in Confidence. Du musst die Sicherheit ausstrahlen, dass du das Thema nach Hause bringst, auch wenn du noch nicht weißt, wie. Ich gehe sehr gern wandern. Und das Gipfelkreuz ist immer das Endziel. Wir wissen zwar nicht, wie wir es erreichen, aber wir hangeln uns sicher von Basecamp zu Basecamp. Das ist übrigens nicht nur für die Investoren wichtig, sondern auch für die Mitarbeiter. Sobald die merken, dass es wacklig wird, springen sie ab, vor allem die guten.
COVERSTORY bekommen, dass wir eine strategische Akquisition gemacht haben. Das war eine starke Message. Josef: Man hat gemerkt, dass wir es ernst meinen. Unterm Strich waren die Zukäufe kriegsentscheidend und strategisch wichtig. Sie haben uns auf dem Radar nach oben befördert und unsere Schlagkraft erhöht. Cashseitig sind wir dabei all-in gegangen. Die Kunst ist es dann, sehr schnell in Traction und Sales umzumünzen.
ändert. Das ist der nächste Clash. Dabei haben wir sicher die Hälfte der polnischen Kunden verloren, die aber aus kommerzieller Sicht auch keinen Sinn gemacht hätten. Wir haben uns auf bestimmte Elemente konzentriert und diese durchmonetarisiert. Das war für viele Kunden hart. Andererseits sind wir dadurch für viele Kunden zu einem strategischen Partner geworden.
Und jetzt habt ihr einen Exit gemacht ... Musstet ihr all-in gehen? Hättet ihr die Features Paul: Ich mag den Begriff nicht, denn für uns ist es nicht selbst entwickeln können? kein Exit. Wir haben einen strategischen Investor an Bord Josef: Eine schwierige Komponente im Venture Capi- geholt, mit dessen Hilfe wir weiterwachsen. tal sind Markttiming und Marktreife. Du bist idealerweiJosef: Das wird für uns mit Sicherheit die nächste se nie der Erste, denn Phase des Erwachder bezahlt die Aufbesenwerdens. Wir reitung des Marktes. wollen ein UnternehUnd er stirbt, sobald men bauen, das aus der Markt aufwacht, Deutschland heraus weil ihm die Möglicheine gewisse Signikeit fehlt, neues Geld fikanz erreicht. Zeitaufzunehmen, um den gleich bin ich hier Markt zu bedienen. Es mit dem Willen geist schlauer, hinter dem startet, dass wir eine herzufliegen und dann eigenständige Brand Jackson Bond schnell in die Execution bauen. Dabei führen zu kommen. Ich glaube verschiedene Wege an Geschwindigkeit über Perfektion. Es hat sich richtig zum Ziel. Wir hatten vorher schon andere Optionen für eiangefühlt und ist sehr gut aufgegangen. Diese technolo- nen Exit, die sich aber alle nicht richtig angefühlt haben. gischen Komplementär-Akquisitionen werden aufgrund Das hing auch mit unserem Versprechen zusammen. Du unserer Organisationsreife für uns künftig eine größere kannst nicht drei Jahre lang davon reden, dass du ein groRolle spielen. ßes deutsches Unternehmen aufbaust – und dann landest Jackson: Dazu kommt auch, dass die gekauften Fir- du voll integriert in einem Großkonzern. Dann verlierst men auch spannende Kunden hatten. du das Vertrauen bei Kunden und im Team. Faktisch ist Josef: Das ist übrigens auch spannend, wenn du mit es natürlich ein Exit, da die Munich RE hundert Prozent Bestandskunden sprichst und erklärst, dass sich die Mo- der Anteile übernommen hat. Aber wir haben weiterhin netarisierungsstrategie ändert und dass sich das Pricing die Freiheit, das Unternehmen zu gestalten und zeitgleich
„Erfolgreiche Firmen müssen sich immer dem Markt anpassen“
Grünes Licht für das Führungsteam von Relayr.
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FACTORY COVERSTORY haben wir einen anderen Zugriff auf Kapital und können dann ist sechs Monate, nachdem wir verkauft haben, der uns langfristig aufstellen. Deswegen finde ich das insge- komplette Energie- und Sustainability-Markt weggebrosamt sehr charmant. chen. Fenster schließen sich und verkaufen macht dann Jackson: Die Münchner Rück hat ein ähnliches Inte- Spaß, wenn du einen Mehrwert bietest. Und dazu musst resse wie wir, denn das Window of Opportunity schließt du zum richtigen Zeitpunkt im richtigen Marktsegment sich sehr schnell. sein. Josef: Eine Versicherung lebt von Daten. Sie modellieren das den Policen zugrunde liegende Risikoma- Und ihr habt nicht zu früh verkauft? nagement auf Basis von Daten. Jetzt ändert sich die Welt Josef: Durch die Eigenständigkeit haben wir noch und neue Versicherungsmodelle kommen in den Markt. alle Optionen. Unser Ziel bleibt die IPO-Readiness der Equipment Breakdown ist ein schönes Beispiel, das ge- Company. Wenn du so willst, haben wir einen großen Segen die Downtime einer Maschine versichert. Oder Ga- condary gemacht. Wir haben Sicherheit gekauft und harantien eines Outcome durch mathematische Modelle, ben noch alle Optionen. Ein sehr guter Mittelweg. also Algorithmen. Wir entwickeln Modelle, Und gab es denn keibei denen wir garannen Interessenskontieren, dass bestimmflikt innerhalb der Inte Algorithmen, die wir vestoren? haben, zu 90 bis 95 ProJosef: Ich bin zent genau sein werden. grundsätzlich ein Beispielsweise für die Freund vernünftiger Berechnung von ErnteSyndikate. Normalerausfällen. Das ist reine weise wird eine RunMathematik. Daher ist de bepreist von dem die Technologie, die das Lead-VC, weil der den Paul Hopton ermöglicht, für einen Markt gut versteht. Das
„Wenn du nicht mit dem Tod leben kannst, solltest du kein Startup gründen“
Versicherer so wichtig. Es scheint, dass ihr weiterhin sehr ambitioniert seid. Ist dann ein hundertprozentiger Exit vernünftig? Josef: Ich glaube, dass es richtig und falsch dabei nicht gibt. Du startest nicht zu einem richtigen oder falschen Zeitpunkt und du verkaufst nicht zu einem richtigen oder falschen Zeitpunkt. Es ist möglich, dass wir in drei Jahren die Situation anders bewerten. Oder dass wir froh sind, weil sich das Fenster zwischenzeitlich geschlossen hat. Bei Joulex standen wir vor derselben Frage und
kannst du anreichern mit einem Strategen, der zusätzliche Assets einbringt. In unserem Fall war das Cisco. Als ich bei Cisco ausgestiegen bin, haben wir ein Handshake Agreement gemacht, dass Cisco bei Relayr einsteigt. Das hat zu einer bedeutenden Marktresonanz geführt. Wichtig in einem Markt wie unserem, der sehr überhitzt ist und in dem es Hunderte Wettbewerber und wenig Substanz gibt. Denn wir sprechen ja mit Unternehmen über ihre Zukunft und dabei hilft ein Partner wie Cisco, Kredibilität aufzubauen. Die Munich RE war der zweite Stratege. Und wir wollten ei-
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Diskutieren gerne neue Ideen: Jackson Bond, Paul Hopton und Josef Brunner (von links) .
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COVERSTORY nen der Top-Five-VCs, den wir dann mit Kleiner Perkins auch bekommen haben. Zeitgleich hatten wir mit Munich Venture Partner auch einen sehr guten deutschen VC an Bord. MVP verfolgt einen technologiegetriebenen Ansatz. Dadurch hatten wir dann sehr komplementäre Partner. Und schließlich wollten wir Business Outcomes verkaufen. Also weg von Software Subscriptions, hin zu Sales Ramp up. Eine von der Technologie entkoppelte Abstraktionsebene. Dabei hat uns die Connectivity gefehlt, weswegen die Telekom gut reingepasst hat, die einen sehr guten Zugang zum Mittelstand hat. Unsere ideale Zielgruppe sind ja die Hidden Champions. Und trotzdem ist es richtig, dass Kleiner Perkins es lieber gesehen hätte, wenn wir weitergelaufen wären, wobei man die Frage wahrscheinlich anders formulieren müsste. Kleiner hat geschafft, was den deutschen VCs überhaupt noch nicht gelungen ist: nämlich einen Fund über mehrere Generationen oben zu halten. Europäische VCs schaffen es typischerweise nicht, den Fund in die nächste Generation zu übergeben. Daher verlieren sie die Bindung zu den ehemaligen Founders und bauen sich auch kein Netzwerk auf. Ein riesiges Problem der europäischen VC-Szene ist, dass wir immer wieder von Neuem starten. Wenn du einem großen US-Fund sagst, dass du mit dem CEO von Oracle sprechen möchtest, dauert es nicht lange, bis du dort bist. Das liegt an den Netzwerken. Genauso bei Cisco Corporate Venture, die vor allem darauf aus sind, eine gute Founder-Reputation zu haben. Das ist der Hauptunterschied zwischen den US-VCs und den
deutschen Bankern, die sich VCs nennen. Wie seht ihr eure Zukunft? Josef: Ich glaube nicht, dass sich unsere Value Proposition noch mal ändert. Wir haben einen sehr guten Product Market Fit. Das ist wie beim Tennis. Wenn du den Ball richtig triffst, dann vibriert der Arm nicht mehr. Daher wird es keinen Shift mehr geben, sondern nur noch Anpassungen. Aber wir werden das Orchestrationsthema ernster nehmen, um den Business Outcome für unsere Kunden zu erhöhen. Das kann über Partnerschaften oder über Zukäufe passieren. Ein zweites Thema, das wir stärker vorantreiben werden, sind Versicherungs- und Finanzierungsergänzungen. Und ggf. auch Joint Ventures. Jackson: Wir haben jetzt die Größe und Schlagkraft wie kein anderer. In den nächsten zwei Jahren muss man alles tun, um die Standards zu setzen. Das ist unsere Gelegenheit, den Mittelstand zu unterstützen. Durch die Munich RE bekommen wir das Vertrauen, das kein anderer momentan hat. Und ihr gebt weiter Vollgas? Absolut. Es ist ja auch ein Trugschluss, dass Unternehmer aus finanziellen Motiven heraus agieren. Ich zumindest bin getrieben von Competitiveness oder Ehrgeiz. Und der geht ja auch nicht weg. Der Druck auf dem Kessel bleibt. Und wir wollen das Fundament bauen für einen substanziellen Category Leader. Und dabei die Kultur und die Geschwindigkeit beibehalten. ANZEIGE
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The Hundert goes Deutschland Das Magazin The Hundert schaut über den Berliner Tellerrand hinaus. Die elfte Ausgabe stellt die innovativsten jungen Startups aus ganz Deutschland vor. Das Gespräch führte Sarah Heuberger.
Kinexon optimiert und automatisiert Produktions- und Logistikprozesse in Echtzeit
Konux integriert intelligente Sensorsysteme und KI-basierte Analysen, um den opera-
Minespider ist ein Blockchain-Tracking-System. Es stellt sicher, dass Rohstoffe keine
tiven Betrieb effizienter zu gestalten.
Umwelt- oder Menschenrechtsverletzungen finanzieren.
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Fotocredit: Nils Lucas, Louisa Summer, Valeska Hoischen
durch IoT.
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GWA Hygiene kommt aus Stralsund und kümmert sich um Krankenhaus-
Tesvolt aus Lutherstadt-Wittenberg ist spezialisiert auf kommerzielle Batteriespeicher-
hygiene.
systeme.
Thomas, du als Projektmanager hast die elfte Ausgabe von The Hundert betreut. Worauf bist du vor allem stolz? Das Niveau aller Beteiligten war sehr hoch. Allem voran das Niveau der einhundert Startups natürlich. Aber auch die Jury war mit 42 Experten aus der Szene hervorragend besetzt und für das Vorwort konnten wir den Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier gewinnen.
Wie unterscheidet sich diese Ausgabe von den anderen? Wir haben zum ersten Mal eine Deutschland-Ausgabe herausgebracht. Davor haben sich die Ausgaben immer auf ein bestimmtes Thema oder eine bestimmte Stadt bezogen. Das war eine Herausforderung, vor allem wegen der Koordination der Fotoshootings. Sechs Fotografen sind für uns im Sommer durch Deutschland gereist und haben die Startups an ihren Standorten inszeniert. Daher haben wir einen sehr spannenden Mix an Bildern.
Wie hat sich die The Hundert in den letzten Jahren entwickelt? Jede Ausgabe hatte bisher ein anderes Konzept. Jedes Jahr haben wir einen neuen Aspekt der Startup-Szene oder einen neuen Gründungsstandort in den Fokus gerückt. Wichtig war aber immer, interessante Eindrücke von den einhundert Startups und ihren Gründern zu bekommen.
Wieso lag der Fokus dieses Mal auf Startups aus ganz Deutschland? In den letzten Ausgaben haben wir uns immer viel auf Berlin fokussiert. Doch auch andere Regionen werden immer aktiver auf diesem Gebiet, wie etwa Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg oder Hamburg. Das merken wir auch, wenn wir deutschlandweit mit unserem Verlag NKF Media unterwegs sind. Und das wollten wir jetzt alles gebündelt in einer Ausgabe zeigen.
„Ich finde Startups gut, die groß denken“ Wie habt ihr die hundert Startups ausgewählt? Wir haben im Juni einen bundesweiten Aufruf für Startups gestartet. Darauf haben wir ungefähr 650 Bewerbungen von Startups aus ganz Deutschland erhalten. Die Liste wurde dann an unsere Experten-Jury weitergegeben, die die besten Hundert ausgewählt haben.
The Hundert stellt diesmal die innovativsten Startups Deutschlands vor.
Gab es etwas, was dich bei den Startups überrascht hat? Vielleicht das Alter der Gründer. Die meisten Gründer waren älter, als ich es ursprünglich erwartet hätte. Viele
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THE HUNDERT waren Mitte 30, Anfang 40. Man denkt bei Startup-Gründern immer gleich an junge Uniabsolventen. Aber ich glaube, es macht Sinn, erst einmal Berufserfahrung in einem anderen Unternehmen oder Startup zu sammeln, bevor man selbst erfolgreich gründet. Wie setzt sich die Jury zusammen? Die Jury sollte möglichst vielfältig sein. Wichtig für uns ist es, Experten aus verschiedenen Branchen zu haben, die sich mit Startups beschäftigen. Die Jury setzt sich aus Investoren, Gründern, Medienvertretern und Politikern zusammen. Welche Kriterien gab es? Die Startups sind Unternehmen, die jünger als vier Jahre sind. Sie wurden in Deutschland gegründet oder haben ihren Hauptsitz hier. Für die Jury war zunächst die Innovation hinter der Geschäftsidee oder dem Geschäftsmodell am wichtigsten. Dann haben auch die Skalierbarkeit eine Rolle gespielt und das Potenzial, in der Zukunft einen Mehrwert zu generieren.
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Hast du einen persönlichen Favoriten unter den hundert Startups? Ich persönlich finde die Startups gut, die groß denken und die mit neuen Technologien die Welt verändern möchten. Ich fand besonders die Startups aus dem Medizinbereich spannend wie etwa Heartbeat Medical, GWA Hygiene oder Inveox. Auch interessant sind Startups wie Minespider, Bio-Lutions oder Silexica, die mit ihrer Lösung eine komplette Branche oder Industrie weltweit revolutionieren könnten. Wie geht es mit The Hundert weiter? Wir möchten weitere Startup-Ökosysteme weltweit vorstellen. Unsere Mission ist es, den Protagonisten der Startup-Szene und ihren Erfolgsgeschichten eine Bühne zu bieten. Gleichzeitig wollen wir ihnen dabei helfen, sie mit bereits etablierten Unternehmen und Investoren zu vernetzen. Dafür ist die Releaseparty immer eine super Gelegenheit, bei der sich Gründer, Investoren, Partner des Heftes und die ganze Startup-Community austauschen und natürlich miteinander feiern können.
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Fullhouse bei der Release-Party in der Fusion Factory, Berlin.
Thomas Eichhorn, Product Owner von The Hundert, stellt die mittlerweile 11. Ausgabe vor.
Fotograf Nils Lucas und Begleitung blättern durch das Heft.
Insgesamt wurden 10.000 Exemplare gedruckt.
Drei der Fotografen dieser The Hundert-Ausgabe sehen ihre Bilder endlich gedruckt.
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FAIRPHONE
Fairness zum Zusammenbauen Das Fairphone ist nicht nur fair, sondern auch modular. Was das mit dem Geschmack von Tomaten zu tun hat, erzählt Gründer van Abel. Von Sarah Heuberger
Fairphone-Gründer Bas van Abel hat in seinem Leben bisher zwei Telefone besessen: das Fairphone 1 und das Fairphone 2. Nicht verbunden zu sein, hat er nie als Einschränkung empfunden: „Ich war auch so bei der Geburt aller meiner drei Kinder pünktlich.“ Nicht unbedingt die Worte, die man sich von dem CEO einer Telefonfirma erwartet. Doch für den gelernten Industriedesigner stehen nicht die Smartphones im Vordergrund – sie sind für ihn ein Mittel zum Zweck, die Welt ein Stückchen fairer zu machen. Im Kongo hat er für eine niederländische Stiftung vor einigen Jahren zu Konfliktmineralien recherchiert. Damit sind Mineralien wie etwa Zinn, Kupfer oder Kobalt gemeint, die für die Produktion von Laptops und Smartphones unabdingbar sind und die oftmals unter schlechten Bedingungen abgebaut werden. Fairphone will dieses Problem von innen heraus als Firma angehen – und damit als Teil des ökonomischen Systems, das diese Bedingungen überhaupt erst ermöglicht.
Dafür hat sich Fairphone zwei KPIs aufgestellt. Erstens: Je mehr Telefone verkauft werden, desto besser. Damit unterscheiden sie sich nicht von anderen Unternehmen. „Denn wir wollen zeigen, dass es eine Nachfrage nach ethischen Telefonen gibt”, so der CEO. Das zweite KPI hingegen ist ungewöhnlich für ein Unternehmen: Die Leute sollen ihr Telefon so lang wie möglich nutzen. Und damit die Nutzer ihr Telefon möglichst lange behalten können, müssen sie es reparieren können. Beim Fairphone 1 war es irgendwann nicht mehr möglich, Ersatzteile zu bekommen, denn die Fabriken wollten die Teile nicht mehr produzieren. Deshalb kauft Fairphone die Ersatzteile des Fairphone 2 mittlerweile auf Vorrat. Um die Nutzungsdauer zu erhöhen, investiert das Unternehmen
Was ist fair? Seit 2013 hat das Social Business insgesamt mehr als 160.000 Fairphones verkauft. Die meisten davon, rund 36.000 Stück, in Deutschland. Teil des Systems zu sein, heißt aber auch, Kompromisse einzugehen. So war eine der ersten Aktivitäten von Bas van Abel als Firmengründer, den kongolesischen Kommunikationsminister zu bestechen, um in einer Mine filmen zu dürfen. „Wir haben sogar eine Quittung dafür bekommen, die wir in den Niederlanden von der Steuer absetzen konnten“, lacht van Abel. Ein weiterer Kompromiss: Es gibt noch immer Kinderarbeit in der Lieferkette des Fairphones, weil Teile des Telefons im Kongo produziert werden. Doch was ist fairer? Ein Telefon mit fair produziertem Coltan aus Australien oder ein Telefon, das mit Kinderarbeit produziert wurde, das aber zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen vor Ort führt? Diese Antwort will van Abel den Kunden des Fairphones überlassen. „Der Name Fairphone soll an sich schon eine Debatte auslösen.“
BAS VAN ABEL
Der studierte Industriedesigner rief 2010 Fairphone als Kampagne innerhalb der Waag Society ins Leben. Vorher war van Abel Creative Director bei Waag und Head of Open Design Lab. Seit 2013 ist Fairphone als Social Business aktiv. fairphone.com
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FAIRPHONE Millionen. Auch auf die Gefahr hin, darauf sitzen zu bleiben. Verschiedene Versionen der Ersatzteile, zum Beispiel eine High-End-Version für anspruchsvolle Kunden, gibt es bisher nicht und ist laut CEO van Abel auch erst mal nicht geplant: „Wir wollen es möglichst simpel halten.“ Für ihn ergibt sich die Modularität des Fairphones ganz einfach aus dem Versuch, ein reparierbares Telefon zu produzieren. An einem modularen Telefon haben sich bereits viele andere Smartphone-Anbieter versucht – ohne großen Erfolg. Ara, das Modellprojekt von Google, wurde bereits 2016 nach einem kurzen Testlauf eingestellt. Der Tech-Journalist Ian Morris wird im Guardian mit den Worten zitiert, dass modulare Telefone eine schreckliche Idee seien. Ein neues Telefon löse bei den Nutzern Begeisterung aus, ganz im Gegensatz zu einem neuen Ersatzteil.
Von Smartphones und Tomaten Da mag etwas dran sein. Doch Bas van Abel hält dagegen, dass ein Produkt auch durch seine Marke und Geschichte begeistern könne. Dafür vergleicht er das Fairphone mit Bio-Tomaten. „Die Leute sind bereit, mehr für diese Tomaten zu bezahlen, und sie schmecken ihnen sogar besser.“ Van Abel gibt offen zu, dass das Fairphone 2 rein technisch gesehen schlechter sei als Smartphones ähnlicher Preisklassen. Aber für ihn sei das kein Kaufhindernis, solange der Geschmack stimme. „Auch wir wollen unserem Telefon einen besseren Geschmack geben durch seine Herkunft.“ Nutzer anderer Smartphones mit einem anderen Geschmack rechtfertigen sich oft, wenn sie vor Bas van Abel ihr iPhone aus der Tasche ziehen. Der reagiert in solchen Situationen jedoch gelassen: „Das nachhaltigste Smartphone ist immer noch das, das man eh schon besitzt.“
Wunsch nach Veränderung: Fairphone produziert im Kongo, um dort ein Zeichen gegen Kinderarbeit zu setzen.
Modulare Telefone Noch vor zwei Jahren wollten fast alle großen Smartphonehersteller modular werden. Das hat sich wieder geändert. Neben dem Fairphone gibt es aber noch ein paar spannende Alternativen. Google: Ara Der Beginn war ambitioniert: Project Ara sollte einmal sechs Milliarden Nutzer haben, das Starterpaket sollte nur 50 US-Dollar kosten. Im Sommer 2016 verkündete Google den bevorstehenden Start für eine Entwicklerversion – und kurz darauf überraschend das Ende des gesamten Projekts. LG: LG G5 Anfang 2016 stellte LG das G5 vor. An die Unterseite des Gerätes lassen sich Zusatzteile wie ein Modul für bessere Soundqualität oder eine Kameraerweiterung befestigen. Doch schwache Absatzzahlen ließen LG beim G6 wieder zurück zum Mainstream schwenken. Lenovo: Motorola Moto Z Von den großen Playern bietet mittlerweile nur noch Lenovo ein modulares Produkt. Mit den sogenannten Moto Mods lässt sich das Smartphone wahlweise in einen Lautsprecher oder einen Projektor verwandeln. Laut Medienberichten fährt Lenovo 2018 seine Moto-Mods-Aktivitäten nach unten. Fairphone Das Fairphone 2 verkaufte sich bereits rund hunderttausend Mal. Wann das Fairphone 3 rauskommen wird, steht noch nicht fest. Um die Nutzungsdauer zu verlängern, können die Nutzer Ersatzteile bestellen. Shift Smartphones Seit 2014 entwickelt das deutsche Unternehmen faire, modulare Smartphones. Für gebrauchte Geräte gibt es einen Rückgabepfand, abhängig vom Zustand des Smartphones. Das aktuelle Modell Shift6m gibt es seit Mai dieses Jahres.
MakerPhone Mit dem MakerPhone Kit kann man sich sein eigenes Mobiltelefon zusammenbauen – und auch gleich programmieren. Das Projekt hat aktuell schon fast 200.000 Euro auf Kickstarter eingesammelt.
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Fotos: Fairphone
Essential Products: Essential Phone Hinter Essential steht einer der Erfinder von Android. Seit 2017 ist es auf dem Markt. Modulare Teile sind eine 360-Grad-Kamera und seit Neuestem ein magnetischer Kopfhöreranschluss.
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Steuertipps für Gründer Das deutsche Steuerrecht ist kompliziert und als Gründer ist man damit schnell überfordert. Hier einige Expertentipps.
Fotos: Stevepb/Unsplash
Zusammengestellt von Josefine Köhn-Haskins
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FABIAN KRÜGER
Frühzeitige Planung der steuerlichen Gestaltung Wir stellen immer wieder als ein Steuerproblem bei Startups fest, dass man sich bei der Wahl der Rechtsform (in der Regel eine UG oder GmbH) am Anfang zu wenig Gedanken über die Gesamtstruktur macht. Wir empfehlen daher eine möglichst frühzeitige Planung der steuerlichen Beteiligungsstruktur. Dabei geht es vor allem darum, in welcher Form die Beteiligung am operativen Unternehmen gehalten werden soll.
ist Rechtsanwalt und Startup-Steuerexperte bei Raue LLP. Seine Spezialgebiete sind nationales und internationales Steuerrecht sowie Venture-Capital-Beratung: insbesondere Early Stage bis Series A. raue.com
1. Stichwort Doppelstruktur Aus steuerlichen Gründen ist hier die Doppelstruktur ein spannendes Modell, wobei eine 100-prozentige Holding zwischen dem oder den Gründern und der operativen Gesellschaft geschaltet wird. Der Vorteil kann hier vor allem in einer Steuerstundung liegen, da auf Ebene der Holdinggesellschaften die Gewinne aus einem Verkauf der Anteile an der operativen Gesellschaft zu 95 Prozent von der Steuer befreit sind und erst im Falle einer Ausschüttung an die Gesellschafter der 25-prozentigen Kapitalertragsteuer unterliegen. Bei einer persönlichen Beteiligung an der Gesellschaft müssten die Startup-Gründer hingegen im Falle eines Exits unmittelbar bis zu 27 Prozent des Erlöses an den Fiskus abführen (sogenannte Teileinkünfteverfahren).
2. Steuervorteil Verlustvortrag Startups, die in den ersten Jahren meist noch keinen Gewinn erzielen, sollten darauf achten, ihre Verluste steuerlich in die Folgejahre vorzutragen. Diese Verluste werden den späteren Gewinnen gegengerechnet und mindern entsprechend die zukünftige Steuerbelastung. Allerdings gelten bei Verkauf von Gesellschaftsanteilen für das Fortbestehen der Verlustvorträge Einschränkungen, die Gründer und potenzielle Investoren bei einem Exit frühzeitig mit ins Kalkül ihrer Überlegungen nehmen sollten.
Wann lohnt sich die Doppelstruktur? Das Modell der Doppelstruktur lohnt sich vor allem für Gründer, die ihren Erlös neu investieren wollen. Denn hier kommen die Erlöse aus dem Exit oder auch Dividenden zunächst nur bei der Holding an, sind zu 95 Prozent steuerbefreit und können weitgehend ohne Steuerabzug reinvestiert werden. Sollen die Erlöse dagegen nicht reinvestiert, sondern direkt an den Gründer – oder auch Investoren – weitergereicht werden, muss die Holding sie ihrerseits in Form einer Dividende ausschütten. Da in diesem Fall die Gewinne an eine natürliche Person ausgeschüttet werden, entfällt die Steuerbefreiung. Auf die Dividendenausschüttung fällt eine Kapitalertragsteuer von 25 Prozent an, plus Soli und gegebenenfalls Kirchensteuer. Kommt eine Reinvestition des Exiterlöses von vornherein nicht in Betracht, sollten die Gründer in Erwägung ziehen, die Beteiligung unmittelbar zu halten, und auf den zusätzlichen Aufwand für die Gründung und Verwaltung der Holdinggesellschaft verzichten.
Gründer 1
Gründer 2
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Holding UG 1
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Holding UG 1
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Operative GmbH
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Mitarbeiterbeteiligungen virtueller oder gesellschaftsrechtlicher Art bieten sich in einem Startup regelmäßig an, versetzen sie doch die Mitarbeiter in die Lage, am Erfolg und der weiteren Entwicklung des Startups zu partizipieren. Gerade Mitarbeiterbeteiligungen sind oftmals rechtlich „schnell“ implementiert, ihre steuerliche Behandlung mag aber gut bedacht und vorausgeplant sein. Zur Vermeidung einer unmittelbaren Besteuerung sollte eine Beteiligung des Mitarbeiters unter Verkehrswert vermieden und eine saubere Optionslösung beziehungsweise die Implementierung eines virtuellen Beteiligungsprogramms vorgesehen werden, bei der eine Besteuerung beim Mitarbeiter erst im Zuflusszeitpunkt, zum Beispiel im Rahmen eines Exits, sichergestellt ist. Regelmäßig wertet die Finanzverwaltung eine Mitarbeiterbeteiligung nicht als Einkunftsart aus Kapitalvermögen, sondern als Arbeitslohn. Dies führt dann auch für die Geschäftsführung des Startups zur Folgepflicht, dass bei sämtlichen Ausschüttungen für ein solches virtuelles Mitarbeiterbeteiligungsprogramm Lohnsteuern einzubehalten sind.
CHRISTIAN TÖNIES
ist Partner bei P+P Pöllath + Partners, einer international tätigen deutschen Wirtschafts- und Steuerkanzlei mit mehr als 130 Anwälten und Steuerberatern in Berlin, Frankfurt und München. pplaw.com/de
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Vorsicht bei strukturellen Veränderungen Steuerthemen bei Startups treten typischerweise dann auf, wenn sich die Strukturen innerhalb des Startups verändern. Beispiele sind internationale Weg- oder Umzüge des Managements, Finanzierungsrunden, Exits – und im negativen Fall auch der Ausstieg eines Mitgründers. In diesen Fällen kann die Versteuerung des geschaffenen Unternehmenswerts oder eines Teils davon drohen. Deshalb ist es sehr wichtig, sich vor einem solchen Ereignis bereits frühzeitig über die möglichen Steuerfolgen in Deutschland und bei einem international tätigen Unternehmen ggf. auch im Ausland zu informieren. Das ist lästig und kann teuer sein, es ist aber in jedem Falle billiger als der Eintritt des Worst Case!
1) Stichwort: Gründeranteile Startups zahlen wegen ihrer Anlaufverluste in der Regel lange Zeit keine Gewinnsteuern und vor dem Start of Operations regelmäßig auch keine Umsatzsteuer. Allerdings ist die „Ruhe“ oft trügerisch. Denn die in den Finanzierungsrunden aufscheinende, aber in Bilanz und GuV noch nicht ablesbare Unternehmensbewertung mag bereits sehr hoch sein (die Differenz zwischen Bilanzbuchwert und der tatsächlichen Bewertung des Startups wird „stille Reserven“ genannt). Daher sollten Gründer ihr Hauptaugenmerk dahin richten, dass die stillen Reserven nicht durch eine unüberlegte Maßnahme versteuert werden müssen. Dies gilt jedenfalls, solange die stillen Reserven noch nicht – wie zum Beispiel in einem Verkauf – in bar bezahlt werden. Einer der wichtigsten früh zu beachtenden Punkte ist, dass die Gründer die Anteile unter sich auch tatsächlich so verteilen, wie sie wirtschaftlich gehalten werden sollen. Und das ist bei erstaunlich vielen Startups nicht der Fall. Die klassische Situation besteht etwa bei zwei Gründern, von denen einer etwas später dazukommt. Der zweite Gründer profiliert sich in der Mitarbeit und hat Sonderkompetenzen, sodass er z. B. mit 40 Prozent beteiligt werden soll. Aus irgendeinem Grund kommt es aber nie zur rechtlichen Übertragung der Anteile. Das fällt dann bei der nächsten Finanzierungsrunde auf, wenn die Unternehmensbewertung schon hoch ist. Wenn die wirtschaftliche Übertragung der Anteile jetzt nachgeholt wird, droht die Versteuerung des bereits gestiegenen Werts der „zu spät“ übertragenen Anteile und man muss überlegen, wie man das gewünschte Ergebnis dennoch steuerfrei erzielt. Gründer sollten ihre Gründeranteile am Startup auch so gut wie immer von Anfang an über persönliche Holdinggesellschaften halten (Doppelstockmodell). Die Fälle, in denen dies gegenüber der Direktbeteiligung des Gründers nachteilhaft sein kann, sind selten; umgekehrt bietet das Doppelstockmodell aber regelmäßig unschätzbare Steuervorteile insbesondere im Exit. Die persönliche Holdinggesellschaft kann eine UG (haftungsbeschränkt) sein; dann benötigt der Gründer kein relevantes Kapital für ihre Gründung.
Fotos: Jenna Dallwitz, Orrick.
Mitarbeiterbeteiligung
FINANZEN
2) Stichwort: Liquidationspräferenz In erster Linie minimieren Liquidationspräferenzen das Risiko für Investoren. Damit wird sichergestellt, dass der Investor beim Verkauf oder im schlimmsten Fall bei der Liquidation des Unternehmens zunächst „sein investiertes Geld zurückerhält“, bevor der Resterlös unter den Gesellschaftern nach Beteiligungshöhen verteilt wird. Für den Gründer wäre es natürlich kommerziell besser, wenn eine Liquidationspräferenz unterbliebe, denn dann partizipierte er im Exit oder bei Liquidation in Höhe seiner Beteiligung vom ersten Euro an auch an den Mitteln, die der Investor ins Startup investiert hatte. Liquidationspräferenzen sind aber bei VC-Finanzierungen absolut üblich und haben auch steuerlich gewisse Vorteile. So lässt sich anhand der Liquidationspräferenz rechtssicher nachweisen, dass der Investor die Gründer durch seine – ja einseitig erfolgende – Investition ins Startup nicht in steuerlich erheblicher Weise bereichert.
3) Stichwort: Flip in die USA Bestimmte Startups wollen sich den Investitionsmarkt in den USA erschließen. Doch um in einer frühen oder mittleren Phase überhaupt mit US-Investoren ins Gespräch zu kommen, braucht man als deutsches Startup regelmäßig eine amerikanische Hülle (bei dt. Unicorns ist das anders; hier nimmt der US-Investor die „Last“ auf sich, sich mit deutschem Gesellschaftsrecht vertraut zu machen). Hier zählt die Delaware Inc zu den am häufigsten genutzten Rechtsformen. Zu beachten ist hier, dass das Startup nach dem Flip aus zwei Rechtsträgern besteht, auch steuerlich. Denn die ursprüngliche deutsche Gesellschaft, etwa eine GmbH, existiert als Tochtergesellschaft der neuen US-Gesellschaft weiter. Dies erhöht den Organisationsaufwand, insbesondere aber den rechtlichen und steuerlichen Beratungsaufwand deutlich. Der Flip will also kaufmännisch wohlüberlegt sein; und es sollte eine realistische Einschät-
zung erfolgen, ob der Vorteil des liquideren US-VC-Markts und der tendenziell höheren Bewertungen diese Nachteile aufwiegt. Das Haupthindernis bei einem Flip in die USA ist jedoch, dass der Flip steuerlich wie eine Veräußerung im Exit gewertet wird. Je höher im Zeitpunkt des Flip die Unternehmensbewertung ist, desto höhere Steuern können anfallen. Deshalb ist ein Flip in die USA aus steuerlicher Sicht frühzeitig zu empfehlen, also wenn das Unternehmen noch niedriger bewertet ist. Hat das Start up diesen Zeitpunkt verpasst und drohen zu hohe Steuern für die Gründer, sollte, falls eine US-Präsenz dennoch gewollt ist, eine Alternative zum klassischen Flip geprüft werden. Auch hierfür bestehen Möglichkeiten; zur Optimierung sollte man im Vorfeld mit Beratern auf beiden Seiten des Atlantiks sprechen.
STEFAN SCHULTESSCHNITZLEIN
ist Rechtsanwalt, Steuerberater und Partner bei Orrick. Seine Spezialgebiete sind US-Unternehmen in Deutschland, deutsche Unternehmen mit US-Bezug sowie Finanzierungsrunden und M&A von Startups. orrick.com
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STEUERN SPAREN LEICHT GEMACHT Mit diesen einfachen Tipps kann dein Startup sparen Das Thema Steuern lässt die meisten Gründer mit den Augen rollen. Allseits unbeliebt, ist es jedoch möglich, mit ein paar kleinen Tipps & Tricks Geld zu sparen. Und wer tut das nicht gern? Bei der Umsatzsteuervoranmeldung zum Beispiel kann die Ist- anstatt der typischen Soll-Versteuerung genutzt werden. Denn bei der Ist-Versteuerung muss die Umsatzsteuer nicht vorfinanziert werden, sondern wird erst dann gezahlt, wenn man sie auch wirklich erhalten hat. Sprich: höhere Liquidität!
Das funktioniert nicht nur für Einzelunternehmer, sondern auch für Personengesellschaften. Besonders zum Jahresende bietet es sich außerdem an, durch Einkäufe den Gewinn zu senken. So können sachliche Güter wie Computer, Telefone, Möbelstücke oder andere Büroartikel, die den Einzelpreis von 800 Euro nicht überschreiten, im Jahr der Anschaffung komplett als Kosten abgeschrieben werden. Wie viele solcher Artikel gekauft werden, bleibt jedem selbst überlassen. Wichtig ist hier nur der
Einzelpreis des eigenständig nutzbaren Guts. Und zum Schluss noch ein Tipp: Alle Belege konsequent sammeln! Denn nur so können auch wirklich alle Betriebskosten abgesetzt werden. Damit das Ganze nicht zum Belegchaos wird, bietet es sich hier an, die Belege mittels einer Online-Buchhaltungssoftware wie zum Beispiel sevDesk zu digitalisieren und zu archivieren. sevdesk.de
Celonis Branche: Process Mining Beschreibung: Celonis, der Marktführer für Software zur Unternehmenstransformation, nutzt seine Process-Mining-Technologie, um die Erkenntnisse aus Prozessen in konkreten Handlungsoptionen anzuwenden und die Arbeit in Unternehmen effizienter zu gestalten.
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Gründer: Alexander Rinke, Bastian Nominacher und Martin Klenk Gründungsjahr: 2011 Mitarbeiterzahl: 400 weltweit Investoren: Accel, 83North Investitionshöhe: 77,5 Millionen US-Dollar URL: celonis.com powered by heet.io
Foto: Celonis
PROCESS-MINING
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„Unser Timing war echt gut“ Drei Studenten und eine gute Idee: Sieben Jahre später gilt Celonis als Weltmarktführer. CEO Alex Rinke über den Erfolg. Das Gespräch führte Josefine Köhn-Haskins.
Ein Funding in Höhe von 50 Millionen US-Dollar von Accel, die Unicorn-Bewertung und schließlich wurdet ihr von Linkedin als eines der Top-Unternehmen für Mitarbeiter ausgezeichnet: 2018 war für euch ein erfolgreiches Jahr. Wie wird es weitergehen? Ich glaube, dass wir mit Celonis wirklich eine Chance haben, nachhaltig ein wichtiges und am Markt auch weiterhin führendes und internationales Softwareunternehmen aufzubauen, das weltweit vertreten ist. Was wir heute für Hunderte von großen Unternehmen tun, können wir auch für Zehntausende, Hunderttausende große Unternehmen tun. Unser Ziel ist es daher, einfach noch viel größer und relevanter zu werden und noch mehr Unternehmen dabei zu unterstützen, sich zu transformieren, sich weiterzuentwickeln, produktiver zu werden und einen besseren Service anzubieten. Und das macht richtig viel Spaß. Dabei stehen wir gerade noch ganz am Anfang dessen, wohin wir uns tatsächlich hin entwickeln können.
– also erheblich näher an Europa. Wir pendeln sehr viel zwischen München und New York. Natürlich denkt man bei den USA in Bezug auf Software zuerst ans Silicon Valley, aber an der Ostküste gibt es sogar noch mehr große Unternehmen, darunter viele unserer Kunden. Honeywell etwa oder auch Pharmaunternehmen wie Merck in New Jersey. Neben der Nähe zu einem großen Kundenstamm bietet New York natürlich auch einiges als Stadt. Unsere Leute aus anderen Büros kommen gerne für ein paar Jahre oder auch dauerhaft hierher. Gleichzeitig ist es in New York einfacher, passende Talente zu finden. Zudem ist New York natürlich auch die europäischste Stadt in den USA, was den Einstieg hier erleichtert hat. Welche Herausforderungen gab es beim Einstieg in die USA? Der Erfolg aus Deutschland interessiert die Amerikaner zunächst einmal sehr wenig. Damit muss man umgehen, sich dessen bewusst sein. Viele deutsche Startups sehen die Vereinigten Staaten einfach als weiteren Vertriebsstandort und schaffen es nicht, sich an die Unternehmenskultur in den USA anzupassen.
„Celonis ist ein DiagnoseTool für Unternehmen“
Die Unicorn-Bewertung ist ja der Traum vieler Gründer. Wie hat sich das angefühlt? Wir haben uns sehr über das Vertrauen der Investoren gefreut und haben auch mit dem Team gefeiert. Andererseits geschieht so etwas ja nicht von heute auf morgen – und war auch nie unser Hauptfokus. Am Ende geht es ja nicht um die Bewertung, sondern darum, dass man die Kunden zufriedenstellt, am Markt erfolgreich ist und wächst. Die Unicorn-Bewertung ist weniger spektakulär, als man denkt, glaube ich. Warum habt ihr New York als US-Standort ausgewählt und nicht das Silicon Valley? Ein Grund für New York als Hauptquartier anstelle des Silicon Valleys war, dass es an der Ostküste liegt
Wie habt ihr diese Herausforderung gemeistert? Wir haben uns unter anderem Unterstützung geholt. Wir haben erst angefangen, mit Investoren zusammenzuarbeiten, als wir globalisieren und in den US-Markt eintreten wollten. Dabei ging es uns nicht nur um das Kapital, sondern es war uns auch sehr wichtig, dass die Investoren auch Know-how einbringen. Accel etwa hat in Dropbox investiert, in Slack, in Facebook, in viele Unternehmen, die dann wirklich groß geworden sind. Ähnlich ist es bei unserem zweiten Investor, 83North. Dieses Know-how konnten wir nutzen. Die Investoren haben uns am Anfang außerdem geholfen, etwa dabei, das richtige Talent zu finden wie zum Beispiel im Vertriebsmanagement.
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Und wie habt ihr euch davor finanziert? Aus eigener Tasche. Celonis gibt es jetzt seit sieben Jahren, fünf Jahre lang haben wir komplett geboots trappt, alles komplett ohne externes Kapital aufgezogen.
Erzähl doch mal eure Gründungsgeschichte. Wie seid ihr denn auf die Idee für Celonis gekommen? Wir sollten im Rahmen eines Projekts der studentischen Unternehmensberatung AcademyConsult den IT-Kundenservice, also den Help-Desk, des Bayerischen Rundfunks (BR) verbessern. Im Laufe des Projekts haben wir festgestellt, dass es schwierig ist, die nötige Transparenz über den Status quo zu erhalten, um daraufhin die Abläufe zu verbessern. Noch dazu waren wir nicht besonders gut darin, die nötigen Informationen zu beschaffen – wir hatten ja wenig Erfahrung mit Interviewtechniken.
„Wir haben uns Unterstützung geholt“ Aber im Grunde haben wir erkannt, dass der BR ein Ticketsystem hat, über das der gesamte Service abgewickelt wird. Aus den darin entstehenden Logdaten konnten wir automatisiert die Prozessabläufe bildlich rekonstruieren, vollständig ohne manuelle Prozessmodellierung. Wir haben die erstandenen Bilder katalogisiert, ausgedruckt und dann den Konferenzraum damit tapeziert. Das Spannende war, dass sich in den Führungsriegen dadurch auf einmal ein kollaborativer Geist gebildet hat. Es ging nicht mehr darum, welche Herausforderungen das Unternehmen hat, sondern darum, wie sie gelöst werden können. Wir hatten unseren ersten Kunden – mussten allerdings noch eine Firma gründen. In welchem Semester wart ihr da? Ich war im fünften oder sechsten Semester an der TU München – habe dann noch die Bachelorarbeit geschrieben und bin dann ausgestiegen, wie Martin auch. Bastian hatte damals schon seinen Master. Zuerst habe ich noch
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ALEXANDER RINKE
Gemeinsam mit Bastian Nominacher und Martin Klenk hat Alex Rinke 2011 Celonis gegründet – und dafür seinen Masterabschluss aufgegeben. 2018 wurde die Idee der drei Studenten mit der Unicorn-Bewertung des Unternehmens gekrönt. Ein toller Erfolg. Doch Alex, heute 28 Jahre alt, schaut weiter in die Zukunft. celonis.com
probiert, meinen Master nebenbei zu machen, aber das habe ich relativ schnell wieder aufgegeben. Das war einfach zu viel. Habt ihr damals Unterstützung von Uni-Seite bekommen? Also, das war wirklich super. Das fing schon damit an, dass wir an der TU München zum Gründen ermutigt wurden, der Slogan der TU ist ja „die unternehmerische Universität“. Professor Kretschmer zum Beispiel war für uns ein sehr wichtiger Mentor. Sehr viel geholfen hat uns auch das Exist-Gründerstipendium, an dem wir 2010/2011 teilgenommen haben. Umgekehrt sind wir jetzt als Mentoren in verschiedene Kooperationsprogramme involviert. Ich bin häufig vor Ort, gebe Vorträge und erzähle unsere Geschichte. Im Rahmen eines MentorshipProgramms betreue ich ein paar Startup-Teams auch ein bisschen enger. Das macht Spaß. In Testbirds und Talentry habe ich auch investiert. Welches ist denn dein wichtigster Tipp für junge Gründer? Als kleines Startup mit begrenzten Ressourcen muss man sich ja immer ganz genau überlegen, worauf man sich fokussiert: auf die Investoren, auf interne Themen, auf das Produkt? Mein Tipp ist, gerade am Anfang extrem kundenfokussiert zu arbeiten. Nur so kann man das richtige Produkt entwickeln und die richtigen Entscheidungen treffen. Das klingt zwar einfach – aber man sieht häufig, dass sich junge Unternehmen sehr stark auf
Foto: Julian Baumann/Celonis
War es denn dein Plan, schon während des Studiums zu gründen? Nein, überhaupt nicht. Ich habe Mathematik studiert, weil es mich interessiert hat. Meine Affinität zum Unternehmertum habe ich vermutlich von meinen Großeltern geerbt. Sie hatten einen Landhandel, bei dem ich im Sommer immer ein wenig mitgearbeitet habe. Während der Schulzeit habe ich außerdem eine kleine Nachhilfe-Agentur gegründet. Die Zusammenhänge sehe ich aber erst jetzt. Als ich angefangen habe, Mathe zu studieren, hatte ich wirklich noch keinen Plan. Selbst als wir die ersten Ideen für Celonis entwickelt haben, dachten wir nicht in erster Linie daran, ein Unternehmen zu gründen. Das hat sich dann einfach so ergeben, wir haben die Chance gesehen.
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die Investoren fokussieren und das Unternehmen dahingehend ausrichten, wie es auf die Investoren wirkt. Das ist aber falsch. Man sollte das Unternehmen so aufbauen, dass die Kunden es mögen. Dann kommen die Investoren von ganz alleine. Ihr habt anfangs also voll auf Kundenakquise gesetzt? Ja. Kundenakquise war für uns am Anfang – wie auch für alle anderen B2B-Unternehmen – extrem wichtig. Denn dadurch bekommst du die Möglichkeit, dein Produkt weiterzuentwickeln und zu verbessern. Doch trotz der Referenz vom Bayerischen Rundfunk war es für uns eine echte Herausforderung, neue Kunden zu gewinnen. Zwar kam dann der Hessische Rundfunk dazu, gefolgt von den weiteren Rundfunkanstalten, aber wir mussten uns trotzdem richtig ins Zeug legen. Wir sind auf Messen gegangen, auf kostenlose Veranstaltungen, einfach um mehr Leute kennenzulernen. Einmal haben wir in einer Aktion 2.000 Briefe verschickt. Wir haben alle mit der Hand geschrieben, weil wir dachten, dass sie dann eher vom Sekretariat zum Entscheider durchgestellt werden als irgendein Standard-Geschäftsbrief. Etwas Handschriftliches könnte schließlich eher wichtig sein, oder?
um die IT-Serviceprozesse des Unternehmens zu analysieren, sondern die Logistik- und Finanzprozesse sowie viele weitere wesentliche Abläufe. Da war dann natürlich noch mal viel mehr Mehrwert drin. Als Nächstes kam Bayer, ebenfalls sehr früh. Nach fünf Jahren hatten wir weit über 100 Großkonzerne als Kunden. Welche Firmen nutzen denn derzeit Celonis? Bayer, Siemens und der BR sind natürlich nach wie vor wichtige Referenzen, ebenso wie die Deutsche Telekom, Vodafone, die Deutsche Bahn, KPMG, AkzoNobel, das ist ein großer Chemiekonzern, Bosch, aber auch die REWE Group und Edeka, also auch Handelsunternehmen. Uber ist ein Kunde von uns, UBS, Novartis, in den USA unter anderem noch Honeywell, General Motors, Koch Industries, Cisco.
„Fünf Jahre lang haben wir komplett gebootstrappt“
Und hat das funktioniert? Das hat ganz gut funktioniert, ja. Wir haben an relativ hohe Entscheider geschrieben und tatsächlich so um die 20 Interessenten dadurch gewonnen. In dem Brief haben wir zusätzlich eine kostenlose Demo angeboten. Als ersten richtig großen Kunden konnten wir Siemens überzeugen. Allerdings hat Siemens uns nicht dazu genutzt,
Das ist wirklich eine beeindruckende Liste. Wie lange dauert es heute so im Durchschnitt, um einen neuen Kun-
den zu gewinnen? Man hat im Durchschnitt schon Vertriebszyklen von mehreren Monaten bis zu einem halben Jahr und in manchen Fällen sogar länger. Das ist einfach so im B2B-Bereich. Mit guten Referenzen verkürzt sich das natürlich, vor allem in der gleichen Industrie. Aber am Ende dauert der Entscheidungsprozess bei großen Unternehmen natürlich ein bisschen länger. Kannst du noch mal erklären, was Process Mining ist und welchen Mehrwert Prozessanalyse euren Kunden bringt? In jedem Unternehmen werden IT-Systeme genutzt, über die alle Prozesse abgewickelt – und auf denen letzt-
Die Auswertung der Daten zeigt, welche Prozesse gut funktionieren und wo es Engpässe gibt.
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seren Service anzubieten. Statt das Problem zu suchen, kann man gleich Lösungen entwickeln. Celonis ist ein Diagnose-Tool für Unternehmen, ähnlich wie ein MRT-Gerät für den Arzt.
Co-Founder und Co-CEO: Alex Rinke, Bastian Nominacher und Martin Klenk (v. r.).
lich alle Abläufe abgebildet werden. Denn alle Mitarbeiter, egal ob in der Buchhaltung, im Einkauf, im Vertrieb oder in der Logistik, alle arbeiten mit diesen IT-Systemen. Dadurch entstehen permanent Daten darüber, was im Unternehmen passiert. Und genau diese Daten nutzen wir, um automatisiert die Abläufe und die Prozesse zu rekonstruieren. Daraus lässt sich dann schnell lesen, wo etwas zu lange dauert, wo Dinge hängen bleiben und Ineffizienzen in den Abläufen entstehen. Warum kann eine Kundenservice-Anfrage erst nach zehn Tagen behoben werden? Wo kommt ein Zulieferteil nicht rechtzeitig an und verzögert die Produktion? Im Grunde automatisieren wir das, was Unternehmensberater machen. Wir zeigen, wo es Möglichkeiten gibt, produktiver zu arbeiten und bes-
Könntest du dir weitere Bereiche vorstellen, in denen Prozessanalyse in Zukunft zur Anwendung kommen kann? Es gibt immer neue spannende Anwendungsfelder. Ursprünglich haben wir uns sehr stark auf klassische Prozesse fokussiert, also auf Einkauf, Logistik, Buchhaltung, Auftragsverwaltung und ganz primär den Bereich Kundenservice. Ein neues Thema ist Industrie 4.0, in dem wir Produktionsprozesse abbilden. Da sieht man wirklich, was genau im Werk passiert, wie das Produkt von Anfang bis Ende durch die Fertigung läuft. Es geht also nicht mehr nur um die Kommunikation einzelner Mitarbeiter, sondern tatsächlich um Sensorikund Maschinendaten, die wir in die Prozesskette integrieren. Außerdem geht es auch immer mehr darum, die Prozesse zwischen den Unternehmen zu optimieren. Es gibt ja wahnsinnig viele Lieferanten- und Kundenbeziehungen zwischen den großen Konzernen. Und da ist es schon spannend, hier einmal die Effizienzpotenziale transparent zu machen.
„Immenses Potenzial“ 50 Millionen US-Dollar hat Accel 2018 in Celonis investiert. Harry Nelis, Partner bei Accel, verrät, warum. „Es ist wirklich eine Freude, mit Alex und dem Team von Celonis zusammenzuarbeiten. Sie haben uns vom ersten Tag an beeindruckt. Nicht nur mit dem Unternehmen, das sie aufgebaut haben, sondern auch dem Tempo, mit dem sie als Gründer lernen und arbeiten. Dazu kommt die globale Marktnachfrage nach dem, was sie geschaffen haben. Es ist wirklich selten, dass ein Gründungsteam den USMarkt so schnell erobert, wie Alex, Bastian und Martin es getan haben. Die schnell wachsende Zahl multinationaler Kunden des Unternehmens spricht für die globale Relevanz von Celonis und das immense Potenzial.“
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Fotos: Julian Baumann/Celonis, Accel
Woran machst du euren Erfolg fest? Unser Timing war gut. Das Thema Transformation ist sehr aktuell. Jedes große Unternehmen macht sich momentan Gedanken darüber. Für mich bedeutet Transformation, ein bestehendes Unternehmen zu nehmen und zwei Fragen zu beantworten. Wie können wir mithilfe von moderner Technologie produktiver werden? Und wie können wir unseren Kunden einen besseren Service bieten? Zwei Fragen, die sich Unternehmen stellen, und bei beiden Fragen kann Celonis sie unterstützen.
Auf der einzigartigen Jobmesse DIGITAL TALENTS in Berlin präsentieren sich Startups und etablierte Big Player als Arbeitgeber: Für Techies, Young Talents und den digitalen Nachwuchs.
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07.02.2019
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E U E N RTE H Ä F E
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Fotos: Seabubbles, Pal-V Liberty
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Ein wichtiger Termin steht bevor. Im Stau bewegt sich gefühlt nichts in irgendeine Richtung. Die Zeit läuft, langsam bilden sich auf der Stirn erste Schweißtropfen. Wie genial wäre es, jetzt einfach mit dem Auto aus dem Stau abzuheben und entspannt und nicht verschwitzt beim Termin anzukommen? Mit einem Gyrokopter ist das schon jetzt möglich, zumindest wenn man einen Flugschein besitzt und 300.000 Euro dafür übrig hat. Pal-V Liberty ist das erste serienmäßige Flugauto, produziert in den Niederlanden. In der Luft funktioniert der Gyrokopter ähnlich wie ein Helikopter. Am Boden wird Pal-V zu einem Dreirad, das bis zu 160 Stundenkilometer fahren kann. Einziger Nachteil: Bisher darf das Flugauto nur auf Flugplätzen starten und landen, was natürlich die Nutzung im Alltag erschwert. Eine andere Alternative, den Verkehr auf den Straßen zu umgehen, ist der Weg übers Wasser. Das französische Startup Seabubbles hat ein Gefährt entwickelt, das wie ein Boot im Wasser gleitet, aber auch über Tragflächen aus dem Wasser herausgehoben werden kann, um die Energieeffizienz zu optimieren. Bald soll es auch ein autonomes Gefährt geben. Die ersten Vorbestellungen für das Seabubble-Taxi sollen schon im Sommer 2019 ausgeliefert werden.
Zukunftsfester Transport Doch nicht nur futuristisch anmutende Gefährte wie der Gyrokopter oder Seabubble werden die Art verändern, wie wir uns fortbewegen. Auch die Welle der E-Bikes und Kickscooter, die erst die amerikanischen und dann die europäischen Großstädte erreicht haben, verändern schon jetzt die Art, wie wir von A nach B gelangen. Die Mobility-Startups wie Bird und Lime aus den USA oder Tier Mobility aus Europa sammeln gerade Investitionen in Höhe von Millionen ein. Grund genug, sich dieses Rollerbusiness etwas genauer anzuschauen. Auf der letzten Meile ist auch der Urmo dabei. Das Gefährt des Münchner Gründerteams ist angetreten, um alles anders zu machen als der schwerfällige und etwas uncoole Segway. Ob das gelingt, darüber berichten wir auf den nächsten Seiten.
Und wenn die Straßen voll sein werden mit Fahrrädern, Rollern und Urmos – was ist dann eigentlich mit den Autos? Werden sie zunehmend aus den Innenstädten verschwinden? Manche Städte halten ihre Innenstädte bereits autofrei – so wie etwa Pontevedra in Nordspanien. Seit fast 20 Jahren gibt es im mittelalterlichen Stadtzentrum keine Autos mehr. Auch in Gent in Belgien ist das ganze Stadtzentrum autofrei. Angesichts der herausfordernden Zukunftsprognosen und hausgemachter Krisen wie dem Diesel-Skandal sind die deutschen Autobauer, nach Jahren des Zögerns, mittlerweile regelrecht gezwungen, neue Wege zu gehen. Der Frage, wie sie sich zukunftsfest machen, gehen wir auf der nächsten Seiten nach. Zu guter Letzt haben wir Mobilitätsexperten und Expertinnen um ihre Einschätzung für die Zukunft der Mobilität gebeten. Wie sehen unsere Fortbewegungsmittel in elf Jahren im Jahr 2030 aus? Daniel Wiegand von Lilium aus München ist sich sicher: „Es wird völlig normal sein, dass man in jedem kleinen Ort wie eine Bushaltestelle auch einen Landeplatz hat.“ Der klassische Parkplatz hat laut Franz Höfler, Professor für Mobilitätsplanung, dann hingegen ausgedient: „Parkplätze gibt es in der Stadt nicht mehr.“ Der Gyrokopter Pal-V wird am Boden bis zu 160 km/h schnell.
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Während in den USA die Roller schon fast zum Stadtbild gehören, wird sich in Europa erst noch rausstellen, wer das Rollerrennen machen wird. Erst in wenigen europäischen Städten gibt es die Roller bereits, von der Firma Lime in Paris oder die Roller von Tier Mobility in Wien. Hinter Tier Mobility steckt Rebuy-Gründer Lawrence Leuschner, zusammen mit Angel-Investor Julian Blessin und Matthias Laug von Takeaway. Erst im Oktober sammelte das Startup 25 Millionen Euro ein von Investoren wie Northzone, Point Nine und Speedinvest. Tier habe das Potenzial, einer der großen Player in Europa zu sein, sagt Paul Murphy, Partner bei Northzone gegenüber dem Forbes Magazin. Insgesamt räumt er zwei bis drei großen Playern Platz ein im europäischen Rollersegment.
Viele Player, skeptische Investoren Neben Tier steht eine ganze Reihe an weiteren Roller-Ventures in den Startlöchern. So etwa Go Flash des Seriengründers Lukasz Gadowski oder Leihfahrradanbieter Byke, der nun unter dem Namen Wind Roller anbietet. Mytaxi, der Uber-Konkurrent von Daimler, will laut Techcrunch noch in diesem Jahr eine Testphase für E-Scooter in Südeuropa starten. Und auch Taxify gab jüngst bekannt, mit E-Scootern in Europa starten zu wollen. Natürlich nicht zu vergessen die amerikanischen Riesen Bird und Lime. Angesichts dieser großen Konkurrenz bleiben manche Investoren skeptisch. Einige entscheiden sich deshalb auch,
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nicht in den Verleih von Rollern zu investieren, sondern stattdessen in Firmen, die Roller produzieren. So wie etwa Gogoro aus Taiwan oder Govecs aus München. Doch ob die Roller auch in Europa wirklich das neue große Ding werden, muss sich noch herausstellen. Noch ist die rechtliche Lage nicht geklärt. In Deutschland soll die eKFV, die Verordnung über die Teilnahme von Elektrokleinstfahrzeugen am Straßenverkehr, Anfang nächsten Jahres in Kraft treten. Zudem ist der öffentliche Nahverkehr in Europas Großstädten sehr engmaschig. Es gibt bereits Transport optionen, gegen die sich die Roller durchsetzen müssten.
en m r i rf e l l er o b R U e i „D nern an hren erin Lyft in i en“ und ngszeit Anfa Schlechtes Wetter kann auch zum Problem werden. Außerdem gelten Europäer und vor allem die Deutschen als sehr preissensibel, sagt Sebastian Stigner, der Gründer von Urmo (siehe Artikel auf der nächsten Seite). Eine Fahrt mit einem Tier-Roller in Wien kostet einen Euro plus 15 Cent pro Minute. Bei einer halben Stunde Fahrt sind das schon fünf Euro. Ganz schön viel Geld für ein Gefährt, das es als einfaches Modell schon für 300 Euro zu kaufen gibt. Die Seite Oversharing rechnet am Beispiel von Lime in den USA vor, dass ein Roller seine
Fotos: Lime, Tier
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Investitionskosten schon nach zwanzig Tagen wieder eingefahren hat. In den USA sind die elektrischen Tretroller von Bird, Lime und Co. schon seit über einem Jahr unterwegs. Auch dort lief nicht alles glatt – die Firmen zogen den Ärger der Anwohner und Stadtverwaltungen auf sich, weil die Roller achtlos im Weg geparkt oder in den Straßengraben geworfen wurden. Als Antwort auf den häufigen Vandalismus installierte Lime ein Update, mit dem der Roller Alarm schlägt, sobald jemand versucht, ihn unsachgemäß zu öffnen. Ob ein aggressiver Roller das Akzeptanzproblem löst, ist allerdings fraglich. In Deutschland gab es ähnliche Probleme mit den Leihfahrrädern. Als die chinesische Firma Obike diesen Sommer pleite ging, hinterließ sie in den Innenstädten Tausende der gelben Billigfahrräder. Um die Probleme mit den Tretrollern aus den USA nicht in Deutschland zu wiederholen, werden die Verwaltungen strenge Regeln für die Anbieter aufstellen müssen.
Wachstum um jeden Preis In den USA hat vieles bei der Strategie der Leihrollerfirmen an Uber und Lyft in ihren Anfangszeiten erinnert, wie das Nachrichtenportal The Verge feststellt: unangekündigt irgendwo auftauchen, Kunden gewinnen und im Nachhinein um Entschuldigung bitten. Das hat nicht überall funktioniert. In einigen Städten wie Beverly Hills sind die Roller mittlerweile komplett verboten. In San Francisco erschienen die Roller im März dieses Jahres wie aus dem Nichts und waren drei Monate später genauso schnell wieder verschwunden. Ein paar Wochen später erteilte die Stadtverwaltung nur den beiden Firmen Scoot und Skip die Erlaubnis, die Scooter in der
Auch die amerikanische Firma Lime bringt ihre Roller nach Europa.
Tier Mobility startete im Oktober dieses Jahres in Wien.
Stadt zu testen. Sehr zum Missfallen der beiden großen Player Bird und Lime. Das tat deren Erfolg jedoch keinen Abbruch. Bird etwa wurde jüngst auf mehr als zwei Milliarden US-Dollar bewertet. Die Firma ist schon in mehr als 100 Städten vertreten und konnte mehr als 10 Millionen Fahrten verbuchen. Auch die Ride-Sharing-Anbieter Uber und Lyft wollen ihr Angebot nun auf Roller ausweiten. Lyft hat seinen ersten Roller-Sharing-Dienst dieses Jahr in Denver gestartet. Unternehmen wie Uber, Lyft oder Mytaxi haben den großen Vorteil, dass sie bereits auf ihren bisherigen Kundenstamm aufbauen können. Und durch die geringen Kosten für die Roller ist der Markteintritt einfacher als etwa für Carsharing-Anbieter.
Entscheidung auf der letzten Meile Laut einer Studie von Roland Berger soll der globale Bike-Sharing-Markt bis 2021 ein Volumen von bis zu acht Milliarden Euro erreichen. Ein Grund, weshalb Investoren gerade so verrückt nach Mobility-Startups und insbesondere nach den Roller-Ventures sind, ist laut Martin Mignot von Index Ventures auch die sogenannte letzte Meile. Damit sind die kurzen Wege zwischen Wohnung, U-Bahnstation und Arbeit gemeint. Die könne ein Leihroller viel besser abdecken als ein Carsharing-Angebot, so Mignot zum Portal Techcrunch. Wer sich beim Rennen um die letzte Meile wirklich durchsetzen kann, wird sich jedoch erst im nächsten Jahr zeigen, wenn das Wetter wieder Tretroller-tauglich wird.
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M U Z Y A W G SE LTEN FA
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Vergleiche mit dem Segway müssen sich Sebastian Signer und seine zwei Mitgründer oft anhören, wenn sie ihren Urmo vorstellen. Dieser Vergleich sei aber eigentlich logisch, findet Signer. „Schließlich hat der Segway die Technologie des selbst balancierenden Fahrzeugs bekannt gemacht.“ Der Urmo wiegt aber nur 6,5 Kilo, ein Siebtel des Segway-Gewichts. Man kann ihn zusammengefaltet wie eine Aktentasche tragen und mit im Auto oder in der U-Bahn transportieren. Der Urmo ist also so etwas wie der kleine, wendige Cousin des Segways – angetreten, um alles anders zu machen, was beim Segway schiefläuft. Denn der ist zu groß, zu schwer und zu unhandlich und nun haben ihn Touristengruppen in den Großstädten dieser Welt für uncoole Stadttouren okkupiert.
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Nach dem Abschluss seiner Crowdfunding-Kampagne will Urmo zusätzlich noch eine Investorenrunde starten. Ziel sind 1,2 Millionen Euro. Damit soll die Serienproduktion zum Laufen gebracht werden. Am liebsten wären den Münchnern Investoren aus dem Mittelstand oder Zulieferer, die sich neben der Autoproduktion ein neues Standbein aufbauen wollen. Die Idee zum Urmo hatten Felix Ballendat und Jakob Karbaumer während ihres Studiums an der TU München. Die beiden Ingenieure teilen sich die elektronische und mechanische Entwicklung des Geräts auf. Seit Anfang 2018 ist Sebastian Signer für das operative Management dabei.
„Das Problem mit der Coolness haben ja alle“, sagt Sebastian Signer – Segways genauso wie elektrische Tretroller, die langsam auch in den Innenstädten der europäischen Großstädte ankommen. Tesla-Gründer Elon Musk beklagte erst kürzlich in einem Podcast, dass es den Tretrollern an „Würde fehle“. Und trotzdem sammeln diese Roller-Startups wie Tier Mobility oder Bird derzeit Millionenbeträge ein. 160.000 Euro hat Urmo schon bei Kickstarter eingesammelt, doch beim Crowdfunding ging es dem Team nicht primär um die Finanzierung. Vor allem wollten sie prüfen, ob es überhaupt eine Nachfrage nach ihrem Produkt gibt. 160 Bestellungen für je 1.500 Euro haben sie schon über Kickstarter bekommen. Eine Zahl, mit der die Gründer sehr zufrieden sind. Ab Herbst 2019 sollen die Kunden die Geräte dann unter ihren Füßen haben.
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Fotos: Urmo
Der Coolness-Faktor
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Ein Beiboot für die E-Mobility-Flotte Durch die Bestellungen haben die Gründer nun auch ein viel genaueres Bild ihrer Zielgruppe. Die Kunden seien männlich und älter als ursprünglich gedacht, erzählt Sig ner, zwischen 40 und Ende 50. Sie hätten einen starken Bezug zur E-Mobility, oft seien es Ingenieure. So wie der Kunde, der sich neulich bei Signer gemeldet hat. Seiner Meinung nach eignet sich der Urmo als das perfekte Beiboot für das E-Auto von Sono Motors, das er sich ebenfalls kürzlich bestellt habe. Den Urmo als Mobilitätslösung ins Auto zu integrieren – diese Idee gefällt nicht nur dem Kunden oder den Gründern. Signer und seine Mitgründer sind gerade auch mit einigen Autoherstellern im Gespräch. Ab nächstem Jahr soll eine neue gesetzliche Regelung für Elektrokleinstfahrzeuge in Kraft treten. Die soll auch für den Urmo gelten. Dass es damit endlich einen einheitlichen Sicherheitsstandard für Tretroller und Co. geben soll, findet Signer gut. Nicht sinnvoll findet er es, dass dabei Mofas als Vorbild dienen. Deshalb darf der Urmo in Deutschland nur mit Haltestange ausgeliefert werden, auch wenn sie eigentlich gar keine Funktion hat. Auch einen Blinker muss es geben. „Beim Urmo sind aber Handzeichen viel sinnvoller“, sagt Signer. „Man hat ja eh die Hände frei.“ Zumindest solange man nicht gerade den Coffee-to-go-Becher in der Hand hält, so wie Mitgründer Felix Ballendat im Video der Kickstarter-Kampagne. Hände in der Tasche: Sebastian Signer unterwegs auf dem Urmo.
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Pünktlich zum Jahreswechsel endet eine Ära: Nach 250 Jahren ist Schicht im Schacht in Saarland und Ruhrgebiet, dann schließen die letzten beiden Zechen Deutschlands. Es ist das sang- und klanglose Ende der Steinkohleindustrie, die in nie da gewesenem Ausmaß für Wohlstand und Fortschritt, aber auch für Krieg und Elend gesorgt hat. Gut 300 Kilometer von den monströsen Fördertürmen der letzten aktiven Zeche in Bottrop entfernt, im Osten Richtung Berlin, liegt ein backsteinerner Riesenkomplex. Unter ungünstigen Umständen könnte er als Symbol für den Niedergang einer weiteren großen deutschen Industrie in die Geschichte eingehen: das in den 1930er-Jahren errichtete Volkswagenwerk in Wolfsburg. Die Ära des Autos, wie wir es heute kennen, sie soll noch im nächsten Jahrzehnt zu ihrem Ende kommen. Anders als die Steinkohleindustrie, die schon vor Jahrzehnten nur noch mit hohen staatlichen Subventionen überlebensfähig war, stemmen sich VW und andere deutsche Autobauer allerdings mit eigener Kraft gegen den Bedeutungsverlust. Der wird nicht mehr nur prognostiziert, er hat bereits begonnen: „Die enorme Stärke der Deutschen, ihre Dominanz bei Verbrennungsmotoren, ist im sich anbahnenden Elektrozeitalter immer weniger wert“, kommentiert Jürgen Pieper, Analyst beim Bankhaus Metzler, im Handelsblatt die jüngsten Gewinneinbrüche bei BMW. Dass die Konzerne zum Handeln gezwun-
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gen sind, beweist auch ihr zunehmendes Engagement im Startup-Bereich. Doch was genau bedroht die Autobauer, die so lange die Mobilität der Menschen dominiert haben? Und mit welchen Konzepten wollen sie die Branche, mit deren Schicksal Hunderttausende Arbeitsplätze verbunden sind, fit für die Zukunft machen?
Produktionskapazitäten, Zulieferer, Werkstätten – alles bald überflüssig? Für die Veränderungen der Mobilität und die aufziehende existenzielle Bedrohung der deutschen Autoindustrie lassen sich vier entscheidende Faktoren identifizieren: immer besser werdende Elektromotoren, die zunehmende datenbasierte Vernetzung der Fahrzeuge, die wachsende Sharing-Economy und die kurz vor der Serienreife stehende Automatisierung des Fahrens. „Das alles zusammen ergibt einen Cocktail, der zu einer massiven Disruption und zu einem brutalen Umbruch für das Autogeschäft führen wird“, sagt Karl-Thomas Neumann, ehemaliger Opel-Chef mit Board-Sitz bei General Motors, in Christoph Keeses „hy podcast“. E-Autos beispielsweise lassen sich völlig anders konzipieren als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren, weshalb die über viele Jahrzehnte aufgebauten Produktionskapazitäten von Volkswagen, BMW, Audi und Daimler schon bald nicht mehr benötigt werden könnten. Auch ein Großteil der
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Zulieferer und Werkstätten, die sich auf die hochtechnisierten Verbrennungsmotoren spezialisiert haben, würde überflüssig werden. Profitieren könnten neu gegründete E-Auto-Produzenten, die gegenüber den neuen Herausforderungen wesentlich flexibler aufgestellt sind. Vielversprechende Anwärter darauf kommen bei Weitem nicht nur aus den USA wie etwa Tesla, sondern vor allem aus China. Darunter das global agierende Startup NIO sowie Byton, die E-Auto-Marke des Unternehmens Future Mobility Corporation, die unter anderem von Carsten Breitfeld, dem Erfinder von BMWs Hybrid-Sportwagen „i8“, unterstützt wird. „Die Autobauer müssen verstehen, dass wir unsere ganze Haltung zur Elektromobilität und zur Mobilität insgesamt verändern müssen“, betont Neumann. „Wir dürfen nicht immer nur begründen, warum etwas nicht geht, sondern müssen die Fragen umdrehen, zum Beispiel: Was wird benötigt, damit 2030 möglichst alle Menschen mit Elektromotor fahren können?“ Neumann selbst lebt das Umdenken bereits vor: Er hat nach 20 Jahren Karriere bei traditionellen Autokonzernen unlängst bei dem kalifornischen Startup Evelozcity angeheuert. Das Unternehmen
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aus Los Angeles entwickelt mit einem Team von rund 300 Leuten derzeit ein Elektroauto, dessen Konzept völlig neu gedacht wird und das bereits bis 2021 marktreif sein soll. Trotz seines aktuellen Engagements warnt Neumann: „Wir machen riesige Fehler, wenn wir die Autoindustrie in Europa kaputtgehen lassen. Wir müssen ihr die Chance geben, sich zu verändern.“
Auswahl aktueller Startup-Investitionen
Hubs und Programme
BMW
– Partnerschaft mit dem israelischen Startup Mobileeye, das inzwischen zu Intel gehört und Hightech-Kameras und Sensoren baut – Beteiligung am Berliner Autoservice-Startup Caroobi mit rund 17 Millionen Euro – BMW-Tochter i Ventures, verfügt über insgesamt 500 Millionen Euro für Risikoinvestitionen
– „Startup Garage“: eine Venture-Client-Unit der BMW Group, um passende Startups für Kooperationen zu identifizieren – Accelerator-Programm „TechFounders“ in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität München
DAIMLER
– Daimler investiert 175 Millionen Dollar in den estonischen Sharing-Dienst und Uber-Konkurrenten „Taxify“ – zahlreiche millionenschwere Startup-Beteiligungen bei Autofinanzierungen oder Chauffeurservices – Beteiligung am neuseeländischen Startup Soul Machines, das sich auf KI-gestützte, digitale Avatare spezialisiert hat
– Seit 2017 treibt Daimler den Aufbau der Innovationsplattform „Startup Autobahn“ voran, inklusive globalem Startup-Scouting. – „Mercedes-Benz Research & Development Centers“: Im StartupHotspot Tel Aviv entsteht ein Forschungsnetzwerk für Universitäten, Hightech-Firmen und Startups.
– Porsche will seine Venture-Capital-Aktivitäten bis 2022 um 150 Millionen Euro erhöhen. Hauptfokus: Mobility-Startups im Bereich künstliche Intelligenz, digitaler Lifestyle, Blockchain sowie Virtual und Augmented Reality.
– seit 2018 Joint Venture mit Axel Springer für das Startup-Accelerator-Programm „APX“ – Partner von Daimlers Plattform „Startup Autobahn“ – Innovationswettbewerb „Porsche Next Oi Competition“ für freie Entwickler, Startups, Studierende und interne Porsche-Entwickler
– Ab 2019 startet VW-Tochter UMI einen neuen Sharing-Dienst, ausschließlich mit E-Autos und via VWs WE-App. – VW plant das „Mega-Startup“: Bis 2025 sollen 3,5 Milliarden Euro in die Vernetzung der Autos und in den Ausbau des Online-Ökosystems „Volkswagen We“ fließen. – Investition über 100 Millionen Euro in Quantumscape, ein kalifornisches Startup zur Entwicklung von Feststoffbatterien – Kooperation mit Chiphersteller Nvidia im Bereich KI
– „Ideation:Hub“: In der Gläsernen Manufaktur am Dresdner VW-Standort bündeln sich die Startup-Aktivitäten des Konzerns. – „Inkubator Programm“: von der Idee zur Marktreife in 200 Tagen – VW gab 2018 zum zweiten Mal sechs Startups die Chance, sich weiterzuentwickeln. – „Digital:Lab“: In dem Software-Labor in Berlin arbeiten rund 100 Entwickler an der Vernetzung des Autos.
PORSCHE
VOLKSWAGEN
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Anzug- und Hoodie-Träger Angesichts der herausfordernden Zukunftsprognosen und hausgemachter Krisen wie dem Diesel-Skandal sind die deutschen Autobauer, nach Jahren des Zögerns, mittlerweile regelrecht gezwungen, neue Wege zu gehen. Im Mittelpunkt ihrer Aktivitäten stehen dabei eigens gegründete Digital- und Startup-Labs (siehe Übersicht auf der vorherigen Seite), die als eine Art Brückenkopf zwischen der traditionellen, konservativen Unternehmenskultur und der kreativen Welt der Programmierer und Hoodie-Träger fungieren sollen. Auch millionenschwere Investitionen in Startups sind keine Seltenheit mehr. Daimler etwa stattete den estonischen Sharing-Dienst „Taxify“ im Frühjahr mit einem 175-Millionen-Dollar-Investment aus. Dem Uber-Konkurrenten soll damit eine Expansion auf den Märkten in Europa und Afrika ermöglicht werden. Außerdem verspricht sich Daimler Synergieeffekte: „Die mobilen Dienste von Daimler haben 22 Millionen Nutzer auf der ganzen Welt und die Dienstleistungen reichen vom kombinierten Verkehr bis zur Fahrgemeinschaft. Ex-Opel-Chef Karl-Thomas Neumann hat beim Startup Evelozcity angeheuert.
Investitionen in die Zukunft Die Automobilbranche braucht vor allem eines: Zukunftsvisionen.
Taxify ist eine schnell wachsende Fahrgemeinschaftsplattform mit globalen Ambitionen und wird eine Erweiterung unseres wachsenden Netzwerks von Mobilitätsdiensten sein“, unterstreicht Jörg Lamparter, Leiter im Bereich Mobile & Financial Services bei Daimler. Eine Rekordinvestition im zweistelligen Milliardenbereich plant man unterdessen offenbar bei Volkswagen. Wie Ende Oktober bekannt wurde, wäre Vorstandsvorsitzender Herbert Diess bereit, bis zu zwölf Milliarden Euro für eine Beteiligung an Waymo auszugeben, dem Robotertaxi-Unternehmen im Besitz von Alphabet. Diess fehlt allerdings noch die Unterstützung des Aufsichtsrats. Nach Berichten des Nachrichtenportals Bloomberg hatte der Wolfsburger Konzern dieses Jahr bereits versucht, das auf Robotaxis und autonomes Fahren spezialisierte Silicon-Valley-Unternehmen Aurora zu kaufen – erfolglos allerdings. Aurora will unabhängig bleiben und belässt es bei einer Partnerschaft mit Volkswagen.
Dass am Ende Daten die alles entscheidende Währung für die Zukunftstechnologien der Mobilität sind, auch das scheinen die deutschen Autobauer erkannt zu haben. Ein gutes Beispiel dafür ist der im Sommer erstmals organisierte „Blockchained Mobility Hackathon“ in München. Gemeinsam mit der mittlerweile in Berlin ansässigen IOTA-Stiftung, die an der Blockchain-Alternative Tangle arbeitet, traten Volkswagen, BMW und Bosch als Sponsoren der Veranstaltung auf. In einem Interview am Rande des Hackathons äußerte sich Dominik Pietsch von BMW zu dem ungewöhnlichen gemeinschaftlichen Engagement der Großkonzerne: „Die Mobilitätsprobleme in den Städten von heute können nur von allen Playern gemeinsam adressiert werden.“
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Fotos: Karl-Thomas Neumann
Am Ende entscheiden die Daten
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Die Zukunft fährt elektrisch. Wir wollen den Übergang zur Elektromobilität beschleunigen. Deshalb entwickeln wir InCharge – ein europaweites Netz von Ladestationen, die dort entstehen, wo sie gebraucht werden: zu Hause, am Arbeitsplatz oder im öffentlichen Raum. Was in wenigen Jahren Mobilitätsalltag sein wird, braucht in der spannenden Entwicklungsphase exzellente Ingenieure, Produktentwickler und Operations-Manager, die in Berlin,
Amsterdam oder Stockholm an komplexen Herausforderungen arbeiten. Lass uns gemeinsam einen weiteren Schritt machen, um innerhalb einer Generation ohne fossile Brennstoffe auszukommen. Mehr unter: goincharge.com vattenfall.de/fossilfrei
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Gerade besucht mich meine Tochter Melinda. Es ist schönes Wetter, wir gehen spazieren. Viele Leute sind nicht unterwegs, nur einige AUTOs surren unaufdringlich vorbei. Eines stoppt am Straßenrand. Ein Bekannter steigt aus, winkt uns freundlich und verschwindet in seinem Haus. Das AUTO fährt leer weiter, aber die rote Statusleuchte zeigt, dass es nicht verfügbar ist. Irgendwo in der Nachbarschaft wartet jemand schon auf seine Fahrtmöglichkeit. Unterwegs fragt Melinda unvermittelt: „Papa, was ist ein Parkplatz?“ Ich bin überrascht von der Frage, aber sie war vorher bei Opa und sie hatten dort alte Fotos angeschaut. Ich erinnere mich, dass Opa früher selbst mit seinem eigenen Kraftfahrzeug in die Stadt fuhr. Dort kam es immer zu stressigen Situationen, bis endlich ein Platz gefunden war, wo er sein Fahrzeug abstellen konnte. Er nannte das „Parken“ und das war oft sehr teuer. Mich schaudert bei dem Gedanken, ein AUTO selbst fahren zu müssen – welch eine Gefährdung und Zeitverschwendung. Gut, dass ich vom AUTO abgeholt und zum Ziel gebracht werde. Ach so, die Frage: Parkplätze gibt es in der Stadt nicht mehr. Den Platz kann man besser nutzen. Frank Höfler, Professor für Mobilitätsplanung an der BTU Cottbus-Senftenberg
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Das eigene Auto hat einen großen Vorteil: Flexibilität. Es bringt mich, wohin ich will, wann ich will. 2030 leistet das auch der öffentliche Verkehr. Intelligente Algorithmen verknüpfen für Wege von A nach B anbieterübergreifend alle Verkehrsmittel zu einem System und berücksichtigen dabei persönliche Gewohnheiten oder das Wetter. Schienengebundene Systeme sind aufgrund ihrer hohen Kapazität das Rückgrat – bis vor die Haustür verlängert durch autonome Elektrobusse, Pedelecs, Segways oder Flugtaxis. Flächendeckende Elektromobilität entlastet die Umwelt. Lärm, Feinstaub, verstopfte Innenstädte: Wo die individuelle Mobilität heute an ihre Grenzen stößt, haben 2030 neue Technologien, allen voran künstliche Intelligenz, umweltfreundliche Lösungen geschaffen. Um heute schon die Trends zu erkennen und die Voraussetzungen für die Umsetzung zu schaffen, beteiligt sich die DB beispielsweise an Startups, deren Ideen Schlüsseltechnologien für die Mobilität von morgen sein könnten. Sabina Jeschke, Vorstand Digitalisierung und Technik Deutsche Bahn AG
Fotos: Deutsche Bahn/Max Lautenschläger, Lilium
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Ich bin überzeugt, dass wir vor disruptiven Veränderungen stehen, in der Mobilität und in der Art und Weise, wie wir reisen: Wenn noch nicht 2030, dann spätestens in 20 Jahren, werden wir etwa ein Drittel unserer Strecken in der Luft zurücklegen. Und zwar nicht nur, um in den Urlaub zu fliegen, sondern auch, wenn wir Freunde besuchen oder in die Oper wollen. Entweder auf mittleren Distanzen mit einem senkrecht startenden Flugzeug wie dem Lilium Jet oder ab etwa 1.000 Kilometern mit herkömmlich startenden Elektroflugzeugen. Das Auto wird ein Service sein, wir werden es nicht mehr besitzen und selbst nicht einmal mehr buchen. In 20 Jahren werden wir eine General Intelligence haben, die entweder auf einer Uhr sitzt, auf einem Smartphone oder sogar in implementierten Chips, die wir mit unseren Gedanken steuern. So oder so werden wir es mit superintelligenten Butlern zu tun haben.
Ich gebe nur noch vor, dass ich schnell zum Beispiel nach Berlin muss, und dann sage ich noch „Premiumservice“, „normal“ oder „billig“ und dann bucht er mir die ganze Reise, den Zubringer-Auto-Service, den ich mag, macht Preisvergleiche und bucht den Flug. Es wird dann völlig normal sein, dass man in jedem kleinen Ort genauso wie eine Bushaltestelle auch einen Landeplatz hat. Die Fluggeräte werden bis zu dem Zeitpunkt eine Lärmemission wie heute ein Auto haben und in einer Flughöhe von zwei bis drei Kilometern nicht mehr zu hören sein. Der Transitverkehr der Bundes- und Landstraßen, der uns heute nervt, wird deutlich zurückgehen. Wir werden uns so nicht nur beim Reisen, sondern auch in unserem Alltag eine vollkommen neue Lebensqualität erschließen. Daniel Wiegand, CEO Lilium GmbH
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Das Auto der Zukunft basiert auf vier Entwicklungen, die unaufhaltsam voranschreiten und miteinander verschmelzen: selbstfahrende Fahrzeuge, elektrische Antriebe, digitale Vernetzung und geteilte Mobilität. Zunächst muss aber der gesetzliche Rahmen definiert werden. Bis dann die heute existierende Autoflotte komplett ersetzt ist, wird es ungefähr noch 20 Jahre dauern. Ähnliches gilt für das elektrische Fahren, auch wenn wir hier schon etwas weiter sind, da elektrische Antriebsmodelle bereits einen (kleinen) Teil der Verbrennungsmotoren ersetzen. Dass 2030 ausschließlich elektrisch-autonome Autos auf den Straßen fahren, ist also nicht zu erwarten. Ich kann mir aber vorstellen, dass der autonome Gütertransport in zwölf Jahren schon sehr weit fortgeschritten sein wird. Um die Vorteile autonomer Systeme voll ausschöpfen zu können, ist es unerlässlich, dass die Autos
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Meiner Einschätzung nach wird insbesondere die urbane Mobilität 2030 ganz klar von der Elektrifizierung des Straßenverkehrs dominiert. Streetscooter, E-Autos und wachsende E-Bike-Flotten prägen das Straßenbild. Dank gut ausgebauter Ladeinfrastruktur kein Problem mehr. Entgegen dem Trend der immer stärker werdenden Batterietechnologie hoffe ich auf eine Renaissance der Brennstoffzelle: Wasserstoff-LKWs und Busse ersetzen auch die letzten Reste C02 und Feinstaub durch Wasserdampf. Ich bezweifle, dass mittelfristig Lufttaxis den Stadthimmel füllen werden. Dafür müssen erst einmal regulatorische und sicherheitstechnische Fragestellungen geklärt werden. Außerdem bleibt offen, ob Anwohner die lärmenden Flugobjekte im innerstädtischen Bereich akzeptieren werden. Rein elektrisch betriebene Fluggeräte kämpfen auch immer noch mit Effizienzproblemen beim Energieverbrauch. Die nach wie vor sehr geringe Energiedichte heutiger Speicherzellen erhöht zwangsläufig die Energiezuladung, weil immer auch die dafür notwendige Batteriemasse mittransportiert werden muss. Johannes Ungar, Student und Mitglied des Hyperloop Teams der TU München
untereinander und mit den Verkehrssystemen vernetzt sind und Echtzeitdaten miteinander teilen können. Diese Eigenschaften lassen sich ideal für die geteilte Mobilität nutzen. Geteilte Autos sind in und außerhalb von Städten schon sehr weit fortgeschritten: Neben Free-Floating-Flotten für Kurzstrecken im urbanen Raum haben sich Carpooling-Angebote wie Blablacar für Langstrecken bereits heute bewiesen. Für Menschen, die regelmäßig lange Strecken zurücklegen müssen, wird es auch 2030 wichtig sein, ständigen Zugriff auf ein Auto zu haben – ganz gleich, ob selbstfahrend, elektrisch, verbunden oder eben nicht. Die geteilte Nutzung wird dabei helfen, das Reisen nicht nur komfortabler, sondern auch bezahlbarer und stressfrei zu machen. Jaime Rodríguez de Santiago, General Manager Iberia & Germany bei Blablacar
Fotos: Blablacar, TUM Hyperloop
Die Zukunft der Mobilität wird uns einen riesigen Aufschwung für die Freizeit- und Unterhaltungsindustrie bringen und uns mehr Zeit verschaffen für Freunde und soziale Kontakte. Fahrerlose Autos, stauunempfindliche Zweiräder und Mikromobilitätslösungen für die letzte Meile – das alles wird eine Menge Zeit einsparen, die man sonst im zähflüssigen Verkehr verbringt. Und was werden die Menschen damit tun? Sie können sich unterhalten lassen – und natürlich auch viel mehr Zeit mit Freunden verbringen. In der Zukunft wird sich auch die Stadtlandschaft verändern: Ölbasierte Verbrennungsmotoren verschwinden, elektrische Fahrzeuge erobern die Stadt und die Luft wird sauberer. Mikromobilität schafft auch einen Mehrwert für das öffentliche Verkehrsnetz. Dadurch wiederum können sich Cafés, Büros und Wohngebiete auch weiter entfernt von den Metrostationen etablieren. So steigen die Grundstückswerte. Und mit Mobility-as-a-Service müssen wir nicht länger in private Fahrzeuge investieren, sondern können unser Geld stattdessen ausgeben für … Freizeit und Freunde! Ardo Reinsalu, CEO Stigo Fleet GmbH
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Mit Drivy ist immer ein Auto in der Nähe, ohne es zu besitzen
Startups brauchen flexible Mobilität! „Carsharing ist auch eine Lebenseinstellung“, sagt Nils Roßmeisl, Deutschlandchef von Drivy Startups sind der Inbegriff von Mobilität und Flexibilität. Ihre Strukturen sind ständig im Wandel. Genauso flexibel muss auch die Infrastruktur sein, in der sich junge CEOs und ihre Teams bewegen. Um handlungsfähig zu bleiben, benötigen sie Mobilitätsangebote on-demand. Neben den günstigeren Kosten ist das auch eine Frage der Lebenseinstellung und Weltsicht der jungen Startup-Generation. Sie muss ein Auto nicht als Statussymbol besitzen, sie will zu nachhaltiger und zukunftsfähiger Mobilität beitragen, gleichzeitig aber auch zu jedem Zeitpunkt die Möglichkeit haben, schnell und unkompliziert überall anzukommen. Und das ist genau der Ansatz unseres Carsharing-Marktplatzes Drivy: 2010 gegründet aus der Erkenntnis heraus, dass jedes Auto in Europa im Schnitt mehr als 23 Stunden am Tag parkt und die Straßen verstopft, sind wir mit dem Ziel an den Start gegangen, die Auslastung von Fahrzeugen zu erhöhen und die Zahl der Privatwagen zu reduzieren. Drivy will mit einem ausreichend dichten Netz an verfügbaren Fahrzeugen jedem Autofahrer die Mobilität geben, die er braucht und die ihm gleichzeitig eine Alternative zum Autobesitz bietet. Dies führt zudem zur dringend notwendigen Entlastung von Städten und Umwelt.
Foto: Drivy
„Jederzeit ein Fahrzeug in Laufdistanz“ Die Weichen dafür haben wir in den letzten Jahren gestellt: maßgeblich durch den Einsatz der Drivy Open-Technologie, die das Öffnen und die Übergabe des Fahrzeugs per Smartphone-App ermöglicht, sowie unsere Entwicklung vom P2P-Anbieter zu einem Carsharing-Marktplatz, auf dem auch gewerbliche
Anbieter ihre Flotten anbieten. Beides führte zu einem verbesserten Angebot und mehr Buchungsmöglichkeiten für unsere Nutzer und gab uns die Möglichkeit, die kontinuierlich steigende Nachfrage zu bedienen. Heute können wir in Berlin mit 400 Open-Fahrzeugen innerhalb des Berliner Rings bereits jederzeit ein Auto in einer Distanz von fünf bis zehn Gehminuten bieten, die ab einem Zeitraum von vier Stunden gemietet werden können. Damit ist Drivy für Startups und Freelancer eine kostengünstige und flexible Mobilitätslösung. Auf der Plattform finden sie für jeden Anlass das passende Fahrzeug – vom Transporter bis zum Cityflitzer. Durch stetige Innovationen und den Blick auf die Nutzerbedürfnisse haben wir mit Drivy europaweit inzwischen mehr als zwei Millionen Autofahrer vom Carsharing überzeugen können. Dank dieser starken Community kommen wir unserem Ziel, nachhaltige und zukunftsfähige Mobilität zu bieten, in großen Schritten näher.
Drivy wurde 2010 in Frankreich von Paulin Dementhon, CEO, gegründet und ist heute der führende Carsharing-Marktplatz in Europa mit über 50.000 Autos in sechs Ländern und zwei Millionen Nutzern. Drivy beschäftigt 120 Angestellte in Paris, Berlin, Barcelona und London. In Deutschland zählt das Unternehmen über 250.000 Nutzer und 6.000 Autos. drivy.de
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Am liebsten auf Erfolgskurs: Jörg Rheinboldt, Managing Director von APX.
„Warum ihr? Warum das? Warum jetzt?” Seit über zehn Jahren ist Axel Springer in der Startup-Szene aktiv. APX Managing Director Jörg Rheinboldt über die Erfolgsfaktoren. Was sind eigentlich eure Erfolgsfaktoren? Es gibt ja auch andere Accelerator, die wieder zugemacht haben. Ich glaube, unser Erfolg beruht auf einer Mischung aus verschiedenen Faktoren. Dabei ist wichtig, dass dir und allen, die damit etwas zu tun haben, immer genau klar ist: Was ist das Hauptziel? Warum mache ich das eigentlich? Und bei uns gab und gibt es neben einigen weiteren Zieldimensionen immer auch ein großes Ziel, nämlich: Wir wollen Geld damit verdienen.
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Das ist die Mission? Ja, das ist relativ simpel. Wir sollten irgendwann mehr Geld rausnehmen können, als wir hier reinstecken. Und dann ist die zweite spannende Frage: In welchem Zeitraum? Wenn er zu kurz ist, kriegst du es nicht hin. Und wenn er zu lang ist, kriegst du es vielleicht auch nicht hin, weil irgendjemandem der Geduldsfaden reißt. Und dann ist die nächste Frage: Wie ist die Balance aus Investment und Return? Wie funktioniert das? Was erwartet man da voneinander? Von unserer Seite haben wir bis-
Foto: Dominik Tryba/APX
Das Gespräch führte Jan Thomas.
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her immer gesagt – und das tun wir auch weiter –, dass wir nicht zu viel versprechen wollen. Dafür halten wir das dann aber auch – oder performen vielleicht sogar darüber hinaus.
ein bisschen, etwa indem wir immer eine Person mehr pieksen und schauen, wie die anderen damit umgehen. Insgesamt nehmen wir jeden Monat zwischen einer und vier Firmen auf. Also circa vierzig pro Jahr.
Und im Hinblick auf die Startups? Wir fragen uns zum Beispiel immer, was wir als Organisation besser können als die Startups. Wie kann man Startups eigentlich wirklich helfen? Und offensichtlich ist die größte Hilfe, die wir ihnen geben können, Venture Capital aufzunehmen. Und dann haben wir uns gefragt, was einen Investor eigentlich dazu bringt, in eine Firma zu investieren. Das ist jetzt alles keine Raketenwissenschaft. Alles, was wir gemacht haben, ist, darüber einmal richtig nachzudenken. Dabei haben wir festgestellt, dass es Readiness-Dimensionen gibt. Du musst – und das kann ich jetzt sehr romantisch erzählen – einen Traum haben oder eine Vision und daraus Hypothesen bilden können und so weiter, bis du am Ende durch alle Dimensionen zeigen kannst, dass du gut darin bist, einen Traum in Hypothesen und dann in einen Plan umzusetzen und schließlich in Daten oder Ergebnisse. Dann ist das ganz simpel und es ist überhaupt kein Problem, von irgendwem Geld zu bekommen. Denn dann kannst du wahrscheinlich sogar zu einer Bank gehen und dir einen Kredit holen.
Wie hat sich Axel Springer Plug and Play über die Jahre verändert? Wenn man so möchte, ist unser Fund jetzt aus der Investment-Phase in die Entwicklungsphase übergegangen. Das heißt, mit Axel Springer Plug and Play investieren wir nur noch in die Firmen, an denen wir schon beteiligt sind. Da haben wir aktuell 102. Und mit APX (Axel Springer Porsche GmbH) machen wir alle neuen Investments. Das sind bislang 14. Nach fünf Jahren haben wir mit Axel Springer Plug and Play einfach gemerkt, dass wir sehr gerne in Startups investieren und das auch weiterhin tun wollen. Aber Plug and Play wollte sich auch immer mehr auf Matchmaking zwischen Startups und Corpo rates konzentrieren und das haben sie ja mit ganz vielen Initiativen in Deutschland und vor allem auch weltweit sehr erfolgreich getan. Angetrieben von diesem neuen Fokus haben wir uns überlegt, die Investitionsseite auf eine andere Ebene zu heben und das, was wir an Investments machen, mit neuen Partnern zu tun. Wir haben dann mit vielen potenziellen Partnern gesprochen und Porsche waren diejenigen, mit denen wir uns am schnellsten einig waren. Das hatte so eine totale Leichtigkeit.
Wie genau unterstützt ihr die Startups bei diesem Prozess? Ein wichtiger Satz, den wir gelernt haben, ist: Wer sind wir, den Startups zu sagen, was sie besser machen sollen? Denn das würde heißen, dass wir es besser können, und dann sollten wir lieber selbst ein Startup gründen. Abstrakt gesehen können wir aber schon ein paar Erfahrungen mitgeben. Nur schreiben wir nicht etwa die Roadmap für sie oder geben vor, was richtig ist, sondern geben ihnen acht verschiedene Templates, die wir gut finden. Oder wir geben ihnen Zugang zu Leuten, die sich richtig gut in solchen Dingen auskennen. Wie läuft denn der Bewerbungsprozess bei euch? Startups können sich bei uns bewerben, wie sie wollen, solange sie es über unsere Website tun. Das ist tatsächlich ein sehr unromantisches Formular, bei dem man ein paar Fragen beantworten muss. Plus ein paar Infos, die man dazupackt. Dann schauen wir uns alles an. Immer im Multi-Augen-Prinzip und überlegen, ob wir das Team treffen wollen. Beim Pitch sind wir dann ein Komitee von sechs bis zehn Leuten, wobei uns im Prinzip drei Fragen interessieren. Warum ihr? Warum das? Warum jetzt? Das Ganze basiert auf den bereits erwähnten Investor-Readiness-Dimensionen, die wir entwickelt haben – und natürlich auch selbst anwenden. Wir versuchen herauszufinden, ob dieses Team das richtige ist, um diese Idee zu verwirklichen. Wie vollständig sind die? Was fehlt da noch? Wie einig sind wir uns mit ihnen darüber, was da noch fehlt und wie das ergänzt werden kann? Wie klicken die miteinander? Da stressen wir sie auch manchmal
„Wir geben Zugang zu Leuten, die sich richtig gut mit verschiedenen Dingen auskennen“ Ihr wolltet nur einen Partner haben? Wir hätten auch mehr genommen, aber schon zwei Corporates als Gesellschafter machen die Sache kompliziert. Mehr machen es nicht einfacher. Und wir hatten ja auch nicht den Wunsch, unendlich viel Geld einzusammeln. Denn dann entsteht das Problem, dass du dieses Geld auch unterbringen musst. Und darauf sollte die Entscheidung nicht basieren, sondern darauf, dass die Finanzierung wirklich eine gute Gelegenheit für ein Investment ist. Was habt ihr denn richtiger gemacht als andere? Oder andersherum: Was habt ihr vielleicht nicht falsch gemacht? Ich glaube, was immer wichtig ist: Du darfst nicht zu krasse Kosten aufbauen. Du darfst dich nicht zu groß an den Firmen beteiligen, damit sie auf dem Venture-Pfad
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Neu bei APX
Dogo Hundetrainer für die Hosentasche Dogo ist die erste personalisierte Hundetrainings-App und seit Oktober bei APX. Täglich werden neue Trainings-Sessions generiert, sowie die Fortschritte per Videoprüfung überwacht. Foto-Challenges machen das Training per App und sozial und sorgen für Austausch zwischen Herrchen, Frauchen und Vierbeiner. dogo.pro
Woran kann denn so eine Partnerschaft wie die von Porsche und Axel Springer eventuell scheitern? Am
Neu bei APX
Loco Die Welt als Gaming-Plattform Loco Games ist eine Plattform, über die Spieleentwickler ortsbezogene AR-Erlebnisse ohne Programmierung erstellen können. Über das flexible Chat-Interface kann jeder Schatzsucher der nächsten Generation, RPGs, gespielte Sightseeing-Touren, eigene Geschichten und echte Pointand-Click-Abenteuer erstellen. Das Loco-Team ist seit August dieses Jahres bei APX.
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Wechsel der Führungsebene? Ja natürlich, es sind halt immer auch Menschen beteiligt. In beiden Geschäftsmodellen sind wir noch nicht am Ende der Transformation und wissen auch nicht genau, wie wir in den nächsten Jahren weiterhin Geld verdienen und ob das noch vergleichbar ist oder sich radikal ändern wird. Auf der Mikroebene gibt es aber auch Fallstricke, etwa wenn man zu wenig miteinander redet oder zu wenig lernt oder nicht mitkriegt, wenn sich Dinge verändern und man selbst nicht mehr wachsen kann. Wie viele seid ihr denn jetzt? Wir sind extrem gut darin, eine kleine Organisation zu sein. Festangestellte sind wir etwa ein Dutzend, plus ein paar Praktikanten, die aber sehr intensiv mitmachen. Wir haben zwei Werkstudenten, duale Studenten aus dem Axel Springer Universum. Im Moment sind wir die beliebteste Ausbildungssituation bei Axel Springer.
Fotos: Loco, Sharpist, Dogo
bleiben können und du sie nicht durch dein Engagement kaputt machst. Dann musst du vernünftige Auswahlkriterien haben, aber auch das Quäntchen Glück, das du brauchst, um die richtigen Teams zu finden. Und dann muss die Zukunft zeigen, ob das wirklich stimmt. Im Moment haben wir das Gefühl: ja. Von den 102 Startups, in die wir mit Axel Springer Plug and Play investiert haben, sind noch 60 aktiv. Statistisch gesehen viel zu viele. In den nächsten fünf Jahren muss sich dann zeigen, was wir da wirklich an Geld verdienen können. Wer kauft uns wann welche Anteile an den Firmen ab? Da sind einige dabei, bei denen wir super zuversichtlich sind. Und auch den einen oder anderen Secondary Deal haben wir bereits gemacht. Somit stehen wir jetzt schon gut da und keiner fragt, wo das ganze Geld ist.
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„Bei uns gab es immer ein großes Ziel: Wir wollen Geld damit verdienen“ Ihr habt also keine Zukunftssorgen? Doch, aber das bringt ja nichts. Wir können uns ganz viele Szenarien ausdenken, warum das hier auf jeden Fall nicht funktionieren wird. Darüber haben wir uns schon viel unterhalten und wir haben auch einen Artikel geschrieben „Why we suck“, den wir nicht veröffentlicht haben. Aber wir versuchen hier, extrem zu reflektieren, weil es einfach nicht sein kann, dass wir genau wissen, wie es geht. In ein paar Dimensionen, ja. Da können wir, da kann ich nach 20 Jahren nicht anders, als irgendwelche Muster dahingehend zu sehen, wie man ein erfolgreiches Unternehmen gründet oder was so schiefgehen kann. Aber das heißt nicht, dass ich diese Muster auf alles transferiere, sondern ich biete einfach an, darüber nachzudenken.
Neu bei APX
Sharpist Video-Coaching für die Karriere Sharpist schafft Aha-Momente – at scale. Sharpist ist die mobile Plattform, die Professionals dabei unterstützt, ihren Karrieren mit mehr Engagement, Fokus und Produktivität nachzugehen. Dafür stellen wir unseren Klientinnen und Klienten 1-zu-1-Video-Coachings und kontinuierliche Übungen bereit. Sharpist ist seit September bei APX.
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Accelerator in Deutschland Ein Überblick über Aufnahmevoraussetzungen und Angebote von 22 Programmen, die dabei helfen, Geschäftsmodelle zu entwickeln und zu skalieren. Zusammengestellt von Josefine Köhn-Haskins
AGILE (ESSEN, DÜSSELDORF, BERLIN) Als Accelerator und Seed-Investor von Eon hat Agile es sich zur Aufgabe gemacht, skalierbare Geschäftsmodelle mit Energiebezug zu scouten und zu fördern. Wir bieten Finanzierung von 22.000 Euro, drei Monate Acceleration, Coaching, Sprint Sessions, langfristige Partnerschaft mit dem Ziel, einen Piloten umzusetzen, sowie Zugang zum Netzwerk von Eon. Wir suchen frühphasige Startups aus Europa und Israel mit Energiebezug sowie Teams, die ein getestetes MVP vorweisen können. Aufnahmequote: Pro Startup-Klasse lesen wir bis zu 200 Pitch Decks, wobei es etwa sechs in unsere Klassen schaffen. eon-agile.com
Im Digital Innovation Hub werden Erfolge gefeiert.
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Pitch vor anderen Gründern im CyberLab, Karlsruhe.
PropTech-Startups und Scaleups, die bereits mindestens ein MVP entwickelt haben und die ihr Geschäftsmodell vorrangig im deutschen Markt ausrollen wollen. Aufnahmequote: qualitativ, drei bis vier PropTechs pro Runde. blackprintbooster.de
die Teilnahme am Prelab, einem vierwöchigen Accelerator-Programm für Startups in der Vorgründungsphase. Aufnahmequote: Aus dem gesamten Umfeld sichten wir pro Jahr rund 500 Teams, 15 werden maximal ins Cyberlab aufgenommen. cyberlab-karlsruhe.de
CYBERLAB (KARLSRUHE) Im Cyberlab, dem IT-Accelerator des Landes Baden-Württemberg, werden Tech-Startups in maximal zwölf Monaten fit für den Markt gemacht. Das Cyberlab wird vom Cyberforum e.V. betrieben, dem größten regionalen Hightech-Unternehmer-Netzwerk in Europa. Wir bieten 70 vollausgestattete Arbeitsplätze (geringe Mietkosten) mit Startup-freundlicher Infrastruktur, Mentoring, Netzwerk, Zugang zu Unternehmen und dem Business-Angel-Netzwerk des Cyberforums. Start ups, die sich für „Start-up BW Pre-Seed“ qualifizieren, haben die Chance auf 200.000 Euro zusätzliches Finanzierungsvolumen. Wir suchen Startups aus der IT- und Hightech-Branche mit hohem Wachstumspotenzial, die ihr Geschäftsmodell hin zur Marktreife entwickeln wollen. Zugangsvoraussetzung ist
DB MINDBOX/DB STARTUPXPRESS (BERLIN) Die Deutsche Bahn hat sich mit der Mindbox mittlerweile fest als Innovationstreiber in der Berliner Gründerszene etabliert. Wir bieten 100 Tage Mentoring und Coaching durch einen Startup-Manager, der als Schnittstelle zwischen den Jungunternehmern und dem Netzwerk der DB fungiert, sowie Arbeitsplätze und ein Startgeld von 25.000 Euro. Wir suchen innovative Technologien, digitale Anwendungen und Lösungen für die Kunden, die das Potenzial haben, die Geschäftsfelder der Deutschen Bahn attraktiver zu machen. Aufnahmequote: 50 Prozent der Startups, die das Mindbox-Programm durchlaufen, arbeiten weiter mit der Bahn zusammen. dbmindbox.com/de
Fotos: CyberForum, DB Mindbox / Castagnola, Digital InnovationHub
BLACKPRINT PROPTECH BOOSTER (FRANKFURT) Der Blackprint Proptech Booster wurde im Herbst 2016 als erstes Accelerator-Programm in Deutschland für PropTechs gegründet, initiert von der Beteiligungsgesellschaft Blackprintpartners GmbH, Marc Stilke, Aufsichtsratsvorsitzender der Lichtblick SE und Venture Partner bei Bitstone Capital. Wir bieten Mentoring, ein umfassendes Entscheidernetzwerk in der Immobilienbranche und frisches Kapital plus Kontakte für die Anschlussfinanzierungen. Geschäftsmodelle werden unter realen Marktbedingungen mit Partnerunternehmen getestet. Wir suchen talentierte Gründerteams von
ACCELERATOR DIGITALER HUB (REGION BONN) Digitalhub.de unterstützt junge, digital orientierte Startups und Gründer als Accelerator und Incubator. Wir bieten bis zu 50.000 Euro Seed-Kapital, Coworking, Infrastruktur, Coaching und Intros zu Pilotkunden und Investoren sowie ein Netzwerk an Unternehmen und wissenschaftlichen Institutionen. Wir suchen Startups mit einem Software-/ Hardware-Produkt, skalierbarem Geschäftsmodell und einem kompetenten Team. Aufnahmequote: etwa 15 Prozent digitalhub.de/startups/accelerator FUTURE CHAMPIONS ACCELERATOR (NRW) Der Future Champions Accelerator ist der Accelerator der Universität Duisburg-Essen, der Universität zu Köln und der Heinrich Heine Universität Düsseldorf. Gefördert wird das Projekt im Rahmen der NRW-Innovationslabor-Initiative durch die Landesregierung. Wir bieten ein 12-monatiges Programm, wobei wir Expertise und Netzwerk von Hochschulen sowie Industrie und Wirtschaft verbinden und als Asset gebündelt zur Verfügung stellen. Wir suchen innovative Startup-Teams und Geschäftskonzepte in jeder Gründungsphase, vor allem aus den Bereichen Mobilität, Energie, Biomedizin, Ernährung, Produktion, Logistik. Generell sind wir branchenoffen und unterstützen gerne nachhaltige und soziale Geschäftsmodelle. Aufnahmequote: je zwölf Startups rhein-ruhr-accelerator.de GERMAN ACCELERATOR (GLOBAL) Das German Accelerator Programm wurde 2012 im Silicon Valley initiiert und unterstützt
deutsche Tech- und Life-Sciences-Startups beim erfolgreichen Eintritt in globale Märkte. Das Programm wird vom BMWi unterstützt und bietet mit Standorten im Silicon Valley, in New York, Cambridge und Singapur globale Immersion. Wir bieten maßgeschneiderte Programme (drei bis zwölf Monate), ein großes, internationales Netzwerk, kostenlose Arbeitsplätze und Unterstützung in allen taktischen und strategischen Fragen sowie Marketing, PR und Teilnahme an Konferenzen und Events. Wir suchen vielversprechende deutsche Startups, die von unserem Programm profitieren. Auslandsaufenthalt verpflichtend. Aufnahmequote: an Standorten wie New York oder Silicon Valley etwa 25 Prozent. germanaccelerator.com HUBRAUM (BERLIN) Hubraum ist der Tech-Incubator der Deutschen Telekom mit Standorten in Berlin, Krakau und Tel Aviv. Wir bieten Seed-Finanzierung bis zu einer Million Euro pro Startup, Zugang zum Hub raum-Campus und den entsprechenden Netzen, Plattformen und Testdaten der Deutschen Telekom, kostenfreien Coworking-Space in Berlin und Krakau. Wir suchen: Frühphasen-Startups vor allem in den Bereichen KI, IoT, Edge Computing und 5G. hubraum.com METRO ACCELERATOR (DÜSSELDORF, BERLIN) Der Metro Accelerator powered by Techstars arbeitet unter dem Dach von Hospitality Digital, das im Jahr 2015 von Metro gegründet wurde und dessen Aufgabe es ist, digitale Lösungen für Kunden aus den Bereichen HoReCa (Hotel/Restaurant/Catering) anzubieten
Kollaborative Arbeitsumgebung in der DB Mindbox.
und eine Plattform für Innovatoren, Gründer und Unternehmer aufzubauen. Wir bieten Finanzierung von bis zu 120.000 Euro pro Startup sowie Infrastruktur, Netzwerk, fast 200 Mentoren. Abschluss des dreimonatigen Programms ist der Demo Day, bei dem Gründerteams ihre Lösungen vor potenziellen Investoren präsentieren. Im Rahmen des Metropolitan Pilotprogramms können Startups ihre Lösungen bei rund 500 Gastronomen oder in Metro-Märkten testen. Wir suchen Teams mit Persönlichkeit, Erfahrung und Biss, die auf Marktpotenzial und Fortschritt setzen, eine gute Produktidee haben und bereits ein MVP vorweisen können. Aufnahmequote: drei Prozent metroaccelerator.com MICROSOFT SCALE-UP (BERLIN) Das Microsoft Scale-up-Programm ist für Startups der Serie A bestimmt und hilft bei ANZEIGE
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ACCELERATOR
NEXT MEDIA ACCELERATOR (HAMBURG) Next Media Accelerator ist unabhängig und wird von über 30 Medien in Deutschland und Österreich finanziert, etwa Axel Springer, Der Spiegel, die Zeit, Weischer.Media und dpa. Wir bieten Investment bis zu 50.000 Euro, sechsmonatiges Programm mit Arbeitsplätzen in Hamburg und ein kollaboratives Netzwerk zu den anderen Teams, Mentoring, Coaching, Kontakte zu Investoren, Pitch-Events in Berlin, Hamburg und München sowie erste Produkttests mit den NMA-Investoren. Wir suchen Frühphasen-Startups mit einem kompletten Team, das bereits einen Prototyp vorweisen kann, am besten mit Bezug auf Inhalte, Werbung, Medientechnologie und/oder Dienstleistungen. Aufnahmequote: acht bis zehn Teams alle sechs Monate nma.vc ICONIQ LAB TOKEN ACCELERATOR (FRANKFURT) Iconiq Lab ist ein auf ICOs und Token Sales fokussierter Blockchain Accelerator mit Sitz
in Frankfurt, New York und London. 2018 wurde das Iconiq Lab zu den top drei Accelerator-Programmen in Deutschland gewählt. Wir bieten alles, was notwendig ist, um ein ICO durchzuführen: Rechtsberatung, Geschäftentwicklung, Investorennetzwerk, Listing, Tokenomics, Smart Contract, KYC/AML, Krypto-Bankkonto, Wallet-Infrastruktur. Wir suchen Blockchain-Anwendungsfälle im Mid-Stage-Fokus, optimalerweise mit vorhandenem Produkt, Umsätzen und Kunden. Aufnahmequote: 1,5 bis 2,5 Prozent iconiqlab.com IGNITION (DÜSSELDORF) Ignition ist ein fünfmonatiges Förderprogramm für digitale Frühphasen-Startups in Düsseldorf/Rheinland mit Fokus auf Prototyp-Entwicklung. Wir bieten 25.000 Euro Budget für die Prototyp-Entwicklung, Coaching, Mentoring sowie Workshops und eine unternehmerische „Grundausbildung“, Coworking-Space, Zugang zum Ökosystem und zu Investoren, Matching mit Corporates (erste Pilot-/ Testkunden), freien Eintritt zu Messen, Branchen-Events und Digihub-Formate, Marketing/PR und ein großes Alumni-Netzwerk. Wir suchen Startup-Teams, die jünger sind als ein Jahr mit einer Gründung/einem Gründungsvorhaben in Düsseldorf/Rheinland. Aufnahmequote: etwa 12,5 Prozent (15 Teams pro Jahr) digihub.de/ignition PROSIEBENSAT1 ACCELERATOR (MÜNCHEN, BERLIN) Der P7S1 Accelerator investiert ein Mediapaket in B2C-Startups. Ziel des Investments ist es, mit medialer Reichweite ein Millionenpublikum zu erreichen. Wir bieten ein Investment in Höhe von 1,3 Millionen Euro in Form eines Mediapakets
Applaus für Gründer von Gründern bei den Techfounders in München.
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unter anderem bestehend aus TV, Influencer Marketing und Digitalbudget sowie Mentoring und optionale Büroflächen in Berlin. Wir suchen B2C-Startups mit bereits vorhandenen Produkten/Dienstleistungen für den Massenmarkt in Industriebereichen wie E-Commerce, Marktplätze, Konsumgüter, Fintech, Gesundheit. Wichtig ist Traktion – typischerweise sind das Umsätze zwischen 250.000 und 2,5 Millionen Euro pro Jahr. Aufnahmequote: ein bis zwei Prozent p7s1accelerator.com RETAILTECH HUB (MÜNCHEN) Das Retailtech Hub ist eine seit 2017 bestehende Innovationsplattform, die Händler, Marken und ausgewählte Startups zusammenbringt, um neue Technologien und digitale Geschäftsmodelle zu testen und zu pilotieren. Unterstützt wird das Programm von der Mediamarktsaturn Retail Group in Kooperation mit dem Plug and Play Tech Center aus dem Silicon Valley und Handelspartnern. Wir bieten ein dreimonatiges Mentoring mit Fokus auf die Zusammenarbeit mit Handels partnern und Konkretisierung des Business-Modells, aber auch Pitch-Trainings und Legal Advise sowie Coworking-Space in München und die Chance, am Plug and Play Retail Programm im Silicon Valley teilzunehmen. Wir suchen Startups, die ein „komplettes“ Team vorweisen können und einen MVP haben, der Pilot-ready ist. Aufnahmequote: Von 500 bis 800 Startups bleiben zehn bis zwölf übrig. retailtechhub.com SAP STARTUP ACCELERATOR (BERLIN, PALO ALTO) Der SAP Startup Accelerator ist ein weltweit zugängliches Innovationsprogramm für B2B-Startups in den Bereichen Digital Supply Chain, Manufacturing, Digital Assets und Industrie 4.0. Der SAP Startup Accelerator hat seinen Sitz in Berlin und Palo Alto. Das Programm erhielt 2018 den IoT Global Award und wurde vom Capital Magazin mit dem Best Accelerator 2018 Award ausgezeichnet. Wir bieten ausgewählten Startups die Möglichkeit, ihre Lösung in das SAP Portfolio zu integrieren. Dabei unterstützt SAP technisch sowie beim Go-to-Market. Startups haben Zugang zur Co-Working-Fläche im Data Space by SAP in Berlin. Wir suchen Startup-Teams, die gezeigt haben, dass ihre Technologie dazu beitragen kann, den Fertigungsprozess eines Kunden, seiner Supply Chain, die Fertigung oder sein Asset Management intelligenter zu gestalten. Aufnahmequote: etwa zehn Prozent sap.com/iot-startup
Fotos: SAP, Next Media Accelerator, Tech Founders, Telekom Hubraum, Wayra
Vertrieb, Marketing und Technologie. Wir bieten Gründern ein viermonatiges Programm, in dem wir mithilfe von Co-Selling an der Wachstumsstrategie arbeiten. Außerdem: Zugang zum internationalen Vertriebsund Partnernetzwerk von Microsoft und zur Cloud-Plattform Azure sowie Coachings und Trainings mit erfahrenen Mentoren. Wir suchen innovative deutsche und europäische B2B-Tech-Startups, die sich in der Wachstumsphase befinden (Serie A) und Lösungen für den Enterprise-Bereich anbieten. Aufnahmequote: Pro Batch haben wir etwa 70 Bewerbungen, wovon zehn Startups ins Programm aufgenommen werden. startups.microsoft.com/de-de/scale-up
ACCELERATOR TECHFOUNDERS (MÜNCHEN) Techfounders bereitet Startups aus dem Technologiebereich auf eine erste Risikokapitalrunde vor und bahnt strategische Kooperationen zwischen etablierten Unternehmen und jungen Tech-Startups an. Wir bieten ein Projektbudget von 25.000 Euro, kostenlose Büroräume in München, Zugang zu Prototypenwerkstatt und AI Computing Power, Coaching und Training zu allen Bereichen und die Vernetzung mit Mentoren, potenziellen Investoren und weiteren Industriefirmen. Wir suchen Tech-Startups in der Frühphase hauptsächlich aus den Bereichen Mobility, Industry 4.0, IoT, AI, Home Appliances und Customer Services, die max. ein Investment von zwei Millionen US-Dollar erhalten haben. Aufnahmequote: zwei Prozent techfounders.com
Das Team von Sapio in Berlin.
SAPIO (BERLIN) Sapio, eine strategische Geschäftseinheit der SAP. Wir unterstützen Startups, die nächste Generation von Unternehmensanwendungen zu entwickeln, Kunden zu finden und Industrien zu verändern. Heute gibt es Sapio Foundries in fünf strategischen Startup-Hubs: Berlin, Paris, Tel Aviv, San Francisco and New York. Wir bieten maßgeschneidertes Mentoring und Zugang zu SAP Führungskräften, SAP Technologien und Anwendungsschnittstellen sowie die Möglichkeit der Zusammenarbeit mit SAP Kunden aus über 25 Branchen. Wir suchen Tech-Startups, die B2B-Lösungen in den Bereichen Machine Learning/ künstliche Intelligence, Blockchain, Robotics und VR/AR für Firmenkunden anbieten, und Startups, die von Frauen gegründet oder mitgegründet worden sind. Aufnahmequote: zwei Prozent sap.io SPIN LAB (LEIPZIG) Spin Lab ist ein Accelerator-Programm in Kollaboration der Baumwollspinnerei Leipzig mit der HHL Leipzig Graduate School of Management, das mit 24 Corporate-Partnern zusammenarbeitet (u. a. AOK Plus, Leipziger Gruppe, VNG Gruppe). Wir bieten ein intensives Coaching- und Mentorenprogramm, Kontakte zu Investoren, etablierten Unternehmen und anderen Gründern, Zugang zu unserem Coworking-Space und zu verschiedenen Technologien von Partnern, 15.000 Euro Startgeld sowie Unterstützung beim Recruiting und ein internationales Austauschprogramm. Wir suchen Startup-Teams aus den Bereichen Energie, Smart City, eHealth + Querschnittstechnologien mit vorhandenem Prototyp und skalierbarer Idee. Aufnahmequote: drei bis fünf Prozent spinlab.co
STARBUZZ ACCELERATOR (NRW) Mit Sitz in Mülheim an der Ruhr, NRW, verfügt der unabhängige Accelerator über außergewöhnliche Kundennähe im B2B- und B2C-Bereich sowie zu Unternehmenspartnern aus der Handels-, Produktions- und Logistikbranche. Internationales Netzwerk. Wir bieten Mentoring, Master-Classes und Networking, Zugang zu Seed- und Wachstumsfinanzierung, Geschäftspartnerschaften im Bereich Sales/Client für einen ersten „proofof concept“, Rekrutierungs-Unterstützung. Wir suchen digitale Handels- und Logistik-Startups, die B2B- und B2C-Segmente ansprechen. Geschäftsfelder sind Lösungen im Bereich Store/Pos, Offline-Online-Verbindung, Zahlungs- und Prozesslösungen, neue Kanäle, Warehousing & Logistik, Smart Data. Aufnahmequote: bis zu acht Startups starbuzz.ruhr STARTPLATZ (KÖLN/DÜSSELDORF) Mit Standorten in Köln (seit 2012) und Düsseldorf (seit 2015) bietet Startplatz ein Ökosystem und zweiphasiges Programm, wobei Phase eins auf Marktvalidierung und Prototyping ausgerichtet ist. Nach dem internen Demo Day wird entschieden, ob das Team in Phase zwei Wachstum und Skalierung anpackt. Wir bieten ein drei- bis sechsmonatiges Programm, inklusive Coworking-Space, individueller Beratung durch Mentoren und Experten sowie Workshops der Startplatz Startup Academy, einem großen Netzwerk sowie Vergünstigungen bei Services wie Amazon Webservices, Hubspot oder Salesforce. Wir suchen Teams in der Early-Stage-, PreSeed- und Seed-Phase mit innovativen Geschäftsideen, digitalen und skalierbaren Businessmodellen. Aufnahmequote: 20 Prozent accelerator.startplatz.de
WAYRA (MÜNCHEN) Wayra ist seit 2012 mit elf Hubs in zehn Ländern innerhalb des Footprints von Telefonica tätig und bietet Zugang zu einem globalen Netzwerk von über 350 Millionen Kunden und Klienten in 24 Ländern. Ziel ist es, gemeinsam neue Produkte und Dienstleistungen zu testen und auszubauen. Wir bieten einen flexiblen, maßgeschneiderten Entwicklungskatalog sowie 25.000 Euro Startkapital, um in 100 Tagen einen gemeinsamen Piloten mit Telefonica zu starten, und eine mögliche Folgeinvestition von bis zu 250.000 Euro. Inklusive sind außerdem Coworking-Space in München, Networking, ein globales Netzwerk sowie Community-Events. Wir suchen junge, effiziente Startups (nicht älter als drei Jahre) mit einem Fokus auf IoT (Consumer und B2B2C), erweiterte Datenanalyse, KI, 5G. Aufnahmequote: ein Prozent de.wayra.co Beim Demo Day des Next Media Accelerators.
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Produktentwicklung statt Entrepreneurship Accelerator sind das Erfolgsgeheimnis der Startup-Industrie. Warum viele dennoch scheitern, darüber reflektiert Christoph Räthke. Ein Gastbeitrag von Christoph Räthke
Wer zahlt, schafft an Aber auch angesichts dessen sollten Acceleratorkandidaten ein paar Dinge reflektieren. Der erfolgreichste Accelerator der Welt, Y-Combinator, war und ist eine Organisation von Geschäftsleuten für Geschäftsleute,
die ihr eigenes Geld, Zeit und Risiko teilen. Im Gegensatz dazu sind Programme in Europa Organisationen angestellter oder freiberuflicher Manager, die anderer Leute Geld und Zeit – also Steuer- oder Konzernbudgets – ausgeben. Die wenigen Versuche in Deutschland, das anders zu machen – etwa Lars Hinrichs´ „HackFwd“ – sind gescheitert. Das heißt nicht, dass konzern- oder steuerfinanzierte Accelerator schlecht sind. Aber es heißt, dass sie nach Konzernregeln funktionieren. Also etwa bei Strategiewechseln der Mutter geschlossen werden. Oder, dass ihr Personal nach zwei Jahren den nächsten Karriereschritt anderswo im Konzern tut. Und es heißt auch, dass sie – getreu dem Motto „wer zahlt, schafft an“ – Regeln aufstellen können, die der Gründer schlucken muss, so er Geld will, etwa: einige Monate nach Unterföhring oder Darmstadt überzusiedeln oder in eine portugiesische Provinzstadt („Startup Braga“) oder sogar ans Ende der Welt („Startup Chile“) – nicht, weil dort ideale Gründer- oder Kunden-Ökosysteme existieren, sondern Drittmittel und eine Betreiber-Agenda.
Qualität im Sinkflug
CHRISTOPH RÄTHKE
Christoph Räthke gilt als einer der Motoren der Berliner Startup-Szene. Als Gründer, Investor, Autor, Berater und Mentor ist er seit mittlerweile fast 20 Jahren in Berlin unterwegs. Sein aktuelles Projekt: digitalmasterclasses.net
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Dieses wachsende Überangebot wiederum heißt, dass die Qualität der Teilnehmer seit Jahren im Sinkflug ist. Im Zuge dessen hat sich auch die Unterstützungsleistung der Accelerator verändert. Waren US-Programme vor allem Business-Angel-Vehikel, deren Mentoren – selbst Unternehmer – nach Investment-Möglichkeiten suchten, sind sie in Deutschland verlängerte Werkbänke bestimmter Industriesparten. Oft hat unter ihren Leitern niemand Gründererfahrung oder -netzwerk und vermehrt geht es auch bei Mentoring und Ökosystem nicht mehr um die Vermittlung der magischen Zutat „Entrepreneurship“, sondern um eine Art gezielte Produktentwicklung.
Sehr offen und ehrlich macht das die DB Mindbox, die sich in ein Co-Creation-Center gewandelt hat, in dem die Bahn ausgewählten Teams 25.000 Euro dafür zahlt, einen Produkt-Prototypen für sie zu bauen. Aber problematisch wird es da, wo Programme so tun, als könnten und wollten sie unternehmerisch unterstützen – und dafür auch Equity nehmen –, wenn sie in Wahrheit nur Baustein einer Branding-Strategie sind. Experten kennen einige (natürlich nie offen diskutierte!) Beispiele dafür, wie Konzern-Accelerator
„Deutsche Accelerator funktionieren nach Konzernregeln“ nahezu kollabierten, weil die Teilnehmerauswahl von der Konzernagenda und nicht von der Erfolgswahrscheinlichkeit getrieben war. In denen der eingekaufte Umsetzungspartner vor allem den vereinbarten Marketing-KPIs zuarbeitete – und darüber die einfachste aller Fragen irrelevant wurde: „Würde ich hier mein eigenes Geld investieren?“ Für Gründer heißt das vor allem eines: sich nicht blenden lassen und Accelerator auf ihre tiefere Motivation durchleuchten. Woran wird ihr Erfolg gemessen? Brauche ich das, was dort geboten wird? Oder müssen beide Seiten einfach nehmen, was sie kriegen können? Auch der Deal „Ich gebe dir Geld, dafür gibst du mir Glaubwürdigkeit“ ist fair – wenn man ihn bewusst eingeht. Mit dem Y-Combinator-Vorbild hat er allerdings nichts mehr zu tun.
Foto: privat
Ich glaube daran, dass das Accelerator-Konzept eines der Erfolgsgeheimnisse der Start up-Industrie ist. Nicht nur sind Accelerator-Erlebnisse oft Bestandteil erfolgreicher Gründerstorys, es warnt auch der Gegenentwurf – also Gründer, die in ihrer Produkt- oder Service-Entwicklung ohne Peer-to-Peer-Weiterbildung, ohne Mentoring, ohne kundenzentriertes Einfach-mal-Ausprobieren arbeiten und dadurch fortwährend hinter ihrem Erfolgspotenzial zurückbleiben. Auch mangelhafte Accelerator sind für Startups also besser, als gar nicht kollaborativ, offen und kundenzentriert an neuen Ideen zu arbeiten.
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Melissa Coleman ist sowohl in der Modebranche als auch im Tech-Bereich unterwegs. Sie ist Mitgründerin von Rotterdams V2_E-textile Workspace und dem E-Stitches Meetup in London und war Teil des Entwicklerteams für den Hackaball, einen Ball, mit dem Kinder lernen können zu coden. Für sie beinhaltet Fashiontech das Potenzial, eine Welt zu schaffen, in der man sich alternative technologische Zukünfte vorstellen kann. melissacoleman.nl
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Foto: Claudia Rocha
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Tech-Inspirationen für Zukunfts-Looks Blinkende LEDs und 3D-Prints sind nur der Anfang. Fashiontech wird in Zukunft fast alle unsere Lebensbereiche verändern. Von Josefine Köhn-Haskins
Leuchtend und blinkend schreitet Doro Bär durch die Hallen. Für ihre Ansprache zur Verleihung des Deutschen Computerspielpreises trägt die Digitalministerin ein Instagram-Kleid, das mit jedem Post seine Farbe wechselt, Hashtags mit eingeschlossen. Designt wurde das Kleid von The Powerhouse, einem Berliner Startup, das die Mode der Zukunft in einem Showroom im zweiten Stock des Bikini Berlin einer breiten Öffentlichkeit präsentiert. Da gibt es Stoffe, die den Puls des Trägers messen können, Schmuck, der dank integrierter GPS-Funktion nicht verloren gehen kann. Fashiontech geht schon längst über die Farbspielereien hinaus, die Künstler und Musiker wie Katy Perry, Cirque du Soleil, Lady Gaga, U2 oder auch die Choreografen des Super Bowl nutzen, um ihre Bühnenshow zu dramatisieren. Designer, die sich mit Zukunftsthemen, 3D-Print und neuen Materialien auseinandersetzen, bringen futuristische und neue Ideen auf die Laufstege.
Der Look ist zweitrangig Bei der Kombination von Textil und Tech geht es aber um weit mehr als den Look. Die Integration von Sensoren in Stoffe wird künftig fast alle unsere Lebensbereiche verändern – von Smart Home über Mobility oder Fitness bis hin zu Industrie 4.0. Allein in Industrie 4.0 will die deutsche Wirtschaft laut einer Pwc-Studie bis 2020 jährlich 40 Milliarden Euro investieren. Davon profitiert etwa Proglove. Das Münchner Startup entwickelt smarte Arbeitshandschuhe, die dem Träger in der Fertigung oder Logistik ermöglichen, schneller, sicherer und einfacher zu arbeiten. Der Anwender erhält sofort ein Feedback. Fashiontech-Sportbekleidung kommt zum Beispiel von den US-Firmen Electrofoxi und Wearable X. Mittels integrierter Sensortechnik unterstützen die Yoga- und
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Jogginghosen den Träger dabei, die Gelenke beim Laufen nicht überzustrapazieren oder sich beim Yoga richtig auszurichten. Das Navigate Jacket von Wearable X führt den Träger durch integrierte LED-Beleuchtung und haptisches Feedback zum Ziel. Google und Levis sind mit einem ähnlichen Projekt, dem Jacquard Computer Trucker Jacket bereits auf dem Markt. Auf der Berliner Fashionweek präsentierten unter anderem das Design Research Lab der Berliner Universität der Künste oder die neurobiopsychologische Arbeitsgruppe der Universität Osnabrück spannende Navigationsprojekte, wobei in Gürtel, Sweatshirts oder Schuhe integrierte Lichtsignale und Vibrationen den Weg weisen – und quasi als künstliche Sinnesorgane vernetzt über Bluetooth die Informationen aus verschiedenen Apps nutzen. Das ist nicht nur praktisch, sondern auch ein Beitrag zu Barrierefreiheit und nahtloser Inklusion.
Bekleidung als Sportgerät Hier sowie im Gesundheits- und Pflegebereich sehen Christine Kallmayer und Malte von Krshiwoblozki vom Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration (IZM) auch die größten Chancen für den Fashion tech-Bereich. Denn wird ein Bekleidungsstück gleichzeitig zum Sportgerät, ist der immer noch sehr hohe Preis für Bekleidung mit Tech-Funktionen gerechtfertigt. Ein Beispiel ist der Antelope-Suite von Philip Schwarz, der durch integrierte Elektro-Muskel-Stimulation den Besuch des EMS-Studios überflüssig macht. Im Pflegebereich könnten auch bettlägerige Menschen von EMS profitieren. Pilotprojekte gibt es bereits. Problematisch ist jedoch die Finanzierung der Entwicklung hin zu einem Produkt für den Massenmarkt. Denn auf dem Weg dorthin müssen
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Neonyt Thinkathon Kollaboration ist alles: Beim Neonyt Thinkathon in Berlin können interessierte Entwickler, Designer und Pioniere am 14./15. Januar 2019 gemeinsam Lösungsansätze für die spannenden Herausforderungen an der Schnittstelle von Technologieinnovation und Nachhaltigkeit entwerfen. Bewerbungen unter: sourcebook.eu/de/node/1517
Fotos: Frauenhofer IZM
Schmuckstück: Auf Textil integierte Leitermodule.
„Sensoren können nicht in den Schleudergang“
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INTERVIEW 4/1
Christine Kallmayer, Fraunhofer IZM
noch zahlreiche Herausforderungen gelöst werden, allen voran die Energieversorgung der smarten Textilien sowie die Integration von harter Elektronik in weiche Stoffe. Zwar sind die Schränke im Fraunhofer IZM voll von leitfähigen Fäden, dehnbaren Leiterplatten und biegsamen Sensorenbändern. Allerdings: „Kleinelektronik und fusselige, staubige Fasern sollten sich einfach nicht zu nahe kommen“, sagt Christine Kallmayer. „Genauso wenig können Sensoren in den Schleudergang.“ Selbst das von den finanzstarken Marken-Giganten Google und Levis auf den Markt gebrachte Jacquard Jacket darf nur zehn Mal gewaschen werden – und wird wegen seiner geringen Funktionalität in der Fashiontech-Szene scharf kritisiert. Denn möglich wäre schon so viel mehr. Die Hoffnung in Deutschland liegt auf fachübergreifender Kollaboration, teils unterstützt aus staatlichen sowie europaweiten Fördertöpfen. Forschungsinstitute, Universitäten, Modedesigner, Künstler, App-Entwickler, Startups und auch einige große Unternehmen sind involviert, darunter Telefónica oder die Deutsche Telekom mit Fashion Fusion. Daneben gibt es Menschen wie Thomas Gnahm, der beim alljährlichen Wear-it-Festival alle Beteiligten zum interdisziplinären Austausch zusammenbringt – und so neue Projekte auf den Weg bringt.
Die Next Tex in München zeigt innovative Fashiontech-Konzepte.
we design society
www.bridgeandtunnel.de berlinvalley.com
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FASHIONTECH
Integrierte EMS macht Antelope Suite zum Sportgerät.
Smarte Textilien: Nicht nur zum Anziehen Mit Sourcebook hat Designerin Marte Hentschel eine europaweite Matchmaking-Plattform für die Fashiontech-Szene entwickelt. Gibt es eine Definition von Fashiontech? Fashiontech ist ein eher medial geprägter Begriff. Im Kern verstehe ich darunter intelligente Bekleidungskonzepte, die mit einem hohen Designaufwand initiiert wurden. Im Ganzen ist der Begriff ungenau, was ich aber eher positiv sehe. Denn wenn man nicht nur modische Bekleidung und Accessoires darunter fasst, sondern etwa auch intelligente Textilien in anderen Anwendungsbereichen, sehe ich da große Potenziale. Zum Beispiel? Zum Beispiel in der Automobil-Industrie. Automobile bestehen bis zu 30 Prozent aus Textilien. Gleichzeitig sollen die Autoteile nach einer EU-Vorgabe seit 2015 zu 95 Prozent recycelbar sein. Deswegen wird hier gerade viel entwickelt und geforscht. Die Materia-
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lien müssen extrem belastbar und langlebig sein, es wird viel Elektronik integriert – angefangen von beheizbaren Sitzen bis hin zur umfassenden Integration von Sensorik. Hier lohnt sich die Investition in R&D und intelligente Materialien. Bekleidungstextilien haben dagegen nur eine kurze Lebensspanne. Ein spannendes Projekt ist hier die Kooperation der niederländischen Designerin Anouk Wipprecht mit Audi, für die sie über großformatige 3D-Drucker Prototypen für Fashiontech-Outfits entwickelt und hergestellt hat, in die Textilelektronik integriert wurde.
Beispiel sind hier die textilen Lichtsysteme der Schweizer Industriestickerei Forster Rohner. In Zukunft werden wir zunehmend intelligente Textilien in unserer Wohnumgebung finden: Teppiche mit integrierten Sensoren, Gardinen, die gleichzeitig zur Beleuchtung dienen. Hier macht die Kombination von Interieur und Elektrotechnik sogar mehr Sinn als im Modebereich. Denn hier fallen einige der Herausforderungen, die wir bei Bekleidungstextilien haben, weg, etwa die Waschbarkeit oder die Notwendigkeit verschiedener Größen.
Siehst du auch Chancen im Bereich Smart Home? Aber ja! Textilien sind komfortabel und angenehm. Niemand will mehr Batterien und Leitungen um sich haben. Ein spannendes
Vor welchen weiteren Herausforderungen steht die Fashiontech-Branche? Es gibt noch einige Hürden zu nehmen: die Energieversorgung der integrierten Technologie etwa, die immer noch klobigen Bat-
Fotos: Dominique Lafond
Das Gespräch führte Josefine Köhn-Haskins.
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Ying Gao stellt mit ihren Projekten immer wieder infrage, was Kleidung eigentlich bedeutet. In ihren Designs untersucht die Kanadierin die Konstruktion des Kleidungsstücks in Bezug auf die Transformation des Individuums in Reaktion auf die äußeren Einflüsse. Dabei überrascht ihr Einsatz von Sensoren und Technologie nicht nur mit Interaktivität, sondern auch mit einem Hauch von Poesie. yinggao.ca
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FASHIONTECH terien, Elastizität, Langlebigkeit. Das Problem bei der Bekleidung ist, dass diese sehr anlassgebunden ist: für den Beruf, Sport, eine Abendveranstaltung. Kleidung muss passen, es muss also verschiedene Größen geben. Menschen schwitzen, also muss Kleidung gewaschen werden. Das größte Problem sind die Schnittstellen und die Integration von harter Elektronik in weiche Textilien. Es ist nicht alles smart, wo smart draufsteht. Sobald Elektronik im Spiel ist, werden sehr hochwertige Ressourcen wie Edelmetalle verwendet, die nach Gebrauch selten recycelt werden. Was passiert mit den Batterien, die ich benötige, damit meine smarten Textilien leuchten? Bisher landen die meisten Bekleidungstextilien ja einfach auf der Müllkippe. Macht man sich darüber keine Gedanken? Der Markt ist noch jung. Von der Evolution her haben wir gerade mal den Gadget-Level verlassen. Langsam werden belastbare und skalierbare Systeme entwickelt. Im Alltag sehen wir solche smarten Bekleidungstextilien aber noch selten. Wenn sich dieses Thema auf dem Massenmarkt erfolgreich etabliert, wird die Nachhaltigkeit als Herausforderung erkannt werden. Bisher denken noch wenige Entwickler und Hersteller darüber nach. Es gibt allerdings ein tolles EU-Projekt, Wearsustain, das nachhaltige Wearables unterstützt und hier echte Pionierarbeit leistet. Bis wir die erste smarte Mode bei H&M oder Zara sehen, wird es wohl dauern? Ich glaube schon, dass Fashiontech in den nächsten fünf Jahren nicht nur komfor-
tabler, sondern auch nutzbarer und günstiger sein wird. Gleichzeitig ist der Modemarkt sehr preissensibel, jeder Euro Entwicklungsaufwand ist daher schwierig zu begründen. So liegt ein T-Shirt für 20 Euro schon im mittleren Preissegment. Mit integrierten Sensoren würde es aber nicht 20 Euro, sondern 600 Euro kosten. Und das ist schwer zu verkaufen. Bei einem medizinischen Produkt oder bei Performance-Wear, die gleichzeitig der Gesundheit dient, ist dieser Preis viel leichter zu rechtfertigen. Auch ist die Lebensdauer eines Sportgeräts viel höher als die eines Bekleidungsprodukts.
„Automobile bestehen bis zu 30 Prozent aus Textilien“ Da gibt es ja auch schon einige Beispiele wie den Antelope Suite oder NadiX. Richtig. Gerade kommt auch sehr viel aus den USA, aber auch aus Asien, vor allem aus Japan, Korea und Taiwan. Auch aus China gibt es spannende Entwicklungen. Nehmen wir zum Beispiel Jakcom, das ist hochwertiger Schmuck mit integrierten Monitoring-Systemen. Die Idee dahinter ist, älteren Leuten eine Pflegehilfe zu bieten, die hochwertig aussieht und nicht stigmatisiert. Früher haben unsere Großeltern beige
Blousons getragen, heute ist es die multifunktionale Jack-Wolfskin-Jacke, in ein paar Jahren werden wir von unsichtbar integrierter digitaler Healthcare unterstützt. Über die hochpreisigen Arthrose-Strümpfe die Wolfgang Joop 2009 gemeinsam mit dem Hersteller medizinischer Hilfsmittel, Medi, entwarf und auf der Pariser Fashion Week präsentierte, lachte die Szene damals noch. Heute sind solche smarten Textilien für den Gesundheitsmarkt ein großes Thema. Viele Projekte beschäftigen sich auch mit Arbeits- und Sicherheitsbekleidung, etwa Proglove. Eine Entwicklung, die durch Industrie 4.0 dynamisiert wird. Hier spielen zum einen die Überwachung und Pflege der Systeme, zum anderen aber auch die Sicherheitsauflagen vonseiten des Gesetzgebers eine große Rolle. Dieser Zwang, höhere Auflagen zu erfüllen, erfordert ein hohes Maß an Prozess intelligenz. Spannend wird auch, wie die Automatisierung, die ja darauf abzielt, den Umgang mit Gefahrstoffen und gefährlichen Apparaten durch Roboter zu ersetzen, die Entwicklung von Smart Textiles in der Berufsbekleidung beeinflusst. Sobald Menschen unter extremen Bedingungen agieren müssen, brauchen sie eine spezielle Ausstattung, beispielsweise Bekleidung aus hitze- oder kältebeständigen Materialien. Hier wird es sicher spannende Überschneidungen zwischen Sports- und Performancewear sowie Berufsbekleidungen geben.
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Fotos: Daniel Gebhardt Photography, Paris Fashion Week
Proglove: Der Arbeitshandschuh für die Industry 4.0.
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Iris van Herpen gilt als einer der innovativsten Köpfe der Branche. Unter anderem ist die niederländische Designerin für ihre Bühnenkostüme für Lady Gaga oder Björk bekannt. Bereits 2011 experimentierte sie mit 3D-Druck. Mit ihrer aktuellen Haute-Couture-Kollektion Syntopia erforscht sie die Beziehung zwischen Organischem und Anorganischem, die Verbindung von Biologie und Technologie. irisvanherpen.com
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Mit ihren intelligenten und interaktiven Designs möchte Lina Wassong „Technologie emotionaler und ansprechender gestalten“. „Technologie ist ästhetisch und Mode eine großartige Schnittstelle, um diese Schönheit zu präsentieren“, sagt die in Berlin beheimatete Designerin. Dabei möchte sie Möglichkeiten aufzeigen, wie wir in Zukunft nahtlos mit Gadgets und Elektronik kommunizieren können. In der Produktion experimentiert sie mit 3D-Druck und Laserschnitten. linawassong.com
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Foto: (schwarzes Dress Parallax Dress Lina Wassong ) Ana Catala/Elektrocouture
FASHIONTECH
MANCHMAL GENÜGT EIN SCHWARZES HEMD.
Ein gut designtes, schwarzes Hemd hat gegenüber einem weißen Hemd einen entscheidenden Vorteil: Manchmal ist es einfach genug. Eine Jeans dazu, ein bisschen Leder und schon steht das Outfit. Kein Sakko, keine Jacke oder Weste, kein Einstecktuch. Für Ihre Reisen, Ihre Partys, für lässige Abendtreffen und viele spektakulär unspektakuläre Momente schwarze Hemden für 49 € nur unter: mey-edlich.de/black MEY & EDLICH GmbH | Ernst-Mey-Str. 1a | 04227 Leipzig | mey-edlich.de
Mit Soundable Fashion hat Ylenia Gortana eine Jacke konzipiert, die als Music Controller funktioniert. Sie besteht aus einer Matrix von quadratischen textilen Sensoren, die durch Drücken ihren elektrischen Widerstand verändern und somit ein analoges stufenloses Signal aussenden können. Die analogen Signale werden in Midi-Signale umgewandelt, die wiederum von einem Musikprogramm gelesen werden. Den Sensoren lassen sich beliebige vorgefertigte Loops, einzelne Tönen, Effekte oder Filter zuteilen. yleniagortana.com
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Foto: Ylenia Gortana
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Foto: Ahmet Ali Agir/Unsplash
Auf dem Weg nach oben
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Wie schafft man es, erfolgreich zu werden? Und wann ist man das eigentlich? Eine Spurensuche als Basis für euer Erfolgskonzept. Von Josefine Köhn-Haskins
Geld, Macht, Glück, Liebe, Familie, Zufriedenheit, die Welt verbessern oder das nächste Unicorn aufbauen – das alles kann Teil einer persönlichen Erfolgsdefinition sein. Doch egal, wie Erfolg im Detail definiert wird, zugrunde liegt im Prinzip immer eines: etwas zu schaffen oder zu erreichen, das für einen selbst wirklich wichtig ist.
Intrinsische Motivation Oder, wie Hans Stier, Gründer von Bonaverde, es ausdrückt: „Ohne intrinsische Motivation ist Erfolg unmöglich.“ Eine Erfolgszutat, die er übrigens auch bei seinen Mitarbeitern anwendet. Sein ehemaliger Online-Marketeer Kike Morales etwa konnte einfach keinen Satz ohne Fehler posten. Dennoch sah Hans in dem ehemaligen Abenteurer und Musikproduzenten das Potenzial und Charisma, mit der Marke Bonaverde die Bühne für eine faire und innovative Kaffee-Kultur zu schaffen. Als Head of Roastings trägt Kike heute maßgeblich zum Erfolg des Unternehmens bei – und macht dabei genau das, was er will. „Mit Geld als Motivationsfaktor wäre das nie möglich gewesen“, meint Hans Stier.
Rückhalt finden Genauso wichtig wie die Begeisterung daran, ein gemeinsames Ziel zu verwirklichen, ist jedoch auch der Rückhalt dafür, sein Potenzial entfalten zu dürfen. Für Kike war dies die Tatsache, dass sein Chef Hans ihm, statt Druck zu machen, Vertrauen schenkte und Weiterbildungen finanzierte. Für Hans selbst war es die Familie, vor allem seine Frau, die ihn dazu ermutigte, nach dem ersten gescheiterten Kaffee-Röst-Vollautomaten namens Toro nicht aufzugeben. Und dann die Kickstarter-Community, die den Toro-Nachfolger Bonaverde mit fünf Millionen US-Dollar finanzierte.
„Ohne intrinsische Motivation ist Erfolg unmöglich“
Scheitern einplanen Statistiken zufolge scheitern 90 Prozent aller Startups. Klar, toll ist das nicht. Doch langsam etabliert sich auch in Deutschland eine Kultur, die Scheitern nicht gleich als Gegenteil von Erfolg sieht, sondern als einen wichtigen Bestandteil auf dem Weg dorthin. „Essenziell für Erfolg ist es, ein System zu schaffen, das es uns erlaubt, Risiken einzugehen und das Scheitern mit einplant und uns erlaubt, kreativ und innovativ zu sein“, erklärt Robert Angst, der mit den Berliner Fuck-up-Nights genau daran arbeitet. Spannend ist, dass auch immer mehr große, (noch) erfolgreiche Unternehmen sich für die Ergebnisse dieser mittlerweile in 37 Ländern aktiven Bewegung interessieren, die Scheitern nicht als Versagen, sondern als Chance zelebriert.
Für alle, die trotz Hürden ihr Ziel erreichen wollen Sheryl Sandberg: Lean In: Frauen und der Wille zum Erfolg Autorin Sheryl Sandberg ist COO von Facebook und war zuvor im Führungsteam von Google. Mit „Lean In“ will sie Wege aufzeigen, wie Frauen (und natürlich auch Männer) trotz äußerer und innerer Barrieren ihre Ziele erreichen können. Ihr Tipp: Karrieren eher als Klettergerüst statt als Leiter zu betrachten. Das Ziel ist oben, aber der Weg ist flexibel. Verlag: Ullstein Erschienen: 2015 Sprache: Deutsch Preis: 12 Euro
Hans Stier, CEO Bonaverde
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„Scheitern ist essenziell für Erfolg“ Robert Angst, Organisator Fuck-up-Nights
Für Weltenbummler und solche, die es werden wollen Timothy Ferriss: Die 4-Stunden-Woche Statt das ganze Leben auf die Rente zu warten, leben die „neuen Reichen“ im Hier und Jetzt. Laut Autor Timothy Ferriss kann man es ihnen nachtun, indem man einen Ausgleich zwischen intensivem Arbeiten und „Mini-Ruheständen“ schafft. Wie das gehen soll, schreibt er in der „4-Stunden-Woche“. Verlag: Ullstein Erschienen: 2013 Sprache: Deutsch Preis: 11 Euro
Ziele setzen und loslegen „Jeder Rückschritt kann auch ein Geschenk sein, weil er zum Denken anregt“, sagt Heidi Bauer, Gründerin von Fromcashtocar, einem Unternehmen, das Kredite für Gebrauchtwagenkäufe vermittelt. Kritik und Feedback werden als Anregung gesehen und in konkrete Ziele gegossen. „Danach zählt nur eins: einfach loslegen“, sagt Heidi.
Über sich hinauswachsen Wie aber findet man diese Ziele, die für einen persönlich richtig sind? Für Florian Pauthner, CEO von Seven Ventures, manifestiert sich das Gefühl von Erfolg darin, über die eigenen Grenzen hinauszugehen. Das gilt für ihn im Sport ebenso wie im Beruf, wobei auch er nicht nur erfolgreiche Projekte abhaken möchte. Für ihn ist „beruflicher Erfolg sehr eng mit Zufriedenheit und Spaß an der Aufgabe verknüpft, etwas, wofür es sich lohnt, jeden Tag
wieder anzutreten. Nur wer an sich und sein Unternehmen glaubt, kann etwas bewegen.“
Überzeugt sein vom großen Ganzen „Erfolg ist, wenn man es schafft, tatsächlich die Dinge und Projekte zu tun, von denen man zu träumen wagt – und die irgendwie auch zu dieser Bewegung beitragen, die versucht, die Ungerechtigkeit, Ungleichheit und Gewalt unserer Realität zu verändern“, erklärt Regisseurin Mariana Oliva, die für die Dokumentation über die letzten beiden Überlebenden des Pipikura-Stammes im brasilianischen Regenwald beim Internationalen Dokumentarfilmfestival in Amsterdam mit dem Menschenrechtspreis ausgezeichnet wurde. Warum? Weil ihr Film die Geschichte von zwei Menschen erzählt, die trotz aller Tragödien, die sie durchleben mussten, sich selbst treu geblieben sind.
Für Aufschieber Mel Robbins: Die 5-Sekunden-Regel Die 5-Sekunden-Regel soll dabei helfen, feste Verhaltensmuster zu durchbrechen und Stück für Stück an den Veränderungen zu arbeiten, die man sich für sein Leben wünscht. Den Bestseller der CNN-Kommentatorin Mel Robbins gibt es nun auch auf Deutsch. Verlag: Topp Kreativ Erschienen: 2018 Sprache: Deutsch Preis: 18 Euro
„Erfolgreich zu sein, ist das Ergebnis eines Weges, dessen Ziel man selbst definiert hat“ Sonja Jost, Gründerin Dexlechem
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Sich selbst treu bleiben Sonja Jost, Gründerin von Dexlechem, stand mit ihrem Startup für grüne Chemie mehrmals kurz vor dem Aus. Dennoch entschied sie sich gegen lukrative Angebote wie etwa die Produktion giftiger Pestizide. Der Weg zum finanziellen Erfolg wurde dadurch zwar schwerer und länger, aber heute hat ihr Unternehmen echten Impact auf die Art und Weise, wie Chemikalien produziert werden, und Sonja ist weiter mit sich selbst „im Reinen, in Balance und dadurch bin ich erfolgreich“. Als allgemeingültiges Erfolgskonzept sieht die Ingenieurin dies jedoch nicht, denn „erfolgreich zu sein, ist das Ergebnis eines Weges, dessen Ziel man selbst definiert hat. Das kann – muss aber leider nicht – positive Gefühle nach sich ziehen.“
„Nur wer an sich und sein Unternehmen glaubt, kann etwas bewegen“
Für frühe Vögel Laura Vanderkam: What the most successful people do before breakfast Viele erfolgreiche Business-Leute starten ihren Tag schon vor sechs Uhr morgens. Dieses Buch beschreibt den Weg zur perfekten Morgenroutine, die nicht hektisch und trotzdem produktiv ist. Und das nicht nur unter der Woche, sondern auch am Wochenende. Verlag: Portfolio Erschienen: 2013 Sprache: Englisch Preis: 14,84 Euro
Florian Pauthner, CEO von Seven Ventures
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Sebastian Stricker
Carsten Maschmeyer
CEO bei Share
Investor, Unternehmer, Mentor „Die Höhle der Löwen“
Glück natürlich. Keiner fragt sich am Sterbebett, wie viel Geld er verdient hat oder wie viel Macht er hatte! Deshalb messe ich meinen persönlichen Erfolg daran, ob ich die Welt besser machen konnte und wie viel Zeit ich mit Menschen verbracht habe, die ich liebe oder schätze. Ehrlich gesagt kann ich die Erfolgsziele meines Unternehmens nicht von meiner persönlichen Erfolgsdefinition trennen, und will es auch nicht. Denn aus meiner Sicht ist man als Gründer erfolgreich, wenn man die Welt besser macht und sich das Unternehmen selbst tragen kann. Und es wäre natürlich gut, wenn es einen signifikanten positiven Einfluss hätte. Sonst sollte man besser etwas anderes tun. Ein wirklich erfolgreiches Unternehmen hat auch positiven Einfluss auf alle Stakeholder, mit denen es in Kontakt tritt. Also Kunden, Mitarbeiter, Lieferanten, der Regulator etc. Was aus meiner Sicht nicht fehlen darf: eine sinnvolle Mission, ein motiviertes Team und eine vertrauensvolle und partnerschaftliche Beziehung mit externen Partnern. Erfolgreich zu werden, hat natürlich auch sehr viel mit Glück zu tun ... und das kann man nicht erzwingen. Wenn man aber mal Glück hat und die richtige Gelegenheit kommt, ist es gut, wenn man gut vorbereitet ist. Und das ist manchmal richtig viel Arbeit.
Erfolg ist Zufriedenheit. Jeder Mensch hat eine andere, ganz eigene Definition davon, was ihn zufrieden macht. Wenn ich das tue, was ich liebe, und Menschen um mich herum habe, die ich wertschätze, dann macht mich das glücklich und zufrieden. Wenn du für deine Sache brennst, dann wirst du so lange Zeit und Energie hinein investieren, bis es dich zufrieden macht. Bis du gute Ergebnisse siehst, bis du davon gut leben kannst. Das ist Erfolg pur. Nur mit Leidenschaft kann man Erfolg haben. Das gilt für mich ganz besonders dann, wenn ich mich mit Gründern, ihren Ideen und ihren Start ups beschäftige. Und das gilt auch fürs Private: mit Leidenschaft das tun, was man liebt. In meinem Fall heißt das: Zeit mit meiner Familie verbringen, lange Wochenenden im Ferienhaus, entspannte Tage im Garten und eine riesige Schüssel voll selbst gekochter Pasta mit Freunden bei einem Glas Wein.
„Wenn ich meine Ziele erreiche oder anderen helfe, ihre Träume zu verfolgen“
Lisa Ihde Informatikstudentin am Hasso-Plattner Institut und Gewinnerin bei Jugend hackt Ich sehe in vielen Dingen einen Erfolg. Sei es, wenn ich meine Ziele erreiche oder ich anderen dabei helfen kann, ihre Träume zu verfolgen. Als Mentorin kann ich für mehr Programmiernachwuchs sorgen und gleichzeitig andere junge Frauen inspirieren. Ich engagiere mich gerne für Projekte, von denen ich überzeugt bin und die ich sinnvoll finde. Ein erfolgreicher Tag für mich ist, wenn ich Arbeit, Freunde und Familie unter einen Hut bekomme und eine gesunde Balance dazwischen schaffe. Es gibt zu viele gute Projekte, aber zu wenig Zeit, um überall zu helfen. Bei Hackathons geht es mir nicht um den Erfolg, sondern darum, gemeinsam im Team zu programmieren, Spaß zu haben und zusammen Neues zu lernen. Vor allem aber möchte ich glücklich sein mit dem, was ich tue, und zeigen, dass das Wichtigste die Leidenschaft für eine Sache ist.
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Foto: Sammy Hart, Mercedes-Benz, privat, Share, Sung-Hee Seewald
„Signifikanten, positiven Einfluss haben“
„Nur mit Leidenschaft kann man Erfolg haben“
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„Erfolg bedarf harter Arbeit“ Natascha Hoffner Gründerin der Karrieremesse Hercareer Erfolgreich zu sein, bedarf harter Arbeit. Es erwarten einen auch Rückschläge, sodass eine gewisse Steh-auf-Mentalität zum Erfolg dazugehört. Man muss Entscheidungen treffen, auch unangenehme. Und es gehören Ausdauer und Hartnäckigkeit sowie Begeisterung für das eigene Produkt dazu. Ein erfolgreiches Unternehmen setzt auf Wachstum und Profitabilität und nutzt diese, um seine Innovationsfähigkeit zu stärken. Dabei darf eins nicht fehlen: Verantwortung. Unternehmerische Verantwortung bedeutet, sinnstiftende Arbeit zu leisten. Deshalb wird das Unternehmertum in Zukunft mehr Verantwortung für die Gesellschaft, die Natur und auch seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter übernehmen müssen. Als Unternehmerin bin ich also dann erfolgreich, wenn der Markt meine Entscheidungen anerkennt und mein Produkt annimmt, weil es einen Nutzen stiftet und dazu beiträgt, Dritte erfolgreich zu machen. Für mich bedeutet Erfolg, wenn die eigenen Anstrengungen Anklang und Akzeptanz finden. Das verschafft ein gutes Gefühl und Erfolg setzt somit ganz bestimmt auch Glückshormone frei. Persönlich bin ich erfolgreich, wenn ich gestalten kann, mir meine Arbeit Spaß macht und mich im positiven Sinne fordert.
Conrad Fritzsch Head of New Agency, Daimler AG Erfolg ist für mich, wenn das Ziel erreicht ist und alle happy sind! Daher ist es für mich sehr wichtig, konkrete Ziele zu setzen und die Umsetzung so zu planen, dass danach nicht die halbe Mannschaft tot ist, sondern alle sagen: Das war geil, das hat Spaß gemacht! Jeder im Team muss eine Wertigkeit fühlen. Ich bin etwa auch noch mit fast allen, die bei Tape.tv mitgemacht haben, in Kontakt. Erfolg bezieht sich aber nicht nur aufs Team, sondern ist viel umfassender: Wir müssen verstehen, dass wir auf diesem Planeten leben und eine Gesamtverantwortung dafür haben. Wir alle. Das fängt mit Mülltrennen an, deinem persönlichen Footprint. Zur Erfolgsdefinition passt auch eine Allegorie aus meinem Privatleben. Ich koche gerne, aber nicht für mich alleine, sondern für andere Leute. Und das Feedback, das ich dann von ihnen bekomme, davon ernähre ich mich.
„Wenn das Ziel erreicht ist und alle happy sind“
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Die Nebenwirkung des Erfolges Peter Jungblut kennt den Erfolg ebenso wie seine Nebenwirkung, das Scheitern. Ein Gastbeitrag von Peter Jungblut
Jede Arzneimittelwerbung im Fernsehen endet mit dem Spruch „Bei Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“. Und in der Tat, Erfolg und Arzneimittel haben mehr gemeinsam, als es bei oberflächlicher Betrachtung den Anschein hat. Arzneimittel nimmt man, um eine bestimmte Wirkung zu erzielen, zum Beispiel, um einen Schmerz zu lindern. Bei vielen Menschen ist die Motivation, Erfolg anzustreben, eine ähnliche. In diesem Fall sind die Risiken besonders hoch, ebenso wie die Wahrscheinlichkeit, dass es zu Nebenwirkungen kommt. Ich gehörte zu dieser Risikogruppe.
Erfolgsrisiken Die Frage nach dem Risiko des Erfolges ist einfach zu beantworten: Es ist das Scheitern. Mein Scheitern führte zu
mehreren Suizidversuchen und in eine schwere Depression. Interessanter sind die Nebenwirkungen des Erfolges. Nebenwirkungen treten besonders dann auf, wenn Erfolg nicht der „Kollateralnutzen“ des Strebens nach Selbstverwirklichung ist, sondern das dominante Motiv unseres Handelns. Das eigentliche Motiv dahinter ist die Gier nach Anerkennung. Natürlich, Anerkennung ist gesellschaftlicher Treibstoff, der für die gesunde Funktion eines Gesellschaftssystems unerlässlich ist. Aber Menschen, die Anerkennung brauchen, damit sich ihr Leben einigermaßen erträglich anfühlt, neigen dazu, sich selbst, andere und die Ressourcen der Erde gnadenlos auszubeuten. Denn das Problem der Anerkennung ist, dass es sich um eine Währung handelt, die einer galoppierenden Inflation unterliegt. Mit dem Wachstum meines Unternehmens, sichtbar an der Zahl der Mitarbeiter beziehungsweise der Autos, die auf dem Parkplatz standen, kam die ersehnte Anerkennung. Aber der erreichte Level wird für das Umfeld schnell normal und Normalität erzeugt Gleichgültigkeit. So kann Erfolg zu einer Droge werden, die am Ende nur Verlierer erzeugt. Im Jahr 2011 gehörte mein Unternehmen, die Juwi Macmillan Group zu den Top Fünf der inhabergeführten Werbeagenturen in Deutschland. Das Jahr danach war das erste überhaupt, das ich mit Verlust abschloss. Ein weiteres Jahr danach musste ich Insolvenz anmelden.
PETER JUNGBLUT
war 20 Jahre lang erfolgreicher Unternehmer und Inhaber einer Werbeagentur. 2013 musste er Insolvenz anmelden und hat sich nach Suizidversuchen in psychiatrische Betreuung begeben. Mittlerweile hält er Vorträge und berät zum Thema Entscheidungen und Scheitern. jungblut.marketing
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Erweist sich eine bestimmte Verhaltensweise wiederholt als erfolgreich – die Hirnforscher sprechen von einer Reduktion der Inkohärenz in unserem Gehirn –, manifestiert sich das Verhaltensmuster als neuronales Netzwerk. Diese Netzwerke haben einen großen Einfluss auf unsere Entscheidungen und unser Verhalten. Sie sind die „Autobahnen“, auf denen wir durch unser Leben reisen. Die dominante Erfahrung, die ich in meiner frühen Kindheit gemacht habe, war die der Ausgrenzung. Ich habe von meinen Eltern gelernt, dass ich nur dann in Ordnung bin, wenn ich mich so verhalte, wie man es von mir erwartet. Das ist der Grund, warum ich Unternehmer geworden bin. Erst durch die Therapie habe ich gelernt: Wer Erfolg sucht, sollte seine wahren Motive verstehen – auch wenn sie ihm nicht gefallen – und jede wichtige Entscheidung zum Anlass nehmen, diese Motive zu überprüfen.
Seine Geschichte hat Peter Jungblut in seinem Buch „Dumm gelaufen. Scheiterhaufen.“ aufgeschrieben. Preis: 19,80 Euro Bestellung unter: bietehirn.de
Foto: Privat
Erfolgsmotive
MARKETING STRATEGY
Yannick mit seinem HR-Team: Das nächste Ziel, nämlich das Wachstum auf 180 Mitarbeiter, müssen sie mit einem neuen Head of HR schaffen.
„Erst nachdenken, dann handeln“ Innerhalb von vier Jahren ist Wunderflats auf 85 Mitarbeiter angewachsen, nur vier Vollzeitkräfte verließen das Team. Auch ein Erfolg der Firmenkultur. Ein Gastbeitrag von Yannick Müller
Nachhaltiges Wachstum Für uns bei Wunderflats bedeutet das, dass wir nachhaltig denken und darauf aufbauend auch nachhaltig einstellen und das Team nachhaltig aufbauen. Eine der wichtigsten Voraussetzung für nachhaltiges Wachstum ist, dass die Gründer von vornherein eine realistische Vorstellung davon haben, wo sie mit dem Unternehmen hin möchten. In der Vergangenheit habe ich leider auch schon erleben müssen, dass Startup-Unternehmen viel zu schnell expandiert sind, teils mit einem Produkt, das noch nicht marktreif war – was dann im Endeffekt auch zu Entlassungen geführt hat. Wir bei Wunderflats konzentrieren uns auf unser Kerngeschäft, nämlich darauf, für jeden Mieter die passende Wohnung zu finden – und das in einem Markt, den wir kennen.
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Team-Motivation Motivation muss intrinsisch begründet sein. Deshalb ist es für uns so wichtig, dass die persönlichen Ziele der Mitarbeiter zu den Unternehmenszielen passen. Denn wir sind überzeugt: Nur dann können sie sich ideal bei uns entwickeln. Und bleiben langfristig motiviert. HR sollte die Mitarbeiter genau dabei unterstützen. Wir sehen HR als Service-Department. Bei Wunderflats denken wir sehr kundenzentriert, wobei unsere Bewerber und Mitarbeiter auch als Kunden gelten. Gemeinsam mit den Mitarbeitern schauen wir, welche Aufgaben innerhalb von Wunderflats am besten für ihre Entwicklung sein können. Das schafft Vertrauen, was dazu führt, dass sich die Mitarbeiter sicher dabei fühlen, Chancen zu ergreifen, Risiken einzugehen und Veränderungen anzustreben.
Fotocredit: Wunderflats
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HUMAN RESOURCES
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Firmenkultur Unsere Gründer Jan und Arkadi haben die Firma so aufgebaut, dass sie sich selbst darin wohlfühlen. Gemeinsame Werte zu identifizieren und eine Unternehmenskultur zu definieren, war uns deshalb besonders wichtig. Dazu haben wir uns zunächst mit dem Kernteam zusammengesetzt und Fragen besprochen wie: „Was sagst du deinen Eltern, wenn sie dich fragen, ob du glücklich im Job bist?“ oder „Welche Aspekte deines Privatlebens werden von deinem Job positiv oder negativ beeinflusst?“ Die Ergebnisse haben wir unter vier Oberkategorien zusammengefasst: „emotionale Intelligenz“, „Verantwortung durch Kompetenz“, „durchdachte Arbeit mit hochwertigen Ergebnissen“ sowie „Sei du selbst“ (siehe Infobox).
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Recruiting Beim Recruiting-Prozess ist der kulturelle Fit entscheidend. Wir achten also nicht nur auf Vorerfahrungen und erworbene Skills. In unserem Bewerbungsprozess bewerten wir den möglichen Einfluss jedes Kandidaten auf unsere Kultur. Verstärkt er unsere Werte oder schwächt er sie? Diese Frage stellen wir uns nicht nur im HR-Team. In der letzten Runde binden wir auch die Gründer und Teammitglieder mit ein – jeder hat ein VetoRecht. So stellen wir sicher, dass unsere Unternehmenskultur nicht geschwächt wird. Außerdem möchten wir im Erstkontakt begeistern. Und zwar nicht nur für das Unternehmen, sondern auch für unsere Kultur. Wenn wir unseren Job gut machen, wird der Bewerber zum Botschafter und erzählt seinen Freunden von uns.
YANNICK MÜLLER sammelte bereits in mehreren Startups Erfahrung, bevor er als 24. Mitarbeiter bei Wunderflats einstieg. Mit dem wachsenden Unternehmen baute er eine sechsköpfige HR-Abteilung auf – und sucht jetzt einen Nachfolger. Er selbst möchte für sechs bis acht Monate nach Lateinamerika reisen. Danach wird er in anderer Position zu Wunderflats zurückkehren. wunderflats.com
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Tipps für den nächsten Head of HR Erklärtes Ziel von Wunderflats ist es, in 2019 von 85 Mitarbeitern auf 180 Mitarbeiter zu wachsen. Recruiting ist und bleibt also ein wichtiges Thema für Wunderflats. Die große Herausforderung dabei wird sein, die Firmenkultur nicht verwässern zu lassen. Eine weitere spannende Aufgabe wird sicherlich auch sein, mit dem Gründerteam festzulegen, wie die Themen Leadership und Mitarbeiterentwicklung weiterentwickelt werden können. Für ein nachhaltiges Wachstum sind das zentrale Themen für uns, mit denen der neue Head of HR von Wunderflats bereits Erfahrungen gesammelt haben sollte.
Leitsätze der Firmenkultur bei Wunderflats 1) Emotionale Intelligenz Bei uns steht kundenzentriertes Denken im Vordergrund, wobei man sich ja in die Perspektive des anderen hineinversetzen muss. Und die Voraussetzung dafür ist Empathiefähigkeit.
3) Durchdachte Arbeit mit hochwertigen Ergebnissen Wir machen alles so gut, dass die Kunden unsere Ergebnisse schätzen. Man kann ja auch mal zu viel machen. Das Ziel ist es, unter Einhaltung von Deadlines und vorhandenen Ressourcen die Kunden zufriedenzustellen.
2) Verantwortung durch Kompetenz Kompetenz muss immer die Voraussetzung für Verantwortung sein. Alle Mitarbeiter haben die Chance, Kompetenzen zu erarbeiten, um mehr Verantwortungen zu bekommen.
4) Sei du selbst Unsere Mitarbeiter sollen sich nicht verstellen, um reinzupassen. Dabei würde zu viel Energie verloren gehen. Ein Mitarbeiter geht zum Beispiel am Sonntag gern ins Berg hain. Deshalb arbeitet er am Samstag statt am Montag.
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MOBILITY, IOT, INDUSTRIE 4.0
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MEDIENPARTNER
STANDORT-PARTNER
DIGITALE NOMADEN
Freiheit als Geschäftsmodell Felicia Hargarten und Marcus Meurer leben als Digitale Nomaden mit dem Geschäftsmodell, anderen dabei zu helfen, dem Grau des Alltags zu entkommen. Von Josefine Köhn-Haskins
In guten wie in schlechten Zeiten: Authentizität ist Felicia und Marcus genauso wichtig wie das persönliche Glück.
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DIGITALE NOMADEN
Fotos: DNX
Zeit für Musik: Marcus und Felicia sind gerne gemeinsam kreativ.
Zum Zeitpunkt des Interviews sind Felicia und Marcus an der Kite-Lagune in Ilha do Guajiru im Norden von Brasilien. Sonnengebräunt lacht Marcus ins Skype-Fenster – und schwenkt die Laptop-Kamera schnell mal auf Sonne, Palmen, Strand und den Berg leer getrunkener Kokosnüsse vor der Haustür. Ganz in der Nähe haben sich Felicia und Marcus vor Kurzem ein Grundstück gekauft. Denn auch als Digitaler Nomade sei eine Homebase wichtig, zum einen für „Produktivität und Fokus”, so Marcus Meurer, andererseits auch, „um Freundschaften zu schließen, sich auszutauschen – und mal aus der Blase der digitalen Nomaden-Welt herauszukommen”. Jeden Morgen geht Marcus hier ins Fitness-Studio, später zum Kite-Surfen auf der Lagune – und zwischendurch arbeiten Felicia und Marcus an neuen und bestehenden DNX-Projekten.
Traumarbeitsplatz mit Blick aufs Meer.
Als digitaler Nomade passt man seine Berufsbekleidung am besten dem Klima an.
Vom Reiseblog zum Geschäftsmodell Seit 2012 sind die beiden privat wie auch geschäftlich gemeinsam unterwegs. Mit DNX haben sie das digitale Nomadenleben zur Marke gemacht. Dabei fing alles nur damit an, dass Marcus seine damalige Freundin Felicia, die schon immer viel gereist war, während ihres Sabba ticals begleiten wollte. Zuvor hatten beide lange bei Online- Startups wie StepStone, Daily Deal, Zanox oder Searchmetrics in Berlin gearbeitet. Auf der Reise durch Südostasien stellte sich dann heraus, dass sich Felicias Reisewissen und Kreativität sehr gut mit Marcus’ Online-Marketing-Kenntnissen kombinieren ließen. Noch heute generiert der damals gestartete Reise blog Travelicia Einnahmen in Höhe von 1.000 bis 2.000 Euro im Monat. „Das gibt uns die nötige Freiheit im Kopf “, sagt Marcus. Heute teilen die beiden jedoch weitaus mehr als Reisetipps und Tricks für Backpacker und Abenteurer. Von E-Book und Rucksack über den DNXBlog und Podcast bis hin zu Workshops und dem alljährlichen DNX-Festival finden Digitale Nomaden hier alles, was sie für ihre Reisen brauchen, und finden jede Menge Tipps und Inspirationen dafür, wie sie ihr Arbeitsleben so gestalten, dass sie überall auf der Welt durchstarten können.
FELICIA HARGARTEN UND MARCUS MEURER 2012 gehörten Felicia Hargarten und Marcus Meurer zu den ersten Digitalen Nomaden. Mittlerweile umfasst die von ihnen ins Leben gerufene DNX-Bewegung eine Community von 20.000 Gleichgesinnten. Die Winter verbringen Feli und Marcus in ihrer Homebase in Ilha do Guajiru im Norden von Brasilien und auf Koh Phangan, einer Insel im Süden von Thailand. Ihren Wohnsitz in Deutschland haben sie abgemeldet, sind jedoch im Sommer gerne in Südeuropa unterwegs und besuchen dann auch Familie und Eltern im Rheinland.
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Das DNX-Portfolio wächst
Austausch mit Menschen ist wichtig
Und das Portfolio wächst. Ganz neu ist DNX Unlimited, eine Step-by-Step-Anleitung, um Experten dabei zu helfen, Zeit und Geld voneinander zu entkoppeln und ihr Business zu skalieren. So können sie von überall auf der Welt arbeiten und die ultimative Freiheit auf allen Ebenen leben. Ziel ist natürlich der erfolgreiche Start in ein flexibles, ortsunabhängiges Arbeitsleben. „Dabei sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt“, sagt Marcus. Klassiker seien Design, IT, Online-Marketing, virtuelle Assistenten, aber auch Pokerspieler oder Daytrader im Krypto-Bereich. „Auch für DNX arbeiten mittlerweile etwa zehn Freelancer und die meisten sind gut ausgelastet“, sagt Marcus. „Unser Ziel ist es, uns mehr aus dem operativen Geschäft herauszuziehen, nach wie vor treffen wir jedoch weiterhin rund 80 Prozent der Entscheidungen.“ Zum erfolgreichen digitalen Nomadenleben gehören eben nicht nur Strand und Sonnenschein, sondern auch Durchhaltevermögen, Hartnäckigkeit, Verhandlungsgeschick und ein gutes Netzwerk. Eigenschaften, die laut Marcus Digitale Nomaden auch für Arbeitgeber so spannend machen. So entstand dann 2016 die DNX-Jobbörse mit Angeboten für ortsunabhängiges Arbeiten.
Wie man dies am besten organisiert, wo man am besten seinen Geschäftssitz anmeldet (Spoiler: nicht in Deutschland), welche Tools man braucht, worauf man bei den Verträgen achten muss oder wie dies steuerlich abzurechnen ist, darüber kann man sich innerhalb der DNX-Community wunderbar austauschen: online und auch beim jährlichen DNX-Festival in Berlin. Seit 2014 ein Höhepunkt, sogar für Felicia und Marcus selbst. „Wir sind so viel nur über die Technologie verbunden, dass auf der anderen Seite Live-Events gemeinsam mit anderen, echten Menschen immer wichtiger werden”, erklärt er. Seine Betonung liegt dabei auf „echt“. „Denn on the road zu sein, gibt einem zwar mehr Freiheit auf allen Ebenen, aber eben auch Verantwortung für das eigene Leben“, philosophiert Marcus. „Deshalb ist es uns wahnsinnig wichtig, authentisch und transparent zu sein.” Außerdem sei die Digitale-Nomaden-Bewegung trotz aller Globalität so strukturiert, dass man sich immer wieder über den Weg laufe. „Deshalb schenken wir lieber gleich reinen Wein ein. Denn auch wenn es wie ein Bilderbuchleben klingt, das Allheilmittel für all deine Probleme ist das digitale Nomadenleben nicht.”
DNX-PORTFOLIO dnxcommunity.de dnxfestival.de dnxnews.de dnxunlimited.de dnxpodcast.de dnxcamp.com dnxjobs.de dnxacademy.de dnxrucksack.de dnxtools.de marcusmeurer.de
Als Digitale Nomaden sind Marcus und Felicia immer auf der Suche nach neuen Abenteuern.
MARCUS MEURERS LIEBLINGSTOOLS FÜR DIGITALE NOMADEN Dropscan Dropscan ist perfekt, um Briefe, Dokumente und Belege schnell einzuscannen. Post in der Cloud – überall auf der Welt verfügbar. dropscan.de Slack Slack ist einfach das beste Team-Kommunikations-Tool. Via Chat kann man hier schnell, unkompliziert und von überall gemeinsam zusammenarbeiten. slack.com Active Collab Das perfekte Projektmanagement-Tool. Hier ist von To-do-Listen für Projekte über die Sammlung von Materialien bis hin zur Zeit erfassung und Rechnungsstellung alles in einem Tool möglich. activecollab.com
Google Drive und Dropbox Geht es überhaupt noch ohne, wenn man gemeinsam an Dokumenten arbeitet? google.com/docs
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Foto: DNX
Skype Skype benutzen wir für Team Calls – und auch für Interviews oder persönliche Gespräche mit der Familie. skype.com
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COWORKING INTERNATIONAL
Arbeiten im Projekt Unterwegs auf der Suche nach den schรถnsten Coworking Spaces der Welt sind wir dieses Mal in Singapur gelandet: im The Work Project. Von Sarah Heuberger
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COWORKING INTERNATIONAL
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Fotos: The Work Project
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1 | Der Blick vom Sofa aus geht ins Gr체ne. 2 | Offene R채ume laden zum Kaffeetrinken ein. 3 | Die Meetingr채ume sind f체r Vertrauliches. 4 | Die Sitzecken erinnern an eine asiatische Version des American Diners. 5 | Viele Coworker kommen von Blue-Chip-Unternehmen.
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COWORKING INTERNATIONAL
Eine Hauptinsel und 62 kleinere Inseln – das ist der Stadtstaat Singapur. 2018 wurde die Metropole Singapur nicht nur als die smarteste City der Welt ausgezeichnet, sondern auch als die mit den höchsten Lebenshaltungskosten. Trotzdem zieht die Metropole jedes Jahr mehr als elf Millionen ausländische Touristen an. Neben den vielen Wolkenkratzern besteht die Hälfte des Landes aus Grünfläche – Singapur trägt deshalb auch den Spitznamen „Garden City“. The Work Project-Gründer Junny präsentiert uns seine persönlichen Highlights. Beste Gastro-Spots In Singapur ist sonntags Brunchen eine große Sache, am liebsten gehe ich dafür ins Colony im Ritz Carlton. Die besten Cocktails gibt es in der Junior Pocket Bar, einer kleinen Bar mit weniger als neun Plätzen. Das Konzept wechselt alle sechs Monate. Super ist auch die Atlas Bar, im selben Gebäude wie The Work Project. Must-see-Locations Die botanischen Garten sind ein gutes Beispiel dafür, dass die Stadt ihrem Spitznamen „Garden City“ alle Ehre macht. Gegen Abend kann man sich die Shophouses, die für Singapur typischen kleinen, bunten Häuschen, anschauen. Emerald Hill and Keong Saik Road sind da meine Favoriten. Den besten Blick auf die Skyline gibt es von einem der Gebäude um die Marina Bay, wie zum Beispiel von der Dachterrasse der National Gallery.
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Übernachtung Das Six Senses Duxton ist ein traditionelles Shophouse, neu gestaltet von Anushka Hempel und erst vor Kurzem eröffnet. Capella Singapore und Ritz Carlton sind beides gute Businesshotels.
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Fotos: The Work Project
THIS IS SINGAPORE
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6 | Dunkelgrüne Wände und Grün vor den Fenstern. 7 | Für Nachtschwärmer sind die Räume rund um die Uhr geöffnet. 8 | An der Lounge herrscht Baratmosphäre. 9 | Wer will, kann hier den ganzen Tag verbringen. 10 | Auch für Verpflegung ist gesorgt.
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Drei Fragen an Junny Lee, Gründer von The Work Project Wie kam The Work Project zustande? Wir sind eine Gruppe aus Profis aus dem Immobilien- und Gastgewerbe, die The Work Project gegründet haben. Unser Wunsch war es, ein besseres Arbeitserlebnis zu gestalten, mit besserem Design, besserer Performance und mehr Gastfreundlichkeit. Die meisten Menschen heutzutage verbringen den Großteil ihres Tages bei der Arbeit – wir wollen diese Stunden produktiver und angenehmer gestalten.
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The Work Project OUE Downtown Gründer: Junny Lee Gründungsjahr: in Singapur seit 2016 Adresse: 6A Shenton Way, Singapore Öffnungszeiten: 24/7 Für: Blue-Chip-Unternehmen und KMUs theworkproject.com
Gibt es ein The Work Project Geheimrezept? Wir verstehen uns nicht nur als Coworking-Space- Betreiber, sondern als Design Thinker von Büroräumen. Unser Ansatz ist es, eine ganzheitliche Erfahrung zu designen. Als Result ist jedes unserer Projekte komplett einzigartig geworden und wir haben viele Preise gewonnen. Bei jedem Projekt entstehen preisgekrönte Designkonzepte in Zusammenarbeit mit einigen der talentiertesten Architekten, Designer, Künstler und Botaniker auf der Welt. Was macht euren Standort besonders? Unser Design soll immer möglichst der Vision des Architekten und seiner Umgebung treu bleiben. Unser nächstes Asian-Square-Projekt zum Beispiel liegt in einem Gebäude, das von den renommierten australischen Architekten Denton, Corker und Marshall gebaut wurde. Die gehören zu den Pionieren der „Maverick Architects“ in Australien. In Zusammenarbeit mit Hassell Design Studio, dem Star-Botaniker Patrick Blanc, der Huue Art Gallery und der Substance Hong Kong arbeiten wir an einem Design, das einige der „Mavericks“-Klassiker modernisieren und umgestalten soll.
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#DISummit
MEDIEN
Kompostierbar: von jungen Künstlern gestaltete Notizbücher aus Graspapier, rechts mit sprießenden Wildblumensamen.
Weißes Grün Mit Papier aus Gras will Matabooks den Buchmarkt revolutionieren. Laura Lückemeyer
Fotos: Matabooks, Eileen Kapizka
Neben der Umwandlung zu Ackerland führt vor allem der hohe Verbrauch von Holz und Papier zur weltweiten Zerstörung von Waldflächen. Allein in Deutschland liegt der ProKopf-Verbrauch von Papier bei rund 250 Kilogramm pro Jahr. Das ist Spitze, der weltweite Durchschnitt liegt bei 57 Kilogramm. Der Dresdner Kay Hedrich will das ändern und hat drei Jahre in die Entwicklung einer neuen Ressource für Papier gesteckt. „Eine so lange Forschungsarbeit würde sich kein etablierter Verlag leisten“, sagt er und verweist stolz auf sein Ergebnis: Papier aus Gras. Mit seinem Startup Matabooks will er nun den Buchmarkt neu und nachhaltiger gestalten. 75 Prozent weniger CO2 „Schon die Chinesen arbeiteten vor 1.500 Jahren mit Graspapier“, sagt Hedrich. „In Deutschland gab es Graspapier auch schon im 17. und 18. Jahrhundert, geriet dann aber in Vergessenheit.“ Einer der Vorteile: Im Gegensatz zu Holz wächst Gras nach der Ernte nach. Zudem verwendet Matabooks keine tierischen Produkte und keine Chemie, wie sonst üblich. Die Bücher sind somit ve gan, fair und nachhaltig. Generell beträgt der Energieaufwand beim Graspapier nur ein Fünfzigstel der normalen Papierproduktion. Matabooks könne eine CO2-Einsparung von 75 Prozent vorweisen, sagt Hedrich.
Das Gras für die Bücher kommt von der Schwäbischen Alb. „Es wird dort geerntet, sonnengetrocknet, gemahlen und zu Pellets gepresst“, erklärt der Gründer. „Diese gelangen dann in die Papiermaschine.“ Für nichts einen Fahrplan Als Startup kann Hedrich viele Dinge anders machen und Prozesse so gestalten, wie er es will. „Das geht bei Firmen, die schon 50 Mitarbeiter haben, nicht mehr so einfach.“ Auf der anderen Seite gibt es für nichts einen Fahrplan und das Geld muss auch erst verdient werden. So hat Matabooks etwas mehr als 15.000 Euro in diesem Jahr über Crowdfunding eingesammelt. Mit dem Geld veröffentlicht das Startup seinen ersten Roman: „Das Flüstern der Rebellion“, geschrieben von der erst 15-jährigen Jungautorin Sophie Marlene Frohnauer. Weitere Produkte im Portfolio sind Notizbücher, Artikel für den Bürobedarf und Postkarten. Sogar ein Samenbuch ist seit November erhältlich. Dabei sind Wildblumensamen im Papier eingearbeitet, die zu sprießen beginnen. Beim Nonbook-Award der diesjährigen Frankfurter Buchmesse holte das Öko-Startup den zweiten Platz. Hedrichs Botschaft: „Wir sollten uns auf die Natur besinnen. Sie gibt uns permanent so viel, ohne dafür etwas haben zu wollen.“
Naturfreund Matabooks-Gründer Kay Hedrich hat eine Ausbildung als Mediengestalter absolviert und anschließend einige Jahre in einer Druckerei gearbeitet. Danach studierte er Buch- und Medienproduktion sowie Medienmanagement. Beim Business Idea Slam 2017 der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) überzeugte Hedrichs die Jury und gründete Anfang v des Jahres Matabooks. Nachhaltige Papierherstellung ist sein Antrieb. So ist auch der Name aus Respekt vor Mutter Natur entstanden. Mata ist indisch und bedeutet Mutter. matabooks.de
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Emobly: Neue Plattform für den mobilen Wandel emobly.de Auch wenn das Ziel der Bundesregierung, bis zum Jahr 2020 eine Million E-Autos zugelassen zu haben, voraussichtlich nicht erreicht wird, ist der Verbrenner angezählt. Mehr als 450.000 Elektro- oder Hybridautos fahren bereits auf deutschen Straßen und legen den Grundstein zur Digitalisierung unserer Mobilität. Mit dem Wandel kommen die Fragen:
Wie funktioniert ein Elektromotor? Wie lade ich an einer öffentlichen Ladesäule? Welche Stecker gibt es? Antworten gibt die neue Plattform Emobly unter der Leitung des Journalisten Richard Gutjahr. Mitgründer sind die Digitalexperten Georg Konjovic (CEO) und Grischa Meyer (CTO). Zusammen mit einem Team von Autorinnen und Autoren begleiten die drei die Elektrifizierung mit Fachartikeln, Videos, einer Fahrzeugübersicht, einer Karte mit Ladestationen und Tipps für Einsteiger. Ein Forum sowie eine App sind in Vorbereitung, sie sollen 2019 an den Start gehen.
Sind bereits elektrisiert: die Gründer Georg Konjovic, Grischa Meyer und Richard Gutjahr (v. l.) vor einem Tesla Model X.
9.149 Kilometer fürs Lean-Prinzip ab 15,99 Euro | O‘Reilly „Lean-Prinzipien sind so genial, dass sie sich problemlos auf alle möglichen Lebensbereiche übertragen lassen“, sagt Michael Habighorst und tritt zum Beweis in die Pedale. 9.149 Kilometer von Freiburg bis zum Nordkap legt der Unternehmensberater zurück und zeigt anhand des Selbstversuchs die universelle Anwendbarkeit der Methode. „Auf die schlanke Tour“ ist mehr als das Protokoll einer „coolen Aktion“. Es ist ein Handbuch für Gründer, die ein tiefes Verständnis für agile Vorgehensweise lernen wollen.
feuerzeugfilms.com
Mit Bierdeckel zum Erfolg
Feministischer Porno liegt im Trend. Auch das Freiburger Start up Feuerzeug produziert fair, sicher und nachhaltig. Der erste Film des Teams um die Gründer Kira Renée Kurz und Leon Schmal stieg erscheint im Dezember, gedreht in einer WG und gefördert vom Studierendenrat der Uni Freiburg. Ein zweiter Film und eine Crowdfunding-Kampagne sind in Planung.
26,90 Euro | Vahlen
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„Das Leben ist zu kurz, um etwas zu entwickeln, das keiner haben will“, sagt Ash M ayura und legt mit „Scaling Lean“ eine Anleitung vor, die Gründern hilft, ihren Erfolg frühzeitig zu messen. Der Seriengründer erklärt auf 235 Seiten nicht nur, wie man sich progressive Ziele setzt und auch fehlgeschlagene Experimente nutzt, sondern auch, wie man ein
Geschäftsmodell in fünf Minuten mit einer Bierdeckelrechnung abschätzen kann. Lear nings liefern Unternehmen wie Facebook, Tesla und Airbnb. Wir verlosen fünf Exemplare des Buchs. Schreibt eine E-Mail (Betreff: Scaling Lean) an verlosung@berlinvalley.com. Einsendeschluss ist der 30. November 2018. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
CHE N MI T M A D UN NEN GE W IN
Fotos: Emobly, Paul Stümke/Feuerzeug
Klappe für den fairen Porno
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Kennste schon? Drei Bücher für Gründer und Neudenker zum Mitreden – zusammengestellt von Blinkist
„Künstliche Intelligenz“ Manuela Lenzen | 2018 Birgt künstliche Intelligenz mehr Chancen oder Gefahren für die Menschheit? Eines steht fest: KI hat viele Gesichter. Erfahre hier, wie sie unsere Gesellschaft bereits verändert und noch verändern wird – im Positiven wie im Negativen.
„Valley of Genius: The Uncensored History of Silicon Valley“ Adam Fisher | 2018 Das Valley of Genius hat eine rasante Geschichte, die weit über die Business- und Finanzgefilde hinausgeht. Begründet auf den Ideen brillanter, nerdiger und zum Teil dreister Querdenker, erlangte das Silicon Valley seine globale Präsenz.
„Digitalisieren mit Hirn. Wie Führungskräfte ihre Mitarbeiter für den Wandel gewinnen” Sebastian Purps-Pardigol, Henrik Kehren | campus2018 Werde ich in fünf Jahren noch gebraucht werden oder werden Computer mich ersetzen? Digitalisieren mit Hirn richtet sich an Führungskräfte, die ihren Mitarbeitern die Angst vor der digitalen Reformation ihres Unternehmens nehmen möchten.
Blinkist Die App macht Wissen aus Sachbüchern einfacher zugänglich. Die Kernaussagen werden in clevere Kurztexte – sogenannte Blinks – verpackt, die sich in 15 Minuten unterwegs lesen oder anhören lassen. blinkist.com
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Wir schaffen Freiheit
Umsatzsteuer mit Taxdoo
Förderfinanzierung ist hinten raus superattraktiv. Doch wer viele kleine Schritte auf hochdynamischem Boden geht, hat schlicht keine Ressourcen für den aufwendigen Förderprozess übrig. förderbar nimmt Unternehmern den ganz wesentlichen Teil des Aufwands ab. Wir planen das Projekt, realisieren die Umsetzung durch Fördermittel und begleiten die gesamte Projektlaufzeit. Die Unternehmer können sich so auf ihr Kerngeschäft konzentrieren und gewinnen Handlungsspielraum und Entscheidungsfreiheit. In mehr als 100 erfolgreichen Projekten konnten wir so über 70 Millionen Euro an Fördermitteln einwerben. Zu unseren Erfolgsbeispielen zählen Lemoncat, 6Wunderkinder, Contentful, sofatutor und viele mehr.
Der High-Tech Gründerfonds (HTGF) ist seit 2005 ein starker Motor für erfolgreiche High-Tech-Gründer. Mit Know-how und Entrepreneurial-Spirit und Leidenschaft begleitet das erfahrene Team aus Investment-Managern an den Standorten Bonn und Berlin die besten Unternehmen auf ihrem Weg von der Gründung bis zum Erfolg. Eines dieser Unternehmen ist Taxdoo, es sorgt automatisiert dafür, dass Umsatzsteuer mühelos, günstig und sicher wird. Alle nötigen Daten werden über direkte Schnittstellen zu Marktplätzen, Onlineshops und ERP-Systemen gesammelt. Ein skalierbarer Algorithmus berechnet tagesaktuell alle relevanten Kennzahlen – die dann von einem Netzwerk aus Steuerberatern im Ausland deklariert werden.
Airbnb für Kreativräume
#verschiedenistnormal
Die Plattform BESPACED bietet Unternehmen die Möglichkeit, Räume und Flächen, die vorübergehend leer stehen oder selten genutzt werden, für Business- und Networking-Events zu vermieten. Mit dem Smart Hosting will die Gründerin Dr. Tatiana Chapovalova die Effizienz der Nutzung urbaner Räume steigern. Die Plattform funktioniert dabei wie Airbnb: Galerien, Showrooms, Cafés, Werkstätten oder einfach coole Büros stellen ihre Räume für Gruppenveranstaltungen zur Verfügung. Gebucht wird stündlich oder tageweise von Unternehmen und Selbstständigen, die auf der Suche nach kreativen Räumen sind. Damit lässt der Gastgeber die Fläche für sich arbeiten, kommt gleichzeitig ins Gespräch und prägt die lokale Kultur- und Businesslandschaft.
Diversicon fördert, vermittelt und coacht qualifizierte Fachkräfte mit Autismus. Wir bringen Autist*innen und Arbeitgeber zusammen und setzen dabei an beiden Seiten an: Zum einen arbeiten wir daran, die Arbeitswelt diverser und inklusiver zu machen, zum anderen bereiten wir in der DiversiconAcademy unsere Teilnehmenden auf gegenwärtige Situationen am Arbeitsmarkt vor. Wir sind überzeugt davon, dass Menschen, die anders denken, in Teams einen wesentlichen Mehrwert leisten. Mit unserem sozialunternehmerischen Ansatz möchten wir die hohe Arbeitslosigkeit von Menschen mit Autismus verringern und gleichzeitig Arbeitgeber dabei begleiten, Inklusion und Diversity tagtäglich zu leben.
BESPACED UG Hoffeldstraße 88 40235 Düsseldorf bespaced.com
Diversicon HR GmbH Oranienstraße 183 10999 Berlin diversicon.de
Fotos: Rawpixel.com (förderbar), unsplash.com (Taxdoo)
förderbar GmbH Jean-Monnet-Straße 2 10557 Berlin foerderbar.de
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FITNESS CHEFREDAKTEUR (V. I. S. D. P.) UND HERAUSGEBER REDAKTION
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Sarah Heuberger (sh), Josefine Köhn-Haskins (jk) Bernd Skischally, Marisa Strobel, Justus Zenker (jz)
CHEFIN VOM DIENST
Sonja Kloevekorn (sk)
MANAGING EDITOR
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“EY” and “we” refer to all German member firms of Ernst & Young Global Limited, a UK company limited by guarantee. ED None. MUK 1810-204
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