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fRed LUKS

Nachhaltigkeitsforscher und Autor fredluks.com

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An den Grenzen des Wachstums: Das Ende der Normalität

Über unbequeme Entscheidungen in komplizierten Zeiten.

Foto: Christina Häusler Zeitenwende“ ist wohl das Wort des Jahres: 2022 ist von Krise und Krieg geprägt. Vermeintliche Selbstverständlichkeiten lösen sich in Luft auf und es wird immer deutlicher, dass unser Wohlstandsmodell auf tönernen Füßen steht und gründlich umgebaut werden muss. 50 Jahre nach dem berühmten Buch „Die Grenzen des Wachstums“, einer Studie zur Zukunft der Menschheit, wird immer klarer: „Weiter so“ ist keine zukunftsfähige Option.

Die notwendige Transformation zur Nachhaltigkeit betrifft ganz wesentlich die Versorgung mit Energie: Hitzewellen und Wetterextreme zeigen, wie dringend notwendig hier ein Umsteuern ist. Eine der zentralen Aufgaben in diesem Sinn ist der Abschied vom fossilen Zeitalter und Umstieg auf erneuerbare Energiequellen. Zu einer Transformation des Energiesystems gibt es angesichts des Klimadesasters keine Alternative.

Die Dramatik der Klimaerwärmung darf freilich nicht dazu führen, dass bei der Suche nach neuen Wohlstandsmodellen andere zukunftsrelevante Fragen „vergessen“ werden. Das gilt für zwei Themen ganz besonders. Zum einen: Biodiversität. Es wird immer klarer, dass das Artensterben eine Problematik von ähnlich existenzieller Dimension ist wie die Klimaerwärmung – und dass beide Krisen eng zusammenhängen. Zum anderen: Schönheit. Das klingt in einer Welt von Corona, Klimakrise und Krieg nach einem Luxusproblem, ist es aber nicht. Die ästhetischen Konsequenzen der Energiewende müssen viel ernster genommen werden, wenn es um Zukunftsfähigkeit geht. Deshalb müssen die optischen und akustischen Folgen von Windkraftanlagen bei der Planung der Energiewende mitgedacht werden. Klimapolitik, Naturschutz und Lebensqualität stehen also in einem komplizierten Verhältnis. Wo Wasser- und Windkraft auf Kosten von Natur und Landschaft gehen, stehen unbequeme Entscheidungen an – und die Anerkennung der Tatsache, dass erneuerbare Energien und Energieeffizienz sehr wichtig sind, aber eben nicht ausreichen: Zukunftsfähigkeit heißt auch ganz wesentlich, den Verbrauch zu reduzieren.

Die Dramatik der Klimaerwärmung darf freilich nicht dazu führen, dass bei der Suche nach neuen Wohlstandsmodellen andere zukunftsrelevante Fragen „vergessen“ werden.

Auch bei der Nutzung von Windkraft in Gebirgsräumen gilt es also, Selbstverständlichkeiten zu hinterfragen. Die Abwägungsprozesse, die hier anstehen, sollten nicht auf dem Glauben an ewiges Wachstum durch technische Lösungen basieren – sondern von einem Bewusstsein getragen sein, dass wir die Normalität unserer Wirtschaftsweise hinterfragen müssen. Wann, wenn nicht jetzt? —

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