Berlin Valley #28, April 2018

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DIGITAL REVOLUTION Künstliches Fleisch Revolutionspotenzial einer neuen Industrie

Aufsteigen Fahrradstartups und ihre Geschäftsmodelle

9€

BESSER ALS MICROSOFT? Serienunternehmer Christian Reber greift den Präsentationsmarkt an


CEBIT 2018 Halle 13, Stand C83


EDITORIAL

Es gibt Hoffnung! Liebe Leserin, lieber Leser, Ein langer Winter liegt hinter uns, nicht nur politisch. Mit neuer Regierung und frischem Elan geht es in den Frühling. Grund genug für eine durch und durch grüne Ausgabe von Berlin Valley – mit vielen hoffnungsvollen Ansätzen für unsere Zukunft. Allen voran das Fahrrad: Wir widmen dem gesündesten Verkehrsmittel eine umfangreiche und motivierende Strecke und beleuchten zahlreiche anknüpfende Geschäftsmodelle. Weniger luftig ist die Debatte rund um das kontroverse Thema „künstliches Fleisch“. Stehen wir hier am Beginn einer echten Revolution, die unseren Planeten nachhaltig verändern wird? Wird die nächste Generation überhaupt noch „echtes Fleisch“ essen oder hat Fleisch aus dem Labor doch keine Chance? Uns begeistern Gründer, die echten Impact liefern wollen. In unserem zweiten Zukunfts-Special stellen wir zahlrei-

che Startups vor, die dem großen Problem der plastikvermüllten Umwelt den Kampf ansagen. Umso passender, dass wir den neuen Startup-Beauftragen der Grünen, Danyal Bayaz, zum Interview getroffen haben. Auf dem Cover dieses Mal der Seriengründer Christian Reber, der zahlreiche Einblicke und Learnings aus seiner bewegten Startup-Karriere mit uns teilt, bevor er abtauchen wird, um fokussiert seine neue Plattform Pitch umzusetzen. Alles in allem also eine Ausgabe voller Optimismus und Inspirationen. Viel Spaß beim Lesen und einen sonnigen Frühling wünscht Euer/Ihr Jan Thomas

Vielen Dank! OHNE DIE UNTERSTÜTZUNG UNSERER SPONSOREN WÄRE DIESES MAGAZIN NICHT REALISIERBAR. DAFÜR GANZ HERZLICHEN DANK AN:

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INHALT

78–84 Christian Reber Auf dem Weg zum Konzern Mit den 6Wunderkindern hat er den Coup in der SaaS-Szene Deutschlands gelandet. Nun setzt Christian Reber mit seinem neuen Startup Pitch zum zweiten Schlag an und entwickelt die nächste Generation der Präsentationssoftware. Wir haben uns mit ihm über Erfolge und Hürden auf dem Weg zum eigenen Konzern unterhalten.

24–41 In-vitro-Vision

88–98 Cleantech

Fleisch aus dem Labor

Alles eine Sache des Recyclings

Durch die In-vitro-Technologie werden Ressourcen sowie Umwelt geschont und Tiere müssen nicht mehr leiden. Warum das so ist? Wir haben das Potenzial der neuen Fleischer unter die Lupe genommen.

Plastiktüten und winzige Mikropartikel gefährden das Ökosystem der Ozeane. Dabei gibt es zahlreiche Plastik-Alternativen. Diese Startups entwickeln radikale Konzepte zum Abbau des Kunststoff-Müllbergs.


INHALT

50–77 Fahrräder In Bewegung

Cover: Franziska Turner; Fotos: Franziska Turner, Michael Herdlein, Submarine Channel/Next Nature Network/Bistro In Vitro, Joshua Niedermayer/Unsplash, Sea2see/Jordi Chias

Laut Zukunftsforscher Matthias Horx ist das Fahrrad ein echter Megatrend. Radfahren ist hip, gesund, umweltfreundlich – und superpraktisch als Convenience 2.0-Lösungen wachsender Ballungsräume. Ziemlich spannend, was sich hier alles tut!

INHALT

100–104 Gunter Dueck Agilität versus Verwaltungstheater Philosoph Gunter Dueck verrät, warum die Konzerne auf der Jagd um den heiligen Gral der Digitalisierung aufholen müssen und es sich auszahlt, Kompetenzen intern aufzubauen.

Editorial 3 Contributors 6–7 Momente 8–13 Raum für Innovation Gadgets 14–18 Alles eine Frage der Technik Junge Gründer 20–23 So geht’s: Business Model Canvas Interview Danyal Bayaz 44–47 Dinge vom Ende her verändern NKF Summit Vol. 3 86–87 Digitalisierung erfolgreich meistern Tourismus 115–121 App und davon Investoren Spezial 122–134 Wenn’s ums Geld geht … Interview Ludwig Ensthaler 136–139 „Viele unserer Firmen sind klare Marktführer“ Interview Axel Hesse 140–141 „Sonst hätte man auch Beamter werden können“ In eigener Sache 142 Wanted: „The Most Radical Act of Kindness“ Digitale Nomaden 144–146 Einfach mal am Meer arbeiten Coworking International 148–151 Ikigai in Nairobi: eine Villa für die Startup-Szene Meinung 152–153 Das Comeback der Konzerne Medien 155–157 ICOs in der Filmindustrie, Buch- und Filmtipps Digitales Deutschland 160–161 Der D21-Digital-Index klärt auf Impressum 162


CONTRIBUTORS

Stimmen aus dem Off

Großer Dank gilt den Gastautoren von Berlin Valley 28.

Die Ernährungswissenschaftlerin und Foodtrendforscherin gehörte zu den wenigen Personen, die 2013 in London den ersten In-vitro-Fleischburger probiert haben. Was für In-vitro-Fleisch spricht und wie es schmeckt, verrät sie auf Seite 32.

Joel Cohen Er ist, wenn man so will, Sprecher der In-vitro-Szene. Denn als Sprecher der Modern Agriculture Foundation ist er Verfechter der Technologie und einer In-­ vitro-Zukunft. Auf Seite 39 könnt ihr nachlesen, weshalb In-vitroFleisch sich durchsetzen wird.

Was uns durch den technologischen Fortschritt erwartet? Die beiden Zukunftsforscher Jens und Aileen von der 4strat GmbH sind dem auf der Spur. Gemeinsam mit ihnen haben wir versucht, In-vitro-Fleisch und die Bewegung des neuen Fleischkonsums zu analysieren. Wie die In-vitro-Industrie den Markt beeinflusst, erfährst du ab Seite 24.

Als ehemalige Leiterin eines In-vitro-Projekts am Karlsruher Institut für Technologie weiß sie, worauf es bei Clean Meat ankommt. Ihre Gedanken dazu, findest du auf Seite 33.

Joel Monaco gründete 2016 das Startup Swapper und studiert eher nebenbei Wirtschaftswissenschaften in Frankfurt. Ab Seite 144 erzählt der 20-Jährige von seinen Erfahrungen als Digitaler Nomade unterwegs in Asien.

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sind die Autoren von „Das Comeback der Konzerne“. Auf Seite 152 schreiben sie darüber, wie Unternehmen Learnings aus der Startup-Szene für die interne Innovationskultur nutzen können.

Jens Konrad und Aileen Moeck

Arianna Ferrari

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Lucas Sauberschwarz und Lysander Weiß

Fotos: Nicole Heiling, Breloer/DBV, Sebastian Happe-Hartanto, Felix Holland, Joel Cohen, Peta Germany, KIT, Benjamin Gugelot, Techbikers, Florian Lanzer, Joel Monaco

Hanni Rützler


CONTRIBUTORS

Jan Bechler und Lena Kleine-Kalmer Jan Bechler ist der Gründer der Onlinemarketing-Agentur Finc3 und einer der Köpfe hinter Techbikers Germany, die Charity-Events in Form von Radrennen veranstaltet. Die Spenden kommen traditionell der internationalen Hilfsorganisation World Bicycle Relief (WBR) zugute. Für einen reibungslosen Ablauf der Prozesse sorgt die Communications Managerin Lena Kleine-Kalmer. Was auf der letzten Tour passiert ist, findest du auf Seite 74 heraus.

Josita Hartanto

Bernhard Krüsken

Sie ist Inhaberin und Head Chef des Lucky Leeks in Berlin, eines der wenigen veganen Restaurants mit Nennung im Guide Michelin. Von Berufswegen kennt sie sich bestens mit Ernährung und Veganismus aus. Ihren Standpunkt zu Clean Meat verrät sie uns auf Seite 33.

Seit 2013 ist Bernhard Krüsken als Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes die Stimme der Landwirtschaft. Ob In-vitro-Fleisch als Alternative den Markt revolutioniert, verrät er auf Seite 33.

Andrzej Pazgan

Renate Kühlcke Als Mitglied der Chefredaktion von der Fleischwirtschaft kennt sie die Schlachten der Industrie genau. Wie diese durch die In-vitro-Technologie verändert werden? Ihre Meinung dazu findest du auf Seite 33.

Als Koordinator für Osteuropa bei der Tierrechtsorganisation Peta verleiht Andrzej Pazgan den Tieren eine Stimme. Was er sich vom Fleisch aus der Retorte für die Zukunft der Tiere verspricht, kannst du auf Seite 32 nachlesen.

UND SONST NOCH? Unser weiterer Dank für ihre Mitarbeit und Unterstützung im Rahmen dieser Ausgabe gilt: Bike Citizens, Rainer Märkle, Otto Birnbaum, Cedric Köhler, Anton Waitz, Luis Hanemann, Kurt Müller, Daniel Philipp Glasner, Gabriel Matuschka, Olaf Jacobi, Fabian Heilemann, Tobias Johann, Jan Borgstädt, Alexander von Frankenberg, Daniel Höpfner, Paul Shapiro und Simone Feigl.

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MOMENTE

Am 14. März 2018 starb der britische Astrophysiker in seinem Haus in Cambridge. Die Nervenkrankheit ALS wurde bei ihm schon früh diagnostiziert. Zu seinen bekanntesten Werken gehören „Eine kurze Geschichte der Zeit“, „Das Universum in der Nussschale“, „Giganten des Wissens“, „Der geheime Schlüssel zum Universum“, „Der Große Entwurf “ und seine Autobiographie „Giganten des Wissens“.

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Foto: NASA

Stephen Hawking


MOMENTE

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MOMENTE

Flixtrain

Foto: Flixmobility

Flixbus tauscht die Straße gegen Schienen: Die ersten grünen Züge lassen nicht mehr länger auf sich warten. Ab März 2018 möchte FlixMobility zum ersten Mal einen Linienzug auf die Schiene bringen, welcher eine erschwingliche Alternative zur DB darstellen soll. Schon im August letzten Jahres übernahm Flixbus den insolventen Zugbetreiber Locomore und entschied sich jetzt für ein eigenes Geschäftsmodell.

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MOMENTE

Die Amabrush

Foto: Amabrush

Ein Kindheitstraum wird wahr, durch die Amabrush wird das Zähneputzen nicht nur verkürzt, sondern auch erleichtert. Sie putzt alle Zähne auf einmal und benötigt nur zehn Sekunden. Die ersten Testkunden erhielten im Februar ihr Exemplar, alle anderen müssen sich noch bis ins dritte Quartal gedulden.

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Foto: Apple

MOMENTE

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MOMENTE

Apple Park Es ist so weit! Mit ungefähr zwei Jahren Verspätung beginnt ab April der Einzug der Apple-Mitarbeiter in das neue Bürogebäude in Cupertino. Der sogenannte Apple Park beherbergt ein 260.000 Quadratmeter großes Hauptgebäude, welches vollständig mit Glasscheiben verkleidet ist. Apple Park gilt als eines der letzten Projekte von Steve Jobs. Fun Fact: Das Glas ist so transparent, dass im Januar drei Mitarbeiter dagegen gelaufen sind, jetzt müssen Folien angebracht werden.

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GADGETS

Alles eine Frage der Technik

Dröhnchen Knapp 1,4 Millionen US-Dollar hat Selfly über die Crowdfunding-Plattform Indiegogo für eine Drohne in Form einer Smartphone-Hülle eingesammelt. Ganz offenbar überzeugt die Unterstützer die Idee, sich selbst beim Joggen oder Radfahren zu filmen. Dazu wird die Drohne aus der knapp einen Zentimeter dicken Hülle geklickt und in die Luft geworfen. Selfly fliegt automatisch oder per App-Steuerung. Selfly soll im Mai in den Handel kommen. Preis: circa 140 Euro. selfly.camera

Ein Leben ohne Gadgets – kaum vorstellbar. Wir zeigen die begehrtesten Fundstücke der Redaktion. Zusammengestellt von Justus Zenker

Voll glatt Mit 35 Litern Fassungsvermögen ist der 1,5 Kilo schwere Cotopaxi Allpa eine echte Alter­native zum Rollkoffer. Der mit Schulterpolstern und Hüftgurt ausgestattete Rucksack lässt sich um drei Seiten herum öffnen und ermöglicht so bequemes Ein- und Auspacken. Digitale Nomaden haben von außen schnellen Zugriff auf Laptop- und Tablet-Taschen. Auch Pässe und Portemonnaie sind sicher, aber leicht zugänglich im Innenteil aufbewahrt. Praktisch: Im Lieferumfang sind Wäsche- und Schuhbeutel enthalten. Der Rucksack ist mit Zubehör für 200 Euro erhältlich. eu.cotopaxi.com

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GADGETS

Mehr Natur Viele Kopfhörer-Hersteller werben mit aktiver Geräuschunterdrückung, die ungestörten Hörgenuss auch in lauten Umgebungen ermöglicht. Sony geht den entgegengesetzten Weg: Umweltgeräusche sollen mit ins Telefongespräch oder die Musik einfließen, um sich akustisch nicht gänzlich auszuklinken. Erste Tests beschreiben den Klang wie Musik in einem Einkaufszentrum. Neben der Musikwiedergabe sind die Kopfhörer in der Lage, Befehle an Google Assistant oder Apple Siri weiterzureichen. Die komplett drahtlosen Kopfhörer sollen im Sommer für 279 Euro in den Handel kommen. sonymobile.com

Fotos: Selfly, Cotopaxi, Sony, Magic Leap

Licht und Schatten 2,3 Milliarden Dollar hat Magic Leap unter anderem von Unternehmen wie Google, Alibaba, Morgan Stanley und Axel Springer eingesammelt. Doch bisher gibt es von der Mixed-Reality-Brille nicht mehr als eine überzeugende Vision. Spezielle Sensoren sollen etwa die realistische Ausleuchtung virtueller Objekte der echten Umgebung ermöglichen. Magic Leap soll laut Firmenchef Rony Abovitz noch 2018 „zum Preis eines Premium-Smartphones“ erhältlich sein. magicleap.com

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GADGETS

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Smarter Sekretär

Kläranlage Viele Länder können Trinkwasser nicht in einer so guten Qualität bereitstellen, wie wir es in Deutschland gewohnt sind. Entweder ist das Wasser grundsätzlich nicht keimfrei oder durch eine extreme Chlorung im Geschmack verfälscht. Das französische ­Startup Solable löst diese Probleme mit einer Holzkiste. Integriertes UV-Licht bestrahlt die zum Lavie-System passenden und mit Wasser gefüllten Flaschen. Dadurch zerfallen Chlor-Moleküle unter anderem in freie Radikale, die Bakterien, Viren, Pestizide und vor allem irritierenden Geschmack zerstören. Lavie soll in Kürze für 199 Euro in den Handel kommen. lavie.bio

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Nach einem Test von Loup Ventures ist der schlaueste Assistent Googles Home (149 Euro, store.google.com), der 81 Prozent der Fragen richtig beantwortete, gefolgt von Amazons Echo (99,99 Euro, amazon.com) mit 64 Prozent. Abgeschlagen mit 57 Prozent: Microsoft Cortana, unter anderem auf dem Harman Cardon Invoke (99,99 USD, harmankardon.com), und Apples Homepod (Abb. 1, 359 Euro, apple.com), der nur 52,3 Prozent der Fragen korrekt beantwortete. Wie sieht es bei bürospezifischen Fragen aus? Bei Terminverwaltung ist Homepod vorerst raus. Während sich Google nur mit dem hauseigenen Kalender versteht, verwaltet Alexa auch iCloud-, Google- und Microsoft-Kalender. Das gilt auch für Cortana. Was alle Assistenten gut können: Notizen erstellen, die Schreibweise eines Worts diktieren und einen Wechselkurs oder die Antwort auf eine Rechenaufgabe suchen. Spannend sind Anrufe: Homepod läuft nur ferngesteuert über iPhones, während Google Assistent in den USA und Großbritannien auch ohne Smartphone direkt telefoniert. Echo telefoniert nur mit anderen Echo-Geräten oder per Bluetooth über das Smartphone. Für Cortana-Lautsprecher ist Skype Pflicht. Bei der MusikWiedergabe beschränkt sich Apple auf Apple Music, via AirPlay funktionieren aber auch andere Anbieter. Google und Amazon erlauben nur ihre hauseigenen Musikdienste und Spotify. Microsoft hat Tunein und Spotify integriert. Ein letztes praktisches Büro-Feature: Pakete-Tracking. Das können zurzeit nur Alexa mit dem passenden Skill und Cortana. Autofahrer rüsten mit Muse Auto (Abb. 2, 69,99 USD, museauto.com) die Amazon-Assistentin nach. Eine spannende Alternative: das Open-Source-Projekt Mycroft Mark II (Abb. 3, 139 USD, mycroft.ai) auf Indiegogo.

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Fotos: Solable, Apple, Muse Auto, Mycroft, Locumi Labs, Bixi, Circa Labs

Eignen sich Alexa, Cortana, Siri und Co. auch fürs Büro?


Asap ist mir zu vage. Meine Bank muss schnell und unkompliziert sein.

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GADGETS

Lässt summen Mit smarten Türschlössern lässt sich zwar der Wohnungszugang für Freunde, die Reinigungskraft oder den Paketboten regeln. In Mehrfamilienhäusern kommen die Gäste aber gar nicht erst so weit, weil die Hauseingangstür den Weg versperrt. Nello One löst das Problem, indem das System eine direkte Verbindung der kleinen Box mit der Gegensprechanlage der Hauseingangstür herstellt. Preis: circa 120 Euro. Außerdem gibt es im Online-Shop zum One passende smarte Wohnungsschlösser. nello.io

Dein Wisch ist Befehl Die Bluetooth-Fernbedienung Bixi erkennt Berührungen, Wischgesten und das Heben und Senken der Hand. Welche Aktion auf eine Geste folgt, legen Benutzer per App selbst fest. So kann das 99 Euro teure Bixi beispielsweise die Musiksteuerung im Auto übernehmen oder zu Hause das Licht dimmen. Das kleine Gadget des französischen Startups Bluemint Labs ist vor allem eine Alternative zur Sprachsteuerung, die in einer lauten Umgebung schnell versagt. bixi.io

Schlaf schön! Das niederländische Circa Labs erfindet den Wecker mit OLED-Touchscreen, Bluetooth-, Spotify- und Smart-­ Home-Anbindung neu. Am Abend hilft die Uhr mit geführten Atemübungen und weißem Rauschen beim Einschlafen, am morgen klingelt Circa dank Schlafphasen-Sensor unter der Matratze zur perfekten Zeit, um entspannt aufzuwachen. Circa kann aktuell über Indiegogo für 199 Euro vorbestellt werden, im Handel soll der Wecker später 249 Euro kosten. getcirca.com

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Der Lärmpegel in Büroumgebungen ist eine große Produktivitätsbremse. Abhilfe schaffen gute Headsets.

PRODUKTIVITÄTS-KILLER IM JOB AUSBLENDEN Studie des Sound-Experten Jabra zeigt: 34 Prozent stört der Lärmpegel bei der Arbeit Gemäß der Untersuchung „The Power of Conversation“ von Jabra aus dem Jahr 2016 zu produktivitätsfördernden beziehungsweise -hemmenden Faktoren im Berufsalltag klagten 40 Prozent der befragten Arbeitnehmer über zu häufige Unterbrechungen durch Kollegen. Die Folgen von Lärm und Störungen: Konzentrationsschwierigkeiten und eingeschränkte Produktivität. Um aber effektiv zu arbeiten, brauchen Angestellte in erster Linie ein Umfeld, in dem sie sich voll und ganz ihrer Aufgabe widmen können. Gerade im Falle von Mitarbeitern, die in Großraumbüros arbeiten, bieten sich daher technische Hilfsmittel wie die Jabra Evolve Headset-Reihe an.

IN RUHE ARBEITEN DANK HEADSET Schnurlose Headsets der jüngsten Generation arbeiten mit aktiver Geräuschunterdrückung (Active Noise Cancelling, ANC) für die Ohrhörer. Die Kombination aus hoch entwickelter Mikrofontechnologie und ausgeklügelter Elektronik blendet auf Tastendruck am Headset sämtliche Störgeräusche aus. Weiterhin nützlich sind Features wie das integrierte Busylight, das während Telefonaten rot leuchtet und Kollegen so anzeigt, dass sie gerade nicht stören sollten. Dies führt zu deutlich weniger Unterbrechungen im Arbeitsablauf. Wer die Bauform von In-Ear-Kopfhörern bevorzugt, greift zum Evolve 75e. Für deren Ohrhörerdesign ist spezielles Mikrofon-Know-how gefragt, um ohne Einbußen bei der Gesprächsqualität auf den sonst obligatorischen Mikrofonarm verzichten zu können. Fünf praktische Tasten ermöglichen eine schnelle

Steuerung von Anrufen und Musik einschließlich des direkten Zugriffs auf alle gängigen virtuellen Assistenten wie Cortana, Google Assistant, Alexa und Siri. Verschiedene Ohrstücke mit earGels und earWings sorgen für einen sicheren Sitz, ganztägigen Tragekomfort und eine gute akustische Versiegelung. Die magnetischen Ohrstöpsel lassen sich bei Nichtgebrauch bequem zusammenstecken und aktivieren automatisch den energiesparenden Power-Nap-Modus. Gerade für Vieltelefonierer bietet das Nackenbügel-Design mit bis zu 14 Stunden Akkulaufzeit eine hohe Flexibilität innerhalb und außerhalb des Büros. Weitere Informationen zum Evolve 75e: http://bit.ly/2I95nIz

Mit einem In-Ear-Kopfhörer lässt sich uneingeschränkt fokussiert arbeiten.


JUNGE GRÜNDER

Wenn die Idee zum Business steht und eine Finanzierung aus Eigenmitteln nicht möglich ist, lautet der nächste Schritt: Investoren finden. Voraussetzung für einen erfolgreichen Pitch ist ein Businessplan. Dieser schildert detailliert Geschäftsidee, Mitbewerber, Vermarktung, Organisation des Unternehmens, Risiken und Chancen sowie den Finanzplan. Dieses Werk ist vor allem für die sorgfältige Beurteilung wichtig. Häufiges Problem: Die Zeit von Investoren ist begrenzt. Im Rahmen von sogenannten Speeddatings beispielsweise haben Gründer nur wenige Minuten, um die Gegenseite von ihrer Idee zu

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Von Justus Zenker

begeistern. Den Spagat zwischen „kurz und knapp“ und „möglichst detailliert“ schafft das Business Model Canvas: Auf einer Seite gibt das Modell schnell und standardisiert Aufschluss über Produkt, Kunden, Partner, Finanzen und mehr. Das Business Model Canvas ist aber nicht nur ein Marketing- und Kontakt-Instrument, sondern hilft Unternehmen – vom kleinen Startup bis zum Multinational –, das Geschäft oder Geschäftsbereiche schnell strukturiert darzustellen. Erfinder des Business Model Canvas ist der Strategyzer-Mitgründer und Trainer für Geschäftsmodell­

Fotos: szwerink (CC BY-SA 2.0), Campus Verlag GmbH

Das Business auf einer Seite

Das Business Model Canvas verschafft Unternehmen und Investoren einen schnellen Blick auf das Geschäft. Wir erklären, wie es funktioniert.


JUNGE GRÜNDER innovationen Alexander Osterwalder, der das Modell zusammen mit 470 Mitstreitern entwarf. „Das Konzept wurde in der ganzen Welt angewendet und getestet und wird von Organisationen wie IBM, Ericsson, Deloitte, the Public Works und den staatlichen Stellen Kanadas verwendet“, schreiben Osterwalder und Yves Pigneur in ihrem Buch „Business Model Generation“. „Dieses Konzept kann eine gemeinsame Sprache werden, die es dir erlaubt, Geschäftsmodelle einfach zu beschreiben und anzupassen, um neue strategische Alternativen zu entwickeln.“

In neun Blöcken zum Modell Grundlage für das Canvas ist die lizenzfreie Vorlage von Osterwalder, die auf strategyzer.com/canvas zum kostenlosen Download bereitsteht. Das Ausfüllen funktioniert zwar auch im Alleingang am Rechner, lohnenswerter ist aber die gemeinsame Arbeit mit den Geschäftspartnern oder sogar dem gesamten Team am Canvas. Eine gängige Strategie ist es, die Vorlage besonders groß auszudrucken oder am Whiteboard aufzuzeichnen und anschließend mit Klebezetteln, die sich immer wieder neu platzieren lassen, zu füllen. Der erste von insgesamt neun Blöcken beschreibt die „Kunden“. Wem wird ein Nutzen angeboten? Wer sind die wichtigsten Kunden? Auch spärliche Details zum Markt fließen hier bereits ein, beispielsweise die Kundensegmente oder ob es sich um eine Nische oder um einen Massenmarkt handelt. Block Nummer zwei „Nutzen-Versprechen“ führt auf, welches Problem das Produkt löst oder welches Bedürfnis es erfüllt und wie das Produkt auf den Markt kommt. Eigenschaften wie Design, Marke und Preis spielen hier bereits eine Rolle. „Vertrieb und Kommunikation“ als drittes Feld zwischen Nutzen-Versprechen und Kunden verzahnt die beiden ersten Blöcke. Der Block schildert Aufmerksamkeit- und Kundengewinnung sowie die anschließende Betreuung. Die „Kunden-Beziehungen“ darunter klingen zwar ähnlich, konzentrieren sich aber auf die Kommunikation außerhalb des Verkaufs: Gibt es beispielsweise eine persönliche Unterstützung in Form eines Callcenters oder tauschen sich Kunden in einem Forum untereinander aus. Aus den vier genannten Blöcken ergibt sich letztlich der fünfte Block „Einnahmen“. Von Einzelpreisen über Abonnement-Lizenzen steht hier alles, was für ein Plus auf dem Konto sorgt. Die Preisstruktur ist ein eigenes Segment innerhalb des Blocks, der Preiseigenschaften wie Verhandlungsspielraum bei der Preisgestaltung oder Preise nach Menge erklärt.

Mit dem sechsten Block widmen sich Canvas-Nutzer den „Schlüssel-Ressourcen“ für die Bereitstellung der Dienstleistung oder des Produkts wie Patente, Daten, Personal und Finanzen. Auch Ressourcen für die Kunden-Beziehungen und den Betrieb wie das Callcenter gehören in diesen Block. Die Verarbeitung dieser Ressourcen beschreiben die „Schlüssel-Aktivitäten“. Wie findet die Herstellung statt, wie lösen wir Probleme oder auf welcher Plattform ist das Produkt erhältlich? Da Letzteres nur in den seltensten Fällen komplett im Alleingang möglich ist, ist das Gegenstück ganz links zu den Kunden ganz rechts die Auflistung der „Schlüssel-Partner“. Diese ermöglichen

Buchtipp: Business Model Generation Wer heute im Wettbewerb mithalten will, muss in der Lage sein, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Aber wie? Das Buch von Thomas Osterwalder und Yves Pigneur zeigt, wie man Geschäftsmodelle revolutioniert. 285 Seiten, 34,99 Euro, campus.de

beispielsweise als Zwischenhändler den Zugang zu Ressourcen, verringern in der Rolle einer Versicherung oder eines Bürgen Risiken oder erlauben es dem Unternehmen, überhaupt erst sein Produkt zu entwickeln, zum Beispiel als Inkubator. Aus Ressourcen, Aktivitäten und Partnern leiten sich im letzten Block gegenüber den Einnahmen die „Kosten“ ab. Besonders kostenintensive oder geschäftsrelevante Transaktionen wie die Fixkosten für Löhne und Miete, Kosten für die Produktion, aber auch Ersparnisse durch größere Stückzahlen oder Synergieeffekte stehen hier. Wichtig ist auch die Kostenstruktur der Dienstleistung oder des Produkts.

Nutzen-Versprechen als eigenes Canvas Während ein Produkt beim Brainstorming mit den Geschäftspartnern noch wie das nächste große Ding klingt, entscheiden sich die Kunden anders: Aus der Innovation wird ein Flop. Laut Analysen von Strategyzer trifft das auf sieben von zehn Produktinnovationen zu. Um Enttäuschungen zu vermeiden, hilft das Value Proposi-

In fünf Schritten zum Canvas

A0-Vorlage, Post-its und Marker besorgen

Einen (externen) Moderator beauftragen, der sich mit dem Modell auskennt

Team bestimmen: am Anfang die Gründer, wenn das Modell bekannt ist auch mehr

Ehrlich und offen brainstormen, Reduktion auf das Wichtige

Regelmäßig wiederholen

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JUNGE GRÜNDER

Business Model Canvas Schlüssel-Partner

Schlüssel-Aktivitäten

Nutzen-Versprechen

Fahrer mit Autos

Plattform- und Algorithmus-Entwicklung

Taxi auf Abruf

Zahlungsdienstleister

Marketing zum Ausgleich von Angebot & Nachfrage

Kein Bargeld

Geodatendienste

Fahrer-Onboarding

Einfache Bestellung und kurze Wartezeit

Örtliche Behörden

Schlüssel-Ressourcen

Passagiere auf Abruf

Uber-Plattform

Einfache Verdienstmöglichkeit

Kunden-Beziehung Hochautomatisiert

Passagiere

Fahrer

Vertrieb/Kommunikation App

Preis-Algorithmus

Social-Media-Marketing

Routen-Algorithmus

PR

Kosten

Kunden-Arten

Einnahmequellen

Plattform-Entwicklung

Sales und Marketing

Zahlung pro Fahrt

Löhne

Ausschüttung an Fahrer

Premium Uber-Marken

Höhere Preise bei gesteigertem Bedarf

Business Model Canvas am Beispiel von Uber. Basierend auf „The Uber Business Model Canvas“ von Dennis Oakly/www.businessmodel.guru

tion Canvas als Ergänzung zum Business Model Canvas. In diesem Modell liegt der Fokus deshalb auf den ersten beiden Blöcken des Business Model Canvas: Kunden und Nutzen-Versprechen. Für den Kunden legen die Initiatoren zuerst fest, was das Ziel des Produkts oder des Dienstes ist. Am Beispiel von Uber wäre das „Von A nach B fahren“. Anschließend listet man die Nachteile bestehender Lösungen auf, in unserem Beispiel „Taxis sind teuer“ und „ÖPNV ist langsam“. Die dritte Kundeneigenschaft beschreibt das Gegenteil, die Vorteile: Am Beispiel Uber: „Schneller“ und „Günstiger“. Dem gegenüber steht das Produkt: Zuerst wird das Produkt oder der Dienst notiert und wie diese angeboten werden. Bezug nehmend auf Nachteile und Vorteile erklärt das Canvas in mehreren, aber kurz gefassten Stichpunkten, welche konkreten Eigenschaften des Produkts konkrete Nachteile vermeiden und Vorteile erreichen.

Canvas für Startups: Lean Canvas Ash Maurya, Gründer des Lernsoftware-Unternehmens Leanstack, entwickelte das Osterwalder-Canvas kurz nach dessen Veröffentlichung zum Lean Canvas weiter. Die Adaption fördert laut Maurya eher Unterhaltungen und Überlegungen, in denen man etwas lernt, statt sich auf ein Pitch-Gespräch vorzubereiten. „Die Metapher in meinem Kopf war die eines taktischen Plans oder einer Bauzeichnung, die den Gründer von der Idee bis

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zum erfolgreichen Startup führt“, schreibt Maurya in einem Blog-Eintrag. Zwei für Startups wesentliche Faktoren spielten bei seiner Adaption eine Rolle: Unsicherheit und Risiko. Mit diesen Begriffen im Hintergrund ergänzt man das Modell zuerst um den Block „Problem“. Da das zu lösende Problem sehr viel Gewicht hat, sinkt die Chance auf ein falsch entwickeltes Produkt. Wer das Problem versteht, kann ein „Produkt“ entwickeln – die zweite Addition. Der Unsicherheit nimmt sich die dritte Neuerung „Kennzahlen“ an. Hier sollen nur jene stehen, die wirklich wichtig sind, beispielsweise „mindestens 100.000 Kunden bis zum Tag X, um Break-even zu erreichen“. Der „unfaire Vorteil“ beschreibt den Vorteil, den das Startup gegenüber der Konkurrenz hat. Die Box trägt dazu bei, diesen Vorteil gegenüber der Konkurrenz, die bei Erfolg unweigerlich versuchen wird, das Geschäftsmodell oder Teile zu kopieren, im Blick zu behalten und stetig auszubauen. Um Platz zu schaffen, flogen die Schlüssel-Aktivitäten und -Ressourcen raus, da diese laut Maurya zu sehr für Außenseiter eine Rolle spielen und gleichzeitig kein hohes Risiko bedeuten. Kundenbeziehungen sind in Mauryas Überlegungen derart wichtig, dass diese bereits in den Blöcken „Lösung“ und „Kunden“ beschrieben werden. Schlüsselpartner sind gerade am Anfang von geringer Bedeutung.


JUNGE GRÜNDER

Interview mit Leo Marose von Stackfuel

„Das Canvas war unser Türöffner“ Stackfuel-Gründer Leo Marose erklärt das Business Model Canvas in der Praxis Wie ergänzen sich Businessplan und Business Model Canvas? Im Businessplan kann man mit viel Text wenig Inhalte gut kaschieren. Im Business Model Canvas muss man sich hingegen auf wenige wichtige Aspekte festlegen und priorisieren. Netter Nebeneffekt: Das Canvas bereitet einen selbst sehr gut auf Investorenfragen vor: „Wen braucht ihr dafür?“, „Wofür setzt ihr das Geld ein?“, „Wie ist euer Service definiert?“, „Wer sind eure Nutzer?“ und so weiter. Wann sollte ich ein Canvas erstellen? Das Business Model Canvas ist super am Anfang, egal ob es sich um ein neues Unternehmen oder ein neues Projekt handelt. Wir arbeiten als Startup immer wieder an neuen Ideen, was wir als Nächstes machen. Auch dazu erstellen wir oft ein Canvas. Auch innerhalb eines Projektes würde ich das Canvas immer neu erstellen, wenn sich durch größere Anpassungen auch das Businessmodell stark verändert. Unabhängig von Veränderungen lohnt sich ein neues Canvas etwa alle sechs Monate, mindestens aber einmal

im Jahr. Für neue Mitarbeiter ist der Canvas-Prozess wunderbar, um das Unternehmen kennenzulernen. Ein Canvas ist also für jedes Unternehmen sinnvoll, nicht nur für Startups? Auf jeden Fall! Strategyzer, das Beratungsunternehmen von Alexander Osterwalder, macht das großflächig als Management-Beratung für Firmen. Auch in meiner Zeit als Berater haben wir das Modell als Management-Tool verwendet, um ein neues Projekt zu verstehen. In einem Corporate sind Projekte teilweise wie kleine Unternehmen und auch da muss überlegt werden „Wen brauchen wir?“ und „Welche Ressourcen werden benötigt?“. Das heißt, das Canvas ist wichtig für euer Selbstbild? Absolut. Wir nutzen das Tool ausschließlich intern. Ein Businessplan wird oft als altbacken angesehen. Trotzdem sollte man auf jeden Fall einen in der Schublade haben. Der Vorteil des Business Model Canvas ist: Es lässt sich schnell an einem Nachmittag er-

stellen. Damit kann man sehr viel intern verstehen und für die interne Kommunikation das Geschäft besser begreifbar machen. Wer erstellt ein Canvas? Im Startup-Kontext sind die Canvas-Ersteller in der Regel die Gründer. Es ergibt zwar Sinn, das mit dem gesamten Team zu machen (Stichwort: Unternehmen kennenlernen), aber es besteht die Gefahr, dass der Prozess in Sub-Teams in verschiedene Richtungen abläuft. Dabei ist der größte Vorteil eines Canvas eben ein gemeinsames Bild, eine gemeinsame Sprache. Deshalb sollte das erste Canvas im engeren Kreis erstellt und das Team für spätere Modelle erweitert werden. Im Endeffekt ist das Canvas wie ein geführtes Brainstorming. Was sehr gut funktioniert, ist ein Moderator. Das kann jemand aus dem eigenen Team oder eine externe Person sein. Welche Tools empfehlt ihr? Ganz klassisch analog: ausdrucken beim Copyshop auf A0 und einen Moderationskoffer mit Post-its und Stiften. Danach wird das Ganze abfotografiert und für spätere Vergleiche gespeichert. Es gibt das Business Model Canvas aber auch als interaktives PDF, das mir beim Ausfüllen hilft. Habt ihr euer Canvas schon extern verwendet? Wir haben ja beim Businessplan-Wettbewerb Berlin-Brandenburg den ersten Platz in der Kategorie „Canvas“ belegt. Der Preis beruht aber auf unserer Präsentation, quasi einem normalen Pitch unseres Business-Modells. Die Auswahl zu den Top 5 hat aber über unser Canvas geklappt. Wir haben vor Ort nicht mit unserem Canvas überzeugt, aber das Canvas war unser Türöffner. ANZEIGE


Foto: iStock.com/ugurhan

ERNÄHRUNG 2.0

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ERNÄHRUNG 2.0

Kunst des Karnismus

Kein Tierleiden und weniger Treibhausgase: Bedeutet In-vitro-Fleisch das Ende der traditionellen Fleischproduktion? Von Jens Konrad, Nadine Meya und Aileen Moeck

Ein Steak aus der Petrischale? Kein Blutvergießen mehr für den Fleischgenuss? Und 3D-Drucker in der heimischen Küche, mit denen wir unser Steak drucken? Bereits 1927 beschrieb der indisch-britische Biologe John B. S. Haldane diese Möglichkeit einer „schönen neuen Welt“. Und auch Winston Churchill forderte schon 1932: „Wir werden von dem Aberwitz abkommen, ein ganzes Huhn zu züchten, um die Brust oder den Flügel zu essen, und diese stattdessen in einem geeigneten Medium züchten.“ Damals noch reine Fiktion, finden wir im Jahr 2018 einen Trend, der diese Fiktion zur Realität werden lässt: In-vitro-Fleisch.

Foto: Submarine Channel/Next Nature Network/Bistro In Vitro

Von Fleischlust und -frust Fleischkonsum ist ein polarisierendes Thema. Pünktlich zur Grünen Woche im Januar sind wieder Zehntausende Umwelt- und Tierschützer zum Protest auf die Straße gegangen. Ein Punkt ihrer Agenda betrifft die artgerechte Tierhaltung. Ihr Motto: „Wir haben es satt“. Es ist der Diskurs der Lebensmittelindustrie. Gegenwärtig aber wird er nicht mehr nur von Tierschützern angefacht. Umweltschützer, Demografen und Ernährungswissenschaftler haben sich eingeschaltet. Kein Wunder: Bis 2050 soll die Weltbevölkerung auf 9,6 Milliarden Menschen anwachsen. Damit wird die Nachfrage nach Fleisch laut UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation FAO gegenüber 2006 um 85 Prozent steigen. „Der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch in den Industrieländern stiege demnach zwischen 2006 und 2050 von 77 auf 95,7 Kilogramm Schlachtgewicht“, heißt es im Fleischatlas 2018. Bei einem Schlachtgewicht von zwei Kilo je Huhn wären das circa 10 Hähnchen pro Kopf und Jahr mehr als heute. Tierische Produkte sind zudem jetzt schon für rund 60 Prozent der ernährungsbedingten Klimaemissionen verant-

wortlich. Das geht aus einer gerade erst veröffentlichten Greenpeace-Studie hervor. In der Öffentlichkeit wird die Fleischproduktion außerdem immer wieder mit Schlagworten wie Monokulturen, Emissionen oder Biodiversität in den Fokus gerückt. Eine Aufmerksamkeit, die durch medienwirksame Filme wie Leonardo DiCaprios Cow­ spiracy noch verstärkt wird. So erkennen wir bereits an der Spitze des Diskurses die Komplexität des Themas „Fleisch“.

Auf dem Weg zu einem neuen System? Das Problem ist bekannt. Warum also sehen wir gerade jetzt die In-vitro-Alternative? Die „Zeichen der Zeit“ zeigen sich neben dem In-vitro-Trend auch im Kontext anderer Märkte – allen voran dem der Vegetarier. Acht Millionen Vegetarier leben laut ProVeg Deutschland e. V. in Deutschland (Stand 2015). Laut Fleischatlas zählen sich Werden Petrischalen zur Grundlage unserer tierischen Ernährung?

In-vitro-Fleisch Bei In-vitro-Fleisch (in vitro lat. für „im Glas“) handelt es sich um Fleisch aus dem Reagenzglas. Die Herstellung eines Stücks Fleisch erfolgt mithilfe einer Zellkultur. Hierbei kommt das sogenannte Tissue Engineering (die Gewebezüchtung) zum Einsatz.

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ERNÄHRUNG ARTIKEL 2.0

Ein Blick auf das In-vitro-Hackbällchen von Memphis Meats macht Lust auf mehr.

Mit dem fiktiven Bistro In Vitro wurde ein Projekt initiiert, das eine In-vitro-Zukunft aufzeigen soll. Auf bistro-invitro.com können fiktive In-vitro-Mahlzeiten zusammengestellt und Informationen zur Technologie eingesehen werden.

Insektenburger gefällig? Gerade erst im Januar wurde eine neue Verordnung der Europäischen Union zu „neuartigen Lebensmitteln“ erlassen, die den Verzehr von Insektenfleisch erlaubt. Das könnte der Startschuss für Startups wie Bugfoundation, Swarm Protein oder Wicked Cricket sein.

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zudem zwölf Prozent der Deutschen zu den sogenannten Flexitariern. Das sind Menschen, die ihren Fleischkonsum bewusst einschränken. Woran liegt das? Tests wie der des Kochs Rach zeigen, dass der Mensch vielleicht gar kein „Fleischbewusstsein“ hat. 2014 ließ er in einer Bundeswehrkantine unter dem Vorwand eines SaucenTests vegane Würstchen verkosten. Keiner der Testesser bemerkte, dass er kein Fleisch auf dem Teller hatte. Trotz Vegetarier und Flexitarier ist der Pro-Kopf-Verbrauch an Fleisch kaum gesunken. Das lässt laut Fleischatlas auf einen Anstieg des Fleischkonsums schließen. „Letztendlich ist Essen ein ‚Gewohnheitsverhalten‘ und gelernte Verhaltensweisen ändern sich in der Regel nur langsam. Tatsächlich reduziert sich der Schweinefleischkonsum in Deutschland mittlerweile spürbar – war aber auch auf einem sehr hohen Niveau. Der Verzehr von Geflügelfleisch steigt dagegen weiter an“, weiß Peter Wesjohann, Vorstandsvorsitzender der PHW-Gruppe. Diese Entwicklung spiegelt sich auch in Zahlen des Welt­ agrarberichts 2015 wider. Auf ihrer Webseite heißt es: „In den vergangenen 50 Jahren hat sich die globale Fleischproduktion von 78 auf 308 Millionen Tonnen pro Jahr gut vervierfacht.“ Dieser Trend soll anhalten. Daher stellt sich die Frage, ob die steigende Nachfrage überhaupt von den Ressourcen der Welt getragen werden kann. Es scheint, dass der wachsende Konsum mit den Ansprüchen nach mehr Nachhaltigkeit kollidiert. „Ich kann Ihnen versichern: Die deutschen Lebensmittelhersteller sind sich ihrer Verantwortung bewusst, Nachhaltigkeit ist in vielen Unternehmen bereits gelebte Praxis. Sie stellen sich der Herausforderung, die Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung auf eine Weise zu si-

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chern, die für die Umwelt und die Menschen tragfähig ist“, so Dr. Wolfgang Ingold, Vorsitzender der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie, in einer Pressemitteilung aus dem Jahr 2015. Ist in vitro auch die Konsequenz eines nachhaltigeren Wirtschaftens? Die Zahl der In-vitro-Sympathisanten scheint zumindest zu wachsen.

Der Weg zum „sauberen Fleisch“ – eine neue Ära des Fleischkonsums? „Gut zubereitet und gewürzt schmeckt ein In-Vitro-Burger nicht wirklich anders als ein traditioneller“, verrät Hanni Rützler, Ernährungsexpertin und Trendforscherin. 2013 verkostete sie den ersten In-vitro-Burger. Damals kostete der exklusive Bratling aus den Stammzellen einer Londoner Kuh noch rund 325.000 Dollar. Auf den Teller gebracht wurde er von Mark Post, Professor der Physiologie an der Universität Maastricht. „Das ursprüngliche In-vitro-Projekt wurde in den Niederlanden vom mittlerweile verstorbenen Willem van Eelen initiiert. Als ich mich ihm anschloss, erkannte ich schnell die wissenschaftliche Durchführbarkeit und die enormen gesellschaftlichen Auswirkungen, die damit einhergehen: eine bessere Lebensmittelsicherheit, weniger Umweltschäden und Tierschutzfragen“, erinnert sich Post an seine Motivation. Heute ist die Riege der In-vitro-Visionäre deutlich länger. Neben den Forscher und Chief Scientific Officer des Startups Mosa Meat reihen sich Startups wie Memphis Meats, Just, Finless Foods oder Supermeat. Sie alle sind Teil einer neuen „zellulären Landwirtschaft“. Ihre Produktionsstätte ist nicht mehr das Schlachthaus, sondern das Labor. Und der Trend nimmt Fahrt auf: In-

Foto: Memphis Meats

Bistro In Vitro


ERNÄHRUNG 2.0

Future Wheel Autor Paul Shapiro zeigt auf, was die In-vitro-Technologie für uns bereithält. Die Beziehung des Menschen zu Nutztieren wird emotionaler – wie bei Pferden, nachdem sie nicht mehr als Nutztiere gebraucht wurden.

Klimaschutzziele können schneller erreicht werden.

Für die Großen der Fleischindustrie wird Clean Meat zum Ge­ schäft. Sie führen statt der Schlachthäuser Labore, in denen sie Fleisch „züchten“.

Ein Wirtschaftszweig entsteht, der von neuen Fachgebieten und Jobs definiert wird. Dazu zählt die sinnvolle Verwaltung der Agrarflächen.

LEGENDE:

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Milliarden Tiere, die sonst gezüchtet würden, werden nicht mehr geboren.

Weniger Vieh bedeutet weniger Futtermittel.

Es wird weniger CO₂ ausgestoßen.

Es wird weniger Wasser für die Fleischproduktion verwendet.

Ländliche Gebiete werden wiederbelebt.

Wilde Tiere erscheinen wieder in der Natur.

ÖKOLOGIE: Millionen Nutztiere werden überflüssig.

Riesige Arsenale an Agrarflächen und Weiden sind überflüssig.

CLEAN MEAT WIRTSCHAFT: Disruption der Landwirtschaft

Ein Einschnitt in der Wirtschaft ist zu spüren. Arbeits­ plätze, die mit der Tieraufzucht oder dem Schlachten verbunden sind, gibt es nicht mehr.

Es steht mehr Land für eine andere Nutzung zur Verfügung.

Einige Flächen werden anderweitig genutzt aber ein Großteil wird wieder zu Waldgebiet und Feuchtbiotopen.

In der heimischen Küche steht neben der Eiscreme-Maschine ein Gerät zur Herstellung von Fleisch.

Die Fleisch­ produktion erfolgt lokal/ dezentral. TECHNOLOGIE: Herstellung von Fleisch in Laboren

Neue Fachberei­ che in der Wissenschaft entstehen.

Probleme der Lebensmittelsicherheit, die mit Darmpathogenen – darunter E-Coli oder Salmonellen – assoziiert werden, verschwinden.

So wie es immer mehr kleine Brauereien gibt, die ihr eigenes Bier anbieten, entstehen Restaurants, die ihr selbst gezüchtetes Fleisch anbieten.

Es gibt mehr Fachkräfte in der Lebensmittelherstellung – besonders in der Wissenschaft. Dazu zählen Mikrobiologen oder Gewebeingenieure. In der Gastronomie arbeiten „Fleischzüchter“.

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ERNÄHRUNG 2.0

Karnismus bezeichnet eine Ideologie, nach der Menschen das Essen bestimmter Tiere als ethisch vertretbar betrachten. Die Konditionierung darauf erfolgt unbewusst, da die Ideologie „unsichtbar“ ist. Es handelt sich beim Karnismus um den Gegenbegriff zum Veganismus.

Clean Meat Clean Meat bezeichnet Fleisch, das umweltfreundlich und ohne Tierleid hergestellt wird. Dabei soll der Verzehr gesünder sein. Angestoßen wurde der Begriff vom amerikanischen Tierschutzaktivisten Paul Shapiro. In Deutschland findet das Thema noch wenig Aufmerksamkeit.

vestoren und Größen der Industrie wie Tyson Foods, Bill Gates oder Wiesenhof sind längst auf den Zug aufgesprungen und treiben den Wandel hin zum „ethisch korrekten Fleischkonsum“ an. Ein Wandel, der sich im Preis des neuen Fleisches niederschlägt. 2016 schon sollte ein In-vitro-Burger nur noch 11,36 Dollar kosten, wie die 2017 von Inge Böhm, Arianna Ferrari und Silvia Woll veröffentlichte Broschüre „In-vitro-Fleisch – Eine technische Vision zur Lösung der Probleme der heutigen Fleischproduktion und des Fleischkonsums?“ belegt. Schon bald soll das Fleisch aus der Retorte günstiger sein als jenes, das uns heute aus den Kühlregalen der Supermärkte anlächelt. Das Versprechen: mehr Geld im Portemonnaie, 96 Prozent weniger Treibhausgase und ein um 45 Prozent gesunkener Energieverbrauch. Ist es der Anfang vom Ende der Industrie, wie wir sie kennen? Inge Böhm, Arianna Ferrari und Silvia Woll zeigen sich diesbezüglich zurückhaltend. In ihrer Publikation heißt es, dass die Studienergebnisse aufgrund des noch fehlenden großen Produktionssystems variieren. Noch ließen sich keine allgemeingültigen Aussagen treffen. „Es lässt sich jedoch vermuten, dass die Herstellung von In-vitro-Fleisch zumindest im Vergleich zu Rindfleisch weniger Land und Wasser verbrauchen sowie eine geringere Emission von Treibhausgasen und Schadstoffen aufweisen könnte.“ Das Thema bleibt aber auch unter der Fahne „in vitro“ kontrovers. Für Ferrari gibt es dafür verschiedene Gründe: „Es tauchen sehr viele wichtige Fragen auf, zu denen es heute noch keine befriedigenden Antworten gibt. Wie werden Tiere leben, aus denen Zellen entnommen werden? Wie oft werden Muskelbiopsien für die Zellentnahme benötigt und was bedeutet das konkret für die Tiere?

Einer britischen Studie zufolge isst ein Drittel aller Vegetarier Fleisch, wenn sie betrunken sind. Willem van Eelen kann als Vater des In-vitro-Ansatzes bezeichnet werden. 1948 begann er sein Studium und entwickelte seine Vision von In-vitro-Fleisch. Inzwischen hat das Startup Just das Patent an der Technologie erworben. 2015 verstarb van Eelen im Alter von 91 Jahren.

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Außerdem kann man nicht von Clean Meat reden, ohne dabei auch von Fleisch zu reden.“ Sehen wir hier also eine Revolution oder eher eine Verlagerung der Probleme?

Das System Fleisch und seine Mythen – Zeit für den Paradigmenwechsel Mit den Startups rund um In-vitro-Fleisch werden vielfältige gesellschaftliche Dimensionen angesprochen. Ob Politik, Soziologie, Technologie, Wirtschaft oder Umwelt – es gibt kaum einen Bereich, den das Feld nicht berührt. Und jeder Bereich hat seine eigenen Ideologien. Müssen wir diese hinter uns lassen, um eine neue Ära einzuleiten? Vieles spricht dafür. Unter den Ideologien findet sich beispielsweise der Karnismus, demzufolge der Mensch ganz oben in der Nahrungskette steht. Oder aber der Wohlstandsgedanke, der mit Privilegien wie dem Sonntagsbraten einhergeht. Solche Ideologien bauen wiede-

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Die Macher des Bistro In Vitro entwickelten mit weiteren Institutionen ein Kochbuch mit 45 fiktiven Rezepten. Bistro-invitro.com

rum auf Mythen auf, die unsere Gesellschaft und somit auch unsere Esskultur bestimmen. Dazu gehören Annahmen, dass Fleisch wichtig für die Ernährung sei und ein essenzieller Lieferant für Nährstoffe. Oder dass Lebensmittel aus dem Labor zwangsläufig ungesünder seien. Derartige Mythen bilden Hürden für den Wandel. Hier liegt eine große Herausforderung für den In-vitro-Trend, der die bestehenden Denkmuster herausfordert.

Im Herzen ein Raubtier? Es scheint für viele unvorstellbar, dass sich der Mensch künftig von künstlichem Fleisch ernähren könnte. 2014 führte das Pew Research Center in den Staaten eine Umfrage zu gezüchtetem Laborfleisch durch. 80 Prozent der 1.000 Befragten antworteten auf die Frage, ob sie Laborfleisch essen würden, mit Nein. Bei einer weiteren Umfrage unter 24.000 Europäern befürwortete weniger als ein Viertel der befragten Personen, dass man Fleisch aus Zellkulturen erschaffen solle. Bruce Friedrich vom Good Food Institute weist darauf hin, dass es bei der Fragestellung auf die richtigen Begriffe ankommt. So hat beispielsweise Professor Wim Verbeke 400 Personen befragt. Das Ergebnis: 43 Prozent der Befragten, „die über die Umweltvorteile informiert wurden“, würden künstliches Fleisch kaufen. 2016 stellte der amerikanische Philosoph Sam Harris auf Twitter die Frage: „Wenn kultiviertes Fleisch auf molekularer Ebene identisch wäre mit Rind, Schwein und so weiter, und es würde gleich schmecken, würdest du es essen?“. 83 Prozent der rund 14.000 Teilnehmer antworteten mit Ja. Die Ergebnisse variieren stark

Foto: Submarine Channel/Next Nature Network/Bistro In Vitro

Karnismus


ERNÄHRUNG 2.0 und lassen keine eindeutige Schlussfolgerung zu, ob in vitro als Fleisch-Alternative akzeptiert werden könnte. Gleichzeitig stellt sich die Frage, wohin der Wandel weg von der traditionellen Fleischproduktion evolutionär führen könnte? Immerhin isst der Mensch bereits seit 2,5 Millionen Jahren Fleisch. Ab einem Fleischanteil von mehr als 20 Prozent in der Nahrung soll sich das Gehirn schneller entwickeln als bei Pflanzenfressern, heißt es in einer Studie von Professor Axel Janke vom Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum. Mit dem Verzehr von Fleisch kam auch die Herstellung von Werkzeugen. Dafür haben wir unser Gehirn intensiver beansprucht. Das gilt auch für die Planung der Jagd. Nicht zuletzt die Rückbildung unseres Kiefers hat mehr Platz für das Gehirn geschaffen. Fleisch und die Entwicklung des Menschen sind also eng verbunden. Wohin wird sich der Markt entwickeln? Veganismus oder vielleicht doch in vitro? Beide Bewegungen stoßen derzeit noch stark auf Widerstand. Denn Millionen Jahre menschlicher Entwicklung und Gewohnheiten lassen sich kaum von heute auf morgen über Bord werfen. Auch wenn nicht klar ist, ob sich In-vitro-Fleisch ernsthaft durchsetzt, so sendet es dennoch ein wichtiges Signal. Es zwingt uns, unser bisheriges Denken infrage zu stellen, und zeigt Alternativen. Alternativen, die nötig sind, denn für unseren Planeten wird unser gegenwärtiger Konsum zunehmend zur Belastung. Aber wir wissen: Was einst visionär wirkte, kann am nächsten Tag Standard sein, denn Wandel gehört zum Menschsein und zu jedem Wandel gehört am Anfang Skepsis.

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„Wir gehen auch unkonventionelle Wege“ Am Puls der Zeit: Mit einer Beteiligung am Startup SuperMeat will sich die PHW-Gruppe das Knowhow im Bereich Fleisch aus Zellkulturen sichern. Das in dritter Generation geführte Familienunternehmen geht einmal mehr einen unkonventionellen Weg: Mit der Gründung eines Landhandels für Getreide und Futter­mittel und einer Brüterei in Rechterfeld fiel vor mehr als 85 Jahren der Startschuss für die PHW-Gruppe. Die erfolgreiche Unternehmensentwicklung ist auf das Bestreben zurückzuführen, auf höchstem technischem Niveau und auf Basis abgesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse die besten Produkte für Kunden herzustellen. Der Schwerpunkt liegt auf dem Gebiet der Herstellung und Vermarktung hochwertiger Geflügelspezialitäten. Der Geschäftsbereich Geflügelspezialitäten mit der Marke WIESENHOF ist das größte und umsatzstärkste Segment innerhalb der PHW-Gruppe. Im Laufe der Jahre wurde die Kernkompetenz auf die Bereiche Tierernährung und -gesundheit sowie Humanernährung und -gesundheit erweitert. Die stetige Optimierung der Produktpalette macht die PHW-Gruppe zu einem starken und zuverlässigen Partner. „Wir glauben an Wachstum durch Vielfalt. Unsere Aufgabe als Lebensmittelhersteller ist es, für den Verbraucher möglichst viele verschiedene Angebote zu schaffen: So bieten wir dem Verbraucher eine breite Produktpalette von konventio­ nell erzeugtem Geflügelfleisch über Privathof-Geflügel bis hin

zu einem veganen Sortiment“, sagt Peter Wesjohann, Vorstandsvorsitzender der PHW-Gruppe. Aktuell geht die PHW-Gruppe einen Schritt weiter und beschäftigt sich mit der Entwicklung von Fleisch aus Zellkulturen. „Wir sind als Unternehmen schon immer unkonventionelle Wege gegangen“, so Peter Wesjohann. „Mit unserer strategischen Partnerschaft mit SuperMeat möchten wir einen Beitrag für die Zukunft leisten, da es schon heute eine Vielzahl an Verbrauchern gibt, die sich Fleisch aus Zellkulturen zukünftig wünschen.“ Die Investition in SuperMeat mit Sitz in Tel Aviv sieht die PHW-Gruppe daher auch weniger als rein finanzielles Invest­ ment. „Wir freuen uns darauf, mit SuperMeat ein vielversprechendes Start-up in allen Fragen der Forschung und Entwicklung zu beraten und mit unserem langjährigen Know-how einen Beitrag zur Entwicklung von Fleisch aus Zellkulturen zu leisten“, erläutert Peter Wesjohann. Unabhängig davon wird der Kern des Geschäftsfeldes weiterhin die Erzeugung von Geflügelfleisch sein. Und genau in diesem Bereich versucht die PHW-Gruppe mit ihrer Marke WIESENHOF, das Zukunftsmodell Privathof-Geflügel nachhaltig zu etablieren.


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MIT TRANSPARENZ ÜBERZEUGEN: SIEBEN JAHRE PRIVATHOF

Fotos: Wiesenhof (1, 2, 4), Timo Lutz Werbefotografie (3)

Lange vor dem Bio-Boom hat sich WIESENHOF bereits mit alter­ nativen Haltungskonzepten beschäftigt und ermöglicht somit dem Verbraucher, sich bewusst für ein bestimmtes Tierhaltungskonzept zu entscheiden. Angefangen hat bei WIESENHOF alles im Jahr 2000 mit dem Weidehähnchen aus Auslaufhaltung, 2002 folgte das Bio-Hähnchen. Den hier erworbenen Erfahrungsschatz hat das Unternehmen 2011 in das Konzept Privathof-Geflügel einfließen lassen, das ein Mehr an Tierschutz in den Mittelpunkt stellt und mit dem Tierschutzlabel der Einstiegsstufe des Deutschen Tierschutzbundes gekennzeichnet ist. „Wir verstehen gerade Privathof-Geflügel als Zukunftsmodell, denn es ist schlicht glaubwürdig – das Mehr an Tierschutz ist durch Forscher der Universität München wissenschaftlich belegt worden. Das Label des Deutschen Tierschutzbundes gibt dem Verbraucher Sicherheit und schafft zusätzliches Vertrauen. Nicht zuletzt stimmt die Basis, unsere Landwirte stehen voll hinter diesem neuen Aufzuchtkonzept. Die Zahl der bayerischen Privathof-Betriebe wächst kontinuierlich: Derzeit wird auf 35 Höfen Privathof-Geflügel aufgezogen. 2017 waren es noch 27 Privathof-Betriebe. Weitere sind in Planung. Das ist ein erfreuliches und wichtiges Signal an den Handel und die Verbraucher“, betont Peter Wesjohann. Die Produktionsmengen sämtlicher Tierwohlprodukte innerhalb der PHW-Gruppe spiegeln die Bestrebungen des Unternehmens in diesem Bereich wider: Anfang 2016 wurden pro Woche noch rund 500.000 Tiere aus den verschiedenen Tierwohl-Konzepten geschlachtet. Zum Ende des aktuell abgelaufenen Geschäftsjahres konnte diese Produktionsmenge mit rund 1,7 Mil-

lionen Tieren pro Woche mehr als verdreifacht werden. Das ist rund ein Drittel der deutschen Produktion der PHW-Gruppe. „Unser nächstes Ziel ist es, die Produktionsmengen sämtlicher Tierwohlprodukte im Jahr 2018 auf 60 Prozent zu steigern“, sagt ­Peter Wesjohann. Weitere Informationen zu WIESENHOF Privathof-Geflügel sind unter wiesenhof-privathof.de verfügbar und können auch im ersten Nachhaltigkeitsbericht der PHW-Gruppe, der Anfang 2018 veröffentlicht wurde, nachgelesen werden. Dieser Bericht ist auf den Internetseiten des Unternehmens unter phw-gruppe.de und unter wiesenhof-online.de zu finden. Dort finden Interessierte auch weiterführende Informationen zum Nachhaltigkeitsmanagement der PHW-Gruppe.

WIESENHOF Privathof-Geflügel Die wichtigsten Kriterien des Privathof-Konzeptes sind neben der langsamer wachsenden Rasse die längere Aufzuchtdauer der Hähnchen, die geringere Besatzdichte und der Auslauf in einem überdachten Wintergarten – Strohballen, Picksteine und Sitzstangen im Stall geben den Tieren die Möglichkeit, ihre natürlichen Verhaltensweisen auszuleben. Alle Privathof-Produkte tragen das Tierschutzlabel des Deutschen Tierschutzbundes „Für Mehr Tierschutz“ (Einstiegsstufe) und das Siegel „Ohne Gentechnik“ des Verbandes Lebensmittel ohne Gentechnik e. V. (VLOG).

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1 | Gelebte Öffentlichkeitsarbeit: Privathof-Familie Belzner aus Bayern 2 | Das Privathof-Konzept überzeugt Landwirte, Verbraucher und Handel gleichermaßen. 3 | Peter Wesjohann: Vorstandsvorsitzender der PHW-Gruppe 4 | Bruzzzler Veggie: seit 2016 fest im Sortiment

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Haben Sie eine Frage an uns? Schreiben Sie uns eine E-Mail an info@phw-gruppe.de.


ERNÄHRUNG 2.0

Nachgefragt Das denken Vertreter der Verbandswelt, Wissenschaft und Öffentlichkeit über den In-vitro-Trend.

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Andrzej Pazgan Koordinator für Osteuropa bei der Tierrechtsorganisation Peta Als eine Organisation, die sich seit Jahrzehnten für ein besseres Leben von Tieren einsetzt, verfolgen wir natürlich die Entwicklungen rund um Clean Meat. Wir sind der Ansicht, dass kein Tier für Fleisch oder andere Produkte getötet werden darf. Wenn den verheerenden Konsequenzen der Tierhaltung durch technologischen Fortschritt Einhalt geboten werden kann, stehen wir dem positiv gegenüber. Ich glaube, dass künftige Generationen mit Fassungslosigkeit auf heutige Zeiten zurückblicken werden.

Hanni Rützler Ernährungsexpertin, Trendforscherin und Autorin Grundsätzlich sprechen viele gute Gründe für In-vitro-Fleisch, vor allem ökologische und tier­ ethische. Und für bestimmte kulinarische Anwendungen, etwa Burger-Pattys, Frikadellen, Sauce Bolognese etc., sogar auch kulinarische. Gut zubereitet und gewürzt schmeckt ein In-vitro-Burger nicht wirklich anders als ein traditioneller. Aber in Europa, besonders in Deutschland, sind Konsumenten eher skeptisch gegenüber technologischen Innovationen im Lebensmittelbereich. Wir werden In-vitro-Fleisch wohl erst akzeptieren, wenn es in Asien und Amerika schon ganz normal sein wird.

Fotos: Nicole Heiling, PETA Germany

Ist der Fleischkonsum der Menschheit durch In-vitro gesichert, werden Tiere künftig weniger leiden und die Umwelt geschont? Muss die Fleisch produzierende Industrie umdenken


ERNÄHRUNG 2.0

Renate Kühlcke Chefredakteurin Fleischwirtschaft

Bernhard Krüsken

Fotos: Breloer/DBV, Felix Holland, KIT, Sebastian Happe-Hartanto

Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes Retortenfleisch fällt nicht vom Himmel. Es ist ein Irrglaube, dass dieses synthetische Erzeugnis ohne den Verbrauch natürlicher Ressourcen zu haben ist: Auch hierfür müssen viele Nährstoffe, insbesondere Aminosäuren, in der Petrischale bereitgestellt werden und werden in großen Mengen benötigt. Damit ist das In-vitro-Produkt derzeit noch meilenweit entfernt von dem Versprechen einer nachhaltigen und effizienten Erzeugung. Es ist alles andere als sinnvoll, hochwertige Rohstoffe wie zum Beispiel Blutserum für die Züchtung von Laborfleisch zu verbrauchen. Klonfleisch wird abgelehnt, aber Retortenfleisch soll es sein? Das passt nicht zusammen! Das Wichtigste: Der Genusswert von echtem, gutem Fleisch von gesunden Tieren bleibt unschlagbar.

Ich denke nicht, dass die Menschheit in 30 Jahren keine Tiere mehr tötet, um sie zu essen, und sauberes Fleisch in den kommenden Jahren Stück für Stück die Fleischtheke erobert. Verbraucher, die jegliche Nutztierhaltung für ethisch inakzeptabel halten, brauchen kein Kunstfleisch, sie leben besser vegan. Paradoxerweise mögen Veganer die Laborfleisch-Idee, da diese die Diskussion über unser Verhältnis zum Tier als Nahrungsmittellieferant anregt. Die Funktionsfähigkeit eines Produktionssystem für Invitro-Fleisch im großen Maßstab ist nicht wirklich absehbar und Skepsis am günstigeren Ressourcenverbrauch angebracht. Zumal die ökologischen Vorteile je nach Fleischart sehr unterschiedlich ausfallen würden. Kritisch sehe ich auch die Produktakzeptanz: Wenn die meisten Verbraucher gentechnisch veränderte Lebensmittel und das Klonen von Nutztieren ablehnen, weshalb sollten sie dann genetisch identisches Fleisch kaufen?

Arianna Ferrari Expertin für künstliches Fleisch, Agentur Adelphi in einem UBA-Projekt Clean Meat verspricht eine schöne neue Welt, in der Fleischkonsum ohne Nebenwirkungen für die Umwelt, für die menschliche Gesundheit und vor allem ohne Tiertötung und Tierleid möglich ist. Bis es so weit ist, braucht es eine Vorstellung davon, wie eine Welt ohne Tiere in der Landwirtschaft und ohne Fleischindustrie aussehen kann. Zumindest in industrialisierten Ländern wird Fleisch zum Überleben nicht benötigt. Warum also an Fleisch festhalten, wenn schon längst die Proteinversorgung durch pflanzliche Produkte nicht nur möglich ist, sondern sogar stetig wächst? Ich bin davon überzeugt, dass es gegenüber dem Versprechen so mächtiger ökologischer und kultureller Änderungen mehr technische sowie soziale Forschung braucht, mehr öffentliche Diskussion und die Bereitschaft dazu, den heutige Lebensstil ernsthaft gänzlich zu überdenken.

Josita Hartanto Chefköchin im Restaurant Lucky Leek Das ist eine schöne Sache. Bisher war es den meisten Menschen egal, woher ihr Fleisch kommt. Der Preis und die Verfügbarkeit sind viel wichtiger. Das Thema klingt derzeit noch futuristisch, aber niemand hätte vor 30 Jahren geglaubt, dass Handys/Smartphones einmal so alltäglich und normal werden würden, wie sie es heute sind. Wer Fleisch essen will, müsste somit nicht mehr über Leichen gehen, sondern kann guten Gewissens in sein Steak beißen. Für mich ist das Thema entsprechend gar nicht so abwegig. Die Umwelt und die Tiere werden es uns sicherlich danken! Und eine Alternative zu Insekten stellt es auch noch dar.

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ERNÄHRUNG 2.0

In(vitro)vest

Diese Investoren weisen den Weg unseres künftigen Fleischkonsums Zusammengestellt von Nadine Meya

„Ich denke, dass wir in rund 30 Jahren keine Tiere mehr töten müssen und Fleisch entweder clean oder pflanzenbasiert sein wird“ Richard Branson (Bloomberg News)

Marc Post 250.000 Euro durch Sergey Brin

INVESTMENTS

Just, Inc. 2 Millionen Dolllar von Khosla Ventures

2011 34

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Modern Meadow Seed Investment unter anderem von Sequoia

2012

Just, Inc.

Just, Inc.

i) 1 Million Dollar, Seed Round, ii) 4 Millionen Dollar, Series A durch i) Founders Fund, ii) unter anderem durch Radicle Impact und Khosla Ventures

i) 23 Millionen Dollar, Series B, ii) 90 Millionen, Series C durch i) Lead Investor Horizons Ventures, ii) Lead Investoren Khosla Ventures, Horizons Ventures

2013

2014


ERNÄHRUNG 2.0

„Wir glauben an Wachstum durch Vielfalt, deshalb unser Einstieg bei Supermeat“ Peter Wesjohann, Vorstandsvorsitzender der PHW-Gruppe China und Israel haben 2017 einen Handelsvertrag über 300 Millionen Dollar abgeschlossen. Der Vertrag zielt darauf ab, Emissionen zu reduzieren. Da-

Supermeat 230.000 Dollar Product Crowdfunding

von werden auch die Clean Meat Startups

„Wir freuen uns, innovative Wege der Fleischproduktion zu fördern“ Justin Whitmore, Tyson Foods, Executive Vice President Corporate Ctrategy and Chief Sustainability Officer (tysonfoods.com)

Supermeat, Meat the Future und Future Meat profitieren.

Memphis Meats

Supermeat

i) 2,8 Millionen Dollar, Seed Round, ii) 53.000 Dollar Equity Crowdfunding, i) unter anderem durch SOSV, NewCrop, Westcott LLC

Memphis Meats 250.000 Dollar, Seed Round von SOSV, Indie Bio

2015

3 Millionen Dollar, Seed Round, unter anderem durch die PHW Group

Memphis Meats Just, Inc. 100 Millionen Dollar, Series D

2016

17 Millionen Dollar, Series A durch Lead Investor Draper Fisher Jurvetson, unter anderem Bill Gates und Richard Branson

Memphis Meats Venture Round, Tyson New Ventures

2017

2018 berlinvalley.com

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ERNÄHRUNG 2.0

Ein Gespräch mit Supermeat-CEO Shir Friedman darüber, warum Clean Meat die Zukunft des Fleisch-Markts bestimmt. Das Gespräch führten Nadine Meya und Lotta Träger.

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Fotocredit: max. 60 Zeichen

„Der Effekt für die Umwelt wäre gewaltig“


ERNÄHRUNG 2.0 Shir, wie seid ihr auf die Idee zu Supermeat gekommen und was ist euer Geschäftsmodell? Die Clean-Meat-Idee gibt es bereits seit einem Jahrzehnt. Tatsächlich prophezeite schon Winston Churchill 1931: „Wir werden von dem Aberwitz abkommen, ein ganzes Huhn zu züchten, um die Brust oder den Flügel zu essen, und diese stattdessen in einem geeigneten Medium züchten.“ Bei Supermeat haben wir die besten Köpfe

„Die Magie der Biologie vollzieht sich direkt vor unseren Augen“ der Zellkultivierung, des Biological Manufacturing, Food Engineering und der Produktion zusammengebracht, um die Prophezeiung des Clean Meat zum Leben zu erwecken. Es gibt einige Clean-Meat-Unternehmen. Jedes verfolgt einen anderen technologischen Ansatz. In unserem Fall handelt es sich um Fleisch vom Huhn. Das unterscheidet uns von anderen Initiativen wie der von Dr. Mark Post, die mit Rind arbeiten. Unser Produkt soll zunächst als Premiumprodukt in Restaurants verkauft, später aber auch in Supermärkten angeboten werden. Langfristig wollen wir unsere Technologie lizenzieren. Was unterscheidet Clean Meat vom jetzigen Fleisch? Clean Meat ist sicherer und sauberer als herkömmliche Fleischprodukte. Ein Vorteil wird sein, dass es keine Antibiotika aufweist. Aber auch Salmonellen oder E-Coli werden nicht vorhanden sein. Dadurch wird es „cleaner“. Der Verzehr ist somit insgesamt gesünder.

Wie sieht der Herstellungsprozess aus? Für den eigentlichen Prozess brauchen wir einmalig ein paar Zellen eines Huhns. Wir benötigen also keine ganzen Teile, sondern setzen das Huhn lediglich einer simplen Biopsy aus. Das Schöne am Prozess ist, dass kein Tier unter der Produktion von Clean Meat leiden muss. Die Zellen werden nach der Entnahme in speziellen Containern in eine Nährstofflösung gelegt. Diese enthält alles, was die Zellen brauchen, um zu wachsen und Gewebe zu bilden, wie man es im Körper des Tieres findet. Die Magie der Biologie vollzieht sich quasi direkt vor unseren Augen. Dabei verfolgen wir von Anfang an den Ansatz, unser Produkt zu skalieren. Wir behalten die Skalierung der Produktion des Clean Meat immer im Hinterkopf. Welche Auswirkungen hätte es, wenn sich die gesamte Fleischproduktion wandeln würde? Der Effekt für die Umwelt wäre gewaltig. Für die Produktion von Clean Meat werden wesentlich weniger Ressourcen verbraucht als für die Produktion von traditionellem Fleisch. Wir sprechen von annähernd 80 Prozent weniger Wasser und 99 Prozent weniger Land. Darüber hinaus wird davon ausgegangen, dass 80 Prozent weniger Treibhausgasemissionen entstehen. Die traditionelle Industrie würde in die Lage versetzt, ihre Fleischprodukte grüner, gesünder und tierfreundlich herzustellen.

RESOURCENVERGLEICH TIERISCHES VS. IM LABOR GEZÜCHTETES FLEISCH

WASSERVERBRAUCH

Rund 6.810 l

Rund 1.226 l

Fotos: John Towner/Unsplash; Supermeat/Shir Friedman

TREIBHAUSGASEMISSIONEN

Rund 7,3 kg

Rund 1,6 kg

LANDNUTZUNG

N hütEDMA - und Tiersc t sie

FRI mwelt ien ha SHIdRierte Biologin n, Udieser IdeoloBegreich des r-

e io ist stu Kombinat rschung im or sie Sup v o ie e F n B D o . . er v dern st, die zerin Found anlas hes zu för r o e C v sie dazu Fleisc , war ierten ündet hat ndation. kultiv r u g o mitge riculture F meat Ag odern The M

Rund 24,2 m²

Rund 0,24 m²

PRODUKTIONSKOSTEN

1,05 Dollar

12 Dollar

VERBRAUCH, EMISSIONEN, KOSTEN PRO PFUND FLEISCH. QUELLEN: CB INSIGHTS, WATER FOOTPRINT NETWORK, BUSINESS INSIDER, FORBES, FOOD CLIMATE RESEARCH NETWORK (FCRN), QUARTZ

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ERNÄHRUNG 2.0 Welchen Einfluss könnte In-vitro-Fleisch auf den Welthunger haben? Fleischproduktion funktioniert nur über Tierhaltung. Das ist nicht hinlänglich. Im Vergleich zu den Ressourcen, die wir verfüttern, ist das, was wir an Nahrung daraus gewinnen, unzureichend. Ein Großteil der Nahrung, die konsumiert werden könnte, wird verschwendet. Obwohl wir ausreichend Nahrung produzieren, um 10 Milliarden Menschen zu ernähren, wird ein Großteil an Nutztiere verfüttert, die nur sehr wenig Nahrung bringen.

„Ich lebe vegan und habe kein Problem damit, Clean Meat zu konsumieren“ Stellt In-vitro-Fleisch eine Option für Veganer dar und werden es unsere Kinder eklig finden, dass wir Fleisch von geschlachteten Tieren gegessen haben? Bei der Frage nach Veganern, denke ich, dass es darauf ankommt, warum sie sich jeweils für den Veganismus entschieden haben. Manche Veganer glauben, dass der

Mensch nicht dazu bestimmt ist, Fleisch zu konsumieren. Diese Personen werden auch kein Clean Meat essen. Wenn sie sich aber aufgrund ideologischer Einstellungen und aufgrund von Umweltaspekten für einen veganen Lebensstil entschieden haben, dann könnten sie definitiv zu Clean Meat greifen. Ich selbst lebe seit zwölf Jahren vegan und habe absolut kein Problem damit, Clean Meat zu konsumieren. Clean Meat könnte zu einem gesellschaftlichen Wandel führen. Das Szenario, dass unsere Kinder uns eklig finden, ist denkbar. Große Fleischproduzenten investieren bereits, ihr habt gerade erst ein Investment von PHW erhalten. Sehen wir hier den Anfang des Wandels? Fleischproduzenten sind sehr interessiert an dieser neuen Art der Fleischproduktion. Ich denke schon, dass wir das als positives Zeichen interpretieren können. Wir stehen auch mit einigen großen Produzenten in Kontakt, deren Namen ich allerdings nicht verraten darf. Wann soll euer Fleisch auf den Markt kommen und wie sieht die Zukunft von Supermeat aus? Supermeat soll in naher Zukunft auf den Markt kommen. Die größten Herausforderungen, die wir dabei überwinden müssen, sind die Skalierbarkeit und der Preis. Clean Meat ist die Zukunft der Fleischproduktion. Durch die Veränderung der Produktionsweise mildern wir eine große Belastung des Planeten, der Tiere und unserer eigenen Gesundheit.

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ERNÄHRUNG 2.0

Der Weg zum „sauberen“ Fleisch Joel Cohen, Director Multimedia und Sprecher von The Modern Agriculture Foundation über In-vitro-Fleisch

Foto: PHOTOEURO/iStock, Joel Cohen

Es gibt zahlreiche Startups, die in der Ökosphäre der zellulären Landwirtschaft angesiedelt sind. Manche beschäftigen sich mit Fleisch, andere kultivieren „saubere“ Milch und Eier. Dabei hat sich die notwendige Technologie in den letzten Jahren exponentiell entwickelt. In Anbetracht der gewaltigen Einsparungen an Ressourcen wie Land, Wasser und Energie, die bei der Herstellung von Clean Meat aufkommen, werden die Kosten künftig insgesamt drastisch sinken. Befürworter der Technologie beschreiben zwei Szenarien der Skalierbarkeit auf dem Markt. Die Produktion wird sich nicht mehr in Laboren, sondern in Brauerei-ähnli-

JOEL COHEN

ist Director Multimedia und Sprecher von The Modern Agriculture Foundation. Er half 2017, die erste International Clean Meat Conference am Technicon Institute of Technology in Haifa zu organisieren.

chen Einrichtungen vollziehen. Es wird eine Fusion mit dem Bereich des 3D-Drucks geben, wodurch ein lokaler Druck von Clean Meat ermöglicht wird. Schon heute sind zahlreiche Unternehmen im Feld der zellularen Landwirtschaft tätig. Die Märkte für Clean Meat gestalten sich dabei grenzenlos und unerschöpflich; alles, was es braucht, ist eine fleischessende Bevölkerung. Dabei wird darüber diskutiert, dass die künftige Produktion auch spezielle kulturelle Märkte einschließen soll, darunter beispielsweise Clean Dog Meat für die Chinesen oder Clean Frog Legs für die Franzosen. Die Akzeptanz von Clean Meat durch den Verbraucher befindet sich laut Anna Starostinetskaya im Aufwärtstrend. 2017 wurde dazu Folgendes veröffentlicht: „Neuste im Journal PLoS One veröffentlichte Untersuchungen zeigen, dass zwei Drittel der Amerikaner In-vitro-Fleisch (IVM) essen würden.“ Für den Verbraucher werden die Faktoren Geschmack, Gesundheit, Preis und Ethnizität im Kontext eines Massenkonsums entscheidend sein; bei Investoren der Faktor der Profitabilität. Für Regierungen, Landkreise und Regionen hält Clean Meat eine nachhaltige Perspektive im Hinblick auf Ressourcen bereit. Die Einbindung auf diesen Ebenen könnte entscheidend für eine schnelle Akzeptanz von Clean Meat innerhalb der jeweiligen Regionen sein. Dabei ist es die Regulatorik, die die am meisten unterschätzte Herausforderung für Clean Meat sein könnte. Unternehmen der Fleisch-, Eier- und Milchindustrie profitieren von der Ausbeutung der Tiere und Ressourcen. Sie werden ihre Interessen ohne Kompromisse verteidigen. Es ist anzunehmen, dass sie im Rahmen der Verhinderung der Clean-Meat-Produktion zu Mitteln der Bestechung, zum Lobbyismus und zu Kampagnen greifen werden. Dennoch werden einige dieser Unternehmen die finanziellen Potenziale erkennen und in die Technologie investieren. So wie die Unternehmen, die versucht haben, die Legalisierung von Marihuana in den Staaten zu verhindern, heute einen Teil des Kuchens abhaben wollen.

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ERNÄHRUNG 2.0

Gaumenfreuden Nicht nur In-vitro-Fleisch revolutioniert den Foodmarkt. Auch andere Trends werden die Nahrungsmittel­ industrie entscheidend verändern. Fotos: METRO/Sabine Grothues, Dinara Kasko, Just, diephotodesigner.de

Von Lotta Träger

Künstliches Ei Die amerikanische Firma Just analysiert die Eigenschaften von Pflanzen, um so tierische Produkte möglichst authentisch zu imitieren. Sie schafften es beispielsweise, eine Flüssigkeit aus Mungbohnen herzustellen, die sich wie Ei verhält und laut dem Startup auch so schmeckt. Ein ähnliches Ziel verfolgt das Unternehmen myey, das veganes „Ei”-Pulver anbietet, das man zum Beispiel zum Backen benutzen kann.

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ERNÄHRUNG 2.0

Essen aus dem 3D-Drucker Die Zeiten, in denen man nur Bilder und Wörter gedruckt hat, sind schon lange Geschichte. Neuerdings schickt sich der 3D-Druck an, die Gastronomie grundlegend zu verändern. Der Nahrungsmittelkonzern Barilla veranstaltete 2014 einen Wettbewerb für die besten Nudelformen per Knopfdruck. Der Lebensmitteldrucker Sweetin von Wiibox kann Schokoladenfiguren drucken, aber auch Muster aus Marmelade. Die russische Fastfoodkette Teremok stellt Pfannkuchen mithilfe von 3D-Druckern her und die ukrainische Konditormeisterin Diana Krasko erschafft komplexe geometrische Torten anhand von selbst gedruckten Formen. 3D-Drucker erweisen sich auch in der Altenpflege als praktisch. Da das Auge bekanntlich mitisst, forscht die deutsche Firma Biozoon darüber, püriertes Essen in eine möglichst ansehnliche Form zu bringen. Zusätzlich feilt Biozoon an der perfekten Konsistenz der Speisen, damit sie auch von Patienten mit Schluckbeschwerden gefahrlos konsumiert werden können.

Vertical Farming Nicht nur in der Viehhaltung gibt es ein Platzproblem, sondern auch in der Landwirtschaft. Aus diesem Grund begann in Japan schon vor Jahren das sogenannte Vertical Farming. Hier wird, wie der Name schon sagt, in die Höhe angebaut. So soll die Ernährung der Menschheit trotz des andauernden Wachstums gesichert werden. Noch ist diese Art des Anbaus jedoch sehr energieaufwendig.

Nudeln aus Insekten Seit Oktober 2017 kooperieren der Metro Hub NXFoods und Plumento Foods, um Lebensmittel aus Insekten-Proteinen zu entwickeln. Neben Nudeln sollen auch bald Salatcroutons in ausgewählten Märkten erhältlich sein. Derzeit laufen Tests in den sogenannten Startup-Regalen der Supermärkte. Hierbei werden innovative Produkte für drei Monate angeboten, um zu sehen, wie sie beim Verbraucher ankommen.

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Adrian Wons ist ICO-Experte bei EY in Berlin und Co-Autor im Bereich Initial Coin Offering, Tokengestaltung sowie digitaler Trends und deren Integration.

INITIAL COIN OFFERINGS Nicht mehr wegzudenken aus der Blockchain-Szene und dennoch nicht ohne Risiken: EY ICO-Experte Adrian Wons spricht über die innovative Finanzierungsmöglichkeit des Initial Coin Offerings und welche Punkte Start-up-Unternehmen beachten sollten, damit es erfolgreich wird. Adrian, EY ist ja eigentlich bekannt für seine Begleitung von IPOs, also von Börsengängen. Ein brandaktuelles Thema ist jetzt jedoch Initial Coin Offerings (ICOs). Worum geht es da überhaupt? Es handelt sich hier um eine innovative Möglichkeit der Finanzierung für Start-up-Unternehmen, deren Businessmodell oder deren neues Projekt auf der Blockchain basiert. Im Zuge eines ICOs, oft auch Token Sale genannt, können Interessenten einen Token gegen meistens eine Kryptowährung (oft Ether oder Bitcoin) oder vereinzelt auch gegen Fiatgeld erwerben. Mit dem eingeworbenen Kapital entwickelt das Start-up dann die versprochene Plattform, auf der die Tokens verwendet werden können. Diese Tokens können die verschiedensten Formen annehmen, zum Beispiel die eines digitalen Vouchers für eine Serviceleistung oder eines ‚Coupons‘ für ein dahinter liegendes Anlagegut. Die begriffliche Annäherung des ICOs an ein Initial Public Offering (IPO), also einen Börsengang, kann hier irreführend sein, da die Tokens, die bei einem ICO emittiert werden, eine andere Funktion und Struktur haben, somit weder technisch noch rechtlich mit einer Aktienemission vergleichbar sind.

Wodurch zeichnet sich deiner Meinung nach ein ICO aus? Was sind die Vorteile gegenüber anderen Finanzierungsformen wie zum Beispiel Venture Capital? Meiner Meinung nach bietet ein ICO Im Vergleich zu anderen Finanzierungsformen eine sehr viel direktere Möglichkeit der Kapitalaufnahme, da Investoren und Ausrichter über die P2P-Netzwerkinfrastruktur der Blockchain in Verbindung treten. Dieses rein digitale ‚Offering‘ erreicht nicht nur schnell große Reichweiten, sondern bietet auch einen manipulationssicheren Austausch von Informationen ohne zentrale Stelle. Bei den hier verwendeten Smart Contracts handelt es sich um digitale Vereinbarungen, die es ermöglichen, Verträge digital und ohne Intermediär abzubilden. Dies führt zur Reduktion von Transaktionskosten und erhöht die Vertragssicherheit. Vor allem die traditionelle Venture-Capital-Finanzierung kann hier strukturell nur schwer konkurrieren, weswegen die Finanzierung mittels eines ICOs der VC-Finanzierung schon längst den Rang abgelaufen hat. Interessant finde ich aber auch Hybrid-Modelle zwischen ICO und VC – hier können Gründer ihren Investoren nach einer erfolgreichen Seed-Finanzierung mit Venture Capital ein von den VCs abgenommenes Konzept oder einen Prototyp präsentieren und dann für ein darauf folgendes ICO bereits eine höhere Seriosität vorweisen. Etwas, was ich in letzter Zeit auch des Öfteren gesehen habe, ist, dass die VC-Finanzierung ein Bestandteil des Token Sale selbst war. Im Rahmen eines Pre-ICOs wurden hier größere Token-Pakete an VCs veräußert. Danach startete erst das eigentlich öffentliche ICO. Ist ein Initial Coin Offering also für jeden geeignet, der eine Alternative zur Venture-Capital-Finanzierung sucht? Definitiv nicht! Denn die angestrebte Idee, mit der Geld eingesammelt werden soll, sollte einen klaren Mehrwert zwischen der ‚On-Chain‘-Lösung, also einer dezentralen Blockchain-Lösung, gegenüber einer ‚Off-Chain‘-Lösung, einer eher zentralen Lösung, darstellen. Zu oft wurde ich in letzter Zeit nach Einschätzungen für Blockchain-Ideen gefragt, deren Realisierung keinen wirklichen Nutzen von dem Dezentralisierungsgedanken


ANZEIGE der Blockchain hatten und meist sogar einfacher zentral zu realisieren waren. Da weise ich gerne auf die Vielzahl von ICOs im vergangenen Jahr hin, bei denen Tokens ohne wirkliche Value Proposition für potenzielle Investoren und spätere Anwender ausgegeben wurden und somit nicht langfristig orientiert aufgestellt waren. Die dort angebotenen Tokens sind mittlerweile wieder vom Markt verschwunden, denn nur wenn das Businessmodell einen erkennbaren Mehrwert bietet und die Blockchain sinnvoll verwendet wird, können potenzielle Investoren gewonnen werden. Ein ICO sollte also gut vorbereitet sein. Welche Punkte sollten deiner Meinung nach geklärt sein, damit ein Start-up ICO-ready ist? Wie bereits erwähnt, sollte zunächst auf der Basis eines sattelfesten Blockchain-Businessmodells ein Token erschaffen werden, der idealerweise einen Mehrwert für potenzielle Anwender und Investoren darstellt. Für die Realisierung des Projekts

„Best-in-Class-ICOs werden neue Maßstäbe und Best-Practice-Fälle für zukünftige ICOs liefern“ werden neben einem starken Team auch Berater benötigt, die entsprechende Expertise in den verschiedenen Themenfeldern mitbringen. So sollte zum Beispiel das gesamte ICO rechtlich abgesichert und durch eine steuerliche Beratung begleitet werden. Nachdem dieses Konstrukt errichtet worden ist, sollte auf dieser Basis ein White Paper erstellt werden. Dieses dient als eine Art Verkaufsprospekt für Interessenten und bildet somit einen elementaren Baustein für ein erfolgreiches ICO. Parallel ist es essenziell, eine Community aufzubauen, um das ICO-Projekt weiter zu stärken. Die Expertise für die erforderlichen Punkte, um ICO-ready zu sein, findet sich natürlich nicht immer im eigenen Team, weswegen man sich entsprechend ehrlich selbst challengen sollte, inwiefern man externe Beratung benötigt. Können wir gewährleisten, dass das ICO juristisch einwandfrei durchgeführt werden kann? Können wir das ICO steuerlich richtig beurteilen? Können wir ein aussagekräftiges White Paper schreiben, das den Prozess und seine Benefits erklärt? Solche Fragen helfen meiner Meinung nach, sich klar darüber zu werden, welche zusätzliche

Wenn ihr gerne mehr über Initial Coin Offerings erfahren wollt und wie EY dabei unterstützen kann, schreibt einfach eine E-Mail an adrian.wons@de.ey.com. Eine Liste der Leistungen, die EY für jede Phase der Entwicklung für Start-ups anbietet, und unsere Studie zum Thema ICO sind auf unserer Website start-up-initiative.ey.com zu finden.

externe Hilfe man braucht oder welche Teammitglieder man noch benötigt. Welche Schlüsselpunkte siehst du für ein erfolgreiches ICO? Von besonderer Bedeutung ist die Gestaltung eines Tokens. Denn nur wenn ein Token projektorientiert und eindeutig gestaltet wird und rechtliche wie auch steuerliche Implikationen abgewogen werden, kann ein Mehrwert für potenzielle Investoren geschaffen und ein ICO durchgeführt werden. Darüber hinaus sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass sowohl das Projekt selbst als auch der Token langzeitorientiert geplant und durchgeführt werden, um einen möglichst nachhaltigen Nutzen für die Investoren zu schaffen. Im Interesse eines sicheren digitalen Asset Market sollte außerdem der Umgang mit den Investoren fair und transparent gestaltet sein. Das bedeutet unter anderem auch, dass mögliche Risiken aufgezeigt werden müssen. Ein vielleicht manchmal unterschätzter Punkt für ein erfolgreiches ICO befasst sich mit der Problematik der Cyber Security. Die Geschwindigkeit der ICOs und die Irreversibilität von Blockchain-Transaktionen lockt Hacker geradezu an. In unserer EY-ICO-Studie letztes Jahr haben wir herausgefunden, dass etwa zehn Prozent aller ICO-Finanzierungsgelder durch Hacker entwendet wurden, meist durch Phishing. Letztlich sollte auch unbedingt darauf geachtet werden, dass die ICO-Prozesse in allen relevanten Märkten juristisch compliant sind. Dies kann beispielsweise durch frühzeitige rechtliche Beratung erreicht werden. Wie wichtig ist die Gestaltung des Tokens, der während des Token Sales an die Investoren ausgegeben wird? Mit der Wahl des Tokens steht und fällt das ganze ICO. Denn je nachdem, wie der Token gestaltet wird und zu welchen Rechten die Inhaberschaft befähigt, entstehen unterschiedliche rechtliche und steuerliche Implikationen. Der Gestaltung des Tokens sind keine Grenzen gesetzt, daher finde ich den Bereich auch so spannend. Ein Token kann zum Beispiel als digitaler Voucher auf einer E-Commerce-Plattform dienen oder als Lizenz für die nächste Computersoftware. Aber auch die Möglichkeit, ein Anlagegut wie Gold an einen Token zu knüpfen, ist durchaus gegeben. Zum Beispiel hat Venezuela den Token Petro geschaffen, welcher an staatliche Ölreserven gekoppelt ist. In Zukunft werden wir vermehrt sogenannte Equity Tokens sehen, welche wertpapierähnliche Züge annehmen können, jedoch viel flexibler gestaltet werden können als bloße Aktien. Wie siehst du die weitere Entwicklung von ICOs in den kommenden Jahren? Ich denke, dass der Markt sich weiterentwickeln und reifen wird. Best-in-Class-ICOs werden neue Maßstäbe und Best-PracticeFälle liefern, an denen sich ICOs orientieren können, insbesondere bezüglich der Struktur oder Geldwäschebekämpfung. Außerdem werden ICOs ohne Businessmodell kaum eine Chance mehr haben, da es zu viel Konkurrenz geben wird und Investoren das White Paper der Unternehmen genauer analysieren werden. Wahrscheinlich wird der Markt auch immer mehr reguliert werden. Grundsätzlich wird dies jedoch den Investoren und Ausrichtern entgegenkommen, denn eine Marktregulierung bedeutet zum einen mehr Sicherheit für potenzielle Investoren und zum anderen ein erhöhtes Interesse seitens der Unternehmen, ein ICO durchzuführen. Das könnte sogar dazu führen, dass auch große Unternehmen für Teilprojekte ein ICO ausrichten, um frühzeitig eine Community um das zu entwickelnde Produkt aufzubauen.


Dinge vom Ende her verändern

Danyal Bayaz ist der frisch nominierte Startup-Beauftragte der Grünen. Wir trafen ihn zum Interview. Das Gespräch führte Jan Thomas.

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INTERVIEW

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annst du deinen Aufgabenbereich erklären und wie es Dich in die Politik verschlagen hat? Ich bin frisch gewählt und ein halber Quereinstriger in der Politik. Vorher war ich in der Wirtschaft als Unternehmensberater tätig, mit Schwerpunktthemen wie Arbeitswelt 4.0, Digitalisierung und Regulierungen des Finanzmarkts. Ich bin seit gut zehn Jahren ehrenamtlich bei den Grünen und war vor meiner Wahl in den Bundestag Mitglied im Landesvorstand in Baden-Württemberg, von wo ich die Politik von Winfried Kretschmann mit begleiten durfte. Mein Team und ich wollen Sachen neu, auch mal quer denken, wollen politischer Ansprechpartner für die Startup-Szene sein. Eine Art Botschafter in beide Richtungen. Als Übersetzer zwischen den Welten. Allerdings beschäftige ich mich nicht nur mit Startups. Ich sitze im Finanzausschuss und bearbeite dort auch Themen wie Unternehmenssteuern oder FinTechs. Wie wollt ihr der Startup-Szene helfen? Wir können natürlich die Funktion eines Startup-Beauftragten auch größer machen, als sie vermeintlich ist - gerade in der Opposition. Wir sind zwar Ansprechpart-

Foto: Franziska Turner, Deutscher Bundestag/Achim Melde

Ein Digital-Ministerium alleine bringt nichts ner, aber umsetzen müssen es andere. Von daher sehe ich meine Rolle darin, als Botschafter und Vermittler zu fungieren: Einerseits die Perspektive der Szene in die Politik einzubringen, andererseits die Startup-Community für die Mechanismen der Politik, die häufig langsam sind, zu sensibilisieren. Wir kommunizieren mit StartUps, mit Verbänden, tauchen in einzelne Submillieus wie der Blockchain-Community ab und diskutieren mit Mittelständlern, was man von Startups lernen kann. Und am Ende geht es natürlich auch darum, parlamentarische Initiativen auf den Weg zu bringen, die gerade auch für die Startup-Szene wichtige Aspekte beinhalten. Wir sind zwar jetzt in der Opposition, wollen und werden aber trotzdem etwas bewegen. Wir werden Debatten anstoßen, die im Regierungsalltag möglicherweise zu kurz kommen. Zum Beispiel Gründerdarlehen. Ganz grundsätzlich würde ich mir wünschen, dass wir einen Staatssekretär für die boomende Startup-Szene bekommen. Ähnlich dem Mittelstandsbeauftragten. Jemanden, der Dinge wirklich vom Ende her verändern kann. Das wäre ein starkes Signal. Kann man in der Opposition überhaupt gestalten? Wo beginnt und wo endet der Handlungsspielraum? Also ich sehe da drei Punkte. Die obere Ebene ist es, Themen zu setzen, auf die die große Koalition antworten muss. Wir sind mitten in einer großen Transformation. In Sachen Digitalisierung und ökologischer Modernisierung unserer Wirtschaft ist viel Innovation gefragt. Wie gehen wir um mit neuen Technologien, mit dem Internet der Dinge, Big Data, künstlicher Intelligenz oder

Bazay spricht im Bundestag.

Robotik und so weiter? Da sind die Digital-staatsministerin Dorothee Bär oder Staatsminister Helge Braun gefragt. Auf einer zweiten sehr konkreten Ebene stellt sich für uns die Frage, was wir bei Gesetzesvorlagen, z.B. bei einer Überarbeitung einer Vorlage zur steuerlichen Abschreibung verbessern können. Da verhandeln wir einzelne Dinge, die besonders auch für kleinere Unternehmen und Selbständigewichtig sind. Und drittens sind wir zwar eine neun-Prozent-Partei, aber in BadenWürttemberg führen wir eine Landesregierung und haben viele starke Zugänge in die Wirtschaft, Zivilgesellschaft, Umweltverbänden und kommen so ins Gespräch. Man trifft in öffentlichen Ämtern und Ministerien oft auf Bedenkenträger. Wird sich das ändern oder wird Deutschland auf ewig langsamer sein als Länder wie Estland, die eine eigene digitale DNA aufbauen? Das ist ein guter Punkt. Speed is about setting standards. aber grundsätzlich ist Schnelligkeit ist auch nicht alles. Auch in einer schnelllebigen Welt kann man einen Schritt nach dem anderen machen, wenn die Richtung stimmt. Ich habe neulich erstmals den schönen Begriff der “Inkrementellen Radikalität” gehört - also radikale Ideen zu haben, aber trotzdem kleine, korrigierbare Schritte zu machen, sozusagen kontrolliertes Learning-by-doing. Es ist richtig, kritische Fragen zu stellen, aber wir dürfen sie nicht so stellen, dass wir Debatten und Innovation von vornherein im Keim ersticken. Wir müssen natürliche Freiräume schaffen. Ein Beispiel: In Ausschreibungskriterien werden oft große Player mit viel Erfahrung gesucht. Dadurch fallen viele kleinere Unternehmen, die zwar gute Ideen, aber keinen Track-Record haben, durchs Raster. Wäre man stattdessen bereit, bei einem Anteil solcher Projekte auch mal einen anderen Weg einzuschlagen, könnte man wahrscheinlich echte Erneuerung in den Staat reinbringen. Das wäre eine Win-Win-Situation und der Staat würde , auch und gerade zum Wohle der Bürger, dabei Know-how in digitalen Fragen aufbauen. Und deswegen glaube ich auch, dass ein Digitalausschuss und eine zuständige Person der Bundesregierung neben Koordination auch ein kleines aber feines Budget braucht, über das er frei entscheiden kann, um beispielsweise neue Konzepte in der Verwaltung auszuprobieren.

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INTERVIEW

Bayaz will den Dialog zwischen Startups und Politik fördern.

Ein offenes Land und eine innovative Gesellschaft, das gehört zusammen del eine wichtige Währung. Aber man kann derartige Technologien auch sinnvoll einsetzen, wie die Stadtwerke in Wuppertal zeigen. Dort hat man eine Blockchain-basierte Börse institutionalisiert, bei der Nutzer ihren dezentral erzeugten Strom miteinander tauschen können. Aus grüner Sicht ist das sehr unterstützenswert, da hier die dezentrale Energiewende durch einen dezentralen Abrechnungsmechanismus ergänzt wird. Wir als Opposition, aber auch die Szene und die Gesellschaft, müssen Konzepte einfordern. Und die Regierung muss mit einem klaren ordnungspolitischen Rahmen die Freiräume dafür schaffen, damit Innovationen hier entstehen können.

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Wohin wird uns der Umbruch in der Gesellschaft führen? Gibt es so etwas wie ein parteiübergreifendes gemeinsames Bild von der Zukunft? Über ein großes Spektrum von Themen haben wir einen Konsens hinsichtlich der politischen Ziele: Es geht um sozialen Zusammenhalt, die Einhaltung der Klimaziele durch ökologische Modernisierung oder etwa auch, dass wir den Krebs besiegen wollen. Die Frage ist nur, wie wir dahin kommen. Ein offenes Land und eine innovative Gesellschaft gehören ein Stück weit zusammen. Das tangiert natürlich auch viele soziale Fragen. Für die gesellschaftliche Entwicklung ist wichtig, die Auswirkungen neuer Technologien wie Internet der Dinge, künstlicher Intelligenz oder Big Data zu verstehen, die alle ein disruptives Potential haben. Wir wissen zwar nicht genau, welche Branchen wann besonders betroffen sind, aber es ist klar, dass ganze Geschäftsmodelle quasi von heute auf morgen aus dem Markt gedrängt werden können. Und ich glaube, dass unsere Wirtschaft da ein bisschen weiter ist als die Politik. Als Standort “Made in Germany” sind wir eine der innovativsten Regionen weltweit und das wollen wir auch bleiben. Deswegen gehören diese Themen auf die politische Tagesordnung. Zu einem wirtschaftlich erfolgreichen Staat gehört übrigens auch eine gesunde Gründerkultur. Im Weltbankbericht vom vergangenen Jahr war Deutschland in Sachen Gründungsfreundlichkeit auf Platz 113. Für Jamaika hatten wir da einige gute Dinge wie Gründerstipendien verhandelt, damit Gründer sich nicht täglich sorgen müssen, wie sie ihre Miete zahlen können. Sie gehen immerhin ein Risiko ein, dass sich letztlich für die gesamte Gesellschaft lohnen kann. Wir möchten es fördern, dass Menschen mit guten Ideen diese auch ausprobieren können. Gestaltet man also oder wird man gestaltet? Je länger man wartet, umso größer ist ja die Gefahr, dass die Veränderung von außen kommt. Wie wir Globalisierung und Migration, klimatische und demographische Veränderungen oderdie technologische Entwicklung der vierten industriellen Re-

Foto: Franziska Turner

Wäre das innovativ oder ist es nicht schon eine Selbstverständlichkeit? Man würde sich eigentlich wünschen, dass Themen wie Blockchain die Debatte in der Regierung beherrschen. Das Thema könnte die gesamte Verwaltung und unser Steuersystem revolutionieren. Ich würde da unterscheiden. Die eine Frage ist, wie wir unser Steuersystem und unsere Steuerverwaltung digital modernisieren. Wo können wir effektiver sein? Ich bin großer Fan unseres Föderalismus, aber da stehen sich unser Föderalismus und unsere Steuerverwaltung manchmal selbst im Weg. Beim Thema Blockchain gibt es durchaus noch Fragezeichen, etwa beim Datenschutz. Vertrauen ist beim digitalen Wan-


INTERVIEW FACTORY volution gestalten, das sind die zentralen Fragen der Politik in den nächsten 20 Jahren. Man weiß nicht, was am Ende kommt. Auch ich kenne nicht alle Antworten. Aber der erste Schritt in diese Arbeitswelt 4.0 sollte nicht die Diskussion um ein bedingungsloses Grundeinkommen sein, sondern dass möglichst lange möglichst viele Menschen eine gute und sinnvolle Arbeit finden. Die Frage wird sein, wie wir diesen Prozess gestalten. Das hat auch viel mit Investitionen in Aus- und Weiterbildung und sich verändernden Berufsbildern zu tun, aber auch damit, den Umgang mit digitalen Medien schon in der Grundschule zu sensibilisieren und seriös auf die Tagesordnung zu setzen. Das ist ein großes Thema für die Regierung. Und natürlich muss sich auch das Erfolgsmodell der dualen Ausbildung flexibilisieren. Trotzdem kann es ja sein, dass es für bestimmte Berufsfelder keinen Platz mehr gibt und diese Menschen dann unzufrieden werden. Müsste man diesen Problemen nicht proaktiv begegnen? Wenn etwas erst mal zum Problem geworden ist, ist es in der Regel zu spät. Wir müssen uns fragen, welche Branchen am ehesten von dieser Dynamik betroffen sind: Das werden nicht nur einfache Tätigkeiten sein, sondern auch vermehrt Anwälte oder Angestellte beispielsweise in einer Bank. Das ist jetzt wirklich eine interessante Phase, in der wir uns befinden. Hier sind sowohl Arbeitnehmer, Arbeitgeber aber auch die Bundesagentur für Arbeit gefragt. Wir haben gut gefüllte soziale Kassen. Wollen wir das Geld nicht nehmen und beispielsweise in Fortbildung investieren statt jetzt den Arbeitslosenbeitrag zu senken? Aber grundsätzlich: Fatalismus ist fehl am Platz. Manche Jobs verschwinden, andere entstehen neu, so war es auch bislang. Wie wir aber Arbeit sinnvoll organisieren und verteilen, das entscheiden wir als Gesellschaft. Das ist kein Naturgesetz. Dass Maschinen die trivialen Tätigkeiten übernehmen und wir mehr Zeit haben Mensch zu sein, ist ja eigentlich kein schlechtes Bild, oder? Das Problem ist, dass wir in Deutschland gerade eher über PkW-Maut sprechen als über wirkliche Zu-

kunftsfragen. Meines Erachtens müssen wir mehr auf 2030, 2040 schauen und nicht nur darauf, was wir in der Legislatur abarbeiten können. Es geht darum, die kurzfristig die richtigen Rahmenbedingungen, gerade in der ökologischen Frage, zu schaffen, damit der Fortschritt langfristig in die richtige Richtung geht.

Im vergangenen Jahr war Deutschland in Sachen Gründungsfreundlichkeit auf Platz 113 In welchen Punkten der Digitalisierung unterscheiden sich eigentlich die Standpunkte der Grünen von den politischen Kontrahenten? Nehmen wir mal das Wahlplakat von der FDP „Digital first, Bedenken second“. Das ist doch etwas arg unterkomplex, oder? Ich glaube nicht, dass wir blind Innovationen verfolgen sollten und am Ende schauen, ob es funktioniert. Rapid-Prototyping einerseits und die langen Linien mit sozialen und auch ethischenFragen müssen sich die Balance halten. Und das andere ist die ganze ökologische Frage: Bei den Clean-Tech-Startups passiert ja unheimlich viel. Die Politik muss dafür klare Ziele setzen und Rahmenbedingungen schaffen, im Sinne eines grünen Ludwig Erhard: Ein effizienter Umgang mit Ressourcen. Ein klares Bekenntnis zur Energiewende. Ein Finanzmarkt, der der Realwirtschaft dient und eine nachhaltige Entwicklung fördert.“ Das ist ja nicht nur Interesse der Grünen, sondern sollte im Interesse von uns allen liegen, unsere natürlichen Lebensgrundlagen zu bewahren. Da bin ich ganz konservativ.

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Fahrradmarkt in Bewegung Ein Mega-Trend startet durch: Geplante Investitionen bieten tolle Chancen für neue Ideen.

Aufsteigen und Abheben: Der Fahrradmarkt überschlägt sich derzeit mit neuen Geschäftsideen.

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Fotos: Keagan Henman/Unsplash

Von Laura Bährs


MOBILITÄT Vor ungefähr 200 Jahren setzte sich der Erfinder des Fahrrads zum ersten Mal in den Sattel. Doch es sollte nicht bei dieser einen Revolution bleiben, denn abgesehen von den beiden Rädern, die den Fahrer voranbringen hat sich so gut wie alles am herkömmlichen Modell verändert – noch ist kein Ende in Sicht. Radfahren macht glücklich Es kann so einfach sein, die Welt ein wenig besser zu machen, wenn man nur ordentlich in die Pedale tritt. Das Fahrrad als umweltfreundlichstes Verkehrsmittel ist nicht nur emissionsfrei, sondern auch noch gesundheitsfördernd, kostengünstig aber trotzdem effizient. Laut Zukunftsforscher Matthias Horx ist das Fahrrad ein Megatrend, dessen Schnittmenge gleich in vier Trends liegt: „Erstens steigt die Nachfrage nach umweltfreundlichen Verkehrslösungen. Zweitens der Gesundheitstrend. Drittens der Holy-Tech-Trend: Neue, elegante Designlösungen machen Fahrräder ästhetisch und technisch anspruchsvoll. Und viertens: Convenience 2.0. In der verdichteten Großstadt sind Fahrräder einfach praktisch.“ Tatsächlich würde man pro Jahr durchschnittlich 350 Kilo Emissionen einsparen, wenn man jeden Tag mit dem Rad zur Arbeit fahren würde anstatt mit dem Auto – und das bei einem Weg unter fünf Kilometern. Laut WHO reicht diese Strecke täglich außerdem, um das Risiko von Herzund Kreislauferkrankungen um 50 Prozent zu senken. Radfahren ist geund, baut Stress ab und macht glücklich. Bessere Infrastruktur nötig Ganz so stressfrei, wie man es sich wünscht, ist das Radfahren leider noch nicht. Trotz des stärker werdenden Trends zum Radfahren scheitern die deutschen Städte daran, die nötige Infrastruktur bereitzustellen. Im Gegensatz zu Fahrradmetropolen wie Kopenhagen oder Wien sind deutsche Radwege teils zu gefährlich. In Berlin beispielsweise sorgt nicht nur das Kopfsteinpflaster für Kopfschmerzen, sondern auch die engen und ungesicherten Radwege. Fahrradfahrer werden oft geschnitten, dazu werden Radwege als zusätzliche Parkmöglichkeit angesehen, weswegen Radfahrer oft auf die Straße ausweichen müssen. Hinzu kommt die hohe Diebstahlquote bei Fahrrädern. 2016 wurden in Berlin über 34.000 Räder gestohlen. Während die Dunkelziffer sicher noch höher ist, liegt die Aufklärungsquote bei mickrigen 3,5 Prozent. Dabei gibt es Lösungsmöglichkeiten: So plant die niederländische Stadt Utrecht das größte Fahrradparkhaus der Welt, welches bis 2018 12.500 Fahrräder beherbergen soll. Auch in Berlin soll bis 2020 am Zehlendorfer S-Bahnhof ein Doppelstockparkhaus für Zweiräder stehen. Und im neuseeländischen Christchurch belohnt ein Geschäftsführer seine Mitarbeiter sogar mit fünf Dollar, wenn sie mit dem Rad zur Arbeit kommen. Statussymbol Rad Längst ist das Rad auch Statussymbol. „Früher hat man seinen Mercedes-Schlüssel auf den Tisch gelegt, während man heute sein schickes Fahrrad mit in den Meetingraum nimmt”, erklärt etwa Fahrradaktivist Heinrich Strößenreuther im Interview. Ähnlich verhält es sich mit teuren Gadgets. Kein Wunder, denn die Startups dieser Branche überschlagen sich mit Ideen und Innovationen. Sie alle wollen das Rad neu erfinden. Dazu wird nicht nur mit Ma-

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Abgefahren: Aber solange sich das Rad dreht, geht es weiter.

Radfahren ist schneller Erste Unternehmen machen sich die Vorteile des Fahrrads ebenfalls zunutze. Lieferketten wie Deliveroo und Foodora liefern ausschließlich auf Rädern aus - und auch die Berlin Valley wird im Berliner Stadtbereich von den Velogista-Kurieren per Elektro-Lastenrad ausgeliefert. Der Grund: Auf kurzen Strecken sind die Radkuriere nicht nur günstiger sondern auch schneller. Während das Münchner Same-Day-Delivery-Startup Tiramizoo mittlerweile doch auch Autos einsetzt, sendet Zalando seine Pakete mit dem Berliner Startup Hoard. Und auch Amazon schickt ausschließlich Radkuriere, wenn Prime Kunden innerhalb einer Stunde beliefert werden wollen. Allerdings auch nur dann. Diese Zahl würde steigen, so Strößenreuther, wenn Lieferdienste sich tatsächlich an die Straßenverkehrsordnung hal-

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ten und nicht in zweiter Reihe parken würden. Ein weiteres großes Geschäftsfeld ist die Sharing Economy. Hier erleben wir derzeit eine Invasion von Fahrrädern. Neben der Deutschen Bahn mit Lidl und Nextbike drängen jetzt auch asiatische Anbieter auf den Markt. Aber auch kleine Startups erfinden neue Modelle und Konzepte, häufig getrieben von unglaublichem Enthusiasmus. Leider läuft es nicht immer reibungslos. Verkehrsmittel der Zukunft Viele Startups verschwinden so schnell wie sie gekommen sind. Der Markt ist überladen und entwickelt sich in hoher Geschwindigkeit. Eine Hürde für die Startups liegt in der Tatsache, dass technik-basierte Innovationen eine lange, kostenintensive Anlaufphase haben. Das führt dazu, dass manche Startup-Unternehmer mit Hightech-Produkten wie das smarte Fahrradschloss 8lock oder das Designer-E-Bike Freygeist trotz Raketenstart eine Bruchlandung erleben. Anderen Startup wie beispielsweise fahrrad.de ist es gelungen, ein erfolgreiches Online-Geschäft aufzubauen. Und das, obwohl Kunden ein verhältnismäßig teures und individuelles Verkehrsmittel gerne vorher testen würden. Der Fahrradmarkt ist in Bewegung und entwickelt sich rasant. Im Vergleich zu 34.000 Elektroautos wurden im vergangenen Jahr laut Statista 720.000 E-Bikes verkauft. Und das obwohl Produktion und Verkauf von E-Bikes im Gegensatz zu elektronischen Autos nicht einmal staatlich gefördert wird. Von Seiten der Politik gibt es also noch einige Weichen zu stellen, um den Weg frei zu machen für das Rad als das Verkehrsmittel der Zukunft. Bedarf, Ideen und Lösungsvorschläge gibt es genug. Auf den folgenden Seiten stellen wir eine spannende Auswahl vor.

Fotos: Joshua Niedermayer / Unsplash

terial experimentiert, etwa mit Titan oder nachhaltigem Bambus. Das Startup Bowbike glaubt daran, dass der Rahmen eines futuristischen Rads bogenförmig sein sollte. Das spare Gewicht und verbessere die Zugkräfte. Dabei wird auch die Körperhaltung der Radfahrer hinterfragt. Ebenfalls noch nicht ausgereift ist der Antrieb, findet das Startup Möve aus Mühlhausen, das einen Antrieb erfunden hat, der die Tretleistung um 33 Prozent steigert. Das junge Unternehmen Cobi entwickelte das erste smarte Verbindungssystem zwischen Mobiltelefon und Rad, inklusive Navi, Alarmanlage und automatisiertem Lichtsystem. Neben dem großen Ganzen werden aber auch Einzelteile wie Reifen und Schläuche revolutioniert. Schluss mit Pannen und lästigem Schläuche-Flicken! Beim Design geht der Trend hin zu mehr Individualität. Designyourbike hat dies gleich zum Businessmodell gemacht.


Jetzt anmelden! 29. Mai 2018 Historisches Stadtbad Oderberger, Berlin

Von Konkurrenz über Kooperation zur Kollaboration Wer die Märkte der Zukunft erobern will, muss sich anpassen. Startups und Mittelständler haben ihre Stärken, um im Wettbewerb zu bestehen. Wie funktioniert das auch gemeinsam? – eine Lagebesprechung

Bildquelle: iStock_nerudol

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MOBILITÄT

Der E-Bike Markt boomt Unter Strom: In Deutschland wurden rund 1.000 Mal so viele E-Bikes verkauft wie Elektroautos. Wer setzt sich durch? Von Josefine Köhn-Haskins

200 E-Bike Hersteller in Deutschland Mittlerweile gibt es laut e-motion Technologies, Deutschlands größtem Zusammenschluss von unabhängigen Fachhändlern, über 200 E-Bike Hersteller. Dazu gehören auch große Unternehmen wie BMW oder

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Bosch, reine Fahrradmanufakturen greifen in Sachen Elektro häufig auf Zulieferer zurück, dessen Motoren sie dann in bestehende Modelle integrieren. Egal ob Trekking-, Stadt-, Renn-, Klapp- oder Lastenrad: Alle Modelle gibt es mittlerweile auch mit Elektroantrieb, wobei die meisten der heute angebotenen E-Bikes streng genommen Pedelecs sind. Bei diesen schaltet sich nämlich nur dann der Motor ein, wenn der Fahrer selbst in die Pedale tritt. Reine E-Bikes dagegen fahren auf Knopfdruck von alleine und sind daher - ab einer Geschwindigkeit von 18 Stundenkilometern - auch zulassungspflichtig. Daher werden sie grundsätzlich seltener angeboten. Neben den reinen E-Bikes selbst verlangt der boomende Markt auch eine bessere

Infrastruktur, etwa durch entsprechende Ladestationen. Die Startup-Szene ist sogar noch einen Schritt weiter und entwickelt smarte Lösungen für mögliche neue Geschäftsfelder von E-Bikes und Lastenrad-Flotten. Players to watch: Urban X Urban X und Superpedestrian haben sozusagen das Rad neu erfunden: Beide Startups bieten durch das Auswechseln des Vor-, beziehungsweise Hinterrads die Möglichkeit, innerhalb von wenigen Minuten jedes Rad zum Pedelec umzufunktionieren. Das motorisierte Vorderrad von Urban X wiegt sieben Kilogramm und sorgt für eine Fahrgeschwindigkeit von bis zu 25

Fotos: Fazua

Alleine 2017 wurden laut Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) 720.000 E-Bikes verkauft, also 19 Prozent mehr als noch im Vorjahr. Langfristig hält der ZIV sogar einen Anteil der E-Bikes von 30 Prozent am gesamt Fahrradmarkt für möglich. Zahlreiche Startups und etablierte Unternehmen konkurrieren nun mit immer leichteren und schickeren Modellen, sowie innovativen Antriebssystemen im Rennen um Marktanteile.


MOBILITÄT FAHRRADSPECIAL / GESCHÄFTSMODELLE

Fast unsichtbar: Der Elektroantrieb von Fazua lässt sich superleicht in den Rahmen integrieren.

bis 30 Kilometern pro Stunde. Ab 299 Dollar können sich Unterstützer über Kickstarter ein Urban X-Rad vorbestellen. Das Rad kommt in vielen verschiedenen Größen und ist damit mit so ziemlich jedem Rad kompatibel. Bisher konnte das Startup aus New York 634.472 Dollar einsammeln. Superpedestrian Mit 1749 Euro etwas kostspieliger ist das Copenhagen Wheel von Superpedestrian. Unter diesem Namen hat das Startup aus Kopenhagen seinen Spin-off des bereits 2009 vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) entwickelten Umbaukits lizenziert und mit ein paar smarten Funktionen aufgepeppt. So reagiert das Wheel in Echtzeit, passt sich dem Fahrstil an und optimiert so Leistung und Geschwindigkeit. Abgesperrt wird natürlich per Android oder IOS. Außerdem überwacht ein SmartSense™ das Fahrumfeld. Fazua Mit 6,5 Millionen Kapital in einer weiteren Finanzierungsrunde Mitte März hat Fazua gute Chancen auch weiter ganz vorne mit im Rennen zu bleiben. Unternehmertum Venture Ca-

pital Partners investierte zusammen mit den bestehenden Investoren High-Tech Gründerfonds, Bayern Kapital, dem Wachstumsfonds Bayern sowie einigen Business Angels. Das 2013 in München gegründete Startup hat mit seinem innovativen evation-Antriebssystem nicht nur die Investoren überzeugt sondern auch namhafte Fahrradhersteller wie CUBE, Pinarello, Bianchi, Fantic und Focus, die den evation-Antrieb in ihre Serienprodukte integrieren. Erfolgskonzept sind zum einen das innovative Design, das den 3,3 Kilogramm leichten Akku und Motor nahezu unsichtbar ins Unterrohr integrieren lässt, zum anderen das natürliche Fahrgefühl. Denn trotz Elektroantrieb wird der Radfahrer sportlich gefordert. Comodule Mit IOT-Technologie revolutioniert Comodule die E-Bike-Branche. Das 2014 gegründete Startup mit Sitz in Berlin, Taipei (Taiwan) und Tallinn (Estand), hat mittlerweile mehrere smarte Anwendungen auf dem Markt, die von Navigations- und Diebstahlfunktionen per Smartphone-App bis hin zu einer cloudbasierten Analyse Plattform für CRM sowie

Produktentwicklung und Management von Light-electric-vehicle (LEV) Flotten reichen. Bevor das Team von Comodule auf dem E-Bike-Markt durchstartete sammelten sie Erfahrung beim Bau von Elektro-Rennwagen. Bike-Energy Ziel des österreichischen Startups Bike-Energy ist es, ein flächendeckendes Netz von Ladestationen für E-Bikes aufzubauen. Dazu entwickelten die Gründer, Rupert Stranger und Volkmar Schitter, eine mit mehreren Adaptern ausgestattete Station, an denen immerhin 80 Prozent der über 1500 verschiedenen Pedelec-Typen aufgeladen werden können - auf Wunsch auch umweltschonend mit Solarstrom. Die einfachste Ausführung kostet 4.409 Euro. Natürlich gibt es auch größere Stationen, die bis zu 30 Steckplätze bieten und auf Wunsch auch Elektroautos bedienen können. Robuste City Charger, schnelle Super Charger und Safety Charger, also eine Ladestation inklusive Schloss sind in Planung. Und die Nachfrage steigt: Alleine im vergangenen Jahr haben sich die Verkaufszahlen in Österreich und Deutschland verdoppelt.

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FREYGEIST MOBILITÄT

Schmuckstück: Auf der Eurobike war die Serie 2 von Freygeist ein echter Hingucker.

Fullstop mit Lerneffekt Gründer Martin Trink teilt seine sieben wichtigsten Learnings aus der Freygeist-Insolvenz. Das Gespräch führte Josefine Köhn-Haskins.

Danke Martin, dass du deine Learnings mit uns teilst. Freygeist war ja ein tolles Projekt und da stellt sich natürlich die Frage: Warum hat es nicht funktioniert? Stimmig war das Produkt auf jeden Fall. Wir haben einige Rekorde gebrochen: das besten Design am Markt (nicht meine Worte), 50 Prozent des Gewichts der damaligen Marktführer (Weltrekord Leistungsgewicht) und technische Innovationen, wie unsere App-Steuerung. Unser Ziel war es, Technologieführer zu sein. Weshalb das letztendlich nicht funktioniert hat, hängt von vielen Faktoren ab.

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Vorweg sollte ich auch anmerken, dass wir als Geschäftsführer abberufen worden sind. Als es zur Insolvenz kam, war keiner der Gründer mehr in der Geschäftsführung. Kannst du uns einige der Problem-Faktoren nennen? Wir hatten ja schon bei der Serie 1 viele Vorbestellungen, allerdings mussten wir uns dann mit einigen unerwarteten Umständen auseinandersetzen. Im Grunde war es eine Kombination aus Lieferschwierigkeiten, der Saisonalität des Deutschen Markts und dem Käuferverhalten. Wir haben zwar sofort nach dem Crowdfunding mit der Produktion begonnen, trotzdem gab es Schwierigkeiten. Auch wenn nur ein kleines Teil zu spät geliefert wird, steht ja alles still. Wir konnten zwar auf Ersatzsupplier zurückgreifen, aber das dauerte trotzdem länger. Und sobald wir nicht mehr liefern konnten, wurde storniert, weil die Kunden sich für den nächsten Sommer ein neues Modell versprochen haben.

Fotos: Martin Trink / Freygeist

Mit Freygeist brachten Martin Trink, Usama Assi und Stephan Hebenstreit das erste Designer E-Bike auf den Markt. Nach der erfolgreichen Crowd-Finanzierung in Höhe von 1,5 Millionen Euro auf Companisto startete das Team richtig durch bevor es im Oktober 2017 zur Vollbremsung kam. Martin Trink, der heute auch Konzernen und anderen Startups aus dem Mobilitybereich berät, teilte mit Berlin Valley seine Learnings.


MOBILITÄT Learning 1: Die richtige Vertriebsstruktur aufbauen Der unternehmerische Erfolg hängt von vielen Faktoren ab: Egal wie gut mein Produkt ist, wenn meine Zielgruppe nur beim Händler vor Ort kaufen will, ich aber nur Online vertreibe, dann habe ich keinen Erfolg. Ist man plötzlich gezwungen 50 bis 70 Prozent der kalkulierten Marge an einen Händler abzugeben, dann funktioniert der ganze Businessplan nicht mehr. Unsere Hypothese auf online Direktvertrieb zu setzen war gut, aber erst, als wir genügend stationäre Händler hatten. Die online Kunden wollten vor Ort einen Ansprechpartner und die Sicherheit, dass es Ersatzteile gibt. E-Bikes sind immer noch eine neue Technologie, gegenüber der Unsicherheit beim Käufer besteht. Learning 2: Produktentwicklung Es gab und gibt zahlreiche Nachbauten, Kopien und Nachahmer von Freygeist – von China bis Graz. Wenn man sich die Trends und Innovationen der letzten Jahre ansieht wird klar, dass Freygeist einen starken Einfluss auf den gesamten EU Markt hatte. Es besteht gar kein Zweifel, dass wir mit der ersten wie der zweiten Modellreihe Marktführer im Bereich Design und Pedelec Technologie waren. Trotzdem haben wir Fehler gemacht. Ich habe ja die Produktentwicklung geleitet, mich dabei auf mein Talent verlassen und alles bis ins kleinste Detail ausgearbeitet. Das war einerseits gut, wir haben ein Marktsegment neu definiert. Andererseits hat es uns hunderte Kunden im ersten Jahr gekostet, weil ich nicht gleich auf Kundenanforderungen eingehen konnten. Wir wussten damals nicht, dass E-Bikes oft von Paaren gekauft werden, die zusammen Radfahren wollen und mit dem E-Bike Leistungsunterschiede ausgleichen. Dazu hätten wir auch gleich ein Damenmodell, also eine kleinere Rahmengröße gebraucht. Diese Scheuklappen, das war ein Fehler für den ich selbst primär verantwortlich war. Learning 3: Hardware ist Hart Generell ist es schwieriger im Hardware-Bereich mit einem Prototyp auf den Markt zu gehen und dann schnell breit zu produzieren. Denn ein technisches Produkt kann ich nicht drei, vier Mal ändern. Ich habe ja alle Teile schon gekauft, und damit einen hohen Vorfinanzierungsbedarf. Im Softwarebereich ist das anders. Da kann ich testen, was die Leute runter laden und für was sie bereit sind zu zahlen. Im Hardware-Bereich sind Vorbestellungen extrem schwierig. Potenzielle Kunden müssten mit 2.500 Euro in Vorkasse gehen - und geliefert wird erst sechs Monaten später. Das machen nicht viele. Hoher Vorfinanzierungsbedarf Immerhin haben wir aus den Kundenrückmeldungen zur Serie 1 viel gelernt. Gleichzeitig wollten wir der Konkurrenz technologisch wieder voraus sein. Also haben wir viel Geld investiert und dann unsere Serie 2 auch erfolgreich auf der Eurobike präsentiert. Das war nicht mehr so stark in den Medien, weil wir mit der Serie 2 mehr auf Fachhändler setzen wollten. Eine Entscheidung des neuen Geschäftsführers. Es gab viele Vorbestellungen. Ich kann nicht viel dazu sagen, aber die Konditionen, mit denen wir kalkuliert hatten, haben sich auf einmal verschlechtert. Es hat sich herausgestellt, dass der Vorfinanzierungsbedarf einfach immens viel höher gewesen war das wurde im Licht der Insolvenz deutlich.

Learning 4: Die richtigen Investoren Wenn man sich als Startup Investoren sucht, ist es wichtig, dass meine Mission, meine Ziele als Unternehmer mit denen des Investors übereinstimmen. In der Regel ist das Funding von Startups in der Frühphase noch einfach. Bei einer Summe von 100.000 bis 500.000 Euro kann man auf Angels zugehen, auf Inkubatoren und auch Crowdfunding ist möglich. Aber wenn es im nächsten Schritt, in der Series A oder B um mehrere Millionen geht, dann sind die Anforderungen der Investoren immens höher. Die Anforderungen werden mit jeder Runde höher Für einen Angel ist im nächsten Schritt wichtig, dass er sein Geld rauskriegt und die Gründer mit ihrer Vision erfolgreich sind - und da sind 2 Millionen Umsatz auf einem nationalen Markt nicht schlecht. Für einen Business Angel ist es kein so großes Problem wenn es kein Exit-Szenario gibt, er verkauft seine Anteile oder die Gründer kaufen sie zurück. Bei einem Venture sind die Erwartungen ganz anders, da ist die nächste Runde ein Dealbreaker. Die brauchen Startups im Portfolio, die ein hohes Ertragspotenzial haben, schnell hunderte Millionen wert werden müssen. Und das ist der Punkt, wo man aufpassen muss. Wir sind in der ersten Planungen von einem Szenario ausgegangen, in dem man sehr schnell einen Break even erreicht. Und Technologie braucht halt länger. Ein Zurück gab es dann nicht mehr? Da hatten wir als Gründer ja schon nicht mehr so hohe Anteile und zweitens haben wir das ja nicht für möglich gehalten, dass es bei so viel Marktnachfrage wirklich zur Insolvenz kommt. Dazu waren wir nicht mehr in der Geschäftsführung und hatten weder den vollen Einblick noch die Entscheidungsgewalt. Learning 5: Wer trifft die Entscheidungen? Das ist ein zweischneidige Sache. Einerseits ist es natürlich extrem hart als Gründer etwas aus der Hand zu geben. Andererseits, wenn die Gesellschafteranteile so hoch sind, dass es bei Unstimmigkeiten zu Stillstand kommt, das wäre der Supergau. Da wollten wir lieber weitermachen, auch wenn es nicht ganz unsere Richtung war. Man will der Gesellschaft ja nicht schaden. Learning 6: Das richtige Team Nicht nur bei den Investoren muss man die richtigen Partner finden. Auch bei der Einstellung des Teams sind persönliche Faktoren wichtig. Ein Startup definiert sich durch die Menschen und wenn die nicht wirklich daran glauben, dann funktioniert das nicht. Viele Startup-Gründer schätzen das falsch ein und hoffen, dass sich Unstimmigkeiten mit der Zeit klären. Die Einstellung ist: Um Probleme kümmert man sich dann, wenn sie auftauchen. Das ist ein Fehler, der einem später auf den Kopf fällt. Learning 7: Gründen, ja oder nein? Wenn es passt, dann schon. Startup ist extrem hart, auch was das Privatleben angeht - und das Finanzielle. Man sollte es jedenfalls nicht tun, weil es gerade hip ist. Aber wenn man dran glaubt, dann macht das Spaß. Für mich ist wichtig, dass ich positive, soziale Veränderungen sehe, wie in Sachen Elektromobilität Aber gründen als Selbstzweck das mache ich nicht.

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MOBILITÄT

Sharing Economy: Freie Fahrt für Radverleihe Während sich Leihräder an jeder Straßenecke sammeln, bauen schlaue P2P-Anbieter neue Sharing-Apps für richtig coole Radler. Zusammengestellt von Josefine Köhn-Haskins und Laura Bährs

Sogar Apple ist schon aufgesprungen: Seit Mitte März können Apple Maps-User Leihfahrradstationen in 179 Städten finden. Klingt eigentlich praktisch - und auch der Schritt hin zur Sharing-Economy liegt im Trend. Doch die Konkurrenz ist hart. Und: Deutschlands Haushalte sind mit 73 Millionen Fahrrädern, so schätzt zumindest der Zweirad-Industrie-Verband (ZIV), gut ausgestattet.

Nextbike Das Leipziger Startup-Unternehmen ist mittlerweile in 50 deutschen Städten vertreten und betreibt aktuell in 24 Ländern ein öffentliches Fahrradverleihsystem. 2005 erhielt Nextbike den Zuschlag vom Senat und verdrängte immer mehr die bisher aus öffentlichen Mitteln geförderten rot-silbernen Leihräder der Deutsche-Bahn-Tochter DB Connect. Nextbike bietet vor allem stationsbasierte Systeme, telefonischen Kundendienst rund um die Uhr und lokale Serviceteams. nextbike.de

Donkey Republic Das Startup aus dem fahrradfreundlichen Kopenhagen ist mittlerweile in 40 europäischen Städten unterwegs, zweimal in Nordamerika und sogar in Mumbai. In Deutschland kann man die Donkeys in München und Berlin leihen Um die Räder weltweit nutzen zu können, braucht man eine Mitgliedschaft, diese kostet für City Tripper 10 Euro pro Jahr, für Commuter dann schon 10 Euro pro Monat. Natürlich kann man Zwischenstopps einlegen, aber zurückgebracht werden müssen die Donkey-Räder an einen in der App angezeigten Rückgabeort. donkey.bike

Mobike und Ofo Die silber-orange Flotte des chinesischen Anbieters erobert seit Herbst 2017 die Hauptstadt. Das im April 2016 gegründete Startup aus Shanghai ist mit über sieben Millionen Fahrrädern in 200 Städten mittlerweile der weltweit größte Anbieter von Leihrädern mit App-System. Doch die Konkurrenz steht schon in den Startlöchern: Ofo, ein weiterer Anbieter aus Asien hat im März von der Alibaba Gruppe 866 Millionen Dollar in finanzieller Starthilfe bekommen. mobike.com

Fotos: ListnRide

Wer nutzt die Leihangebote? Außerdem stellt sich mit dem wachsenden Leihrad-Chaos noch eine weitere Frage: Ist das eigentlich noch umweltfreundlich oder kämpfen die Städte bald mit tonnenweise Fahrrad-Müll? Und: Wer wird die weniger profitablen Randbezirke mit Leihfahrrädern ausstatten, damit Ausflügler nach der S-Bahn-Fahrt ins Grüne eine nahtlose Anbindung haben? Geschieht das nicht, so Verkehrs-Strategieberater Heinrich Strö-

ßenreuther, werde bei solchen Freizeitfahrten weiterhin das Auto um Längen vorne liegen - zu Lasten von Umwelt und Klima. Wem es beim Fahrradfahren nicht nur um Praktikalität, sondern auch um den Wind im Gesicht geht, der kann bei Peer-to-Peer Sharing-Anbietern wie ListnRide fündig werden und sich richtig schicke Räder leihen.

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MOBILITÄT Mobike wurde von Tencent, einem von Alibabas stärksten Konkurrenten finanziert. Gefunden und freigeschaltet werden die Bikes per App. Außerdem werden sie über ein GPS-fähiges Schloss mittels des unternehmensinternen Netzwerks getrackt. Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes wiesen die Sprecher von Mobike zurück, vielmehr könnten die Daten „mit Stadtplanern gemeinsam genutzt werden, um die Standortplanung für intelligente Radverkehrsinfrastruktur und die damit zusammenhängende Stadtplanung zu unterstützen.“ ofo.com

BYKE Der ehemalige Rakuten CSO Christian Macht ist mit der Mobility Firma Byke durchgestartet. In quietschgelben und blauen Farben gibt es das Rad bis jetzt in Berlin, Frankfurt und im Ruhrgebiet. Bei diesem Modell wird man für das Radfahren sogar ein wenig belohnt, denn je mehr man einzahlt desto mehr Bonus bekommt man. Die Kontoerstellung ist ebenfalls kostenlos, man zahlt nur wenn man auch fährt. byke.de

Deutsche Bahn In Berlin: Deutsche Bahn und Lidl Die silber-rote Flotte der Deutschen Bahn ist derzeit in 50 deutschen Städten vertreten. Außerdem werden Firmen-Kooperationen angestrebt. So bieten bereits BMW und die Commerzbank ihrer Belegschaft Call-a-Bike-Verleihsysteme auf dem Firmengelände an. In Berlin will die Bahn gemeinsam mit Lidl dem Konkurrenten Nextbike einholen. Die gemeinsamen Fahrräder sind silbern mit grünem Branding. Etwas verwirrend ist, dass für die als Lidl-Bikes ausgewiesenen Leihräder der Flotte etwas höhere Kosten für Kurzstrecken anfallen. So punkten Call-a-Bike-Leihräder damit, dass sich App-Nutzer die erste halbe Stunde gratis sichern können. lidl-bike.de/callabike-interaktiv.de In Hamburg: Hamburger Stadtrad Kunden die Callbike nutzen dürfen auch das Hamburger Stadtrad nutzen - und umgekehrt. Schon seit 2009 gibt es durch den Betreiber Deutsche Bahn die Möglichkeit das Hamburger Stadtrad auszuleihen. Die Nachfrage war so groß, dass sich das Netz der Ser-

vicestationen von der Innenstadt aus immer mehr in die äußeren Bezirke weitete und seit 2015 alle sieben beinhaltet. Das Modell ist nach Kundenzahlen das erfolgreichste Fahrradverleihsystem Deutschlands und im Januar 2012 für den Deutschen Fahrradpreis nominiert worden. Das Stadtrad kann nur an Servicestationen ausgeliehen und abgegeben werden. Dort identifiziert man sich mit seiner Kundenkarte, die man sich sogar als Schlüsselanhänger bestellen kann. Falls diese Technik mal nicht mitmacht, kann auch per Telefon ein Rad ausgeliehen werden. stadtrad.hamburg.de

Listnride Auf der Plattform ListnRide lässt sich sowohl ein eigenes Fahrrad listen als auch ein Fahrrad ausleihen. Es lässt sich nach Ort (bisher in europäischen Städten) und Fahrradtyp filtern und ist somit auch für speziellere Anfragen wie Mountainbikes oder Rennräder gedacht. Das Angebot lohnt sich richtig, wenn man teure Modelle wie diese nur unregelmäßig benutzt und ein eigenes Rad die meiste Zeit im Keller stehen würde. Nachdem man sich das Rad ausgesucht hat, muss man dieses nur noch abholen - und später natürlich unversehrt zurück bringen. Als Vermieter hat man es besonders einfach, ähnlich wie bei Airbnb kann man den Mieter nämlich auch ablehnen. Falls nicht, verdient man Geld, während ein anderer ordentlich in die Pedale tritt. listnride.com

Dienst

Preise

Nextbike

30 Minuten: 1 Euro pro Tag: 9 Euro Jahresabo: 48 Euro

Donkey Bike Citytripper

Mitgliedsbeitrag pro Jahr: 10 Euro 30 Minuten: 0,94 Euro 12 Stunden: 6,38 Euro

Donkey Bike Commuter

Mitgliedsbeitrag pro Monat: 10 Euro 30 Minuten: 0,63 Euro 12 Stunden: 4,25 Euro

Mobike und Ofo

20 Minuten: 1 Euro Plus: Bonus-Kredite für verkehrssicheres Fahren

Open Source Bike Share

Domain und Web Hosting für die Community: 20 Euro pro Jahr Integriertes SMS-System: 140 Euro/Jahr plus 0,03 Cents/SMS zur Verfügung gestellte Leihräder: 50 Euro

Deutsche Bahn/ Lidlbike: Berlin

Ausleihen per App oder Telefonanruf. pro Tag: 15 Euro Jahresgebühr: 49 Euro Monatsgebühr: 9 Euro

Deutsche Bahn Hamburg

Erste halbe Stunde umsonst. Ab der 31. Minute 8 Cent pro Minute. pro Tag: 12 Euro Vergünstigungen für HVV Abonnenten und BahnCard Besitzer

ListnRide

Hier bestimmt der Mieter individuell die Bedingungen des Fahrradverleihs.

BYKE

30 Minuten: 0,50 Euro pro Tag: 3 Euro pro Monat: 10-15 Euro Jahresabo: 50 Euro

Open Source Bike Share Dieses Systems ist am besten geeignet für kleine Gemeinschaften, Universitäten oder Firmen. Das besondere an diesem Modell ist, das jeder ein eigenes Bike-Sharing System für seine individuelle Bedürfnisse erstellen kann. Denn man kann die Benutzereinstellungen im Falle eines Campus Bike-Sharing zum Beispiel beschränken auf Kommilitonen und Professoren. Das Rad kann mit einem QRCode, der App oder per SMS ausgeliehen werden. Es ist sowohl für den privaten als auch den kommerziellen Gebrauch geeignet. opensourcebikeshare.com

Wind im Rücken: Auf ListnRide können Fahrradfans die neuesten Modelle miteinander teilen.

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MOBILITÄT

Ein Mann, ein Rad, ein Wort Die Visionen von Radaktivist Heinrich Strößenreuther sind real. Im Interview erzählt er, weshalb die Umsetzung trotzdem problematisch ist. Das Gespräch führte Josefine Köhn-Haskins.

Herr Strößenreuther, wie sind sie heute zur Arbeit gefahren? Jetzt haben sie mich erwischt. Diesmal bin ich tatsächlich mit dem Auto gefahren, das liegt aber daran, weil ich einiges transportieren musste - und morgen in den Urlaub fahre. Allerdings habe ich selbst kein eigenes Auto, sondern nutze Car-Sharing. Wohin wird sich der Verkehrssituation entwickeln? Wird es irgendwann gar keine Autos mehr in der Innenstadt geben? Genau das ist das Problem, dass ich bestehende Strukturen hineinbauen muss. Man kann nichts für den Radverkehr tun, ohne dem Autoverkehr Flächen zu entziehen. Kurzfristig kann das natürlich mehr Stau oder weniger Parkplätze bedeuten. Mittelfristig - und das ist die Idee der Verkehrswende - werden Straßen und Städte entlastet, indem immer mehr Leute vom Auto aufs Rad umsteigen. Und wie wollen Sie das erreichen? Zuerst einmal muss ich Radfahren sicher machen, damit auch die Ängstlichen umsteigen. Und Radfahren muss schnell sein, das heißt wir brauchen zwei Meter breite Radwege, Radschnellwege für den Pendelverkehr und grüne Wellen für Radfahrer. Dazu haben wir 10 Ziele in unserem Volksentscheid festgelegt. Übrigens dem schnellsten Volksentscheid Berlins, in nur 3,5 Wochen haben wir 105.425 Unterschriften gesammelt - und dann noch 2017 gemeinsam mit dem rot-grünen

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Senat ein Radgesetz erarbeitet. Um die Umsetzung auf politischer Ebene voranzutreiben, hat Changing Cities, der Verein des Entscheids, 12 Bezirksgruppen gegründet, die direkt mit den Abgeordneten und Bezirksräten sprechen. Wie erklären sie sich den langfristigen Erfolg des Volksentscheids Fahrrad? Es gab einen „politischen Markt“, ein Top-Gründerteam und ein „Produkt“, dass schnell aus der Seed-Phase heraus skalierte. Wenn sie so wollen ist Changing Cities ein per-excellence-Beispiel für eine political-entrepreneur-Startup-Gründung. Mit unserem Longtail-Business-Modell, nämlich über Mitgliedsbeiträge für den Verein, konnten wir langfristig ein Büroteam finanzieren. Tatsächlich haben wir den Eindruck, dass das Signal dieser Initiative Volksentscheid Fahrrad inzwischen weit über Berlin hinausgeht. In mehreren weiteren deutschen Städten gibt es mittlerweile ähnliche Bestrebungen, etwa in Bamberg und Darmstadt und Hamburg. Laut ihrer eigenen Aussage könnte es in Berlin bis Ende diesen Jahres ein stadtweites Radwegenetz geben. Ich glaube selbst nicht dran, aber ich wiederhole es ganz oft, weil es möglich ist. Denn dazu müssten im Prinzip nur die Flächen umverteilt werden, so dass die Autos nicht direkt am Gehsteig parken. Es müsste also zwischen Straße und Gehweg ein Radweg ausgewiesen werden. Die parkende Autos würden dann eine Barriere zur Straße bilden und den Radfahrern Sicherheit bieten. Dazu müssten nur die bestehenden Markierungen übermalt werden, das wäre bis Ende des Jahres möglich und es würde grob gerechnet sechs Millionen Euro kosten, also sieben Euro pro Kilometer. Ein Witz im Vergleich dazu, was Berlin sonst für den Verkehr ausgibt. Allein beim BER fallen jeden Tag Stillstandskosten von einer Million an!

Immer voll auf Touren: Radaktivist Heinricht Strößenreuther fordert mehr Sicherheit auf Berlins Straßen.

Fotos: Changing Cities, Heinrich Strößenreuther

Heinrich Strößenreuther gilt als Fahrradaktivist im schwarzen Anzug. Heute ist der ehemaliger Greenpeace-Campaigner, Bundestags-Referent, Strategie-Berater, Interims-Geschäftsführer, Startup-Unternehmer, Business Angel und Initiator des Volksentscheids Fahrrad, der immer wieder mit radikalen Aktionen - teils sogar nackt - auf seine Ziele aufmerksam machte, wieder ganz seriös als Berater im Bereich Verkehrspolitik und CO2-Reduktion unterwegs


FAHRRADSPECIAL / INTERVIEW STRÖSSENREUTHER

#besserobenohne Von einem, der gegen die Helmpflicht auszog „Es ging um einen der Versuche Bundesverkehrsministeriums, die Helmpflicht einzuführen. Und da weiß man zwei Dinge. Eins: Der Radverkehr wird geringer, weil die Leute es als gefährlich empfinden. Zwei: Je mehr Leute Rad fahren, desto mehr gewöhnen sich die Autofahrer daran. Und: Studien in Großbritannien zeigen, dass Radfahrer mit Helm enger geschnitten werden. Das heißt: Der Helm verschlechtert die Sicherheit für alle. Im Rahmen der ersten Helm-Debatte habe ich dann mal die Helmpflicht für Autofahrer gefordert, weil viereinhalb mehr Autofahrer an Kopfverletzungen sterben als Radfahrer. Dann kam die #DankHelm Kampagne des Bundesverkehrsministerium. Spontan haben sich ein Kumpel und ich während des Eröffnungsvortrags beim Nationalen Radverkehrskongress nackt vor dieses Darth Vader-Plakat gestellt und den Hashtag umgedreht. Alle waren drinnen und wir sind schnell rausgeschossen, haben das Ding gemacht und nach einer Stunde wusste das jeder: eine fünf Milliarden teure PR-Kampagne geschreddert bevor sie losging.“

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MOBILITÄT

Mehr Sicherheit für Radfahrer: Ein Thema, das den bisher erfolgreichsten Volksentscheid Berlins in Fahrt brachte..

Haben Sie konkrete Zahlen? Um die von der Bundesregierung vor Jahren beschlossene 40 Prozent CO2-Reduktion zu schaffen, müssten die Pkw-Alleine-Fahrer 50 Prozent ihrer Fahrten mit dem Rad, in der Kombi Rad und ÖPNV oder als Mitfahrer zurücklegen. Detailliert können sie

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sich das für ihre Stadt auch mit unserem Verkehrswenderechner ausrechnen. Welche Rolle spielt Elektromobilität? Was Elektromobilität angeht, ist das Fahrrad der Erfolgsschlager – im Gegensatz zum Elektroauto. In Deutschland gibt es heute an die 3,5 Millionen E-Bikes im Vergleich zu 34.000 Elektroautos. Es macht Sinn, wenn eine technische Entwicklung vom Kleinen zum Großen geht. Beispiel Grovian: Diese Riesen-Windenergieanlage aus den 70er-Jahren musste nach 42 Tagen wieder abgebaut werden. Das Gleiche passiert im Bereich Elektromobilität. Bei einem Auto habe ich 1,5 Tonnen Todmasse um 100 Kilo Lebendmasse zu transportieren – ein idiotisches Verhältnis. Wenn ich jetzt beim Fahrrad anfange und zunehmend weitere Einsatzbereiche erschließe, wie Elektrolastenrad oder Schwerlastenfahrrad oder einen elektrogetriebenen Anhänger dazu baue, dann komme ich zu Drei- und Vier-Sitzern, in denen ich unsere Senioren mit Tempo 25 durch die Stadt transportieren kann.

Das ist also ein riesen Markt? Ja, das glaube ich schon - zuerst wurde der E-Bike Markt ja sehr stark von älteren Leute getrieben, die es für Wochenendausflüge genutzt haben, jetzt sind es zunehmend Berufstätige im mittleren Alter, die ihr Auto stehen lassen und über große Strecken in die Stadt pendeln, weil ich halt einfach eine andere Reisegeschwindigkeit habe. Mit dem E-Bike weiten sie die Fahrweite eines durchschnittlichen Radfahrers von heute 5,5 Kilometer auf über 12 Kilometer aus. Und wenn ich jetzt die Radschnellwege von unserem Radverkehrsgesetz dazu bekommen kann ich über etliche Kilometer fahren ohne Ampel mit hoher Durchschnittsgeschwindigkeit. Dann lohnt sich das Umsteigen! Ja. Dazu kommt: Fahrradfahren ist gesund, hält fit - und ist hipp. Die Idee von Statussymbol ändert sich gerade. Früher hat man seinen Mercedes-Schlüssel auf den Tisch gelegt, und heute, da habe ich mein schickes Fahrrad draußen stehen.

Fotos: Changing Cities

Und trotzdem: Neben Sicherheitsbedenken und fehlenden Radwegen gibt es noch 100 andere Ausreden, warum ich doch lieber Auto statt Fahrrad fahre. Die total überzeugten Autofahrer kriegt man wohl tatsächlich nicht geknackt. Und wenn ich mit Großfamilie und sperrigem Gepäck unterwegs bin oder körperlich nicht fit genug - dann ist das auch geschenkt. Aber 50 Prozent aller PKW-Fahrten sind unter fünf Kilometer - und das ist absolut zumutbar. Wenn wir es schaffen die Hälfte von diesen Wegen aus dem Auto raus aufs Fahrrad zu holen, haben wir viel gewonnen: fürs Klima, für den Verkehrslärm und für eine schönere Stadt.



MOBILITÄT

Voll in Fahrt: Lieferdienste Lieferdienste per Rad sind schnell, effizient und umweltfreundlich. Und es gibt immer mehr Geschäftsideen für das Transportmittel der Zukunft. Zusammengestellt von Josefine Köhn-Haskins und Laura Bährs

Lastenrad für alle Fälle: Das Chike hat ein Lastenvolumen von 200 Litern.

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Lobby für Rad-Kurierdienste wächst Auch im Food-Bereich ist das Geschäftsmodell Fahrradkurier beliebt. Laut Statista wurden 2015 europaweit über 830 Millionen Euro in Lebensmittel-Lieferservice-Startups investiert. In Berlin prägen die pinken oder türkisen Rucksäcken der Essenslieferanten das Stadtbild. Laut Verbrauchs- und Medienanalyse VuMA bestellen jeden Monat über 19 Millionen Menschen in Deutschland jeden Monat ein- oder mehrmals Essen bei einem Lieferservice. Und so fahren die Kuriere egal wie schlecht das Wetter ist. Allerdings sind viele nicht mehr wirklich zufrieden mit den Bedingungen. Foodora-Kuriere protestierten dieses Jahr schon einmal für mehr Lohn und auch Geld zur Reparatur der persönlichen gestellten Fahrräder. Das Ergebnis ist eine Kooperation mit LiveCycle. Pro Stunde erhalten Foodora-Kuriere nun eine Gutschrift in Höhe von 25 Cent für den Pannen-Reparaturservice, der ebenfalls auf zwei Rädern unterwegs ist. Unterstützung für die CO2-freie Logistik der letzten Meile kommt auch von europäischer Ebene. Ziel des von der EU geförderten Projekt YCLElogistics, das mittlerweile rund 300 Mitglieder zählt: Eine Lobby für Fahrradlasten-Kuriere zu etablieren. Zum nächsten großen Symposium wird am 18. April nach Berlin eingeladen.

Fotos: Rytle, Fair Food Bike/Carina Adam, Chike

Den Wind im Gesicht sausen sie durch die Städte. Fahrradkuriere sind cool – und werden immer beliebter. Neue Lastenfahrrad-Modelle und motorbetriebene Anhänger bieten ganz neue Chancen für den Kurierdienst auf zwei Rädern. Ein weiteres Plus sind Umweltschutz und das Wegfallen der zeitraubenden Parkplatzsuche. Das Modell schreibt Geschichte und hat Zukunft: PIN Kuriere stellen bereits seit 1999 mit ihren grünen Rädern schnell und umweltfreundlich Briefe zu. Was mit fünf Beschäftigten begann, ist heute ein Unternehmen mit 1.300 Mitarbeitern und täglich bis zu 750.000 Sendungen. Auch die Deutsche Post liefert per Rad und der DHL startete 2017 ein Pilotprojekt bei dem Kuriere mit speziell dafür entwickelten DHL-Cubicycles Lastenrädern ausgestattet wurden. Bis zu 90 Pakete können mit einem dieser Lastenräder transportiert werden. Gleichzeitig werden jährlich 16 Tonnen CO2 eingespart. Wir finden: Das macht Sinn – und liefern unsere Magazin in Berlin per Lastenfahrrad aus. Ein weiteres positives Beispiel ist die Stadt Karlsruhe. Hier kann man sich – gegen eine Gebühr von 3 Euro – neu ausgestellte Ausweise per Radkurier zustellen lassen. Ikea heuerte mit Fahrwerk einen Fahrradkurierdienst für Lieferungen in der Innenstadt an, Zalando und Airbnb arbeiten mit Hoard zusammen. Und selbst Amazon nutzt für Expresslieferungen an AmazonPrime-Kunden Fahrradkuriere ein, die unter einer Stunde liefern können. Und diesem online Giganten geht es dabei bestimmt nicht nur um den Umweltschutz.


FAHRRADSPECIAL / GESCHÄFTSMODELLE

Aufladen, bitte! Die Container der Lastenräder von Rytle sind leicht und flexibel.

Küche auf zwei Rädern: Das Fair Food Bike bringt Genüsse überallhin in die Stadt.

Startups to watch Rytle rytle.de Die Vision des Bremer Unternehmes Rytle ist eine Stadt, in der große Zustellfahrzeuge fast vollständig von Movrn ersetzt werden. Movr ist ein innovatives Lastenrad, das kombiniert mit Wechselcontainern im Leichtbau-Design und einer integrierten App-basierten Track&Trace Software ein ganzheitlich und voll vernetztes Konzept für emissionsfreien Transport in der Stadt bietet. Die Räder selbst werden von Speedliner Mobility in Bremen geliefert.

Hoard delivery.hoardspot.com Mit einer auf Radkurieren basierte Last-Mile-Logistik will das Berliner Startup Hoard seinen Beitrag für Umwelt und Gesellschaft leisten. Neben der Zustellung und Rücksendung von Online-Bestellungen für Unternehmen wie etwa Zalando, wird Hoard auch gerne für die Schlüsselübergabe bei Airbnb genutzt.

Tiramizoo www.tiramizoo.com/de/ 2013 ging Tiramizoo gemeinsam mit Mercedes und BMW erfolgreich mit einem Pilotprojekt für taggleiche Teillieferungen an den Start. Es folgte der Launch von DPD Now. Mittlerweile sind für die Same Day Delivery (SDD) von tiramizoo 3000 Kuriere in 160 Städten unterwegs. Das Powertool des Münchner Startups ist die skalierbare, automatisierbare Logistiklösung, die jeder Händler selbst auf seiner eigenen Website integrieren kann.

noch, denn außer von Menschenkraft wird es nur durch Solarstrom betrieben.

Flotte Lotte: Freie Lastenräder flotte-berlin.de Mit fLotte hat der Allgemeine Deutsche Fahrrad Club in Berlin den ersten kostenlosen Lastfahrradverleih in Berlin gestartet. Das Prinzip ist einfach: Wer sich registriert hat, hat Zugriff auf den Buchungskalender, kann sich eintragen und dann seine flotte Lotte vor Ort abholen. Übrigens sind „Freie Lastenräder“ mittlerweile zu einer breiten Bewegung geworden: Laut ADFC sind die Flotten derzeit in 40 deutschen Städten im Einsatz. Meist stehen sie an Biomärkten oder Kiezeinrichtungen und werden vom örtlichen ADFC unterstützt. Mitradler und Sponsoren sind immer willkommen!

Chike chike.de Das Startup Chike aus Köln produziert Fahrräder für große Lasten. Die Ladefläche lässt sich für jeden Transport individuell ausrichten - und für jede Situation einfach umwandeln. Für die nötige Sicherheit sorgen die Tragegurte. Obwohl die Räder so kompakt gebaut sind, umfasst die Tragefläche mit der Umwandlung ein Tragevolumen von bis zu 200 Litern und ist daher auch zur kommerziellen Nutzung geeignet. Wem das Treten mit der Last zu anstrengend ist, kann sich außerdem für das E-Bike Modell entscheiden. Und für wen die Kinder auch eine Last sind, für den gibt es das Modell mit zwei Kindersitzen statt der Ladefläche.

Fairfoodbike

Kargon

fairfoodbike.com Das Fairfoodbike ist eine Küche auf zwei Rädern. Es ist ein klassisches Cargo Bike, ausgestattet mit professioneller Küchentechnik und einem schützenden Dach. Das Fahrrad sorgt für interessante Begegnungen an neuen Orten, wenn Menschen zusammenkommen, um zu essen. Ob Festivals, Messen oder Schulveranstaltungen, das Fairfoodbike ist vielseitig anwendbar. Ökonomisch ist es auch

kargon.de Mit Kargon kommt ab April ein neuer Hersteller von Lastenfahrrädern auf den Markt. Das Team setzt beim Bau seiner Transporträder auf ein regionales Netzwerk an Zulieferern. Damit setzt das Darmstädter Unternehmen bereits auf “grün” bevor die Lastenräder überhaupt für Emissionsfreie Lieferungen auf Deutschlands Straßen eingesetzt werden.

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Innovativ, nachhaltig, kompakt oder effektiv? Innovative Modelle für Individualisten. Zusammengestellt von Laura Bährs und Lotta Träger

Innovataiv: Smacircle smacircle.com Die Vision der Smacircle Erfinder ist es, das kreativste und innovativste Unternehmen im Bereich Stadtverkehr zu werden. Mit ihrem Modell S1 haben sie einen ersten Schritt in die Richtung gemacht. Das faltbare E-Bike zeichnet sich durch sein geringes Gewicht und seine kleine Größe aus. Damit ist das Smacircle der ideale Alltagsbegleiter für die Großstadt.

Je bunter, desto besser designyourbike.de Ein absoluter Hingucker: DesignyourBike macht der Traum vom individuellen Fahrrad wahr. Auf der Website kann man sich sein Wunschrad farblich zusammenstellen. Dieses wird dann in Berlin von Hand zusammengeschraubt. Zum Schluss muss man nur noch die Sattelhöhe einstellen - und los geht’s.

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Fotos: Christian Hamann/URWAHN, Myboo, Smacircle Technologies, Design your bike

Design auf der Überholspur


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Stehend in den Pedalen

Fotos: Martin Mostert/Michael McInerny/Happareal Desings, Halfbikes

Fair: Rahmen aus Bambus

halfbikes.com Halfbikes haben nur den Kernantrieb des klassischen Fahrrads behalten und sonst alles verändert. Das Ergebnis ist eine völlig neue Bewegungs-Erfahrung. Denn der Fahrer steht während er in die Pedale tritt. Das fördert nicht nur den Gleichgewichtssinn sondern auch die Reflexe. Handgefertigt in Europa ist dieses Rad auch noch besonders kompakt und passt zusammenfalten in jeden Kofferraum.

my-boo.com Myboo ist die faire Alternative unter den Fahrrädern. Produziert wird aus nachhaltigem Bambus. Außerdem arbeitet das Social Startup aus Kiel mit einem sozialen Projekt in Ghana zusammen, welches Aktionen gegen die Jugendarbeitslosigkeit und Schulstipendien für Kinder in der Region realisiert. Durch den Bau und Verkauf der Fahrradrahmen ist das Projekt von Spenden unabhängig. Bambus selbst gehört zu den am schnellsten nachwachsenden Rohstoffen, gleichzeitig bindet er viel CO2. In der hauseigenen Manufaktur werden zwölf Modelle hergestellt, darunter sogar ein E-Bike.

Abgefahren: Design durch Reflektion happarelbicycles.berlin Das Berliner Startup Happarel Designs baut Fahrräder nach Vorstellung des Kunden. Das internationale Netzwerk von Herstellern und Händlern bietet eine vielfältige Auswahl an Fahrradrahmen und -teilen. Das Besondere daran ist aber das einzigartige reflektierende Design der Rahmen. Dafür muss man allerdings kein neues Rad kaufen, sondern kann auch sein altes “pimpen”! Selbst bei maßgeschneiderten Modellen kann das Startup ein reflektierendes Make-Over bieten. Für Radfahrer die es lieber einfacher mögen, gibt es auch einzelne Sticker-Pakete zu kaufen

Ästhetisch urwahnbikes.de Puristisch aber dennoch komfortabel: Das hat URWAHN verzichtet auf die herkömmlichen Rahmenbauweise und glänzt mit zeitlosem, innovativem Design. Durch die spezielle Aufhängung des Hinterrades werden die Unebenheiten der deutschen Straßen ideal kompensiert. Doch auch Tech-Liebhaber kommen mit eingebauten LEDs und einem GPS Tracking System voll auf ihre Kosten.


COOLE BIKES MOBILITÄT

Vom Ebay-Verkäufer zum Millionär Die Erfolgsgeschichte von fahrrad.de: CEO Markus Winter spricht über Potenziale und Herausforderungen des Online-Geschäfts. Das Gespräch führte Josefine Köhn-Haskins.

im ersten Jahr eine Umsatzverdoppelung kommen, damit das funktionieren konnte und er nicht privat nachschießen musste. Fahrrad.de ist tatsächlich einer der ersten E-Commerce Pioniere, die lange aus eigener Tasche finanziert wurden. 2014 gab es einen Tagesumsatz von einer Million Euro. Wie hoch sind die Umsätze heute?

2017 wurden in Summe mehr als 250 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftet. Neben organischem Wachstum haben auch Akquisitionen, wie Addnature und Probikeshop zum Wachstum beigetragen. Wir haben gezielt Zukäufe getätigt, die uns in unseren Kernsegmenten und insbesondere auch regional verstärken konnten. In welchen Märkten seid ihr erfolgreich?

Für alle Segmente ist Performance Marketing weiterhin das Brot-undButter-Geschäft 68

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Fotos: internetstores GmbH

Fahrrad.de ist eine unglaubliche Erfolgsgeschichte. Gründer René Köhler wurde damit vom Ebay-Verkäufer zum Millionär. Absolut richtig. Fahrrad.de ist auch nicht zu vergleichen mit einem fremdfinanzierten Startup. René hat damals die online Plattform aus dem Fahrradladen seines Vaters heraus gestartet – und später als klassischer Unternehmer noch privat gebürgt für sein erstes Logistikzentrum. Da musste dann


MOBILITÄT Unsere Kernmärkte sind DACH, Schweden und Frankreich. Mit unserer Tochter Addnature haben wir nicht nur eine führende Rolle im schwedischen Outdoor Markt, sondern konnten auch unsere Bike-Shops sehr gut positionieren und in wenigen Jahren zum Marktführer werden. Ähnliches zeichnet sich schon nach kurzer Zeit auch durch die lokale Unterstützung bei der Marktbearbeitung durch Probikeshop in Südeuropa ab. Wie hoch ist heute euer Anteil am deutschen Online-Bikemarkt? Tatsächlich ist der deutsche Markt stark fragmentiert. Es gibt nicht den einen großen Player, zumindest nicht in Deutschland, dafür viele kleine Läden um die Ecke. Jährlich werden deutschlandweit vier Millionen Fahrräder verkauft, davon zuletzt etwa 100.000 Räder über fahrrad.de, das sind rechnerisch gerade einmal vier Prozent. Im Rahmen einer Markenbekanntheitsumfrage haben wir jedoch festgestellt, dass fahrrad.de unterstützt die bekannteste Marke im deutschen Markt ist, vor zum Beispiel Bike Discount oder Fahrrad XXL. Spielt die Domain hier noch eine Rolle? Anfangs war die Domain fahrrad.de ein sehr großer Vorteil, auch weil sie sehr eingängig ist. Langfristig ergeben sich jedoch nicht nur Vorteile, da eine solche generi-

sche Marke nur als Wort-Bild-Marke schützbar ist. Dadurch können Wettbewerber die Marke bewerben. Langfristig ideal sind starke eigenständige, nicht-generische Markennamen, die man massiv mit Media aufladen kann. Zalando ist ein gutes Beispiel. Dennoch: In Deutschland ist fahrrad.de mittlerweile so bekannt, dass eine Anpassung sinnfrei wäre. International sind wir allerdings unter dem Markennamen Bikester gestartet, das funktioniert deswegen, weil die Märkte sowohl in Kunden und Kundenansprache überschneidungsfrei sind. Der Aufbau einer Marke ist im E-Commerce gut nach Märkten trennbar. Was sind die Learnings dahingehend, um langfristig am Markt erfolgreich zu sein? Wir wollen in unseren attraktiven Nischen in jedem Markt der dominante Spezialist sein. Grundsätzlich treten wir mit unseren Shops in jedem Markt in drei Segmenten auf: Outdoor, Bike Experte und Bike Fun & Family. Gerade für Bike ist es wichtig, dass wir unsere Zielgruppen differenziert ansprechen, etwa die Bike-Generalisten und die Bike-Experten. Gegenüber den Experten müssen wir absolut glaubwürdig auftreten, mit dem besten Sortiment. Content, Branding, Navigation müssen zu 100 Prozent auf den Kunden ausgerichtet sein. Der Experte kennt seine Teile und baut das Fahrrad Zuhause selbst

zusammen. Die Generalisten sind ein ganz anderer Kundentyp, die eher grundlegende Beratung brauchen. Für alle Segment ist Performance Marketing weiter das Brot-undButter-Geschäft, mittlerweile investieren wir aber auch erheblich in Markenkommunikation, zum Beispiel via Fernsehwerbung. Dabei gibt es in der Kommunikation nur teilweise Überschneidungen zwischen den Segmenten, so wird das Fahrrad-Expertensegment spitz in den relevanten Umfeldern beworben und die Generalisten dann sehr breit. Gab es Anlaufschwierigkeiten? Was waren bei der Gründung von Fahrrad.de die größten Stolpersteine? Fehler gehören in unserem Geschäft dazu, auch wenn alles perfekt geplant wurde. Ein großer Vorteil im E-Commerce ist, dass man die meisten Themen inkrementell testen kann. Aus dieser Logik heraus, haben wir uns ab und zu aber auch etwas zu langsam nach vorne getastet. Ein Beispiel: In den letzten drei, vier Jahren hat das E-Bike enorm geboomt, auch wir wachsen da gerade mit unglaublichen Raten. Allerdings ärgern wir uns, dass wir das nicht schon früher proaktiver angegangen sind. Ein nicht ausreichendes Sortiment kann man einfach nicht erfolgreich bewerben. Manchmal muss man hypothesengetrieben arbeiten und Geld auf eine strategische Option setzen, so wie frü-

Voll in Fahrt: Mit der Eigenproduktion der Votec-Modelle will fahrrad.de den Markt erobern.

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MOBILITÄT her, bevor man alles messen konnte. Ein anderes Beispiel für ein unternehmerisches Thema, das nicht funktioniert hat, ist fitness. de, das wir wieder geschlossen haben, da es nicht so attraktiv wie unser Kernmarkt war. Sollte Fitness.de nicht ursprünglich die saisonalen Schwankungen des Radmarktes ausgleichen? Unter anderem, ja. Die saisonalen Schwankungen sind im Fahrradgeschäft recht groß. Zwischen Januar und Juni liegt ein erheblicher Unterschied, in einigen Märkten bis Faktor vier. Anders zum Beispiel in Spanien, dort ist es – wegen des Klimas – deutlich ausgeglichener. Und im Outdoor Segment, gibt es mit Sommer und Winter zwei gleich starke Saisons. So haben

Eigenmarken erfordern heute immense Investitionen wir die saisonale Herausforderung zur Stärke gemacht, mittlerweile können wir besser als die meisten anderen unser Geschäft zwischen Winter und Sommer auszutarieren. Thema Logistik: Ist das eine große Herausforderung? Hier werden vor allem von Amazon die Standards im Sinne einer Mindestkundenerwartung gesetzt. Diese Standards sind für jede E-Commerce Firma ein Hygienekriterium, der Kunde erwartet beispielsweise die Lieferung am nächsten Tag. Wir versenden alle Bestellungen bis 16 Uhr noch am gleichen Tag, 95% erreichen den Kunden in Deutschland am nächsten Tag. Eine Same-Day-Delivery, die wir nicht anbieten, würde deutlich höhere Investitionen erfordern. Das wird vom Kunden auch nicht als Standard erwartet. Wir haben drei Kleinteilelager in Europa, in Schweden, Frankreich und Deutschland, von dort versenden wir in die regionalen Märkte. Für Fahrräder haben wir ein zentrales Lager. Der Grund: Für ein ganzes Fahrrad sind die Kunden bereit eine etwas längere Lieferfrist zu akzeptieren. Was ist mit Nachhaltigkeit, etwa Fahrräder mit dem Radkurier auszuliefern?

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Ich versuche mir das gerade bildlich vorzustellen, aber nein … Es ist aber beeindruckend zu sehen, wie viele Städte sich aktuell hin zu modernen Verkehrskonzepten wandeln. Spannend Ansätze gibt es viele, etwa werden mobile Bewegungsdaten von Radfahrern genutzt, um herauszufinden, wo ein Radweg gebraucht wird. In den nächsten fünf bis zehn Jahren werden sich die Städte Europas extrem verändern und fahrradfreundlicher werden. Für uns als E-Commerce-Unternehmen wird aber ein anderes Thema kurzfristig relevant, nämlich der VorOrt-Service für den Kunden: Wir werden dem Kunden die Wahl geben, ob er zu seiner Lieferung nach Hause noch einen Aufbau und eine professionelle Einstellung des Rades vom Experten hinzubestellen möchte. Das ist zwar schon heute nicht schwierig und dauert nur ein paar Minuten, aber es gibt den Teil der Kunden, die sich das nicht zutrauen. Warum also dem Kunden nicht jemanden zum Selbstkostenpreis vorbei schicken und mit einem extra Service punkten? Wo siehst du sonst noch Potenzial auf dem Fahrradmarkt? Wir sehen aktuelle eine große Zahl von Startups die starke Nischenkonzepte und technische Innovationen anbieten, Communities schaffen und vieles mehr. Wir sehen weniger neue Firmen, die auf reinen Produktverkauf zielen - der E-Commerce erfordert heute immense Investitionen. Auch Eigenmarken sind ein Potenzial, erfordern aber Invest in Zeit und Geld. Wir haben mit Votec eine Marke entwickelt, auf die wir sehr stolz sind. Das ist kein me-too-Produkt, sondern ein Produkt, das mit einem erheblichen Forschungsaufwand verbunden ist. Aber auch da sind wir mit auf Umsatzseite noch nicht ganz so weit, wie wir gerne wären. Der Aufbau einer Marke braucht Zeit, man etabliert sich über gute Kundenerfahrungen, Empfehlungen und Testgewinne und muss sich dem Wettbewerb der Konkurrenz stellen. Wo siehst du weiteres Potenzial für Internetstores? Wir gehen mit dem Markt - schauen uns neue Geschäftsmodelle an - dieses Jahr wird E-Bike eines unserer großen Themen. Ein anderes Thema ist die weitere Internationalisierung. Da arbeiten wir aus Berlin raus, aus unserem Internationalisierungshub. Je mehr ein Handelsunternehmen das Volumen anderer Märkte für die Skalierung nutzen kann, desto mehr können Investments in Team, Content und Strukturen getätigt werden.


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Radhelden Mit diesen Gadgets bist du sicher unterwegs. Von Lotta Träger

Radar: Varia Der Fahrrad Radar von Garmin ist ein wahres Multitalent. Er zeigt nicht nur an, wenn sich ein Autos nähert, sondern auch wie viele. Außerdem dient er als Rücklicht, das intensiver wird je näher die Autos kommen. Preis: 299 Euro, garmin.com

Fotos: Garmin, Bike Citizens, See.Sense, Lattis, Hammeehead, Internetstores GmbH

Handyhalterung: Finn Mit Finn kannst du dank Gummizug jedes Handy sicher und fest an jedem Fahrrad befestigen. Preis: 15 Euro, getfinn.com

Ellipse: Um dieses Schloss zu öffnen benötigst du lediglich dein Smartphone. Wenn das Fahrrad geklaut wird schlägt das Schloss Alarm und dank einer integrierten Solarzelle lädt es sich von selbst auf. Preis: 199 Dollar, lattis.io

Smarte Lampe: See.Sense Das intelligente Licht reagiert auf den Straßenverkehr und Lichtverhältnisse - und ruft bei einem Sturz die Bezugsperson an. Preis: 35 Pfund, seesense.cc

Vorauscheinend fahren Laserlicht Blaze: Sichtbarkeit ist beim Fahrradfahren essentiell:. Das Laserlight der Firma Blaze beamt ein Fahrrad auf die Straße, sodass man sogar im toten Winkel gesehen werden kann. Preis: 150 Euro, blaze.cc

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Weg vom Schreibtisch, rauf aufs Rad Beim deutschen Techbikers-Event werden Gelder für die internationale Hilfsorganisation World Bicycle Relief gesammelt. Von Jan Bechler und Lena Kleiner-Kalmer

Radfahren für Kinder in Sambia: Ein einfaches Fahrrad kann hier alles verändern.

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„Drop your laptop and get on your bike“ - das ist das Motto, unter dem sich seit 2012 regelmäßig einige Hamburger Internet-Unternehmer und Google-Mitarbeiter verabreden, ihre Büros verlassen und sich gemeinsam aufs Rennrad schwingen. Was zunächst nur als gemeinsame Rennrad-Touren am Freitagnachmittag begann, ist heute ein etabliertes Charity-Event, das seit sechs Jahren jedes Jahr 40 Mitglieder der deutschen und europäischen Tech-Szene zusammenbringt. Der Techbikers Germany Charity-Ride verbindet die Leidenschaft für Sport, gutes Networking und das Ziel, gemeinsam etwas für den guten Zweck zu tun. An drei Tagen fahren Gründer, Investoren und andere Mitglieder der Tech-Szene per Rennrad durch Europa. Start ist jedes Jahr eine andere Digital-Metropole, darunter bisher Kopenhagen, Prag und Hamburg - Ziel ist traditionell das Brandenburger Tor in Berlin. Da sind viele traumhafte Strecken dabei: Kopenhagen ist ja ohnehin die Fahrrad-Hauptstadt, aber auch von Prag aus entlang der Moldau und durch die Sächsische Schweiz, das war landschaftlich ein Traum.

Radfahren für den guten Zweck Die Idee hinter dem Ride: an drei Tagen fahren die Techbikers insgesamt 500 Kilometer auf dem Rennrad, schwitzen zusammen, teilen gemeinsame Erlebnisse und vor allen Dingen sammeln sie Spenden für einen guten Zweck. Die Teilnehmer können sich dabei jedes Jahr auf ein gut organisiertes Event freuen. Vom Transport zum Startpunkt, über sämtliche Unterkünfte, professionelle Bike-Guides und die Verpflegung während der Etappen bis hin zum kühlen Getränk am Etappen-Ende ist für alles gesorgt. Dabei steht bei den Techbikers der Spaß und nicht der Wettkampf im Vordergrund – es ist eben kein Rennen sondern ein Community-Event, bei dem alle Teilnehmer gemeinsam ins Ziel fahren und sich danach mit einem oder mehreren Bier für die Anstrengungen des Tages belohnen.

einzelnen Städten gerne auch abseits der Veranstaltung, um gemeinsam Rad zu fahren. Finanziert wird der Ride vor allem durch Sponsoren – unter Ihnen Corporates wie die DKB aber auch klassische AdTech- oder FinTech-Unternehmen wie Wirecard, Appnexus oder KSP.

Spendenziel von mindestens 750 Euro Die Teilnehmer zahlen nur einen kleinen Teilnahmebeitrag – im Gegenzug dazu verpflichtet sich jeder Mitfahrer zu einem Spendenziel von mindestens 750 Euro pro Person. Die Strategien fürs Fundraising sind dabei ganz unterschiedlich: von klassischen Facebook-Aufrufen über speziell veranstaltete Partys oder den Verzicht auf Geburtstagsgeschenke bis hin zu Firmenspenden ist der Kreativität der Teilnehmer kaum eine Grenze gesetzt. Mit Erfolg: Im letzten Jahr konnten durch den Ride insgesamt über 50.000 Euro an Spenden gesammelt werden.

Räder für eine bessere Zukunft Die Spenden kommen traditionell der internationalen Hilfsorganisation World Bicycle Relief (WBR) zugute. Die Organisation ermöglicht Menschen in ländlichen Entwicklungsregionen mit Fahrrädern Mobilität und damit den Zugang zu Bildung, Jobs und Gesundheitsversorgung. Von den Spenden wird ein extrem robustes Lastenfahrrad, das so genannte „Buffalo Bike“, produziert und dort ausgeliefert, wo die Entfernungen zu weit sind um Schulen, eine Krankenstation oder den nächsten Markt zu erreichen. Mobilität ist für uns selbstverständlich – wir können entscheiden, ob wir den Zug oder das Auto, die Metro oder das Fahrrad nehmen. Was es jedoch bedeutet, lediglich die eigenen Füße für Fortbewegung und Transport zu

haben, können wir uns gar nicht vorstellen. Weltweit laufen Frauen und Mädchen täglich stundenlang, nur um Wasser zu holen. Kinder stehen morgens vor Sonnenaufgang auf und laufen kilometerweit um pünktlich in der Schule zu sein. Wenn sie überhaupt in die Schule gehen. Ein einfaches Fahrrad kann hier alles verändern. Mobilität bedeutet Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung, soziale Teilhabe, Unabhängigkeit und bessere wirtschaftliche Chancen. Mobilität ist eine wesentliche Voraussetzung für Entwicklung. Die Spenden der Techbikers Germany Community haben in den letzten Jahren bereits 1.200 „Buffalo Bikes“ für Schülerinnen und Schüler in ländlichen Gebieten Sambias ermöglicht und den Weg in eine bessere Zukunft geebnet. Außerdem werden mit den Spenden Mechaniker vor Ort ausgebildet, um die Nachhaltigkeit der Hilfsprogramme zu sichern. So vermittelt WBR nicht nur wichtiges Know-How sondern schafft gleichzeitig neue Jobs in ländlichen Regionen.

Über 395.000 Räder ausgeliefert Aufgrund der großen Nachfrage vor Ort hat WBR 2008 die eigene „Social Business“-Tochter „Buffalo Bicycles Ltd.“ gegründet. Heute werden die Fahrräder in fünf afrikanischen Ländern z.B. an Kleinstunternehmer, Privatpersonen und vor allem andere Hilfsorganisationen verkauft. Der Gewinn fließt zurück an die Hilfsorganisation und finanziert die Hilfsprogramme mit, so dass sie nicht ausschließlich von Spendengeldern abhängig sind. Insgesamt hat WBR seit 2005 mehr als 395.000 Buffalo Räder ausgeliefert und über 1.900 Mechaniker vor Ort ausgebildet Die Techbikers Rides finden mittlerweile unter anderem auch in UK, Frankreich, den USA und eventuell erstmals auch in Israel statt.

Pietro Emo, Andreas Seegers und Lena Kleiner-Kalmer

Fotos:World Bicycle Relief/Techbikers

Gut für Körper und Geschäft Die meisten Fahrer genießen es, ein paar Tage nicht am Schreibtisch zu sitzen - und dabei trotzdem sowohl etwas für den Körper als auch für das Geschäft zu tun. Während unserer Fahrten wurden Jobs vermittelt, Finanzierungen geplant und Firmen-Partnerschaften vereinbart. Wir hatten schon Radfahrer, die noch nie länger als 30-40 km im Sattel saßen und nach unserer Reise mit 150 km pro Tag echte Rennrad Fans geworden sind. Daheim tauschen sie ihr Auto gegen das Fahrrad und fahren viel regelmäßiger. Außerdem treffen sich die Techbikers-Teilnehmer aus den

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Die 10 fahrradfreundlichsten Städte weltweit Wer kennt diese besser als Simone Feigl von Bike Citizens, einer Gruppe ehemaliger Kuriere, die jetzt Radkultur promoten? Mit seinem einheitlich gestalteten Radwegenetz ist Kopenhagen einzigartig in der Welt. Beeindruckende 134 Millionen Euro wurden in die Fahrradinfrastruktur investiert. Acht neue Brücken für Radfahrende (und FußgängerInnen) wurden gebaut, weitere acht sind in Bau oder in Planung. Der Havneringen, ein Radweg rund um den Hafen, wurde fertig gestellt, ebenso weitere Radschnellwege, die ins Zentrum führen, sowie eine digital gesteuerte Grüne Welle auf den wichtigsten Routen für Radfahrende. All das trägt dazu bei, dass beeindruckende 62 Prozent

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aller Kopenhagener täglich mit dem Fahrrad fahren.

2. Utrecht Mit dem Stadtentwicklungsplan „Utrecht Attractive and Accessible“ wurden in den letzten Jahren zahlreiche positive Signale für den Radverkehr gesetzt. Das viel beachtete Vorzeigeprojekt der weltweit größten Fahrradparkanlage für 12.500 Fahrräder steht kurz vor der Fertigstellung. Die Kapazität soll bis 2020 nochmal verdoppelt werden. Utrecht investiert sehr viel in seine Fahrradinfrastruktur mit hohem Standard. Die mit

sechs Kilometern längste Bicycle street Hollands und die Dafne Schippersbrug Brücke sind nur zwei Beispiele dafür. Mit einem Anteil des Radverkehrs von 60 Prozent im Modal-Split** hat Utrecht zu den Siegerstädten der letzten Jahre, Kopenhagen und Amsterdam aufgeschlossen.

3. Amsterdam Amsterdam galt viele Jahre als internationaler Maßstab unter den Fahrradstädten. Fast 60 Prozent der Bevölkerung sind täglich mit dem Rad unterwegs und legen dabei zusammen mehr als zwei Millionen Kilometer zu-

Fotos: iStock/ LeoPatrizi

1. Kopenhagen


MOBILITÄT ten. Der Anteil am Modal-Split von 16 Prozent konnte um 3 Prozent gesteigert werden. Straßburg galt viele Jahre als einzige französische Fahrradstadt. Städte wie Paris, Bordeaux und Nantes orientieren sich nun an den stadtplanerischen Konzepten von Straßburg. Mit dem Velohop hat Straßburg eines der am besten funktionierenden Bike-Share Systeme. In keiner anderen Stadt sind so viele Radfahrende mit Leihrädern unterwegs. Mit dem in Bau befindlichen VeloStras Fahrrad-Highway-Netzwerk und einem neuen Förderprogramm für Lastenräder sollte es Straßburg gelingen, seine Spitzenposition in den kommenden Jahren zu halten.

verkehrsanteil deutlich zu erhöhen und eine der modernsten Fahrradstädte Europas zu werden.

5. Malmö

9. Tokyo

Malmö hat in den letzten Jahren starke Akzente für den urbanen Fahrradverkehr und den Gebrauch von Lastenrädern im Alltag gesetzt. Nicht nur mit einer neuen Fahrradfähre nach Kopenhagen versucht Malmö den Anschluss an die Siegerstadt Kopenhagen zu schaffen. Mit dem Cykelhuset wurde ein Wohnbau eröffnet, der das Fahrrad als wichtigstes Verkehrsmittel in den Mittelpunkt stellt und der Bevölkerung einen autofreien Alltag ermöglicht. Das neue Fahrrad-Hotel ist ein weiteres Zeichen dafür, dass Malmö die Hauptstadt der fahrradfreundlichen Region Skåne in Südschweden ist.

Tokio kehrt 2017 mit eindrucksvollen Zahlen in den Copenhagenize Index zurück. 20 Prozent der mehr als 20 Millionen Pendler und Pendlerinnen fahren mit dem Fahrrad zur nächsten Bahn- oder U-Bahn Station. Also mehr als die Einwohnerzahl Berlins. In einigen Vorstädten ist ein Modal-Split Anteil von 30 Prozent oder mehr keine Seltenheit. Fahrräder sind überall gegenwärtig. Die neu gegründete Cycling Embassy of Japan (CEJ) betreibt großartige Arbeit und trägt dazu bei, dass Tokyo die attraktivste Megacity für Radfahrende ist. Der Bürgermeister Yuriko Koike will das Fahrrad bis zu den Olympischen Spielen 2020 als Hauptverkehrsmittel für den Alltag etablieren. Ein Vorhaben an dem zuletzt Rio und London gescheitert sind. Es bleibt zu hoffen, dass es Tokyo besser macht.

6. Bordeaux

Radfahrer beherrschen immer mehr das Stadtbild.

rück. 73 Prozent der Bevölkerung haben mindestens ein Fahrrad. Tendenz steigend. Ganz Amsterdam ist ein einziger Radweg und Radfahrende dürfen (fast) überall fahren. Das führt zu Herausforderungen für die Stadtplanung. Die vorhandene Infrastruktur ist mit der Zahl der Radfahrenden oft überfordert. Innovative Systeme wie in Kopenhagen oder Utrecht fehlen weitgehend. Ein zusätzliches Problem ist die explodierende Anzahl an Motorrollern (inzwischen sind es über 35.000), die auf den Radwegen unterwegs sind und ein Sicherheitsproblem darstellen. Um die Vorreiterrolle nicht zu verlieren, muss Amsterdam zeigen wo und wie Weiterentwicklung im Radverkehr passieren soll. Zahlreiche großartige Projekte befinden sich in der Pipeline und warten auf die Umsetzung.

4. Straßburg Straßburg konnte sich nach dem Neueinstieg vor zwei Jahren im Index behaup-

Mit Hilfe engagierter Politiker und einer starken Radlobby strebt Bordeaux an, bis zum Jahr 2020 zu einer der besten Fahrradstädte Frankreichs zu werden. Dazu wurde mit Vélo Métropolitain ein sehr ambitioniertes Programm ins Leben gerufen. Ein Budget von 75 Millionen Euro für die Fahrradinfrastruktur ist ein guter Anfang. Neben zahlreichen verkehrsberuhigenden Maßnahmen sollen eine der wichtigsten Brücken über die Garonne für den Autoverkehr gesperrt, das Bike-Share System ausgebaut und das Radwegenetz verdichtet werden.

7. Antwerpen Antwerpen ist und bleibt Belgiens attraktivste Großstadt für Radfahrende. Mit beeindruckenden Fahrradparkstationen am Hauptbahnhof und anderen wichtigen Haltestellen und einem Radwegenetz, das auch die Vorstädte außerhalb der Ringstraße anbindet, hat sich Antwerpen vom 9. auf den 7. Platz verbessert. Großprojekte, wie Radwege entlang des Hafens, drei neue Brücken für Radfahrende und Fußgänger und Fußgängerinnen wurden umgesetzt, weitere, wie das Ersetzen der Ringautobahn durch eine urbane Entwicklungszone mit Radwegen und wenig Autoverkehr, werden verwirklicht. Antwerpen ist auf dem besten Weg den Rad-

8. Ljubljana Ljubljana bietet alle Voraussetzungen um schon in wenigen Jahren einen Modal-Split von 20 bis 30 Prozent zu erreichen. Der Fahrradbeauftragte ist einflussreicher und angesehener als in vielen anderen europäischen Städten. Die politischen Entscheidungsträger sind ambitioniert. Seit Ljubljana im Jahr 2016 offiziell die Umwelthauptstadt Europas geworden ist, hat die Modernisierung der Fahrradinfrastruktur an Dynamik gewonnen.

10. Berlin Der Aufstieg von Berlin in die Top Ten ist vor allem dem Aktivismus der Fahrrad-Community zu verdanken. Der Volksentscheid Fahrrad hat zu einer breiten Diskussion geführt und die Politiker dazu gezwungen, das Thema Fahrrad auf die Tagesordnung zu setzen. Der Modal-Split liegt bei respektablen 13 Prozent, manche Bezirke erreichen bereits 20 Prozent oder mehr. Ein neues Bike-Share-System, der Testlauf für verkehrsberuhigte Zonen und grüne Wellen für Radfahrende sollen dazu beitragen, diesen Wert noch zu erhöhen. Die Anzahl der Lastenräder wächst exponentiell.

Copenhagenize ist die wohl bekannteste Unternehmensberatungs- und Kommunikationsagentur für fahrradfreundliche Stadtgestaltung. Mit dem „Copenhagenize Bicycle-friendly Cities Index“ werden Städte für ihre Bemühungen um eine radfreundliche Infrasturktur ausgezeichnet.

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TITELSTORY

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Foto: Franziska Turner

CHründer, Investdoerlist erfolgreitet


TITELSTORY

„Im Konzern war kein Platz für mich“ Mit 6Wunderkinder gelang ihm der große Exit. Mit seinem neuen Unternehmen Pitch will er nun Präsentationen für die Generation Slack bauen. Kann das gelingen? Das Gespräch führten Nadine Meya und Jan Thomas.

Christian, du hast eine steile Karriere hingelegt. Wie bist du überhaupt nach Berlin und zu den 6Wunderkindern gekommen? Ich wurde in der DDR, in Brandenburg, geboren und bin 2006 nach Berlin gezogen, um International Management zu studieren. Dabei war es tatsächlich schon immer mein Wunsch, Tech-Unternehmer zu werden. Ich habe seit meiner Kindheit programmiert, auch wenn ich nie ein sonderlich guter Programmierer war. Insgeheim aber wollte ich immer der nächste Bill Gates werden. Mein erstes Startup, Mucelli, kam dann direkt nach der Uni. Wir haben es an den erstbesten Investor verkauft und direkt im Anschluss die Agentur gegründet. Dort haben wir drei Jahre lang gelernt, wie man Produkte, Websites und Brands baut. 2010 haben wir daraus 6Wunderkinder gemacht. Hört sich nach einem ziemlich geradlinigen Weg an. Was waren eure Erfolgsfaktoren? Wir wollten eigentlich das Projektmanagement-System der Zukunft bauen. Dann lernten wir Frank Thelen kennen, der von uns einen Testballon verlangte, anhand dessen wir beweisen sollten, dass wir Software bauen können. Daraufhin haben wir das Taskmanagement aus Wunderkit extrahiert und daraus eine To-do-App entwickelt. Durch die extrem limitierten Ressourcen, waren wir gezwungen, Wunderlist total simpel zu halten. Rückblickend ein Erfolgsfaktor, genauso wie die Entscheidung, cross-plattform zu bauen. Wunderlist war kostenlos, ermöglichte Synchronisation über alle Plattformen und der Verbraucher stand im Mittelpunkt. Uns war bewusst, dass eine To Do-App als total leidenschaftsloses Produkt daherkommt. Daher wussten wir, dass wir im Bereich Marketing extrem laut sein müssen, um die nötige Aufmerksamkeit zu erzeugen. Hinzu kam, dass wir zwar ein Berliner Startup waren, uns aber amerikanisch positionieren mussten. Später waren viele Menschen in den Staaten überrascht, weil sie dachten, dass wir wegen unserer Marketingstrategie aus San Francisco kommen. Aber wir haben auch Fehler gemacht. So haben wir beispielsweise eine relativ blöde Anti-Copycat-Kampagne gelauncht.

Die hat uns zwar viel Aufmerksamkeit gebracht, aber wir waren dadurch auch sehr verhasst. Ab einem bestimmten Punkt haben wir verstanden, dass es nicht nur ums Marketing geht, sondern darum, eine solide Software zu bauen. Um das zu schaffen, braucht es Investoren. Wer war neben Frank Thelen an euch beteiligt? Am Anfang waren wir urdeutsch. Neben Frank waren der HTGF und T-Venture mit an Bord. Später kamen dann Atomico und Earlybird. Als wir zunehmends erfolgreich wurden, haben wir das Fundraising auf die Staaten und China konzentriert. Wir haben vor 20 sorgfältig selektierten VC‘s gepitcht aber unser Ziel war von Anfang an Sequoia, die ja auch in Evernote und Dropbox investiert hatten. Dass das dann geklappt hat, war für mich eine Art Ritterschlag. Wir waren die erste deutsche Firma, in die Sequoia investiert hat und hatten zudem noch Michael Moritz an Board, der ja im Silicon Valley eine lebende Legende ist. Ein echt toller Typ, der aber später ziemlich rough war und mich auch mal in einem Boardmeeting vor allen anderen angebrüllt hat. Das war für mich der Punkt, an dem ich mir gesagt habe „Never again“. Auch ein Grund, weshalb ich an Microsoft verkauft habe. Choose Your Partners Wisely. War es dabei von Anfang an euer Ziel, zu verkaufen? Nein! Als Unternehmer kann es nicht das Ziel sein, sein Unternehmen jemand anderes zu geben. Bei Wunderlist sind wir da reingerutscht. Wir hatten über Nacht Erfolg, haben in relativ kurzer Zeit entwickelt, veröffentlicht und hatten viele Nutzer. Wir haben eine App nach der anderen gelauncht und dabei die Entwicklung unseres Geschäftsmodells aus den Augen verloren. Ich war immer überzeugt, dass wir die Masse über Shopping-Listen oder über einfache To-do-Listen kriegen und nebenbei ein Businessprodukt bauen und Projektmanagement für Teams ermöglichen. Im Juli 2015, als wir mitten in der Entwicklung von „Wunderlist for Work“ steckten, hat Microsoft angeklopft und uns ein Angebot gemacht. Das Unternehmen zu verkaufen, war zwar keine leichte

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TITELSTORY Entscheidung, aber nach fünf Jahren Wunderlist war der Saft aufgebraucht und ich war gesundheitlich extrem angeschlagen. Es kommt der Punkt, wo das entwickeln einer To-do-App nicht mehr so spannend ist im Leben. Zu der Zeit war auch mein erstes Kind unterwegs und ich musste einfach mal sechs Monate durchatmen. Außerdem hatte sich der Markt sortiert. Wir haben gemerkt, dass er nicht mehr so floriert. Ohne Profitabilität hätten wir wahrscheinlich Probleme bekommen, Fundraising zu bekommen. Von daher war es für uns ein logischer Schritt und eine tolle Auszeit. Und ich bin wirklich dankbar, dass ich durch Microsoft mal vom Gas gehen konnte.

Frank Thelen begleitete die 6 Wunderkinder zum Erfolg. Heute sind er und Christian Freunde.

Was war deine Rolle bei Microsoft? Ich hatte keine wirkliche Rolle. In der Szene würde man dazu Entrepreneur in Residence sagen – jemand, der seine Rolle sucht. Ich habe im Konzern versucht, neue Projekte zu starten. Dabei war ich nicht Teil eines Teams, sondern habe immer wieder versucht, neue Ideen zu verfolgen. Mir war schnell klar, dass in dem Konzern kein Platz für mich ist. Microsoft ist in Deutschland ein stark Sales-getriebenes Unternehmen. Das Wunderlist-Team ist hierzulande eines der wenigen Produktteams. In diese Strukturen einen Vollblutunternehmer zu integrieren, hat sich als schwierig erwiesen. Wie hätte man mit mir umgehen sollen? Hätte man mir vielleicht ein Millionenbudget geben sollen, um neue Produkte zu bauen? Ich hatte damals auch eine konkrete Idee, habe aber kein internes Funding bekommen. Am Ende habe ich bei Microsoft nur meine Zeit abgesessen, also VIP – Vesting in Peace.

Wie hast du die Zusammenarbeit mit einem Corporate empfunden? Corporates haben immer ihre eigene Agenda. Nicht nur Microsoft. Ich würde beispielsweise niemals mit einem Corporate VC partnern, bevor ich nicht mindestens Series F erreicht habe. Die gleiche Empfehlung gebe ich meinen Portfolio-Unternehmen. Die Menschen, die dort arbeiten, sind letztendlich austauschbar. Jeder hat seine eigene Karriere. Venture Capitalists, die bei einem Fonds arbeiten, machen dann ihren eigenen Fonds, gründen aus oder gehen zu einem privaten Venture Capitalist. Wir haben beispielsweise mit T-Venture zusammengearbeitet. Die existieren heute nicht mehr. Dort standen politische Themen an der Tagesordnung. Das nervt dich als Unternehmer einfach nur. Ein klassischer VC wie Index oder Atomico existiert hingegen noch die nächsten 20 oder 30 Jahre. Dort bestimmen eher andere Themen wie limitierte Budgets oder Investmentvolumen die Agenda. Corporates wie Microsoft haben zwar deutlich tiefere Taschen, aber ihnen fehlt meistens das Risikobewusstsein.

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Fotos: Franziska Turner

„Ich will einen großen Technologiekonzern schaffen, das nächste SAP“


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Fotos: Franziska Turner, 6Wunderkinder

Das Design der Wunderlist hat den Geist der Zeit getroffen (links). Aus Geschäftspartnern sind Freunde geworden, die auch gerne unterwegs waren – in San Diego.

Du bist ja auch selbst als Investor aktiv. Welche Kriterien sind für dich relevant, um in ein Startup zu investieren? Nach dem Sequoia Investment habe ich auch angefangen, zu investieren und bin dann relativ schnell bei E42 (heute Freigeist, Anm. der Redaktion), den Fonds von Frank Thelen und Marc Sieberger eingestiegen. Bei meinen Investments lege ich vor allem Wert auf ein Verständnis für Design und Ästhetik, aber auch auf SoftwareKnow-how. Nicht selten pitcht mir ein Techie eine Idee und ich merke schnell, dass er tatsächlich nur ein Techie ist. Er ist kein Unternehmer und ich weiß aus Erfahrung, dass ihn der Stress umbringen würde. Als Unternehmer musst du die Fähigkeit besitzen, Menschen in schwierigen Momenten zu überzeugen, zu dir zu halten. Du musst dazu in der Lage sein, eine GmbH aufzusetzen, beim Notar zu sitzen, Anwaltsgespräche zu führen, ein Team einzustellen und vieles mehr. Das sind die Basis­anforderungen, die dich überfordern können, sobald du ein Unternehmen gründest. Darauf versuche ich zu achten. Ich suche echte Unternehmerpersönlichkeiten. Nehmen wir beispielsweise Lilium. Da treffen wir auf einen 30-Jährigen Daniel Wiegand, der uns von Elektro-Jets erzählt. Als extreme Elon Musk-Fans waren wir sofort interessiert. Wir fahren selbst Tesla und hatten das Gefühl, gerade den deutschen Elon Musk entdeckt zu haben. Die Entscheidung, dort zu investieren, habe ich nach fünf Minuten getroffen. Ich habe Lilium sogar kurzzeitig als Head of Marketing unterstützt. Jetzt hast du mit Pitch ein neues Unternehmen gestartet. Was hat es damit auf sich? Pitch wird ein neues Präsentationstool. Bei Wunderlist haben wir damals ja auch nicht die erste To-do-App der Welt gelauncht, sondern einen Markt angegriffen, bei

Pitch Software Gmbh Branche: Software Beschreibung: Pitch wird die nächste Generation der Präsentationssoftware. Gründer: Christian Reber, CEO; Charlette Prevot; Vanessa Stock; Jan Martin; Adam Renklint; Marvin Labod; Eric Labod; Misha Karpenko Gründungsjahr: 2018 Mitarbeiter: 15 pitch.io powered by heet.io

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TITELSTORY dem wir Bedarf gesehen haben. Damit das gelingt, mussten wir nur das beste Produkt bauen. Genauso machen wir das jetzt mit Pitch. Wir haben überlegt, in welchem Markt wir den Status Quo durch eine coole Software verändern können, die signifikant besser ist und Spaß macht. Im Markt der Präsentationssoftware gab es seit über einem Jahrzehnt keine nennbare Innovation. PowerPoint wurde lediglich für die Cloud optimiert und auch Keynote entwickelt sich nicht weiter. Google Slides ist zwar

„Daten werden über eine API importiert und in Pitch angezeigt“ interessant, hat aber keinen relevanten Marktanteil. Wir haben uns daher gefragt, wie man Präsentationen für die nächste Generation, die Slack-Generation, bauen kann? Hierbei spielen vor allem Integrationen eine wichtige Rolle. Nehmen wir an, du bist CFO und willst einen Cash-

flow-Chart bauen. Derzeit musst du dazu in dein Accounting-Tool gehen, Daten exportieren, in Excel aufbereiten und dann als Screenshot wieder in dein Präsentationstool einfügen. Wir hingegen wollen diese Tools integrieren. Alle Daten werden über eine API importiert und dann in Pitch automatisch intelligent angezeigt. Bei Microsoft haben wir erfahren, wie komplex Entwicklungszyklen in einem Großkonzern sein können. Wir glauben, dass wir, wenn wir ein Jahr Vollgas geben, auf dem gleichen Stand sind, für den PowerPoint gefühlte 30 Jahre gebraucht hat. Wenn wir dann noch ein bisschen mehr Gas geben, können wir relativ zügig vorbeiziehen. Von uns wird man daher in den nächsten zwölf Monaten nicht so viel hören. Wir werden lieber in unserem stillen Kämmerchen an der Software arbeiten und dann hoffentlich einen „Overnight Success“ produzieren. Wir wollen Wert kreieren, wo noch keiner ist, und eine tolle Software bauen. Daraus wird dann im Bestfall ein Technologieunternehmen mit sehr viel Tech- und Software-Knowhow und Sitz in Berlin. Wie geht ihr bei der Betrachtung des Marktes vor und wo ist euer Geschäftsmodell anzusiedeln? Wir hatten alle sofort das gleiche Verständnis von Pitch, von der Technologie, den Datei-Standards, der Arbeitsweise und wie simpel so eine Software sein muss. Daraufhin haben wir uns den Markt angeschaut und mit

Foto: Lilium

Die Entscheidung, in Lilium zu investieren, war nach fünf Minuten getroffen. Solche Investments machen zu können, ist für Christian ein großer Vorteil seines Erfolgs.

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TITELSTORY externen Investoren gesprochen, um herauszufinden, was sie generell von der Idee halten. Das Feedback war ausschließlich positiv. Inzwischen gibt es bereits eine funktionierende App. Wir lassen uns aber dieses Mal mehr Zeit und orientieren uns dabei an der Vorgehensweise von Slack. Slack wurde innerhalb von einem Jahr entwickelt und dann qualitativ hochwertig und durchdacht veröffentlicht. Wir schauen uns zunächst alle Wettbewerber an, um zu sehen, wer erfolgreich war und wer gescheitert ist. Dabei wollen wir verstehen, weshalb manche Dinge funktionieren und andere nicht. Wir wissen, dass PowerPoint bei 500 Millionen Menschen installiert ist und täglich werden über 30 Millionen Präsentationen in PowerPoint erstellt. Wenn wir nur zehn Prozent davon erreichen, wären wir eine Golden Cow. Unser Geschäftsmodell orientiert sich dabei eins zu eins an Slack.

„Der ultimative Ritterschlag wäre ein Börsengang“

Foto: frank.io

Träumst Du eher davon, eine große Firma aufzubauen oder von einem Exit? Mein Antrieb ist immer noch die Schaffung eines großen Technologiekonzerns in Deutschland – das nächste SAP. Die Mitgründer allerdings, zumindest die, die nicht Mitgründer bei Wunderlist waren, würden sich natürlich freuen, nach kurzer Zeit einen Exit wie bei Wunderlist hinzulegen. Damit einher geht dann finanzielle Unabhängigkeit. Einer unserer Mitgründer kommt aus der Ukraine und seine Familie lebt noch dort. Das ist eine ganz andere Situation als bei mir. Deswegen wollen wir uns diesbezüglich nicht festlegen und ich werde mich auch aus der Entscheidung raushalten. Mich macht es im Falle des Exits nur unglücklich, wenn der Käufer nicht passt. Könnte ich entscheiden, würde ich lieber länger am Markt existieren und eine unabhängige Softwarefirma bauen. Und der ultimative Ritterschlag wäre ein Börsengang. Viele Chancen werde ich in meiner Karriere nicht mehr haben, um nochmal ein Unternehmen zu bauen und zu versuchen, richtig groß zu werden. Ich nehme die Chance also schon ernst.

„We have a Match“ Geschäftspartner, Mentor, Freund: Frank Thelen zur Erfolgsgeschichte eines Ausnahmetalents Ich erinnere mich noch genau, wie Christian mir Lunchbox (Anm. d. Red.: Lunchbox war der Projektname für Wunderkit) am Telefon pitchte und ich sofort spürte – we have a Match! Heute bin ich wahnsinnig stolz, was wir gemeinsam mit Wunderlist aufgebaut haben und denke gerne an diese aufregende Zeit zurück. Ich habe viel von Christian im Bereich Produkt, Design und Kommunikation gelernt. Er hat ein besonderes Gefühl und geht auch mal durch Wände. Ich freue mich sehr auf sein nächstes Produkt, das er aktuell mit seinem Pitch-Team entwickelt. Und bei allem Erfolg, das wichtigste für mich: Christian und Charlette sind wertvolle Freunde von Nathalie und mir geworden.

Welche Rolle spielt das Team bei Pitch? Bei Wunderlist hattet ihr beispielsweise Chad Fowler an Bord, ein extrem teurer Hire. Damals haben mich alle für verrückt erklärt. Technologisch war Wunderkit nicht einwandfrei, deshalb musste ich leider den CTO entlassen. Wir hatten damals Chad angesprochen, ob er jemanden kennt. Und er hat geantwortet: „Ja mich“. Dann hat er ein US-Gehalt aufgerufen. Ich habe alle meine Unternehmerfreunde gefragt, was ich machen soll und alle haben mir davon abgeraten. Wahrscheinlich habe ich es genau deshalb gemacht. Er ist ein toller Engineering Leader, zieht Menschen in seinen Bann und hat einen echten Kult um seine Person gebaut. Durch

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ihn sind wir auf US-Standard gekommen und wir haben beispielsweise den Realtime-Sync implementiert, was ausschlaggebend für den Verkauf an Microsoft gewesen ist. Heutzutage würden fast alle Startups, die einigermaßen solide finanziert sind, wahrscheinlich genauso entscheiden. Für Top-Talente zahlst du halt einfach mehr. Bei Pitch machen wir es jetzt genauso. Ich denke, dass man in keinem Early Stage Startup besser verdient als bei uns. Es ist mir sehr wichtig, die besten Designer und Entwickler zu haben. Und wenn ich in irgendeine Sache früh investieren muss, dann sind es top Tech- und Design-Talente. Designer bekommen bei uns genauso viel wie Engineers, aber ich zahle mir jetzt zum Beispiel zwei Jahre lang kein Gehalt, genauso wie zwei meiner Mitgründer. So versuchen wir etwas Balance reinzubringen.

te ich viele Umwege gebraucht. Wunderlist würde in der Form wahrscheinlich nicht existieren. Frank hatte die Idee, ein kleines Demoprodukt zu bauen. Als Unternehmer hat er mir unglaublich geholfen. Die Idee zu 6Wunderkinder, zur Brand und den Apps, kamen zwar von uns, aber Frank war der Enabler. Auch bei Pitch hilft er mir mit Ideen. Ich denke, wir profitieren beide von den Synergien unserer Fähigkeiten.

Foto: Franziska Turner

Eine letzte Frage: Wie sähe dein Leben ohne Frank Thelen aus? Es wäre genau das gleiche, weil ich immer davon geträumt habe, Unternehmer zu werden. Allerdings hät-

„Ich zahle mir jetzt zum Beispiel zwei Jahre lang kein Gehalt“

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Nächste

Blockchain Journey am 27. April 2018 in Berlin

BLOCKCHAIN CIRCLE 2018 DER BLOCKCHAIN-ZUGANG VON NKF MEDIA: BLOCKCHAIN- KONFERENZ, LEARNING JOURNEYS, BESUCH DES “CRYPTO VALLEY” IN ZUG, BLOCKCHAIN REPORT, NEWSLETTER UND EXKLUSIVE CIRCLE VORTEILE

MEHR INFOS AUF:

NKF.MEDIA/BLOCKCHAIN


NKF SUMMIT VOL. 3

Digitalisierung erfolgreich meistern

Der NKF Summit Vol. 3 steht in der Classic Remise in Düsseldorf in den Startlöchern. Er bringt erneut innovative Startups, alteingesessene Unternehmen und visionäre Macher zusammen, die sich in einzigartiger Weise ergänzen. Als junge Innovationsführer schreiten Startups mit disruptiven Ideen und Agilität vo­ran. Etablierte Unternehmen bringen Markterfahrung, Kunden und Kapital mit. Beim NKF Summit werden diese Welten zusammengebracht. Die Digitalisierungskonferenz zeigt auf, wie Corporates durch die Zusammenarbeit mit Startups ihre Zukunftsfähigkeit im internationalen Wettbewerb dauerhaft sichern können und wie ihnen die digitale Transformation gelingt. Das ist relevant vor allem im industriellen Ballungsgebiet Düsseldorf, das mit 11,4 Millionen Einwohnern, 5,8 Millionen Erwerbstätigen und einem BIP vom 396,5 Milliarden Euro das größte Wirtschaftszentrum Deutschlands ist.

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Fotos: Philipp Primus

Am 20. April dreht sich beim NKF Summit Vol. 3 in Düsseldorf wieder alles um das Motto „Startups meet Corporates“


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1­ | Florian Langenscheidt, Unternehmer und Investor 2 | Gemeinsam auf der Bühne: Corporates meet Startups 3 | Beim Speed-Networking trifft Agilität auf Erfahrung. 4 | Startup-Spirit auch beim Lunch mit Food-Startups

Die Speaker Beim NKF Summit geht es um Substanz. Wir holen relevante Fallstudien und Best Practices auf unsere beiden Bühnen. Erlebt in 20 Sessions mehr als 50 Speaker aus Wirtschaft, Medien, Politik und Tech-Szene! In diesem Jahr unter anderen Trivago-Gründer Rolf Schrömgens, Jörg Rheinboldt (CEO Axel Springer Plug and Play), Michael Backes (CTO Otto Group), Alex von Frankenberg (CEO High-Tech Gründerfonds), Thilo Koslowski (CEO Porsche Digital), Jens Uehlecke (Managing Director Gruner + Jahr Greenhouse). Zahlreiche Top-Investoren wie Partech, Earlybird, Capnamic und German Startup Group runden das Bild vor Ort ab.

Die Startups Auch Startups kommen beim NKF Summit nicht zu kurz. 50 besonders spannende Startups – von einer Expertenjury ausgewählt – präsentierten sich auf der Startup-Expo mit eigenem Stand. Sie nehmen am Speed-Networking teil und präsentieren ihre Ideen im Vier-Augen-Gespräch. Darüber hinaus werden zehn Startups live pitchen.

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NKF Summit Vol. 3 20. April 2018 9.00–18.00 Uhr Classic Remise Düsseldorf Harffstraße 110 a 40591 Düsseldorf Tickets: 790,00 Euro 190,00 Euro für Startups Max. 600 Teilnehmer

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Sei dabei und sichere dir jetzt dein Ticket unter: nkf-summit.com/tickets

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CLEANTECH

Alles eine Sache des

RE C YCLINGS Der Abbau der Kunststoff-Müllberge fordert radikale Konzepte für einen 100-prozentigen Wertstoffzyklus. Viele Startups bieten gute Lösungen. Wir stellen euch einige der interessantesten vor. Von Josefine Köhn-Haskins und Nadine Meya

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CLEANTECH In Sachen Plastikmüll ist Deutschland mit 37 Kilogramm Verpackungsmüll pro Kopf im Jahr unter den Top vier Umweltsündern in Europa. Mehr produzieren laut Euro­ stat nur Irland (61 Kilogramm), Luxemburg (52 Kilogramm) und Estland (46,5 Kilogramm). Doch das ist nur die Spitze des Müllbergs. Denn Plastik steckt mittlerweile überall: Es hält Lebensmittel frisch, macht Kleidung wasserfest, stopft Zahnlöcher und hilft in Kosmetika in Granulatform, Zahnbelag oder Hautschuppen zu entfernen. Gegen viele dieser Anwendungen stehen ernsthafte gesundheitliche Bedenken, die vor allem von Umweltverbänden immer wieder thematisiert werden. Dazu kommt, dass neben Tüten und Verpackungen auch winzige Mikropartikel, etwa aus Synthetik-Kleidung, unentdeckt von der Waschmaschine über Abwasser und Kläranlage ins Meer wandern. Es gibt aber Alternativen, teils sogar sehr vielversprechende: von nachwachsenden, natürlichen Verpackungsmaterialien, Naturkleidung bis zu neuen, spannenden Recycling-Prozessen. Zahlreiche Startups arbeiten daran, die Plastikmüllberge abzubauen, und trotzdem: Ganz verschwinden wird Plastik aus unserem Leben nicht.

„Manche Dinge sind aus Plastik, weil es am besten ist, sie aus Plastik zu machen” Mirana Wang, Gründerin BioCellection

Foto: Kanvag/Adobe Stockphoto

Plastikindustrie schreibt 14,5 Milliarden Jahresumsatz Alleine die 300 Mitglieder der Industrievereinigung Kunststoffverpackungen e. V. (IK) sind für 90.000 Beschäftigte verantwortlich und schreiben einen Jahresumsatz in Höhe von 14,5 Milliarden Euro. Dazu kommt, dass bisher noch kein Material entwickelt oder entdeckt wurde, das alle Anwendungen von Plastik ersetzen kann. „Manche Dinge sind aus Plastik, weil es am besten ist, sie aus Plastik zu machen. Plastik ist fantastisch. Bisher habe ich von keinem anderen Material gehört, das so vielfältig einsetzbar ist, so beständig, stark und dabei so billig herzustellen“, sagt Miranda Wang, die mit ihrer Firma BioCellection einen Prozess entwickelt hat, mittels dem die starken Carbon-Verbindungen mechanisch nicht aufbereitbarer Plastikabfälle aufgebrochen werden können. Denn das eigentliche Problem, da stimmt auch Mara Hancker, Sprecherin der IK zu, „ist nicht das Plastik selbst, sondern was nach dem Gebrauch damit geschieht“.

„Ziel ist ein Kreislauf der Ressourcen­ wirtschaft“ Hauptziel ist es daher, mehr Plastik in den Wertstoffkreislauf zurückzuführen. Laut Eurostats werden in Deutschland rund 40 Prozent des Plastikmülls recycelt, vorwiegend zu Rohren oder Transportpaletten. Doch wie die

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CLEANTECH restlichen 60 Prozent verwerten? Im europäischen Kreislaufwirtschaftspaket ist ein Ziel von 60 bis 70 Prozent vorgesehen. „Die Kreislaufwirtschaft hinkt leider sehr hinterher“, erklärt David Wortmann, der sich seit fast zwei Jahrzehnten mit dem Thema beschäftigt und als Mentor des Berliner Cleantech Innovation Centers Startups aus diesem Bereich mit Rat und Tat zur Seite steht. Dafür seien die Potenziale umso größer. „Cradle to Cradle“, also „Wiege zu Wiege“ statt „Wiege zu Bahre“, lautet Wortmanns Credo. „Wir müssen von der linearen Wertschöpfungskette hin zu einem Kreislauf der Ressourcenwirtschaft, wobei in der Endversion die Produkte schon so designt werden, dass sie zu 100 Prozent recycelt werden können.“

Bioplastik: eine Alternative? Bioplastik heißt eine von der Industrie vorgestellte Lösung. Problematisch ist jedoch, dass die bisher entwickelten biobasierten Kunststoffe den Wertstoffzyklus momentan eher stören, als ihm zu nutzen. Sie zersetzen sich nämlich weder automatisch, noch können sie mit den herkömmlichen Wertstoffen aufbereitet werden, sondern müssen in spezielle industrielle Kompostierungsanlagen.

Schluss mit Plastik: Chinas Einfuhrstopp Die meisten Startups setzen auf nachhaltigere Alternativen, auf rein natürliche Rohstoffe wie Pflanzenfasern, ANZEIGE

Maisstärke, Pilzgewächse, Holz oder – Strohhalme. Ursprünglich wollte sich das Startup aus dem bayerischen Raubling, das sehr eng zu einem herkömmlichen Plastikhalm-Hersteller steht, auf den deutschen Markt konzentrieren, aber „die Deutschen schauen mehr aufs Geld als auf die Nachhaltigkeit und kaufen die drei Cent billige-

„Wir müssen von der linearen Wertschöpfungskette hin zu einem Kreislauf der Ressourcenwirtschaft” David Wortmann ren Plastikhalme“, weiß Bio-Strohhalm-Geschäftsführerin Jana Gessert. Hauptabnehmer für die Bio-Strohhalme sind neben dem europäischen Ausland auch Asien, Saudi Arabien und China. Das Land, das seit Jahren rücksichtslos auf Kosten der Umwelt wächst, denkt um. Das macht auch der im Januar dieses Jahres verhängte Einfuhrstopp von Altkunststoffen deutlich.


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Fotos: Sea2See/Jordi Chias, aitoff (CCO) Pixabay, Hermes Rivera Unsplash

Gewohnheiten ändern sich nur langsam Und wohin jetzt damit? Damit der Berg nicht unüberwindlich wird, muss schnell gehandelt werden. Nicht nur Industrie, Gastronomie und Hotellerie haben hier jede Menge Spielraum für Verbesserung, sondern auch die Konsumenten. Wer wäscht tatsächlich alle Joghurtbecher aus, bevor sie in der grünen Tonne landen, und nutzt Jute statt Plastik, wenn es mal schnell gehen muss? Das Konzept der Unverpackt-Läden, in denen Konsumenten die Produkte in mitgebrachte Behälter abfüllen, ist spannend und breitet sich immer mehr aus. Billiger ist es aber, im regulären Supermarkt einzukaufen, und natürlich viel praktischer, sich seine Einkäufe von einem der vielen Bringdienste liefern zu lassen. Das entspricht unseren heutigen Gewohnheiten – und die ändern sich leider nur sehr langsam.

2 1 | Gefangen im Netz: Sea2see hilft und macht Müll zu Brillen. 2 | Müllberge sind Teil des Landschaftsbildes. 3 | Plastik im Fluss: eine Reise für die Ewigkeit.

Plastikverbot im Buckingham Palace Doch auch dafür gibt es Ideen: Mit der ECO coin hat das niederländische Next Nature Network eine Währung und App geschaffen, die Teilnehmer für umweltbewusste Handlungen und Aktivitäten nicht nur moralisch, sondern auch ökonomisch belohnt. Zum Einsatz kamen die ECO coins bereits auf einigen Musikfestivals, wo Teilnehmer etwa durch das Zurückbringen von Bechern ECO coins verdienen konnten. Durch die Verknüpfung des ECO coin Wallets mit den RFID-Festivalbändern öffneten sich ECO-bewussten Trägern neue VIP-Bereiche. Ein anderes Vorbild ist die englische Queen, die kurzerhand alle Plastikflaschen und -strohhalme aus dem Buckingham Palace verbannte.

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Biocellection Erfinden neue Recycling-Prozesse: Miranda Wang (links) und Jeanny Yao

Fantastic Plastic Mit einer einzigartigen Katalysatoren-Technik will Biocellection bis 2020 den gesamten Plastikmüll von Silicon Valley recyceln.

„Wir müssen die Moleküle recyceln“ In der Grundstruktur, so Miranda, bestehe Plastik vor allem aus sehr starken Carbon-Verbindungen. „Die fundamentale Idee meiner Firma ist, dass wir unsere Denkweise dahingehend expandieren, dass wir eigentlich die Moleküle recyceln müssen. Das Problem ist ja nicht das Plastik an sich. Plastik wird zum Müllproblem, weil es nicht – oder nur sehr schwer – zersetzt werden kann.“ Nach mehr als 600 Versuchen entwickelten Miranda und ihr Team einen Katalysatoren-Prozess, mittels dem es gelang, die starken Carbon-Verbindungen aufzubrechen und am Ende 94 Prozent reine Adipinsäure zu gewinnen. Diese wird etwa zur Herstellung von Nylon oder auch Glasreiniger verwendet. „Der Prozess ist sehr komplex, aber die Produktanforderungen sind nicht sehr hoch und können leicht implementiert werden“, erklärt Miranda. Das Startup ist bereits mit einigen großen Unternehmen im Gespräch, unter anderem mit Green Waste Recovery, die für das Recycling von halb Silicon Valley zuständig

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sind. Während der Entwicklungsphase wurde Biocellection von verschiedenen Materialrückgewinnungsanlagen mit echten Proben des Plastikmülls beliefert, der nach der industriellen Sortierung übrig bleibt. Das waren vor allem elastisches Plastik, Folien, häufig PE, aber auch unbestimmbare Plastiktypen. Etwaige Verunreinigungen beeinflussten den Katalysatoren-Prozess nicht negativ. Bisher wandelte Biocellection täglich rund 100 Gramm Plastik um, alles in allem 14,6 Kilogramm Plastik oder 2.920 Plastiktüten. Von Oktober bis Dezember dieses Jahres will das Startup im Rahmen eines Pilotprojekts 136 Kilogramm Plastik-Film täglich verarbeiten, also insgesamt 17 Tonnen. Nächstes Ziel ist es, bis 2020 alle Plastikmaterialien im Silicon Valley zu recyceln. Zusätzlich soll der Prozess auch direkt in den Wertstoffzyklus interessierter Firmen integriert werden. „Wir sind offen für Lizenzen.“

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Fotos: BioCellection, Sulapac

Nur acht Prozent des Plastikmülls weltweit werden derzeit wiederverwertet. Das liege, meint Miranda Wang, Gründerin von Biocellection, vor allem daran, dass „wir heute eine sehr limitierte Vorstellung davon haben, wie Plastik recycelt werden kann“. Plastik werde in Plastik umgewandelt. Und je hochwertiger der neue Gebrauchsgegenstand sei, desto hochwertiger müsse das Plastik sein, das dafür recycelt wird. „Unsere Mission ist, dass wir uns um das kontaminierte Plastik kümmern, mit dem niemand anderes etwas anfangen kann“, sagt die 23-Jährige und blickt dafür über Essensreste und andere Verschmutzungen hinweg direkt auf die molekulare Ebene von PET, HDPE, PVC, LDPE, PP, PS und anderen Plastikmaterialien.


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Sulapac

Stoff für die Ewigkeit Mission: Müll reduzieren. Wie zwei finnische Gründerinnen die Welt vom Plastik befreien. Laut WWF schwimmen in jedem Quadratkilometer der Meere Hunderttausende Teile Plastikmüll. Diesem Problem haben sich die finnischen Gründerinnen Suvi Haimi und Laura Kyllönen mit ihrem Startup Sulapac angenommen. „Jede Minute landet eine Wagenladung Plastik in den Ozeanen. Wenn wir daran nichts ändern, werden im Jahr 2050 mehr Plastikteile als Fische in den Ozeanen schwimmen.“ Das Problem: „Viele biobasierte Kunststoffe zersetzen sich nicht, hinterlassen Mikro­plastik“, warnt Gründerin Haimi. In ihrem Studium kamen sie und Kyllönen mit abbaubaren Werkstoffen aus dem medizinischen Bereich in Kontakt. Diese wollen sie nun für die Verpackungsherstellung in der Kosmetikindustrie einsetzen.

Greenwashing bekämpfen Naturkosmetik erobert den Markt. Die Verpackung von Bio-Produkten lässt ökologisch jedoch oft zu wünschen übrig. Viele der Verpackungen bestehen aus nicht ökologischem Plastik. In vielen Materialien, die wir als bio kennen, steckt zudem weniger „Grün“, als der Begriff suggeriert. „Biobasiert bedeutet nicht gleich ökologisch. Wir wollen das Greenwashing, das mit dem Begriff bio betrieben wird, bekämpfen“, erklärt Haimi. Stattdessen kommt es laut der Gründerin auf erneuerbare Ressourcen, biologische Abbaubarkeit und Kompostierbarkeit an. Sulapac-Verpackungen basieren auf Holz und natürlichen Klebstoffen. Nach 30 Tagen im industriellen Kompost bleibt von der Verpackung nicht mehr als Wasser, Kohlendioxid und Biomasse übrig. „Die bisher auf dem Markt erhältlichen, biologisch abbaubaren Materialien halten Wasser und Ölen nicht stand. Außerdem sind sie nicht sauerstoffresistent“, beschreibt Haimi die Herausforderung der Entwicklung von Verpackungen im Bereich der Kosmetik. Zu ihren Kunden zählen die finnischen Unternehmen Lumene, Berner, Naviter, Flow Cosmetics und Niki Newd.

Sulapac-Verpackungen sind aus FSC-zertifiziertem Holz gefertigt.

Gewinnerinnen des Green Alley Awards: Suvi Haimi und Laura Kyllönen

Vom Plastic Planet zu mehr Nachhaltigkeit Nach der Kosmetikindustrie soll die Lebensmittelindustrie erobert werden. „Unser übergeordnetes Ziel ist, den Planeten vom Plastik zu befreien”, erklärt Haimi. Ihr Material wollen sie dafür langfristig an andere Produzenten lizenzieren. Der Blick der Gründerinnen richtet sich dabei zunächst auf Europa, um im zweiten Schritt global durchzustarten. Inwieweit der Planet durch das kompostierbare Material von Sulapac tatsächlich vom Plastik befreit wird, bleibt abzuwarten – der Ewigkeit des Plastiks wird mit Sulapac aber eine erste Lösungsstrategie entgegengestellt.

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Ecovative Design Grün und nachhaltig: Ecovative lässt mehr als nur Verpackung wachsen.

Wuchernder Design-Nachwuchs Mit Pilzgeflecht revolutioniert Ecovative die Verpackungswelt und setzt Design-Akzente.

2017 wucherten 450.000 Kilogramm Material Verantwortlich dafür ist das Startup Krown, das seinen Anfang mit dem in einem Kooperationsprojekt mit der Uni Aachen und dem niederländischen Designer Eric Klarenbeek fand. Das erste Gemeinschaftsprojekt war der im 3D-Druck-Verfahren verwirklichte Myzellium Chair. Insgesamt wucherten 2017 450.000 Kilogramm Material. Ziel ist es, die Produktion von Styropor und langfristig auch Plastik zu ersetzen. „Wir wollen nicht, dass die Leute die Technologie nur aus Umweltschutzgründen nutzen, sondern weil sie billiger und besser ist als Plastik“, sagt Mitbegründer Gavin McIntyre. Wer jetzt Lust bekommen hat, sich selbst einen Blumentopf wachsen zu lassen, kann sich einen Grow.Bio-Kit bestellen. Für alle, die richtig durchstarten wollen, gibt es die Möglichkeit einer Lizenz für die mCore-Technologie. Mindestinvestition für die eigene Produktionsstätte: 20 Millionen Dollar.

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Foto: Ecovative

Durchschnittlich sieben Tage dauert das Wachstum einer Verpackung von Ecovative. Richtig gelesen: Das US-Startup hat ein Verfahren entwickelt, um Verpackungen aus Myzellium, also Pilzgeflecht, wachsen zu lassen. Dazu werden Erntereste kleingehäckselt, nass gemacht, gekocht und dann dem Pilz überlassen. Dieser wächst, verdaut das Pflanzenmaterial und verbindet sich in der vorgegebenen Form zu einer klebrigen Struktur, die dann nur noch trocknen muss. Mittlerweile werden in der Pilotanlage in Green Island, New York, neben Dämmplatten und Mushroom Packaging, unter anderem für Dell oder Puma, auch schicke Design-Gegenstände hergestellt.


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Bio-Strohhalme

Natürlich saugen Mit Bio-Halmen aus echtem Stroh bietet das Startup eine natürliche Alternative zum Plastikhalm.

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Strohhalme gibt es in allen Farben und Größen, gestreift, mit praktischem Zieharmonika-Knick und sogar mit Sternchen. In Deutschland werden 40 Milliarden Strohhalme pro Jahr benutzt und weggeworfen. Würde man diese aneinanderstecken, könnte man 20 Strohhalm-Straßen bauen, die von der Erde bis zum Mond reichen. Das entspricht 25.000 Tonnen Plastikmüll. Nach Ansicht der Bio-Strohhalm-Gründerin Jana Gessert und Dominik Wagner viel zu viel. Mit Trinkhalmen aus echtem Stroh entwickelten sie eine natürliche Alternative, für die sie über Conda Crowdinvesting recht schnell 129 Investo-

ren fanden. Das Geschäft mit den Bio-Halmen boomt. Gessert spricht von einer jährlichen Steigerung in Höhe von 100 Prozent. Deshalb werden zusätzlich kompostierbare Halme aus Papier und Maisstärke produziert. PR-Liebling sind jedoch weiterhin die Halme aus echtem Stroh. Aus dem patentierten Verarbeitungssystem macht sie ein Geheimnis, nicht jedoch aus ihrer Enttäuschung, dass ausgerechnet auf dem deutschen Markt kaum Nachfrage nach ihren Bio-Halmen besteht. „In Deutschland wächst der Markt für Plastikhalme. Und ausschlaggebend dafür ist letztlich immer der Preis.“

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CLEANTECH

Skipping Rocks Lab

Klein, nass und oho Die essbaren Membranhüllen Ooho machen Wasser zum hippen Snack und Einwegflaschen überflüssig. In Deutschland werden stündlich zwei Millionen Einweg-Plastikflaschen verbraucht, das sind 17 Milliarden im Jahr. Aufeinandergestapelt würden diese laut Deutscher Umwelthilfe 16 Mal von der Erde bis zum Mond reichen. Würde Berlin alleine beim jährlichen Marathon statt Plastikbechern und -flaschen die Ohoo-Wasserkugeln von Skipping Rock Labs verteilen, könnten 50 der jährlich anfallenden 500.000 Tonnen Plastikmüll vermieden werden. Für die Idee wurde Skipping Rocks Lab mehrfach ausgezeichnet, etwa mit dem World Technolgoy Award (2015) und dem UK Energy Globe Award (2016).

2018: Ooho in Massenproduktion Bisher wurden die transparenten Wasserkugeln, deren essbare Membranhülle zu 100 Prozent aus Pflanzenfasern und Algen besteht, ANZEIGE

Die essbaren Wasserbällchen gibt es bald auch farbig und mit Geschmack.

als erfrischender Snack auf Festivals und Events verteilt. Dieses Jahr will das Londoner Startup, das seine Seed-Investment-Runde über Crowdcube mit 960.000 Euro abgeschlossen hat, in die zweite Runde und damit in die Massenproduktion gehen. Ziel ist es, die Produktionskosten von Ohoo bis Ende des Jahres so weit zu senken, dass sie mit Plastikverpackungen konkurrieren können. Vertrieben werden dann auch die Maschinen, mit denen das Wasser – und andere Getränke – vor Ort in Kugeln verschiedener Größen verpackt werden können. Zusätzlich soll es mehrere Farben und Geschmacksrichtungen geben, etwa Minze, Orange, Ingwer und auch heiße Shots. Große Musik- und Sportveranstaltungen werden direkt beliefert. Wer weiß, vielleicht sehen wir Ohoo auf dem Berliner Marathon 2019.

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CLEANTECH

BIO-LUTIONS Plastikersatz: BIO-LUTIONS macht Verpackungen aus Ernteresten.

Plastikverpackung überflüssig machen Natürliche Alternative zu Einwegplastik: Mit Packungen aus Ernteresten gewinnt BIO-LUTIONS den deutschen Verpackungspreis. Die Vision von BIO-LUTIONS ist es, Plastik überflüssig zu machen. Dazu werden reine Ernteabfälle und Wasser in Verpackungsmaterial und Geschirr umgewandelt. Als Standort für die Pilotanlage hat sich Gründer Eduardo Gordillo Indien ausgesucht. Der Grund: Die Kosten sind niedriger, außerdem sei das Problem in Indien besonders dringlich. „Die Müllabfuhr funktioniert nicht, auf den Straßen liegt überall Müll. Die Kühe, die dort heilig sind und frei herumlaufen, fressen das Plastik und sterben“, schildert Gordillo. Die Situation ist so schlimm, dass einige indische Staaten Einwegplastik gänzlich verboten haben, unter anderem in Karnataka, wo BIO-LUTIONS derzeit produziert.

Fotos: Ooho, Bio-Lution

Abnehmer sind Indiens große Online-Händler Zweiter Standortvorteil sind die 300.000 Hektar Farmland in der direkten Umgebung. Rund 600 Kilogramm setzte die Anlage bisher um, ab Mitte 2018 will Gordillo pro Jahr 1,5 Millionen Kilogramm produzieren, denn die Nachfrage steigt. Abnehmer sind etwa Indiens größter Online-Supermarkt und die indische Kaffeehauskette Coffe-Day. Finanziell wurde das Startup unter anderem von der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft unterstützt. Über das Up-Scaling-Programm können sich kleine und mittlere Unternehmen bewerben, die ein innovatives Geschäftsmodell aufbauen oder erweitern wollen, das positive Entwicklungseffekte generiert. BIO-LUTIONS erhielt 2017 den deutschen Verpackungspreis. „Gerade planen wir die nächste Finanzierungsrunde, um 2019 in Deutschland zu starten.“

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CLEANTECH

Sea2see

Durchsicht mit Umsicht Sea2see verarbeitet Plastikmüll aus dem Ozean zu schicken Brillen.

„Wir sind die Eco-Disruption der Modewelt“ Brauchbare Plastikteile, wie etwa Bojen, gibt Abeele an einen lokalen Künstler weiter, zehn Prozent des gesammelten Plastikmülls sind unverwertbar, 50 Prozent werden zu Ballen gepresst und weiterverkauft. Nur handsortierte 30 Prozent können mittels eines speziellen Verfahrens zu einem brauchbaren Rohstoff verarbeitet werden. Welche 30 Prozent, möchte Abeele nicht verraten: „Es gibt zu viele Haie auf dem Markt, die unseren Rohstoff für die eigene Produktion nutzen wollen. Wir haben ein Jahr in die Entwicklung gesteckt und wollen Sea2see zum Erfolgsmo-

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dell machen.“ Auf dem Weg dorthin wird Sea2see auch mit großen Namen aus der Modewelt zusammenarbeiten, die am 8. Juni, dem Welttag der Ozeane, bekannt gegeben werden. „Wir sind die Eco-Disruption der Modewelt“, freut sich Abeele. Doch sein Unternehmergeist geht weit über den Laufsteg hinaus. „Ein Haute-Couture-Modell ist toll, aber um wirklich etwas zu erreichen, musst du ein Qualitätsprodukt haben, das bezahlbar ist und irgendwann in jedem Haushalt zu finden.“ Sein Ziel: „Jeder, der unsere Brille trägt, soll sich als Botschafter für einen nachhaltigeren Umgang mit Ressourcen sehen.“

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Fotos: Sea2see

Sea2see-Gründer Francois van den Abeele ist etwas gelungen, woran selbst große Waste-Management-Firmen verzweifeln – und das mit hartgesottenen Seemännern: Sie trennen und sammeln ihren Müll. „Früher war den Fischern die Umwelt egal, jetzt haben sie unsere Recyclingtonne auf dem Boot“, sagt Abeele. Rund eine Tonne verwertbaren Plastikmüll sammelt Sea2see täglich aus den über 100 großen Containern, die mittlerweile in 35 spanischen Häfen stehen.


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Gewinner des Rohstoffgipfels 2017 zeigen neue Geschäftsmöglichkeiten für alternative Rohstoffe.

RESOURCE INNOVATORS 2018 GESUCHT TU Berlin, Dechema und Covestro fördern Ideen für alternative Rohstoffe in der Chemieindustrie. Wer sind die diesjährigen Resource Innovators der Chemiebranche? Auf dem zweiten Berliner Rohstoffgipfel am 25. Juni werden die besten Geschäftsideen zur Verwendung nachhaltiger Quellen wie Pflanzen und CO2 anstelle von Erdöl geehrt. Die Veranstaltung an der Technischen Universität (TU) Berlin setzt ein Signal für mehr Gründergeist in der Chemie und ruft zu verstärkten gemeinsamen Anstrengungen auf, um die Nutzung nicht-fossiler Rohstoffe voran­ zutreiben. Organisiert wird der Rohstoffgipfel wieder von der TU Berlin, der DECHEMA Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie sowie dem global tätigen Werkstoffhersteller Covestro.

Foto: Covestro Deutschland AG

BEWERBUNG BIS ENDE MAI MÖGLICH

Im vergangenen Jahr traten fünf junge Unternehmen aus den USA, Großbritannien, den Niederlanden in einem Ideenwettbewerb während des Rohstoffgipfels gegeneinander an und präsentierten ihre Projekte. Die drei Erstplatzierten erhielten ein von Covestro gestiftetes Preisgeld. Rang eins belegte die LXP Group aus Berlin und bekam von Dr. Markus Steile­ mann, Vorstand für Innovation, Vertrieb und Marketing bei Covestro, einen Scheck in Höhe von 5000 Euro. Das Unternehmen entwickelt technische Lösungen zur Verwertung pflanzlicher Reststoffe, ohne Kohlen- und Mineralstoffkreisläufe zu unterbrechen. Sein Verfahren steigert die Effizienz von Biogasanlagen erheblich.

In der Branche gibt es bereits zahlreiche vielversprechende Ansätze, um chemische Produkte weitgehend ohne Erdöl zu produzieren und auch wirtschaftlich einzusetzen. Deutschland kann dabei eine Vorreiterrolle einnehmen. Der Rohstoffgipfel trägt dazu bei, das Zusammenspiel vieler Akteure in entsprechenden Geschäftsideen und Projekten rasch umzusetzen. Start-ups, die sich mit der marktgerechten Nutzung alternativer Rohstoffe beschäftigen, können sich bis Ende Mai online bewerben. Eine Experten-Jury um DECHEMA-Geschäftsführer Professor Kurt Wagemann und Professor Reinhard Schomäcker vom Institut für Chemie an der TU Berlin werden die aussichtsreichsten Geschäftsideen auswählen.

Jetzt bewerben! Start-ups können sich für den Berliner Rohstoffgipfel am 25. Juni bewerben. Einsendeschluss: 31. Mai Mehr Informationen: rohstoffgipfel.de


INTERVIEW

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Foto: Michael Herdlein

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INTERVIEW

Agilität versus Verwaltungstheater Philosoph Gunter Dueck über die Herausforderungen der Neodigitalisierung und fehlende Visionen Das Gespräch führte Jan Thomas.

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err Dueck, Sie haben in einem Artikel geschrieben, dass mit der Digitalisierung zu wenig Hoffnung verbunden ist. Wie meinen Sie das? Es gibt ein grundsätzliches Bedauern, dass der Computer unsere Arbeitsplätze schreddert. Im Fokus stehen dabei vor allem Berufe auf intellektuell niedrigem Niveau, wie beispielsweise das Verbuchen von Reisekostenbelegen, was in Zukunft elektronisch ausgeführt wird. Anspruchsvolle Arbeiten hingegen bleiben und bei ihnen muss man sehr viel besser sein als bisher. Für Arbeitnehmer bedeutet dies, dass man sich bei Jobs mit einem hohen Routineanteil überlegen muss, was die eigentli-

„Statt zu kaufen, sollten Unternehmen selbst etwas aufbauen“ che Kernkompetenz des jeweiligen Berufs tatsächlich ist. Steuerberater haben meistens fünf, sechs Leute, die sich mit Routinearbeit befassen. Fallen diese Leute weg, ist der Steuerberater alleine. Verlagern sich dann noch die einfachen Fälle ins Internet, muss er sich ausschließlich schwierigen, beratungsintensiven Fällen widmen. Steuerberater ist ein Berufsstand, der sich aufgrund regelmäßig stattfindender Steuergesetzesänderungen konstant weiterbilden muss. Finden diese Steuergesetzesänderungen aber einfach in einer Software statt, was bliebe dann noch zu lernen? Der Steuerberater der Zukunft muss daher in der Lage sein, zum Beispiel Managementunterstützung zu geben. Damit vollzieht sich für ihn eine Kompetenzverlagerung in Richtung Unternehmensberatung. Dieses Beispiel soll verdeutlichen, über welche Art von Verände-

rungen wir uns im Rahmen der Digitalisierung Gedanken machen müssen. Einfach nur auf die Industrialisierungsprozesse zu schimpfen, wäre zu wenig. Neben den Veränderungen der Berufe entwickeln sich mit der Digitalisierung neue Wege der Wertschöpfung. Welche Chancen sehen Sie hier? Durch die verschiedenen Plattformen, die mit der Digitalisierung aufkommen, lassen sich große Fortschritte erzielen, beispielsweise bei Kundenfreundlichkeit oder Geschäftsmodellen. Nehmen wir das Beispiel der Bohrmaschine. Die meisten Menschen bohren nur ein paar Löcher pro Jahr. Muss ich deshalb eine Bohrmaschine besitzen? Digitale Plattformen und die Sharing Economy bedeuten: Es kommt einer zum Bohren vorbei und ich zahle zum Beispiel fünf Euro pro Loch. Dann braucht man nur zehn Prozent der Bohrmaschinen von heute. Beim Carsharing ist es genau das Gleiche. Auch hier braucht man nur ein Sechstel der Autos. Bei Konsumgütern ist das natürlich anders. Kundenorientierung und Kernkompetenzen sind die beiden Themen, die vor allem B2B-Unternehmen aktuell stark umtreiben. Viele holen sich deshalb Berater ins Haus. Sie haben einen Artikel geschrieben, der heißt „Wir lassen uns helfen, bis wir dumm sind“. Ganz allein geht es aber auch nicht, oder? Tatsächlich gibt es Unternehmen, die versuchen, ihre digitale Kompetenz selbst zu entwickeln. Das sieht man zum Beispiel in vielen IT-Zentren der öffentlichen Verwaltung. Hier liegt der Altersdurchschnitt oft bei Mitte 50. Ohne fremde Hilfe finden diese nicht ihren Weg in die Amazon-Welt. Die Mitarbeiter müssten mal ins Silicon Valley geschickt und Strukturen radikal verjüngt werden. Mit „Wir lassen uns helfen, bis wir dumm sind“ meine ich die Personen, die Digitalisierung nicht lernen wollen und das komplett durch Externe erledigen lassen. Sie denken, die Kernkompetenz der alten Company bleibt und das Digitale ist eine Art Zusatzqualifikation, die von außen eingekauft werden kann. Das ist jedoch falsch, denn das Digitale

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INTERVIEW

Als Speaker über Digitalisierung rüttelt Dueck an unserem System.

Neben der Beratungskultur gibt es noch den Boom an Corporate-Inkubatoren. Wie stehen Sie hierzu? Bei IBM hatten wir vor Jahren schon ähnliche Ansätze. Forschungszentren aufzubauen, klingt zunächst nach einer guten Idee. Werden diese aufgebaut, muss das aber lebenslang und mit viel Energie durchgeführt werden. Dieses Vorgehen muss daher tief in der Strategie der

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Firma implementiert werden. Mich beschleicht bei einigen Firmen das Gefühl, dass sie neue, strategisch relevante Themen nicht mit ihrem bestmöglichen Können anstoßen, sondern ein paar junge Leute einkaufen und dann mal schauen, was passiert. Vielleicht lässt sich das ja irgendwie skalieren. Vom Zuschauen allein lernt man aber nichts. Viele große Konzerne sind damit glücklich, Firmen zu kaufen, um zu lernen, wie die jungen Leute ticken und wie ein Startup arbeitet. Das halte ich für eine falsche Richtung. Die Start­ups werden dann in irgendwelche Prozesse eingegliedert und das verträgt sich schwer – Agilität versus Verwaltungstheater. Statt zu kaufen, sollten Unternehmen selbst etwas aufbauen. Sie haben vorhin die Amazon-Welt angesprochen. Was macht diese Welt aus? Amazon macht uns ungeduldig. Das ist es, was uns mehr und mehr in die Digitalisierung hineintreibt. Sie liefern am nächsten Tag und verwöhnen uns rundherum. Wenn jetzt jemand sagt, etwas dauert sieben Wochen, fangen wir an, uns über die Unprofessionalität zu wundern – ob der Zeitraum nun gerechtfertigt ist oder nicht. Warum dauert die Bearbeitung einer Einkommensteuererklärung beispielsweise mehrere Wochen? In Finanz- und Kranken-

Foto: CommonLense.de

wird zur Kernkompetenz. Deshalb muss man sich immer fragen, was die neuen Kernkompetenzen sind. Das Digitale ist ein unbedingter Teil davon, weswegen ich es hochgefährlich finde, wenn dieser Teil von Beratern übernommen wird. Im schlimmsten Fall geht das so weit, dass Unternehmen sich beraten lassen, bis sie keine eigenen Kernkompetenzen mehr haben. Die Alten werden dann nicht mehr gebraucht und die Neuen werden eingekauft. Gute Beratung heißt ja, Personen dabei zu helfen, sich selbst zu helfen. Gibst du dem Menschen Fisch, dann ist er kurzzeitig satt, aber lehrst du ihn fischen, ist er immer satt. Der Berater gibt am liebsten den Fisch. Darüber hinaus bin ich auch ein bekennender Kritiker von CDOs. Man kann einem einzigen Menschen nicht die Aufgabe geben, die Kernkompetenzen eines großen Konzerns zu übernehmen. Das schafft er nicht.


INTERVIEW

Auch die Amazons dieser Welt könnten in 20 Jahren vielleicht aussterben kassenprozessen schlummern ungeheure Effizienzressourcen. Hier setzt sich zunehmend der Zorn der Amazon-Kunden durch. Ist man ein Internetjünger und daran gewöhnt, dass alles sofort da ist, sind die besagten Prozesse nicht nachvollziehbar. Die jüngere Generation schüttelt sich jetzt langsam und wird grimmig böse. In diesem Kontext können wir erkennen, dass Deutschland noch nicht so richtig digitalisiert ist. Bei den Amazons dieser Welt ist der große Vorteil, dass die von Anfang an komplett digital gedacht sind. Können andere Unternehmen hier überhaupt mithalten? Auch die Amazons dieser Welt könnten vielleicht in 20 Jahren aussterben. Ich lehne mich jetzt zwar weit aus dem Fenster, aber auch die müssten sich mal erneuern. Die Amazon-Webseite ist nach 20 Jahren immer noch dieselbe. Wenn ich aber Lebensmittel statt Bücher kaufen soll, hätte ich gerne auch Icons wie Margarine oder Brot und ein anderes Layout. Wir verfügen über zu wenig Vorstellungsvermögen, um zu sehen, wie das System aussehen müsste. Möglicherweise kommt aber schon bald ein neues Unternehmen, das das besser kann. Erfolg kommt nicht nur vom digitalen Denken, sondern davon, sich zu fragen: Wie

sieht der ideale Prozess aus Kundensicht aus? Der möchte vielleicht gar nicht mehr klicken. Dieses Verständnis, die Radikalität, das fehlt mir bei vielen Unternehmen.

Sind viele Unternehmen selbst schuld, weil sie nicht mutig genug sind, einfach mal alles neu zu machen? Es lässt sich leicht sagen: „Die sollen das mal neu machen.“ Die Gegebenheiten des Unternehmens müssen der Fairness halber mit in die Betrachtung einbezogen werden. Oft hängen an den alten Strukturen ja auch alte Kunden. Finanzinstitute stehen aktuell vor dem Problem der – wie ich es gerne nenne – Neodigitalisierung. Die arbeiten mit alten Legacy-Anwendungen aus den 70er- und 80er-Jahren, die sündhaft viel Geld gekostet haben. Im Innern ist sozusagen das alte Core-Banking-System, das von außen geflickt wurde. Es wurden ganze Schalen darübergebaut, bis hin zu Internetportalen mit Direktbanken. Das ist so, als nehme man ein Zelt als Fundament, baue noch ein Einfamilienhaus darüber und innen dann ein Penthouse. Irgendwann muss ein Punkt gesetzt werden, an dem man ganz neu anfängt. Aber das ist fast nicht zu leisten. Die Wirtschaft erfordert es, dass alles, was wir tun, rückwärtskompatibel sein muss. Das Neue machen dann auch die neuen Firmen wie Facebook oder Google.

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INTERVIEW Newcomer, die scheinbar die Weltherrschaft für sich beanspruchen. Aber auch sie werden das Problem nach 20 Jahren bekommen. Es gibt viele Beispiele guter Unternehmen, die länger als 20 Jahre am Markt bleiben. Viele verbindet eine starke Vision. Wie findet man diese als Unternehmer oder Geschäftsführer? Das ist schwierig und das können nicht viele. Grund dafür ist, dass in Management Meetings dauernd auf Zahlen herumgehackt wird. Zu einer Vision gehört es, ein echtes Ziel zu haben. Das Ziel kann dabei nicht nur sein, plus zehn Prozent von etwas zu erarbeiten. Es muss ein inhaltliches Bild vorhanden sein und eine Vorstellung davon geben, wie man dort hinkommen kann. Mit der Globalisierung und Digitalisierung befinden wir uns in einer Art Zeitbruch. Statt als Führungspersonal administrative Arbeit zu leisten, sollte die Energie dafür genutzt werden, neue Inhalte festzulegen und diese dann auch umzusetzen. Das trifft auf Wirtschaft und Politik gleichermaßen zu. Wenn ein Handelsunternehmen sagt, es wolle ins Internet und Amazon Paroli bieten, dann braucht es keine Meeting-Demokratie, sondern Vertrauen und starke Persönlichkeiten. Das ist ein schönes Wort, Meeting-Demokratie. Hier sehen wir auch ein Problem in der Politik. Ein anderes Beispiel: Ich war erst vor Kurzem bei den Piraten zu Besuch. Es sieht dort nach wie vor ein bisschen chaotisch aus und man sitzt zusammen vorm WLAN. Im Grunde aber fehlt ihnen eine klare Aussage, was sie maANZEIGE

In der Zeitung von heute wird morgen der Fisch eingewickelt. Nicht mit uns. Digital Publishing.

www.pressmatrix.de

chen wollen. Sie diskutieren als Basisdemokratie und es scheint, als könne man in einer Basisdemokratie offensichtlich nicht zu einer klaren Vision kommen. Das ist nicht nur ein Piratenproblem. Vision klingt leider so verwaschen. Es sollte ein konkretes Bild von dem geben, was erreicht werden soll. Anschließend muss man identifizieren, was es dazu braucht. Zu einer Vision gehört es, gewisse Dinge festzulegen und diese anschließend nicht mehr

„Wir brauchen ein End of Debate“ zu diskutieren. Die Basisdemokratie hingegen diskutiert unendlich lange. Wir brauchen stattdessen ein End of Debate und müssen den Anker lichten. Und wenn das Schiff dann in die unbekannte Welt fährt, wird auch nicht mehr diskutiert. Dann fahren wir weder zurück noch plötzlich irgendwo anders hin. Das geht dann nicht mehr. Entscheidungsfindung muss von Durchführungen und Abarbeiten getrennt werden. Entscheidungen finden im Kopf statt – oder besser noch: im Herzen.


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Netzwerken 2.0: Die CEBIT 2018 zeigt, dass B2B auch Spaß machen kann.

DER COUNTDOWN LÄUFT Die neue CEBIT verspricht Spannung wie nie.

„Mit ihrem Dreiklang aus Neuheiten-Show, Konferenz und Networking-Event ermöglicht die neue CEBIT einen 360-Grad-Blick auf die Digitalisierung von Unternehmen, Verwaltung und Gesellschaft“, erklärt Hartwig von Saß, Leiter des CEBIT-Presseteams. „Neben IT-Experten, Fachbesuchern und Top-Entscheidern aus der digitalen Wirtschaft und den Anwenderindustrien

wollen wir mit dem neuen Konzept auch verstärkt die nächste Generation der Entscheider in den Unternehmen erreichen.“

INNOVATIONEN UND VISIONEN Das neue CEBIT-Konzept basiert auf vier Plattformen: d!conomy, d!tec, d!talk und d!campus. Im Bereich d!conomy finden IT-Professionals und Entscheider aus Unternehmen, öffentlichem Sektor und Handel alles, was für die Digitalisierung von Wirtschaft und Verwaltung notwendig ist. Die Schwerpunkte: Digital Business, Digital Administration, Internet of Things, Security, Communication & Networks, Channel & Distribution, Mobile Solutions und Data Center. Bei d!tec dreht sich alles um Entwickler, Innovationen und Startups. d!talk steht für die Visionäre, Querdenker, Experten und Kre-

Fotos: Deutsche Messe

Hello Business-Festival! Die CEBIT 2018 wird radikal neu. Mit neuen Themen, neuen Formaten, einer optimierten Hallenaufteilung und einem neuen Termin im Frühsommer. Die CEBIT wird mit einem klaren Fokus auf Business auch emotionaler, frischer und intensiver. Im Fokus stehen die acht Trendthemen der Digitalisierung: Artificial Intelligence, Internet of Things, Augmented und Virtual Reality, Security, Blockchain, Drohnen & Unmanned Systems, Future Mobility sowie Human Robotics.


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ativen aus aller Welt, die auf der CEBIT 2018 zu Gast sein werden. Das emotionale Herzstück der neuen CEBIT aber ist der d!campus – mit viel Platz zum Netzwerken in chilliger Lounge-Atmosphäre, Streetfood und Livemusik.

VORDENKER UND IT-IKONEN IM LIVE-TALK Das erste Speaker-Highlight gibt’s gleich zur Eröffnung am neuen Take-off Monday (11. Juni): eine Keynote von Jaron Lanier. Der amerikanische Wissenschaftler, der für Microsoft Research tätig ist, gilt als Ikone der Virtual-Reality-Bewegung und ist einer der kritischsten Beobachter des World Wide Web. Auch der Mann, der das „Geheime Tagebuch des Steve Jobs“ geschrieben hat, wird auf der CEBIT erwartet. Dan Lyons gewährt am 14. Juni einen exklusiven Blick hinter die Kulissen der Hightech-Branche und verrät, was er als Angestellter in der „Start-up-Hölle“ erlebt hat. CEBIT total: Im Fokus stehen die acht Trendthemen der Digitalisierung.

„Wer programmiert wen?“ Diese spannende Frage wird auf der CEBIT Ranga Yogeshwar beantworten. Am 13. Juni gibt Deutschlands bekanntester Wissenschaftsjournalist intime Einsichten in das künftige Zusammenspiel von Mensch und Computer. Eine anregende Reise ins Ich verspricht der Auftritt der Memory-­ Hackerin Dr. Julia Shaw: Die Erinnerungsforscherin aus London zeigt am 13. Juni, wie sich das menschliche Gedächtnis manipulieren lässt und welche Erkenntnisse sie daraus gewinnt. Wo die größten Gefahren im boomenden Internet of smart Things lauern und wie sich Unternehmen vor Cyber-Attacken schützen können, erläutert Mikko Hyppönen den CEBIT Besuchern am 12. Juni. Der weltweit gefragte Experte ist Chief Research Officer der finnischen IT-Sicherheitsfirma F-Secure.

HOTSPOTS RUND UMS EXPO-DACH Die CEBIT startet mit einem Tag für Politik und Medien. Thematisch im Mittelpunkt stehen die digitalen Herausforderungen für Deutschland und Europa. Eine Welcome Night mit hochrangiger politischer Besetzung aus dem In- und Ausland gibt den Auftakt für die drei folgenden Business-Tage auf dem Gelände. Am „Digital Friday“ (15. Juni) öffnet sich die CEBIT mit attraktiven Angeboten und reduziertem Eintrittspreis einem breiteren,

CEBIT-Ziel 2018: die nächste Generation der Entscheider erreichen

digital interessierten Publikum und verschiedenen Communi­ tys. Bei d!talk und CEBIT!Signals trifft sich die internationale Blogger-Szene. Außerdem sind besondere Aktivitäten für die Programmierer- und Entwicklerszene (Coder & Developer) mit Hackathons, Wettbewerbe für Drohnen-Piloten sowie Recruiting-Formate für Studenten und Fachkräfte geplant. Neu ist auch die Geländeplanung: Mit den Hallen 9 bis 13, 14 bis 17 und 25 bis 27 sowie dem zentralen Bereich rund um das ­EXPO-Dach bietet die CEBIT 2018 noch mehr Raum für Aktivitäten, Showcases und Networking. Die Ausstellerstände in den Hallen werden von 10 bis 19 Uhr geöffnet sein. Auf dem d!campus läuft das Programm bis 23 Uhr – mit digitaler Kultur, leckerem Streetfood und Live-Performances von angesagten Künstlern wie Jan Delay, der am 13. Juni abends auf dem d!campus für Party­stimmung sorgen wird. Kurzum: Als Europas Business-Festival für Innovation und Digitalisierung zeigt die CEBIT 2018, dass B2B auch Spaß machen kann, und inszeniert Lösungen für den digitalen Alltag wie nie zuvor.


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Die neue Mitte

Die neue CEBIT setzt auf Business, Leads und neue Ideen – das ideale Umfeld für junge, aufstrebende Unternehmen, die neue Geschäftspartner suchen und sich dem internationalen Markt präsentieren möchten. Treffpunkt ist s­ cale11. Der Ausstellungsbereich für Start-ups, Kapitalgeber und etablierte Unternehmen präsentiert sich in Hannover vom 11. bis zum 15. Juni unter dem Motto „Ready – steady – go“ in Halle 27 innerhalb der Plattform d!tec. Wichtigster Partner der Deutschen Messe bei der Ausgestaltung von scale11 ist der Bundesverband Deutsche Startups, der zudem auf der Expert Stage zahlreiche Informations- und Diskussionsveranstaltungen organisiert. Spannend dürften vor allem die themenspezifischen Panels sein mit Vertretern von Start-ups, aus der Politik sowie Investoren und Influencern. Erstmals wird es in diesem Jahr eine messetägliche TV-Sendung geben, die am frühen Nachmittag etwa eine Stunde lang über Newcomer so-

wie Themen und Hintergründe rund um die Start-up-Szene berichtet. Verbreitet wird die Sendung live über die Kanäle der Medienpartner vom Bundesverband Deutsche Startups.

KÄMPFEN, SCHEITERN, WEITERMACHEN Wortgewaltig geht’s beim Founders Fight Club zu. Dort können sich mutige Gründer auf offener Bühne mit anderen jungen Unternehmern im „verbalen Kampf“ um die Anerkennung der Experten-Jury messen. Weitere Programmpunkte des Founders Fight Clubs sind unter anderem Themen- und Expertenpanels sowie Pitches auf der Startup Stage. Teilnehmen können alle Start-ups, die auf der CEBIT 2018 bei scale11 ausstellen. Dass Misserfolge zum Leben dazu gehören und man viel daraus lernen kann, beweisen die Vorträge des mittlerweile international bekannten Formats FuckUp Nights. In maximal 15-minütigen Präsentations-Slots am CEBIT-Mittwoch, 13. Juni, erzählen Start-­ ups ihre jeweilige Geschichte des Scheitern und geben wertvolle Tipps für die Zukunft.

Fotos: Deutsche Messe

SCALE11: SICHTBARKEIT FÜR START-UPS


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START-UPS AUS SÜDKOREA PRÄSENTIEREN SICH Die Start-up-Area der CEBIT ist um eine Attraktion reicher: Erstmals wollen Jungunternehmen aus dem Hochtechnologieland, das gerade erst als Ausrichter der Olympischen Winterspiele in die Weltöffentlichkeit gerückt ist, ihre wegweisenden Konzepte im Rahmen von scale11 beim wichtigsten europäischen Business-Festival für Innovation und Digitalisierung vorstellen. Neben Japan und China zählt Südkorea zu den führenden Technologie-Hotspots. Dieser Erfolg ist kein Zufall: Die Regierung in Seoul investiert im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt so viel Geld in die Bereiche Forschung und Entwicklung wie nur wenige andere Indus­ trienationen. Im Jahr 2016 summierten sich die diesbezüglichen Ausgaben nach Informationen des Wissenschaftsministeriums MSIP (Ministry of Science and ICT) auf rund 62 Milliarden US-Dollar. Damit belegt Südkorea Platz fünf im weltweiten OECD-Vergleich – hinter den USA, China, Japan und Deutschland. Zudem gelten die Südkoreaner als äußerst internetaffin: 92 Prozent besitzen einen Webzugang mit Datenübertragungsraten, von denen viele Unternehmen oder Verbraucher zwischen Kiel und Konstanz nur träumen können.

KIC EUROPE BRINGT SIEBEN START-UPS MIT Aufstrebende Firmen aus den Millionenmetropolen Seoul, Bu­ san oder Daegu lassen sich außerhalb der eigenen Landesgrenzen nur selten in die Karten schauen – erst recht, wenn es um zukunftsträchtige Konzepte geht, die das Zeug zum künftigen Global Player haben könnten. Doch für die diesjährige CEBIT mit ihrem frischen Business-Festival-Konzept macht das ­Korea Innovation Centre Europe (KIC Europe) eine Ausnahme: Die im vergangenen Jahr in Berlin gegründete Initiative will sieben südkoreanische Jungfirmen nach Hannover bringen, die ihre Ideen in der Start-up-Area scale11 in Halle 27 präsentieren. Schon im vergangenen Jahr kam das Konzept von scale11, Jungfirmen mit Gleichgesinnten, Investoren und Entscheidungsträgern arrivierter Unternehmen zusammenzubringen, hervorragend an. Mit der Teilnahme einiger südkoreanischer High-Potentials unterstreicht scale11 seine Bedeutung als führende internationale Start-up-Plattform, die 2018 auch ein eigenes TV-Format bekommen soll: Über die spannendsten Köpfe, Themen und Hintergründe der Szene soll messetäglich eine einstündige Livesendung berichten.

NUR MIT VIP-TICKET: INVESTORS CLUB Ein spezieller Bereich innerhalb von scale11 steht all den Unternehmen und potenziellen Investoren zur Verfügung, die sich in exklusiver, ruhiger Atmosphäre mit von ihnen ausgewählten Startups treffen und vertrauliche Gespräche führen möchten. Wer sich als Unternehmen daran beteiligen möchte, kann die Club-Tickets ab Februar 2018 für 300 Euro über die CEBIT-Website erwerben. Das Konzept von scale11, die Gespräche mit etablierten Unternehmen, die Möglichkeiten, Investoren zu finden und der Austausch mit Gleichgesinnten kommen gut an. „Es ist eine großartige Gelegenheit, B2B-Entscheidungsträger zu treffen“, sagt zum Beispiel Philippe Thiltges, Mitgründer und Managing Partner von WhatAVenture aus Wien. „scale11 bietet eine ausgezeichnete Plattform für den Austausch mit Firmen, die an innovativen Lösungsansätzen interessiert sind“, sagt Corinna Bode von Valsight aus Berlin. Und Katharina Blum, Geschäftsführerin von lead­tributor aus München, ergänzt: „scale11 gibt uns die gesamte Sichtbarkeit, die wir als Start-up benötigen.“


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Konzentration aufs Wesentliche: „Wir nehmen den jungen Unternehmen im Prinzip alles ab und halten ihnen den Rücken frei.“

„Wir waren Vorreiter“ Jutta Jakobi, Global Director ICT & Digital Business Deutsche Messe AG, über die Wirkung von scale11 Die CEBIT findet erstmals im Juni statt. Was ist noch neu? Die ganze Ausrichtung. Wenn man genau hinschaut, dann war die CEBIT bislang zu 80 Prozent eine klassische Ausstellung und zu 20 Prozent eine Konferenz. Das Netzwerken lief primär über die Aussteller. Das ändern wir jetzt und stellen diesen für die Teilnehmer unglaublich wichtigen Faktor in den Mittelpunkt. Dabei kommt uns die inmitten der Hallen gelegene Freifläche aus Expo-­Zeiten entgegen. Dieser zentrale Ort wird im Sommer zum d!campus. Zusammen mit d!conomy, d!tec, und d!talk basiert die CEBIT nun auf vier Plattformen.

deren Veranstaltungen. Den Unterschied machen die Formate, die wir für die Startups um diesen klassischen Teil herum kreieren, um den Unternehmen den Zugang zu den potenziellen Kunden, Partnern und Investoren zu erleichtern.

Was erwartet die Start-ups auf der CEBIT? Auf der CEBIT treffen die Start-ups mit ihren B2B-Lösungen auf einen unglaublich großen Schatz. Jeder der 3.000 Aussteller aus der Digitalbranche ist ein potenzieller Partner, jeder Besucher ein potenzieller Kunde. Ausgangspunkt der Schatzsuche ist die Plattform scale11 .

Haben Sie ein Beispiel? Ein Beispiel sind unsere Corporate Pitches. Ein Konzern, egal ob Automobilhersteller, Energieversorger, Medienkonzern oder Versicherung, teilt uns im Vorfeld der CEBIT mit, zu welchen konkreten Lösungen und Ansätzen momentan Partner für Kooperationen gesucht werden. Wir laden alle ­Start-ups, die sich als Aussteller bei scale11 angemeldet haben, ein, sich für diesen Pitch zu bewerben. Die ganze Administration und Logistik erledigen wir. Der Corporate nimmt aus den Anmeldungen zehn bis zwölf Start-ups in die engere Auswahl, für die wir im Rahmen der CEBIT an einem Tag einen Pitch mit dem Konzern organisieren. Im Schnitt nutzen pro Jahr vier bis fünf Corporates dieses Format.

Welche Unterstützung geben Sie jungen Unternehmen? Jedes Start-up, das bei scale11 teilnimmt, erhält in der Halle seine eigene Workstation, da unterscheiden wir uns nicht von an-

Wie ist die Resonanz der Teilnehmer? Wir haben sowohl von den Start-ups, als auch von den Coporates sehr positives Feedback bekommen. Die Corporates sa-


ANZEIGE gen uns, dass sie wider Erwarten Start-ups dort treffen, die sie nicht schon bei zehn anderen Pitches vorher gesehen haben. Das liegt sicher auch an der hohen Internationalität – eine Folge der Vielzahl von geförderten Gemeinschaftsständen, die ihre Start-ups zur CEBIT bringen. Auf der anderen Seite profitieren die ­Start-ups davon, dass sie nicht durch halb Europa reisen müssen, um die verschiedenen Firmen – manchmal nur für einen Fünf-Minuten-Pitch – treffen zu können.

Fotos: Deutsche Messe

Was sollten Start-ups sich auf keinen Fall entgehen lassen? Es gibt nicht das eine Highlight, sondern es ist die Kombination aus der Vielfalt des Programms, sodass für jedes Start-up etwas

„Corporates treffen auf Startups, die sie nicht schon bei zehn anderen Pitches vorher gesehen haben“ dabei ist. Wir haben ein eigenes Bühnenprogramm, an dem sich jedes Start-up nach den eigenen Stärken, nach den eigenen Interessen, nach der eigenen Ausrichtung mit einem eigenen Content-Format beteiligen kann. Das sind Formate wie One-on-onePitches, Industry Panels, Einzelvorträge oder Founders Fight Club, bei dem zwei Start-ups ihre Geschäftsidee gegeneinander verteidigen. Außerdem veranstalten wir ein Speeddating mit den CIOs und anderen Topentscheidern. Diese Kombination aus der Vielzahl und der Vielfalt der Formate macht den Unterschied. Gibt es auch ein neues Format? Was wir erstmalig durchführen werden, ist Meet-a-Media. Der Zugang zu Medien und Journalisten war aus unserer Sicht das noch letzte fehlende Element, mit dem wir Start-ups unterstützend unter die Arme greifen können.

Wie finanziert sich scale11? scale11 ist für die CEBIT ein Investitionsprojekt. Wir refinanzieren einen Teil der Kosten über die Sponsorships und Flächenbeteiligungen der etablierten Firmen. Der Beitrag, den die Start-ups für die Beteiligung leisten, ist kostendeckend. Das war uns von Anfang an wichtig, und das erklären wir jedem Start-up. Der andere Aspekt ist, dass wir den enormen Nutzen für die Start-ups in den Vordergrund stellen. Wir nehmen den jungen Unternehmen im Prinzip die komplette Marketingarbeit, den Standbau und die -planung ab und halten ihnen den Rücken frei. Wenn man sich das Ergebnis anschaut, ist der Aufwand das einfach wert. Stemmt die CEBIT scale11 allein oder haben Sie Partner? Ein ganz starker Partner an unserer Seite ist seit der ersten Stunde der Bundesverband Deutsche Startups. Mit den Kollegen arbeiten wir bei der Entwicklung der Formate eng zusammen und holen uns von dort immer Feedback. Auch bei der Umsetzung des Bühnenprogramms spielt der Verband eine aktive Rolle. Wie hat sich scale11 in den vergangenen Jahren entwickelt? Wir gehen jetzt in das vierte Jahr, das heißt, wir haben drei Veranstaltungen hinter uns. Angefangen haben wir mit 150 Startups und einem überschaubaren Rahmenprogramm. Dann waren es schon 250 Teilnehmer und im Jahr 2017 350 Start-ups. Und wie soll es weitergehen? Unser Ziel ist es, 2018 moderat zu wachsen. Warum nur moderat, werden sich einige fragen. Weil es dann für alle noch gut darstellbar ist. Das gilt für die Investoren, die sich die Start-ups an einem Tag anschauen können, genauso wie für die ­Start-ups selbst. Andere Veranstaltungen haben solche Dimensionen angenommen, dass weder Matchmaking-Apps noch andere Tools dabei helfen, die Start-ups mit Investoren oder untereinander sinnstiftend in den Austausch zu bringen. Deswegen wollen wir bei dieser Marke bleiben, um die Qualität in den Angeboten halten können. Wir glauben, dass wir ab einer zu großen Menge an Start-ups diese nicht mehr in unseren Rahmen-Formaten unterbringen können. Was uns besonders freut: Mit scale11 waren wir ein Stück weit Vorreiter und ein Modell für die komplette Neuausrichtung der CEBIT. Vieles von dem, was wir an Konzept und Kommunikation bei scale11 in den letzten drei Jahren entwickelt und erprobt haben, wenden wir nun für die gesamte CEBIT an.

Netzwerken auf der CEBIT: „Jeder der 3.000 Aussteller aus der Digitalbranche ist ein potenzieller Partner.“

Die CEBIT 2018 inszeniert digitale Transformation neu – aber bei einem bleibt es: Es geht um Business und Leads, Leads, Leads! Die CEBIT 2018 startet am Montag, 11. Juni, mit einem Konferenz- und Medientag, die Ausstellung beginnt am Dienstag, 12. Juni. Die Messehallen sind von Dienstag bis Donnerstag von 10 bis 19 Uhr geöffnet, der d!campus bis 23 Uhr. Der CEBIT-Freitag geht von 10 bis 17 Uhr. cebit.de




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TOURISMUS

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Foto: bruce mars/Unsplash

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TOURISMUS

Vor der Reise INSPIRATION Beach-Inspector Den passenden Strand zu finden, gestaltet sich mitunter schwierig. Beach-Inspector hat viele verschiedene Informationen zu mehr als 1.500 Stränden zusammengetragen.

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Checkyeti Checkyeti ist die richtige Wahl für Skiurlauber. Ganz bequem per App lassen sich Ski-Guides und -Aktivitäten finden. Auch Skischulen und Skilehrer können gebucht werden.

Fineway In einem Fragenkatalog treffen die Nutzer des Service Fineway Aussagen zu Reiseziel, Budget und Art der Reise. Anschließend wird ein telefonischer Gesprächstermin vereinbart, nach dem Fineway ein maßgeschneidertes Angebot vorbereitet.

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Tripit Wer sich allein um Buchungen kümmert, kann schnell den Überblick verlieren. Durch Tripit wird die Reiseplanung kompakt dargestellt. Buchungsbestätigungen werden über E-Mail weitergeleitet, wodurch man alle Details an einem Ort hat. Travelperk Die Software eignet sich sowohl für Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmer, die ihre Dienst- oder Geschäftsreisen besser organisieren wollen. Mit Travel­perk erhalten beide Parteien Transparenz bezüglich des Reisebudgets oder der Zeitplanung.

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Fotos: rawpixel.com/Unsplash; STIL/Unsplash; Herson Rodriguez/Unsplash; Deanna; Ritchie/Unsplash

PLANUNG


TOURISMUS

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DEALS Urlaubsguru Zu wenig Geld für den Urlaub greift als Ausrede nicht mehr. Täglich durchforsten die Mitarbeiter das Internet nach den günstigsten Urlaubsangeboten, um den Normalverbraucher vor überteuerten Pauschalreisen zu bewahren. Roomkey Einige Hotelketten bieten loyalen Kunden vergünstigte Zimmerpreise. Das Startup Roomkey bietet Zugang zu diesen Treueangeboten, ohne dass man tatsächlich öfter im selben Hotel übernachten muss. Eine günstige Möglichkeit für Urlauber, die nicht oft genug verreisen, aber dennoch günstiger übernachten möchten.

Fotos: Campanda; Suhyeon Choi/Unsplash; Urlaubsguru

Rocketrip Rocketrip will Geschäftsreisen für Rei- sende und ihre Arbeitgeber lukrativer gestalten. Dazu geben Reisende die Reisedaten ein und Rocketrip erstellt einen Kostenvoranschlag. Bleibt der Mitarbeiter dann unter diesem Betrag, erhält er eine Belohnung. Eine Win-win-Situation.

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UNTERKUNFT Campanda Bei Campanda kann man besondere Unterkünfte finden und mieten. Über die Plattform lassen sich Wohnmobile, Wohnwagen oder andere fahrbare Untersätze für alternative Urlaube mieten. Gleichzeitig können Besitzer von Wohnmobilen diese kostenlos inserieren. Couchsurfing Mit Sicherheit nicht die komfortabelste Art der Übernachtung, aber mit Abstand die abenteuerlichste. Hier findet man andere Abenteurer, die einen Schlafplatz auf ihrer Couch anbieten – und das umsonst. Im Austausch erhoffen sie sich neue Freundschaften, gute Gespräche und Einblicke in fremde Kulturen.

IM FLUGZEUG

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VORBEREITUNG Packpoint Diese App hilft bei der Vorbereitung, indem sie eine smarte Packliste erstellt. Diese basiert auf Länge der Reise, dem Wetter sowie geplanten Aktivitäten. So vergisst du nichts. Nomadlist Von unterwegs arbeiten? Die Website Nomadlist bietet eine große Datenbank mit Coworking Spaces auf der ganzen Welt. Diese sind außerdem nach verschiedenen Kategorien bewertet.

Pocket Solange funktionierendes beziehungsweise bezahlbares WLAN über den Wolken noch keine Selbstverständlichkeit ist, ist Pocket eine Hilfe. Damit lassen sich webbasierte Inhalte speichern, um sie zu einem späteren Zeitpunkt offline zu nutzen. Skyguru Basierend auf professionellen aeronautischen Informationen des jeweiligen Fluges kann Skyguru in Echtzeit anzeigen, was gerade im Flugzeug und drumherum passiert. Diese Daten werden vor dem Flug heruntergeladen. Ängstliche Passagiere erfahren somit den Grund für Turbulenzen.

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TOURISMUS

Vor Ort

Pana Pana vereinfacht Kundenreisen. Wie ein persönlicher Concierge organisiert die Plattform die Anreise und Logistik und verpflegt den Reisenden mit allen Informationen zu Terminen bis hin zu Wegbeschreibungen. Alice Gästen bietet die App einen unkomplizierten Weg, direkt mit dem Hotel zu kommunizieren. Für das Hotelpersonal ist sie eine Plattform, um bequem Anfragen zu bearbeiten und sich untereinander abzusprechen. So lassen sich Zimmerservice oder Wellness-Termine buchen und man kann bei Problemen schnell das zuständige Personal erreichen.

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SIGHTSEEING Likealocalguide Die App Likealocalguide gibt einem das Gefühl, den Reiseort so zu kennen, als würde man dort schon ewig leben. Einheimische tragen ihre Lieblingsaktivitäten und -orte ein und die Nutzer der App können sie erkunden. Tripwolf Tripwolf ist das Allround-Talent für den Urlaub. Touren können direkt in der App gebucht werden, nachdem die Reise mit Tripwolf geplant wurde. Roaming­kosten entfallen, da Tripwolf alle Texte, Karten und Bilder auch offline verfügbar macht. Guidepal Bei Guidepal können User den Reiseführern von Experten, Bloggern, Marken oder Abenteurern folgen. Die Nutzer der App können ebenfalls ihre ganz individuellen Reisen dokumentieren und diese dann anderen Nutzern zur Verfügung stellen.

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Yuggler Kinder sollen im Urlaub natürlich nicht zu kurz kommen. Yuggler bietet Aktivitäten für Kinder, basierend auf Empfehlungen und Bewertungen anderer Familien. Field Trip Die App läuft im Hintergrund und zeigt an, sobald man sich einer Sehenswürdigkeit nähert. Die Meldungen sind individuell wählbar, von der Geschichte bis hin zum Essen.

Fotos: Leio McLaren/Unsplash; Toa Heftiba/Unsplash; Getyourguide; iStock.com/NicoElNino

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KOMMUNIKATION

Flush In einer unbekannten Stadt kann es schon mal schwierig werden, eine Toilette zu finden. Flush Toilet Finder bietet daher eine Datenbank mit über 100.000 öffentlichen Toiletten in fast jeder Stadt und informiert zudem über Barrierefreiheit und mögliche Gebühren.

BARS, RESTAURANTS Aroundme Wo ist die nächste Bar? Wo finde ich den besten Italiener der Stadt? Wenn man sich nicht auskennt, können solche Fragen schnell zur Belastung werden. Aroundme will dabei helfen und führt seine Nutzer zum Ziel. Die App zeigt auch Tankstellen oder Geldautomaten an. Bringfido Hunde dürfen nicht überall mit, weswegen ein Urlaub mit den Vierbeinern manchmal ganz schön an den Nerven zehren kann. Bringfido will diesen Stress nehmen und gibt Auskunft über Hotels, Airlines, Restaurants, Strände und Museen, die man zusammen mit seinem Hund besuchen kann.

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ORIENTIERUNG


Fotos: iStock.com/Chalabala; Clarisse Meyer/Unsplash; Eaters Collective/Unsplash

TOURISMUS

Nach der Reise

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ERINNERUNGEN Tripmii Tripmii ist eine Art Reiseblog. Reisende können sich auf der Website registrieren und Reiseroute, Fotos und sonstige Informationen mit den anderen Nutzern teilen. Außerdem bietet Tripmii nach der Reise die Möglichkeit, alles in einem Reisebuch zusammenzufassen.

BEWERTUNG Holidaytest Ob gut oder schlecht: Die eigenen Reiseerfahrungen mit anderen zu teilen, ist in jedem Fall eine gute Idee. Wer freut sich bei der Suche im Hotel-Dschungel nicht über verlässliche Bewertungen von anderen Weltenbummlern? Flightcheckers Da man vor allem bei den ganzen Billigfliegern heutzutage schnell den Überblick verliert, kann man auf der Website flightcheckers.de Kundenbewertungen über verschiedene Fluganbieter einsehen. Die Bewertungen sind in verschiedene Rubriken unterteilt und liefern einen umfangreichen Überblick.

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ENTSCHÄDIGUNG Airhelp Wenn der Flieger ausgefallen ist oder Verspätung hatte, ist Airhelp der richtige Ansprechpartner. Auf der Internetseite werden die Flugdaten eingegeben. Anschließend wird kostenlos geprüft, ob man einen Anspruch auf Entschädigung durch die Fluggesellschaft hat. Falls ja, kümmert sich Airhelp darum und hält einen auf dem Laufenden. Refundme Dieser Dienst funktioniert ähnlich wie Airhelp. Im Zweifelsfall streitet Refundme sogar vor Gericht. Dafür wird je nach Höhe der Rückzahlung eine Gebühr verlangt.

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TOURISMUS

Reisebegleiter Ob privat oder geschäftlich, mit den richtigen Gadgets wird jede Reise zum Erlebnis

Coffee to go reloaded Für alle Koffeinjunkies und Espresso-Nerds: Du möchtest auch im Urlaub nicht auf deinen Kaffee verzichten, aber Filterkaffee ist nicht so deins? Mit dem Espressomaker von Wacaco kannst du dir überall einen frischen Espresso zubereiten. Das beste daran: Er passt in jede Tasche. Preis: ca. 80 Euro, wacaco.com

Von Lotta Träger

VSSL Flask ist mehr als nur ein Flachmann. Neben einer Taschenlampe und einem Kompass enthält er außerdem zwei Shotgläser aus Stahl und einen Flaschenöffner. In ihm haben ungefähr 300 Milliliter deines Lieblingsgetränkes Platz. Ein Spaßgarant, nicht nur für Camper. Preis: ca. 70 Euro, vsslgear.com

Für Genießer Für Menschen, die auch im Urlaub nicht auf ihre Lieblingsdrinks verzichten wollen, ist das Carry-on-Cocktail-Kit der Firma W&P Design ideal. Da sich die Menge der Flüssigkeit im Rahmen der Flughafen-Vorschriften hält, kann man sich seinen Cocktail sogar in luftiger Höhe schütteln oder auch rühren. Preis: ca. 25 Euro, wandpdesign.com

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Fotos: Wacaco Company Limited, VSSL, W&P, DOIY Design

Kompaktes Multitalent


TOURISMUS

Stylische Wäsche Die vor dem Urlaub säuberlich zusammengelegten Klamotten fliegen im Verlauf der Reise chaotisch im Koffer umher. Die sauberen lassen sich nicht mehr von den getragenen Kleidungsstücken unterscheiden. Statt deine Wäsche in Plastiktüten zu stopfen, um Ordnung zu halten, kannst du den stylischen Wäschebeutel von DOIY Design nutzen. Er bietet ausreichend Platz und passt durch die längliche Form gut in den Koffer. Preis: 12,50 Euro, doiydesign.com

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INVESTOREN

Wenn’s ums Geld geht … 14 Investoren gewähren wertvolle Einblicke in ihre Arbeitsweise. Von Jan Thomas

Cédric Köhler Mit mehr als elf Jahren Erfahrung im Venture Capital spezialisiert er sich auf Business-Konzepte im Technology-­ Bereich. Bevor er zu Creathor Ventures wechselte, arbeitete er einige Jahre als Unternehmensberater in der Schweiz.

Otto Birnbaum arbeitet als Principal bei Partech Ventures. Er hat Investments in Chronext, Bloomon, GetSafe, Oviva, Acatus, BestMile & Zolar getätigt und unterstützt diese als Berater oder Board Member.

Luis Hanemann

Fabian Heilemann

ist Partner beim globalen Venture-Capital-Fonds Eventures. Zuvor war er CMO bei Rocket Internet und gründete die Online-Marketing-Agentur Trust Agents.

ist Frühphasen-VC-Investor. Als Managing Partner kam er 2016 zu Earlybird und leitet die Handhabung der Logistik und Technologie. Seit 2001 gründete er sieben Unternehmen, darunter Dailydeal, das er und sein Bruder 2011 an Google verkauft haben.

Anton Waitz ist General Partner beim Berliner VC Project A, wo er für die Bereiche Investments und Deal­ flow verantwortlich ist. Zuvor war er Geschäftsführer von Axel Springer Digital Ventures.

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Alexander von Frankenberg ist seit Oktober 2005 Geschäftsführer des HighTech Gründerfonds und seit 2000 im Venture-Capital-Umfeld tätig. Zuvor war er bei Siemens Technology Accelerator als Venture-Manager verantwortlich für Spin-offs.


INVESTOREN

Gabriel Matuschka

Rainer Märkle

ist Partner bei Fly Ventures, einem 41 Millionen US$ Berliner Seed Stage VC, der in ganz Europa investiert. Zuvor eröffnete und leitete er das Berliner Büro von Partech Ventures.

ist General Partner und seit zehn Jahren bei Holtzbrinck Ventures. Dabei war beziehungsweise ist er unter anderem für die Investments in Zalando, Hellofresh, Quandoo, Stylight, Scalable Capital und Outfittery verantwortlich.

Jan Borgstädt 2015 gründete er in Berlin mit zwei Partnern Join Capital, eine Venture-Capital-Gesellschaft mit Fokus auf B2B-Startups aus Europa. Zuvor gründete er die Cologne Publishing Group. Sein erstes Startup war Sekretaria.media.

Daniel Philipp Glasner ist Gründungsmitglied von Cherry Ventures. Nach einigen Jahren bei McKinsey gründete er Citydeal mit und führte das Unternehmen bis zur Übernahme durch Groupon im Jahr 2010. Anschließend gründete er Quandoo, eine SaaS-Firma für Restaurants.

Kurt Müller ist Gründer und Partner bei Target Partners mit über 30 Jahren Erfahrung in Deutschland und den USA. Der Venture-Capital-Investor finanziert Tech-Startups mit B2B-Fokus in der Frühphase.

Tobias Johann ist ein erfolgreicher Seriengründer und -investor und Mitbegründer der Rheingau Founders. Dort ist er zuständig für Strategie und Mittelbeschaffung. Außerdem ist er Vorstandsvorsitzender von simple-surance und sitzt im Vorstand von Medlanes und Service Partner One.

Daniel Höpfner Olaf Jacobi ist Managing Partner bei Capnamic Ventures. Zwischen 2007 und 2015 war er Partner und Miteigentümer von Target Partners. Von 1999 bis 2007 gründete und etablierte er zahlreiche erfolgreiche Startups, die zu mehreren erfolgreichen Exits führten.

ist Gründer von B10 Venture Capital und investiert zusammen mit Henri Kühnert in Pre-Seed- und Seed-Startups im B2B-Umfeld. Zuvor hat er selbst erfolgreiche Start­ ups aufgebaut.

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INVESTOREN

Wie sieht der typische Arbeitstag eines Investment-Managers aus? Luis Hanemann: Einen typischen Tag gibt es gar nicht so richtig. Es gibt aber Aufgaben, die sich natürlich wiederholen. Wir haben montags immer unsere Partner-/Dealflow-Meetings. Da kommt das gesamte Investment-­ Team zusammen und wir besprechen alle für uns relevanten Startups, die gerade eine Finanzierung suchen. Diese Gespräche sind pro Firma schnell und zielführend. Dabei ist es super spannend, die verschiedenen Perspektiven auf dasselbe Startup zu sehen. Den Rest der Woche sind alle viel unterwegs, treffen neue Startups, fliegen zu Boardmeetings, gehen auf Konferenzen, unterstützen Portfoliofirmen, treffen sich mit unseren Geldgebern u. v. m. Manche Tage sind extrem voll, da wir global aufgestellt sind und daher viel Reisezeit dabei ist. Aber insgesamt haben wir eine gute Work-Life-Balance.

früher selbst als Gründer auch Nutzer des Produkts Venture Capital waren und in Europa eine Lücke gesehen haben. Die User-Experience war nicht immer positiv. Anders als in den USA gab es kaum unternehmerisch geführte Early Stage Fonds, die von Investoren gemanagt werden, die selbst schon große Unternehmen erfolgreich aufgebaut haben und die den Gründer ins Zentrum ihres Handelns stellten. Das wollten wir ändern.

Woher bekommt ein Fonds typischerweise sein Geld und welche Herausforderungen gibt es dabei? Gabriel Matuschka: Ein VC Fund verwaltet in der Regel Gelder einiger oder vieler Fund-Investoren, sogenannter Limited Partner. Diese müssen überzeugt werden, verbindliche Fund Commitments abzugeben. Für Fly Ventures hat dieser Prozess initial circa zehn Monate gedauert. Tobias Johann: Klassischerweise sind die hochwertig angesehenen Geldgeber eines Fonds (LPs) die großen Entitäten, die sehr große Vermögen verwalten und anlegen müssen. Wenn der Fonds der ersten Generation läuft, zeichnen diese automatisch auch den zweiten oder dritten Fonds und reden den Managern möglichst wenig ins tägliche Geschäft rein. In diesem Sinne hat Rheingau fast keine erstklassigen LPs. Unsere Geldgeber sind nahezu ausschließlich selbst Unternehmer oder Family Offices von Unternehmerfamilien. Der Nachteil hieran ist, dass diese ihr Geld nicht in Venture Capital anlegen müssen. Sie müssen daher für jede Fonds-Generation neu überzeugt werden. Dafür gewinnen

Wie entsteht eigentlich ein Fonds? Wie lange dauert die Gründung von der Idee bis zur ersten Beteiligung? Jan Borgstädt: Zuerst gründen Partner, die General Partner (sogenannte GPs), eine Management-Gesellschaft. In unserem Fall haben meine beiden Partner Tobias Schirmer, Sebastian von Ribbentrop und ich die Join Capital GmbH gegründet. Diese Gesellschaft legt dann einen Fund auf, in unserem Fall die Join Capital Fund I GmbH & Co. KG. Die Partner definieren die Anlagestrategie des Fonds und verpflichten sich gegenüber den Fonds-Investoren (den sogenannten LPs – Limited Partner), mit deren Einlagen diese Strategie umzusetzen. Die Herausforderung ist, eine Strategie zu definieren, welche die LPs überzeugt, in den Fund zu investieren. Außerdem benötigen die GPs einen exzellenten Track Record als Unternehmer und Investoren, um die LPs von einem Investment (LP-Commitment) zu überzeugen. Daniel Glasner: Cherry Ventures ist aus unserem gleichnamigen Angel-Investment-Vehikel entstanden, welches es schon seit 2012 gibt. Daraus haben wir mit primär eigenem Geld als Angels in insgesamt 26 Technologie-Startups investiert, unter anderem in Auto1, Flixbus, Lesara, Quandoo, Kitchen Stories und Amorelie. 2015 haben wir uns entschieden, daraus einen institutionellen Fonds zu machen. Wir fokussieren 100 Prozent unserer Zeit auf die Tätigkeit des Fonds, haben Geld von Investoren aufgenommen, einen signifikanten Betrag eigenes Geldes in den Fonds investiert und ein starkes Team aufgebaut. Die Motivation dahinter war, dass wir

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„Ein wichtiger Erfolgswert ist Kontiunität“ Otto Birnbaum

wir jedoch ein wahnsinniges Netzwerk an Erfahrungswerten und Zugängen zu großen Corporates, die sowohl für viele strategische Fragestellungen hilfreich sind, als auch Beschleunigung von Kooperationen zwischen den dahinter liegenden großen Unternehmen und unseren Portfolio-Startups. Diese unternehmerischen LPs sind als Manager deutlich „anstrengender“, denn sie wollen mitreden und haben auch etwas zu sagen. Uns gefällt das, trotz allem Mehraufwand sowohl persönlich als auch aus professioneller Sicht,


INVESTOREN sehr gut. Wir diskutieren lieber stundenlang mit einem erfahrenen Unternehmer über beispielsweise die Preisstrategie des Angebots als mit einem anonymen Banker, dessen Position alle zwei Jahre wechselt. So ergeben sich auch Coaching-orientierte Beziehungen zwischen Rheingau-LPs und Unternehmern.

wert ist Kontinuität, also die kontinuierliche Performance eines Fonds-Managers über mehrere Fonds-Generationen hinweg.

Wem gegenüber ist ein Investor Rechenschaft schuldig und wie sieht euer Reporting aus?

Wie wird der Erfolg eines Fonds gemessen? Fabian Heilemann: Der Erfolg eines Fonds ist leicht messbar: Machen unsere Investoren, die sogenannten Limited Partners, hohen Gewinn oder nicht? Allgemein misst man den Erfolg über die gesamte Laufzeit eines Fonds, die in der Regel zehn Jahre beträgt. Zentrale Erfolgskennzahlen sind der Investment Multiple und der Gross IRR beziehungsweise Net IRR, die durchschnittliche jährliche Rendite vor beziehungsweise nach Kosten. Otto Birnbaum: Die wichtigsten Kennzahlen sind IRR und ROI beziehungsweise Net Fund Multiple Cash on Cash, also nicht nur auf dem Papier. Eine gute Performance eines Fonds liegt bei 20 Prozent bis 25 Prozent IRR und zweimal bis dreimal Cash on Cash Net Multiple. In den USA ist dieser Wert sogar noch höher. Ein anderer wichtiger Erfolgs-

Alexander von Frankenberg: Wir berichten regelmäßig, mindestens viermal im Jahr, unserem Investorenbeirat, unserem Aufsichtsorgan, und einmal jährlich allen Fonds-Investoren auf der Gesellschafterversammlung. Darüber hinaus gibt es regelmäßigen Austausch mit allen Investoren auf operativer Ebene. Und sowohl unsere privaten wie auch die öffentlichen Investoren sind sehr aktiv in der Gründerszene. Da tauscht man sich mindestens wöchentlich aus. Fabian Heilemann: Auf der einen Seite investieren wir das Fondskapital in Startups und helfen den Gründern, erfolgreiche Unternehmen aufzubauen. Auf der anderen Seite sammeln wir selbst Geld von Investoren ein, beispielsweise von Finanzinvestoren, Konzernen oder Family Offices. Wir verwalten also zum größten Teil fremdes Kapital. Dementsprechend muss es uns in erster Linie darum ANZEIGE

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INVESTOREN gehen, gute Returns zu erwirtschaften. Über die Fortschritte berichten wir quartalsweise an alle Limited Partner mit allen KPIs und Details zur Entwicklung des Portfolios. Zudem haben wir, wie viele andere Fonds, Investor Advisory Boards, in denen ausgewählte Investoren einen Sitz haben und sich quartalsweise oder halbjährlich mit dem Fonds-Management treffen und austauschen. Otto Birnbaum: Ein Fonds-Manager ist prinzipiell seinen Investoren, sogenannten Limited Partners (LPs), Rechenschaft schuldig. Die LPs können institutionelle Investoren sein wie Fund of Funds, Pensionskassen, Asset Managers oder Family Offices, erfolgreiche Unternehmer oder auch große Unternehmen. Bei Partech haben wir eine Mischung verschiedener LPs. Viele Fonds verschicken jedes Quartal einen Report über die Wertentwicklung ihres Portfolios und organisieren ein- oder zweimal pro Jahr ein sogenannte LP-Meeting, zu dem sie ihre LPs für ein persönliches Update einladen. Darüber hinaus treffen wir manche unserer LPs wöchentlich oder monatlich, um uns zu bestimmten Themen auszutauschen.

Wie ist eure Organisationsstruktur aufgebaut? Luis Hanemann: Wir sind circa 30 Mitarbeiter in Europa und den USA, der Großteil davon in San Francisco und Berlin. Wir sind in einer Partnerschaft organisiert, wovon der Großteil im Investment-Team arbeitet. Daneben haben wir eine Finance-Abteilung, den Portfolio-Support und die Administration. Olaf Jacobi: Bei Capnamic Ventures sind wir zehn Teammitglieder. Acht Kollegen inklusive der drei General Partner arbeiten im Investment-Team und zwei im Back-Office. Das Investment-Team verteilt sich auf unsere Büros in Berlin und Köln. Generell arbeiten wir pro Portfolio-Unternehmen immer in einem Zweier-Team. Das gilt für den Investmentprozess und für die laufende Betreuung. Unterstützung erhalten unsere Portfolio-Unternehmen vom gesamten Investment-Team, da jeder in unserem Team einen speziellen Schwerpunkt beziehungsweise besondere Erfahrungen wie Finanzen, Software-Entwicklung, Vertrieb, Marketing hat.

Wie bildet man eine einzigartige Investmentthese? Wird sie oft modifiziert oder ist sie unantastbar? Anton Waitz: Als Investoren treffen wir gern Entscheidungen aus Überzeugung. Um aber echte Überzeugung entwickeln zu können, müssen wir uns nicht nur vertieft mit dem

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jeweiligen Team und Unternehmen auseinandersetzen, sondern auch ein substanziiert gutes Gefühl für den Bereich haben, in dem sich das Startup bewegt. Deswegen greifen wir uns aus der Breite der Themen, die wir uns generell anschauen, immer wieder bestimmte Bereiche – also in der Regel spezielle Industrien, manchmal aber auch bestimmte Geschäftsmodelle oder Technologien – heraus, um diese tief zu durchleuchten. Während dieser sogenannten Deep Dives sprechen wir dann mit Industrieexperten, Universitätsprofessoren und anderen Investoren, die sich mit dem Thema beschäftigen. Wir entwickeln Hypothesen, wie die Zukunft in dem Bereich aussehen könnte und welche Probleme es zu lösen gibt. Dann screenen wir unsere Datenbanken gezielt nach den spannendsten Startups, die versuchen, diese Probleme zu lösen. So stoßen wir früh auf tolle Deals, die wir sonst vermutlich nicht gesehen hätten. Auf diese Weise haben wir uns in den letzten drei Jahren intensiv mit Digital-Health-Themen beschäftigt und drei Investments in dem Bereich gemacht. Im Jahr 2017 standen die Themen Education und Travel hoch auf der Agenda, was zu jeweils zwei Investments geführt hat. Und zuletzt haben wir uns verstärkt den Bereich Zukunft der Mobilität angeschaut. Es gibt bei uns also nicht die eine übergreifende Investment-These, an der wir uns entlanghangeln, sondern spezifische Thesen in relevanten Bereichen, von denen wir uns leiten lassen, die wir aber auch ständig weiterentwickeln. Rainer Maerkle: Eine klare, präzise, relevante und am Ende erfolgreiche Investment-Hypothese zu bilden, ist nicht so einfach. Denn die Märkte und Themen ändern sich ständig und oft ergeben sich Opportunities in ganz anderen Bereichen, denen man sich nicht verschließen sollte. Wir verfolgen daher einen etwas anderen Ansatz und bilden zum einen dauernd adaptierende Hypothesen auf einzelne Segmente, tauschen uns über Makro-Trends aus und beschließen gemeinsam, worauf wir in nächster Zeit Gas geben wollen. Ein Team bohrt sich dann tief in das Segment rein und schaut sich alle möglichen Companies an. Währenddessen formt sich dann die Hypothese für dieses Segment, ändert sich aber leicht mit jedem Case. Und am Ende oder entlang des Weges ergeben sich dann im Idealfall Investments. Zum anderen sind wir auch bekennende Opportunisten. Von guten Teams oder Angels schauen wir uns im gesamten Internet-/Technologie-Sektor alles an. Folglich kommunizieren wir unsere Thesen nicht und halten uns nur für eine Zeit daran, bevor wir uns auf die nächsten Segmente stürzen. Für uns funktioniert das super, andere gehen aber sehr erfolgreich andere Wege.


Tobias Johann: Ich bin skeptisch gegenüber all den Hochglanzprospekt-tauglichen Thesen, die wirken, als seien sie von McKinsey entwickelt worden. Nicht nur Gründer haben verschiedene Talente, Stärken, Schwächen und Erfahrungen, sondern auch Investoren. Und diese sollten sich in ihren individuellen Investment-Thesen widerspiegeln. Bei Rheingau achten wir sehr stark auf ein sehr unternehmerisches Team und eine realistisch-verantwortungsvolle Herangehensweise. Wir investieren nahezu ausschließlich in transaktionsbasierte Geschäftsmodelle und wären für Ideen, die eines künstlichen Hypes bedürfen und zum Start erst mal ohne Monetarisierung geplant werden, zu 100 Prozent die falschen Partner. Wir fühlen uns allgemein sehr wohl im B2B-Bereich. Dort können wir auf Basis unserer Erfahrung konkrete Mehrwerte stiften. Makroökonomisch finden wir aktuell Proptech, Insurtech und Digital Health besonders spannend und arbeiten in diesen Bereichen konkret daran, Investment-Cluster zu bilden und so mit unseren relevanten Portfoliounternehmen Startup-übergreifende Netzwerke zu bauen.

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Wie identifiziert ihr Trends? Kurt Müller: Lesen, zuhören, recherchieren – das sind die Grundlagen unserer Trendsuche. Über Branchennachrichten, Expertenberichte und Publikationen von Kollegen bis hin zu Fach-Blogs und Datenbanken – unsere Leseliste ist immer gefüllt. Eine großartige Quelle sind unsere eigenen Portfolio-Unternehmen. Sie sind bestens über ihr Marktsegment informiert und wissen über die neuesten Entwicklungen Bescheid. Dazu kommen Events, Diskussionsrunden und Networking-Veranstaltungen, an denen wir aktiv teilnehmen und uns mit Kollegen und Gründern austauschen. Alles zusammen genommen ergibt ein Marktbild, aus dem wir Trends identifizieren können. Daniel Höpfner: Bei unseren Entscheidungen zu Investments lassen wir uns kaum von aktuellen Trends beeinflussen. Nur weil gerade alle irgendwas mit Blockchain machen, ziehen wir ein Blockchain-Startup

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nicht einem anderen vor – wir versuchen, bewusst gegen den klassischen VC-Herdentrieb zu steuern. Überzeugen müssen uns die Gründer mit ihrer Vision und ihrem Produkt, das ein rea-

les Problem löst. Wir suchen die „Category Killer” unter den Startups. Und die finden wir nicht, wenn wir nur Trends folgen. Deswegen stehen wir allen Ideen im B2B-Bereich offen gegenüber.

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INVESTOREN

Wie stellt ihr sicher, dass ihr intern die notwendige Expertise zu den von euch besetzten Themenfeldern aufbaut? Jan Borgstädt: Als VC ist es wichtig, dass man sich gerne immer wieder in neue Technologien und Lösungen einarbeitet. Das ist eine Grundvoraussetzung. Darüber hinaus benötigt man ein breites und tiefes Netzwerk, um gezielt auf Wissen von Experten zugreifen zu können. Da wir nur B2B-Investments machen und unseren Portfolio-Firmen beim Aufbau ihres Vertriebs aktiv helfen, ist für uns ein enges Netzwerk von Unternehmen sehr entscheidend. Mit diesen arbeiten wir auch bei der Due Diligence eng zusammen. Hierbei arbeiten wir am liebsten mit Familienunternehmen, da sie unternehmerisch geprägt sind und genau wie unsere Gründer langfristiger denken.

Wie oft sitzt euer Team intern zusammen und zu welchen Themen? Otto Birnbaum: Wir treffen uns zweimal pro Woche und besprechen Dealflow- und Portfolio-Themen. Am längsten diskutieren wir, ob wir ein neues Investment machen sollen und wie wir unseren Portfolio-Firmen zu einem erfolgreichen Exit verhelfen können. Fabian Heilemann: Das VC-Business ist nichts für Einzelkämpfer, sondern ein Teamsport. Wir diskutieren leidenschaftlich und oft im Partnerkreis und mit dem Invest­ ment-Team. Denn viele Köpfe wissen halt mehr als ein einzelner. Daher gibt es keinen Tag ohne Austausch. Reguläre Sitzungen gibt es wöchentlich, andere monatlich – je nach Format und Größe des Teilnehmerkreises. Dort besprechen wir bestimmte Sektoren und Investment-Hypothesen im Detail. Das wichtigste Meeting ist das Investment Committee, in dem im Anschluss an eine Vor-Ort-Präsentation eines Gründerteams die finale Entscheidung über ein Investment und dessen Konditionen getroffen wird.

Das Startup-Business ist ja ein Outlier Business. Wie früh identifiziert man diese im eigenen Portfolio und welche Konsequenzen ergeben sich daraus? Cédric Köhler: Je nach Phase wenden wir verschiedene Messkriterien an, die wir kontinuierlich monitoren. Dies beinhaltet mitunter das Wachstum des Unternehmens, das Wachstum des Marktes, die Wettbewerbssituation bis hin zum Vertrauen in das Gründerteam. All dies muss man mit dem eigenen Shareholding und einem Erwartungswert der erhofften Rückflüsse inklusive des weiteren

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Finanzbedarfs kombinieren. Es kommt vor, dass man einer Firma das Vertrauen entzieht. Sprich: Man glaubt einfach nicht mehr an die Firma beziehungsweise an die Gründer. Das ist aber ein schmaler Grad. Wann werfe ich gutes Geld dem schlechten hinterher? Wird die Firma noch mal wie Phoenix aus der Asche emporsteigen und sich zum Star entwickeln? Es gibt Firmen, die schon mit anderthalb Füßen über dem Abgrund standen und die trotzdem genau diesen Turnaround erfolgreich bewerkstelligt haben.

Wie bewertet ihr eure Portfolio-Unternehmen? Wie oft wird diese Bewertung angepasst? Wie erfolgt die Berechnung von Portfolio-Werten? Jan Borgstädt: Wenn jemand behauptet, er könnte ein Startup genau bewerten, dann würde ich ihn sehr gerne kennenlernen. Aber im Ernst: Die Einstiegsbewertung ist das Ergebnis einer Verhandlung zwischen dem Gründer, dessen Gesellschaftern und uns. Da der Gründer auch mit anderen Investoren spricht und wir wiederum abschätzen, ob wir nicht besser in eine andere Firma investieren sollten, unterliegt die Preisfindung grundsätzlich den Marktmechanismen. Die Bewertung an sich ist aber nur einer von mehreren Terms, die wir verhandeln. Gründer legen hierauf immer sehr großen Wert, aber man vereinbart ein Gesamtpaket. Nach dem Investment bewerten wir unsere Beteiligung im Fund nach dem deutschen Handelsrecht (HGB), also zunächst einmal mit den Anschaffungskosten. An unsere Investoren berichten wir höhere Werte, sobald es zu Höherbewertungen durch Folgerunden kommt, deren Bewertung durch neue Investoren verhandelt wurde.

Wie lange dauert der Due-Diligence-Prozess und wie könnte er beschleunigt werden? Worauf legt ihr den größten Wert? Alexander von Frankenberg: Typischerweise brauchen wir rund zwei Monate für die Due Diligence, die wir als viel mehr als nur ein gegenseitiges Kennenlernen verstehen. Uns geht es darum, die Gründer und ihr Unternehmen sehr gut zu verstehen. Uns ist auch wichtig, dass die Gründer uns kennenlernen, mit unseren Stärken und Schwächen. Natürlich wollen wir verstehen, ob ein Investment aussichtsreich ist. Darüber hinaus wollen wir aber auch verstehen, wo wir uns am besten einbringen können. Entscheidend ist der Aufbau von Vertrauen. Wenn das nicht gelingt, investieren wir nicht. Darüber hinaus suchen wir nach einem funktionierenden Geschäftsmodell, echten Wettbewerbsvorteilen,


INVESTOREN Technologie und ordentlichem Wachstums­ potenzial.

Viele VCs haben Vorbehalte, wenn ein Startup beispielsweise Geld über Crowdfunding eingesammelt hat oder zu viele unwissende Business Angels mit am Tisch sitzen? Wie geht ihr mit so einer Situation um? Wie sieht der ideale Cap Table aus? Cédric Köhler: Klassisches Crowdfunding sehe ich bei Startups kritisch, da es in den frühen Phasen genügend Kapital am Markt geben sollte. Auf der anderen Seite steckt Crowdfunding immer noch in den Kinderschuhen – insbesondere für ganze Unternehmen. Ähnlich sehe ich es auch bei den ICOs, wo die Anzahl emittierter „Equity Tokens“ zunimmt. Ich denke, dass sich Crowdfunding und Equity Tokens neben klassischem Venture etablieren könnten, jedoch bleiben klassische „saubere“ Cap Tables bei VC beliebter. Zudem ist Crowdfunding-Kapital in den meisten Fällen auch kein „smartes“ Kapital. Wenn viele Angels mit am Tisch sitzen, kann

„Klassisches Crowdfunding sehe ich bei Startups kritisch“ Cédric Köhler

man diese poolen, was meistens kein Problem ist. Wenn sich die Firma dann sehr gut entwickelt, können Angels auch eine Chance darstellen, dass man als VC seinen Equity Stake durch eine Secondary-Transaktion erhöht – vorausgesetzt, Angels wollen ihr Investment mit einem guten Multiple realisieren. In einer idealen Welt sollte ein Cap Table nicht mehr als 10-15 Prozent Angel-Investoren haben. Die Gründer sollten signifikant am Unternehmen beteiligt sein und alle Kapitalgeber sollten tiefe Taschen haben, um das Unternehmen weiterzufinanzieren.

Wie oft tauscht ihr euch mit euren Portfolio-Unternehmen aus? Wie oft bekommt ihr Reportings und auf welche KPIs schaut ihr am meisten? Anton Waitz: Project A hat einen sehr operativen Ansatz mit 90 Experten aus den Bereichen IT, Marketing, Business Intelligence, HR, PR und Sales, die unseren Portfolio-Unternehmen „hands-on“ ihre Unterstützung anbieten. Entsprechend gibt es schon deshalb einen engen Austausch mit vielen unserer

Portfolio-Unternehmen. Auch auf Partnerebene versuchen wir, etwa alle zwei Wochen mit jedem Portfolio-Unternehmen in Kontakt zu stehen, meist sogar häufiger. Reportings erhalten wir in aller Regel monatlich. Welches dabei die wichtigsten KPIs sind, hängt sehr vom Unternehmen, dem Geschäftsmodell, der Industrie und der Phase ab, in der es sich befindet. Da wir aufgrund unseres operativen Ansatzes sehr nah an den Unternehmen dran sind, können wir Schieflagen früh erspüren und haben dann die entsprechenden Mittel, um gegenzusteuern. Rein operativ gelingt uns das natürlich nicht immer. Manchmal können wir zum Beispiel nicht vermeiden, dass ein Unternehmen, das zu schnell gewachsen ist, sich von Mitarbeitern trennen muss. Das ist natürlich immer eine unschöne Situation. Dann versuchen wir – meist auf Partnerebene –, den Gründern eng zur Seite zu stehen und das Unternehmen gemeinsam durch die Krise zu navigieren. Rainer Maerkle: Man muss da stark nach der aktuellen Phase eines Unternehmens unterscheiden. In der Zeit nach einem ersten Investment ist man extrem nah dran und kann oft am meisten zusammen formen. Dasselbe gilt für jegliche Spezialsituationen wie Finanzierungsrunden, Exits, strategische Deals. In solchen Phasen sind wir quasi in Dauerkontakt mit den Unternehmen, nicht selten mehrmals täglich. Dann kommen aber auch wieder Phasen, in denen die großen Leitplanken sortiert sind und das Management eher heads-down operativ in Ruhe arbeitet. Da nimmt man sich dann zurück und versucht, nicht zu stören. Unser Anspruch ist es, immer ganz genau zu wissen, wo ein Team und eine Firma stehen und was unsere Rolle in der jeweiligen Situation ist. Reportings bekommen wir monatlich. Teilweise bekommen wir wöchentliche oder tägliche KPIs. Wir wissen ganz genau, worauf man in der entsprechenden Phase und Situation schauen muss, wobei das ganz individuell ist. Wenn man so nah dran ist, hat man aber schon eine klare Sicht, ob etwas gut oder schlecht läuft, und reagiert entsprechend.

Welcher Teil eurer Arbeitsroutinen erfolgt manuell und welcher läuft automatisiert oder gar algorithmisch? In welchen Bereichen ist die VC-Szene besonders innovativ? Olaf Jacobi: Der Investmentprozess eines VCs teilt sich in Dealflow, Evaluierung und Investment auf. Auch wenn sich die Arbeitsroutinen bei jedem Investment sehr ähneln, gibt es nur wenige Bereiche, die man automatisieren kann. Unser Dealflow erreicht uns größtenteils durch die Gründer selbst oder

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INVESTOREN unser Netzwerk (VCs, Angels, Berater etc.). Dennoch gibt es auch Teams, die wir vollautomatisiert sourcen. Dabei monitoren (screenen und scrapen) wir relevante Websites zum Beispiel von Acceleratoren und Universitäten, um frühestmöglich auf spannende Themen und Teams zu stoßen. Evaluierung und Investment sind rein manuell. In Technologie-Startups zu investieren, ist „people business“ und eher Handwerk als Wissenschaft. Es erfordert Erfahrung, viel Detailarbeit und manuelle Interaktion zwischen Gründerteam und Investor. Hier sehen wir daher weniger Möglichkeiten für Automatisierung. Luis Hanemann: Wir haben mehrere Herangehensweisen, um die richtigen Startups zu finden. Wir haben einen algorithmischen Ansatz, der im Bereich des Screenings extrem hilfreich ist. Wir stellen somit sicher, dass wir sehen, welche Startups Erfolg versprechende Signale im Netz hinterlassen. Wir haben über fünf Jahre Entwicklungszeit reingesteckt und haben dedizierte Mitarbeiter, die sich nur um die Weiterentwicklung der Software kümmern. Hier sind wir als Eventures sehr weit. In der VC-Branche ist vieles aber auch noch sehr personenbezogen. Man muss die richtigen Leute kennen, auf den richtigen Veranstaltungen, Dinners etc. präsent sein. Ich habe auch den Eindruck, dass die Mischung aus Erfahrung und Bauchgefühl uns noch eine sehr lange Zeit begleiten wird. Wenn man bei einem Gründer oder einer Gründerin ein gutes Gefühl hat, kann das keine Software ersetzen. Trotz aller Technologie würde ich die Branche nicht per se als durchgehend innovativ beschreiben. Diversität fehlt wirklich, sehr männerlastig, häufig Menschen mit demselben Background.

Welche Tools nutzt ihr beispielsweise zum Managen eures Portfolios, zum Sourcing oder zur Konkurrenzbeobachtung? Verbringst du viel Zeit am Rechner? Anton Waitz: Wir kommunizieren immer noch viel per E-Mail, Telefon oder idealerweise im persönlichen Gespräch. WhatsApp und Slack werden ebenfalls sehr aktiv genutzt, sowohl intern als auch über portfolioweite Channel. Viel funktioniert auch über Google Applications wie Drive oder Docs. Unseren Dealflow managen wir mit Pipedrive. Aber auch klassische Project-Management-Tools wie Asana und Trello werden genutzt. Da tickt jedes Team bei Project A und den Ventures im Portfolio ein wenig anders. Da ich viel unterwegs und in Meetings bin, verbringe ich deutlich unter 50 Prozent meiner Zeit am Rechner. Wie häufig am Tag ich aber mein Handy raushole, um kurz eine Mail oder eine

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Textnachricht zu lesen und zu beantworten, will ich gar nicht genau wissen. Rainer Maerkle: Wir verwenden alle möglichen Tools und probieren viel Neues aus. Man darf da aber keinen Hokuspokus erwarten. Auf der Sourcingseite ist unser Netzwerk immer noch der entscheidende Faktor für den Dealflow. Natürlich lesen wir viel in den einschlägigen Blogs, tracken unsere Wettbewerber mit Datenbanken und durch Blognews. Kern der IT ist ein sauberes CRM zum Tracking aller Investment Opportunities. Auf der Portfolioseite arbeiten wir mit den Original-Reportings der Companies. Unser Ansatz ist, jede relevante Information von einem Portfoliounternehmen zu jeder Zeit zu haben, den Unternehmen aber keinen Zusatzaufwand aufzuerlegen. Ich denke, unsere IT ist effizient am Nutzen aufgesetzt. Natürlich verbringen wir einen großen Teil des Arbeitstages am Rechner oder mit diesem als Hilfsmittel. Absoluter Fokus liegt aber auf Treffen mit Unternehmern, Companies, Angels, anderen Investoren, Corporates, Investmentbanken etc. Wir wollen uns immer mit allen möglichen Marktteilnehmern auszutauschen, um voll auf Ballhöhe zu spielen. Das ist für uns immer noch deutlich wichtiger als jeglicher Einsatz von Tools.

Kannst du euren Dealflow skizzieren? Wie viele Anfragen bekommt ihr und über welche Kanäle? Kurt Müller: Unser Dealflow hat eine passive und eine aktive Seite. Im Schnitt erhalten wir 120 Anfragen pro Monat – das ist der passive Teil. Die ergiebigste Quelle für neue Deals ist unser eigenes Netzwerk, das wir über 18 Jahre aufgebaut haben. Es besteht aus persönlichen Kontakten zu Business Angels, anderen VC’lern und Inkubatoren, ebenso wie Unternehmern, Anwälten und Wirtschaftsprüfern. Sie bringen oft die erfolgreichen Intros, denn sie wissen in der Regel, was wir suchen. 20 Prozent der Anfragen kommen über externe Startup-Berater. Weitere 20 Prozent kommen direkt zu uns – wir nennen sie „Dear Investor“-Intros. Davon rate ich aber ab – zu oft passt der Business-Plan nicht zu uns. Besser ist es, einen Business Angel, Gründer oder anderen Ansprechpartner zu suchen, der den geeigneten VC kennt und das Intro übernimmt. Wir suchen aber auch aktiv nach neuen Deals, über Outbound-Marketing, auf Konferenzen, Networking‑Events und Workshops. Außerdem behalten wir immer die für uns interessanten Branchen-Sektoren im Blick.


INVESTOREN Gabriel Matuschka: Circa 60 Prozent der Startups, mit denen wir Kontakt haben, sprechen wir kalt an, das heißt, wir melden uns bei ihnen. Der Rest des Dealflows kommt, wie bei den meisten anderen VCs, über Empfehlungen aus dem Netzwerk an Angels, Co-Investoren wie anderen Seed VCs, Foundern und Mitarbeitern aus Portfolio-Unternehmen. Daniel Glasner: Wir haben einen sehr großen und wertvollen Pool an Unternehmern, die in Cherry investiert sind. Das sind erfolgreiche Gründer, Startup CEOs, Late-Stage-Investoren und Executives von großen Tech-Unternehmen, mit denen wir in der Vergangenheit erfolgreich gearbeitet haben. Sie können die Gründer unserer Portfolio-Unternehmen gezielt unterstützen, liefern uns aber auch sehr wertvollen Deal-Flow. Davon abgesehen sind wir der festen Überzeugung, dass man die meisten guten Deals selbst finden muss. Wir warten nicht darauf, dass sie zu uns kommen. Wir entwickeln für jede Industrie, auf die wir uns mit Cherry fokussieren, Investment-Hypothesen. Wir fragen uns, wo entlang der Wertschöpfungskette neue Technologieunternehmen entstehen können, die diese Industrien nachhaltig verändern können. Nach solchen Unternehmen suchen wir dann gezielt. Insgesamt sehen wir uns pro Jahr etwa 1.500 Deals aus ganz Europa näher an. Die gesamte Anzahl an Deals, die uns erreichen, ist deutlich höher, viel wird direkt aussortiert. Daniel Höpfner: Im vergangenen Jahr haben wir mehr als 1.000 Startups aus den verschiedensten Industrien gesehen. Der überwiegende Teil waren Pitchdecks, die aus unserem direkten Netzwerk oder über unsere Websi-

te zugesandt wurden. Mehr als 400 Startups haben wir tatsächlich bei uns im Büro oder auf Veranstaltungen live pitchen sehen. Mit 30 Startups haben wir uns sehr intensiv beschäftigt, die Gründer mehrmals getroffen und versucht, in Workshops deren Produkt und besonders ihre Motivation zu verstehen. Wir betreiben viel Ground-Work an Universitäten und deren Gründungsinitiativen, sind oft in Co-Working-Spaces und auf kleineren Veranstaltungen und Meetups, aber auch auf den typischen Startup-Events unterwegs und sprechen auch dort mit vielen, sehr interessanten (potenziellen) Gründern. Der wirklich qualitativ hochwertige Dealflow kommt aber aus unserem direkten Netzwerk – seien es unsere Portfolio-CEOs, Business-Partner oder Friends of Friends. Von den 30 Startups, die uns wirklich interessiert haben, kam der größte Teil aus diesem Netzwerk. Etwa eine Handvoll trafen wir auf Events. Von denen, die uns kalt angeschrieben haben, war keines dabei.

Worauf achtet ihr bei Präsentationen und Pitch Decks am meisten? Womit kann ein Gründer ganz schnell durchs Raster fallen? Olaf Jacobi: Ein großes Problem haben wir mit Decks, bei denen wir nach der Hälfte der Slides noch immer nicht wissen, worum es geht. Ein gutes Pitch Deck muss den Case, die Technologie, das Produkt und das Geschäftsmodell gut und verständlich darstellen. Außerdem muss ein Gründungsteam seinen Markt kennen und dies auch im Pitch Deck zeigen. Es muss klar zu erkennen sein, warum das Startup Venture Capital benötigt und warum gerade von uns. Weiter sind wir kein

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INVESTOREN Fan von Signaling-Versuchen wie das nächste Google oder Tinder für Immobilien. Damit kann man als Investor weniger anfangen.

Viele VCs möchten lieber im Hintergrund bleiben und stellen die Ventures in den Mittelpunkt. Wie wichtig sind für euch Kommunikation und Marketing? Alexander von Frankenberg: Wir wollen die besten Gründerinnen und Gründer erreichen und suchen technologiebasierte Unternehmen in der Seed-Phase. Da kennen wir uns sehr gut aus und können einen erheblichen Mehrwert leisten. In unserer Kommunikation wollen wir das transportieren. Es geht nicht um Selbstdarstellung und Hype. Dazu nutzen wir alle Kanäle von traditionellen Printmedien hin zu allen Formen der digitalen Medien. Der beste Weg ist allerdings die persönliche Empfehlung.

Wie differenziert sich ein Fonds? Wie wichtig sind klare USPs bei Investoren? Was sind eure? Daniel Glasner: Unsere Positionierung ist sehr klar, weil wir eine Lücke gesehen haben, die wir mit Cherry Ventures schließen wollten: Wir haben selbst große Tech-Unternehmen mit aufgebaut. Diese Erfahrung bringen wir bei unseren Investments ein und unterstützen damit unsere Gründer. Wir investieren in der Seed Stage also Pre-Series A, das heißt, wenn ein Unternehmen eine erste Version seines Produktes und damit erste Kunden gewonnen hat. Im ersten Schritt investieren wir zwischen 500.000 und zwei Millionen Euro. Danach können und wollen wir in weiteren Runden noch deutlich mehr investieren. Als generalistisch aufgestellter Fonds investieren wir in unterschiedliche Sektoren wie zum Beispiel Logistik und Mobility, Digital Health, Fintech, Travel und Hospitality und Food und Agritech. Wichtig ist uns dabei immer eine starke Differenzierung des Unternehmens durch Technologie. Wir suchen keine Copy-Cats. Wir glauben, dass wir aufgrund unseres operativen Hintergrunds jedem Gründer in den ersten Jahren

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beim Aufbau und Wachstum seines Unternehmens entscheidend helfen können. Dabei geht es um die richtigen Entscheidungen im Aufbau, Hiring, Strategie, aber auch Fundraising für die nächste Runde. Wir arbeiten mit den besten Gründern Europas und unterstützen sie beim Aufbau von globalen Marktführern. Unser regionaler Fokus ist dabei Europa mit einem starken Fokus auf Berlin, wo wir auch ansässig sind. Gabriel Matuschka: Angesichts der zunehmenden Anzahl an VC-Fonds, aber auch der Startups, ist Differenzierung auf der Investorenseite wichtig. Fly Ventures konzentriert sich auf eine bestimmte Phase (Seed) und hat einen thematischen Fokus auf stark softwarelastige Unternehmen, die mit Machine Learning Business-Automatisierung erreichen. Ein USP dabei ist sicher, dass zwei der Fly-Partner zuvor frühe Nutzer dieser Technologien in Google waren.

Habt ihr als Fonds internationale Vorbilder? Wenn ja, welche? Warum? Was können diese besser als ihr? Tobias Johann: Wir haben kein konkretes einzelnes Vorbild, sondern sind mit Rheingau stark angepasst an unser deutsches beziehungsweise europäisches Ökosystem und mit individuellen Stärken und Zielen gewachsen. Grundsätzlich sind wir jedoch große Fans von „entrepreneurial driven“ Fonds, bei denen nicht ehemalige Banker oder Anwälte den Ton angeben, sondern (ehemalige) Gründer. Gerade im US-amerikanischen Markt sieht man, dass viele Fonds ein sehr viel stärkeres, operatives Know-how haben und dieses auch einsetzen. Das vermisst man bei vielen althergebrachten deutschen Fonds. Ein Fondsmanager sollte dem Gründer als proaktiver, konstruktiver Partner auf Augenhöhe begegnen – und nicht als hierarchisch wahrgenommenes, passives Kontrollorgan. Man merkt das in Deutschland an den immer beliebteren „Boards“. In den USA ist ein Boardsitz eine Verpflichtung gegenüber dem Unternehmen, dessen Berater oder Repräsentant man ist. Man hat als Boardmember das Recht und die Pflicht, das Startup strategisch zu betreuen und mitzuentwicklen. Dafür ist man auch persönlich haftbar. Die Interessen des Gesellschafters, der einen als Boardrepräsentant entsandt hat, sind zweitrangig. In Deutschland verstehen viele VCs das Board als oberstes Veto- beziehungsweise Kontrollorgan und vertreten dort prioritär ihre eigenen Interessen, ohne etwas zu gestalten oder Verantwortung zu übernehmen. In Deutschland gibt es auch keine persönliche Haftung für Boardsitze.



Welche Konferenzen sind für euch relevant? An wie vielen Events nimmt euer Team pro Jahr teil? Wann war es ein erfolgreiches Event? Veranstaltet ihr selbst Events? Kurt Müller: Events sind für uns sehr wichtig, einerseits zum Fundraising, aber vor allem, um Kontakte zu knüpfen, sich mit Kollegen auszutauschen und interessante neue Startups zu finden. Allein dieses Jahr besuchen wir mehr als 30 Events, gut drei Viertel davon finden in Deutschland statt mit Schwerpunkt München und Berlin – Superventure, Forum UnternehmerTUM oder NOAH, um ein paar zu nennen. International sind wir zum Beispiel auf dem Investors‘ Forum oder der SaaStr unterwegs. Selbst veranstalten wir zum Beispiel regelmäßig den TechBrunch, ein lockeres Treffen für alle Tech-Enthusiasten, die eine Idee haben und gründen oder sich informieren und austauschen wollen.

„AlleWir verwenden alle möglichen Tools und probieren viel Neues aus. Man darf da aber keinen Hokuspokus erwarten“ Rainer Maerkle

Daniel Höpfner: Da wir als VC einen sehr starken Berlin-Fokus haben, gehen wir überwiegend auf Events, die in Berlin oder zumindest in Deutschland stattfinden. Im vergangenen Jahr waren wir auf mehr als 50 Events aktiv dabei – in diesem Jahr werden es ähnlich viele. Einmal gehen wir auf die großen Branchen-Events wie die NOAH oder das Tech Open Air, sind aber überwiegend auf kleineren Veranstaltungen wie der Spätschicht oder verschiedenen Meetups unterwegs. Viel Spaß macht uns unsere eigene Eventreihe „Inside Venture Capital“, bei der wir alle zwei Monate in unser Büro einladen und zu einem spannenden Thema eine Diskussion mit Experten organisieren. Und danach können Interessierte mit uns bei Bier und Pizza ausführlich sprechen. Während dieser Events haben wir bereits viele interessante Gründer getroffen.

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INTERVIEW

„Viele unserer Firmen sind klare Marktführer“ Partner Ludwig Ensthaler über die Investment-Strategie des weltweit agierenden VCs Global Founders Capital. Das Gespräch führte Jan Thomas.

Wenn man sich eure Investments der letzten 18 Monate anschaut, scheint ihr euch prächtig zu entwickeln, insbesondere auch in den USA. Unser Portfolio ist in den letzten knapp zwei Jahren kontinuierlich gewachsen, nicht nur in Nordamerika, sondern auch in den anderen Regionen. Wie sieht eure Unterstützung aus? Es gibt Bereiche, die in der DNA einer Firma liegen. Bei Away sind das beispielsweise Produkt, Branding und die Ansprache der Konsumenten. Da können wir nur bedingt unterstützen. Genauso wenig, wie wir für eine Softwarefirma den Code schreiben. Die Themen, bei denen wir oft helfen können sind Hiring, Roll-out, und Marketing. Unsere primäre Aufgabe besteht aber darin, Wachstum zu finanzieren. Welche Rolle spielt Rocket Internet? GFC ist der Investmentarm von Rocket Internet. Bei Bedarf auf die Expertise von Rocket zurückgreifen zu können, ist natürlich ein großer Vorteil. Wie hat man sich die Struktur von GFC vorzustellen? Wir sind ein globales Team von circa 20 Investment Professionals mit Büros in Asien, Europa, Latein- und Nordamerika. Angeblich habt ihr eine Milliarde US-Dollar under management. Trifft das zu? Wir können auch größere Wachstumsrunden leiten.

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Großartige Firmen können sich nicht selten ihre Investoren aussuchen. Was sind aus deiner Sicht die entscheidenden Faktoren, um bei diesen Firmen zum Zug zu kommen? Wie positioniert ihr euch? Bei vielen Technologie- und Wachstumsinvestments ist es zum Zeitpunkt der Investition nicht offensichtlich, wie groß das Potenzial des Unternehmens wirklich ist. Es ist uns einige Male gelungen zu investieren, bevor der Trend allgemein deutlich geworden ist. Das führt zu selbstverstärkenden Effekten. Wenn wir an ein für einen Markt wichtige Firma sehr früh geglaubt haben und diese sich dann sehr gut entwickelt, führt das oft zu einem Interesse von Unternehmen mit ähnlichem Geschäftsmodell. Wie wichtig ist denn eine klare Positionierung von Investoren? In einigen Bereichen sind wir ein logischer Ansprechpartner. Wenn man beispielweise unsere Investments in den großen Konsumentenmärkten betrachtet, dann nimmt man uns als sehr erfahrenen Investor wahr. Wir wollen uns als Fonds aber gar nicht so groß selbst vermarkten, sondern vielmehr unsere Portfoliofirmen in den Vordergrund stellen. Ihr seid global aufgestellt. Wie schafft ihr es, bei der Vielzahl von Startups, vielversprechende Unternehmen früh zu identifizieren? Das ist eine Mischung aus quantitativem und thematischem Screening. Und dann spielt natürlich ein sehr gutes Netzwerk aus Co-Investoren und bestehenden Portfoliogründern eine wichtige Rolle. Welche Märkte sind außerhalb der USA für euch interessant? Wie unser Name schon sagt, sind wir ein globaler Fonds. Wir investieren in Asien, Europa, Latein- und Nordamerika. In Deutschland haben wir in letzter Zeit zum Beispiel in Hometogo, Freighthub oder Personio investiert. In Australien etwa in Canva.

Foto: Ludwig Ensthaler

Als wir uns vor anderthalb Jahren kennenlernten, hattest du kurz vorher die Series A bei Away geleitet und warst glücklich mit dem Deal. Bist Du es noch? Away hat sich außergewöhnlich gut entwickelt. Mittlerweile ist Away eine der größten VC-finanzierten Directto-Consumer-Brands. Wir hatten hohe Erwartungen, aber dass Away ein derart starkes Wachstum zeigen würde, war damals nicht abzusehen.


INTERVIEW Sind Deals in Amerika aufgrund der Schwemme an VCs unter Umständen teurer als anderswo? Welche Rolle spielt der Preis? Die Bewertungen sind in Nordamerika zum Teil höher als in anderen Regionen. Die M&A-Aktivität und die Exit Multiples sind dort im Verhältnis aber ebenfalls sehr hoch. Insofern relativiert sich das. Kannst du nochmal eure Investmentthese schärfen? Wonach genau sucht ihr? Away ist eine Direct-to-Consumer-Brand in einem sehr großen Markt, Spothero ist ein Massenmarkt-B2C-Marktplatz, Hometogo eine Massenmarkt-Meta-Search-Engine und Slack und Personio sind Massenmarkt-SaaS-Produkte. Diese Beispiele zeigen: Im Fokus stehen Firmen, die sehr große Märkte für Endkonsumenten oder für Menschen am Arbeitsplatz bedienen. Und das wird auch so bleiben? Wir sind offen für Investitionen in Frontier Technologies, gerade auch in Europa. Ihr investiert in unterschiedlichsten Stages, von Seed bis zuletzt Series G bei Slack. Wie kommt das? Unsere Investmentstrategie ist phasenunabhängig und -übergreifend. Das ist gar nicht einmal besonders exotisch. Andererseits ist es richtig, dass viele ande-

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INTERVIEW

GFC Investments (Auswahl) re Fonds auf bestimmte Phasen fokussiert sind. Das ist eine häufig geführte Diskussion unter größeren Investmentfonds: Sollte man Seed machen oder lieber nicht? Am Ende des Tages muss man überlegen, ob man sich damit wohlfühlt und gute Erfahrungen damit gemacht hat. Kannst du den Slack-Deal etwas einordnen? Es ist ja schon bemerkenswert, dass ihr da in dieser Phase zum Zuge gekommen seid. Für die Größe des Unternehmens hat Slack bisher verhältnismäßig wenig Geld aufgenommen. Wir sind als einer der ersten internationalen Fonds bei Slack investiert. Ich kann nicht in letzter Konsequenz für Stewart (Stewart Butterfield, Gründer von Slack; Anm. d. Red.) antworten, aber ich glaube, dass er einen klaren Mehrwert gesehen hat, auch gerade im Zusammenhang mit der Expansion nach Europa.

„Sollte man Seed machen oder lieber nicht? Das ist eine häufig geführte Diskussion unter größeren Investmentfonds“ Stewart Butterfield hatte neulich erzählt, dass Slack eigentlich gar kein Geld benötigt hätte, sondern primär mit Softbank anbandeln wollten. Ich kann das nicht bestätigen, aber es würde mich nicht überraschen, wenn es so wäre. Kannst du uns einen Einblick in die Psyche eines Investors geben? Wann beginnt bei dir das Kribbeln, dass du sagst: „In diese Firma möchte ich unbedingt investieren“? Wenn wir etwa in der C-Runde investieren, liegen bereits eine ganze Menge an Daten vor. In der Seed-Phase entsprechend weniger. Es gibt für jede Investmentrunde Meilensteine, bei denen man sagt: „Ja, bei dieser Wachstumsrate zu diesem Zeitpunkt qualifiziert das für eine Series A, B oder C.“ Darüber hinaus sehen wir wirklich sehr gern eine klare Marktführerschaft. Viele unserer Portfolio­ firmen sind, auch wenn sie noch jung sind, bereits klare Marktführer. Und natürlich wollen wir das beste Team haben.

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INTERVIEW

Gesa Miotrunde

Weitere Investoren der Runde

$ 5 Mio $ 1 Mio € 10 Mio n.a. € 4.8 Mio $ 11 Mio € 3 Mio n.a. € 10 Mio $ 2.2 Mio $ 14.8 Mio $ 2 Mio $ 20 Mio € 3 Mio $ 22.5 Mio £7 Mio $ 1.8 Mio £36 Mio n.a. $ 2.1 Mio $ 250 Mio $ 3.1 Mio $ 5.3 Mio n.a. $ 11.7 Mio $ 1.7 Mio $ 12 Mio $ 2 Mio n.a. $ 1.7 Mio $ 2.9 Mio € 6 Mio $ 775K $ 13 Mio £1.8 Mio $ 2.7 Mio $ 31 Mio $ 30 Mio $ 2 Mio $ 4 Mio $ 1.5 Mio £20 Mio $ 20 Mio $ 1.8 Mio $ 2.2 Mio € 6 Mio € 10 Mio $ 10 Mio $ 200K £4.4 Mio £8 Mio £7.2 Mio n.a. n.a. n.a. € 18 Mio n.a. £600K

Tom Williams, Revolution Ventures Angel Syndicate, Vast Ventures, Great Oaks Venture Capital Alpha Capital, Daphni, Cathay Capital, Aglaé Ventures Index Ventures, Rocket Internet, Project A Northzone, Accel Partners u. a. Lakestar, SevenVentures, Kompass Digital, AXA Group und Helvetia Venture Fund Motu Ventures, Rolf Schrömgens, Project A Picus Capital, German Ventures, STS Ventures Creandum, Speedinvest, Picus Capital, Avala Capital Manta Ray, Initial Capital u. a. RRE Ventures, Spider Capital, Picus Capital, Runa Capital und Lerer Hippeau u. a. Think +, New Enterprise Associates, Unshackled Ventures, Geoff Donaker und Varsha Rao La Famiglia, Northzone, Cherry Ventures, Cavalry Ventures Global Growth Capital, Antai Venture Builder u. a. FundersClub, Hummingbird Ventures, Lumia Capital und Anshul Ruparell LocalGlobe, MMC Ventures, White Star Capital Yves Weisselberger, Yannis Yahiaoui, Bpifrance, The Family, Kima Ventures Picus Capital Insight Venture Partners, DN Capital, Rocket Internet, Acton Capital Partners u. a. Christopher J. Dean, Todd Arky, Maria Thomas, Teamworthy Ventures und RiverPark Ventures SoftBank, Accel Partners Alven Capital, Kima Ventures u. a. Angel Round - CarDash, NextGen Venture Partners, Felicis Ventures und Justin Waldron keine weiteren Investoren u. a. FJ Labs, Arnaud Achour, Rocket Internet Capital Partners Fund und Silvertech Ventures Reaktor Ventures, Tekes, Henric Suuronen, London Venture Partners Northzone, Picus Capital, Picus Capital SV Angel, Khosla Ventures, The House Fund u. a. Venture Round - bxblue, AltaIR Capital, Venture Round - bxblue und KF Ventures u. a. Charlie Songhurst, Concrete Venture Capital, Nicolas Berggruen, Savills und Chris Mairs Angel Round - Pandascore, Julien Lemoine, John Maloney, Alven Capital, 50 Partners, NUMA" Le Studio VC, Partech Ventures, Daphni, eFounders, Kima Ventures, IronCapital Nicholas Khoo, Rocket Internet, Robert Chew, Pieter Walraven, Harri Manninen Vertex Ventures, GSR Ventures, Fullerton Financial Holdings, SBI-FMO Fund, Silicon Valley Bank keine weiteren Investoren u. a. NFX, SignalFire, Kevin Hartz, Charlie Songhurst, FF Angel LLC und Diana Moldavsky u. a. Vertex Ventures, Marker, Innovation Endeavors und Deutsche Telekom Capital Partners Corazon Capital, Pritzker Group Venture Capital TACK Ventures, Novel TMT Ventures, Brand Foundry Ventures, Lerer Hippeau, Sterling.VC btov Partners New Enterprise Associates, Founders Fund Transmed, Delivery Hero, JOBI Capital, Atami Capital Forerunner Ventures, Comcast Ventures, Space Pirates, Accel Partners u. a. S2 Capital, Immad Akhund, Y Combinator, Matt Pfeil, Grant Gurtin und Will Hayes u. a. Ryan Petersen, Y Combinator, AngelList, Rocket Internet und Mathilde Collin FLOODGATE, Adam D’Angelo, Kima Ventures, Atlantic Labs, RubyLight Uwe Horstmann, Tripos Intel Capital, CF, 500 Startups, 645 Ventures, FundersClub Passion Capital, Nominet Trust, 500 Startups, Bupa, Wild Blue Cohort, Passion Capital Revolution Ventures, Tom Williams Passion Capital, Picus Capital, Tim Bunting Angel Round - Goodlord, Ribbit Capital, LocalGlobe, QED Investors Philipp Moehring, Motu Ventures FundersClub FundersClub Altpoint Ventures, HV Holtzbrinck Ventures, Hasso Plattner Ventures, Target Global, Dimaventures Redpoint eventures Andrin Bachmann, Alice Bentinck, Michael Pennington, 7percent Ventures, Matt Clifford

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INTERVIEW

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INTERVIEW

„Sonst hätte man auch Beamter werden können“ Was wurde eigentlich aus Axel Hesse? Ein Gespräch über … Von Lotta Träger

… sein Leben nach Gutscheinpony: Wir haben mit Cluelist eine App kreiert, mit der man sich kostenlos von Clubs und Diskotheken auf Gästelisten setzen lassen konnte. Viele Clubbetreiber wollten jedoch bewusst keine Transparenz in ihren Prozessen und Besucherzahlen und haben sich bewusst gegen uns entschieden. In anderen Ländern ist die Gastronomieszene transparenter, perfektionierter und zahlt ensprechende Steuern.

Mir kommt es so vor, als wäre die Startup-Industrie das neue Hartz IV

Foto: Kate Kondratieva

… seine Video-App Vyda: Nachdem klar war, dass Cluelist nicht abhebt, haben wir eine weitere App gemacht, mit der Du sehen kannst, was in Deiner Umgebung passiert. Ähnlich wie Facebook-Events, nur mit Livestreaming, denn natürlich wäre es geiler zu wissen, was im Club los ist, bevor man hingeht. Wir haben kurz nach Meerkat und Periscope gelauncht und waren die Nummer drei am Markt, bis ein Investment geplatzt ist. Trotzdem haben wir inzwischen 750.000 Downloads und geben weiter Gas. … seinen Pivot. Jedes Projekt hat ein Zeitfenster. Durch das ausgebliebene Investment haben wir Chancen verpasst. Daher fokussieren wir uns mit unserer One-Click-Video-Technologie auf den B2B-Bereich. Hier sehen wir großen Bedarf, etwa bei Versicherungsunternehmen, Healthcare oder Reinigungsfirmen, wo ja großer Personalaufwand herrscht. Ein typisches Versicherungsunternehmen hat in

der Schadensregulierung etwa 1.000 Mitarbeiter, die pro Tag je 5-6 Fälle bearbeiten können. Mit unserer Software können die Endkunden ihren eigenen Schaden dokumentieren, was Fahrtzeiten minimiert. Der B2B-Bereich ist viel angenehmer, weil Du nicht gleich 100 Millionen Euro für die Vermarktung ausgeben musst. Und wir sind ja gebootstrapped und freuen uns über zahlenden Kunden. Unser Ziel: schnellstmöglich cashflow-positiv werden. … Startups Manchmal kommt es mir vor, als wäre die Startup-Industrie das neue Hartz IV. Mich stört vor allem, dass man oft das Geld anderer Leute ausgibt. Viele wollen eher im Soho-House chillen, als produktiv zu sein. Vieles ist auch nur Erhitzung für die nächste Investment-Ebene. Meines Erachtens sollte das Grundziel sein, so schnell wie möglich profitabel zu werden. … Digitalisierung in Deutschland Wenn man sich vor Augen führt, wie oft hierzulande schon schnelles Internet gefordert wurde, dann sieht man Deutschland inzwischen eher als Dritte Welt-Land. Selbst Marokko hat schnelleres Internet als wir. … Druck Druck kommt durch Unsicherheit. Deine Konstante ist ja das Unstete. Damit musst Du klarkommen. Und Deine geistige Flexibilität und Anpassungsfähigkeit sind das wichtigste. Das zeichnet den Unternehmer aus. Sonst hätte man auch Beamter werden können. Aber da bist Du ja bei Deinem Einstellungstermin schon totes Fleisch. … Kiew Day and Night. Das ist eine Telenovela basierend auf einer Lizenz von „Berlin Tag und Nacht“. Ich bin da zufällig reingerutscht, weil ich mit einem der Hauptdarsteller Kaffeetrinken war. Ich wurde ins Studio eingeladen - und habe dann trotz fehlendem schauspielerischem Talent einige Folgen mitgespielt. Dabei kam mir zugute, dass ich mich selbst gespielt habe, also einen deutschen Ausländer in der Ukraine. Jetzt drehe ich meine eigene Comedyserie.

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IN EIGENER SACHE

Verlosun

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WANTED! Ihr seid ein Social Startup oder im Begriff eines zu werden? Reduziert ihr den CO2-Verbrauch, habt Strategien, wie hochpreisige Produkte auch sozial schwachen Schichten zugute kommen, oder helft Grenzen zu überwinden? Macht ihr unsere Welt schlichtweg ein bisschen besser? Dann bewerbt euch jetzt bis zum 27.04.2018 als „MOST RADICAL ACT OF KINDNESS“.

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Sendet uns dazu einfach ein Motivationsschreiben, eine Kostenauf­ stellung und Details zum Impact, den ihr auf die Straßen bringen wollt – in einer E-Mail mit dem Betreff „The Most Radical Act of Kindness“ an Admin@WD-Forum.org. Überzeugt uns, dass ihr die Welt verändern werdet! Teilnahmebedingungen und Infos findet ihr auf berlinvalley.com.

Foto: Johannes F. Räbel

„The Most Radical Act of Kindness“


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Kämpfen für guten Geschmack: Sternekoch Max Jensen und das beste Team der Welt

STAY FOCUSED, STAY FIT – GESUND UND LECKER Wie Berlin Cuisine mit Contemporary Conferencing euch fit für lange Konferenztage macht Konferenzen inspirieren und bringen einen voran – aber sie können auch super anstrengend sein. Den ganzen Tag hochkonzentriert bleiben, aufmerksam zuhören und on point mitdiskutieren. Ohne Pausen und nährstoffreiches Essen reichen die Power-Ressourcen selten bis zum letzten Programmpunkt. Die Konferenzrealität sieht jedoch häufig anders aus: Viel Fett und Kohlenhydrate zum Mittag, überzuckerte Snacks und Schokocroissants für zwischendurch. Dabei gibt es einfache Rezepte, die das Energielevel auf gesunde und überaus leckere Weise oben halten. Max Jensen, ausgebildeter Sternekoch und Geschäftsführer des Catering-Start-ups Berlin Cuisine, kennt sie: „Salate und Smoothies aus unverarbeitetem Obst und Gemüse, dazu ausgewählte Super Foods – richtig kombiniert werden daraus echte Energy Boosts.“

HEALTHY CATERING GEGEN DIE BLUTZUCKER-ACHTERBAHN Mit seinem innovativen Contemporary-Conferencing-Konzept unterstützt Berlin Cuisine Teilnehmer von Panels, Workshops und Vorträgen dabei, länger fit zu bleiben – mental und körperlich. Für Max sind Rohkost, Chia, Nori-Alge und Nüsse nicht bloß ein Trend. Er weiß: Zucker sorgt nur für einen kurzen Schub, danach geht es steil bergab auf der Blutzucker-Achterbahn. Dagegen liefert vitaminreiches Essen deutlich länger Energie. Dass gesund und grün aber nicht nach Biokiste aussehen muss, beweisen die Food-Profis von Berlin Cuisine jeden Tag aufs Neue. An ihren Foodstationen und mit Flying Buffets präsentieren sie frisch

zubereitete Kreationen in beeindruckenden Arrangements und Farben. „Den Kampf gegen die Überdosis Zucker werden wir nur mit besser schmeckenden Smoothies, Salaten und Contemporary Taste gewinnen“, ist sich Max sicher. Damit haut er einmal mehr neue Impulse in die Catering-Welt. Denn: Bei Berlin Cuisine geht es immer anders, immer noch zeitgenössischer. Das weiß auch das Fachmagazin „Catering inside“ zu schätzen und prämierte Berlin Cuisine zum Caterer des Jahres 2017 in der Kategorie „Event Concepts“. Gesund und innovativ: Contemporay Taste by Berlin Cuisine


DIGITALE NOMADEN

Einfach mal am Meer arbeiten Nach der zehnten 80-Stunden-Woche in ­Folge wollte Swapper-Gründer Joel Monaco raus aus dem Alltag und rein ins Paradies.

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Zwischen Meer und Infinity-Pool: Joel auf dem Weg zur Arbeit in Lovina Beach in Singaraja.

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DIGITALE NOMADEN

Täglich wird man mit Bildern von jungen Influencern bombardiert, die ständig um die Welt reisen und ein Paradies nach dem nächsten abklappern. Wer kommt da nicht ins Träumen? Natürlich konnte ich mich als Gründer nicht einfach mal für zwei Monate verabschieden. Aber als Di­ gi­taler Nomade die Herausforderung wagen und aus der Distanz das tägliche Geschäft regeln und gleichzeitig auf globaler Ebene neue Kontakte knüpfen? Eigentlich ein interessantes Experiment. Das fanden auch Expedia, Hotels.com und Airfrance, die ich als Sponsoren gewinnen konnte – und so begab ich mich im Januar auf meine Reise ins Unbekannte. Kapitel 1: Bangkok – der Hotspot Kaum setzt man den ersten Fuß aus dem Flieger, fühlt es sich an, als liefe man gegen eine Wand. An den Temperaturunterschied von gut 30 Grad und 80 Prozent Luftfeuchtigkeit muss man sich erst einmal gewöhnen. Aber das Ziel habe ich klar vor Augen: Daily To Dos erledigen, die Stadt entdecken, die Gründerszene erkunden! Und vor allem für Letzteres hat sich Bangkok als perfekter Hot­ spot herausgestellt. Hier wimmelt es nur so vor Coworking Spaces. Neben Acceleratoren wie AIS und erfolgreichen Fintech-/Krypto-Startups wie Omise wird hier aber

„Die Sharing-Economy wird hier in Bangkok großgeschrieben“

Fotos: Joel Monaco

vor allem die Sharing Economy großgeschrieben. Dutzende Food-Lieferdienste, Car-, Scooter- und „TukTuk”-Sharings sowie Plattformen zur Wohnungsvermietung lauern hinter jeder Ecke. Ein perfektes Pflaster für jemanden mit einer Tausch-App! Durch die neuen Kontakte haben sich tatsächlich einige potenzielle Kooperationen für die Zukunft ergeben – und auch eine Menge Unterstützung für unsere Expansion nach Südostasien. Kapitel 2: Ko Samui – der Kulturschock Langsam macht es sich bemerkbar, dass ich am anderen Ende der Welt bin … Ko Samui ist die zweitgrößte thailändische Insel, östlich vom Festland gelegen und im Prinzip fast offline. Das erschwert natürlich die tägliche Arbeit, da man als Digital Nomad auf nichts mehr als auf eine verlässliche Internetverbindung angewiesen ist. So ist es nicht überraschend, das die Startup-Szene hier nicht wirklich vorhanden ist. Um aber vielleicht doch in Kontakt mit dem einen oder anderen Gründer und Investor zu kommen, muss ich auf ein bewährtes Mittel zurückgreifen: LinkedIn! Auf Ko Samui hat sich trotz längerer Suche leider nichts ergeben. Doch in den folgenden Wochen sollte mich diese Methode noch weit nach vorn bringen.

Neue Freunde: Joel mit John Lee und Dee Benoit, den Gründern von Culture Mee.

Kapitel 3: Phuket – ein Gründerparadies? Nun wird es schon spannender! Phuket ist eine Mischung aus tropischem Urlaubsziel und Zeichen des Fortschritts in Thailand. Genauso beschrieb es mir auch Benoit Anglade, der nun bereits seit längerer Zeit hier lebt und vor genau drei Jahren gemeinsam mit seiner Frau Stephanie Heaven Rentals gründete. Eine Art Airbnb, ausschließlich für Luxusvillen im südostasiatischen Raum. Die Vor- und Nachteile, hier ein Startup aufzuziehen, gleichen sich seiner Meinung nach aus. Das System ist sehr bürokratisch und gerade als Ausländer hier eine Firma eintragen zu lassen, ist mit wirklich viel Zeit und Arbeit verbunden. Geringere Steuern, günstige Arbeitskräfte sowie laufende Kosten zu einem Bruchteil unserer gewohnten Norm (drei Euro für ein eigenes Zimmer im Coworking Space inklusive Internet und unbegrenzt Kaffee) verleiten dennoch immer mehr Europäer dazu, ihr Glück hier zu versuchen. Der Preis für das Leben im Paradies ist, und das lässt mich als Gründer im Gespräch kurz aufschrecken, dass Ausländer nicht die Mehrheit am eigenen Unternehmen besitzen dürfen. Als Gründer muss man hier also gleich zu Beginn mindestens 51 Prozent seiner Firma an einen thailändischen Investor abgeben. Außerdem müssen auf jeden ausländischen Angestellten vier thailändische Angestellte kommen. Thailändische Gründer selbst gibt es noch nicht so viele, was zum einen an der Kultur und dem leider noch nicht allzu fortschrittlichen Bildungssystem liegt – mal abgesehen von den Top -Unis in Bangkok. Kapitel 4: Canggu auf Bali – Asiens Venice Beach Canggu im Süden ist ein Surfer-Hotspot auf der indonesischen Insel Bali: Straßenkünstler an jeder Ecke, Live-Musik am Strand, Hipster-Läden, vegane Restaurants und jede Menge Startups. Kaum angekommen kamen Erinnerungen hoch an meinen Aufenthalt in Venice Beach vor zwei Jahren, wo ich den Snapchat-Gründer Evan Spiegel treffen durfte. Und auch hier konnte ich einige spannende Entrepeneurs treffen. Allen voran Jonathan Algreen, ein Serial Founder und Investor aus Dänemark, der sich nach der Gründung von mehr als zehn Startups und Foundations nun mit seiner

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DIGITALE NOMADEN

Familie in Canggu niedergelassen hat. Zurzeit baut er hier zusammen mit seiner Frau eine Lifestyle Brand namens 1 People auf. In seinen Worten ist die indonesische Insel das neue Amerika: wirtschaftlicher Aufschwung, ausrei-

„Es wirkt, als seien die Menschen hier risikobereiter als in Deutschland“ chend Venture Capital und Inkubatoren. „If you’re a Drea­ mer, come to Bali!“ Selbst beschreibt er sich als Social Entrepreneur, denn alle seine Projekte bringen einen positiven sozialen, meist grünen Aspekt mit sich, weshalb ihn Swapper schwer begeisterte. Zwar war es bislang

nicht meine Absicht, in Indonesien auf die Suche nach Investoren zu gehen, doch anscheinend bietet sich hier tatsächlich eine Chance, da er ohne zu zögern direkt fragt, ob eine Beteiligung möglich sei. Alles in allem hat mich die Reise bislang wirklich überrascht. Man begegnet unglaublich vielen begeisterten Investoren und Gründern, die an die Zukunft Indonesiens und Thailands glauben und eine wachsende Startup-Szene ins Leben gerufen haben. Es wirkt, als seien die Menschen hier risikobereiter als wir in Deutschland. Unerschrocken stellen sie sich den Herausforderungen, denen man als Gründer entgegentritt. Möglicherweise auch ein Grund, weshalb viele Europäer hier ihr Glück versuchen.

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Foto: Joel Monaco

Sehnsucht nach dem nächsten Paradies: Von Ko Samui zieht Joel weiter nach Krabi.


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Individuell und persönlich: Konferenzräume für jeden Anlass

TIME SAVING BUSINESS Wäre Zeit wirklich Geld, wie viel würden Sie dann verschwenden? Tausende Stunden Arbeitszeit gehen jährlich in Meetings verloren. Bis zu 204 Stunden verbringt ein Angestellter pro Jahr in Konferenzen. Das entspricht etwa 15 Prozent seiner Arbeitszeit. Im mittleren und oberen Management bewegen sich die Zahlen sogar zwischen 35 und 50 Prozent, so die Bain & Company Inc. in einer Studie. Wenig verwunderlich ist es da, welch hohen Stellenwert die Optimierung von Zeitmanagement und die Effizienz von Meetings heutzutage haben.

Fotos: Hanna Engbring (Konferenzraum), Nicoco Arts (Team)

WORAUF ES ANKOMMT: ZUVERLÄSSIGE PARTNER Bei einem effizienten Meeting zählen Setup und Komfort. Auf unbequemen Stühlen denkt es sich nicht konstruktiv, schlechte Beleuchtung verursacht Müdigkeit. Solch unproduktiv anmutende Meetings in inspirierende Locations zu verlegen, ist da nur die logische Konsequenz. Die TSB Berlin GmbH hat diese Herausforderung erkannt und setzt auf innovativen Wandel und zuverlässige Kompetenz. Individuelle Meeting-Setups und die persönliche Betreuung sind ebenso Servicebestandteil wie ein umfassendes Veranstaltungsmanagement. Die Versorgung mit Snacks, Catering und Getränken sorgt für das Wohlbefinden aller Teilnehmer. „Erprobte und doch flexible Konzepte bringen Menschen näher zusammen und fördern das Wir-Gefühl", sagtDanielle Hoffmann, operative Leitung der Konferenzzentren der TSB Berlin GmbH. „Wir wissen, wie verantwortungsvoll Unternehmen heutzutage mit der Ressource Zeit umgehen müssen. Und genau hier kommen wir ins Spiel. An fünf Standorten in Berlin bieten wir ein Höchstmaß an Flexibilität und ein breites Spek-

trum an Veranstaltungsmöglichkeiten: vom Personalgespräch über Workshops bis hin zu umfangreichen Betriebsversammlungen. Wir haben es uns zum Ziel gesetzt, die Effizienz der Meetings unserer Kunden optimal zu gestalten. Nehmen wir ihnen diese oft lästige Organisation und Betreuung ab, bleibt den Unternehmen mehr Zeit für das Wesentliche – ihr Business.“ tsb-service.com Veranstaltungsmanagement: Danielle Hoffmann (untere Reihe, 2. v. l.) und ihr Team


COWORKING INTERNATIONAL

Eine Villa für die Startup-Szene In unserer Reihe zeigen wir die schönsten Coworking Spaces der Welt. Dieses Mal: Ikigai in Nairobi – im Silicon Savannah Von Nils Lennard Behrens

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COWORKING INTERNATIONAL

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Fotos: Ikigai Nairobi

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1 | Beliebter Treffpunkt: die Stufen vor der Start­ up-Villa 2 | Der Konferenzraum: Hell, chick und luftig 3 | Willkommen in Ikigai 4 | Fast wie Urlaub: Arbeiten im Liegestuhl 5 | Kunst im Garten: Hier kann sich jeder frei entfalten. 6 | Grünes Licht: Überall gibt es Pflanzen.

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COWORKING INTERNATIONAL

THIS IS NAIROBI

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7 | Mittagspause unter freiem Himmel. 8 | Voll inspiriert mit Musik in den Ohren. 9 | Ganz entspannt: So macht Arbeit Spaß. 10 | Ausweichen auf den Boden: Neue Ideen brauchen viel Platz. 11 | Fashion forward: Hier wird der Schnitt gemeinsam angepasst. 12 | Die beiden Gründerinnen: Wachuka (l.) und Nyambura Gichohi

Das ostafrikanische Land Kenia präsentiert sich facettenreich als Großwildparadies in einer einzigartigen Naturlandschaft mit Trockensavannen, grünem Hochland, tropischem Regenwald, Vulkankratern und weißen Palmenstränden. Kontraste bietet das Land auch in kultureller Vielfalt: traditionelle Religionen, eine einzigartige Architektur und abwechslungsreiche Schauplätze zwischen Natur und Kolonialisierung. Früher individuelles Ziel für Abenteurer und Weltenbummler, ist Kenia heute ein Garant für internationale Tourismus-Standards. Die Hauptstadt Nairobi wird oft Silicon Savannah genannt, denn ihr lebendiges unternehmerisches Ökosystem floriert, besonders in technologischen Bereichen. Mit einer hohen mobilen Durchdringung, stabilem und schnellem Internet und der guten Verfügbarkeit von Fachkräften ist Nairobi ein fantastischer Ort, um ein Geschäft aufzubauen. Das hat auch die Weltbank gemerkt: Kenia ist kürzlich um zwölf Plätze im Wohlstands-Index der Weltbank gestiegen und ist nach Ruanda und Mauritius nun die drittstärkste Wirtschaft in Afrika. Beste Gastro-Spots Morgens einen Kaffee bei Connect Coffee Roasters, zum Lunch ins 3D-Restaurant mit leckeren kenianischen Fisch-Spezialitäten, zum Dinner einen saftigen Burger von Mama Rocks Burgers.

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Must-see-Locations Der Nairobi National Park als Schutzreservat bedrohter Tierarten, mit dem Zug zum traumhaften Diani Beach fahren oder die Elefanten-Aufzuchtstation Daphne Sheldrick’s besuchen. Übernachtung Das Design-Hotel Onefortyeight, eine Nacht im Boutique-Hotel Giraffe Manor, in dem die Giraffen durch das Fenster schauen, oder das Emakoko im Nairobi National Park.

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Drei Fragen an die Gründerin Nyambura Gichohi (r.)

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Fotos: Ikigai Nairobi

Ikigai Nairobi Inhaberinnen: Wachuka und Nyambura Gichohi Gründungsjahr: 2017 Adresse: an der Ecke zum General Mathenge Drive, Nairobi, Kenia Öffnungszeiten: rund um die Uhr Coworker: MNM Consulting, Endeavor Kenya, Mawazo Institute Für: digitale Nomaden, Startups und Entrepreneure, NGOs, kleine und mittelständische Unternehmen sowie Wissenschaftler ikigai.co.ke

Nyambura, was macht Ikigai besonders? Ikigai liegt in einer wunderschönen alten Kolonialvilla mit einem weitläufigen, grünen Garten. Unsere Mitglieder nutzen gern die Ruhe im Haus, haben aber mit dem großen Garten auch die Möglichkeit, dem Beton-Dschungel zu entfliehen und unter dem Blätterdach und neben duftenden Rhododendren zu arbeiten. Innerhalb unserer bunten Community haben wir eine Vielfalt an Nationalitäten und Professionen: Wenn man durch unsere Flure läuft, hört man Startups auf Niederländisch vor Investoren pitchen, Wissenschaftler auf Französisch Thesen diskutieren oder britische Podcaster ihren Inhalt schneiden. Gibt es ein Ikigai-Geheimrezept? Besonderen Wert legen wir auf die Gestaltung jedes Raumes in Ikigai. Wir schaffen indoor und outdoor Treffpunkte, die spontane Gespräche zwischen unseren Mitgliedern ermöglichen. Wir erhoffen uns, dass daraus dauerhafte Freundschaften und Geschäftssynergien entstehen. Unser Ethos zielt darauf ab, die Interaktion zu fördern, Freiräume für Kreativität zu schaffen und die Arbeit zu erledigen. Was macht euren Standort besonders? Ikigai ist nicht nur ein weiterer gemeinsamer Büroraum, sondern ein Ort, in dem die Gemeinschaft im Mittelpunkt unseres Handelns steht. Wir unterstützen unsere Mitglieder durch Veranstaltungen wie Human-Centered Design- und Customer Discovery Workshops sowie gesellige Veranstaltungen wie Coffee Tastings, Kunstshows, Pop-up-Shops und Supper-Clubs. In Ikigai streben wir danach, eine vielfältige Gemeinschaft von Persönlichkeiten zu schaffen, die zusammenarbeiten können, um das Land und insbesondere unsere Region zu verbessern.

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NKF MEINUNG SUMMIT VOL. 3

Was Konzerne nicht von Startups lernen können Lucas Sauberschwarz und Lysander Weiß, Autoren des Amazon-Bestsellers „Das Comeback der Konzerne“, über den Startup Hype bei Großunternehmen – und dessen Grenzen.

„Der Stahlriese Klöckner lernt, wie ein Startup zu denken.“ – „Auch die Lufthansa fliegt jetzt auf deutsche Startups.“ – „Bei Daimler wird bald wie in einem Startup gearbeitet“: Solche Neuigkeiten waren vor zwei oder drei Jahren noch etwas Besonderes, heute begegnen sie einem fast täglich. Kein Wunder: 65 Prozent aller CEOs fürchten sich laut einer globalen Studie von KPMG, von innovativen Startups disruptiert zu werden. Und dies zu Recht, denn die Lebenserwartung der 500 größten, öffentlich gelisteten Unternehmen liegt inzwischen bei nur noch 18 Jahren – statt bei 60 Jahren wie in der Mitte des 20. Jahrhunderts. Gleichzeitig scheinen disruptive Startups, die Innovationen kundenzentriert entwickeln und agil umsetzen, wie Schnellboote an den Konzern-Tankern vorbeizuziehen. Einige Jahre haben sich die etablierten Unternehmen dieses Treiben der Startups angeschaut: zunächst aus der Ferne, dann bei Learning Journeys im Silicon Valley, Start­up-Konferenzen in Berlin und CEO-Workshops. Denn die Lösung für die großen Unternehmen lag auf der Hand: Sobald die Methoden der Startups entschlüsselt sind, können mit diesen bestimmt auch bei den Großkonzernen kundenzentrierte, disruptive Innovationen entwickelt werden. Jedoch wurde übersehen, dass es Dinge gibt, die Konzerne nicht von Startups lernen können.

Kundenzentrierte Ideenentwicklung „auf der grünen Wiese“

LUCAS SAUBERSCHWARZ

ist Gründer und Geschäftsführer von Venture Idea, einer Strategieberatung, die sich auf Innovationen für Großunternehmen spezialisiert hat.

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Agile Umsetzung in separaten Innova­tionseinheiten Glücklicherweise präsentierte Christensen in seinem gleichnamigen Weltbestseller einige Jahre später die „Innovator’s Solution“ für etablierte Unternehmen: Statt von Startups nur die Ideenentwicklung zu kopieren, sollte

Fotos: Florian Lanzer

Dabei scheint es zunächst ganz einfach: Innovationsmethoden der Startups wie etwa Design Thinking stellen die Bedürfnisse des Kunden in den Mittelpunkt, um anschließend möglichst frei passende kundenzentrierte Lösungen zu entwickeln. Kein Wunder also, dass sich bald auch unzählige große Unternehmen daran machten, mit eben diesen Methoden „auf der grünen Wiese“ kundenzentrierte Ideen zu entwickeln. Nur umsetzen lassen sich diese Ideen in der Regel nicht. Denn im Gegensatz zu den Startups befinden sich Ideen bei Konzernen eben nicht auf der grünen Wiese, sondern in einem „Brownfield“ aus unzähligen vorhandenen Strukturen, Prozessen, Kanälen, Hierarchien usw. Und so scheitern die meisten Ideen schlussendlich oder werden bis zur Unkenntlichkeit angepasst. Der Harvard-Professor Clayton Christensen gab diesem Phänomen alsbald einen Namen: das „Innovator’s Dilemma“.


MEINUNG

Innovation Hubs ohne Mehrwert

LYSANDER WEISS

ist Partner bei Venture Idea und maßgeblich für die Weiterentwicklung der 5C-Methodik verantwortlich. Gemeinsam haben sie mit „Das Comeback der Konzerne“ einen Leitfaden für Unternehmen entwickelt, mittels dem die 4 auf Innovationen erfolgreich zurück in die Konzerne Lust geholt werden kann.

auch die Umsetzung wie bei den Startups erfolgen. Folgerichtig wurden die Ideen ausgelagert und in Berlin tummeln sich heute Innovation Hubs und Future Labs deutscher Großunternehmen, um dort lean und agile Startups

„Eher Lottospielen als systematische Innovation“ wie am Fließband zu produzieren – stets in der Hoffnung, dass diese Schnellboote dann irgendwann den Tanker ziehen oder sogar ersetzen können.

„Das Comeback der Konzerne: Wie große Unternehmen mit effizienten Innovationen den Kampf gegen disruptive Start-ups gewinnen“, Vahlen Verlag, 220 Seiten, das-comeback-der-konzerne.de

Eine aktuelle Studie der Zeitschrift Capital hat aufgedeckt, dass es kein einziges der untersuchten deutschen Innovation Hubs bisher schafft, einen betriebswirtschaftlichen Mehrwert für den jeweiligen Konzern zu leisten. Kein Wunder, denn wenn Konzerne in ihren separaten Einheiten genauso wie jedes andere Startup agieren, haben sie auch die gleiche Erfolgschance wie diese. Und diese ist aus der Perspektive eines großen Unternehmens sehr gering: Die Wahrscheinlichkeit, mit einem neuen Unternehmen einen für Großunternehmen signifikanten Wertbeitrag von zum Beispiel mindestens 100 Millionen Dollar zu erreichen, liegt laut einer Studie von Bain bei nur eins zu 500, für einen Wertbeitrag von 500 Millionen Dollar und langfristiges, profitables Wachstum sogar nur bei eins zu 17.000! Dies erinnert wohl eher an Lotto­spielen als an systematische, erfolgreiche Innovation. Klar: Wer nicht Lotto spielt, kann auch kein Lotto-­ Millionär werden. Doch ist es wirklich anzuraten, die Zukunft eines ganzen Konzerns auf solch geringe Erfolgswahrscheinlichkeiten zu fußen?

Mit effizienten Innovationen den Kampf gegen disruptive Startups gewinnen Es gibt Hoffnung: Im Gegensatz zu den Startups haben die etablierten Unternehmen bereits vorhandene Stärken wie optimierte Prozesse, Kunden, Marken, Netzwerke, Finanzkraft. Wenn sie es schaffen, diese für neue, kundenzentrierte Innovationen zu nutzen, steigen die Erfolgschancen um mehr als das 2.000-Fache auf eins zu acht. Dafür reicht es jedoch nicht, von Startups zu lernen. Diese sind zwar ein guter Startpunkt, doch muss mit neuen, speziell für Großunternehmen entwickelten Methoden neben der durchaus wichtigen Kunden- und Marktperspektive auch das vorhandene Kerngeschäft der Unternehmen mit in die Innovationsentwicklung einbezogen werden. Mit einer solchen „effizienten Innovation“, also einer Kombination aus hohem Kundenfit und hoher Traktion durch das Hebeln vorhandener Stärken, kann den Konzernen ein Comeback im Innovationswettkampf gelingen!

MI T M AC HE N UND GE W INN EN

Wir verlosen fünf Exemplare. Schreibt uns eine E-Mail an verlosung@berlinvalley.com (Betreff: Comeback der Konzerne). Einsendeschluss: 31. Mai 2018. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

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MEDIEN

Perverses Spiel: Der über ICO finanzierte Film „Braid“ soll auf dem Tribeca-Festival im April Premiere haben.

Hollywood Blockchain

Fotos: Somnia Productions/Wandering Bard, FND Films

Wie ICOs den Filmstudios Konkurrenz machen „Iron Sky“ oder „Veronica Mars“ sind nur zwei Beispiele für erfolgreiches Crowdfunding im Filmgeschäft. Produzenten verzichten mit die­ser Methode auf den Ballast eines Filmstudios und Unterstützer genießen Vorteile wie eine Kopie des Films oder Merchandising. Was aber fehlt: eine direkte Beteiligung am Gewinn, die hohe bürokratische Hürden bedeutet. Die Blockchain könnte das ändern. Bisher kannte man die Technologie vor allem als Basis für Kryptowährungen wie Bitcoin. Die Blockchain ermöglicht es, Transaktionen automatisch, chronologisch, transparent und dezentral zu speichern. Manipulation ist dadurch ausgeschlossen. Ergänzt um klare Vertragsbedingungen und Regelungen wie die Gewinnausschüttung entstehen daraus sogenannte Smart Contracts. Ein vereinfachtes Beispiel: Wer sich für einen unterstützten Film im Kino ein Ticket kauft, setzt mit der Transaktion an der Kasse eine Mini-Lawine in Gang. Der Gewinn aus dem Kino-Ticket fließt an den Verleih, der Verleih schüttet die

Gewinne an den Rechteinhaber aus und dieser lässt automatisch anhand der hinterlegten Vertragsvereinbarungen Überweisungen an die Unterstützer ausführen. Am Ende des Tages erhalten Unterstützer von einem Kino­ besuch einen Teilbetrag in Kryptowährung zurück. Die Methode, mit Kryptowährungen Projekte zu finanzieren nennt man ICO, kurz für Initial Coin Offering. ICOs umgehen den regulierten Kapitalbeschaffungsprozess, der von Risikokapitalgebern oder Banken bei echter Währung verlangt wird. Das auf Transaktionen mit der Ethereum-­ Blockchain spezialisierte Unternehmen Consensys sieht in ICOs in der Filmbranche auch andere Vorteile. „Stellt euch vor, dass eine unabhängige Künstlerin eines Tages eine Vision für einen Film hat und ihren Vorschlag anonymen Zuschauern auf der ganzen Welt bereitstellt. Das Publikum schaut sich den Vorschlag an und unterstützt das Projekt von überall auf der Welt“, schreibt Consensys auf Medium.com. Der fertige Film würde auf einer globalen, dezentralen Plattform bereitgestellt, von der aus die Menschen den Film schauen und teilen können und mit der Verbreitung der Vision ein Einkommen erhalten. Dieses neue Netzwerk sei mit einem dezen­ tralen Hollywood-Studio zu vergleichen, das frei von restriktiver Kontrolle Filme produziert und distribuiert. Wie dieses Prinzip funktioniert, zeigt sich ab dem 22. April. Dann soll „Braid“ auf dem Tribeca Film Festival laufen: „Der erste große Spielfilm, der durch Ethereum-Crowdsale gefördert wurde.“ Der Film handelt von zwei Frauen, die beschließen, ihre reiche aber geistig kranke Freundin zu bestehlen. Doch das schnelle Geld entpuppt sich als tödlich-perverses Spiel in einer Scheinwelt.

Filmtipp: „It’s All Good“

Regisseur Aaron Fronk geht auf sehr witzige Weise mit dem Thema Film-Crowdfunding um. Kurz nach Erreichen des Fundingziels von 78.000 Dollar auf Indiegogo erklärte der Macher, das gesamte Kapital unter anderem mit einem Urlaub in Italien verloren zu haben. Empörte Kommentare folgten umgehend. Später überraschte er das Publikum mit dem fertigen Werk. Die Beschreibung: „Drei mittellose Filmemacher spüren die Konsequenzen ihrer betrügerischen Crowdfunding-Kampagne.“

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MEDIEN

Den nächsten „Harry Potter“ vorhersehen leipziger-buchmesse.de Was macht eigentlich einen Roman zum Best­ seller? Anhand verschiede­ner Parameter berechnet die Soft­ware des Hamburger Start­ ups Qualifiction (qualifiction.info) die Erfolgsaussichten und wirbt mit einer Trefferquote von 80 Prozent. Für diese Innovation zeichnete eine Fachjury das Team mit den Geschäftsführern Gesa Schöning und Ralf Winkler mit dem Businesspreis auf der Leipziger Buchmesse aus. Der Publikumspreis in der Sektion Neuland 2.0 ging in diesem Jahr an das Startup Scoolio (scoolio.de). Dahinter steckt eine App, die das Schulleben erleichtern soll, quasi ein Hausaufgabenheft 2.0.

Rede des Schirmherrn

Zukunftskongress

Kulturwandel anstoßen die-stille-revolution.de

18. – 20. JUNI 2018 bcc Berlin Congress Center Berlin „ Alexanderplatz

Kongresshotline

+49 30 28 48 81 0 Unter Schirmherrschaft des

Viele verbinden mit der Marke Upstals­boom Hotels und Ferien­ wohnungen. Dahinter steckt aber auch eine Philosophie, die für einen Wandel in der Unternehmenskultur steht. „Der Upstalsboom Weg“ hat zu einer Entwicklung hin zu selbstorganisierten Teams und zur teilweisen Abschaffung von Positionen in dem Unternehmen geführt. Auf

Wachstum kontrollieren benschneider.biz

Registrierung „ Beteiligung

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Mehr Kunden gewinnen – das ist in der Regel das Ziel von Unternehmen. In dem Buch „Facebook Marketing für Unternehmer“ gibt der Autor Benjamin Schneider für verschiedene Branchen konkrete Strategien vor, wie man zur Leadgenerierung oder dem direkten Produktverkauf über Facebook vorgeht. Dabei hilft

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dieser Erfahrung basiert der Film „Die Stille Revolution“, der anderen Firmen Impulse geben will. Öffentliche Vorführungen sind noch bis Ende April terminiert. Interessierte Unternehmen können zudem exklusive Vorführungen buchen.

Schneiders eigene Erfahrung als Unternehmer und Betreiber des Onlineshops Triops King, wo er Urzeitkrebse und Aquaristikzubehör verkauft. Neben Facebook und Instagram ist er auch als Videoblogger auf Youtube unterwegs. „Facebook Marketing für Unternehmer“ ist im Selbstverlag als Taschenbuch (170 Seiten, 14,99 Euro) und als E-Book (9,99 Euro) erschienen.

Fotos: CigdemAker_Contentshift, LeipzigerBuchmesse

Staat & Verwaltung

Die Leitveranstaltung des Public Sectors für Digitalen Wandel


Kennste schon? Drei Bücher für Gründer und Neudenker zum Mitreden – zusammengestellt von Blinkist

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MEDIEN

SCANNEN, VERSENDEN & ARCHIVIEREN AUF KNOPFDRUCK

„When: The Scientific Secrets of Perfect Timing“ Daniel H. Pink | 2018 Der US-amerikanische Schriftsteller hat intensiv studiert, was uns alle beschäftigt: Zeit. Sein Buch „When“ liefert wissenschaftliche Erkenntnisse aus Psychologie und Wirtschaft darüber, welche Tageszeiten ideal für deine Vorhaben sind.

„Der Klügere denkt nach: Von der Kunst, auf die ruhige Art erfolgreich zu sein“

Fotos: Riverhead Books, Mosaik, Houghton Mifflin Harcourt

Martin Wehrle | 2017 Was ist Angela Merkels größte Stärke? Martin Wehrle geht darauf ein und zeigt, wie sich introvertierte Menschen in einer Welt voll Schwätzer und Blender auf lange Sicht durchsetzen werden – durch Kompetenz und Tiefgang.

„Tribe of Mentors: Short Life Advice from the Best in the World“ Timothy Ferriss | 2017 Du willst wissen, welche Gewohnheiten dich an die Spitze bringen? In „Tribe of Mentors“ hat Autor und Unternehmer Timothy Ferriss die aufschlussreichsten Erfolgsgeheimnisse der führenden Mentoren unserer Zeit zusammengetragen.

Multifunktionssysteme von KYOCERA bieten Ihnen neben der Druck-, Kopier- und Faxfunktion die Möglichkeit, Ihre Dokumente direkt in den Ordner Ihrer Wahl zu scannen und gleichzeitig im lesbaren PDF-Format per Email zu versenden. Optimieren Sie Ihren DokumentenWorkflow schon beim Erfassen Ihrer Dokumente mit leistungsfähigen SW- und Farb-Multifunktionssystemen von KYOCERA. KYOCERA Document Solutions Deutschland GmbH Infoline 0800 187 187 7 www.kyoceradocumentsolutions.de

Blinkist Die App macht Wissen aus Sachbüchern einfacher zugänglich. Die Kernaussagen werden in clevere Kurz­texte – sogenannte Blinks – verpackt, die sich in 15 Minuten unterwegs lesen oder anhören lassen. blinkist.com

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Wir schaffen Freiheit

Digitalisierte Touren

Förderfinanzierung ist hinten raus superattraktiv. Doch wer viele kleine Schritte auf hochdynamischem Boden geht, hat schlicht keine Ressourcen für den aufwändigen Förderprozess übrig. förderbar nimmt Unternehmern den ganz wesentlichen Teil des Aufwands ab. Wir planen das Projekt, realisieren die Umsetzung durch Fördermittel und begleiten die gesamte Projektlaufzeit. Die Unternehmer können sich so auf ihr Kerngeschäft konzentrieren und gewinnen Handlungsspielraum und Entscheidungsfreiheit. In mehr als 100 erfolgreichen Projekten konnten wir so über 70 Millionen Euro an Fördermitteln einwerben. Zu unseren Erfolgsbeispielen zählen Lemoncat, 6Wunderkinder, Contentful, sofatutor und viele mehr.

Der High-Tech Gründerfonds (HTGF) ist seit 2005 ein starker Motor für erfolgreiche High-Tech-Gründer. Mit Know-how, Entrepreneurial-Spirit und Leidenschaft begleitet das erfahrene Team aus Investment-Managern und Startup-Experten an den Standorten Bonn und Berlin die besten Unternehmen auf ihrem Weg von der Gründung bis zum Erfolg. Eines dieser Unternehmen ist bookingkit: Die Berliner digitalisieren den drittgrößten Bereich der Touristik, Touren und Aktivitäten. Dazu zählen Erlebnisse wie Stadtrundfahrten und Spa-Treatments. Dessen Anbietern stellt bookingkit eine Technologie für die Verwaltung, den Verkauf und die Vermarktung von Buchungen zur Verfügung.

Alles überdenken

Datenexperten gesucht?

Die Berliner Agentur Rethink ist fasziniert von Innovation. Ihr Ziel ist es, Transformation durch Kommunikation anzutreiben. In einer komplexen digitalen Welt sind transformierende Kommunikation und Storytelling der Schlüssel dafür, den Kern von Unternehmensstrategien und -chancen hervorzubringen. Rethink glaubt an die Kreation einer gemeinschaftlichen Atmosphäre zwischen seinen Teams und Kunden. Gemeinsam kreieren sie anspruchsvolle und innovative Kommunikationslösungen, Produkte und Dienstleistungen. Zu den Kunden der Agentur gehören Volkswagen, die HUK-Coburg, die HSH Nordbank, TA Triumph-Adler, Universal, Bayer, NXP und Hertz.

StackFuel begegnet der starken Nachfrage nach Datenexperten mit einer innovativen und praxisorientierten Data-Science-Trainingsumgebung. Die berufsbegleitenden Online-Trainings richten sich an Unternehmen, die ihre Mitarbeiter gezielt und nachhaltig in Technologien wie Python weiterbilden wollen. Dazu vereint StackFuel audiovisuelle Lernmaterialien mit einer interaktiven Programmierumgebung zu einem am Markt dringend benötigten digitalen Weiterbildungsangebot. Die Übungsdatensätze werden an die jeweilige Branche und deren Bedürfnisse angepasst – das heißt, die Teilnehmer arbeiten mit Beispielen, die wirklich für ihre tägliche Arbeit relevant sind, wie zum Beispiel Marketing- oder IoT-Daten.

Rethink GmbH Hegelplatz 1 10117 Berlin rethink-everything.net

StackFuel GmbH Alte Schönhauser Straße 38 10119 Berlin stackfuel.com

Fotos: Rawpixel.com (förderbar), Felix Strosetzki (Jourvie)

förderbar GmbH Jean-Monnet-Straße 2 10557 Berlin foerderbar.de


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Kunden begeistern

Smartphone wird Scanner

Positive Momente zwischen Unternehmen und Kunden sind eine wichtige Voraussetzung für langfristige Beziehungen. CrossEngage ermöglicht es, diese wertvollen Beziehungen aufzubauen – mit der richtigen Nachricht, zum richtigen Zeitpunkt, über den richtigen Kanal. Mit der CRM-Lösung lassen sich auch außergewöhnliche Kampagnen-Ideen schnell und flexibel umsetzen. CrossEngage kombiniert dafür eine echtzeitfähige Plattform für Kundendaten mit kanalübergreifendem Kampagnen-Management. Die Customer Data Platform ermöglicht es, alle vorhandenen Datenquellen zu integrieren. Alle Marketing-Kanäle werden einfach über ein offenes, zentrales System orchestriert. Damit Kunden kommen, um zu bleiben.

Die Bilderkennungsexperten von pixolus machen aus Smartphones mobile Datenscanner. Zielgruppe sind Unternehmen, deren Mitarbeiter oder Kunden häufig Daten unterwegs erfassen. Maßgeschneiderte Bilderkennungslösungen sorgen für eine schnelle und zuverlässige Erfassung zum Beispiel von Zählerständen, IBANs oder Typenschildern. Nach der Devise „scannen statt abtippen“ werden Daten einfach per Kamera digitalisiert. pixolus bietet Scanlösungen als Lizenz und entwickelt auch komplette Apps – unter anderem für Kunden aus den Branchen Energie, E-Health und Logistik. Die autorisierten go-digital-Berater unterstützen Mittelstand und Industrie bei der Digitalisierung. pixolus präsentiert auf der HANNOVER MESSE und CEBIT.

CrossEngage Bertha-Benz-Straße 5 10557 Berlin crossengage.io

pixolus GmbH Eupener Straße 165 50933 Köln pixolus.de

E-Health im Kassenwesen

#verschiedenistnormal

Jourvie widmet sich seit 2014 dem Thema Essstörungen, wie zum Beispiel Magersucht und Bulimie, und möchte die Therapie für Betroffene vereinfachen. Hierzu hat Jourvie eine gleichnamige App entwickelt, welche als digitales Tool therapiebegleitend wirkt. Zusätzlich zur App Jourvie hat das Team im Jahr 2017 gemeinsam mit der AOK Nordost ihre zweite App Elamie entwickelt. Diese nutzen Eltern und Angehörige unter Beaufsichtigung von Ärzten mit dem Ziel einer verbesserten Früherkennung. Das Kooperationsprojekt wird seit dem 1. Januar 2018 in Berlin pilotiert. Neuartig an diesem Ansatz ist die inhaltliche Zusammenarbeit zwischen einer Kasse und einem Startup, welche über ein reines Erstattungsmodell hinausgeht.

Diversicon fördert, vermittelt und coacht qualifizierte Fachkräfte mit Autismus. Wir bringen Autist*innen und Arbeitgeber zusammen und setzen dabei an beiden Seiten an: Zum einen arbeiten wir daran, die Arbeitswelt diverser und inklusiver zu machen, zum anderen bereiten wir in der DiversiconAcade­my unsere Teilnehmenden auf gegenwärtige Situationen am Arbeitsmarkt vor. Wir sind überzeugt davon, dass Menschen, die anders denken, in Teams einen wesentlichen Mehrwert leisten. Mit unserem sozialunternehmerischen Ansatz möchten wir die hohe Arbeitslosigkeit von Menschen mit Autismus verringern und gleichzeitig Arbeitgeber dabei begleiten, Inklusion und Diversity tagtäglich zu leben.

Jourvie gemeinnützige UG Friedrichstraße 246 10969 Berlin jourvie.com

Diversicon gGmbH Oranienstraße 183 10999 Berlin diversicon.de


STUDIEN

Digitales Deutschland Digital Naiv oder Digital Native? Der D21-Digital-Index klärt auf. Von Nadine Meya

Wo man hinschaut, scheinen digitale Devices das Bild der Öffentlichkeit zu dominieren. Immerhin 70 Prozent der Bevölkerung verlassen sich mittlerweile auf ihr „intelligentes Telefon“. Doch wie sieht es mit anderen intelligenten Geräten aus? Im letzten Jahr sind mit Themen wie der Blockchain-Technologie Entwicklungen in den Fokus von Gesellschaft und Wirtschaft gerückt, die Bereiche wie das Internet der Dinge (IoT) zumindest weiter vorantreiben.

Doch sind wir in Deutschland auf Veränderungen, die mit diesen innovativen Technologien einhergehen, vorbereitet und wie steht es um die deutsche Digitalkompetenz? Diese Fragen stellt sich Jahr für Jahr die Initiative D21 mit der vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderten Studie „D21-Digital-Index“, die zuletzt im Januar 2018 erschienen ist. Wir haben einen kleinen Ausschnitt für dich zusammengefasst.

VON WELCHEN DER FOLGENDEN PRODUKTE UND DIENSTE HABEN SIE SCHON EINMAL GEHÖRT, WELCHE HABEN SIE BEREITS GENUTZT UND WELCHE WÜRDEN SIE KÜNFTIG GERNE NUTZEN?

Bereits genutzt

Bekannt, würde ich künftig nutzen

Nicht bekannt, würde ich aber künftig nutzen

Bekannt, würde ich künftig nutzen

Nicht bekannt, kein Interesse

Heavy-User

Roboter (z. B. Spielroboter, Saugroboter, Roboter am Arbeitsplatz)

12

4

53

23

7 30

(Potenzielle) Nutzer Digitaler Sprachassistent als Extra-Gerät oder im Smartphone (z. B. Amazon Echo, Alexa, Apple Siri etc.)

24

5

45

16

9 25

(Potenzielle) Nutzer Intelligente Küchenmaschine (z. B. Vorwerk Thermomix)

17

5

53

16

8 24

(Potenzielle) Nutzer Virtuelle Berater oder digitale Assistenten im Internet bzw. über Apps für Produktberatungen/Nutzung von Dienstleistungen

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4

13 17

42

8

30

Grafiken: D21-Digital-Index 2017/2018, eine Studie der Initiative D21, durchgeführt von Kantar TNS

(Potenzielle) Nutzer


STUDIEN INTELLIGENTE PRODUKTE, MASCHINEN, SOFTWARE UND ROBOTER KÖNNEN IN UNTERSCHIEDLICHEN LEBENSBEREICHEN ZUM EINSATZ KOMMEN. WIE WOHL WÜRDEN SIE SICH IN FOLGENDEN SITUATIONEN FÜHLEN, WENN SIE SELBST MIT DIESER TECHNIK IN BERÜHRUNG KOMMEN WÜRDEN? Fühle mich eher unwohl

Teils, teils

Fühle mich eher wohl

Digitaler Assistent zu Hause, über den via Sprache diverse Anwendungen gesteuert werden (z. B. Amazon Echo, Alexa)

47

28

15

Zusammenarbeit im Job mit einem Roboter, welcher ähnlich wie menschliche Kollegen agiert (z. B. bei der Produktion)

50

29

12

Beratung im Internet zu Apps/Produkten/ Dienstleistungen durch virtuellen Berater oder digitale Assistenten

52

29

12

Unterstützung durch einen Assistenzroboter zu Hause/im Krankenhaus/im Pflegeheim bei Krankheit/Pflege/Hilfe

60

24

10

Reisen im selbstfahrenden/ autonomen Auto

66

19

10

Basis: Personen ab 14 Jahren (n=2.035); Angaben in Prozent

Vom Digital Naiv zum Digital Native? Noch scheinen wir weit entfernt von einer Nation der Digital Natives. Jeder fünfte Mensch in Deutschland ist offline. Von diesen Offlinern sind 94 Prozent 50 Jahre oder älter. Die Gründe dafür reichen von Sicherheitsbedenken (15 Prozent) darüber, dass klassische Medien ausreichend seien (30 Prozent), bis hin zu einem generellen Desinteresse (81 Prozent). Trotzdem lässt sich ein leichter Aufwärtstrend ablesen: Laut dem Index stehen die Deutschen der Nutzung von digitalen Geräten offener gegenüber. So kommt es, dass beispielsweise 68 Prozent der Befragten der Meinung sind, dass digitale Medien grundlegender Bestandteil aller Schulfächer sein sollten. Das sind ganze 24 Prozent mehr als im Vorjahr. 65 Prozent sprechen sich dafür aus, Programmierkenntnisse in der Schule vermittelt zu bekommen. Auch hier sehen wir mit 20 Prozent einen überproportional hohen Zuwachs zum Vorjahr.

BITTE SAGEN SIE UNS, WELCHE DER FOLGENDEN GERÄTE SIE PRIVAT ODER BERUFLICH NUTZEN? Basis: Personen ab 14 Jahren (n=12.204); *(n=2.035) 5%

Wearable

36% Tablet

Spielekonsole* 13% 18% Smart-TV*

30% Einfaches Handy

Intelligente Geräte noch nicht verbreitet Obwohl die Offenheit gegenüber intelligenten Geräten steigt, bleibt die Skepsis bestehen. Ob Sprachassistenz zu Hause (47 Prozent) oder Roboter auf der Arbeit (50 Prozent), rund die Hälfte der Befragten Personen fühlt sich im Umgang mit künstlichen Helfern eher unwohl. Auch Wearables werden erst von fünf Prozent der Bevölkerung genutzt. Begriffe wie künstliche Intelligenz, Virtual Reality oder Internet der Dinge gehören nicht zur Alltagssprache – nur rund der Hälfte der Bevölkerung, 41 Prozent und im letzten Fall sogar nur 16 Prozent, sind diese Begriffe geläufig. Dabei stehen Roboter wie Spielroboter, Saugroboter oder Roboter am Arbeitsplatz im Pool der intelligenten Geräte anscheinend hoch im Kurs. Immerhin sieben Prozent nutzen sie bereits, 23 Prozent würden sie künftig nutzen. Bei autonomen Fahrzeugen – dem industriellen Trend­thema – geben 66 Prozent an, dass sie sich beim Gedanken an eine Reise in einem solchen Fahrzeug eher unwohl fühlten. Fazit: Wir sind die Reise zum digitalen Deutschland angetreten, der Weg scheint aber noch lang.

62% Notebook Smartphone 70% Desktop-PC 47%

Sprachassistent* 3%

DER D21-DIGITAL-INDEX

wird seit 2013 jährlich publiziert und bildet auf einer Skala von 0 bis 100 Punkten den Digitalisierungsgrad der Gesellschaft in Deutschland ab. Es handelt sich dabei um ein empirisches Instrument, das auf Grundlage von rund 20.500 Befragten Insights zu Digitalisierungsthemen liefert. Der Index bildet in unterschiedlicher Gewichtung die Dimensionen Zugang, Nutzung, Kompetenz und Offenheit ab, auf deren Grundlage eine einzelne Kennzahl gebildet wird. Die Ergebnisse der Befragung können abgerufen werden auf: initiatived21.de

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