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Im Ozean der Abziehbilder Zum Verwechseln ähnlich kommunizieren Banken, wenn man ihre Sprache und Bildwelten vergleicht. Ein Plädoyer für mehr Mut zum Außergewöhnlichen. KLAUS GOURGÉ / JÖRG SCHMITZ

eutsche Banken präsentieren sich: unentschieden, gleichförmig, wenig schlüssig. Dabei ist „Image nichts Vages, Ungreifbares, sondern ein konkreter Baustein zum Unternehmenserfolg“, bekannte Rolf E. Breuer gegenüber dem Manager Magazin. Gehandelt wird danach jedoch nicht, wie eine Studie belegt: Professoren der Fachhochschulen Mainz, Nürtingen und Offenbach untersuchten mit der Frankfurter Agentur thema communications die Kommunikation deutscher Banken.

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Trockene Bankensprache kommt selten an Die Studie zeigt Nachholbedarf, aber auch erhebliche Möglichkeiten – schon in der Sprache: Banken kommunizieren einerseits in trockenem, schwer verständlichem Ökonomisch, andererseits in nassforsch-oberflächlichem Marketing-Stil und schlimms-

tenfalls in einer Mischung aus beidem – aber leider selten in einer Sprache, die Menschen wirklich anspricht. Die Banken lassen große kommunikative Chancen weitgehend ungenutzt. Das Ergebnis erstaunt, denn Geld ist für die meisten Menschen zumindest die zweitwichtigste Sache der Welt. Und Banken sind unbestritten die Experten auf diesem Gebiet. Optimale Voraussetzungen eigentlich für spannende wie nutzwertige Kommunikationsangebote, die aus neugierigen Interessenten überzeugte Kunden machen könnten. Nur die Banken selbst scheinen sich dafür paradoxerweise nicht zu interessieren. Banking – individuell und persönlich? Das behaupten alle. Die kommunikative Wirklichkeit sieht anders aus: Die Deutsche Bank glaubte das Privatkundengeschäft neu erfinden zu müssen und alle Kleinkunden ungefragt mit dem „Bank-24“-Konzept beglücken zu können – um diese teure

Neupositionierung postwendend wieder aufzugeben, als die Kunden nicht mitspielten. Die Commerzbank will zyklisch den Mittelstand als Kundenkreis gewinnen, lehnt ihn dann wieder ab, will doch wieder „Partner sein“ und veranstaltet „Kreditwochen“, als sei das ein Saisonprodukt wie Spargel. Sind das „Ideen nach vorn“, wenn Kunden systematisch durch Kommunikation verwirrt werden? Zwischen den Zeilen verrät sich die Kommunikation selbst: Wenn eine Bank tatsächlich so individuell und persönlich wäre, wie sie behauptet, warum ist dann ihre Kommunikation so gar nicht individuell und persönlich?

Bedeutung des Corporate Design 50 %

30 %

11 % 3% sehr wichtig

wichtig

2%

eher unwichtig keine unwichtig Angaben

Quelle: thema communications

© BM-Grafik


Ko m m u n i k a t i o n Banking Bankenkommunikation wirft gewachsene Werte zu leicht über Bord. Nur so erklärt sich rückblickend, dass der ungewöhnlich erfolgreiche Slogan „Mit dem grünen Band der Sympathie“ ausgemustert wurde. Obwohl seit Jahrzehnten nicht mehr im Einsatz, können ihn bis heute noch die meisten Menschen der Dresdner Bank zuordnen und viele sogar mitsummen. Nicht gerade logisch, dass so viel Marken-Identität und gelernte Unverwechselbarkeit abgeschafft wurde. Erst Metaphern wie „das grüne Band der Sympathie“ fungieren als Anker, der eine Wiedererkennbarkeit der Bank im Medienrauschen überhaupt ermöglicht. Kommunikatives Einerlei Bankprodukte sind keine Schokoriegel und sollten entsprechend seriös, vorsichtig und mit Bedacht kommuniziert werden. Allzu konsensorientierte Kommunikationsprozesse jedoch verhindern Differenzierung und schwächen die Marke. Lange fehlte es der erfolgsverwöhnten Branche wohl an Leidensdruck – diese Zeiten sind längst passé. Breite Verunsicherung bildet sich in visueller und sprachlicher „Me-too“-Kommunikation ab. Kaum eine Image-Broschüre, in der nicht von „maßgeschneiderten“ Produkten die Rede wäre. In solchen Sprachhülsen „von der Stange“ offenbart sich Massenkonfektion. Auch visuell dominiert das Zögern, wie gesammelte Fakten der Studie belegen. 77 Prozent der Corporate Designs verfügen nicht über einen hohen Wiedererkennungswert. 61 Prozent der untersuchten Medien lassen nicht eindeutig „Bankbranche“ assoziieren. Und nicht einmal 50 Prozent der Medien werden im visuellen Gesamteindruck als wiedererkennbar eingestuft. Dennoch beurteilen 84 Prozent aller Banken ihr Corporate Design als wichtig für die Wahrnehmung am Markt – zutiefst widersprüchliche Zustände also im visuellen Zeitalter. Die Wiederkehr stereotyper Bildwelten ist symptomatisch: „Schachfiguren“ stehen für „Strategie“, „Persönlichkeit“ wird stets durch Füllfederhal-

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Wetten dass,....? Machen Sie den Test: Wetten, dass weder Sie noch der Vorstand Ihrer Bank sagen können, ob die folgenden Aussagen aus seinem eigenen Geschäftsbericht, dem Brief an die Aktionäre stammen oder von der Konkurrenz? Sämtliche Zitate stammen aus den aktuellen Geschäftsberichten von zwei größeren Banken, die zufällig ausgewählt wurden: ■ „Die Kunden erhalten speziell auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Finanzierungslösungen.“ ■ „Maßgeschneiderte Finanzdienstleistungen stehen im Mittelpunkt unseres Handelns – als exklusive Lösungen für die individuellen Ansprüche unserer Kunden.“ ■ „Unsere Wettbewerbsposition als attraktiver Lösungspartner bei unseren Kunden wollen wir weiter ausbauen.“ ■ „Der Ausbau der Kundenbetreuung ist Teil einer Vertriebsoffensive der Bank. Ziel ist es, die Vertriebsstrukturen zu optimieren, um das Vertriebspotenzial der Bank vollständig auszuschöpfen und zu steigern.“ ■ „Damit unterstreicht die Bank ihre hohe Kundenorientierung und ihr Interesse an der optimalen Pflege ihrer Kundenbeziehungen.“ ■ „Um den Kundenwünschen Rechnung zu tragen und auch in Zukunft auf dem Markt bestehen zu können, ist es erforderlich, sich rechtzeitig auf die neuen Anforderungen einzustellen ..., konsequent ein leistungsfähiges Produktportfolio zu entwickeln und dieses laufend an die Kundenwünsche anzupassen.“ ■ „Die Strategie insgesamt wird laufend überprüft und an veränderte Markt- und Wettbewerbsbedingungen angepasst, um die Bank frühzeitig auf neue Herausforderungen einzustellen.“ ■ „Die Ausrichtung auf den Markt und die Umsetzung der strategischen Neuausrichtung werden wir konsequent fortsetzen.“

ter dargestellt. Konzepte werden in vielköpfigen Teams unterschiedlicher Hierarchie-Ebenen so lange zerredet, bis der kleinste gemeinsame Nenner übrig bleibt. Wer schon vor der Vorstandspräsentation jegliches Risiko eines möglichen Missfallens vermeidet, wird von der Angst regiert. Und die ist bekanntlich kein guter Ratgeber. Und dann die Farbwelt – nach dem Branchenprimus Deutsche Bank hat sich eine frappierende Zahl von Instituten ebenfalls Blau als Hausfarbe auserkoren. Als ginge es darum, bloß nicht aufzufallen in der Masse. Und das gelingt dann auch gut. So wurde tatsächlich bei der Dresdner Bank nach der Übernahme durch die Allianz ernsthaft diskutiert, das markant-unverwechselbare Grün zu ersetzen – durch Blau, versteht sich.

Mit Mut zur Eigenständigkeit mehr erreichen Wie werden Unternehmenswerte sichtbar gemacht? Welche Farbe hat Vertrauen? Welches Bild spiegelt Individualität? Wie erkennt der Kunde, woran er ist? Dies sicherzustellen, ist Aufgabe und Ergebnis von strukturierten Identitäts- und Brandingprozessen. Nur wenn es einer Bank gelingt, ureigene Stärken zu definieren, diese strategisch umzusetzen und sie schließlich sichtbar und verständlich zum Nutzen des Kunden darzustellen, wird dies das Image und damit den Erfolg des Unternehmens stärken. ■ Professor Dr. Klaus Gourgé lehrt Unternehmenskommunikation an der Hochschule Nürtingen-Geislingen. Jörg Schmitz ist Vorstand der thema communications ag.

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Monolog langweilt – Dialog spricht an Banken tun sich bei ihren Angeboten häufig schwer, ihre Kunden zum Dialog aufzufordern. Weblogs können als „digitale Logbücher“ Hilfestellung bieten. KLAUS GOURGÉ / JÖRG SCHMITZ

ommunikation von Bank zu Mensch ist oftmals Einbahnstraße und Sackgasse zugleich. Denn so sehr Banken als Sender von Werbebotschaften aktiv sind, so unterentwickelt sind ihre Empfangskanäle. Dialogkommunikation muss jedoch gut organisiert sein – sei es auf konvetionellem Wege oder in neuen Formaten wie Weblogs. Die Studie „Bankenkommunikation“ von Professoren der Fachhochschulen Mainz, Nürtingen und Offenbach ergab: Insgesamt 77 Prozent der Kundenansprachen sind auf EinwegKommunikation ausgerichtet und zeigen kaum Dialogansätze. Zwar nutzen nach den Ergebnissen der Studie über 90 Prozent aller Banken das Internet, nahezu 80 Prozent geben Printpublikationen heraus und fast 65 Prozent der Banken sind in klassischer Werbung vertreten, um die Menschen zu erreichen. Doch wird hier überwiegend Einweg-Kommunikation praktiziert, und die wirkt nur begrenzt. Denn zu gelingender Kommunikation gehören immer zwei: „It takes two to tango.“ Dabei ist es so leicht, Kunden Wertschätzung entgegenzubringen – sowohl beispielsweise in Kundenmagazinen als auch im Internet ■ Leser direkt anzusprechen, um Anregungen und Meinungen zu bitten, ■ Anfragen, Kritik oder Anregungen intern an geeigneter Stelle weiter zu verfolgen, ■ Leser- oder Kundenbefragungen zu initiieren und deren Ergebnisse zu veröffentlichen,

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Nützliches zum Thema Weblogs Weblog: Tagebuchähnliche Webanwendung, die den schnellen Eintrag von Texten und Kommentaren ermöglicht, Blogger: Nutzer von Weblogs, Blogosphäre: Die Gesamtheit der Weblogs, die Weblog-Szene als Ganzes, Die deutsche Blog-Community: http://www.blogger.de, Suchmaschine für Weblogs: http://www.technorati.com.

■ unter Beiträge die E-Mail-Adresse des Autors oder des hauseigenen Experten zu setzen, ■ zu bestimmten Themen TelefonHotlines für weitere Fragen anzubieten, ■ Diskussionsforen einzurichten. Selbst wenn dieser erste Schritt – die „Einladung zum Dialog“ – häufig fehlt, versuchen Kunden und Nichtkunden mitunter unaufgefordert in Kontakt zu treten. Auch diese zweite Chance wird allzu oft von den Banken nicht genutzt: So werden Anfragen intern weitergeleitet, ohne dass geklärt wäre, wer dem Kunden schließlich antwortet: womöglich niemand. Dialog ist Beziehungsmanagement Es geht hier wohlgemerkt nicht um individuelles Fehlverhalten, sondern um das Fehlen von systematisch dialogorientierten Kommunikationsstrukturen und -kanälen. Sie fördern zum einen die Interaktion mit den Kunden, zum anderen auch den stattfindenden Dialog im Sinne eines Customer Relati-

onship Managements. Damit verhelfen sie zu wertvollen Erkenntnissen darüber, was Menschen von ihrer Bank wirklich wollen. Nur der kontinuierliche Dialog fördert die von den Banken angestrebte Kundenbindung – jede vertane Dialogchance gefährdet die Kundenbindung. Passiv-abwehrende Verhaltensweisen werden kaum dazu führen, dass sich der Kunde mit seinem Anliegen ernst genommen fühlt; vielmehr dürfte er die Glaubwürdigkeit der stets propagierten Kundenorientierung in Zweifel ziehen. Dies gilt ganz besonders für die Kommunikation im Internet-Zeitalter, da dieses Medium noch viel mehr zum Dialog einlädt und letztlich auch verpflichtet. So erfahren zum Beispiel Weblogs derzeit einen „Hype“. Aber könnten sie auch eine Dialogplattform für Banken darstellen? Wie hoch der Nutzwert von Weblogs für die Finanzbranche ist, darüber gehen die Meinungen derzeit noch auseinander. 2003 startete die Bank für Sozialwirtschaft das nach eigenen Angaben


bundesweit erste Fundraising-Weblog (http://weblog.spendenbank.de/). Ziel der Hausbank zahlreicher Spendenorganisationen war, „nicht nur Werkzeuge für das Fundraising anzubieten, sondern die Entwicklung des Fundraising insgesamt zu begleiten und zu forcieren“, begründete Bernd Labetzsch, Marketingleiter der Bank für Sozialwirtschaft, das Engagement. Wer sich das Weblog heute ansieht, findet noch immer ein wohlstrukturiertes Forum vor – ein gelungenes Beispiel. Welchen Zweck könnten Bankenblogs noch erfüllen? Längst wird die Kreditvergabepolitik einzelner Institute im Web diskutiert – allerdings nur unter Betroffenen und Interessierten. Banken selbst üben vornehme Zurückhaltung. Dabei wäre diese Meinungsbildung im ureigenen Interesse ernstzunehmen.

Finanzen: Zum Weiterklicken Blog.handelsblatt.de www.finanzblog24.net http://blog.focus.msn.de http://www.welt.de/z/plog/ http://www.wams.de/z/plog/ http://forum.fr-aktuell.de/blog/ www.aktien-blog.de www.wiwo.de http://www.zeit.de/blogs/index

Ein amerikanischer Hersteller von fehlerhaften Fahrradschlössern wurde bereits erfolgreich auf zehn Millionen Dollar Schadenersatz verklagt. Anlass war unbeantwortet gelassene Produktkritik – publiziert über Weblogs. Kaum auszudenken, welche Konsequenzen mangelhafte Finanzprodukte oder unsachgemäße Beratung in der „Blogosphäre“ haben könnten. Was die Nutzer bisher in den Weblogs über Banken schreiben, ist zumeist wenig schmeichelhaft. Jedoch: Verärgerte Kunden wollen ernst genommen werden. „Derzeit ist mir der Nutzen von Weblogs für unser Haus noch nicht klar“, sagt Harald Düren, Leiter für Marketing und Public Relations bei HSBC Trinkaus & Burkardt. „Daher beobachten wir zunächst den Markt“, so Düren. „Was mir gefällt, ist die stark dialogorientierte Ausrichtung von Weblogs. Nun muss uns noch der Zielgruppennutzen klar werden.“ Presseclippings und Weblogs: Echolot der öffentlichen Meinung Norbert Walter, Chefvolkswirt der Deutschen Bank, ruft zur Entdeckungsreise auf: „Es gilt Blog-Kultur zu entwickeln – übrigens ebenso wie E-Mail- und Handy-Kultur, weil es auch hieran massiv fehlt. Wir brauchen alle kreativen Geister zur Entwicklung und zum Marketing unserer ständig erneuerten Produkte – nach innen wie nach außen. Die Feedbackkultur muss uns zur Natur werden.“ Allerdings: Dass Weblogs als strategisches Marketinginstrument nutzbar werden, ist angesichts ihrer basisdemokratischen Natur zu bezweifeln – und im Grunde auch nicht wünschenswert. Wie auch immer sich die Weblog-Szene entwickelt: Banken tun gut daran, neben konventionellen Presseclippings die Nennung ihrer Institute im Internet sorgfältig zu beobachten, um rechtzeitig zu handeln. Auch – und gerade – im Internet gilt: am besten gar nicht ignorieren. ■ Professor Dr. Klaus Gourgé lehrt Unternehmenskommunikation an der Hochschule Nürtingen-Geislingen. Jörg Schmitz ist Vorstand der thema communications ag.


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Das dreifache Dilemma Die interne Kommunikation gilt als kritischer Erfolgsfaktor. Wenn sie jedoch sich ausschließende Unternehmensziele verfolgen soll, wird sie zur „Mission Impossible“. KLAUS GOURGÉ / JÖRG SCHMITZ

iel Geld investieren Banken für ihre interne Kommunikation. Intranet, Mitarbeiterzeitschriften und Newsletter werden in der Studie „Kommunikation deutscher Banken“ von Professoren der Fachhochschulen Mainz, Nürtingen und Offenbach als häufigste Medien der internen Kommunikation von Banken genannt. Mehr als 70 Prozent der Institute haben außerdem interne Richtlinien für den Umgang mit Kunden und Öffentlichkeit festgelegt, die sicherstellen sollen, dass „eine Sprache“ gesprochen wird. Die zentrale Rolle der Mitarbeiter in der Bankenlandschaft ist also durchaus erkannt: Sie müssen überzeugt werden, wenn Vorstandsbeschlüsse und strategische Zielvorgaben Realität werden sollen. Und sie sind die Schnittstelle zum Kunden, an der tagtäglich die Glaubwürdigkeit der Werbeversprechen zu beweisen ist. Was sich allerdings auch mit noch so schönen Medien und Events nicht auflösen lässt, ist ein mehrfaches strategisches Dilemma, in dem viele Banken heute schon stecken. Zeitverzögert wird sich dem auch der Sparkassensektor stellen müssen, da es auch dort „fusioniert“: jüngstes Beispiel sind Helaba und Frankfurter Sparkasse 1822.

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Dilemma Eins: Identität auf Knopfdruck Die jahrelang geforderte und geförderte Identifikation mit dem Unternehmen wirkt bei anstehenden Fusionen oder Übernahmen kontraproduktiv. Die nicht gelingende Integration un-

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terschiedlicher Unternehmenskulturen gilt als wesentlicher Grund für das Scheitern von Fusionen. Identität lässt sich nicht überziehen und ablegen wie ein Jackett. Beispiel: die Mitarbeiter der ehemaligen Hypothekenbanktochter der Commerzbank. Anlässlich der Fusion sollten sie ihre alte Unternehmenskultur ablegen und sich mit der neuen, eigenständigen Eurohypo identifizieren – nur um jetzt nach der (Rück-)Übernahme wieder zur Commerzbank zu gehören. Ein anderes Beispiel sind die Mitarbeiter der Investmentbank Dresdner Kleinwort Wasserstein, die über ihre

Muttergesellschaft Teil des AllianzKonzerns wurden. Sie tun wohl besser daran, sich nicht zu sehr als Mitglied der blau-grünen Familie zu identifizieren, die ihnen seit Jahren die widersprüchliche Botschaft vermittelt: Ihr gehört dazu, es sei denn, wir verkaufen euch.

Interne Kommunikation der Banken: Studienergebnisse Welche Maßnahmen setzen Sie ein? Intranet Events Mitarbeiterzeitung

80,6 % 48,8 % 41,9 %

Gibt es Richtlinien für den Umgang mit Kunden und der Öffentlichkeit? Ja 29,0 % Nein

71,0 %

Schulen Sie Mitarbeiter besonders im Hinblick auf Unternehmensimage und -marke? 35,5 % Ja 61,3 % Nein Welche Feedback-Kanäle für Mitarbeiter gibt es bei Ihnen? (Top 3) Persönliches Gespräch Intranet Vorschlagswesen Quelle: thema communications AG

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Gesprächskultur fördern BM: Wie alle Banken befindet sich HSBC Trinkaus und Burkhardt im Wandel. Was bedeutet das für Ihre Harald Düren ist Mitarbeiterkommunikation? Leiter Pressearbeit Düren: Auch hier gilt, dass Wahrbei HSBC Trinkaus haftigkeit die Voraussetzung für & Burkhardt. Glaubwürdigkeit ist. Und die brauchen sie spätestens bei heiklen Fragen. Bei uns wird die Kommunikation von Veränderungen wesentlich dadurch erleichtert, dass die Bank wächst – sowohl die Zahl der Mitarbeiter als auch die Erträge. Da ist vieles einfacher, als wenn parallel noch Personal abgebaut wird. BM: Worin sehen Sie die Hauptaufgaben und Schwierigkeiten der internen Kommunikation? Düren: Zeitnah zu genau den Fragen zu informieren, die den Mitarbeiter wirklich interessieren. Das setzt voraus, dass die Unternehmensführung und die Verantwortlichen in der Kommunikation wissen, was die Mitarbeiter aktuell bewegt und wo eventuell Verunsicherung besteht. Außerdem wollen wir eine offene Gesprächskultur fördern, statt bestimmte Interessen als so genannte Sachzwänge oder allgemeines Unternehmensziel zu kaschieren. BM: Kommunikation wird von Mitarbeitern oft als Einbahnstraße „top-down“ empfunden – welche Erfahrungen haben Sie? Düren: Dieser Eindruck kann schnell entstehen, weil viele Initiativen erst dann für alle sichtbar sind, wenn sie offiziell „von oben“ kommuniziert werden. Tatsächlich aber beruht vieles davon auf Anregungen und Fragen „von unten nach oben“. Beispiele sind die enge Zusammenarbeit zwischen Führung und Mitarbeitern im Tagesgeschäft, ein jährliches Führungskräfteforum und zahlreiche informelle Treffen der Führungsspitze mit den Mitarbeitern. BM: Wie stellen Sie sicher, dass Mitarbeiter "eine" Sprache sprechen? Düren: Bei uns gilt der Grundsatz: „Wir sind alle Experten, aber in der Regel nur auf einem Gebiet.“ Dies bedeutet, dass zum Beispiel über Devisen nur der Devisenexperte spricht. Der Experte kommuniziert über sein Spezialgebiet nicht nur intern, sondern auch den Kunden und einer breiteren Öffentlichkeit gegenüber. Dieses Prinzip der Selbstverantwortung ist für andere Banken eher ungewöhnlich, in denen viele Statements so lange einen Abstimmungsmarathon durchlaufen, bis sie „völlig weichgespült“ keinen Menschen mehr interessieren. BM: Wenn wir die Bankmitarbeiter zum Thema interne Kommunikation befragen würden: Was, glauben Sie, wären die Antworten? Düren: Wir wollen alles wissen, und wir wollen es jetzt!

Dilemma Zwei: Einseitige Treue – loyal bis zum Aufhebungsvertrag Suche loyale und motivierte Mitarbeiter, biete lebenslang gesichertes Arbeitsverhältnis – dieses gegenseitige Treueversprechen haben die Banken in den vielen Entlassungswellen der letz-

ten Jahre einseitig aufgekündigt. Mag sein, dass dies mitunter betriebswirtschaftlich notwendig war. Nur muss man jetzt die Konsequenz sehen: Selbst diejenigen, die den bisherigen Stellenabbau „überlebt“ haben, dürften nun wissen, dass die wohlfeile Flo-

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skel von den Mitarbeitern als wertvollstem Kapital nur bei Bedarf und bis auf Widerruf gilt. Das heißt: Gerade die guten Mitarbeiter, die man gern behalten würde, werden ihrerseits ohne große Skrupel dankend Adieu sagen, wenn sich ihnen eine Alternative auftut – was bei einer womöglich bald verbesserten Arbeitsmarktlage den Banken zu einer (zu) späten Einsicht verhelfen würde. Die anderen Mitarbeiter, die erst spät oder vielleicht gar nicht mehr bei anderen Unternehmen unterschlüpfen, dürften an ihrem ehemaligen Arbeitgeber wohl kaum ein gutes Haar lassen – und unter Umständen die Reputation nach außen beschädigen. Dilemma Drei: Vertreten, woran man selbst zweifelt Wirklich überzeugend kann ein Mitarbeiter nur wirken, wenn er selbst überzeugt ist. Ob nun der Berater zu seinen Kunden oder die Führungskraft zu ihren Mitarbeitern spricht: Die vom Vorstand verkündeten Ziele werden sie bestenfalls halbherzig verfolgen, wenn sie selbst am Sinn des Ganzen zweifeln oder dank mehrfacher Richtungswechsel völlig die Orientierung verloren haben. So antwortete allen Ernstes ein Berater in der Zeit des Hin und Her von Deutsche Bank und Bank 24 auf die Frage eines Kunden, wo man ihn denn nun ansiedeln wolle: „Ich weiß ja nicht mal, wo ich selbst jetzt hingehöre.“ Was immer der Kunde daraufhin denken mag – zumindest war die Antwort ehrlich. Aus dieser dreifachen strategischen Zwickmühle kann es sicherlich keinen einfachen Ausweg geben. Viel wäre jedoch schon gewonnen, wenn diese Widersprüche in den Kommunikationsabteilungen ernst genommen würden, statt weiter so zu tun, als wäre man noch in der heilen Welt der 90er Jahre. ■ Professor Dr. Klaus Gourgé lehrt Unternehmenskommunikation an der Hochschule Nürtingen-Geislingen. Jörg Schmitz ist Vorstand der thema communications ag.

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Hilfreich, nützlich, gut fürs Image Unter neuen Namen wie Corporate Citizenship und Corporate Responsibility scheint das gesellschaftliche Engagement der Banken aktuell gefragt wie nie.

S E R V I C E Corporate Social Responsability im Internet: www.csrgermany.de CSR-Plattform der Industrieverbände BDI und BDA www.upj-online.de Deutsches Netzwerk für Corporate Citizenship und CSR www.nachhaltigkeitsrat.de Von der Bundesregierung eingesetzter Nachhaltigkeitsrat www.econsense.de Branchenübergreifendes CSR-Netzwerk

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enn sich Unternehmen gesellschaftlich engagieren, wählen sie meist traditionelle Felder: etwa Kultur, Bildung Soziales oder Sport. In einer Studie zum Thema Bankkommunikation meinte fast die Hälfte aller Befragten, Sponsoring und „gute Taten“ seien für das Unternehmensimage wichtig. Nur rund ein Viertel der Institute gab an, sich selbst aktiv für gemeinnützige Projekte einzusetzen.

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Werbung wird nur geringe Glaubwürdigkeit zugemessen Viele Unternehmen bedienen sich nach wie vor der klassischen Imagewerbung. Doch Anzeigenseiten und TV-Werbezeiten sind teuer. Hinzu kommt, dass viele Verbraucher der Werbung nur eine geringe Glaubwürdigkeit zumessen. Gerade bei Großbanken wird die Kommunikationsstrategie in der Vorstandsetage entwickelt und legt bis zu dem einzelnen Mitarbeiter einen weiten Weg zurück.

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Matching Fund Plus-Konzept „1+1=3“ Die Bank gibt eine bestimmte Summe als Anreiz vor. Wenn die gemeinnützige Institution diese Summe durch Spenden noch einmal einwerben kann, erhöht die Bank nochmals um den AnreizBetrag.

Das behauptete und angestrebte Image wirklich zu leben setzt voraus, dass die Mitarbeiter die Marken- und Unternehmenswerte kennen und sich mit ihnen identifizieren. Beim gesellschaftlichen Engagement stellen Banken ihr Geld für einen „guten Zweck“ zur Verfügung. Wenn

Medien über die Unternehmensaktivitäten berichten, bringen sie den Fördernden positiv ins Bewusstsein der Leser oder Zuschauer – die Glaubwürdigkeit ist gratis. Während Anzeigenkampagnen nur Behauptungen aufstellen, können Banken etwa mit Corporate Citizenship ihr Engagement beweisen. Einige Geldhäuser unterstützen ihre Mitarbeiter dabei, persönlich aktiv zu werden. Das richtige Projekt und der richtige Partner müssen erst gefunden werden. Bei der Projektauswahl spielen häufig die persönlichen Interessen eine Rolle. Allerdings muss das Engagement zum angestrebten Image des Hauses passen. Banken können darüber hinaus ihren Kunden aktiv anbieten, sich an förderungswürdigen Projekten – etwa über eine Stiftung – zu beteiligen. ■ Professor Dr. Klaus Gourgé lehrt Unternehmenskommunikation an der Hochschule Nürtingen-Geislingen. Jörg Schmitz ist Vorstand der thema communications ag.


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„Es hat keinen Sinn, in einem Logofriedhof aufzutauchen“

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ankmagazin befragte Sigrun Stosius vom Bankhaus Metzler zu den Engagements ihres Instituts. BM: Wie engagiert sich Metzler gesellschaftlich – und seit wann? Stosius: Das Bankhaus Metzler besteht seit 1674. Seit diesen Tagen sind die Metzlers Teil der Frankfurter

Bürgerschaft und engagieren sich. Bis heute ruhen die Aktivitäten auf den Säulen Kultur, Wissenschaft und mildtätiges Handeln. Seit 2000 bauen wir das soziale Engagement aus. BM: Weshalb fördert Ihr Institut soziale Zwecke? Stosius: Wir haben speziell für kulturelle Einrichtungen die große Matching Fund Plus-Aktion (siehe Kasten Seite 44) konzipiert. Die gleiche Summe setzen wir auch für soziale Zwecke ein. Soziale Institutionen unterstützt unser Haus auch stark bei der Öffentlichkeitsarbeit, da vielen Organisationen das Know-how fehlt. Wir schauen uns beispielsweise Präsentationen der Einrichtungen an oder geben Tipps für eine Broschüre. BM: Welche Gründe gibt es hierfür? Stosius: Viele Organisationen kennen sich bei wirtschaftlichen, für sie überlebenswichtigen Themen nicht aus. Einige können nicht sagen, wie hoch die Spende sein soll und wann sie gebraucht wird, ob sie in einer

Summe ausgezahlt werden sollte oder in Raten. Andere wissen nicht, ob sie eine Spendenquittung ausstellen dürfen. Einige Institutionen leiden Not, weil ihr Auftritt unprofessionell ist. Selbst wenn bei einer Spende kein Sponsoringvertrag geschlossen wird, will das Unternehmen genau wissen, warum eine Zusammenarbeit passend ist und was wie kommuniziert werden soll. Wir erhalten Briefe, die genauso gut an einen Reifenhersteller gehen könnten. Sie sind in der Regel viel zu lang und formulieren ihr Anliegen nicht klar genug. Dies möchten wir verbessern. BM: Wie kommunizieren Sie das soziale Engagement nach außen hin? Stosius: Als wir die Renovierung der Bibliothek in der Kunsthalle Mannheim unterstützt haben, sagten einige: „Ihr macht das doch nur, weil ihr Kunden gewinnen wollt.“ Wir haben geantwortet: „Ja, genau.“ Die Möglichkeit, das Bankhaus über seine Aktivitäten einem Publikum vorzustellen, wollen wir auf jeden Fall nutzen. Viele wundert, dass wir damit recht offensiv umgehen. Allerdings sind wir in erster Linie eine Bank: Wir können uns nur engagieren, wenn wir Gewinne machen. BM: Ihr Haus hat keine kritischen Aktionäre, die Ihnen vorwerfen, dass Sie Millionen zum Fenster hinauswerfen. Wen müssen Sie von einem Projekt überzeugen? Stosius: In einem Unternehmen mit einem Familienmitglied in der obersten Geschäftsführungsebene lassen sich solche Prozesse schnell und einfach abwickeln. Wir versuchen immer, uns langfristig zu engagieren, anstatt nur einmal mit einem Foto der Scheckübergabe in der Zeitung zu stehen. Die Familienmitglieder sind mit der Tradition des Mäzenatentums aufgewachsen – die Befürworter müssen nicht erklären, dass Corporate Social Responsibility eine gute Sache ist.

BM: Bei welchen Projekten setzt das Bankhaus Prioritäten? Stosius: Wir fokussieren den Schwerpunkt „Kinder und Jugendliche“. Außerdem versuchen wir, uns langfristig zu engagieren und suchen hier im Hause einen Mitarbeiter als Paten für das Engagement. Das ist jemand, der eine Affinität zum Thema hat und sich dafür interessiert. Wir geben außerdem lieber eine Starthilfe und versuchen, als einziger Partner oder nur mit wenigen anderen Förderern aufzutreten. Es hat keinen Sinn, in einem Logofriedhof aufzutauchen. BM: Welche Kommunikationsziele haben Sie unternehmensintern definiert? Stosius: Das wichtigste Anliegen für die Unternehmenskommunikation ist, uns als erfolgreiche Bank zu positionieren, die sich durch ihr Engagement positiv von ihrem Wettbewerberumfeld abhebt. BM: Lässt sich das Engagement Metzlers auf andere Banken übertragen? Stosius: Wichtig ist das persönliche Interesse der Geschäftsleitung an den Aktivitäten. Wenn Mitarbeiter deren Rückendeckung haben und an den Reaktionen der Betroffenen ablesen können, dass ihr Engagement oder das ihres Arbeitgebers ankommt, ist das für beide Seiten eine gute Sache. Dann ist es egal, ob es sich bei den Spenden um Geld oder um ausrangierte Computer handelt. Auch der Förderungsbereich – ob Sport, Kultur oder Soziales – spielt dann keine Rolle mehr.

Sigrun Stosius ist Referentin Presseund Öffentlichkeitsarbeit beim Bankhaus Metzler, Frankfurt am Main.

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Alle Jahre wieder

Ansätze unmöglich macht. Das Ergebnis ist so überraschungsarm wie der jährliche Ablauf des „Dinner for One“, nur leider weniger komisch: eine gleichbleibende und wenig aufregende Struktur im Aufbau des Berichts, gefüllt mit schon hundertfach gehörten Standardphrasen und Floskeln: „Im Berichtszeitraum wurden die im Vorjahr beschlossenen strategischen Weichenstellungen einschließlich der Restrukturierungsmaßnahmen unseres Konsolidierungsprogramms zur nachhaltigen Rentabilitätssicherung im Rahmen unserer ertragsorientierten Wachstumsoffensive konsequent umgesetzt“, und so weiter.

Auch hartgesottene Analysten wollen eine gute „Story“ Diese staubtrockene Finanzprosa prägt In der Finanzkommunikation ist Bescherung nicht an wohlgemerkt nicht nur den Pflichtteil des gesetzlich geregelten JahresabWeihnachten, sondern im Frühjahr – mit Erscheinen des schlusses, sondern allzu oft auch den Geschäftsberichts. Überraschungen sind jedoch selten. allgemeinen Teil, der doch eigentlich Interesse für das Unternehmen und seine Zukunftspläne wecken sollte. „Nichts ist spannender als Wirtschaft“, KLAUS GOURGÉ / JÖRG SCHMITZ proklamiert der Slogan eines bekannten Wirtschaftsmagazins – man muss oran denken Sie, wenn Sie ihren Geschäftsberichten zwar seit Jahsie dem Leser allerdings auch entsprediese Eigenschaften lesen: ren auf hohem Niveau auftreten. Aber chend präsentieren. attraktiv, schlank, intelliindem fast alle alles gleich machen, Paradoxerweise tun die Banken in gent, kommunikativ, unlaufen sie gemeinsam auf eine kreative ihren Geschäftsberichten alles dafür, kompliziert, vielseitig, ehrlich, geistNull-Linie zu – als ob es darum ginge, sich selbst so langweilig wie möglich reich? Wohl kaum an den Geschäftsnur ja nicht von der Musterlösung abdarzustellen. Dabei verlangen sogar bericht Ihrer Bank. Der scheint zuweichen. Originell geht anders, eine hartgesottene Analysten inzwischen einem ungeschriebenen Gesetz zufoleigene Identität wird somit nicht ereine „Story“ statt ge so daherkommen zu müssen: kennbar. S E R V I C E bloßem „Number Crunspröde, kompliziert, langatmig, umching“. Erst recht würständlich, aufgeblasen – und mehr „Same procedure as „Bester Bankbericht“ den Kunden, Medien oder weniger übergewichtig. every year?“ Nehmen Sie teil am Bankund Öffentlichkeit einen So kritisieren die Jury-Experten bei Obwohl der Geschäftsmagazin-Award für den gut lesbaren und inteden Wettbewerben um die besten Gebericht laut Studien zur besten Geschäftsbericht ressant aufgemachten schäftsberichte alle Jahre wieder, die Bankenkommunikation des Jahres! Informationen Geschäftsbericht beZahlenwerke der deutschen Banken größte Bedeutung gefinden Sie auf Seite 4. grüßen. seien im internationalen Vergleich viel nießt, wird die Arbeit Immerhin setzt sich zu umfangreich. Dann versucht der daran nicht selten als langsam die Erkenntnis durch, dass ein Kommunikationsmann, den Finanzlästige Pflichtübung empfunden. Vor Geschäftsbericht (mindestens) zwei vorstand von einem abgespeckten allem die Texterstellung rationalisieren extrem unterschiedliche InteressenZahlenwerk zu überzeugen. Doch es ist die dafür zuständigen Mitarbeiter, gruppen anspricht: den kleinen Kreis wie bei so vielen Diäten: Anfangs ist indem sie einfach die Dateien des Vorder Finanzprofis und eine deutlich der gute Wille da, am Ende aber ist jahres als Vorlage aufrufen und mit größere Zahl von Nichtprofis. Folgeman irgendwie wieder beim ursprüngden neuen Zahlen überschreiben. richtig erstellen mehr und mehr Banlichen Umfang angelangt. Dank dieser zugegeben sehr bequeken einen zweigeteilten GeschäftsbeIn der Tat zeigt das Benchmarking men Vorgehensweise entsteht ein Bericht, bestehend aus einem allgemein der Wettbewerbe, dass die Banken mit tonbett, das neue oder gar originelle

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So spannend wie ein Telefonbuch Wollte man eine Liste der häufigsten Ermüdungserscheinungen bei der Lektüre von Geschäftsberichten erstellen, hätten diese hier gute Chancen: ■ Aufbau/Gesamtkonzept: Anders als jedes andere Medium scheinen Geschäftsberichte so etwas wie Dramaturgie oder Spannungsbogen nicht nötig zu haben. Nach dem Motto: Die Veröffentlichung ist für uns Pflicht, dann soll sie auch für den Leser kein Vergnügen sein. ■ Visuelles Erscheinungsbild: Im Durchschnitt beschäftigt sich der Leser drei Minuten mit einem Geschäftsbericht. Die visuelle Gestaltung trägt kaum dazu bei, diese Zeitspanne freiwillig zu verlängern – Pflichtlektüre eben. ■ Vorstandsfotos: Deutschlands Finanz-Elite gefällt sich entweder kollektiv am Tisch sitzend als Gruppenbild „Männer ohne Unterleib“, oder aber in der Pose des symbolisch in die Zukunft weisenden „Folgt mir, ich zeige Euch den Weg“-Machers, wobei der Rest des Rudels seinen Leitwolf allerdings meist ziemlich allein dastehen lässt. Leider auch nicht origineller: einzelne Köpfe in Passbild- oder Bewerbungsfoto-Anmutung. ■ Sprache/Stil: Lesen Sie mal abends Ihrem Partner aus dem allgemeinen Teil des Geschäftsberichts Ihrer Bank vor und zählen Sie die offenen oder unterdrückten Gähnimpulse pro Seite. Fragen Sie am nächsten Tag, ob er/ sie davon irgendetwas behalten hat – und wenn nein, warum nicht. ■ Themenauswahl: Es gibt unzählige interessante Themen, zu denen eine Bank Stellung beziehen könnte. Warum nicht im Geschäftsbericht? ■ Identität/Leitbild/Marke: Ausgerechnet das, was die Unverwechselbarkeit des Unternehmens verkörpern soll, besteht aus einem austauschbaren Einerlei der immer gleichen Werte, Strategien und Geschäftsmodelle. Und was da gern als „Vision“ bezeichnet wird, belegt in seiner Beliebigkeit nur das Fehlen eigener Ideen.

verständlichen, ansprechend gestalteten Teil und einem nüchtern-sachlichen Zahlenteil. Zweifellos ist das ein richtiger Schritt, bei dem allerdings die Frage zu klären ist, welche Abteilung in welchem Teil das Sagen hat: die Investor Relations- oder die PR-Abteilung, das Marketing oder das Finanzressort? Bericht aus zwei Welten Die fachliche Hoheit über den Zahlenteil wird sich zu Recht der Finanzvorstand vorbehalten. Wenn nun für den allgemeinen Teil das Marketing zuständig ist, passiert es, dass der Gesamtbericht zwei verschiedene Welten zeigt: Vorne präsentiert sich die großartigste Bank der Welt, während der Zahlenteil einen millionenschweren Rekordverlust ausweist. Um solche Eigentore zu verhindern, sollte der all-

gemeine Teil nicht als Imagebroschüre, sondern als journalistisch gemachtes Magazin auftreten. Organisatorisch bedeutet das: Gerade ein zweigeteiltes Geschäftsberichtskonzept erfordert eine integrierte Unternehmenskommunikation. Sie hat den Blick für die unterschiedlichen Interessengruppen und die internen Abteilungsrivalitäten und sorgt dafür, dass sich beide Teile zu einem schlüssigen Gesamtbild zusammenfügen. So kann ein Geschäftsbericht entstehen, der mehr ist als Zahlenfriedhof und Phrasenverschiebebahnhof: eine anregende, originelle Lektüre als Ausdruck einer authentischen Unternehmensidentität. ■ Professor Dr. Klaus Gourgé lehrt Unternehmenskommunikation an der Hochschule Nürtingen-Geislingen. Jörg Schmitz ist Vorstand der thema communications ag.


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Willkommen im Leben Wenn es um Kommunikationsstrategien geht, können Banken von den Konsumartiklern lernen, ihre Marke zu stärken und Kundenwünsche zu erfüllen. KLAUS GOURGÉ / JÖRG SCHMITZ

ine Szene im Jahr 2020: An einem verregneten Sonntag betritt Familie Wohlgemuth das Foyer der „Banking & Living World“, das in Größe und Aufmachung eher einem Einkaufszentrum als einer herkömmlichen Zweigstelle entspricht. Nachdem der Nachwuchs im „Euro Youngsters Paradise“ abgegeben wurde und dort unter anderem mit so altmodischen Relikten wie Geldmünzen spielen kann, bleiben die Eltern zunächst am AktionsStand „Health & Wealth“ hängen: Während Mutter Wohlgemuth sich das Prinzip der Feng-Shui-Finanzplanung erklären lässt, bekommt er einen Energy-Vitamin-Drink gemixt, der speziell auf seinen heutigen Biorhythmus abgestimmt ist.

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Finanzen, Brötchen und Lotto in „einem Aufwasch“ Auf dem Weg in die „Finance Lounge“, wo sie einige finanzielle Angelegenheiten regeln wollen, kauft das Ehepaar noch schnell frische Brötchen in der integrierten Bäckereifiliale und tippt im bankeigenen Wettbüro neben den Lottozahlen auch noch die Aktieneröffnungskurse der nächsten Woche. Bezahlt wird überall durch Handauflegen – ein unter der Haut implantierter Chip enthält all die Daten, für die man früher Kreditkarten brauchte. Schließlich bei ihrem Finanzbetreuer angelangt, regelt dieser für sie die Rückgabe der geleasten Wohnzimmereinrichtung und bestellt für die Familie im Internet die gewünschte neue

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Designmöbel-Kollektion auf Leasingbasis für zwei Jahre. Außerdem bekommen die Wohlgemuths ein Austauschgerät für ihr MultifunktionsHandy, das beim Tele Mobile Shopping zuletzt häufiger Übertragungsfehler meldete. Und als Tochterunternehmen des weltgrößten Touristikkonzerns bietet die Bank ihren guten Kunden spezielle Incentive-Reisen an – Familie Wohlgemuth entscheidet sich in diesem Jahr für die

bringen versuchen, ist der umgekehrte Weg längst kein Hirngespinst mehr. Banking zwischen Café-Bar und Zengarten Im September 2005 hat die Deutsche Bank ihre Filiale der Zukunft in Berlin eröffnet – auf 1200 Quadratmetern findet der Besucher eine Lounge mit gastronomischem Service, Trendshops, „Kids-Corner“ und eine „Galerie der Wünsche”, in der beispielsweise ein Porsche Cayman ausgestellt wird; geöffnet ist bis 20 Uhr, auch samstags! Die abendlichen Veranstaltungen und Vortragsreihen drehen sich nicht um spröde Finanzthemen, sondern um den „Genuss am Leben”. Die Modellfiliale soll 50 Prozent mehr Neukunden gewinnen als die üblichen Geschäftsstellen der Deutschen Bank. Noch weiter in die Zukunft hat sich fernab der Hauptstadt die Sparkasse Forchheim gewagt: Hier flaniert der Besucher auf einem so genannten Erlebnispfad vorbei an Shop in Shop-Lösungen wie Reisebüro und HandyShop, einschließlich einer von Spar-

Zukunftsvision: Bankgeschäfte könnten auch im Ambiente eines Zengartens getätigt werden.

Anti-Aging-Woche im polnischen Zopot, dem derzeit mondänsten Ferienort Europas. Alles nur Fiktion? Den implantierten Chip als Eintrittskarte mit Bezahlfunktion gibt es heute schon in einigen Nobel-Clubs. Und seit Tchibo, Aldi & Co. auch Handy-Verträge, Reisen und Lebensversicherungen unters Volk zu

kassenangestellten betriebenen CaféBar, einem Zengarten und einer Aktionsbühne. Statt wie sonst üblich den Eingang mit einer Abwehrreihe aus SB-Geräten so abzuriegeln, dass möglichst kein Kunde den Weg zu den Beratertischen findet, schweben hier die Automaten auf Luftkissen immer dorthin, wo sie gerade gebraucht wer-


Ko m m u n i k a t i o n Banking den oder am wenigsten stören. Was das alles mit Kommunikation zu tun hat? Abgesehen davon, dass solche Begegnungsstätten ungleich kommunikativer sind als die wenig einladenden Normalfilialen, die wohl niemand freiwillig oder gar zum Zeitvertreib aufsucht, geht es vor allem darum, die Marke und Identität einer Bank buchstäblich erlebbar zu machen. Als Versuch der „Revitalisierung“ wertet Martin Engstler vom Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation das Modell der Sparkasse Forchheim: Die Bankfiliale der Zukunft soll „ein emotionales Erlebnis bieten, Offenheit transportieren, die Menschen neugierig machen, Spontankontakte inszenieren und Anlässe für Begegnungen schaffen." Authentizität, Unverwechselbarkeit, Emotionalität, Individualität und Kundenbindung lauten heute die wesentlichen kommunikativen Ziele, die keine noch so aufwändig produzierten TV-Spots oder Imagebroschüren so wirkungsvoll erreichen können wie Events und Face-to-Face-Kommuni-

kation. Als Ort der Begegnung wird so die gute alte Bankfiliale wiederbelebt, die angesichts von Online Banking und der Konkurrenz der Non-Banks schon als Auslaufmodell galt. Bereits vor zehn Jahren bezeichnete Bill Gates die Banken als „Dinosaurier des Informationszeitalters“ und meinte: „Die Menschen brauchen zwar Finanz-

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Ergebnisse der Studie „Bank und Marke“ Die drei häufigsten Antworten auf folgende Fragen: ■ Welche Maßnahmen sind wichtig für die Bekanntheit der Unternehmensmarke? 1. PR 2. Imagewerbung 3. Image der GeschäftSführung ■ Welche Faktoren sind für das Unternehmensimage wichtig? 1. Kundenorientierung, 2. Produktqualität 3. Glaubhaftigkeit ■ Wofür ist hohe Glaubwürdigkeit besonders sinnvoll? 1. Erfolg von Marketingaktivitäten 2. Vertriebssteigerung 3. Mitarbeiterakquisition Quelle: thema communikations AG

dienstleistungen, aber niemand braucht Banken.“ Selbst ein Banker, William Randle, nannte die klassischen Kreditinstitute „monetäre Mausoleen“. Bankkommunikation live und in Farbe Totgesagte leben bekanntlich länger, und die Pioniermodelle zeigen, dass die Banken langsam aber sicher die Zeichen der Zeit erkennen: Sonderangebote, Aktionswochen (Fußball-WM!) und andere Instrumente der Verkaufsförderung, vor Jahren für Banker noch unvorstellbar, sind dort heute ebenso selbstverständlich wie im Konsumgütermarketing seit jeher. Auch in ihrer Produkt- und Markenkommunikation lässt sich das ablesen: Beliebt sind Namen wie „LiveINVEST“ oder „Fondsuniversum“, und wo die eigenen Angebote noch zu wenig Erlebniswelt-Charakter vermitteln, da verlinkt die HypoVereinsbank auf ihrer Homepage zu Drogerieketten, Autovermietungen, Baumärkten, Freizeitparks ... „Willkommen im Leben“, denkt man unwillkürlich, doch nein, der richtige Slogan heißt: „Leben Sie. Wir kümmern uns um die Details.“ So stellen ausgerechnet die Banken das Thema Geld als Ne-

© BM-Grafik

bensache dar. Selbst beim Slogan der Nummer Eins wähnt man sich eher in einem Fitnessstudio als bei einem Finanzdienstleister: „Leistung aus Leidenschaft“ klingt nach Sport oder gar Sex, von Geld spricht keiner mehr. Geld hat man, oder man gehört sowieso nicht dazu. So erfrischend diese neuen Filial- und Vertriebsmodelle im Vergleich zur sterilen Normalzweigstelle wirken, die entscheidende Frage wird sein, ob das wirklich immer das ist, was die Kunden von ihrer Bank erwarten. Womöglich geht der Trend zur Bank als Erlebniswelt in manchem auch zu weit und an den Erwartungen der Kunden vorbei. Diese Frage aber stellen sich viele Bankhäuser gar nicht erst: 63 Prozent der Institute antworteten in der Studie „Kommunikation deutscher Banken“ mit Nein auf die Frage: „Betreiben Sie Marktforschung über die Markenwahrnehmung Ihrer Kunden?“ Das heißt im Klartext: Zwei Drittel der Banken wissen nicht, wie die Kunden ihre Bank erleben und beurteilen. Schade eigentlich. ■ Professor Dr. Klaus Gourgé lehrt Unternehmenskommunikation an der Hochschule Nürtingen-Geislingen. Jörg Schmitz ist Vorstand der thema communications ag.

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