Zertifikatlösungen als Instrument der Umweltpolitik

Page 1

Michael Geiss

Zertifikatlösungen als Instrument der Umweltpolitik Theorie und Anwendung marktwirtschaftlicher Instrumente zur Steuerung und Begrenzung der Nutzung von Umweltressourcen

2., unveränderte Auflage 2010, Verlag und Herstellung dieser Ausgabe: BoD, Norderstedt ISBN 978–3–842306–21–9


INHALT Grundlagen Umweltschutz und Ökonomie Das Marktversagen bei Umweltgütern Internalisierungsstrategien Standardorientierte Instrumente der Umweltpolitik Der ökologische Rahmen als Ausgangspunkt Anforderungen an umweltpolitische Instrumente Ordnungsrechtliche Instrumente: Auflagen Marktwirtschaftliche Instrumente: Abgaben, Zertifikate Das theoretische Konzept der Zertifikate Grundmodell Statische Betrachtung der Marktprozesse Angebot und Nachfrage auf dem Primärmarkt Angebot und Nachfrage auf dem Sekundärmarkt Funktionsbedingungen des idealtypischen Zertifikatemarktes Dynamische Einflüsse auf den Sekundärmarkt Ausgestaltungsvarianten des Zertifikatemodells Probleme der Auktionslösung Probleme einer befristeten Gültigkeitsdauer Alternative Ausgestaltungsmöglichkeiten Ausgestaltung der Erstvergabe Ausgestaltung der Gültigkeitsdauer Verschärfung des ökologischen Rahmens Besonderheiten der Freivergabelösung Kompensationslösungen als mischinstrumentelle Variante Konzept der Kompensation Abgrenzung zum Zertifikat Ausgestaltung des Zertifikatemodells nach ökologischen Gesichtspunkten


Ökologische Rahmenbedingungen Schadstoffe und Umweltmedien Unterschiede im Luft- und Gewässerschutz Erfordernis räumlicher und zeitlicher Differenzierung Zertifikatedesigns Undifferenzierte Zertifikate Räumliche Differenzierung Zeitliche Differenzierung Zusammenfassende Beurteilung Zur Diskussion und Beurteilung des Zertifikatemodells Ökologische Treffsicherheit Ökonomische Effizienz Dynamische Anreizwirkungen Politische Durchsetzbarkeit Mögliche Wettbewerbsbeeinträchtigungen und Gegenstrategien Wirkungen auf die Wirtschaftsstruktur und die internationale Wettbewerbsfähigkeit Zusammenfassende Beurteilung Pragmatische Zertifikatevarianten Kompensationsregelung nach Nr. 4.2.10 TA Luft Rechtliche Ausgestaltung Theoretische Einordnung Wirkungsdefizite der Kompensationsregelung Erfahrungen im Kannenbäcker Land Zusammenfassende Beurteilung „Emissions Trading Program” Auflagen des Clean Air Act als Rahmenbedingungen Komponenten des Emissions Trading Analyse des Emissions Trading Theoretische Einordnung


Wirkungsdefizite im Emissions Trading Empirische Befunde Zusammenfassende Beurteilung „Acid Rain Program” Ziele und Regelungen des Title IV Bestimmungen des Allowance Trading Analyse des Acid Rain Program Theoretische Einordnung Leistungen des Programms Mögliche Probleme Marktauftakt Zusammenfassende Beurteilung Resümee


Abkürzungen ADP Ambient Differentiated Permits BACT Best Available Control Technology BImSchG Bundes-Immissionsschutzgesetz BSB Biochemischer Sauerstoffbedarf CAA Clean Air Act CFK Chlorfluorkohlenstoffe CH4 Methan CSB Chemischer Sauerstoffbedarf CO Kohlenmonoxid CO2 Kohlendioxid EPA Environmental Protection Agency EDP Emission Discharge Permits ERC Emission Reduction Credit FCKW Fluorchlorkohlenwasserstoffe IPP Independent Power Producers LAER Lowest Achievable Emission Rate LDP Local Discharge Permit MBTU Millions British Thermal Unit NAAQ National Ambient Air Quality Standard NESHAP National Emission Standards for Hazardous Pollutants NOx Stickoxide NSPS New Source Performance Standards O3 Ozon PSD Prevention of Significant Deterioration RACT Reasonably Available Control Technology RFP Reasonable Further Progress SIP State Implementation Plan SO2 Schwefeldioxid TA Luft Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft UDP Undifferentiated Discharge Permits VOC Volatile Organic Compounds ZAU Zeitschrift für angewandte Umweltforschung ZfU Zeitschrift für Umweltpolitik und Umweltrecht


Zertifikatlösungen als Instrument der Umweltpolitik Umweltschutz ist heute als eine der wichtigsten gesellschaftlichen und politischen Aufgaben anerkannt. Leitbild der Umweltpolitik ist es, einen nachhaltigen, umfassenden Nutzen der Umwelt zu sichern – dennoch ist eine immer weiter fortschreitende Umweltzerstörung zu beobachten. Dem hohen Niveau materiellen Wohlstands in den hochentwickelten Industrienationen stehen zunehmende globale Umweltprobleme, ausgeschöpfte oder überschrittene Belastbarkeitsgrenzen von Ökosystemen und sogar der bevorstehende ökologische Kollaps ganzer Weltregionen gegenüber. Zukunftsträchtige umweltpolitische Konzepte und Instrumente sind erforderlich, um die hohen ökologischen Anforderungen und den steigenden Stellenwert des Umweltschutzes im Wertesystem mit wirtschaftlichen Wachstumsinteressen vereinbaren zu können. Solche Instrumente müssen eine effektivere Gestaltung der Umweltpolitik ermöglichen, sie müssen in der Lage sein, die zunehmenden Kosten des Umweltschutzes zu kontrollieren und gleichzeitig den schonenden Umgang mit Umweltressourcen fördern. In der ökonomischen Diskussion gelten Zertifikate als ein umweltpolitisches Instrument, das geeignet erscheint, diese vermeintlich divergierenden Anforderungen erfüllen zu können. Das theoretische Zertifikatemodell ermöglicht eine konsequente Mengensteuerung der Schadstoffemissionen bei gleichzeitiger Kosteneffizienz der erforderlichen Reduktions- und Vermeidungsleistungen; darüber hinaus verspricht es Anreizwirkungen für umwelttechnischen Fortschritt – das Modell scheint die Vorteile instrumenteller Alternativen vereinigen zu können, ohne mit den jeweiligen Nachteilen verbunden zu sein. Die vorliegende Arbeit betrachtet

1


die Wirkungsweise und die Leistungspotentiale von Zertifikatelösungen sowie mögliche Probleme und Schwächen des Modells aus theoretischer und praktischer Sicht. In Kapitel II wird zunächst die Umweltproblematik aus ökonomischer Perspektive – als Allokationsproblem – dargestellt, und es werden Strategien zur wohlfahrtsoptimalen Internalisierung der bei der Umweltnutzung auftretenden externen Effekte aufgezeigt. Wegen des hohen Informationsbedarfs und der dadurch begrenzten Anwendungsmöglichkeiten dieser Ansätze bilden ökologische Rahmenwerte eine praxisnähere Zielkonzeption. Auf dieser Grundlage werden Anforderungen an umweltpolitische Instrumente formuliert und die verschiedenen instrumentellen Ausgestaltungen zur Einhaltung ökologischer Standards diskutiert. Gegenstand von Kapitel III ist das theoretische Modell der Zertifikate. Ausgangspunkt ist die Idee und Funktionsweise des Instruments, dargestellt am idealtypischen Grundmodell. Anschließend werden die in der theoretischen Diskussion vorgeschlagenen Ausgestaltungsalternativen betrachtet, welche das Instrument praxisnah verfeinern und seine Einsatzmöglichkeiten erweitern. Neben den „reinen” Modellvarianten wird auch die Kompensationslösung als institutionell modifizierte Lenkungsstrategie erörtert. Von zentraler Bedeutung für ein umweltpolitisches Instrument ist, inwieweit es den aus ökologischer Sicht bestehenden Anforderungen gerecht wird. Diese Anforderungen und die hierfür entwikelten Zertifikatedesigns werden dargestellt und deren Anwendungsbedingungen und spezifische Eignung betrachtet. Abschließend erfolgt eine Diskussion und Beurteilung des Zertifikatemodells anhand theoretischer und praktischer Kriterien.

2


Kapitel IV stellt pragmatische Varianten des Zertifikatemodells vor, die in der deutschen und der US-amerikanischen Luftreinhaltepolitik verwirklicht wurden. Die bundesdeutsche TA Luft sieht eine Kompensationsregelung für Altanlagen vor, in den Vereinigten Staaten wird schon seit Mitte der 70er Jahre das Emissions Trading Program praktiziert. Eine relativ neue Politikvariante des US-amerikanischen Luftreinhaltegesetzes ist das Lizenzmodell zur Reduzierung von Schwefeldioxid-Emissionen, das sogenannte Acid Rain Program. Diese umweltpolitischen Regelungen sind in den Rahmen der bestehenden Umweltgesetzgebung integriert, ihre Ausgestaltung ist jedoch durch ökologische und wirtschaftspolitische Zielvorstellungen sowie einzelwirtschaftliche Interessen beeinflußt. Betrachtet wird, wie die Zertifikateidee in diesen Konzepten umgesetzt ist, woraus Wirkungsdefizite gegenüber dem theoretischen Modell resultieren und inwieweit sie sich in der Praxis bewährt haben und zukünftig bewähren werden. Das abschließende Kapitel V betrachtet zusammenfassend die Ausgestaltung von Zertifikatemodellen, mögliche Wirkungsbeeinträchtigungen und Risiken für Emissionsrechte-Märkte im Lichte theoretischer Erwägungen und praktischer Erfahrungen sowie die Möglichkeiten und Grenzen des Instruments.

3


Grundlagen Durch das Vorhandensein externer Effekte stimmen im Falle der Umweltnutzungen Marktgleichgewicht und Wohlfahrtsoptimum nicht überein; diese Divergenz ist aus ökonomischer Sicht Ursache des Umweltproblems. Ansätze zur pareto-optimalen1 Internalisierung externer Effekte sind die Pigou-Steuer, die Verhandlungslösung nach Coase und das Umwelthaftungsrecht. Die standardorientierten Instrumente der Umweltpolitik verfolgen das Ziel einer Einhaltung politisch gesetzter ökologischer Rahmenwerte. Umweltschutz und Ökonomie Das Marktversagen bei Umweltgütern In einem Marktsystem werden die Handlungen der Wirtschaftssubjekte durch den Preismechanismus koordiniert, und auf diese Weise knappe Güter der dringlichsten Verwendung zugeführt. Im Falle der Umweltgüter versagt der Markt – ein optimaler Gleichgewichtszustand wird nicht erreicht. Die Erklärung liefert die Theorie der externen Effekte: weil die Umweltbeeinträchtigungen nicht dem Verursacher angelastet, sondern von Dritten getragen werden, kommt es zu einem verschwenderischen, also ineffizienten Einsatz der knappen Umweltressourcen, zu deren Fehlallokation.2 Um das Marktversagen zu beheben, muß der unterschiedliche Wert konkurrierender, produktiver und konsumtiver Verwendungen der Umweltressourcen in die Nutzungsentscheidungen der Wirtschaftssubjekte eingehen.3 Voraussetzung hierfür ist, daß das sich verknappende Gut einen Preis hat:4 das Preissystem übernimmt auf einem Markt die Sanktionsfunktion – Preise einer

1 2 3 4

Im Optimum entsprechen die marginalen Umweltschäden den marginalen Vermeidungskosten. Umweltbeeinträchtigungen stellen einen negativen externen Effekt dar, wodurch die einzelwirtschaftlich angezeigten nicht mit den volkswirtschaftlich entstehenden Kosten übereinstimmen. Vgl. Hansmeyer/Schneider (1990), S.15 Dies ist allerdings im Bereich der Ökologie zumeist nicht der Fall.

4


knappen Ressource werden für den Verwender zu Kosten – und bewirkt so ein ökonomisches Kalkül der Umweltnutzung.5 6 Internalisierungsstrategien Drei Ansätze haben die pareto-optimale Internalisierung externer Effekte der Umweltnutzung zum Ziel: die Verhandlungslösung nach Coase7, die Pigou-Steuer8 und das Haftungsrecht. Die Verhandlungslösung nach Coase. Das Marktgleichgewicht kann korrigiert werden, indem die Wirtschaftssubjekte selbst die optimale Umweltqualität nach individuellen Präferenzen ermitteln. Die Internalisierung externer Effekte vollzieht sich auf privatwirtschaftlicher Ebene9: in Form einer Verhandlung zwischen Verursachern und Betroffenen10 werden deren Kosten der Reduktion und der Annahme eines externen Effekts durch Ausgleichszahlungen pareto-optimal korrigiert.11 Die Praktikabilität dieses Ansatzes ist jedoch fraglich: eine Orientierung an individuellen Präferenzen vernachlässigt den Charakter der Umwelt als meritiorisches Gut12, und die Verhandlungslösung wäre in der Praxis nur bei einer kleinen Zahl von Schädigern und Geschädigten realisierbar. Da dies bei Umweltproblemen

5

Hansmeyer/Schneider (1990, S.15), sehen daher die wichtigste ökonomische Grundforderung darin, “diese Funktion des Preissystems auch für die Entscheidungen über die Verwendung der knappen Umweltressourcen zu nutzen”. 6 Ein Problem stellt die Eigenschaft von Umweltqualität als öffentliches Gut dar, weil dies den Ausschluß von Nicht-Zahlungswilligen verhindert. 7 Coase (1960) 8 Pigou (1920) 9 Der Staat muß nicht intervenieren, sondern lediglich die Rahmenbedingungen schaffen. 10 Nach der “Verursacherregel” müssen die Verursacher das Recht zur Herbeiführung eines externen Effekts bei den Geschädigten kaufen; nach der “laissez-faire-Regel” müssen die Geschädigten die Verursacher durch Ausgleichszahlungen zur Vermeidung von externen Effekten bewegen (vgl. Endres (1989), S.271). 11 Vgl. Kemper (1989), S.19 12 In den Werturteilen der Wirtschaftssubjekte würden bspw. die Erhaltung des ökologischen Gleichgewichts und die globalen Auswirkungen der Umweltverschmutzung ungenügende Beachtung erfahren. Zudem ist die Umweltgüte ein generationenübergreifendes Gut, sodaß die Sicherung der Lebensgrundlagen zukünftiger Generationen Altruismus bei heutigen Menschen erfordern würde (vgl. Hampicke (1985), S.12).

5


normalerweise nicht der Fall ist, wären die entstehenden Transaktionskosten13 prohibitiv; weiterhin scheitert das Zustandekommen dezentraler Verhandlungsmärkte im allgemeinen am Charakter der Umwelt als öffentliches Gut.14 Die Pigou-Steuer. Die durch negative externe Effekte verursachte Verzerrung der Allokation ist nach Pigou durch gezielte Eingriffe des Staates – in Form einer wohlfahrtsökonomisch fundierten Besteuerung in Höhe der verursachten externen Grenzkosten – zu korrigieren. Umwelt bleibt nach diesem Gedanken also öffentliches Eigentum, das staatlich bewirtschaftet wird. Ein Verwender des Faktors Umwelt wird gezwungen, den Umfang dieses Ressourcenverbrauchs in seine privatwirtschaftliche Kalkulation einzubeziehen.15 Auch dieser Ansatz ist mit praktischen Problemen behaftet. Das Ziel wohlfahrtsoptimaler Internalisierung erfordert eine monetäre Quantifizierung aktueller Schäden und im Optimum vermuteter Grenzschäden, was äußerst schwierig ist: Informations- und Zurechnungsprobleme sind nicht in einem zentralen, interventionistischen Ansatz lösbar.16 Weiterhin wäre die optimale Steuerhöhe – aufgrund der Dynamik des Wirtschaftsgeschehens – ständigen Änderungen unterworfen, was die Praktikabilität weiter verringert. Insgesamt erscheint die Einführung eines modellgerechten Systems von Pigou-Steuern nicht möglich.17 Haftungsrecht. Über das Haftungsrecht werden dem Verursacher die von ihm hervorgerufenen externen Umweltschäden angelastet. Weil ein Schädiger dem Geschädigten zum Schadensersatz verpflichtet ist, wird ein Interesse zur Schadensverhütung angeregt, also zu erhöhter Sorgfalt. Es entstehen Anreizwirkungen zur Verwendung weniger umweltintensiver Verfahren und zur Produktion umweltfreundlicher Güter, da sie rentabler werden als umweltintensives Wirtschaften.

13 14 15 16 17

Bspw. für Information, Organisation, Ausführung und Kontrolle. Vgl. Cansier (1988), S.12 Vgl. Hansmeyer/Schneider (1990), S.19-20 Vgl. Hansmeyer/Schneider (1990), S.21 Vgl. Hansmeyer (1987), S.253

6


Eine vollständige Internalisierung externer Effekte erscheint aber auch durch das Haftungsrecht nicht möglich. Einschränkungen entstehen, weil der Kausalzusammenhang zwischen Schaden und Verursacheraktivität oftmals nur schwer nachweisbar und die monetäre Bewertung von Schäden problematisch ist; darüber hinaus existiert in vielen Fällen kein Geschädigter18, der Ersatzansprüche geltend machen kann. Zudem werden aufgrund von Informationsdefiziten Schäden unterschätzt, und oftmals ist die tatsächliche Haftung auf ein zu geringes Niveau begrenzt.19 Standardorientierte Instrumente der Umweltpolitik Weil der Internalisierung externer Effekte konzeptionelle und praktische Schwierigkeiten entgegenstehen, sind die standardorientierten Instrumente der Umweltpolitik nicht an einer ökonomischen Optimierung der Umweltnutzung orientiert, sondern an politisch vorgegebenen Umweltqualitätszielen. Der ökologische Rahmen als Ausgangspunkt Ausgangspunkt der standardorientierten Instrumente der Umweltpolitik ist ein Umweltqualitätsziel. Es wird ausgedrückt durch Immissionsnormen20, die festlegen, welche Schadstoffbelastungen noch als umweltverträglich gelten können; die Umweltqualität wird für einen definierten Lebensraum politisch festgelegt. Ein solches Umweltqualitätsziel ist ein Zwischenziel, das sich an medizinischen und naturwissenschaftlichen Erkenntnissen orientiert, und das aus der Notwendigkeit des Schutzes von Menschen, Tieren, Pflanzen, Sachen und Ökosystemen abgeleitet ist.21 Die so fixierten Immissionswerte bilden einen ökologischen Rahmen22 für die 18 Dies ist bei sog. Ökoschäden der Fall. 19 Vgl. Endres (1989), S.272-273; vgl. ausführlich Endres (1991) 20 Eine Immissionsnorm legt die Ziel-Schadstoffkonzentration fest, die an einem bestimmten Ort zu einem Zeitpunkt (bzw. in einem Zeitraum) herrschen darf (vgl. Tietenberg (1980a), S.482). 21 Vgl. Stahl (1989), S.23

7


Marktwirtschaft, der für die Wirtschaftssubjekte die Restriktion der Umweltnutzungen darstellt.23 Die durch den ökologischen Rahmen formulierten Immissionsziele sind durch eine enge Verknüpfung zum verursachten Schaden gekennzeichnet; sie können jedoch nur indirekt, über die Steuerung der Emissionen24, kontrolliert werden.25 Teilweise stellt es sich aber aus naturwissenschaftlicher Sicht als schwierig oder sogar als unmöglich dar, eindeutige Qualitätsstandards festzulegen oder Immissionsnormen in Emissionsmengen zurückzurechnen.26 Können Emissionsziele formuliert werden, sind sie aufgrund unzureichender Kenntnisse über Wirkungszusammenhänge – wie die Diffusion27 eines Schadstoffs im Umweltmedium und die Schadensfolgen der Emissionen – mit Unsicherheit behaftet. Auch gesellschaftlicher Wandel und wirtschaftliche Dynamik machen von Zeit zu Zeit eine Revision der Ziele erforderlich.28 Die heute bestehende Umweltproblematik als Folge übermäßiger Umweltbeanspruchung durch wirtschaftliches Handeln erfordert es auf jeden Fall, den ökologischen Rahmen bis auf weiteres kontinuierlich enger zu ziehen.29

22 Zum Begriff “ökologischer Rahmen” vgl. Bonus (1981b), S.122-123; Bonus (1991), S.22-23. 23 Dieser Ansatz basiert auf der “Qualitätsstandard-Philosophie”, die nur die tatsächliche Umweltqualität als Zielgröße vorsieht. Die praktische Umweltpolitik ist entscheidend von der “EmissionsstandardPhilosophie” geprägt, deren Augenmerk auf die einzelne Quelle gerichtet ist, und die auf die Durchsetzung technischer Standards zur Emissionsvermeidung zielt. Zu den “zwei Philosophien der Umweltpolitik” vgl. Bonus (1984b). 24 Die Emissionsnorm legt fest, welche Gesamtmengen an Emissionen in ein Umweltmedium in einem festgelegten geographischen Raum während einer zeitlichen Periode eingeleitet werden dürfen (vgl. Tietenberg (1980a), S.482). 25 Vgl. Bonus (1981b), S.122 26 Vgl. Huckestein (1993), S.3 27 Den Zusammenhang zwischen Emission und Immission beschreibt die sog. Diffusionsfunktion, in die alle Spezifika des Umweltmediums eingehen. 28 Als Folge unvollständiger Information der Akteure bedeutet die Festlegung von Umweltqualitätszielen auch die Hinnahme eines – gemessen am volkswirtschaftlichen Optimum – wahrscheinlich suboptimalen Umweltzustands. Daher ist es notwendig, die Standards anzupassen, sobald neue Informationen über Kosten und Nutzen des Umweltschutzes vorliegen, um der Suboptimierung entgegenzuwirken (vgl. B.S. Frey (1985), S.130). 29 Vgl. Bonus (1991), S.22

8


Anforderungen an umweltpolitische Instrumente In der Literatur werden verschiedene Kriterienkataloge vorgeschlagen, in denen Anforderungen an umweltpolitische Instrumente definiert sind und die zur Beurteilung unterschiedlicher instrumenteller Ausgestaltungen herangezogen werden.30 Folgende Aspekte werden hier in der Beurteilung und Diskussion betrachtet: Ökologische Treffsicherheit.31 Ein umweltpolitisches Instrument ist dann ökologisch treffsicher, wenn es die politisch gesetzten Umweltqualitätsziele in vollem Umfang und mit großer Sicherheit erreicht.32 Darüber hinaus ist erforderlich, daß der zur Erreichung erforderliche Zeitbedarf durch die Umweltpolitik steuerbar und die Verschärfung der Qualitätsziele den ökologischen Erfordernissen anpaßbar ist.33 Ökonomische Effizienz. Die Verteilung der zur Einhaltung des Umweltqualitätsziels notwendigen Vermeidungsanstrengungen auf einzelne Quellen ist – soweit die ökologische Treffsicherheit gewährleistet bleibt – ein ökonomisches Problem: die ökonomisch rationale Zielkonzeption ist, den vorgegebenen ökologischen Rahmen zu minimalen gesamtwirtschaftlichen Kosten zu verwirklichen. Emissionsminderungen müssen dort erbracht werden, wo sie die geringsten Vermeidungs- oder Beseitigungskosten hervorrufen.34 Zu berücksichtigen sind daneben auch die mit der Errichtung und Handhabung35 eines Instruments in Verbindung stehenden Kosten.36 Dynamische Anreizwirkungen. Angestrebt ist letztlich nicht einfach die Reduktion der Umweltschutzkosten, sondern eine durchgreifende und nachhaltige Ver-

30 Grundlegende Arbeiten stammen von Schürmann (1973), Siebert (1976, 1978), Stamer (1976) und Wicke (1982). Eine Analyse der Bewertungskriterien nimmt Knüppel (1989) vor. 31 In der Literatur sind ebenfalls die Termini “ökologische Effizienz” (vgl. z.B. Bonus (1991), S.23) und “ökologische Wirksamkeit” (vgl. z.B. Buck (1983), S.219) gebräuchlich. 32 Vgl. Endres (1985), S.85 33 Vgl. Endres (1985), S.91; Bonus (1991), S.23 34 Vgl. Endres (1985), S.51; so auch Bonus (1991), S.23 35 Diese Kosten fallen bei der Umweltbehörde und den Emittenten an. 36 Vgl. Kemper (1989), S.86-87

9


besserung der Umweltqualität.37 Die fortgeschrittene Umweltbeeinträchtigung erfordert es daher, eine ständige Anreizwirkung zum schonenden Umgang mit Umweltressourcen zu schaffen. Ein umweltpolitisches Instrument muß daher in der Lage sein, die Kosten des Umweltschutzes zum Nutzen der Umwelt zu senken und umwelttechnische Innovationen fördern.38 Politische Durchsetzbarkeit. Entscheidend für die Realisierbarkeit eines Instruments – auch eines theoretisch überzeugenden – ist seine politische Durchsetzbarkeit. Daher sind seine Auswirkungen auf die Betroffenen und die am umweltpolitischen Entscheidungsprozeß Beteiligten zu beachten.39 Relevante Unterschiede zwischen umweltpolitischen Instrumenten, die ebenfalls für deren Einsetzbarkeit mitentscheidend und daher in ihren Auswirkungen zu prüfen sind, bestehen in ihren Wettbewerbswirkungen sowie ihren Einflüssen auf die Wirtschaftsstruktur und auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit der nationalen Emittenten.40 Instrumente Zur Einhaltung des ökologischen Rahmens dient das ordnungsrechtliche Instrument der Auflage sowie Abgaben und Zertifikate, die zur Gruppe der marktwirtschaftlichen Instrumente zählen.41 Ordnungsrechtliche Instrumente: Auflagen Die idealtypische42 Auflage wird durch Festsetzung einer firmenindividuellen, absoluten Emissionshöchstgrenze dargestellt; eine solche Auflage weist individuel-

37 38 39 40 41

Vgl. Bonus (1984a), S.147 Vgl. etwa Endres (1985), S.65 Vgl. Endres (1985), S.99 Vgl. Kemper (1989), S.92-93 Einen Überblick über das Spektrum von Strategien und Instrumenten der Umweltpolitik gibt R.L. Frey (1993), S.69-102, insb. S.70. 42 Im folgenden, besonders bei der vergleichenden Beurteilung der Instrumente, soll dieser Idealtypus als

10


le Umweltnutzungsrechte zu und begrenzt auf diese Weise das Gesamtemissionsniveau. Die Regulierung setzt somit direkt beim Verursacher, also an der einzelnen Quelle an.43 In den praktischen Erscheinungsformen ist der Auflagenbegriff weiter gefaßt, das Instrument umfaßt alle Formen ordnungsrechtlicher Gebote und Verbote.44 Sie stellen für den Verursacher umweltbelastender Stoffe eine Vorschrift für individuelles Handeln dar: Verbote untersagen gefährliche Umwelteinwirkungen gänzlich, Gebote schreiben Bedingungen vor, unter denen Umweltbelastungen zulässig sind. Praktische Erscheinungsformen sind Produktions- und Entsorgungstechnologien, Endprodukt- und Inputnormen, Ansiedlungsverbote, Flächennutzungspläne sowie Emissions- und Immissionsgrenzwerte nach dem „Stand der Technik“45. Auflagen sind in der Bundesrepublik und vielen anderen Ländern das dominierende umweltpolitische Instrument;46 in den beginnenden 70er Jahren war die Auflage geeignet, den akut gewordenen Handlungsbedarf zur Abwehr von Umweltgefahren zu decken.47 Gegen die Auflage als zukunftsträchtiges Instrument wird aber vor allem angeführt, sie leide unter mangelnder Vollzugs- und Kosteneffizienz48, führe zur Verfestigung volkswirtschaftlicher Strukturen und beeinträchtige den Wettbewerb. Zudem gehe ihre Wirkung im Zuge des Wachstums

“Prototyp” der Auflage betrachtet werden. 43 Vgl. Endres (1994a), S.102. In der Praxis sind Auflagen meist nicht aus einen Gesamtemissionsziel, sondern aus den technisch möglichen Vermeidungsmaßnahmen abgeleitet; sie basieren auf der Emissionsstandard-Philosophie. 44 Im ökonomischen Sprachgebrauch wird der Begriff “Auflage” für ordnungsrechtliche umweltpolitische Maßnahmen verwendet. Dagegen besagt Auflage in der juristischen Terminologie, daß ein Verhalten nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig ist, während ein Verbot bestimmtes Verhalten untersagt, und ein Gebot zu einem Verhalten verpflichtet (vgl. R.L. Frey (1993), S.78-79). Zu ordnungsrechtlichen umweltpolitischen Maßnahmen aus juristischer Sicht vgl. Breuer (1987), S.26ff. 45 In der deutschen Umweltpolitik ist der “Stand der Technik” (§ 3 VI BImSchG) der “Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen gesichert erscheinen läßt”. 46 Vgl. Endres (1985), S.23 47 Vgl. Stahl (1989), S.1 48 Die Allokation der Umweltnutzungen muß durch die Behörden vorgenommen werden. Aufgrund des Informationsproblems ist dies nicht kosteneffizient möglich.

11


verloren, sie biete keine Anreizwirkungen zur Unterschreitung von Grenzwerten und trage nicht zur Förderung technischer Innovationen bei.49 Marktwirtschaftliche Instrumente Mit marktwirtschaftlichen Instrumenten50 ist die Erwartung verbunden, daß ein dezentraler Marktmechanismus mit seiner großen Informationsverarbeitungskapazität die Nutzung des knappen Gutes Umwelt mit größerer Effektivität steuern kann als ein System starrer Verwaltungsvorschriften.51 Dieser Instrumentetyp verspricht eine kostengünstigere Zielerreichung, damit verbunden die Durchsetzbarkeit insgesamt anspruchsvollerer umweltpolitischer Ziele, weil Umweltschutz nicht gegen die ökonomischen Interessen der Emittenten, sondern unter Nutzung dieser Interessen betrieben wird; Ziele und Mittel sind also interdependent.52 Marktwirtschaftliche Instrumente übertragen, im Gegensatz zu reinen Marktlösungen, dem Markt nur die Teilfunktion kosteneffizienter Erreichung politisch gesetzter Umweltstandards. Sie können unterteilt werden in Preisund Mengenlösungen. Preislösungen fixieren die Kosten für die Umweltnutzung und überlassen den Nutzern die Bestimmung der nachgefragten Menge, während Mengenlösungen umgekehrt die Nutzungen quantitativ fixieren und dem Markt die Bestimmung der Preise überlassen.53 Abgaben Die Umweltabgaben54 gehen in ihrem Grundgedanken auf das Konzept der PigouSteuer und dem daraus entwickelten praxisnäheren Standard-Preis-Ansatz von 49 Zur Kritik an der Auflage im Schrifttum vgl. Stahl (1989), S.7-19 m.w.N. 50 Weil der vorwiegend gebrauchte Begriff “marktwirtschaftliche Instrumente” Anlaß zu Fehlinterpretationen gebe, verwendet Hansmeyer (1991, S.34) die Terminologie “marktsteuernde Instrumente”. Ebenfalls gebräuchlich ist die Bezeichnung “ökonomische Instrumente”; “economic instruments” wird auch im englischsprachigen Schrifttum überwiegend verwendet. 51 Vgl. Hansmeyer/Schneider (1990), S.7 52 Vgl. Bonus (1984a), S.141;. vgl. auch Endres (1994a), S.159 53 Vgl. Bonus (1991), S.24-25 54 Die Umweltabgabe ist eine Lenkungsabgabe, deren primärer Zweck nicht die Deckung des öffentlichen Finanzbedarfs ist, sondern die privatwirtschaftliches Verhalten beeinflussen soll (vgl. Hansmeyer (1987),

12


Baumol und Oates55 zurück. Alle Emittenten eines Schadstoffs werden mit einem einheitlichen Abgabensatz56 belastet; durch die Abgabe wird also ein Preis für die Umweltnutzung politisch festgesetzt, mit dem Ziel, den Zahlungspflichtigen zur Überprüfung seiner Allokationsentscheidung zu veranlassen.57 Im Ergebnis beeinflußt dann die Umweltnutzung unternehmerische Kostenstrukturen und die relativen Preise der Güter.58 Wird eine Emissionsabgabe erhoben, erweitert sich das Spektrum in Frage kommender Formen der Schadstoffvermeidung;59 zudem geht eine ständige Anreizwirkung von ihr aus: das Preissignal induziert die Entwicklung kostengünstiger Methoden zur Erreichung von Umweltzielen. Beim Vorliegen einer Abgabe vergleicht der einzelne Emittent seine Grenzkosten der Emissionsvermeidung mit dem Abgabensatz je emittierter Schadstoffeinheit. Er wird der Abgabenentrichtung durch Vermeidung so lange ausweichen, bis seine Grenzvermeidungskosten gleich dem Abgabensatz sind, und zwar umso mehr, je billiger er die Emissionen vermeiden kann. Betrachtet man die Gesamtheit der Emittenten, die sich so verhalten, so ist die Bedingung für Kosteneffizienz gegeben – die Grenzvermeidungskosten aller Emittenten sind gleich dem Abgabensatz.60 Das Ausmaß der gesamten Emissionsminderung hängt von der Höhe des Abgabensatzes ab. Wenn im Ergebnis die ökologischen Rahmenwerte ausgeschöpft werden sollen, muß der Abgabensatz gerade dem (unbekannten und S.252). 55 Baumol/Oates (1971). Der Standard-Preis-Ansatz verzichtet auf die mit der Pigou-Steuer angestrebte wohlfahrtsoptimale Internalisierung externer Effekte, indem er als Zielsetzung die kostenoptimale Erreichung des umweltpolitischen Ziels anstrebt, und vermeidet so das Informationsproblem bei der Bestimmung der Grenzkosten und -schäden im Optimum . 56 Bezugsgröße des Abgabensatzes kann die emittierte Schadstoffmenge, die Einsatzmenge eines Produktionsfaktors, die hergestellte Endproduktmenge o.ä. sein (vgl. Endres (1994a), S.103). 57 Vgl. Hansmeyer (1987), S.252 58 Vgl. Wenke (1994), S.15 59 Zur Emissionsvermeidung werden also nicht, wie bei der Auflage, die vorgeschriebenen Maßnahmen ergriffen (z.B. End-of-pipe-Technologien), sondern es kommen kombinierte vermeidungstechnische, produktionstechnische und mengenmäßige Anpassungen in Betracht (vgl. Cansier (1993), S.165). Wirtschaftlichkeitserwägungen induzieren z.B. auch die Installation von zusätzlichen Reinigungstechnologien, die Umgestaltung der Produkte und Produktionsverfahren und die Reduktion oder sogar die Einstellung der Produktion. 60 Vgl. Endres (1994a), S.123

13


sich verändernden) Schattenpreis ökologischer Restriktionen entsprechen.61 In einem „Trial-and-error“-Verfahren müßte sich die Umweltbehörde nun an eine Abgabenhöhe herantasten, die die zur Erreichung der angestrebten Umweltqualität nötige Schadstoffvermeidung auslöst. Die Abgabensätze wären dann entsprechend zu korrigieren. Eine korrekte Realisierung des Umweltziels würde sich im Ergebnis aber nur zufällig ergeben und ist daher unwahrscheinlich; eine derartige Abgabenstrategie stellt die Praxis vor kaum zu überwindende Informationsschwierigkeiten.62 Praktische Abgabenvarianten knüpfen daher an weniger anspruchsvollen Zielsetzungen an, und sind oftmals mehr von fiskalischer Wirkung als von allokativer Lenkungseffizienz motiviert.63 Innerhalb eines gemischten umweltpolitischen Instrumentariums ist ein großer Vorteil der Abgabe, daß sie flexibel, vielseitig verwendbar und politisch akzeptiert ist.64 Zertifikate Zertifikate verhalten sich als Mengenlösungen spiegelbildlich zu den Abgaben: das Mengenziel wird umweltpolitisch vorgegeben, während dem Markt die Auffindung eines Preises für die Umweltnutzung übertragen wird.65

61 62 63 64 65

Vgl. Bonus (1991), S.25 Vgl. Hansmeyer (1987), S.254 Vgl. Hansmeyer (1987), S.255 Vgl. Hansmeyer/Schneider (1990), S.65 Zum theoretischen Zertifikatemodell und seinen Praxisvarianten vgl. unten.

14


Das theoretische Konzept der Zertifikate Grundmodell: Versteigerung undifferenzierter Emissionszertifikate mit einem Jahr Gültigkeitsdauer Auf den Vorschlägen von J.H. Dales66 und T.D. Crocker67 basiert die Idee eines Marktes für Umweltnutzungsrechte und das idealtypische Grundmodell68 der Zertifikate. Konzept Zertifikate69 stellen ein Recht auf die genau konditionierte Nutzung eines Umweltmediums als Produktionsfaktor dar.70 Die Grundlage bildet das Umweltqualitätsziel in Form politisch fixierter Höchstmengen an Gesamtemissionen71 eines Schadstoffs innerhalb einer Region. Die Gesamtemissionsmenge wird in geeignete Teileinheiten gestükelt und in Zertifikaten verbrieft. Der Besitz eines solchen Emissionsrechts gestattet die Freisetzung der Schadstoffmenge in entsprechender Höhe, was bedeutet: jeder Emittent muß im Besitz von Rechten für jede von ihm verursachte Emission sein, also eine entsprechende Menge an Zertifikaten halten – andernfalls darf das Umweltmedium nicht genutzt werden.72 Weitere Emissionen über die gehaltene Zertifikatemenge hinaus sind unzulässig, Verstöße werden ge-

66 Vgl. Dales (1968a, 1968b) für Gewässerschutz. 67 Vgl. Crocker (1966), zit.n. Stahl (1989), S. 40, für den Luftbereich. 68 In den Arbeiten von Dales werden auch über das Grundmodell hinausgehende Problembereiche behandelt, die hier an späterer Stelle diskutiert werden. 69 Die Begriffe “Zertifikat”, “Nutzungsrecht”, “Lizenz” oder kurz “Recht” werden in der Literatur gleichbedeutend verwendet (vgl. z.B. Kabelitz 1984, S.188). Die amerikanische Bezeichnung “tradeable permit” bzw. “transferable permit” umfaßt dagegen auch die im deutschen Schrifttum vom Zertifikat unterschiedenen Kompensationen (vgl. auch unten.). 70 Vgl. Kabelitz (1984), S.189 71 Zum Design der Immissionszertifikate vgl. unten. 72 Vgl. Kabelitz (1983), S.165-166

15


ahndet.73 Die Zertifikate werden fungibel ausgestaltet, sie sind zwischen den Emittenten frei handelbar.74 Die Verteilung der Emissionsrechte unter den Emittenten verläuft in zwei Phasen, der Erstausgabe durch die staatliche Umweltbehörde und der sich anschließenden (Sekundär-) Allokation auf einem Zertifikatemarkt. Statische Betrachtung der Marktprozesse Angebot und Nachfrage auf dem Primärmarkt Die Erstausstattung der Emittenten mit Lizenzen vollzieht sich nach dem Vorschlag von Dales über ein Versteigerungsverfahren, in dem Lizenzen mit einem Jahr Gültigkeitsdauer75 zum Höchstpreis vergeben werden.76 Für das Angebot an Umweltnutzungsrechten werden durch die Umweltbehörde, die im idealtypischen Falle77 wie ein „Walrasianischer Auktionator“ vorgeht, verschiedene Zertifikatepreise ausgerufen, bis der markträumende ermittelt ist.78 Die Nachfrage nach Zertifikaten bestimmt sich durch ein individuelles Kostenoptimierungskalkül jedes Emittenten, der vor der Entscheidungsalternative steht, seine Umweltnutzungen einzuschränken, fortzuführen oder auch zu intensivieren: er vergleicht hierzu den Zertifikatepreis mit seinen Grenzvermeidungskosten. Der rationale Entscheidungsträger kauft Rechte, solange der Preis niedriger ist als seine marginalen Kosten der Vermeidung; im anderen Falle zieht er die Emissionsvermeidung vor.79 Im Gleichgewicht entsprechen die Grenz73 Vgl. Endres (1994b), S.5 74 Einschränkungen des freien Zertifikatehandels können aus ökologischen Notwendigkeiten resultieren (vgl. unten). 75 Auch Dales (1968b, S.95) betrachtet das Erfordernis einer längeren Gültigkeitsdauer aus Gründen höherer Planungssicherheit für die Emittenten, was hier an späterer Stelle diskutiert wird (vgl. unten). 76 Vgl. Dales (1968a), S.801; Dales (1968b), S.93 77 Zu Ausgestaltungsmöglichkeiten und Praxisvarianten eines Versteigerungsverfahrens vgl. Kemper (1989), S.44 Fn.5 m.w.N. 78 Vgl. Cansier (1993), S.192 79 Die individuelle Nachfragefunktion nach Zertifikaten entspricht also der firmenspezifischen Grenzvermeidungskostenfunktion (vgl. Cansier (1993), S.193).

16


vermeidungskosten dem gleichgewichtigen Zertifikatekurs, also den Grenzkosten der Emission; das Instrument bietet folglich einen Anreiz zu einzelwirtschaftlicher Effizienz.80 Die Aggregation der individuell nachgefragten Zertifikatemengen ergibt die gesamtwirtschaftliche Nachfrage nach Zertifikaten, der das fixierte und völlig preisunelastische Angebot der Umweltbehörde gegenübersteht.81 Durch die Versteigerung ist bereits ein marktmäßiger Allokationsmechanismus impliziert, das knappe Gut Umweltnutzung wird der dringlichsten Verwendung zugeführt: Emittenten mit vergleichsweise hohen marginalen Vermeidungskosten tragen einen geringeren Anteil an der gesamten Reduktionsleistung, erwerben dementsprechend mehr Zertifikate, Emittenten mit geringeren Grenzvermeidungskosten intensivieren ihre Reduktionsanstrengungen und erwerben weniger Rechte.82 Im Gleichgewicht sind durch die Anpassungsprozesse die Grenzvermeidungskosten aller Emittenten gleich, was die Bedingung für kostenminimale Erreichung des umweltpolitischen Ziels darstellt;83 der sich einstellende gleichgewichtige Preis für Zertifikate entspricht dem Schattenpreis, er zeigt die relative Knappheit der Umweltnutzung an.84 Angebot und Nachfrage auf dem Sekundärmarkt Ein Marktgleichgewicht ist permanenten Störungen ausgesetzt, die Anpassungsprozesse erforderlich machen. Auf dem Sekundärmarkt können die Emittenten zu diesem Zweck Zertifikate untereinander handeln. Seine Funktion ist also, während der laufenden Periode Anpassungen an geänderte relative Knappheiten – eine Umschichtung der Rechte – zu ermöglichen: „Firms that go out of business during the

80 Vgl. Jaeger (1993), S.335 81 Vgl. Cansier (1993), S.192-193 82 Unterschiedliche Vermeidungskosten der Emittenten haben ihre Ursache z.B. in unterschiedlicher Größe und Alter der Produktionsanlagen, in unterschiedlichen Verfahren und Fertigungstechniken und in unterschiedlichem Umweltschutz-Know-how (vgl. Kemper (1989), S.150). 83 Vgl. Endres (1994a), S.121-123 84 Vgl. Bonus (1990), S.350

17


year, or that experience a slump in production, or that bring new waste disposal practices into operation, will have Rights to sell; new firms, or those that find that their production is exceeding their expectations will appear as buyers in the market.“85 Die Umschichtungen finden statt, bis sich die Grenzvermeidungskosten aller Emittenten erneut an den gleichgewichtigen Zertifikatepreis angeglichen haben. Funktionsbedingungen des idealtypischen Zertifikatemarktes Als Käufer und Verkäufer auf einem Markt für Zertifikate kommen nicht nur etablierte und potentielle Emittenten in Frage, sondern auch Geschädigte oder deren Organisationen, die Rechte zum Zwecke der Stillegung erwerben.86 Ein solcher idealtypischer Zertifikatemarkt erfüllt die Funktion der kosteneffizienten Allokation unter der Voraussetzung, daß sich die Marktteilnehmer bei vollkommener Konkurrenz als Mengenanpasser verhalten, also weder Marktpreis noch Marktstruktur zu beeinflussen in der Lage sind, und keine Transaktionskosten anfallen. Gleichzeitig ist erforderlich, daß Einflüsse anderer Entscheidungsparameter, wie Erwartungen hinsichtlich der umwelttechnischen und wirtschaftlichen Entwicklung und der künftigen Verknappung der Zertifikate keine Rolle spielen.87 Zudem ist vorauszusetzen, daß keine spekulativen Transaktionen seitens der Marktteilnehmer stattfinden, also kein Horten und Enthorten der Zertifikate.88

85 Dales (1968b), S.94 86 Dies formuliert ausdrücklich Dales (1968b, S.95-96): “anyone should be allowed to buy Pullution Rights”. Gesellschaftliche Präferenzen für eine höhere als die staatlich festgelegte Umweltqualität können so zum Ausdruck kommen, wobei sich Geschädigte, die das Marktangebot durch Aufkauf von Lizenzen verringern, dem Freifahrerproblem gegenübersehen. Anderer Auffassung ist Cansier (1993, S.200), der den Lizenzerwerb ausschließlich auf die Emittenten beschränken will. Die Zulassung von Umweltschützern führe zu einer einseitigen Korrektur, da gesellschaftliche Gruppen mit geringerem Interesse am Umweltschutz keine Möglichkeit hätten, ihre Präferenzen (z.B. durch Erhöhung der Zertifikatemenge) zum Ausdruck zu bringen. 87 Vgl. Jaeger (1993), S.336 88 Vgl. Cansier (1993), S.193

18


Dynamische Einflüsse auf den Sekundärmarkt Wirtschaftswachstum. Im Zuge eines realen Wirtschaftswachstums erhöht sich der Bedarf an Zertifikaten bei gegebenem Marktpreis. Fixiert der ökologische Rahmen die verbindliche Höchstmenge89 an Emissionsrechten, ist ein staatliches Eingreifen nicht erforderlich. Durch gestiegene gesamtwirtschaftliche Nachfrage steigt der Zertifikatepreis, somit die Grenzkosten der Umweltnutzung, was eine Erhöhung der Vermeidungsanstrengungen induziert.90 In einzelwirtschaftlicher Betrachtung wird ein stärker expandierender Emittent Zertifikate nachfragen, die ein schwächer expandierender Emittent anbietet. Es besteht für beide ein Anreiz, in Tauschbeziehung zu treten, weil die gestiegene relative Umweltknappheit auf unterschiedliche Verläufe firmenspezifischer Grenzvermeidungskosten trifft.91 Inflation. Durch die Mengenfixierung ist auch hier ein behördlicher Eingriff nicht erforderlich. Bei gleichmäßiger Erhöhung des Preisniveaus erhöht sich auch der Zertifikatepreis; die Umweltallokation bleibt effizient, es finden keine Markttransaktionen statt. Nur wenn Unternehmen ungleichmäßig von der Inflation betroffen sind, kommt es zu Transfers von Rechten.92 Technischer Fortschritt. Durch exogenen93 umwelttechnischen Fortschritt, beispielsweise durch neue Vermeidungs- oder Reinigungstechnologien, sinken die aggregierten Grenzvermeidungskosten, was bei gleichbleibendem Mengenziel ein Sinken des Zertifikatepreises zur Folge hat.94 Austauschprozesse von Zertifikaten finden dann statt, wenn die technischen Innovationen einzelwirtschaftlich in unter-

89 Die durch das Wachstum ggf. bedingte Veränderung der optimalen Umweltqualität habe hier keine kurzfristigen Auswirkungen auf die umweltpolitische Zielsetzung. 90 Vgl. Buck (1983), S.247-248 91 Vgl. Cansier (1993), S.194-195; analoges vollzieht sich, wenn die Zahl der Emittenten zunimmt, Strukturveränderungen eintreten oder Anlagenauslastungen konjunkturell schwanken. 92 Vgl. Cansier (1993), S.195-196 93 Zum Aspekt der Anreizwirkungen zur Entwicklung technischer Innovationen durch ein Zertifikatesystem vgl. unten. 94 Vgl. Kemper (1989), S.148

19


schiedlicher Weise nutzbar sind, da dies zu veränderten Strukturen der Grenzvermeidungskosten führt. Ausgestaltungsvarianten des Zertifikatemodells Schwächen des Grundmodells Die Anwendbarkeit des idealtypischen Grundmodells ist jedoch aus ökonomischen und aus rechtlichen Gründen eingeschränkt, wodurch Modifikationen erforderlich werden. Probleme der Auktionslösung Durch die Versteigerung der Zertifikate erfolgt eine effiziente Primärallokation der Umweltnutzung; gleichzeitig wird auch die umweltpolitische Zielsetzung realisiert, da das fixierte Angebot an Nutzungsrechten dem angestrebten ökologischen Rahmen entspricht. Doch auf der anderen Seite ist ein solches Vorgehen mit Problemen behaftet: es gibt den Emittenten keine ausreichende Planungssicherheit, das Bestandsschutzprinzip wird verletzt, und es entstehen unerwünschte Budgetwirkungen.95 Eine Versteigerung bringt für die Emittenten erhebliche Unsicherheiten mit sich. Gerade weil sich der Preis der Zertifikate erst bei der Auktion ergibt und somit seine Höhe96 im voraus nur schwer abzuschätzen ist, steht keineswegs fest, ob eine Firma für die kommende Periode eine ausreichende Menge an Zertifikaten ersteigern kann. Dies hat Auswirkungen auf die Planung von Produktion und Investition, denn Vermeidungsmaßnahmen jeglicher Art sind nicht hinreichend flexibel, sondern im Gegenteil langfristig bindend.97 Dadurch entsteht eine „Diskon-

95 Zum Aspekt der Wettbewerbswirkungen eines Zertifikatemodells vgl. unten. 96 Diese stellt die unbekannte relative Knappheit der Umweltnutzung der zukünftigen Periode dar. 97 Vgl. Bonus (1981b), S.146

20


tinuität in der Faktorverfügbarkeit, (die) einen untragbaren, jedem rationalen Wirtschaften entgegenstehenden Zustand“98 darstellt. Gleichzeitig entstehen durch die Versteigerung rechtliche Probleme. Die Zertifikatepolitik wird in einer konkreten Situation eingeführt, in der Unternehmen genehmigte, emissionsverursachende Anlagen betreiben; faktisch würden alle bestehenden Emissionsgenehmigungen entzogen. Dies bedeutet eine Aufhebung jeglichen Bestandsschutzes,99 was nur gegen erhebliche Entschädigungen möglich sein wird; damit wäre die politische Durchsetzbarkeit beträchtlich erschwert.100 Eine weitere Schwäche der Versteigerungslösung ist ihre Budgetwirkung. In privaten Budgets entstehen Kosten, zum einen für den Zertifikateerwerb und zum anderen für die Vermeidungsanstrengungen; in öffentlichen Budgets werden Einnahmen erzielt, die den Staatsanteil erhöhen und zu Entzugsverlusten führen.101 Grundsätzlich ist zwar Ziel des Konzepts, der Umweltnutzung einen Preis zuzuweisen, doch konnte dieser nicht in bereits abgeschlossene und damit für eine gewisse Zeitspanne bindende Entscheidungsprozesse eingehen, die wahrscheinlich unter diesen Voraussetzungen anders beurteilt worden wären. Probleme einer befristeten Gültigkeitsdauer Bei einer befristeten Gültigkeit der Zertifikate sind ebenfalls unerwünschte ökonomische Auswirkungen festzustellen: je kürzer die Zeitdauer zwischen den Versteigerungsterminen, desto beschränkter ist der Vorteil einer Allokation durch den Sekundärmarkt, und desto schwerer werden Marktprozesse in Gang kommen.102 Ist die Gültigkeitsdauer kurz, beispielsweise ein Jahr, so tritt zudem periodisch das

98 Kabelitz (1984), S.331 99 Zur rechtlichen Beurteilung vgl. Becker-Neetz (1987), § 4 100 Vgl. Kabelitz (1984), S.331 101 Vgl. Kemper (1989), S.44-45; Jaeger (1993, S.346) sieht eine Verwendung für die Einnahmen aus der Versteigerung im nachsorgenden Umweltschutz; auf diese Weise würden die Verursacher die Kosten für entstandene Schäden tragen. 102 Vgl. Kemper (1989), S.51

21


Problem der Unsicherheit bereits getätigter Investitionen auf.103 Deshalb muß die Umweltpolitik beachten, daß Firmen Zertifikate zumindest für die erwartete Restnutzungsdauer ihrer Anlagen erwerben können.104 Alternative Ausgestaltungsmöglichkeiten Zur Lösung der angeführten Probleme wurden andere Erstausgabeverfahren und Zertifikate mit längerer Gültigkeitsdauer vorgeschlagen.105 Mit diesen Ausgestaltungsalternativen sind unterschiedliche Möglichkeiten verbunden, die Umweltqualität durch Verschärfung des ökologischen Rahmens zu verbessern. Ausgestaltung der Erstvergabe Um zu umgehen, daß sich bei einer Versteigerung mengenrationierter Umweltnutzungen der markträumende Preis auf einem zu hohen Niveau einstellt, kommt als Alternative die Vergabe der Nutzungsrechte zum Festpreis in Betracht. Um aber den angestrebten ökologischen Rahmen nicht zu verfehlen, müßte der Festpreis letztlich dem Knappheitspreis entsprechen, den eine Auktion automatisch ermittelt.106 Somit ist mit der Preissetzung durch die Umweltbehörde ein zusätzliches Problem geschaffen, während das Unsicherheits- und das Bestandsschutzproblem nicht gelöst sind. Eine Lösung bietet der Vorschlag, Lizenzen an die Emittenten frei zu vergeben, und die Mengenbemessung an den bestehenden Emissionsgenehmigungen zu orientieren.107 Die den Altemittenten im Auflagensystem genehmigten

103 Vgl. Tietenberg (1980a), S.498 104 Vgl. Bonus (1981b), S.146,156 105 Aufgrund des engen Zusammenhangs zwischen den verschiedenen Vergabeverfahren und der Gültigkeitsdauer der Rechte sind nicht alle genannten Möglichkeiten miteinander kombinierbar (vgl. Knüppel (1989), S.61). 106 Vgl. etwa Bonus (1981a), S.65 107 Der Vorschlag geht auf Binswanger (1978, 1980, 1981) zurück. Im amerikanischen Schrifttum wurde für die Freivergabe der Begriff “grandfathering” geprägt (vgl. Baumol/Oates (1988), S.179).

22


Emissionen werden bei einer solchen Vorgehensweise quasi in Zertifikate umgewandelt und dadurch übertragbar gemacht.108 Dadurch wird die rechtliche Problematik einer Aufhebung bereits erteilter Genehmigungen vermieden, zudem finden keine allokationstheoretisch ungünstig zu beurteilenden Belastungen der Emittenten bei gleichzeitiger Erhöhung des Staatsanteils statt.109 Eine solche Lösung verringert vor allem auch die Widerstände der Betroffenen, was die Durchsetzbarkeit wesentlich erleichtert.110 Die genannten Vorteile sprechen dafür, die Freivergabe111 – zumindest zur Einführung einer Zertifikatepolitik – den alternativen Primärvergabeverfahren vorzuziehen.112 Ausgestaltung der Gültigkeitsdauer Bei einer Versteigerungslösung bietet sich an, aus Gründen der Investitionssicherheit neben Zertifikaten mit einer Gültigkeit von einem Jahr weitere Rechte mit unterschiedlichen, längeren Gültigkeitszeiten zu versteigern. Ein Unternehmen wird so in die Lage versetzt, auch für die kommenden Perioden, in denen es seine Anlage nutzen möchte, Verschmutzungsrechte erwerben zu können; solche Rechte werden dann entsprechend teurer gehandelt.113 Es ist weiterhin denkbar, die Gültigkeit eines Rechts an die planmäßige Abschreibungsdauer zu koppeln.114 So gestaltete Zertifikate fielen nach Beendigung der Anlagennutzung an die Umweltbehörde zurück, können aber auch schon früher

108 Vgl. Binswanger (1981), S.89-90 109 Vgl. Kemper (1989), S.47,126 110 Bei einem Freivergabeverfahren müßten die Betreiber neu hinzukommender Anlagen und Emittenten, die ihre Emissionen ausweiten möchten, Zertifikate auf dem Markt erwerben, die an anderer Stelle frei werden (vgl. Binswanger (1981), S.89-90); zum Problem dieser Ungleichbehandlung vgl. unten. 111 Zu den Besonderheiten der Freivergabelösung vgl. unten. 112 Vgl. z.B. Bonus (1990), S.350-351. Die kostenlose Vergabe der Rechte sollte jedoch nur zur Einführung eines Zertifikatesystems dienen; “langfristig ist wohl in einer Marktwirtschaft ein Arrangement vorzuziehen, bei dem die Verwender knapper Produktionsfaktoren [...] diese Faktoren am Markt kaufen müssen” (Endres (1994a), S.170). 113 Vgl. Dales (1968b), S.95; dort ist vorgeschlagen, Rechte mit ein bis fünf Jahren Gültigkeit zu versteigern, mit denen eine “security of discharge” erworben werden kann. 114 Vgl. Bonus (1981b), S.156

23


veräußert werden. Eine Investition ist somit ebenfalls nicht durch zusätzliche Unsicherheit belastet. Gleiches erreicht die dritte Ausgestaltungsvariante, die eine unbefristete Gültigkeit der Emissionsrechte vorsieht. Die Gesamtemissionsmenge kann jetzt aber nicht mehr über die Ausgabe verringerter Mengen an Rechten gesenkt werden; verbunden mit unbefristeten Zertifikaten sind andere Maßnahmen zur Verschärfung des ökologischen Rahmens erforderlich. Möglichkeiten zur Verschärfung des ökologischen Rahmens Abhängig von Vergabeverfahren und Ausgestaltung der Gültigkeitsdauer stehen der Umweltbehörde verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, den ökologischen Rahmen im Zeitablauf zu verschärfen. Dies kann bei der Zertifikateausgabe, durch Abwertung oder durch Rückkäufe geschehen. Ausgabe. Im Falle befristeter Zertifikate ist die insgesamt ausgegebene Menge an Umweltnutzungsrechten vom fixierten Umweltqualitätsziel determiniert. Bei der periodischen Ausgabe hat die Umweltbehörde die Möglichkeit, das Kontingent ausgegebener Umweltnutzungen regelmäßig zu verringern und so die Umweltqualität kontinuierlich zu verbessern.115 Um die Erwartungsbildung und Planung der Emittenten nicht zu erschweren, ist von Bedeutung, daß die Reduktionen in einem bekanntgegebenen Stufenplan116 vorgenommen werden, und so die langfristige Sicherheit der Rahmenbedingungen gewährleistet ist.117 Abwertung. Unbefristete oder langfristig gültige Zertifikate benötigen andere Formen der Gesamtmengensteuerung. Ein Weg hierfür ist die Abwertung: Zerti-

115 Bei einer Freivergabe von Zertifikaten kann der ökologische Rahmen schon im Zeitpunkt der Einführung dieser Politik dadurch verschärft werden, daß nicht die gesamten erlaubten Emissionen, sondern nur ein Teil verbrieft werden. 116 Nach einem in den USA praktizierten Modell folgt die angestrebte Umweltqualitätsverbesserung dem “Reasonable Further Progress”, also den Linien machbaren technischen Fortschritts; dieser könnte auch Ausgangspunkt der Zertifikate(neu)ausgabe sein (vgl. Bonus (1984a), S.83). 117 Vgl. Endres (1985), S.36

24


fikate dürfen dann, nach Ablauf einer festgelegten Zeit, nur noch zu einem bestimmten Prozentsatz ihres Nennwerts genutzt werden. Auch hier ist eine rechtzeitige Bekanntgabe der Abwertungsmaßnahmen erforderlich, gerade um den Vorteil unbefristeter Zertifikate – die erhöhte Planungssicherheit der Emittenten – nicht zu konterkarieren.118 Rückkäufe. Sowohl bei befristeten als auch bei unbefristeten Zertifikaten kann die Umweltbehörde Reduktionen auf dem Wege der Offenmarktpolitik erreichen, indem sie Zertifikate zurückkauft und anschließend stillegt. Dies bedeutet allerdings eine Belastung der öffentlichen Hand und den Eingang von Elementen des Gemeinlastenprinzips in die Zertifikateidee.119 Mit der Offenmarktpolitik ist weiterhin die Möglichkeit eines selektiven Eingriffs in einzelne Unternehmen oder Branchen verbunden;120 zudem kann sie als Instrument dienen, starke Lizenzpreisschwankungen auf dem Markt auszugleichen, die eine Angleichung der Grenzvermeidungskosten erschweren oder sogar unmöglich machen.121 Besonderheiten der Freivergabelösung Die Freivergabelösung eignet sich für einen „reibungslosen Übergang vom status quo zu einer marktgerechten Umweltpolitik“122. Bei der Gratisausgabe von Zertifikaten, die an bestehende Umweltnutzungen anknüpft, ändert sich die Umweltsituation und auch die Allokation zunächst nicht. Doch auch ein derart gestalteter

118 Vgl. Stahl (1989), S.85. Die Bemessung eines Zeitpfades für die Abwertung bzw. Neuausgabe gestaltet sich jedoch als “kaum vollständig lösbares Dilemma” (Endres (1994a), S.138), weil einerseits technische Innovationen nicht der Maßstab sein dürfen (um die Bemühungen um technische Entwicklungen nicht zu entmutigen), andererseits aber die Abwertungsrate gerade nicht unabhängig von der technischen Entwicklung sein darf. Daher ist auch der oben angeführte “Reasonable Further Progress” mit Umsicht zu handhaben. 119 Vgl. Endres (1985), S.35. Kemper (1989, S.53) hält daher die Rückkäufe nur bei anfänglicher Versteigerung für konsequent. Bei einer vorangegangenen Freivergabe seien die Lasten der Umweltverbesserung allein der Allgemeinheit aufgebürdet und somit ein Teil der Anreizwirkungen einer Zertifikatepolitik genommen. 120 Vgl. Stahl (1989), S.86 121 Vgl. Huckestein (1993), S.8 122 Bonus (1981b), S.149

25


Lizenzmarkt verhindert schon eine Zunahme der Emissionen und zwingt zum ökonomischem Kalkül über die Umweltnutzung: durch Einrichtung effizienter Vermeidungstechniken können potentielle Zertifikatenachfrager Kosten des Zertifikatekaufs einsparen, und potentielle Zertifikateanbieter können Gewinne durch die Veräußerung von Rechten erzielen.123 Diese Opportunitätskosten der Umweltnutzung bewirken, daß „Umweltschutzinvestitionen [...] aus 'unproduktiven' zu 'produktiven' Investitionen“124 werden. Da ein Anreiz zu einzelwirtschaftlich effizientem Verhalten besteht, gleichen sich über die Marktprozesse die Grenzvermeidungskosten aller Emittenten an den sich einstellenden gleichgewichtigen Zertifikatekurs an. Das vorgegebene Gesamtemissionsniveau wird auch bei der Freivergabelösung kosteneffizient erreicht.125 Daß die Freivergabe mit einer unbefristeten126, zumindest aber längeren127 Gültigkeit eng verknüpft ist, liegt darin begründet, daß sich die kosteneffiziente Allokation über den Sekundärmarkt vollziehen muß. Es wird eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen, bis Zertifikatetransaktionen zwischen den Marktteilnehmern stattfinden.128 Hieraus können allerdings auch funktionale Probleme für den Markt entstehen: ein Handelsanreiz ist nur dann gegeben, wenn die Anfangsausstattung einer Firma relativ weit vom Gleichgewicht entfernt ist. Wird aus diesem Grunde

123 Vgl. Endres (1994a), S.110 124 Binswanger (1981), S.91 125 Die “Irrelevanzthese der Primärallokation” geht auf Montgomery (1972) zurück. 126 Dieselbe Wirkung hat eine Freivergabe konstant befristeter, kurzzeitig gültiger Zertifikate, die periodisch neu vergeben werden. In diesem Falle ist es erforderlich, die Handelbarkeit erst zukünftig zugeteilter Rechte zu gewährleisten. 127 Nach einem Vorschlag von Bonus (1981b, S.155-157) werden den Altemittenten an die Abschreibungsdauer gekoppelte Zertifikate ausgegeben. Bei dieser Ausgestaltung müßten die Wirtschaftssubjekte spätestens bei einer Neuinvestition zwischen den Kosten des Produktionsfaktors Umwelt und den Kosten alternativer Umweltschutzmaßnahmen abwägen. Schon vorher würden auf einem “kurzfristigen” Markt für Lizenzen mit Restlaufzeit (in Höhe der Rest-Abschreibungsdauer) Zertifikate modernisierter, vorzeitig stillgelegter oder gedrosselter Anlagen gehandelt und von Emittenten nachgefragt, die ihre Anlage über die Abschreibungsdauer hinaus betreiben oder die ihr Emissionsvolumen kurzfristig erhöhten möchten. Auf einem zweiten, “langfristigen” Markt auktioniert die Umweltbehörde volle Rechte für neue Anlagen nach Maßgabe zurückgeflossener Zertifikate. Die Handelbarkeit der Zertifikate ist aber sicherlich eingeschränkt: mit der Unterteilung in Rechte verschiedener Laufzeiten geht auch eine verringerte Zahl potentieller Anbieter und Nachfrager einher. Vgl. auch Buck (1983), S.268. 128 Vgl. Stahl (1989), S.83

26


nur ein Teil der potentiellen Nachfrage artikuliert, kommt es zu verengten Märkten, in denen es schwierig sein kann, geeignete Transaktionspartner zu finden, sodaß ein Handel oft nur auf bilateraler Basis129 stattfindet – die Preissignale sind dann wiederum für die anderen Emittenten unsicher und uneindeutig. Ein weiteres Problem verengter Zertifikatemärkte ist, daß sich für große Marktteilnehmer Möglichkeiten eröffnen, Marktmacht zu entfalten. All diese Faktoren verstärken sich wechselseitig, sodaß Rechte gehortet werden oder sogar das Marktgeschehen völlig zum Erliegen kommen kann.130 Kompensationslösungen als mischinstrumentelle Variante des Zertifikatemodells Neben den reinen Lizenzkonzepten wird in der praktischen Umweltpolitik eine gemischte Lenkungsstrategie angewandt, die den Emittenten Flexibilität bei der Erfüllung von Auflagen einräumt, und die hierin eine gewisse Verwandtschaft zum Zertifikatemodell zeigt: die Kompensationslösung. Das Konzept der Kompensation131 Unter einer Kompensationsregelung wird ein mischinstrumenteller Ansatz aus Auflagen- und Zertifikatselementen verstanden.132 In einem gedachten Kontinuum zwischen reiner Auflage und reinem Zertifikat kommt also eine Vielzahl von Ausgestaltungskombinationen in Betracht;133 im folgenden soll als Kompensationslösung die Möglichkeit für einen Emittenten bezeichnet werden, eine 129 In diesem Fall sind die Kosteneinsparmöglichkeiten generell geschmälert, und werden weiter verringert durch Informations-, Such- und Verhandlungskosten. 130 Vgl. Endres/Schwarze (1994), S.183-185. Zu denkbaren ökologisch nachteiligen Verhaltensstrategien der Emittenten, der möglichen Benachteiligung “sauberer” Emittenten und zum Problem der Ungleichbehandlung von Alt- und Neuemittenten bei der Freivergabelösung vgl. unten. 131 Synonym werden hier die Begriffe Kompensationslösung, Kompensationsregelung und Kompensation verwendet. Eine Diskussion der in der Literatur verwendeten Begriffe findet sich bei Gawel (1993), S.32-34. 132 Vgl. Gawel (1991), S.136 133 Eine solch weite Definition beginnt bei der Auflage mit anschließender Transfermöglichkeit der Emissionsrechte und reicht bis zum lediglich unter immissionsseitigem Genehmigungsvorbehalt stehenden Zertifikatehandel.

27


technische Auflage nicht selbst, sondern auch kompensatorisch über Emissionssenkungen in anderen, eigenen oder fremden134 Anlagen zu erfüllen. Das Recht zur Emission wird also von der Anlage losgelöst und somit grundsätzlich übertragbar; Gegenstand von Transaktionen sind die gewünschten Änderungen gegenüber der ordnungsrechtlichen Primärallokation. Die einzelnen Emittenten sind einer auflagenbestimmten Emissionsgrenze gegenübergestellt, die auf individuelle Grenzvermeidungskosten trifft. Im theoretischen Modell, bei vollkommener Transparenz und in Abwesenheit von Transaktionskosten, bewirkt dies, daß billige Vermeider von teuren Vermeidern gegen Ausgleichszahlungen die Verpflichtung zur Reduktion übernehmen; Kompensationen finden so lange statt, bis die Grenzvermeidungskosten aller Emittenten angeglichen sind. Somit wird das Umweltziel kosteneffizient erreicht.135 In dynamischer Hinsicht bestehen fortdauernde Anreize, über die bestehenden Grenzwerte hinausgehende Emissionsminderungen vorzunehmen, da sie nunmehr marktlich verwertet werden können.136 Abgrenzung zum Zertifikat137 Als konstituierende Elemente eines Zertifikatesystems werden der klare ökologische Zielbezug, die daraus abgeleitete harte Mengensteuerung auf der Makroebene und die Fungibilität der Rechte genannt.138 Vor diesem Hintergrund sind verschiedene Aspekte der Unterscheidung zu betrachten. Den ordnungsrechtlichen Rahmen bildet beim Zertifikat ein allgemeines Umweltqualitätsziel; dagegen wird beim Kompensationsmodell eine anlagenbe134 Sog. interne bzw. externe Kompensation (vgl. Ewringmann/Gawel (1994), S.25). 135 Vgl. Gawel (1991), S.139-140 136 Vgl. Ewringmann/Gawel (1994), S.25 137 In der Literatur finden sich vielfältige Aspekte der Abgrenzung; Gawel sieht die Ursache der Meinungsvielfalt “im Fehlen eines als verbindlich angesehenen Maßstabs zur Qualifizierung der Marktnähe mengensteuernder Allokationsverfahren” (Gawel (1993), S.35). 138 Vgl. etwa Dales (1968b), S.79,107; Gawel (1993), S.36; so auch Kabelitz (1983), S.165-167; vgl. auch oben.

28


zogene Emissionsbeschränkung behördlich vorgegeben. Folge ist, daß Kompensationen – durch den Quellenbezug der Emissionsrechte – nur unter Vorbehalten139 und im Einzelfall zulässig sind.140 Das bedeutet meist auch, daß es an einem System von Tauschregeln mangelt, sodaß Transaktionen regelmäßig nicht durch ökonomischen Anreiz, sondern nur aufgrund externer Impulse zustandekommen.141 Somit bildet sich bei der Kompensation nicht – wie im idealtypischen Zertifikatemodell – ein anonymer Markt als Koordinationsmechanismus heraus, sondern es besteht ein bilaterales Verhältnis zwischen den Emittenten, welches erst über den Verhandlungsweg einen von Fall zu Fall unterschiedlichen Preis erzeugt. Ein Nachfrager kann bei einer Kompensationsregelung nicht wissen, ob und zu welchem Preis er Rechte erwerben kann; ein Anbieter reduziert gleichzeitig nur dann seine Emissionen, wenn Nachfragewünsche artikuliert werden.142 Bei Kompensationsgeschäften fallen dadurch im Einzelfall auch prohibitive Transaktionskosten für die Informationsgewinnung, die Suche von Partnern, die Kosten der Verhandlung und die Erlangung der behördlichen Genehmigung an.143 Die genannten Aspekte schaffen aber keine scharfe Grenzziehung zwischen Kompensation und Zertifikat – funktionale Marktprobleme und Handelsallokationen auf bilateraler Basis sind zwar charakteristisch für Kompensationsmodelle, können aber auch bei einem Grandfathering-Zertifikatesystem oder einem räumlich verengten Zertifikatemarkt auftreten. Für die theoretische Abgrenzung sind nach Gawel die folgenden zwei Kriterien ausschlaggebend: erstens bestehe bei 139 Der ordnungsrechtliche Vorbehalt hat die Funktion der ökologischen Feinsteuerung, was beim Zertifikat durch verfeinerte Designs (vgl. unten) erreicht wird. 140 Aufgrund des großen Gewichts ordnungsrechtlicher Lenkung haben praktische Kompensationslösungen oftmals aber mehr den Charakter eines “modifizierten Genehmigungsverfahrens” und sind damit nur “flexibilisierende Ergänzungen” des Ordnungsrechts. (Gawel (1991), S.158). 141 Vgl. Gawel (1993), S.48,50 142 Gawel (1993, S.40-41) wendet ein, mit dieser Argumentation werde ein Marktideal mit seiner praktischen Erscheinungsform verglichen – es stellt sich die (unbeantwortete) Frage, wie nahe am Idealtypus ein Markt sein muß, um als Zertifikatemarkt zu gelten. Zudem läge beim allgemeinem Qualitätsziel und beim Quellenbezug die gleiche ökologische Zielfunktion zugrunde, daher sei auch die Art der Rahmensetzung kein geeignetes Abgrenzungkriterium (dort S.37). 143 Vgl. Gawel (1991), S.150

29


der Kompensation eine „vollumfänglich regelungsfähige Parallellenkung durch staatliche Allokationsbehörden“144: Emissionsrechte werden nicht nur – wie bei Zertifikaten – über den Marktmechanismus vergeben, sondern auch über genehmigungsrechtliche Verfahren. Neben die Entscheidungsalternativen Marktbeschaffung von Rechten oder Emissionsvermeidung tritt als dritte Möglichkeit die Verhandlung mit der Genehmigungsbehörde. Es existieren folglich konkurrierende Anreizsysteme mit der Konsequenz, daß die Entstehung eines Marktes nicht selbstverständlich gewährleistet ist. Zweitens seien die ordnungsrechtlichen Emissionsgenehmigungen derart „mengenweich“, daß von einer zwingenden Mengensteuerung nicht gesprochen werden könne.145 Die Ausgestaltung des Zertifikatemodells nach ökologischen Gesichtspunkten Unterschiedliche Schadstoffeigenschaften und die Spezifika der Umweltmedien stellen spezifische ökologische Anforderungen an Zertifikatemodelle. Um diesen Erfordernissen gerecht zu werden, wurden räumlich und zeitlich differenzierte Zertifikatedesigns entwickelt. Ökologische Rahmenbedingungen Schadstoffe und Umweltmedien Umweltmedien sind Subsysteme der natürlichen Umwelt, die Lebensraum für Organismen abgeben; im einzelnen handelt es sich um die Atmosphäre (Luft), die Hydrosphäre (Gewässer) und die Lithosphäre (Boden). Unter Umweltbelastung wird zum einen die Entnahme natürlicher Ressourcen146 verstanden, zum anderen

144 Gawel (1993), S.41 145 Es fehlt somit an einer kompensationsfähigen Zuteilung der Rechte (vgl. Gawel (1993), S.48). 146 Theorie und Politik der erneuerbaren und der erschöpflichen Ressourcen werden hier nicht weiter betrachtet.

30


die Emission von stofflichen und energetischen Rückständen.147 Die Stoffe148, die in Umweltmedien emittiert werden, unterscheiden sich hinsichtlich der Einwirkung auf das Umweltmedium und hinsichtlich der Verbreitung innerhalb des Umweltmediums; der Zustand der Umweltmedien selbst ist regional und zeitlich schwankend und von einer Vielzahl physikalischer Einflüsse149 abhängig.150 Zur Klassifikation von Schadstoffen werden die Kriterien Abbaubarkeit, vertikale Transmission und horizontale Transmission herangezogen. Nach der Abbaubarkeit wird unterschieden in nichtabbaubare Schadstoffe, für die keine Assimilationskapazität151 im Umweltmedium besteht und in abbaubare Schadstoffe, die im Umweltmedium zu unschädlichen Stoffen umgewandelt werden können.152 Auch bei abbaubaren Schadstoffen ist die Assimilationskapazität begrenzt; wird sie überschritten, akkumulieren sie ebenfalls.153 Hinsichtlich der vertikalen Ausbreitung unterscheidet man Schadstoffe mit gleichmäßiger Ausbreitung in höhere atmosphärische Schichten (Globalschadstoffe154) und Schadstoffe, die nahe der Erdoberfläche Schäden verursachen (Oberflächenschadstoffe155).156 Nach der Weite der horizontalen Transmission kann differenziert werden in lokale Schadstoffe, die eine Umweltbelastung nahe der Emissionsquelle

147 Vgl. Umweltlexikon (1993) 148 Hauptbelastungskategorien von Gewässern sind: leicht abbaubare organische Stoffe (z.B. häusliche Abwässer), schwer abbaubare organische Verbindungen (z.B. Pestizide), Salze (z.B. Phosphate, Chloride, Sulfate und Nitrate), Schwermetallverbindungen (z.B. Cadmium, Nickel, Blei, Quecksilber), Temperaturveränderungen durch Abwärme und auch die übermäßige Trinkwasserentnahme. Wesentliche luftverschmutzende umwelt- und gesundheitsgefährdende Substanzen sind: Kohlenwasserstoffe, Staub, anorganische Stoffe (z.B. Schwefeldioxid, Stickoxide, Kohlenmonoxid, Kohlendioxid, Fluor-, Chlorund Schwefelwasserstoffe). Vgl. hierzu Umweltlexikon (1993). 149 Für Luft sind physikalische Einflußfaktoren z.B. Wind, Wetter, Temperatur und geographische Lage, für Gewässer z.B. Wetter, Strömungsgeschwindigkeit, Wassermenge und Jahreszeit. 150 Die folgenden Betrachtungen sind auf stoffliche Emissionen in die Umweltmedien Luft und Gewässer gerichtet. Eine Transferierbarkeit die anderen Arten von Emissionen, das Umweltmedium Boden und auf die Entnahme natürlicher Ressourcen wird hier nicht weiter verfolgt. 151 U.U. gibt es eine gewisse, unschädliche Aufnahmemenge, wie z.B. bei Schwermetallen. 152 Vgl. Tietenberg (1992), S.361 153 Die Assimilationskapazität kann räumlich und zeitlich schwanken. 154 Die Globalschadstoffe CO2, die CFK's, CH4, O3 und N2O verursachen den Treibhauseffekt (vgl. Umweltlexikon). 155 Im Gewässerbereich existiert nur diese zweite Kategorie. 156 Vgl. Tietenberg (1992), S.362

31


verursachen und in regionale Schadstoffe, die die Umwelt auch weit von der Quelle entfernt belasten können.157 Bestimmte Schadstoffe158 verursachen sowohl globale als auch regionale und lokale Umweltbeeinträchtigungen. Unterschiede im Luft- und Gewässerschutz In der Luftreinhaltepolitik liegen die Hauptwohlfahrtseffekte in der Gesundheitsvorsorge159; im Gewässerschutzbereich ist eine Konkurrenz von Fall zu Fall äußerst unterschiedlicher Nutzungen zu beachten, wie beispielsweise Freizeit und Erholung, Ästhetik, Fischerei oder Trinkwasserentnahme.160 Die regionale Verbreitung des Schadstoffs, welche im Luftbereich sehr schwierig zu bestimmen ist, kann im Gewässerbereich durch Diffusionsmodelle gut nachvollzogen werden, besonders wegen der natürlich wirksamen Grenzen und, in fließenden Gewässern, des Schadstofftransports in nur eine Richtung.161 In der Luftreinhaltung muß jeder Schadstoff mit einem Einzelzertifikat gehandelt werden, während für Gewässerschadstoffe auch Multischadstoffzertifikate einsetzbar sind.162 Weiterhin sind im Gewässerbereich Economies-of-scale durch zentralisierte, große Kläranlagen

157 Vgl. Tietenberg (1992), S.362 158 Z.B. Schwefel- und Stickoxide. 159 Die Luftverschmutzung trägt zu Waldsterben, Treibhauseffekt, Ozonabbau und saurem Regen bei. Weiterhin sind auch erhebliche Beeinträchtigungen der Natur, von Bauwerken etc. auf die Luftschadstoffe zurückzuführen. 160 Eine Übersicht der Nutzungen von Wasserressourcen findet sich z.B. bei Gawel/van Mark (1993), S.11; die Qualitätsanforderungen an Gewässer hängen mit der Nutzung zusammen. 161 In stehenden Gewässer und Seen tritt daneben auch eine gleichmäßige Durchmischung mit bestimmten Schadstoffen auf. 162 Abbaubare organische Gewässerschadstoffe können in einer einzigen Größe operationalisiert werden, dem zum Abbau erforderlichen biochemischen bzw. chemischen Sauerstoffbedarf (BSB bzw. CSB); dadurch ist die Handhabung eines Zertifikatemodells erleichtert. Aus Gründen administrativer Vereinfachung wären auch im Luftbereich aggregierte Emissionsziele der Kontrolle von Einzelschadstoffen vorzuziehen. Problematisch ist aber, daß eine Gewichtung der Schadstoffe auf Basis historischer Daten vorgenommen werden muß; die Reduktion der Emissionen wird aber sich aus technischen, ökonomischen und ökologischen Gründen bei den einzelnen Schadstoffen sehr ungleichmäßig vollziehen. Aus diesem Grunde ist ein Markt für jeden einzelnen regulierungsbedürftigen Schadstoff erforderlich (vgl. Tietenberg (1980a), S.499).

32


erzielbar, im Luftbereich dagegen muß die Reinigungsleistung beim einzelnen Emittenten durchgeführt werden.163 Das Erfordernis räumlicher und zeitlicher Differenzierung Ökologische Gründe können eine räumliche Differenzierung von Zertifikaten erforderlich machen: homogene, in der gesamten Region frei handelbare Umweltnutzungsrechte haben den Nachteil, daß sie im Falle kurzstreckig transmittierender Schadstoffe keinen hinreichenden Schutz gegen die Bildung regionaler Schadstoffkonzentrationen bieten.164 Weil die Schadstoffaufnahmekapazität eines Umweltmediums im Zeitablauf schwankt,165 und gleichzeitig die freigesetzten Emissionsfrachten der Unternehmen variieren166 – kann auch eine zeitliche Differenzierung angezeigt sein. Im einzelnen sind für verschiedene Schadstoffkategorien die folgenden ökologischen Restriktionen durch ein geeignetes Design des Zertifikatemodells zu berücksichtigen. Bei abbaubaren Globalschadstoffen ist eine Beachtung regionaler Konzentrationen, sogenannter Hot-Spots, wegen der gleichmäßigen Ausbreitung nicht erforderlich; daher kann die Verknüpfung von Emissionen und Immissionen durch eine Diffusionsfunktion unterbleiben, die Gesamtemissionen müssen auf das Niveau der Assimilationskapazität begrenzt werden. Bei abbaubaren Luftschadstoffen mit ungleichmäßiger Ausbreitung ist das Augenmerk dagegen auch auf die Diffusion zu richten, Zertifikate sind regional und zeitlich zu differenzieren. Abbaubare Gewässerschadstoffe sind vornehmlich organische Substanzen, die unter Verbrauch von Sauerstoff bakteriell zersetzt werden. Durch die ungleichmäßige Ausbreitung sind sowohl die Emissionen als auch die Immissionen – die den 163 Vgl. Kemper (1989), S.284-287 164 Vgl. Jaeger (1993), S.333 165 Die Assimilationskapazität von Luft und Gewässern ändert sich mit den meteorologischen und klimatologischen Bedingungen; vor allem bestehen jahreszeitliche Unterschiede. 166 Diese unterscheiden sich bspw. zwischen Tag und Nacht erheblich; desweiteren wird in einigen Branchen hauptsächlich zu bestimmten Jahreszeiten produziert (vgl. Kemper (1989), S.188).

33


Sauerstoffverbrauch räumlich und zeitlich beeinflussen – zu beachten. Die Emissionen nichtabbaubarer Schadstoffe müssen wegen ihrer akkumulativen Wirkungen spätestens bei Erreichung der ökologischen Norm eingestellt werden.167 Ökologisch wäre es zwar hinreichend, diese Anforderungen durch Setzung undifferenzierter Umweltstandards zu erfüllen, die an lokalen oder zeitlichen Spitzen – also am Engpaß – orientiert sind. Die Folge wäre aber ein insgesamt zu hohes Vermeidungsniveau. Eine Differenzierung kann demnach auch ökonomisch geboten sein, wenn ihre administrativen Mehrkosten durch eine Ersparnis an Vermeidungskosten (über-) kompensiert werden.168 Zertifikatedesigns Ausgangspunkt sind zunächst die Eigenschaften und Anwendungsbedingungen undifferenzierter Zertifikate. Ist die Einhaltung regionaler Immissionsstandards erforderlich, kommen vier Basisdesigns169 räumlich differenzierter Zertifikate in Betracht; neben diesen wurden weitere Konzepte zur Verhinderung punktueller Immissionskonzentrationen vorgeschlagen. Zur zeitlichen Differenzierung von Zertifikatemodellen wurden zwei Ansätze entwickelt. Undifferenzierte Zertifikate Die Undifferenciated Discharge Permits (UDP)170 entsprechen dem Standardmodell. Ein Zertifikat berechtigt zur Freisetzung des Schadstoffs in der verbrieften Höhe (die beispielsweise in t/Jahr formuliert sein kann), der Rechtehandel zwischen den Firmen kann auf einer 1:1-Basis stattfinden. Das Modell schafft 167 Vgl. Tietenberg (1992), S.362-367; vgl. auch Kemper (1989), S.76-81 168 Darüber hinaus kann eine Differenzierung die Emittenten zum räumlichen und zeitlichen Überdenken ihrer Produktions- und Emissionsentscheidungen veranlassen, was einen wünschenswerten Anreiz zur effizienten Umweltnutzung darstellt. 169 Diese Designs wurden für die Luftreinhaltepolitik entwickelt, sind aber aber ebenso für den Gewässerschutz geeignet. 170 Zu dieser und den folgenden Bezeichnungen vgl. Tietenberg (1980b), S.404-405

34


somit einen großen, homogenen Zertifikatemarkt, auf dem sich Wettbewerb auf breiter Basis entfalten kann; durch die uneingeschränkte Handelbarkeit zwischen den Emittenten der gesamten Region werden die ökonomischen Vorteile des Zertifikatekonzepts voll genutzt.171 Undifferenzierte Zertifikate eignen sich gut, wenn die Kontrolle eines Gesamtemissionsvolumens im Vordergrund steht – sind die ökologischen Wirkungen der Emissionen dekungsgleich, müssen Immissionswirkungen einzelner Emissionen nicht gesondert berücksichtigt werden; in Frage kommt daher eine Anwendung auf sich gleichmäßig ausbreitende Schadstoffe, vor allem abbaubare Globalschadstoffe. Eine weitere Einsatzmöglichkeit ist bei kleinen, gleichmäßig verteilten Emissionsquellen zu sehen, wenn der Standort eines Verursachers keine allzugroßen Auswirkungen auf die Gesamtimmissionslage hat, sodaß ein differenziertes Modell aufgrund seiner Komplexität nicht gerechtfertigt erscheint.172 Räumliche Differenzierung Ambient Differenciated Permits (ADP). Das ADP-System korrigiert das Emissionsvolumen abhängig von Immissionswirkungen. Basis hierfür ist die Ausweisung von Zonen in einer Region, die mit Meßstationen ausgestattet sind.173 Jeder Rezeptor wird mit eigenen Zertifikaten ausgestattet, und eine Emissionsquelle muß Zertifikate einer jeden Zone in dem Maße halten, in dem ihre Emissionen dort Immissionen bewirken. Innerhalb einer Zone werden die Zertifikate im Verhältnis eins zu eins gehandelt, für den zonenübergreifenden Handel legt ein Standardisierungsverfahren174 fest, welche tatsächlichen Emissionen nominal gleiche Schadstoffzertifikate – je nach Standort des Besitzers – erlauben.175 Die

171 Vgl. Kemper (1989), S.209 172 Vgl. Tietenberg (1980b), S.405,407 173 Vgl. Tietenberg (1980b), S.405 174 Zum Standardisierungsverfahren vgl. Tietenberg (1974), S.288-289 175 Vgl. Tietenberg (1980b), S.405

35


Standardisierung wird auf Basis der Diffusionszusammenhänge vorgenommen. Praktikabel ist ein solches System, solange die Anzahl der Märkte der Region so gering gehalten wird, daß die Übersichtlichkeit nicht verloren geht, da jeder Emittent an einer Vielzahl von Zertifikatemärkten zu agieren hat.176 Um die Komplexität eines solchen Designs zu vermeiden, wurden alternative Ausgestaltungen entwickelt, das EDP- und das LDP-System. Emission Discharge Permits (EDP). Das EDP-System teilt die Region ebenfalls in Zonen auf und weist ihnen eine feste Anzahl an Zertifikaten zu. Diese Rechte sind innerhalb einer Zone ohne Einschränkungen frei handelbar; Transfers zwischen den einzelnen Zonen sind dagegen nicht gestattet.177 Auf Basis von Diffusionsmodellen wird die Anfangsverteilung festgelegt, über die die Umweltbehörde das Immissionsniveau der Gesamtregion steuert. Um aber das angestrebte Immissionsziel zu erreichen, wären exakte Kenntnisse der Emissionsverteilung, der Diffusionsvorgänge und der Grenzvermeidungskosten erforderlich; Immisionsspitzen innerhalb einer Zone sind ebenfalls nicht ausgeschlossen.178 Ökonomische Nachteile entstehen, weil in zonal begrenzten Märkten die Zahl am Handel teilnehmender Anlagen – und somit das ökonomische Einsparpotential – verringert ist; auch die Funktionsfähigkeit der Märkte wird dadurch fraglich.179 Ein weiteres Problem entsteht, weil sich in den Zonen unterschiedliche Preise entwickeln werden: benachbarte Emittenten, zwischen denen zufällig die Grenze einer Zone verläuft, werden ungleich behandelt.180 Lokal Discharge Permits (LDP). Eine Variante des EDP-Konzepts ist das LDPSystem, mit dem in jeder Zone ein Immissionsstandard angestrebt wird, für dessen Einhaltung ausschließlich die Emittenten dieser Zone verantwortlich gemacht wer-

176 Vgl. Stahl (1989), S.52-53 177 Vgl. Tietenberg (1980b), S.405 178 Vgl. Stahl (1989), S.54 179 Vgl. Cansier (1993), S.203 180 Vgl. Rose-Ackermann (1977), S.393, zit.n. Stahl (1989), S.53

36


den. Zu dessen Erreichung ist ein System innerhalb der Zone, jedoch nicht zonenüberschreitend transferierbarer Zertifikate vorgesehen. Eine Vereinfachung liegt insoweit vor, daß kein Versuch unternommen wird, durch Diffusionsmodelle die von Emittenten anderer Zonen verursachten Immissionen zu berücksichtigen.181 Ambient Permits. Immissionszertifikate lauten über die anteilige Immissionsaufnahmekapazität eines Meßpunkts,182 sie gehen also von einer anderen Bemessungsgrundlage aus: es erfolgt keine mittelbare Regelung über die Emissionen, sondern die unmittelbare Anknüpfung an deren Wirkungen; insofern ist eine Operationalisierung in Form eines behördlich vorgegebenen Emissions-Zwischenziels nicht erforderlich. Die Problematik der Nachvollziehbarkeit von Diffusionsvorgängen ist demzufolge – im Gegensatz zum ADP-System – auf die Seite der Emittenten verlagert, die die Immissionsfolgen ihrer Emissionen zu berücksichtigen haben. Als Konsequenz müßte jeder Emittent ein “ganzes 'Portfolio' an Immissionszertifikaten von verschiedenen Teilmärkten halten”183, was mit hohen Transaktionskosten verbunden ist. Voraussetzung ist daneben die Nachvollziehbarkeit auch weiträumiger Transmissionen. Weitere Konzepte. Der Entstehung von Hot-Spots kann auch eine Ausgestaltung asymmetrisch transferierbarer Zertifikate entgegenwirken, sodaß Lizenzen nur aus Belastungsgebieten heraus, nicht aber in sie hinein übertragbar sind.184 Ein anderer Gedanke sieht vor, die Zulässigkeit einer Zertifikatetransaktion an die Nebenbedingung zu knüpfen, daß bestehende Immissionsstandards nicht verletzt werden. Auch die Zulässigkeit der Ausübung eines Emissionsrechts kann an diese Bedingung geknüpft werden.185 Weiterhin könnte der Zertifikateaustausch

181 Vgl. Tietenberg (1980b), S.494 182 Vgl. Tietenberg (1985), S.24 183 Stahl (1989), S.48-49 184 Vgl. Endres (1994a), S.171-172; auf diese Weise könnten sich auf Dauer Hot-Spot-Probleme sogar entschärfen. 185 Vgl. Cansier (1993), S.205; eine solche Ausgestaltung stellt kein reines Zertifikatemodell, sondern eine mit ordnungsrechtlichen Vorschriften gemischte Strategie dar.

37


grundsätzlich auf in ihren Immissionswirkungen äquivalente Emissionen beschränkt werden, was über Ausbreitungsrechnungen festgestellt wird.186 Zeitliche Differenzierung Zur zeitlichen Differenzierung von Zertifikaten kommt eine “Periodic Control”187 in Frage, die beispielsweise an Jahres- oder Tageszeiten anknüpft. Zielsetzung ist, das Emissionsverhalten so zu steuern, daß zu keinem Zeitpunkt die Immissionsnormen gefährdet sind; mit saisonal oder tageszeitlich bedingt gültigen Zertifikaten könnte die periodisch schwankende Knappheit der Umweltnutzung reguliert werden.188 Der alternative Ansatz, die “Episode Control”189, knüpft die Nutzbarkeit einer Lizenz an durch die Umweltbehörde definierte Zustände des Umweltmediums an.190 Mit diesen Zuständen, die aktuell festgestellt und bekanntgegeben werden, sind Nutzungseinschränkungen für die in verschiedene Kategorien mit unterschiedlicher Priorität eingeteilten Zertifikate verbunden.191 Zusammenfassende Beurteilung Eine Berücksichtigung der räumlichen und zeitlichen Verbreitung ist bei vielen Schadstoffen ökologisch zwingend geboten; diesem Erfordernis kann durch Differenzierung des Zertifikatemodells entsprochen werden, die auch aus ökonomischen Gründen angezeigt sein kann. In ökologischer Hinsicht können die 186 Vgl. Endres (1994a), S.172 187 Tietenberg (1985), S.153 188 Eine Indexierung könnte beispielsweise Zertifikate unterteilen in ganzjährig zu Emissionen berechtigende (teurere) und nur zu bestimmten Zeiten gültige (billigere) Lizenzen, z.B. Sommer- und Winterzertifikate. 189 Tietenberg (1985), S.159 190 Die Idee geht zurück auf Howe/Lee (1983). Billigere Lizenzen würden schon bei Erreichung eines kritischen Belastungszustands des Umweltmediums befristet außer Kraft gesetzt, die nächstteurere Kategorie nur in Notsituationen (Störfälle, Smogalarm o.ä.), während alleine die höchste Kategorie ein uneingeschränktes Emissionsrecht verbrieft, das auch im “worst case” vertretbar ist (vgl. Kemper (1989), S.193). 191 Auch wenn auf die Klassifizierung nach Prioritäten verzichtet wird, muß die zuständige Behörde in jedem Falle bemächtigt sein, in kritischen Situationen (z.B. Inversionswetterlagen) die Nutzbarkeit der Zertifikate einzuschränken (vgl. Bonus (1981a), S.74 Fn.36).

38


vorgeschlagenen Designs jedoch nicht voll befriedigen; vor allem die unzureichende Nachvollziehbarkeit192 von Diffusionsvorgängen, gerade im Luftbereich, ist problematisch193. Zudem nimmt die Komplexität des Zertifikatesystems durch Differenzierung zu, was die Praktikabilität und Handhabbarkeit einschränkt; außerdem stellen sich ökonomische Effizienzverluste, also ein verringertes Einsparpotential, immer dann ein, wenn der Markt durch Differenzierung verkleinert wird, sich also die Freiheitsgrade marktlicher Allokation verringern. Im Luftbereich stellen sich diese Probleme nicht bei Globalschadstoffen, wie CO2, und bei sich ungleichmäßig ausbreitenden Schadstoffen, die einen Beitrag zu globalen Umweltproblemen leisten, wie SO2 und NOx.194 Hier werden praktische Zertifikateanwendungen diskutiert oder bereits eingesetzt;195 implementiert wurden in der deutschen und der US-amerikanischen Luftreinhaltepolitik daneben auch gemischte Lenkungsstrategien mit Elementen der Zertifikateidee.196 Im Gewässerschutz stellen sich die Anwendungsbedingungen aufgrund der leichteren Nachvollziehbarkeit der Diffusionsprozesse und der Möglichkeit des Einsatzes von Multischadstoffzertifikaten besser dar.197 Auch hier werden erste Modelle bereits

192 Diese Schwierigkeit nimmt zu, je weiter Schadensauftritt und Schadensquelle räumlich und zeitlich auseinanderliegen und je beweglicher die Quellen sind (vgl. Jaeger (1993), S.356). 193 Kabelitz (1984, S.286-287) führt dies u.a. als Argument gegen Immissionszertifikate an. Cansier (1993, S.205) hält deshalb auch die Praktikabilität eines ADP-Systems für fraglich. Bartmann/Föller (1992, S.100) gehen davon aus, daß wegen der komplizierten Diffusionsproblematik eine “vernünftige regionale Abgrenzung” in vielen Fällen unmöglich ist. 194 Für nichtabbaubare Globalschadstoffe wird ein System von “Cumulative Emission Permits” (vgl. hierzu Tietenberg (1985), S.28-30) vorgeschlagen, dessen praktische Eignung positiv bewertet wird (vgl. z.B. Kemper (1989), S.217). 195 Vgl. hierzu Cansier (1991), Heister/Michaelis (1991), OECD (1991, 1992), Pearce et al. (1991). Zu dem in den USA angewandten Zertifikatemodell für SO2-Emissionen vgl. unten 196 Zum theoretischen Konzept der Kompensation als mischinstrumenteller Ansatz vgl. oben; zu der Kompensationsmöglichkeit in der deutschen Luftreinhaltepolitik vgl. unten; zum kontrollierten Emissionshandel in den USA vgl. unten. 197 Vgl. Kemper (1989), S.56 198 In den USA praktiziert wird das “Fox-River-Modell”; in der Diskussion befindet sich das “LakeMichigan-Modell” (vgl. hierzu Hahn (1989), S.97f.; Kemper (1989), S.310ff.); Studien bzw. Modellvorschläge für die deutsche Gewässergütepolitik stammen z.B. von Gawel/van Mark (1993), van Mark/Gawel/Ewringmann (1992) und Kemper (1989, S.267ff.). 199 Vgl. oben; da die zugrundeliegenden Kriterien in enger Wechselbeziehung stehen, ist eine scharfe Abgrenzung nicht immer zu gewährleisten. Auch in der Literatur ist eine gewisse Mehrdeutigkeit festzustellen.

39


praktiziert, daneben wurden zahlreiche Vorschläge198 für Zertifikateanwendungen und Kompensatinslösungen entwickelt.

Zur Diskussion und Beurteilung des Zertifikatemodells Auf Grundlage der oben angeführten Kriterien199 ist zu betrachten, inwieweit das Zertifikatemodell den Anforderungen ökologischer Treffsicherheit und ökonomischer Effizienz genügt, welche dynamischen Anreizwirkungen von ihm ausgehen und inwieweit es politisch durchsetzbar ist. Weiterhin sind seine Wettbewerbswirkungen und seine Einflüsse auf die Wirtschaftsstruktur und die internationale Wettbewerbsfähigkeit nationaler Emittenten zu diskutieren. Einzubeziehen sind hierbei auch die relativen Vor- und Nachteile des Instruments im Rahmen eines Vergleichs200 mit den anderen standardorientierten Instrumenten. Ökologische Treffsicherheit Erreichung der ökologischen Ziele. Der Vorteil einer Zertifikatepolitik ist die direkte Mengensteuerung. Durch das politisch gesetzte, quantitative Ziel werden auf der Makroebene Emissionen auf das angestrebte Niveau begrenzt.201 Regionale Kapazitätsbedingungen können durch geeignete Designs berücksichtigt werden; allerdings hat das Zertifikatemodell bei Schadstoffen, deren Diffusionsprozesse nicht hinreichend genau nachvollziehbar sind, auf der Mikroebene ein mangelndes ökologisches Feinsteuerungsvermögen.202

200 Beim Vergleich ist von Bedeutung, daß mit gleichem Maß gemessen, also vor allem die Erreichung desselben ökologischen Ziels zugrundegelegt wird (vgl. Endres (1994a), S.97). 201 Beim Freivergabeverfahren ist – vor allem zur Vermeidung von Zielkonflikten – ein mehrstufiger Abwertungsprozeß erforderlich, bis die angestrebten Standards erreicht sind. 202 Vgl. Ewringmann/Gawel (1994), S.23; so auch Gawel (1991), S.43

40


Der Gefahr, daß Verursacher mit Schadstoff- oder Mediensubstitution auf die Kostenbelastung ihrer Emissionen reagieren, ist dadurch zu begegnen, daß ein Zertifikatesystem die relevanten Schadstoffe und Umweltmedien umfaßt und solche Interdependenzen antizipiert.203 Im Sonderfall plötzlicher Emissionen in Folge von Stör- und Unfällen erscheint es aus Gründen der Nichtvorhersehbarkeit und der hohen Kosten des Erwerbs nicht angezeigt, die Emittenten zu einer Vorratshaltung von Zertifikaten zu veranlassen. Da dann aber keine Anreizwirkung für besondere Sorgfalt gegeben ist, ist eine Kombination mit dem Ordnungsrecht erforderlich.204 Mögliche ökologische Auswirkungen einer Freivergabe. Die Freivergabe kann Verhaltensstrategien der Emittenten mit nachteiligen ökologischen Wirkungen herbeiführen: bei der Bemessung der Zertifikatezuweisung ist ein Anknüpfen an bestehende Emissionsgenehmigungen insofern problematisch, da diese meist nicht voll ausgeschöpft sind – vorher ungenutzte Rechte könnten dann veräußert und dadurch zu genutzten Rechten werden, was insgesamt zu einer Verschlechterung der Umweltqualität führen würde.205 Wird dagegen die tatsächliche Emission zum Maßstab genommen, kann dies den “Ankündigungseffekt” auslösen, daß Altanlagenbetreiber ihre Emissionen ausdehnen, um möglichst viele Zertifikate zu erhalten, was gleichermaßen unerwünscht ist.206 Um dies zu vermeiden, könnten zurückliegende Referenzperioden oder Durchschnittswerte vergangener tatsächlicher Emissionen als Zurechnungsbasis

203 Vgl. Jaeger (1993), S.343; vgl. auch Endres (1994a), S.163; das gleiche Problem stellt sich bei Abgaben. Auch bei der direkten Beschränkung durch Auflagen ist solches Verhalten der Emittenten denkbar. U.U. ist eine ganze Palette von Schadstoffen in die Zertifikatelösung einzubeziehen oder ein gemischtes Instrumentarium einzusetzen. 204 Vgl. Cansier (1993), S.200; ordnungsrechtlich festgelegt sein müßten bspw. Sorgfaltsstandards sowie Strafen und haftungsrechtliche Regelungen beim Eintritt solcher Störfälle. 205 Erschwerend für die Umsetzung ist weiterhin, daß in vorhandenen Auflagenregelungen meist nur die Schadstoffkonzentration oder Frachtwerte, nicht aber Massestrom und Zeitdauer der Emission angegeben sind, sodaß es auch an den erforderlichen Informationen mangeln kann. 206 Vgl. Siebert (1981), S.44

41


herangezogen werden.207 Nach einem Vorschlag von Endres wird auf Basis der IstEmissionen ein Gesamtwert208 errechnet, dem Emittenten davon aber nicht sein IstAnteil, sondern der Anteil seiner erlaubten Emissionen an den insgesamt erlaubten verbrieft.209 Kabelitz schlägt vor, die Zuteilung der Lizenzen an die Altemittenten mit einer einmaligen Abgabe mit einem progressiven, an die Emissionen anknüpfenden Tarif zu koppeln, um so schon vor Einführung des Zertifikatekonzepts Anreize zur Emissionsminderung zu geben.210 Vergleich mit Abgaben und Auflagen. Vorteil des Zertifikats gegenüber der Abgabe ist, daß die rahmensetzende Behörde nicht ex ante über hinreichend genaue Kenntnisse der Grenzvermeidungskosten verfügen muß, um das angestrebte Mengenziel zu erreichen. Bei Abgaben liefert der Trial-and-error-Prozeß bei der Preissetzung das Mengenergebnis nur mittelbar als Resultat von Marktprozessen – die Nähe zum gewünschten Emissionsniveau bleibt offen. Insofern ist das Zertifikat in seiner ökologischen Treffsicherheit der Abgabe überlegen. Auch Änderungen ökonomischer Größen gegenüber ist die Zertifikatelösung invariant; sie haben keine Einflüsse auf das gesamtwirtschaftliche Emissionsniveau, sondern schlagen sich nur im Kurs der Zertifikate nieder.211 Der Vorteil gegenüber Abgaben ist also, daß laufend notwendige, aber schwierig durchsetzbare Änderungen des Abgabensatzes nicht erforderlich sind.212 Eine Auflage, die firmenspezifische Emissionsbegrenzungen vorsieht, leistet theoretisch gleiches wie die Zertifikatepolitik. Daß Auflagen in der Realität

207 Nicht umgangen wird bei einem Anknüpfen an tatsächliche Emissionen aber, daß solche Emittenten bestraft werden, die schon in der Vergangenheit freiwillig Vermeidungsmaßnahmen ergriffen haben, und die jetzt eine geringere Zahl an Rechten erhalten als in dem Fall, sie hätten sich nicht umweltschonend verhalten. 208 Dieser wird ggf. um einen Abschlag reduziert. 209 Vgl. Endres (1994a), S.167-168 210 Vgl. Kabelitz (1984), S.335-336. Wiederum tritt hier das Problem der Bemessung des “richtigen” Abgabensatzes auf, um die Reaktion der Emittenten in Bezug auf das angestrebte Ziel kontrollieren zu können (vgl. Stahl (1989), S.81). 211 Vgl. oben. 212 Vgl. Endres (1994a), S.156

42


mengenweich sind, haben die Erfahrungen mit diesem Instrument gezeigt.213 Bei Zertifikaten bleibt allerdings offen, ob das quantitative Ziel politisch durchsetzbar und erreichbar ist, und wie sich der Prozeß der Verschärfung des ökologischen Rahmens gestalten wird; die Kosteneffizienz des Zertifikatekonzepts läßt die Durchsetzbarkeit ökologisch anspruchsvoller Ziele jedoch wahrscheinlicher erscheinen als bei einer Auflagenpolitik.214 Der zeitliche Rahmen, in dem eine Zertifikatelösung das ökologische Ziel erreichen kann, ist im Vergleich zu Auflagen als kurz zu bezeichnen, weil der Übergang zu emissionsarmen Neuanlagen sowie Innovationen durch betriebswirtschaftliche Rentabilitätsüberlegungen beschleunigt anstatt systematisch verzögert werden;215 die Wirkungsgeschwindigkeit kann aber nach Erfordernissen durch die Umweltbehörde gesteuert werden, wie beispielsweise über die Abwertungssätze.216 Aufgrund der Wirtschaftsentwicklung entstehende, natürliche Emissionsrückgänge durch die sinkende wirtschaftliche Aktivität einzelner Regionen führen zu einem Sinken der Emissionsbelastung, was bei Abgaben und Auflagen durch Inaktivität der Behörde konserviert wird.217 Bei Zertifikaten hingegen bleibt das Gesamtemissionsniveau konstant, da die Rechte veräußert werden können; von den – durch eine dauerhaft geringere Nachfrage – fallenden Zertifikatekursen gehen zudem auch Anreize zum Übergang auf umweltintensiveres Wirtschaften aus. Nur eine Verringerung der gestatteten Gesamtemissionsmenge durch Abwertung der 213 Ist ein Emissionsstandard nicht explizit formuliert, ergibt sich die tatsächliche Luftqualität “als Resultante einer einzelfallbezogenen Genehmigungspraxis, als abhängige Variable von Wirtschaftswachstum, Strukturwandel, technischem Fortschritt, Inflation, Gerichtsentscheidungen und politischem Druck” (Kabelitz (1983), S.166). Zudem läßt die in der Bundesrepublik übliche Fixierung von auf Konzentrationsgrößen bezogenen Grenzwerten das Gesamtemissionsvolumen offen (vgl. Endres (1994a), S.168). 214 Endres (1994a, S.159), begründet dies damit, daß die Effizienzgewinne zwischen Ökonomie und Ökologie geteilt werden können, was den Konflikt entschärft. Gawel (1991, S.45) weist jedoch auf die Gefahr von Vollzugsproblemen bei der Festsetzung verschärfter Emissionsnormen hin. Kemper hingegen (1989, S.114) sieht eine geringere Gefahr von Vollzugsdefiziten darin begründet, daß behördliche Eingriffserfordernisse und Vollzugsaufgaben reduziert sind. 215 Vgl. Kemper (1985), S.258 216 Vgl. Endres (1994a), S.158 217 Dies kann durch Nicht-Erteilung von Neugenehmigungen geschehen bzw. durch Beibehaltung des Abgabensatzes.

43


Lizenzen würde die natürlichen Rückgänge auch ökologisch wirksam werden lassen.218 Ökonomische Effizienz Vermeidungskosten. Zertifikate wie auch Abgaben erreichen das umweltpolitische Ziel kosteneffizient.219 Das reale Vorliegen unterschiedlicher Vermeidungskostenverläufe bei den Emittenten ist Voraussetzung für die Wirksamkeit, denn gerade die bei gewinnmaximierenden Emittenten induzierte Angleichung der Grenzvermeidungskosten ist die Optimalitätsbedingung.220 Die Auflage, welche theoretisch ein Reduktionsziel, beispielsweise von fünfzig Prozent, dadurch erreicht, daß sie jeden Emittenten zur Halbierung seiner Emissionen veranlaßt, ist deshalb ineffizient, weil sie die Verschiedenheit der Vermeidungskosten nicht berücksichtigt und daher insgesamt zu hohe Reduktionskosten verursacht. Die individuelle Belastung der Unternehmen gestaltet sich dagegen bei Zertifikat und Abgabe anders als bei der Auflage, weil ein Emittent im Falle der Auflage nur die Kosten der Vermeidung tragen muß, während er bei den marktwirtschaftlichen Instrumenten für die verbleibenden Emissionen Abgaben zahlen oder, im Zertifikatemodell, Lizenzen halten muß.221 Umweltnutzung hat – und dies ist ja das Ziel dieses Instrumentetyps – einen Preis. Administrations- und Transaktionskosten. Die Implementation eines Zertifikatesystems verursacht administrative Kosten bei den Umweltbehörden. Sie entstehen

218 Vgl. Endres (1994a), S.161-162; zweifellos ist ein natürliches Sinken der Emissionen als positiv zu bewerten; doch eine behördliche Abwertung stellt m.E. einen Strukturbruch in der Zertifikatepolitik dar, weil gerade die Möglichkeit zum strukturellen Wandel (ohne Verletzung des Gesamtemissionsziels) vom Fortbestand solcher Rechte abhängig ist und einen wesentlichen Vorteil des Konzepts darstellt. Ein Aufkauf der Rechte durch die Umweltbehörde würde dies vermeiden, stellt aber andererseits eine Abweichung vom Verursacherprinzip dar. 219 Vgl. oben 220 Eine graphische Veanschaulichung der Anpassungsprozesse sie findet sich z.B. bei Endres (1994a), S.124-130. 221 Vgl. Kemper (1989), S.118; bei frei vergebenen Zertifikaten sind die Restemissionen der Altemittenten frei von Belastungen, es bestehen jedoch Opportunitätskosten zur Zertifikatehaltung.

44


beispielsweise bei der Festlegung ökologischer Standards, der Ableitung von Emissionszielen, der Ermittlung der Diffusionszusammenhänge, der Differenzierung und der Messung von Emissionen und Immissionen. Da diese Kosten in vergleichbarer Form auch bei den anderen Instrumenten anfallen, ist ein größerer Aufwand bei einer Zertifikatepolitik daraus nicht abzuleiten.222 Gegenüber einer Auflagenlösung wird der Verwaltungsaufwand längerfristig tendenziell gesenkt;223 verglichen mit einer Abgabenlösung erfordert das Zertifikat keine laufende, kostenverursachende Überprüfung und Anpassung der Abgabensätze. Ein Mehraufwand bei Zertifikaten, der aber einmalig bleiben dürfte, fällt dagegen durch die Institutionalisierung des Handels an. Auf Seiten der Emittenten entstehen, vor allem in der Einführungsphase, Informations- und Anpassungskosten; ein einmal etablierter börsenmäßiger Handel hält hingegen die Transaktionskosten gering. Insgesamt können vor allem dann signifikante Kostenvorteile erwartet werden, wenn die Komplexität des zu regelnden Umweltbereichs gering und gleichzeitig die Vermeidungskostenunterschiede der Emittenten hoch sind.224 Dynamische Anreizwirkungen Anreiz zu technischem Fortschritt. Bei marktwirtschaftlichen Instrumenten ist die Umweltnutzung mit einem Preis versehen. Umwelttechnischer Fortschritt senkt die Kosten der Umweltnutzung pro Outputeinheit, und ein Emittent hat die Möglichkeit, diese Kosteneinsparungen auch zu realisieren.225 Dadurch besteht ein ständiger Anreiz, die Effizienz des Einsatzes dieser knappen Ressource zu erhöhen. Weil Anpassungsprozesse alternativ oder kombiniert durch Installation von Reini-

222 Vgl. Kemper (1989), S.119; diese Kosten steigen tendenziell mit der Komplexität der Zusammenhänge und dem Grad der Differenzierung. 223 Vgl. Kemper (1989), S.121; z.B. entfallen die Festlegungen des “Standes der Technik” sowie nachträgliche Anordnungen. 224 Vgl. Huckestein (1993), S.9 225 Vgl. Cansier (1978), S.145-146. Umgekehrt kann, bei einer Verschärfung des ökologischen Rahmens, durch technischen Fortschritt ein höheres Umweltqualitätsniveau zu gleichen Kosten realisiert werden.

45


gungstechnologien, Produktionsdrosselungen, Ausweichen auf emissionsärmere Rohstoffe, Produktionsprozesse oder Produkte vorgenommen werden können,226 bietet das Instrument der Zertifikate, wie auch die Abgabe, eine große Flexibilität für die Entwicklung umwelttechnischen Fortschritts in all diesen Aspekten. Probleme der Auflagenpolitik. Die Auflagenpolitik bietet Anreize, durch End-ofpipe-Maßnahmen und durch integrierten umwelt- und produktionstechnischen Fortschritt die Einhaltung der individuellen Emissionshöchstgrenze möglichst kostengünstig zu realisieren;227 keine Anreize dagegen bestehen, dieses Ziel zu übertreffen, da den zusätzlichen Aufwendungen keine Erträge228 gegenüberstehen. Als besonders innovationshemmend erweist sich in diesem Zusammenhang die Bemessung der Auflagenschärfe nach dem “Stand der Technik”: eine Innovation läuft Gefahr, zur Verpflichtung zu werden, was den unerwünschten Effekt hat, daß technische Entwicklungen verzögert werden.229 Eine weitere Innovationsbremse stellt die Durchführungspraxis dar, die einen langen Betrieb von Altanlagen mit rückständigen Technologien zur Folge hat, weil nach deren Stillegung bei der Errichtung einer Neuanlage mit strengeren – und damit teureren – Auflagen zu rechnen ist.230 Vergleich von Abgaben und Zertifikaten. Bei der Abgabe und bei Zertifikaten machen Emissionssenkungen einzelwirtschaftliche Gewinnsteigerungen möglich. Bei Zertifikaten führt allgemeiner umwelttechnischer Fortschritt zu einer Senkung der gesamtwirtschaftlichen Grenzvermeidungskosten; bei gegebenem Umweltziel gehen die Kurse zurück, und die geringeren Opportunitätskosten reduzieren die

226 Vgl. etwa Jaeger (1993), S.335 227 Vgl. Endres (1994a), S.131 228 Erträge entstehen im Zertifikatemodell durch freiwerdende Lizenzen, die veräußert werden können; bei der Abgabe werden Kosten durch geringere Abgabenzahlungen eingespart. 229 Bonus (1984a, S.109) konstatiert, daß Entwicklung und Einsatz innovativer Technologien wirtschaftlich bestraft werden. Folge ist das vielzitierte “Schweigekartell der Oberingenieure”: “Kräfte des Marktsystems (werden) [...] in kontraproduktive Bahnen gelenkt” (Endres (1994a), S.132). 230 Eine Nachrüstung neuer Technologien in Altanlagen ist nur schwer durchsetzbar, und es ist kaum möglich, sie breit zu implementieren (vgl. Endres (1994a), S.134-135).

46


Anreizwirkung.231 Von einem konstanten Abgabensatz geht hingegen eine unverminderte Anreizwirkung aus. Diese Aussage ist jedoch zu relativieren: der Vergleich bezieht sich jetzt nicht mehr auf dasselbe Qualitätsziel, denn ein konstanter Abgabensatz führt bei gesunkenen Grenzvermeidungskosten zu einem erhöhten Vermeidungsniveau, ceteris paribus sinkt die Umweltnutzung, während bei Zertifikaten das Mengenziel konstant bleibt. Würde die Behörde das Emissionsziel entsprechend reduzieren, beispielsweise über eine Abwertung232 der Zertifikate, würde dem Verfall des Kursniveaus und somit nachlassenden Anreizen entgegengewirkt; der Unterschied bestände lediglich in dem notwendigen behördlichen Eingriff.233 Die oben gemachten Aussagen gelten aber nur für den Fall, daß sich die gesamtwirtschaftlichen Grenzvermeidungskosten verringern. Hat das verringerte Emissionsvolumen eines kleinen, innovativen Emittenten keinen merklichen Einfluß auf gesamtwirtschaftliche Daten, löst die Innovation keinen Preisverfall aus; er kann freiwerdende Zertifikate zum alten oder zum nur marginal geringeren Preis veräußern.234 Die Anreizwirkungen wären dann, gemessen an denen einer Abgabe, gleich. Nur große Emittenten lösen eine Preiswirkung aus, eine Konstellation, die tendenziell in kleinen Regionen mit einer geringen Zahl von Marktteilnehmern gegeben ist.235 Im Ergebnis sind die Innovationsanreize von Zertifikaten und Abgaben als gleich zu betrachten, Unterschiede ergeben sich nur im Einzelfall.236 Beide Instrumente sind in ihren Anreizwirkungen der Auflage überlegen. 231 Vgl. Endres (1994a), S.136 232 Um bei einer Anknüpfung von Abwertungen an den technischen Fortschritt nicht eine Politik des “Standes der Technik” mit ihren Nachteilen zu betreiben, wäre eine Anknüpfung der Abwertungssätze an einen ökologischen Rahmenplan mit periodisch verschärften Immissionsnormen denkbar; dies würde auch zusätzliche umwelttechnische Forschung induzieren (vgl. Kemper (1989), S.167 Fn.1; ähnlich auch Endres (1994a), S.137-138). 233 Dies kann als administrativer Vorteil der Abgabenlösung gewertet werden. 234 Vgl. Kemper (1989), S.170 235 Vgl. Kemper (1989), S.181 236 A.A. ist Walter (1987, S.200-202), der die Innovationshemmnisse eines sinkenden Zertifikatepreises be-

47


Politische Durchsetzbarkeit “Das treffsicherste und effizienteste Instrumentarium des Umweltschutzes nützt der Umwelt nichts, wenn seine Anwendung politisch nicht durchsetzbar ist”.237 In diesem Lichte ist zu betrachten, wie die Interessen der politischen Entscheidungsträger, der Bevölkerung, der Emittenten und der Administration von der Einführung eines Zertifikatesystems berührt werden.238 Gegen Zertifikate bestehen in der Bevölkerung und bei Ökologen Bedenken, da das Instrument an eine “Vermarktung der Umwelt” denken läßt, weil Ökologie und Ökonomie sichtbar miteinander verknüpft werden. Angebot und Nachfrage – so der Schluß – entscheide über die Umweltgüte.239 Hier handelt es sich jedoch um ein Mißverständnis aufgrund emotionaler Vorbehalte, da ja gerade der Qualitätstandard politisch vorgegeben ist.240 Ebenso ist das Argument, die Verwirklichung des “Standes der Technik” an jeder einzelnen Anlage sei ökologisch wirkungsvoller als die Setzung eines Rahmens, von einer “praxisfernen Überinterpretation des Begriffes”241 geprägt. Für die Akzeptanz in diesen Gruppen ist im Ergebnis entscheidend, durch Information zu verdeutlichen, daß sich durch Zertifikate als kosteneffiziente Lösung anspruchsvollere umweltpolitische Ziele leichter und sicherer verwirklichen lassen.242 In Verbindung mit den bestehenden Vorbehalten gegen die Glaubwürdigkeit von Behörden und politischen Instanzen

tont und gegen das Argument der dann nicht mehr gegebenen Zielgleichheit auf die prinzipielle Unsicherheit des Emissionszieles hinweist. Zudem könne sich ein Emittent auf eine konstante Abgabe durch langfristige Technologiewahl einstellen, während die Mengenkontigentierung zur vorschnellen, dann aber bindenden technischen Lösung zwinge, die im Falle späterer Lizenzpreisschwankungen einzelwirtschaftlich suboptimal werde. 237 Endres (1985), S.99 238 Es werden wesentliche Tendenzaussagen zu den betroffenen Gruppen dargestellt; auch innerhalb dieser Gruppen ist von unterschiedlichen Interessenlagen und Betroffenheiten auszugehen, was hier nicht näher betrachtet wird (vgl. hierzu ausführlich Kabelitz (1984), S.388-405). 239 Zu dieser Position vgl. z.B. Rubik (1985), S.15-16; Malunat (1984), S.1. 240 Vgl. Jaeger (1993), S.354; unter der Auflagenpolitik erhält jeder Emittent das Recht auf Umweltnutzung sogar kostenlos. 241 Endres (1994a), S.166 242 Daß informationspolitisch erfolgreich gearbeitet wird, belegt die zunehmende Zahl von Veröffentlichungen, auch in der Tages- und Publikumspresse.

48


im umweltpolitischen Dialog dürfte sich daher eine grundsätzlich positive Haltung einstellen.243 Die Gruppe der Emittenten wird sich bei ihrer Meinungsfindung daran orientieren, welche Kosten ein Instrument verursacht, wie es sich also auf die Wettbewerbsfähigkeit auswirkt. Eine wesentliche Voraussetzung für die Akzeptanz ist daneben der Grad der Planungssicherheit und die Verläßlichkeit der beschlossenen Maßnahmen, da die Umweltschutzinvestitionen hohe Kosten verursachen und schwer revidierbar sind.244 Für eine positive Einstellung spricht, daß die Unternehmen durch eine Zertifikatelösung nicht in ihrer Entscheidungsautonomie eingeschränkt sind;245 daneben entfällt eine Vielzahl rechtlicher und technischer Normen, und das Genehmigungsverfahren wird inhaltlich und zeitlich gekürzt.246 Gleichzeitig werden durch Zertifikat- und Kompensationskonzepte Effizienzgewinne realisiert, die die Kosten einer Verschärfung ökologischer Anforderungen (über-) kompensieren können.247 Negativ können sich die anfallenden Umstell- und Transaktionskosten auswirken, sowie mit dem Instrument verbundene Unsicherheiten, beispielsweise über die Kursentwicklung.248 Politische Entscheidungsträger werden Instrumente präferieren, die zu schnellen und zurechenbaren Erfolgen führen und die ihre Wähler möglichst nicht negativ treffen. Für eine positive Einstellung zu Zertifikaten spricht, daß sich Politiker aufgrund der Kosteneffizienz einem gemilderten Zielkonflikt zwischen Umweltschutz und wirtschaftlicher Prosperität gegenübersehen.249 Umgekehrt kann eine ablehnende Haltung in den Verteilungswirkungen, dem Erfordernis klarer, 243 Vgl. Kabelitz (1984), S.401-402 244 Vgl. Kemper (1989), S.99. Der ökologische Rahmen und die Abwertungssätze müssen demzufolge rechtzeitig bekanntgegeben werden. 245 Vgl. Buck (1983), S.270 246 Vgl. Kabelitz (1984), S.395 247 Es muß aber davon ausgegangen werden, daß das Instrument der Zertifikate bei den Emittenten wohl nur dann eine Durchsetzungschance hat, wenn es an bestehende organisatorische Strukturen, umweltrechtliche Regelungen und Besitzstände anknüpft (vgl. Buck (1983), S.267; vgl. auch oben. 248 Vgl. Kabelitz (1984), S.396 249 Vgl. etwa Endres (1985), S.107

49


quantitativer Zielaussagen und den nicht kurzfristig erkennbaren Erfolgen – den Wirkungen im Immissionsschutz – begründet liegen.250 In der Administration werden Instrumente bevorzugt, die leicht handhabbar und konfliktarm sind, die zu schnellen Erfolgen führen und bei denen sich die Kompetenzen nicht verringern. Zertifikate erfüllen grundsätzlich die beiden ersten Anforderungen; da sie jedoch die Allokationsaufgaben weg von der Administration auf den Markt verlagern – was Kompetenz-, Image- und Machtverluste mit sich bringt – und zudem die Zurechenbarkeit der Erfolge auf die Bürokratie gemindert ist, ist tendenziell mit einer Ablehnung zu rechnen.251 Mögliche Wettbewerbsbeeinträchtigungen und Gegenstrategien Gegen das Instrument der Zertifikate werden wettbewerbspolitische Bedenken vorgebracht: es besteht eine Ungleichbehandlung zwischen Alt- und Neuemittenten bei der Freivergabelösung, und es sind Mißbrauchsmöglichkeiten der Zertifikate für strategische Zwecke auf Güter- und Faktormärkten und für Spekulationen gegeben. Altanlagenbesitzer erhalten durch die Zuweisung der Emissionsrechte einen Vermögensvorteil252 gegenüber Betreibern von Neuanlagen, weil sie Lizenzen kostenlos erhalten, während ein Neuemittent sie erwerben muß. Doch schon im Lichte der praktizierten Auflagenpolitik relativiert sich dieser Nachteil für die Neuemittenten, da in Belastungsgebieten gar keine neuen Quellen genehmigt werden – ein erheblicher Wettbewerbsnachteil, der zudem eine unerwünschte Strukturkonservierung mit sich bringt. An dieser Stelle ist also abzuwägen “welche

250 Vgl. etwa Kabelitz (1984), S. 403-404; zudem arbeitet das Instrument nach seiner Implementation relativ autonom, was die Zurechenbarkeit ökologischer Erfolge erschwert. Hingegen werden Mißerfolge bei der Zielerreichung deutlich dokumentiert. 251 Vgl. Kemper (1989), S.223; so auch Kabelitz (1984), S.390-391 252 Bei einer unbefristeten Gültigkeit wird den Altemittenten sogar ein über die bestehende Genehmigung hinausgehender Vermögensvorteil zugewendet, wenn die Rechte auch noch nach der Stillegung gelten.

50


Ungerechtigkeit schwerer wiegt”253. Ein “ökonomischer Sinn” der Ungleichbehandlung kann darin gesehen werden, daß Altemittenten über den Zertifikateverkauf die wirtschaftlichen Belastungen der unterbliebenen, im Zuge der neuen Politik notwendig gewordenen Altanlagensanierung mildern können.254 Für eine Übergangszeit wäre das Problem auch durch das Halten einer Zertifikatereserve durch die Umweltbehörde lösbar, welche an neu hinzuziehende Firmen gratis vergeben wird.255 Da die Zertifikate im Falle der Versteigerung nach der Zahlungsfähigkeit vergeben werden, besteht die Gefahr der Monopolisierung. Starke Unternehmen – so eine Befürchtung – könnten über den Aufkauf der Zertifikate Wettbewerber aus den Endproduktmärkten drängen.256 Dieser Fall scheint zwar theoretisch denkbar, doch ist entgegenzuhalten, daß durchaus erfolgversprechendere Strategien des Verdrängungswettbewerbs existieren.257 Denn verfolgte ein Unternehmen diese Strategie, müßte es auf dem Zertifikatemarkt auch die Firmen anderer Branchen überbieten; daneben wäre es erforderlich, auch in den anderen Regionen Zertifikate zu erwerben, in denen die Gütermarkt-Wettbewerber angesiedelt sind – ein wohl ineffizientes Vorgehen.258 Die aggressive Zertifikatenachfrage eines Unternehmens könnte auch dem Zweck dienen, sich Vorteile auf den regionalen Faktormärkten, vor allem auf dem Arbeitsmarkt, zu verschaffen.259 Durch Aufkauf der Emissionsrechte zwinge die marktmächtige Firma dann andere in der Region ansässige zur Produktionsdrosselung oder zum Marktausscheiden und gestalte auf diesem Wege das Faktorangebot

253 Kemper (1985), S.258 254 Vgl. Binswanger (1981), S.91 255 Vgl. Tietenberg (1980a), S.487 256 Vgl. Siebert (1976), S.78; Siebert (1981), S.46 257 Vgl. Bonus (1981a), S.70 258 Vgl. Bonus (1981b), S.149-150; eine denkbare, aber “exotische” Konstellation für den Erfolg dieser Strategie läge vor, wenn in der Region ein großes und mehrere Kleinunternehmen existieren, welche alle den gleichen Absatzmarkt haben (vgl. Bonus (1981a), S.70). 259 Vgl. Siebert (1976), S.78; Siebert (1981), S.45

51


für sich günstiger. Gleichzeitig seien Neuansiedler oder expandierende Firmen auf das Zertifikateangebot eines Monopolisten angewiesen, der den Marktzutritt kontrolliert. Die Umweltpolitik schaffe so “einen Hebel, mit dem der Wettbewerb [...] beseitigt und der Konzentrationsprozeß begünstigt wird”260. Dieser Auffassung widerspricht, daß auch diese Strategie in den Bereich hoher Grenzvermeidungskosten bei den anderen Nachfragern führt; daher wird das Bestreben, andere Firmen zu überbieten, entsprechend teuer, was eine Überkompensation durch gesunkene Faktorpreise fraglich werden läßt.261 Kartellartige Zusammenschlüsse der Emittenten könnten die Zertifikatepreise im Versteigerungsfalle auf künstlich niedrigem Niveau halten. Solche Vorteile sind jedoch nicht von Dauer, weil neben den Absprachen auch ein Verteilungsschlüssel zwischen den Kartellmitgliedern verhandelt werden müßte, der aber langfristig nicht effizient sein kann.262 Als Folge niedriger Zertifikatekurse wird wiederum die Region als Standort attraktiv, was die Aufrechterhaltung des Kartells erschwert, da neue Emittenten integriert werden müßten.263 Der Aufkauf von Zertifikaten durch Spekulanten könnte “Erpressertaktiken” heraufbeschwören, indem anderen Unternehmen, die nicht die nötige Zertifikatemenge ersteigern konnten, dringend benötigte Zertifikate zu überhöhten Preisen verkauft werden.264 Aber auch ein Gelingen dieser Strategie erscheint unwahrscheinlich, weil der Spekulant schon beim Erwerb die anderen Emittenten

260 Siebert (1981), S.45 261 Ebensogut könne ein Großunternehmen andere knappe regionale Produktionsfaktoren wie z.B. Grundstücke aufkaufen (vgl. Bonus 1981a, S.70). Auf dem Arbeitsmarkt ist zudem nicht von einer hinreichenden Flexibilität des Lohnniveaus auszugehen, gleichzeitig muß auch mit einer gewissen Mobilität des Faktors Arbeit gerechnet werden (vgl. Kemper (1989), S.157). Endres (1994a, S.148) schätzt folglich die Bedeutung dieses Arguments insgesamt als eher gering ein. 262 Vgl. Bonus (1981c), S.115 263 Ökologisch hätte die Kartellbildung durch die als Funktionsbedingung gebotene Zurückhaltung bei der Nachfrage keine Konsequenzen (vgl. Bonus (1981a), S.71). 264 Vgl. Bonus (1981b), S.151

52


überbieten müßte und nicht ersichtlich ist, warum diese kurz darauf zu einem noch höheren Preis Zertifikate nachfragen sollten.265 Insgesamt scheinen die Mißbrauchsmöglichkeiten zur Beeinflussung des Wettbewerbs durch Zertifikate “denkbar, wenn auch nicht sehr wahrscheinlich”266. Darüber hinaus stehen verschiedene Gegenstrategien zur Verhinderung von Marktmacht zur Verfügung. Die Freivergabe löst die durch mögliche Aufkäufe bei der Versteigerung entstehenden Probleme; es bleiben dann nur die Möglichkeiten, daß Altemittenten in einem kartellartigen Zusammenschluß den Zuzug von Neuansiedlern verhindern oder daß ein Unternehmen mit überdurchschnittlichen Reduktionsmöglichkeiten Marktmacht als Zertifikateanbieter entwickelt. Solche Strategien sehen sich jedoch mit konkurrenzwirtschaftlichem Verhalten konfrontiert: regionale Altemittentenkartelle können nicht den Zugang in andere Regionen beeinflussen, und beim Vorhandensein weiterer regionaler Kartelle besteht die dämpfende “Konkurrenz der Erpresser”267. Ein einzelner, die Preise hochmanipulierender Anbieter läuft Gefahr, daß andere Emittenten durch erhöhte Reduktionsleistungen auch auf die Anbieterseite wechseln, was dem Preisauftrieb entgegenwirkt.268 Als ergänzende Gegenstrategie kommt auch hier die Haltung eines Reservebestands an Zertifikaten durch die Umweltbehörde in Betracht, der an Neuansiedler vergeben werden kann. Einer unabhängigen Umweltbank269 könnte die Aufgabe übertragen werden, im Falle von Spekulation oder bei monopolistischen Strukturen zu intervenieren, indem sie beim Erreichen einer Interventionsgrenze das Angebot kurzfristig und

265 Vgl. Endres (1994a), S.147 266 Bonus (1981b), S.150 267 Endres (1994a), S.149 268 Vgl. Endres (1994a), S.149 269 Eine Umweltbank müßte, ähnlich wie die Bundesbank, unabhängig von polit-bürokratischen Interessen sein, und bestimmte Verhaltensanforderungen müßten durch gesetzliche Verpflichtung festgelegt sein (vgl. Bonus (1981a), S.79).

53


temporär erhöht und so den Kurs korrigierend beeinflußt.270 Ein solches flexibles Verhalten macht schnell deutlich, daß die Kosten wettbewerbsbehindernder Praktiken den Nutzen übersteigen.271 Alternativ oder ergänzend könnten staatliche Wettbewerbshüter beauftragt sein zu überwachen, ob strategische oder berechtigte Käufe vorliegen und so dem Entstehen von Marktmacht vorbeugen; ebenso könnte der Zertifikateerwerb für Nichtbetroffene und für regional nicht ansässige Firmen unattraktiv gemacht oder untersagt werden.272 Den Nachteilen reiner Strategien kann auch durch gemischte Strategien entgegengewirkt werden. Wird die Zertifikatelösung mit Elementen der Abgabenlösung kombiniert, könnten spekulative Mißbräuche und monopolistische Praktiken verhindert werden, indem nicht befriedigten Zertifikatekäufern das Entrichten einer Abgabe ermöglicht wird, falls das Marktangebot nicht ausreicht. Der Abgabensatz wäre unter dieser Bedingung als “Höchstkurs” zu verstehen, der den spekulativen Aufkauf von Zertifkaten unwirksam werden läßt.273 Eine Kombination mit Auflagen kann beispielsweise in der Form stattfinden, daß optional ein Zertifikat erworben oder die Auflage erfüllt werden muß.274 Im Ergebnis kann festgestellt werden, daß die Gegenstrategien geeignet sind, die genannten Nachteile wirkungsvoll zu bekämpfen.275

270 Vgl. ausführlich Bonus (1981a), S.73 271 Vgl. Jaeger (1993), S.358 272 Vgl. Kemper (1989), S.158. Bei Bartmann/Föller (1992, S.101) und Endres (1994a, S.151) ist einschränkend angemerkt, daß die Unterscheidung strategischer und berechtigter Käufe nicht einfach ist, bspw. beim Zertifikaterwerb zum Zwecke der Vorratshaltung der Emittenten für Unwägbarkeiten (z.B. des Produktionsniveaus); die Folge sind zusätzliche Unsicherheiten. 273 Vgl. Bonus (1981b), S.153-154 274 Vgl. Endres (1994a), S.151; in beiden Fällen ist die Einhaltung des ökologischen Ziels jedoch nicht mehr gewährleistet. 275 Vgl. Bonus (1981c), S.120; a.A. Gawel (1991, S.45-46), der die Auffassung vertritt, daß dem Marktmachtproblem durch die Gegenstrategien nicht adäquat begegnet werden kann.

54


Wirkungen auf die Wirtschaftsstruktur und die internationale Wettbewerbsfähigkeit Dadurch, daß die Umweltnutzung einen Preis erhält, werden einige Unternehmen und Verbraucher zusätzlich belastet, andere werden begünstigt. Bestimmte Produktionen und Produkte verteuern sich, andere Produkte werden mehr nachgefragt; es bildet sich eine neue Kosten- und Preisstruktur, in der die Knappheitsfolgen besser zum Ausdruck kommen.276 Die Entwicklung tritt allmählich ein, besonders wenn zur Einführung des Zertifikatesystems ein Freivergabeverfahren angewendet wird, das an den Ist-Emissionen anknüpft; erst die Sekundärverteilung bevorzugt dann Umweltsparer gegenüber Umweltsündern.277 Zertifikate ermöglichen und induzieren den Strukturwandel, der sich unter einer Auflagenpolitik regelmäßig nur schwer vollziehen kann. Gerade in Regionen mit ausgeschöpfter Emissionskapazität (in denen Genehmigungen für neue Anlagen nicht erteilt werden) können bestehende Firmen expandieren und neue zuziehen, indem sie Zertifikate von ansässigen Emittenten erwerben. Gleichzeitig wird ein Prozeß der Auslese stark umweltbelastender Anlagen gefördert, weil diese tendenziell unrentabel werden. Langfristig bedeutet das auch, das übermäßige Umweltnutzer, denen eine Anpassung nicht gelingt, aus dem Markt ausscheiden werden, und daß weniger umweltbelastende Produkte die umweltintensiven substituieren.278 Im Ergebnis werden die durch fehlende Knappheitspreise für Umweltnutzunnsationsmodelle gemacht.279

276 Vgl. Bonus (1981b), S.159 277 Vgl. Jaeger (1993), S.363 278 Die strukturellen Verschiebungen sind auf die unterschiedlichen Kostenbelastungen durch Umweltschutzmaßnahmen zurückzuführen. 279 In den USA praktiziert wird das “Fox-River-Modell”; in der Diskussion befindet sich das “LakeMichigan-Modell” (vgl. hierzu Hahn (1989), S.97f.; Kemper (1989), S.310ff.); Studien bzw. Modellvorschläge für die deutsche Gewässergütepolitik stammen z.B. von Gawel/van Mark (1993), van Mark/Gawel/Ewringmann (1992) und Kemper (1989, S.267ff.).

55


Pragmatische Zertifikatevarianten Überwiegend in der amerikanischen Umweltpolitik, aber auch der deutschen, wurden Elemente des Zertifikategedankens in pragmatischen Varianten umgesetzt. Dazu zählen die Kompensationsregelung zur Altanlagensanierung, die im deutschen Bundes-Immissionsschutzgesetz280 und der es konkretisierenden TA Luft281 verankert ist, sowie das “Emissions Trading Program” und das “Acid Rain Program” der US-amerikanischen Luftreinhaltepolitik. Flexibilisierungen der deutschen Luftreinhaltepolitik: die Kompensationsregelung nach Nr. 4.2.10 TA Luft Das Kompensationsprinzip ist seit den Novellen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes von 1985 und 1990 in § 7 Abs. 3 BImSchG enthalten. Diese grundlegende Regelung hat eine Konkretisierung in Nr. 4.2.10 TA Luft erfahren, dem Programm zur Altanlagensanierung im Vorsorgebereich.282 Rechtliche Ausgestaltung Zielsetzung der Regelung war, bis zum 1. März 1994 eine Einhaltung der verschärften Grenzwerte der TA Luft durch Altanlagen zu erreichen. Nach Nr. 4.2.10 TA Luft sollte die Behörde unter verschiedenen Voraussetzungen vom Erlaß nachträglicher Anordnungen absehen – für eine Übergangsfrist konnten mehrere Betreiber von Anlagen die Vorsorgeanforderungen auch gemeinsam erfüllen, in-

280 I.d.F. v. 14.5.90, BGBl. I, S.880; zuletzt geändert d. Gesetz v. 27.6.1994, BGBl. I, S.1440 281 Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft. 1. Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum BundesImmissionsschutzgesetz vom 27. Februar 1986. 282 Aus historischer Sicht waren Kompensationen in der Bundesrepublik zunächst ein Mittel zur Einhaltung der Immissionsgrenzwerte in Belastungsgebieten, bzw. ein Instrument, um Neuansiedlungen oder Umstrukturierungen bei deren Überschreitung zu ermöglichen. Später hat sich das Konzept zu einer Emissionsbetrachtung im Vorsorgebereich gewandelt. Die ursprüngliche Sicht ist heute wieder in § 67a BImSchG zu finden, der die ökologische Modernisierung der Industrie in den neuen Bundesländern ermöglichen soll (vgl. Rehbinder (1994), S.28-29).

56


dem Überschußvermeidungen den anderen am Kompensationsarrangement Beteiligten angerechnet werden. Die wichtigsten Bedingungen für die Kompensationsmöglichkeit waren:283 • die zeitliche Beschränkung auf acht Jahre (spätestens bis Anfang 1994 mußte die passiv beteiligte Anlage nachrüsten); • die Beschränkung auf gleiche oder wirkungsgleiche Stoffe (bei unterschiedlicher Intensität der Beeinträchtigungen mußten Stoffe mit höherem Schädigungspotential überobligatorisch reduziert werden); • die Beschränkung auf Altanlagen (eine Kompensation mit Neuanlagen, unechten Altanlagen284 oder zwischen Neuanlagen war ausgeschlossen); • die sachliche Beschränkung auf Emissionsreduktionen durch technische Änderungen (nicht anrechenbar waren Reduktionen aus dem Einsatz anderer Brennstoffe, aus verringerter Anlagenauslastung oder aus Stillegungen); • die Beschränkung auf räumlich benachbarte Anlagen (die Anlagen mußten eine Beurteilungsfläche gemeinsam haben bzw. die Beurteilungsgebiete sich auf mindestens einem Quadratkilometer überschneiden); • eine Überkompensation auf der Emissionsseite (daraus abgeleitet wurde eine Immissionsneutralität bzw. im Bundesland Nordrhein-Westfalen im Regelfall eine Verminderung der Immissionsbeiträge). Mit der Dritten Novelle zum BImSchG von 1990 wurden die räumlichen und zeitlichen Begrenzungen gelokert, und es sind nunmehr auch in ihrer Wirkung gleichartige Stoffe285 für eine Kompensation zulässig.286 Diese Änderungen wurden

283 284 285 286

Vgl. Rehbinder (1994), S.53-54 Unter diesen Begriff fallen bereits genehmigte, aber noch nicht betriebsbereite Neuanlagen. § 7 Abs. 3 BImSchG Vgl. Rehbinder (1994), S.55. Zudem machte eine regelungstechnische Neuerung auch bei Fehlen einer Verwaltungsvorschrift eine Kompensation im Einzelfall zulässig (§ 17 Abs. 3a BImSchG).

57


in der TA Luft jedoch nicht konkretisiert und sind daher für das Altanlagensanierungsprogramm zunächst folgenlos.287 Analyse der Kompensationsregelung Theoretische Einordnung Kompensationsregelungen wurden als mischinstrumenteller Ansatz qualifiziert, der sich zwischen ordnungsrechtlichem und marktwirtschaftlichem Instrumentarium bewegt.288 Die oben skizzierte Lösung hat eine “denkbar große Nähe zum ordnungsrechtlichen Pol”289. Dies hat zwei Gründe: erstens sind durch das Recht lediglich detaillierte Anforderungen definiert, ohne daß Verfahren zur Erleichterung des Zustandekommens290 einer Kompensation vorgesehen wären; die Folge sind hohe Informations- und Transaktionskosten291 auf Seiten der Emittenten. Zweitens ist das Potential in Frage kommender Kompensationspartner durch die restriktive Ausgestaltung erheblich beschränkt, wodurch sich der Bereich marktlicher Lenkung extrem verengt.292 Insofern ist Nr. 4.2.10 TA Luft als enge Kompensationslösung mit begrenztem Flexibilisierungsanspruch anzusehen.293 Wirkungsdefizite der Kompensationsregelung Da von der Kompensationsregelung der TA Luft eine Erweiterung der marktlichen Allokation und des einzelwirtschaftlichen Entscheidungsspielraums zur Erfüllung

287 288 289 290

Vgl. Ewringmann/Gawel (1994), S.43 Vgl. oben Gp. III.B.3. Ewringmann/Gawel (1994), S.46 Solche Transaktionserleichterungen wären beispielsweise die Institutionalisierung des Informationsaustauschs oder des Handels. 291 Zu den Kosten der Emissionsvermeidung kommen unter anderem Aufwendungen für die Suche möglicher Partner, für Messungen und die Aufstellung eines Sanierungsplans, für Investitionsrechnungen sowie die Kosten für Verhandlungen (vgl. Ewringmann/Gawel (1994), S.46-47). 292 Vgl. Ewringmann/Gawel (1994), S.47 293 Vor allem die Befristung verdeutlicht den Charakter der Regelung: aus Sicht des Gesetzgebers stand mehr die “umweltneutrale” Streckung des Vollzugs von Emissionsminderungsmaßnahmen im Vordergrund (vgl. Hansmeyer/Schneider (1990), S.59).

58


verschärfter Auflagen erwartet wurde,294 richten sich die Stellungnahmen in der ökonomischen Literatur vor allem gegen die starken Beschränkungen, aufgrund derer die mögliche Kosteneinsparung des theoretischen Konzepts nicht annähernd zu erzielen ist.295 Verbunden damit sind Forderungen nach einer Ausweitung der Kompensationsmöglichkeiten. Im einzelnen sind im Schrifttum die folgenden Kritikpunkte genannt: Damit die Behörde angehalten war, den Sanierungsplan zu akzeptieren, war er innerhalb eines Jahres einzureichen; diese Frist war für eine neuartige Regelung zu kurz.296 Die zweite zeitliche Restriktion – die Ausgestaltung als Übergangsregelung mit einer Befristung auf acht Jahre, nach deren Ablauf alle Anlagen nachgerüstet sein mußten – beschränkt die Kostenvorteile auf Zins- und Betriebskosten. Nach Ablauf der Frist sind für die aktiv beteiligte Quelle keine Ausgleichszahlungen mehr zu erwarten, gleichzeitig kann sie nicht darauf hoffen, ihre Überschußanstrengungen wieder zurücknehmen297 zu dürfen; entsprechend gering sind die Anreizwirkungen, Kompensationsverträge anzustreben.298 Eine mangelnde Harmonisierung mit der bestehenden Auflagenpolitik erschwert die Kompensationen zusätzlich; aufgrund der Definition von Konzentrationswerten statt Emissionsfrachten in der Auflage gestaltet sich die Formulierung überschüssiger Emissionsvermeidungen prinzipiell schwierig.299 Darüber hinaus verursachte die Beschränkung auf gleiche oder wirkungsgleiche Stoffe erhebliche Unsicherheiten der Betreiber wegen bestehender behördlicher Ermessensspielräume. Besonders problematisch ist der Fall des verbundenen Ausstoßes bzw. der ver-

294 Vgl. John (1990), S.152 295 Zu den rechtlichen Problemen einer Liberalisierung der Kompensationsregelungen vgl. Rehbinder (1994), S.66ff. 296 Vgl. Endres (1987), S.11. Nach Ablauf eines Jahres galt lediglich, daß die Sanierungspläne von der Behörde angenommen werden können – diese Unsicherheit war (weil erhebliche Anstrengungen der Betreiber erforderlich waren) entmutigend. 297 Dies ist oftmals auch weder technisch noch ökonomisch sinnvoll. 298 Vgl. Endres (1987), S.11; ähnlich auch Hansmeyer/Schneider (1990), S.59 299 Vgl. Endres (1989), S.283

59


bundenen Vermeidung verschiedener Emissionen: stößt die passiv beteiligte Anlage nur eine Teilmenge der Schadstoffe aus, welche die Anlage emittiert, die die Reduktionsleistung erbringt, so muß die zusätzliche Reduktion mitbezahlt werden. Dadurch sinkt die Wirtschaftlichkeit und Wahrscheinlichkeit des Kompensationsgeschäfts. Sind die Schadstoffbedingungen umgekehrt, ist die Voraussetzung der Schadstoffgleichheit verletzt – ein der Umwelt (durch die zu erbringende Überkompensation) dienendes Geschäft kommt nicht zustande. Eine Emissionsguthabenregelung und die Einrichtung einer Umweltbank, auf der fehlende Emissionsreduktionen gekauft und überschüssige deponiert werden können, könnte die Anwendbarkeit ohne Gefährdung der ökologischen Ziele erhöhen – im Ergebnis würden sich sowohl ökonomische als auch ökologische Vorteile ergeben.300 Wenn neue Anlagen von der Möglichkeit ausgeschlossen sind, tauschbare Emissionsrechte zu schaffen, richtet sich die Anreizwirkung nur auf Maßnahmen, die mit Altanlagen kompatibel sind, also vornehmlich additive Technologien. Die Schaffung integrierter Lösungen, die Schadstoffe nur in vermindertem Maße entstehen lassen, würde nur durch die Einbeziehung neuer Anlagen in die Kompensation erreicht, für die die Entwicklung solcher Prozesse noch möglich ist, und wo ein derartiger Anreiz das Innovationspotential aktiviert.301 Gleiches gilt für die Beschränkung auf technische Vermeidungsmaßnahmen; der Vorteil einer Ausdehnung der Anreizwirkungen auf alle vorhandenen Möglichkeiten der Schadstoffvermeidung wird nicht genutzt.302 Gleichzeitig läßt die Anforderung,

300 Vgl. Endres (1987), S.10-11 301 Vgl. Huckestein (1989), S.16. Eine ökonomische Begründung für die Begrenzung auf Altemittenten läßt sich auch hier nicht ausmachen und ist auch aus umweltpolitischer Sicht im Vorsorgebereich nicht zwingend (vgl. Hansmeyer/Schneider (1990), S.59). 302 Vgl. Endres (1989), S.283. Stillegungen als Hauptquellen für Emissionsreduktionen wurden vom Gesetzgeber ausdrücklich ausgeschlossen, um einer Verwendung der Emissionen ohnehin bald stillzulegender Anlagen als Guthaben entgegenzuwirken (vgl. Rehbinder (1994), S.54). Die Einbeziehung von Stillegungen würde aber einen Anreiz zur Schließung veralteter Anlagen setzen und das Potential möglicher Kompensationspartner erheblich steigern. Insofern wird hier eine differenzierte Behandlung für sinnvoller erachtet: Stillegungen sollten einbezogen und mögliche Mitnahmeeffekte z.B. durch Abwertung nach Anlagenart und -alter ausgeschlossen werden (vgl. Hukestein (1989), S.17).

60


daß Altanlagen den hohen Neuanlagenstandard erreichen sollen, wenig Freiraum für die geforderten weitergehenden Verringerungen: dieser Anspruch ist zu hoch geschraubt, um Raum für flexible Lösungen zu bieten.303 Durch die räumliche Beschränkung kam im Einzelfall nur eine geringe Zahl recht nah beieinanderstehender Anlagen304 für Kompensationen in Frage.305 Umweltpolitisch sinnvolle Kompensationsmaßnahmen, die keine nachteiligen ökologischen Wirkungen verursacht hätten, konnten so nicht zustandekommen.306 Erfahrungen im Kannenbäcker Land307 Im Kannenbäcker Land wurde schon 1983 ein staatlich gefördertes Modellvorhaben gestartet, um die Anwendungsmöglichkeiten marktwirtschaftlicher Instrumente zu überprüfen. Das Gebiet war aufgrund der technischen, ökonomischen und emissionsseitigen Voraussetzungen vielversprechend für die Anwendung von Kompensationen. Die ansässigen keramikerzeugenden Betriebe308, die konzentriert beieinanderstehen309, emittieren beim Brennen den gleichen Schadstoff Fluor; emissionsseitige Homogenität ist also gegeben. Von diesen Anlagen hätten ohne die Kompensationsklausel rund 40% saniert werden müssen.310 Die vorhandene Anlagenstruktur ergab nahezu ideale Kompensationsvoraussetzungen: die wenigen Großemittenten verfügten über Economies-of-scale bei den Vermeidungsaufwendungen, technisch bedingt entstanden zwangsläufig Übererfüllungen der gesetzlich fixierten Reinigungsanforderungen, und diesem potentiellen Angebot standen als potentielle 303 304 305 306 307 308 309 310

Vgl. Wicke (1991), S.203 Je nach Schornsteinhöhe etwa bis zu 1 km Entfernung. Vgl. Endres (1989), S.282 Vgl. Huckestein (1989), S.17-18 Vgl. hierzu Ewringmann/Gawel (1994); vgl. auch John (1990), S.153-157 In der Region wurden 151 genehmigungsbedürftige Öfen betrieben. Die Gesamtfläche der Kompensationsregion beträgt ca. 7x8 km². Die übrigen Anlagen unterschritten die Grenzwerte bereits oder fielen unter die Bagatellgrenze (zum Problem des großen Anteils an Bagatellbetrieben, die auch im Einzelfall erheblich mehr emittieren als sanierungsbedürftige Anlagen vgl. Ewringmann/Gawel (1994), S.65-66).

61


Nachfrager Klein- und Kleinstbetriebe mit erheblich höheren Vermeidungskosten gegenüber. Trotz günstiger technisch-ökonomischer Bedingungen waren die Zulässigkeit und die Attraktivität von Kompensationen durch die Regelungen der Nr. 4.2.10 TA Luft sehr stark eingeschränkt. Auf der Angebotsseite reduzierte sich das Kompensationspotential durch die regionalen Beschränkungen. Für Kompensationsgeschäfte kamen nur Anlagen in Frage, deren Emissionsschwerpunkte nicht weiter als 1,5 km entfernt liegen – potentielle Anbieter mit großem Angebot schieden aus. Zudem konnten zahlreiche kleine Anlagen entweder aufgrund ihrer geringen Gesamtfracht kein nennenswertes Kompensationsangebot liefern, oder den Betreibern erschien das Risiko einer Investition in eine neue, noch unbekannte Reinigungstechnologie, verbunden mit für längere Zeit bindenden Kompensationsverträgen, zu hoch. Nicht zuletzt durch die zeitliche Befristung kamen nur Betriebe mit bereits bestehenden Reinigungsanlagen als Anbieter in Betracht. Die zeitliche Restriktion verringerte auch auf der Nachfrageseite die Attraktivität: aufwendige Investitionen konnten nicht verhindert, sondern lediglich verschoben werden.311 312 Im Ergebnis haben lediglich vier Anbieter mit 11 Nachfragern kooperiert; die ökonomischen Anreize für die Nachfrager beschränkten sich, da das Kapital für die erforderlichen Sanierungsmaßnahmen ohnehin nur kurze Zeit später gebunden war, auf Zins- und Liquiditätsgewinne sowie die eingesparten Betriebskosten der Reinigungstechnologie abzüglich der Kompensationsentgelte.

311 Der Aufschub betrug für Anlagen, die nach Nr. 4.2.2 TA Luft saniert werden mußten, 6 Jahre, für Anlagensanierungen nach Nr. 4.3.2 TA Luft lediglich 3 Jahre. Die später, in der Novelle des BImSchG von 1990 eingeräumte Möglichkeit einer Verlängerung der Kompensationsgeschäfte, wurde in zwei Fällen in Anspruch genommen. 312 Weitere potentielle Nachfrager machten von der Möglichkeit einer rechtsverbindlichen Stillegungserklärung bis zum 28.2.94 Gebrauch, andere schlossen aus wirtschaftlichen Gründen.

62


Zusammenfassende Beurteilung Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß die Möglichkeit marktwirtschaftlicher Spielräume in der Nr. 4.2.10 TA Luft zwar eingeräumt, jedoch faktisch so restriktiv ist, daß ihre Attraktivität gegenüber der Umsetzung von Auflagen schwindet – und haben sich die Emittenten erst den bestehenden Auflagen angepaßt, ist die Möglichkeit zur Realisierung des Effizienzgewinns nicht mehr gegeben. Aus diesem Grunde war das Programm von vorneherein zum Scheitern verurteilt.313 Die geringe praktische Akzeptanz belegt diese Einschätzung; nur durch intensive Beratung und Unterstützung im Rahmen von Forschungsvorhaben und Modellversuchen kamen Kompensationsmaßnahmen zustande, wie im Kannenbäckerland. Und auch die dort unter vergleichsweise idealen Bedingungen gemachten praktischen Erfahrungen sind ein Spiegel der Literaturkritik.314 Als Hauptursache für das Scheitern ist erstens das Hindernis einer durch räumliche Beschränkungen verursachten Marktausdünnung zu nennen, zweitens die enge zeitliche Befristung. Beide Gründe wurzeln in grundsätzlichen Unzulänglichkeiten des Altanlagensanierungsprogramms: der Immissionsschutz formuliert keine Ziele in Form von Emissionsminderungen oder Qualitätsverbesserungen, sondern betrachtet stattdessen die Einhaltung technisch erreichbarer Grenzwerte. Für die Emittenten bedeutete das: die bestehende Primärallokation wurde durch die neuen Grenzwerte der TA Luft geändert, und zum administrativen Vollzug gab es eine Reallokationsmöglichkeit für wenige Betreiber. Danach trat erneut ein starrer Zustand bis zur nächsten administrativen Änderung der bestehenden Verteilung ein – in der Konsequenz fehlt eine dynamische Komponente. Daraus resultiert der 313 Vgl. Endres (1994a), S.116. Zu dieser im ökonomischen Schrifttum vorherrschenden Einschätzung vgl. auch Bohne (1988), S.65-66 und Ewringmann/Gawel (1994), S.50. 314 Folgende empirische Befunde zum Altanlagensanierungsprogramm sind festzuhalten: Ende 1987, ein dreiviertel Jahr nach Ablauf der Frist, hat kein einziger Sanierungsplan vorgelegen (vgl. Wicke (1991), S.204). Von den insgesamt 15.000 nachzurüstenden Altanlagen blieben gerade 19, für die Kompensationen vorgesehen waren (vgl. John (1990), S.152). Tatsächlich stattgefunden haben Kompensationen im geringen Umfang in Niedersachsen sowie je einmal in Bayern und in Berlin; die wesentlichen Erfahrungen betreffen das Kannenbäck (vgl. Rehbinder (1994), S.63-64).

63


“Charakter des Einmaligen” der Kompensationsmöglichkeit, welcher vorrangiger Grund für die Verringerung der ökonomischen Anreize ist.315

315 Vgl. Ewringmann/Gawel (1994), S.108-109

64


Marktwirtschaftliche Konzepte in der US-amerikanischen Luftreinhaltepolitik Seit Mitte der 70er Jahre haben marktwirtschaftliche Elemente Eingang in die amerikanische Umweltpolitik erhalten, die mit der 1977er Novelle des Luftreinhaltegesetzes Clean Air Act (CAA) von 1970 zum Teil auch gesetzlich verankert wurden. Unter der Bezeichnung “Emissions Trading Program” ist der kontrollierte Emissionshandel zur bekanntesten Form praktischer Politikkonzepte geworden, in die Elemente der Zertifikateidee eingegangen sind. Mit der CAA-Novelle von 1991 trat als weitere Komponente das “Acid-Rain-Program” hinzu, ein Lizenzmodell zur Reduzierung von Schwefeldioxidemissionen.316 Das “Emissions Trading Program” Auch die amerikanische Luftreinhaltepolitik ist in ihrer Grundstruktur auf dem ordnungsrechtlichen Instrumentarium aufgebaut. Durch die unbefriedigenden Erfahrungen mit der Auflagenpolitik wurden ökonomische Anreizinstrumente schrittweise in diesen Rahmen integriert. Rahmenbedingungen: die Auflagen des Clean Air Act317 Der CAA legt für wichtige Luftschadstoffe318 sogenannte National Ambient Air Quality Standards (NAAQS) fest.319 Nach Maßgabe der Über- oder Unterschreitung der Immissionsnormen werden, nach einzelnen Schadstoffen differenziert, Belastungs- und Nichtbelastungsgebiete unterschieden. Für Belastungsgebiete sind von den Einzelstaaten Vollzugspläne (State Implementation Plan, SIP) aufzu-

316 Zu einer dritten Komponente, dem von 1982-1987 betriebenen Bleihandelsprogramm, vgl. Hahn (1989), S.101-103. 317 Vgl. hierzu Bohne (1987), S.15-22; Bonus (1984a), S.14-21; Tietenberg (1985), S.3-7 318 Die sog. “criteria pollutants” sind SO2, Schwebstäube, CO, NOx, VOC, O3 und Blei (vgl. Tietenberg (1985), S.2 Fn.6, S.4). 319 Daneben existieren für fünf gefährliche Schadstoffe (Asbest, Beryllium, Quecksilber, Vinylchlorid, Benzol) Emissionsnormen, sog. “National Emission Standards for Hazardous Pollutants” (NESHAP).

65


stellen, die die Einhaltung der Immissionsnormen innerhalb gesetzlicher Fristen sicherstellen. Die Linien machbaren Fortschritts (Reasonable Further Progress, RFP) geben hierfür Sollwerte an, die über verschärfte Auflagen zu realisieren sind. Für Nichtbelastungsgebiete sind die Zunahmen der Luftbelastung durch den Grundsatz der Verhinderung signifikanter Verschlechterungen (Prevention of Significant Deterioration, PSD) begrenzt; insgesamt drei Kategorien von Regionen unterliegen verschieden strengen Grenzen zulässiger Luftverschlechterung. Zur Absicherung dieser Standards existieren zusätzliche Vorschriften, die Emissionen an der einzelnen Quelle regulieren. Neue und wesentlich modifizierte Anlagen müssen bundesweit geltenden Technologieauflagen genügen (New Source Performance Standards, NSPS320); da diese auch unter Berücksichtigung von Kostengesichtspunkten gebildet werden, bilden sie eine Untergrenze der anzuwendenden technischen Normen. Hinzu treten gebietsabhängige, variable Technologievorschriften. In Belastungsgebieten wird von Neuanlagen die sehr stringente LAER (Lowest Achievable Emission Rate), in PSD-Gebieten die weniger scharfe BACT (Best Available Control Technology) verlangt.321 Bei Altanlagen ist die Einhaltung weniger strenger Standards erforderlich. Vorrangig in Belastungsgebieten ist Maßgabe für zulässige Emission die wirtschaftlich vertretbare Kontrolltechnologie (Reasonably Available Control Technology, RACT).322 Diese in stärkerem Maße Wirtschaftlichkeitsüberlegungen folgende, staatlich festgelegte Norm macht Emissionsreduktionen der bestehenden Anlagen erforderlich, wovon der weitaus größte Anteil der Gesamtemissionen betroffen ist. Die Hauptprobleme der reinen Auflagenpolitik in den USA waren ihre mangelnde Kosteneffizienz und der daraus resultierende Widerstand der Betroffenen, 320 NSPS bestehen für etwa 70 Kategorien neuer Emissionsquellen (vgl. Bohne (1987), S.18). 321 Problem beider Normen ist die mangelnde Vollzugseffizienz, sie werden nicht wirklich durchgesetzt (vgl. Bonus (1984a), S.18-19). Zudem verschwimmen in der Praxis die konzeptionellen Unterschiede, “LAER, BACT and NSPS requirements are pretty similar” (Bohne (1987), S.21). 322 Auch die Festsetzung des RACT-Standards unterliegt wirtschaftspolitischen Interessen einzelner Bundesstaaten und ist uneinheitlich.

66


verbunden mit einer Verschleppung des Tempos zur Erreichung ökologischer Ziele. Darüber hinaus verhinderte die eingetretene Strukturstarrheit wirtschaftliches Wachstum in Belastungsgebieten, und Verursacher wurden nicht zu umwelttechnischen Innovationen ermutigt.323 Um dem Auflagenrahmen die zur Erreichung ökologischer Ziele notwendige Flexibilität zu verleihen, wurden marktwirtschaftliche Elemente in die amerikanische Luftreinhaltepolitik eingeführt. Komponenten des Emissions Trading324 Das Programm basiert auf vier einzelnen Politikvarianten, verbunden durch ein gemeinsames Element, den “Emission Reduction Credit” (ERC), der als Recheneinheit fungiert. Die einzelnen Spielarten des Emissions Trading sind die Offset-, Bubble- und Netting Policy und das Emissions Banking. Emission Reduction Credits. Wenn Emissionsreduktionen über die gesetzlich geforderten Umweltnormen hinaus durchgeführt werden, können sie durch die Kontrollbehörde als Emissionsgutschriften zertifiziert werden, sofern sie rechtlich verbindlich, dauerhaft und quantifizierbar sind. ERCs können auf einer Umweltbank deponiert werden und sind im Rahmen von Offset-, Bubble- und Nettingtransaktionen übertragbar.325 Diese Übertragbarkeit von Emissionsrechten stellt die Gemeinsamkeit zwischen dem Emissions Trading und dem Konzept der Emissionszertifikate dar.326 Offset Policy. Offsets sollen in Belastungsgebieten wirtschaftliches Wachstum und Strukturwandel ermöglichen, ohne dabei die Immissionsziele zu gefährden.327 Expandierende Firmen oder Neuansiedler können ERCs aus firmeninternen oder ex323 Vgl. Endres (1986), S.2 324 Im deutschen Schrifttum wird das “Emissions Trading Program” auch als “kontrollierter Emissionshandel” bezeichnet. Bonus (1984a) verwendet in seiner Studie den Begriff “marktbezogene Kooperationsstrategien”. 325 Vgl. Tietenberg (1985), S.7 326 Vgl. Endres (1986), S.3 327 Direkte Kosteneinsparungen spielen bei dieser Politikvariante eine untergeordnete Rolle.

67


ternen überobligatorischen Reduktionen desselben328 Schadstoffs einsetzen; Voraussetzung ist eine Überkompensation der neuen Emissionen, sodaß die Umweltbelastung nach einer Transaktion insgesamt geringer ist.329 Nicht umgangen werden kann im Rahmen der Offset-Politik die in Belastungsgebieten verbindliche LAER-Technologie. Auch in PSD-Gebieten können Offsets angewendet werden, um die Emissionszuwächse durch Neuanlagen zu kompensieren, die trotz der verbindlichen BACT-Technologie entstehen.330 Bubble Policy. Ziel der Bubble-Politik ist, den Betreibern von Altanlagen einen Spielraum für Effizienzüberlegungen bei der Erfüllung der RACT-Anforderungen zu geben. Ein Bubble stellt eine imaginäre Glocke um bestehende Anlagen dar, die auf diese Weise als Emissionsverbund betrachtet werden. Ein solcher Emissionsverbund bezieht sich meist auf nur einen Schadstoff und ist genehmigungspflichtig.331 Im Rahmen von Bubbles, die sowohl firmenintern als auch firmenübergreifend ausgestaltet sein können, ist es möglich, Auflagen auch durch die Verwendung von ERCs zu erfüllen, also durch Emissionsreduktion anderer Anlagen – auf diese Weise ist eine kostengünstigere Verwirklichung des SIP möglich. Insgesamt müssen die Emissionen des Verbunds denen entsprechen, die sich bei einer Einzelerfüllung der gesetzlichen Erfordernisse ergeben; im Ergebnis werden die gesetzlichen Auflagen durch eine von den Emittenten vorgeschlagene Alternativaufteilung ersetzt.332 Netting. Neuanlagen oder wesentlich modifizierte Anlagen sind von den Regelungen der Bubble-Politik ausgenommen, damit bei diesen Quellen von vornherein

328 In Einzelfällen wurden auch Offsets mit verschiedenen Schadstoffen, die gleiche Umweltwirkungen hatten, zugelassen, sog. “interpollutant tradeoffs” (vgl. Bonus (1984a), S.27). 329 Es wird i.d.R. eine “offset ratio” von 1,1 bis 1,2 verlangt, d.h. die Reduktion muß 10-20% höher sein als die Neuemission. 330 Vgl. Tietenberg (1985), S.7-8 331 Genehmigungen müssen von der Bundesumweltbehörde (Environmental Protection Agency, EPA) erteilt werden; zur Verfahrensvereinfachung kann die EPA “State Generic Trading Rules” genehmigen, nach denen Staaten bzw. Regionen eigenständig Bubbles errichten lassen können. 332 Vgl. Bonus (1984), S.24-25; Tietenberg (1985), S.8

68


durchgreifende Kontrolltechniken installiert werden, die nachträglich nicht mehr durchsetzbar wären. Durch Anwendung der Netting-Vorschriften können jedoch die Genehmigungsverfahren für Neuanlagen vermieden werden;333 die strengen LAER- und BACT-Standards334 greifen nur dann, wenn Emissionen signifikant sind, also eine gewisse Größenordnung erreichen. Im Rahmen des Netting findet diese Signifikanzprüfung dagegen für einen Betrieb insgesamt statt, nicht mehr für die hinzukommende Einzelquelle, wobei der Saldo aus dem Emissionsanstieg der Neuanlage und einer gleichzeitig vorgenommenen Reduktion in einer Altanlage herangezogen wird. Die neuen Emissionen können auf diese Weise rechnerisch insignifikant werden.335 Netting ist sowohl in Reinluft- als auch in Belastungsgebieten, jedoch nur zwischen Quellen einer Betriebsstätte anwendbar – ein Verbund über Firmengrenzen hinaus ist unzulässig.336 Banking. Das zeitliche Auseinanderfallen von Reduktionen und deren Verwendung für Transaktionen wird über das Banking ermöglicht. Auf diese Weise wird der Anreiz erhalten, freiwillig Auflagen überzuerfüllen, auch wenn kein Abnehmer für die Reduktionen in Sicht ist. Es ist möglich, vorhandene ERCs auf Umweltbanken zu deponieren; solche Gutschriften können dann verkauft, verpachtet oder zu einem späteren Zeitpunkt für Offset-, Bubble- oder Nettingtransaktionen verwendet werden. Der mit dem Banking gleichzeitig eintretende ökologische Effekt ist, daß die tatsächlichen Gesamtemissionen um die jeweils deponierten geringer sind. Für die Einrichtung der Umweltbanken und für die Ausgestaltung der BankingProgramme sind die Bundesstaaten verantwortlich. Da die Regelungen einzelner

333 Vor Einführung des Netting kam es in vielen Regionen – aufgrund der restriktiven Standards – zu einem völligen Investitionsstop in schadstoffintensiv produzierenden Branchen (vgl. Weimann (1991), S.179). 334 Nicht durch Netting umgehbar sind hingegen die NSPS (vgl. Endres (1986), S.4). 335 Es wird hier von “netting out of review” gesprochen. 336 Vgl. Bonus (1984), S.25-26; Tietenberg (1985), S.8. Die Zulässigkeit des Netting in Belastungsgebieten war lange Zeit umstritten und wurde erst Juni 1984 für rechtmäßig erklärt (vgl. Tietenberg (1985), S.10 Tab.2).

69


Umweltbanken lediglich mit den Anforderungen des CAA konform sein müssen, finden sich sehr unterschiedliche Ausgestaltungsformen der Banking-Strategie.337 Entwicklung des Emissions Trading. Die Politikkonzepte des Emissions Trading sind nicht Ergebnis planmäßiger Implementation eines zuvor entworfenen Konzepts. Weil sich der CAA von 1970 als zu rigide und als wirtschaftlich untragbar erwiesen hatte, entwickelte sich ein keineswegs geradliniger Suchprozeß.338 Das Programm war in ständiger Bewegung, wodurch zahlreiche Unklarheiten und Widersprüche entstanden sind, die der Verbreitung entgegenstanden. Um den Prozeß zu charakterisieren, seien hier einige der wichtigen Entwicklungen kurz aufgezeigt.339 Bereits 1975 wurden von der EPA Regelungen zur Bubble-Politik entworfen, die neuen und erheblich modifizierten Anlagen mehr Flexibilität bei der Erfüllung der NSPS geben sollten. Mit der Begründung, die EPA habe ihre Kompetenzen überschritten, wurden die Vorschriften gerichtlich annulliert, um 1979 wieder – in überarbeiteter Fassung mit veränderter Zielkonzeption – in Kraft zu treten; jetzt bezogen sich Bubbles auf existierende Quellen. 1977 wurde die Offsetpolitik gesetzlich340 verankert, um strukturellen Rigiditäten in Belastungsgebieten entgegenzuwirken. Gleichzeitig wurde auch das Banking zugelassen, das zuvor untersagt war, da es als nicht konform mit dem Ziel schneller Erreichung der Immissionsnormen galt. Als letzte Komponente des Emissions Trading trat Netting hinzu, weil sich die Genehmigungsverfahren für neue und wesentlich modifizierte Anlagen als zu schwerfällig erwiesen hatten. Für PSD-Gebiete untersagte der Court of Appeals das Netting, doch der U.S. Supreme Court hob dieses Urteil später wieder auf. Als besonders hinderlich hatte sich erwiesen, daß die Einrichtung von

337 338 339 340

Vgl. Tietenberg (1985), S.8-9; Weimann (1991), S.181 Vgl. Bonus (1984a), S.56 Vgl. hierzu Tietenberg (1985), S.9-11 Offsets sind die einzigen Regelungen mit Gesetzescharakter, alle anderen Politikvarianten sind “purely administrative creations” (vgl. Tietenberg (1985), S.9).

70


Bubbles eine formale, von der EPA zu genehmigende Revision des SIP erforderte – ein schwerfälliger bürokratischer Prozeß, der das Interesse der Staaten an Bubbles einfrieren ließ. Erst zu Beginn der 80er Jahre wurde das Verfahren durch Einführung der “Generic Trading Rules” zur Errichtung von Bubbles wesentlich erleichtert. Analyse des Emissions Trading Theoretische Einordnung Auch beim Emissions Trading handelt es sich um einen mischinstrumentellen Ansatz, der ordnungsrechtliche Normen durch marktwirtschaftliche Elemente flexibilisiert.341 Auflagen sind durch die Option ergänzt, die darin verkörperten Emissionsrechte in den verschiedenen Spielarten der Politik – auch marktlich – zu nutzen; dies impliziert eine Ablösung der Rechte von der einzelnen Anlage. Die von den Emittenten vorgeschlagenen Alternativen in der Allokation von Emissionsrechten werden dann behördlich geprüft und, wenn sie akzeptiert werden, in den Rang von Vorschriften erhoben.342 In seiner Ausgestaltung fehlen dem Emissions Trading jedoch wesentliche Aspekte343 des Zertifikatemodells. Zwar hat das Programm, durch die Verbindung mit den Immissionsvorschriften des CAA, einen ökologischen Zielbezug, jedoch ohne daß hieraus eine harte Mengensteuerung in Form eines Emissionsziels abgeleitet ist. Der marktlichen Allokation von Emissionsrechten sind zwar gewisse Freiheitsgrade eingeräumt, diese sind jedoch in starkem Maße von uneinheitlichen Regeln, dadurch verursachten Unsi-

341 Die frühen Einschätzungen in der Literatur spiegeln eher die mit dem Emissions Trading verbundenen Erwartungen wider: Bonus urteilte, daß “die ganze Dynamik der Entwicklung auf Zertifikate zielt” und ERCs “in Wirklichkeit bereits Emissionszertifikate (sind)” (Bonus et al. (1985), S.129). Ähnlich äußerten sich Baumol/Blackman, die Offsets als “lightly-camouflaged version of the free market in pollution permits” (Baumol/Blackman (1980), S.426, zit.n. Kemper (1989), S.239) bezeichnen. 342 Vgl. Bonus (1991), S.30 343 Aus dem klaren ökologischen Zielbezug ist eine harte Mengensteuerung auf der Makroebene abzuleiten, bei gleichzeitiger Fungibilität der Rechte (vgl. oben Gp. III.A.1 und III.B.3.b.).

71


cherheiten, fehlenden Transaktionserleichterungen und den dominierenden Technologievorschriften eingeschränkt.344 Wirkungsdefizite im Emissions Trading345 Die Wirkungsdefizite des Emissions Trading, welche sich in der Praxis zeigten, hatten ein gemeinsames Symptom: das Horten von Emissionsrechten, “in dem alle Bruchzonen der amerikanischen Umweltpolitik zusammenlaufen”346; tatsächliche Reduktionen werden nicht für marktliche Transaktionen verwendet, potentielle nicht realisiert. Hauptursachen sind in den geltenden Technologieanforderungen, in Unsicherheiten im Rahmen einzelner Politikvarianten und in bürokratischen Hürden zu suchen. Technologiestandards. Durch das Vorhandensein der Technologieanforderungen entstand eine psychologische Hemmschwelle auf Seiten der Betreiber: sie befürchteten, verschärfte Standards geradezu zu provozieren, weil sie allein durch die Schaffung von ERCs die Administration darauf aufmerksam machen, welche Vermeidungsleistungen tatsächlich technisch möglich sind.347 Verschärft wurde dieses Problem durch den bürokratischen Aufwand beim Austausch von Rechten; der Handel stellt keine informelle Markttransaktion dar, sondern ist – als Abweichung vom SIP – einzeln durch die Behörden348 zu genehmigen. Diese erhalten während des Genehmigungsverfahrens Einblike in die Betriebsabläufe; darum wurde ihnen das vorhandene Innovationspotential verborgen und technischer Fortschritt

344 Vgl. etwa Hahn (1989), S.101 und Bonus (1984a), S.72-73; im einzelnen vgl. unten (2). 345 Die Wirkungsbrüche im Emissions Trading gehen – aufgrund der Komplexität des Programms – auf zahlreiche, interdependente Ursachen zurück; die hier vorgenommenen Betrachtungen beschränken sich auf zentrale Aspekte. Ausführliche Studien stammen vor allem von Bonus (1984a) und Tietenberg (1985). 346 Bonus (1984a), S.125 347 Vgl. Tietenberg (1985), S.12 348 Daher stand auch die Administration dem Emissions Trading nicht unvoreingenommen gegenüber, weil sie befürchtete, daß die neue Politik schwieriger zu handhaben sei, und sie ihren “comfortable, customary way of doing business” verliere (Tietenberg (1985), S.12).

72


systematisch verschleppt.349 Insgesamt war daher das Interesse der Betreiber an der Inanspruchnahme der Instrumente gering.350 Die Stand-der-Technik-Vorschriften beeinträchtigen auch die Errichtung von Neuanlagen. Für diese gelten die strengeren Technologieanforderungen LAER, BACT oder NSPS, für Altanlagen dagegen die weniger scharfe RACT: ein Wechsel kommt den Betreiber teuer. Verschiebt er den Ersatzzeitpunkt, kann er mit der billigeren Kontrolltechnologie weiterhin arbeiten – Neuanlagen werden künstlich unattraktiv, die in den Altanlagen inkorporierten Emissionsrechte gehortet.351 Probleme des Banking. Das Banking wurde von den Emittenten in nur sehr geringem Umfang genutzt. Ursachen hierfür sind in der Umsetzung der BankingRegelungen zu suchen; seitens der EPA wurden lediglich grundsätzliche Richtlinien aufgestellt, die Ausgestaltung des Banking obliegt – unter Genehmigungsvorbehalt der EPA – den Bundesstaaten.352 Konsequenz war, daß 18 Staaten das Banking für unzulässig erklärt bzw. Vorbehalte bekundet haben, die verbleibenden Staaten hatten bis Ende 1986 keine Position bezogen. Desweiteren differieren die Banking-Regeln von Fall zu Fall erheblich, und sie sind überwiegend restriktiver als im Policy Statement zugelassen – Guthaben verfallen,353 Abwertungssätze unterscheiden sich,354 der Einsatz von ERCs ist nicht für alle Instrumente gestattet355 oder es ist überhaupt nicht erlaubt, sie an Dritte zu übertragen356.

349 Vgl. Endres (1986), S.7. Dies ist eine “subtile Form des Hortens” (Bonus (1984a), S.126). 350 Emittenten fürchteten, “(they) could end up losing more in the long run than they gained in the short run” (Tietenberg (1985), S.12). 351 Vgl. Bonus (1984a), S.80-81 352 Vgl. Kemper (1989), S.254 353 In Maine verfallen Guthaben nach Jahren; in Oregon werden ERCs aus Stillegungen oder Produktionseinschränkungen nach einem Jahr konfisziert (vgl. Endres (1986), S.7); in San Francisco haben ERCs eine Lebensdauer von nur 5 bzw. 8 Jahren (vgl. Bonus (1984a), S.119). 354 Bonus (1984a) führt Beispiele an: in der fortschrittlichen Jefferson County Bank werden alle ERCs pauschal um 10% abgewertet (S.44); in Oregon, Purget Sound und Allagheny County werden Guthaben nach Maßgabe neuer Vorschriften für die Herkunftsanlage diskontiert (S.31, 113), in San Francisco kann ein Moratorium über Guthaben erlassen werden (S.113). 355 Netting ist beinahe immer zugelassen, dagegen oftmals nur entweder Bubbles oder Offsets (vgl. Rehbinder/Sprenger, S.75). 356 So auf der informellen Bank in San Francisco (vgl. Bonus (1984a), S.119).

73


In Staaten und Regionen, in denen Banking nicht zulässig ist, fehlen die Anreize, Emissionen über die Erfordernisse der Auflage hinaus zu senken.357 Wenn andererseits Banking zwar gestattet ist, aber zugleich Unsicherheiten über den Bestand von Guthaben bestehen, oder wenn Stillegungen nicht zu bankfähigen Guthaben führen, sind Emittenten faktisch gezwungen, zusätzliche Reduktionen zu unterlassen oder Altanlagen länger zu betreiben, um ihre ansonsten verfallenden Emissionsrechte zu sichern.358 Auch für den Nachfrager sind ERCs mit Unsicherheiten verbunden, denn Guthaben sind meist an das Schicksal der Herkunftsquelle geknüpft. Ein Käufer sieht sich ständig der Bedrohung gegenüber, daß erworbene Guthaben ihren Wert verlieren, wenn für deren Produzenten nachträgliche, strengere Auflagen erlassen werden; die Existenz des eigenen Betriebs wäre dann von “Risikopapieren” abhängig.359 Unsicherheiten in der Bubble-Politik. Jeder einzelne Bubble war bis 1980 zentral durch die EPA zu genehmigen; die seitdem zulässigen Generic Rules, die das Verfahren vereinfachen und beschleunigen, werden bislang in zu geringem Ausmaß erlassen.360 Erst im Dezember 1986 erließ die EPA das Final Policy Statement zur Bubble-Politik; bis zu diesem Zeitpunkt lag lediglich das Interim Statement vor, das die Rechtslage in wesentlichen Punkten unklar ließ. Zusätzliche Unsicherheiten wurden durch unklare Gerichtsurteile verursacht.361 Als durch das Final Statement die Rechtslage geklärt war, waren die Altanlagensanierungsfristen bereits abgelaufen, und die Emittenten hatten sich den Auflagen weitgehend ange357 Tietenberg (1985), S.191; zusätzliche Reduktionen wären wirtschaftlich nur dann lohnend, wenn zeitgleich ein Nachfrager für die ERCs vorhanden ist. 358 Vgl. Bonus (1984a), S.125 359 Bonus (1984a, S.114-115) fordert daher, daß Bankgutschriften nach einer Transaktion von nachträglichen Vorschriften für die Herkunftsanlage unabhängig sein müssen. 360 Die Vorteilhaftigkeit von Generic Rules wird durch das mit ihnen verbundene umfassende EmissionsVerschlechterungsverbot eingeschränkt, das viele kostensparende Transaktionen verhindert. Weiterhin sind externe Transaktionen durch das Erfordernis detaillierter Verbreitungsrechnungen (außer bei VOC und NOx) erschwert (vgl. Tietenberg (1985), S.195). 361 So untersagten die Richter des US-Court of Appeals im District of Columbia in ihrem Urteil vom 17. August 1982 Netting in Belastungsgebieten, verwendeten dabei aber die Begriffe “bubble” und “netting” synonym, was erhebliche Mißverständnisse verursachte (vgl. Bonus (1984a), S.63).

74


paßt – in der Konsequenz blieb kein Raum für Effizienzgewinne über marktliche Transaktionen.362 Inkompatibilität von Offset und Netting. Die Offset-Politik stellt die am besten abgesicherte Variante dar; ihre Anwendung wurde allerdings durch eine Inkompatibilität mit dem Netting beeinträchtigt. Der Produzent eines ERC muß, wenn er das Guthaben für Netting-Operationen einsetzt, weniger restriktive Vorschriften erfüllen als ein Erwerber, der ihn im Rahmen einer Offsettransaktion verwendet. Ceteris paribus ist ein ERC im Netting mehr wert als im Offset mit der Konsequenz, daß Firmen ihre ERCs nicht für Offsets marktlich verwenden, sondern für spätere Nettings horten.363 Weitere Wirkungsbrüche. Die Ausgangsbasis zur Berechnung von ERCs ist inkonsistent: Ausgangspunkt sind einmal die erlaubten, ein anderes Mal die tatsächlichen Emissionen. In den SIPs, in denen tatsächliche Emissionen zugrundeliegen, ist es wahrscheinlich, daß Emittenten Altanlagen weiterbetreiben, um die brachliegenden, aber genehmigten Rechte später einmal wieder voll ausüben zu können.364 Auch “schlechte Vermeider”365 werden ihre alten Anlagen weiterbetreiben; solche Betriebe würden nämlich ihre Emissionsrechte in dem Moment verlieren, in dem sie von der Anlage abgelöst werden, weil man sie nicht noch zusätzlich durch höhere Gutschriften belohnen will. Die Inkonsistenzen boten auch einen Ansatzpunkt für Mißbräuche: in Fällen, in denen die tatsächlichen Emissionen einer Anlage aus betriebswirtschaftlichen Erwägungen unter den erlaubten lagen366, ließen Firmen sich längst realisierte Rückgänge nachträglich in Form von ERCs gutschreiben. Ähnliche Paper Trades

362 363 364 365

Vgl. Endres (1994a), S.114; Tietenberg (1985), S.214 Vgl. Endres (1986), S.10 Vgl. Tietenberg (1985), S.197; Bonus (1984a), S.101 Die z.B. aufgrund von Abkommen mit den Behörden mehr als die eigentlich gestattete Menge emittieren dürfen (vgl. Bonus (1984a), S.92). 366 Wenn beispielsweise eine Anlage stillgelegt oder ein Verfahren geändert wurde, ohne daß dies Eingang in den SIP fand.

75


resultierten aus den unterschiedlichen Regulierungsgegenständen von Auflagen und Emissions Trading: rechnerisch konnten aus genehmigten Konzentrationswerten maximal erlaubte Frachten bestimmt werden, welche aber tatsächlich nicht in voller Höhe emittiert wurden; anschließend wurde versucht, eine Kreditierung der Differenz zwischen tatsächlich freigesetzten und rechnerisch möglichen Emissionen in Form von Guthaben zu erlangen.367 Die Folgen gingen zu Lasten der Umwelt: in beiden Fällen stiegen die tatsächlichen Emissionen an, sobald die Gutschriften an anderer Stelle verwendet wurden.368 Erst das “Final Emissions Trading Policy Statement” von 1986 löste das Problem durch ein strenges Minimierungsgebot369. Über die Verbreitung des Emissions Trading Program stehen keine exakten Daten zur Verfügung, zudem reichen die Untersuchungen nur bis in die Jahre 1985/86.370 Bis Ende 1985 kam es zu folgenden Transaktionen371:

367 Dies ist in Fällen bekannt geworden, in denen die Auflage Konzentrationswerte festlegte, und eine höhere als die tatsächliche Betriebsdauer der Anlage genehmigt war. 368 Vgl. Endres (1986), S.8-9. Derartige Inkonsistenzen und Mißbrauchsmöglichkeiten sind kein Mangel des Emissions Trading, sondern durch Defizite der Auflagenpolitik verursacht. 369 “Lesser of actual or allowable emissions” 370 Auch in neueren Publikationen (z.B. OECD 1994, S.89-90) gehen die veröffentlichten Daten nicht über diesen Zeitpunkt hinaus. Ursache ist vor allem, daß die Transaktionen nicht zentral erfaßt werden und seitens der EPA keine systematische Dokumentation stattfindet. 371 Zur Forcierung des Handels sind in den USA private Firmen entstanden, die Anbieter und Nachfrager von ERCs ausfindig machen, Studien über Kosten der Vermeidungsmaßnahmen anfertigen, bei Schätzung und Aushandlung der ERC-Preise unterstützen und Verhandlungen mit den Behörden über die Genehmigung von Transaktionen führen (vgl. Endres (1986), S.5).

76


Empirische Befunde

Activity

Estimated number Estimated number Estimated cost of internal trans- of external trans- savings actions actions (millions)

Environmental quality impact

Netting

5.000 to 12.000

None

$25 to $300 in permitting costs; $500 to $12.000 in emission control costs

Insignificant in individual cases. Probably insignificant in aggregate

Offsets

1.800

200a

b

Probably insignificant

2d

$435e

Insignificant

< 20

Small

Insignificant

Bubblesc 129 Banking

f

< 100

Tab.1: Summary of emissions trading activity Quelle: Hahn (1989), S.100; erstmalig erschienen in Hahn/Hester (1986), sowie eigene Berechnungen a

b

c

d

e

f

Tietenberg (1980, S.53) geht von insgesamt wenigstens 2000 (internen und externen) Offsets zwischen 1976 und 1983 aus; Endres (1986, S.5) beziffert die von der EPA erfaßten Offsettransaktionen auf 2500. Die durch möglich gewordene Strukturanpassungen gewonnenen Vorteile sind nicht quantifizierbar. Für die Einrichtung von Bubbles hatte die EPA Januar 1985 neun “generic rules” genehmigt, für 15 weitere Regionen liefen Genehmigungsverfahren (vgl. Endres (1986), S.6). Daneben waren 100 weitere Bubbles beantragt oder in Entwicklung. Endres (1986, S.5) geht von ca. 200 bis Ende 1985 durchgeführten oder genehmigten Bubbles aus. Tietenberg (1985, S.58) gibt das Kosteneinsparpotential aller errichteten und in Entwicklung befindlichen Bubbles mit über $ 700 Mio. an; Endres (1986, S.5) nennt eine Zahl von gut $ 800 Mio. Bis 1985 wurden insgesamt nur vier Umweltbanken genehmigt, für neun weitere lief zu diesem Zeitpunkt das Genehmigungsverfahren (vgl. Endres (1994b), S.21).

Zusammenfassende Beurteilung Das Emissions Trading Program hat die Zielsetzung, Umweltqualitätsverbesserungen schneller und kostengünstiger zu erreichen, wobei sich zwischen diesen Zielen ein Kompromiß herausbilden mußte. Zur Beurteilung, was durch das Programm erreicht wurde, dient als ein erster Maßstab der Vergleich mit der Situation vor Implementation der Politik; er gibt Auskunft, inwieweit Fortschritte in der Umweltpolitik erzielt wurden. Damit sind die Fragen verbunden, ob Immissionsziele erreicht wurden, sich die Durchsetzung von Auflagen verbessert hat, Maßnah77


men kosteneffizient implementiert und die Entwicklung umwelttechnischen Fortschritts stimuliert wurde. Als zweiter Maßstab gibt die Theorie Aufschluß über denkbare Reformschritte.372 Die vorzufindenden Urteile in der Literatur sind nicht einheitlich: Befürworter sprechen von beachtenswerten Erfolgen, Kritiker von einem Scheitern des Programms – auf jeden Fall kann festgestellt werden, daß das Emissions Trading nicht alle mit ihm verbundenen Erwartungen erfüllen konnte.373 Erfahrungen mit dem Emissions Trading. Das Programm konnte die Umweltqualität insgesamt nicht signifikant verbessern und das Gesamtemissionsvolumen nicht verringern – wenn auch in Einzelfällen die Luftqualität stieg; auch Fortschritte in der Vermeidungstechnologie wurden nicht im erhofften Maße induziert.374 Ob sich die Zahl der Anlagen erhöht hat, welche die technischen Standards erfüllen, kann aufgrund mangelnder Daten nicht beurteilt werden; tendenziell hat sich die Situation aufgrund der Möglichkeiten billigerer Erreichung dieses Ziels aber verbessert.375 Die Kosteneinsparungen sind, wie die empirischen Befunde zeigen, signifikant,376 doch sowohl die Anzahl der Transaktionen als auch der Umfang realisierter Einsparungen entsprachen bislang nicht dem in Simulationsrechnungen377 ermittelten Potential. Zu beobachten ist in diesem Zusammenhang, daß Kostenersparnisse meist aus internen Transaktionen resultieren; die geringe Zahl externer liegt in den mit ihnen verbundenen, hohen Transaktionskosten begründet.378

372 373 374 375 376

Vgl. Tietenberg (1985), S.12-13 Vgl. z.B. Hahn (1989) Vgl. Hahn (1989), S.101; Tietenberg (1985), S.189, 198 Vgl. Tietenberg (1985), S.189, 199 Bohne (1987, S.94 En.44) bezweifelt in seiner Studie diesen Befund: in der Untersuchung von Hahn/Hester (1986) seien bei der Beurteilung der Bubble-Politik weder administrative noch sonstige öffentliche Kosten berücksichtigt, zudem sei die Datenbasis unzulänglich. Bohne kommt zu dem Ergebnis, die Kosteneffizienz der Bubble-Politik sei gleich oder schlechter als die konventioneller Auflagen, und auch bei der Netting-Politik nicht überzeugend (S.56-57). 377 Eine Übersicht über die Ergebnisse der Studien und Computersimulationsrechnungen findet sich bei Tietenberg (1985), S.38-58, insb. S.42-43,46. 378 Vgl. Hahn (1989), S.101. Ein deutlicher Anstieg des Transaktionsvolumens für den Zeitraum nach 1990 wird in der OECD-Studie (1994, S.88) prognostiziert. Daten hierzu liegen jedoch nicht vor.

78


Die einzelnen Varianten des Emissions Trading haben sich in unterschiedlichen Grade bewährt. Offsets hatten aufgrund der durch sie ermöglichten Strukturänderungen hohen ökonomischen Nutzen379, Netting vereinfachte den Genehmigungsprozeß neuer Anlagen erheblich. Die Bubble-Politik dagegen krankte an der mit ihr verbundenen Unsicherheit und des trotz der Einführung von Generic Rules aufwendigen Verfahrens.380 Übereinstimmend sind die Beurteilungen des Banking, das aufgrund seiner geringen Inanspruchnahme nicht zu überzeugen wußte. Vorschläge zur Verbesserung des Programms. Um die Nutzungen des Emissions Trading auszuweiten, ist vor allem eine bessere Harmonisierung mit den Technologiestandards vonnöten, und das Banking ist weiterzuentwickeln. Umweltbanken sollen den Anreiz schaffen, ständig nach Möglichkeiten zusätzlicher Emissionsdrosselungen Ausschau zu halten, weil für diese Drosselungen eine konkrete Anwendungsmöglichkeit zur Verfügung steht.381 Es ist daher erforderlich, daß es breit verfügbar ist und die Einlagen gesichert sind. Stringente Technologieanforderungen bremsen den technischen Fortschritt und machen die Schaffung von ERCs in vielen Fällen unmöglich; daher wird vorgeschlagen, Vermeidungsmöglichkeiten zu flexibilisieren, indem das Emissions Trading auch auf die Erfüllung von LAER, BACT und NSPS ausgedehnt wird; diese Standards sollten zugleich neu interpretiert werden, indem sie auf das Gesamtunternehmen anstelle von einzelnen Emissionsquellen angewandt werden.382 Einen Schritt weiter geht der Gedanke, Technologiestandards auf dem Niveau einer wirtschaftlich vertretbaren Technik, wie beispielsweise RACT, zu vereinheitlichen. Die zur Schaffung ständiger Anreizwirkungen erforderliche Dynamisierung wird dann nicht mehr über den neuesten “Stand der Technik” erreicht: Möglichkeiten liegen, neben den bereits angewandten Abschlägen beim Handel von ERCs, auch in einer 379 380 381 382

Bohne (1987, S.57) hingegen hält auch hier die Effektivität für nicht ausreichend. Vgl. Tietenberg (1985), S.195 Vgl. Bonus (1984a), S.97 Vgl. Tietenberg (1985), S.206-207

79


kontinuierlichen Fortschreibung der Immissionswerte oder einer pauschalen Abwertung der Emissionsrechte. Auf diese Weise werden die lähmenden Nebenwirkungen der Technikvorschriften vermieden.383 Zusammenfassend kann das Emissions Trading zwar nicht als voller Erfolg, wohl aber als zukunftsweisender Schritt384 bezeichnet werden: das Programm stellt keine radikale Reform dar, sondern ist eine zusätzliche und optional nutzbare, marktwirtschaftliche Erweiterung der Auflagenpolitik. Diese Verbindung ermöglicht den Übergang vom “Command-and-control” zu marktbezogenen Strategien und schafft ein hohes Kosteneinsparpotential.385

383 Vgl. Bonus (1984a), S.128-129, 140, 155 384 Tietenberg (1985), S.215 formuliert: “[...] the realm of the possible and the realm of the desirable overlap.” 385 Vgl. Tietenberg (1985), S.213; so etwa auch Bonus (1984a), S.94.

80


Das “Acid Rain Program” In der am 15.11.1990 verabschiedeten Novelle des Clean Air Act wurde mit Title IV386 ein Programm zur Bekämpfung des sauren Regens in das US-amerikanische Luftreinhaltegesetz integriert, das wesentliche Elemente der Zertifikateidee enthält. Das Acid Rain Program387 dient der Reduzierung der Schwefeldioxid- und Stickoxid-Emissionen,388 wobei sich die Regulierungen zunächst auf Elektrizitätsversorgungsunternehmen beziehen, daneben aber auch den Einbezug industrieller Quellen ermöglichen. Ziele und Regelungen des Title IV Grundidee Schwefeldioxid-Emissionen wurden als eine der Hauptursachen des sauren Regens identifiziert. Nahezu 70% der SO2-Emissionen in den USA entstammen der Stromerzeugung aus Kohleverfeuerung; aus diesem Grunde wurde ein Konzept erarbeitet, dessen Schwerpunkt auf diesen Sektor gerichtet ist.389 Das Acid Rain Program bezweckt eine ökologisch wirksame und dabei wirtschaftlich vertretbare Reduzierung der SO2-Emissionen von Kraftwerken. Dazu werden zunächst privaten und öffentlichen Energieversorgern nach einem Grandfathering-Verfahren SO2-Zertifikate390 frei zugeteilt, und ein nationaler Markt für den Lizenzhandel eingerichtet. Das mit dem Programm verfolgte, in Title IV verbindlich festgelegte ökologische Ziel ist, in etwa eine Halbierung der SO2-Emissionen, bezogen auf das Basisjahr 1980, zu erreichen. Ab dem Jahr 2000 gilt eine bindende Obergrenze für 386 United States Code, Title 42 (42 U.S.C.), sec. 7651, CAA-Amendments (15.11.1990). 387 Title IV der CAA-Novelle von 1990 trägt die Überschrift “Acid Deposition Control”. Das Programm wird auch als “Acid Rain Program” bzw. “Acid Deposition Program” oder kurz als “Allowance Trading” bezeichnet. 388 Mit dem RECLAIM-Programm wurde zum 1. Januar 1994 nach dem nationalen Acid Rain Program ein weiteres Zertifikatesystem implementiert, das der Reduzierung von SO2 und NOx-Emissionen im extrem belasteten Südkalifornien dient. Vgl. hierzu die Analyse von Fromm/ Hansjürgens (1994). 389 Vgl. Wasmeier (1992), S.224 390 Die Zertifikate werden als “allowance” bezeichnet.

81


Schwefeldioxid-Emissionen.391 Zur Erreichung dieses Rahmens ist eine umfassende Altanlagensanierung erforderlich, welche durch den Lizenzhandel – so die Hoffnung des Gesetzgebers – mit einer Kostenersparnis von ca. $ 2–3 Mrd./Jahr durchgeführt werden kann.392 Bestimmungen des Allowance Trading393 Emissionsziele und Anwendungsbereich. Phase I des Programms hat zum Ziel, von 1995 bis 1999 die SO2-Emissionen von 110 Großkraftwerken auf ca. die doppelte zulässige Menge des für Neuanlagen geltenden Emissionsgrenzwertes zu reduzieren.394 In Phase II, die im Jahr 2000 beginnt, müssen dann alle Stromerzeuger395 den Neuanlagenstandard NSPS396 erfüllen;397 für die Gesamtemissionen gilt eine bindende Obergrenze von 8,9 Mio. t/Jahr, für industrielle Quellen von 5,6 Mio t/Jahr.398 Im Ergebnis wird bis 2010 ein Rückgang der SO2-Emissionen um 10 Mio. t/Jahr, bezogen auf das Jahr 1980, erwartet.399 Für NOx ist kein quantitatives Emissionsziel formuliert; gesetzlich vorgeschrieben wurde allen unter dem SO2Programm erfaßten Anlagen, bis 1997 für Stickoxide den Technologiestandard BACT400 zu erfüllen.

391 Die Reduktionen zur Einhaltung dieser Obergrenze müssen auch dann erbracht werden, wenn das Lizenzsystem nicht greifen sollte (vgl. Wasmeier (1992), S.224). 392 Vgl. Endres/Schwarze (1994), S.138 393 Zu den Bestimmungen des Acid Rain Program vgl. Kete (1992), S.87-92; Endres/Schwarze (1994), S.139-156. 394 2,5 lbs. SO2/MBTU (American Short Pound SO2 pro Millions British Thermal Unit). 395 Ausgenommen sind lediglich Kleinanlagen unter 25 MW. 396 1,2 lbs. SO2/MBTU 397 Diese Technikvorschriften sind moderat: Phase I-Anforderungen sind allein durch den Brennstoffeinsatz erfüllbar, die in Phase II entsprechen den Vorschriften aus dem Jahr 1971. 398 Neuanlagen können in Phase II nur über Offsets zugelassen werden, ihre Emissionen müssen durch Minderungen in anderen Anlagen aufgewogen werden. 399 Der Rückgang setzt sich zusammen aus den Sanierungen der größten Kraftwerke, den ausgeweiteten Neuanlagenvorschriften, natürlichen Emissionsrückgängen (umweltfreundlichere Brennstoffe, Altanlagenersatz) und einem Entschwefelungsprogramm für Dieselraffinerien. 400 Diese Technikvorschrift wird durch das Averaging, eine interne Form der Bubble-Politik, flexibilisiert. Beim NOx-Programm handelt es sich folglich nicht um ein reines Zertifikatesystem, sondern um eine dem Emissions Trading ähnelnde Variante.

82


Ausgestaltung der Lizenzen. Jedes Zertifikat gibt das Recht auf die Emission von einer Tonne SO2 im laufenden oder einem der folgenden Jahre; sie sind innerhalb des gesamten Bundesgebietes401 frei handelbar, d.h. sie können auf dem nationalen Lizenzmarkt an jeden Kraftwerkbetreiber oder anderen Interessenten verkauft oder vermietet werden. Darüber hinaus ist es möglich, sie im Rahmen einer BankingRegelung für spätere Jahre402 aufzubewahren; nicht gestattet ist es dagegen, Allowances späterer Jahre403 in das aktuelle Jahr vorzuziehen. Der Transfer der Rechte ist jederzeit durchführbar, es ist lediglich erforderlich, ihn der EPA anzuzeigen; erst mit der Meldung wird die Übertragung wirksam. Die EPA führt ein Register über alle Transaktionen und veröffentlicht Allokationsberichte, um eine bessere Markttransparenz zu gewährleisten. Jede Emissionslizenz ist mit den bestehenden Ordnungsvorschriften verknüpft, sie wird ohne weitere Überprüfung zum Bestandteil der Betriebsgenehmigung. Der Bestand einer Allowance ist aber nicht an den tatsächlichen Betrieb der Anlage gebunden – sie bleibt auch bei einer Stillegung gültig, und ein Anlagenbetreiber kann sie beispielsweise zur Dekung des Emissionsrechtebedarfs einer Neuanlage verwenden. Die Überschreitung der durch Lizenzen gedeckten Emissionen ist bei Strafe von $ 2000 verboten, zusätzlich muß die Differenz im darauffolgenden Jahr hinzugekauft werden. Zur Überwachung der Emissionen ist ein Anlagenbetreiber zum Einsatz kontinuierlicher Emissionsmessungssysteme verpflichtet. Basiszuteilungen von Lizenzen. Die Lizenzen werden nach einem GrandfatheringSystem jährlich frei vergeben. Bemessungsgrundlage für die Zuteilung sind die

401 Eine zunächst vorgesehene regionale Beschränkung wurde mit Blick auf die Marktentwicklung nicht umgesetzt; zur Verhinderung regionaler Konzentrationen wurde das bestehende Immissionsgrenzwertesystem für ausreichend erachtet (vgl. Wasmeier (1992), S.224). 402 Lizenzen aus Phase I können im Rahmen dieser Regelung auch zur Erfüllung der Anforderungen von Phase II angespart werden. 403 Sie können z.B. in einem gestatteten “Pre-Allocation Transfer” schon vor der administrativen Zuteilung gehandelt werden.

83


durchschnittlichen Brennstoffverbräuche des Bezugszeitraums 1985-1987, multipliziert mit dem Emissionszielwert von 2,5 lbs./MBTU (Phase I) bzw. 1,2 lbs./MBTU (Phase II); diese Ausgestaltungsform weist Emittenten, die schon vorher überdurchschnittliche Reduktionsleistungen erbracht haben, handelbare Lizenzen zu und zwingt schlechte Vermeider, Rechte hinzuzukaufen. Dadurch wird vermieden, daß Nachzügler belohnt werden, und zugleich das Problem einer Mobilisierung von Emissionsreserven gelöst, das bei Anknüpfung an tatsächliche, aktuelle Emissionen entsteht.404 Sonderzuteilungen. In Phase I und II sind vielfältige Sonderzuteilungen vorgesehen, die Ergebnis des politischen Entwicklungsprozesses405 des Programms sind oder Konzessionen an andere Zielsetzungen darstellen.406 Zunächst wird in Phase I ein Fonds von Bonus Allowances geschaffen, die von 1997–1999 an Betreiber vergeben werden, die hochwirksame Rauchgasentschwefelungsanlagen installieren und so frühzeitig die Phase II-Anforderungen übererfüllen.407 Energiesparende Maßnahmen und die Nutzung erneuerbarer Energieträger werden über einen weiteren Sonderfonds mit 300.000 Lizenzen gefördert. Die Kraftwerke in Illinois, Indiana und Ohio erhalten als politisches Zugeständnis eine Sonderzuteilung in Höhe von 200.000 Jahrestonnen. Phase II hat ebenfalls zahlreiche Sonderregelungen und Extrazuteilungen: neben der schon in Phase I greifenden Wachstumsmarge von 20% für Clean Units werden – ebenfalls aus dem Kontingent an Basislizenzen – bis zu 40.000 404 Für Anlagen, die bereits unterhalb der Sollwerte des Programms liegen (Clean Units), gilt der Grundsatz der “lesser of actual or allowable emissions”, um die tatsächlichen Emissionen nicht zu erhöhen. Als Ausgleich erhalten sie eine Wachstumsmarge von 20%, also eine um 20% erhöhte Lizenzzuteilung. Kraftwerke, die im Bezugszeitraum nicht mit Normalauslastung betrieben wurden, erhalten Zuteilungen aus Sonderfonds (s. unten). 405 Vgl. auch unten Gp. IV.B.2.b.(2). 406 Da Sonderzuteilungen aus dem Bestand der Basislizenzen gewährt werden, ist das Emissionsziel davon nur in geringem Maße berührt; darüber hinaus ist bei dessen Gefährdung eine Aussetzung von Sonderzuteilungen oder eine allgemeine Abwertung aller Zuteilungen vorgesehen. 407 Für jede Minderungstonne über 1,2 lbs. SO2/MBTU hinaus erhalten sie zwei Lizenzen (2 for 1-Regel). Darüber hinaus wird die Differenz zwischen den Phase I-Anforderungen und den tatsächlichen Emissionen für die Jahre bis 1997 als “Extension Allowances” gutgeschrieben.

84


Jahrestonnen an Anlagen in wachstumsintensiven Staaten vergeben.408 Sonderfälle werden aus mehreren, zusätzlichen Fonds bedient: 530.000 Jahrestonnen dienen als „Bonus Allowances“; sie werden an Kraftwerke vergeben, die im Bezugszeitraum mit weniger als 60% ihrer Kapazität409 betrieben wurden, die in „Clean States“410 operieren oder die zu über 90% Erdgas verfeuern. 50.000 weitere Lizenzen werden an Kraftwerke in 10 Staaten des mittleren Westens und des Ostens verteilt, andere an Anlagen, die bis 1997 auf Clean Coal Technologies umstellen.411 Weitere Zuteilungsregeln und -mechanismen. Die Lizenzvergabe an Neuanlagen ist, verglichen mit Altanlagen, wesentlich restriktiver ausgestaltet: nach 1990 in Betrieb gegangene Kraftwerke erhalten Lizenzzuteilungen für max. 65% der Anlagenkapazität auf Basis eines Emissionsgrenzwerts von 0,3 lbs. SO2/ MBTU412, nach 1995 in Betrieb genommene erhalten gar keine Lizenzzuteilungen mehr, müssen also ihre Emissionen über Käufe von Allowances decken. Kleinkraftwerke und industrielle Emittenten können für die – allerdings nur unter Einschränkungen413 mögliche – Teilnahme am Allowance Trading optieren. Um die Benachteiligung der Neuemittenten, die eine Freivergabe nach sich zieht, sowie die weiteren mit dem Grandfathering verbundenen Nachteile414 zu mildern, wird ein Teil der Lizenzen von der EPA zurückbehalten und zum indexierten Festpreis von $ 1.500 verkauft; die Verkäufe werden auf first come, first serve-Basis getätigt.415 Desweiteren werden auf offenen Auktionen Allowances meistbietend versteigert, 408 “High Growth States” wird dies durch ein Wahlrecht des Bezugszeitraums ermöglicht. 409 “High Growth Units” erhalten die Hälfte der Differenz zu 60% als Zuschlag auf die Baseline, um eine Benachteiligung dieser Anlagen durch die Berechnungsformel für Basislizenzen zu mildern. 410 In diesen liegt der Landesdurchschnitt unter 0,8 lbs. SO2/MBTU. Die Sonderzuteilung ist auf max. 125.000 Jahrestonnen begrenzt. 411 Die Bonus Allowances und die Zuteilungen aus Sonderfonds stellen einen Bruch des Emissionsziels dar, was durch den um ein Jahr vorgezogenen Vollzug legitimiert wird. 412 Dieser Wert ist aus den seit 1977 neben der Emissionsfrachtbegrenzung parallel für Neuanlagen geltenden Techologievorschriften abgeleitet, aus denen sich, je nach Schwefelgehalt der verwendeten Kohle, eine Emissionsfracht von 0,2-0,8 lbs. SO2/MBTU ergibt. 413 Beschränkungen sind bspw. der Ausschluß “Shutdown Credits” bei Stillegung, das Verbot des Lizenzerwerbs zur Erfüllung der Technologievorschriften und Handelsbeschränkungen. 414 Vgl. oben Gp. III.B.2.d.; zur Diskussion s. auch unten Gp. IV.B.2.b.(3). 415 IPPs (Independent Power Producers), die trotz nachgewiesener Bemühungen keine Lizenzen auf dem Markt erwerben konnten, wird ein Vorkaufsrecht eingeräumt.

85


um den Unsicherheiten über die zukünftigen Marktpreise und das sich ergebende Marktangebot entgegenzuwirken; die Erträge der Auktionen werden an die zur Reservebildung herangezogenen Anlagen zurückgeführt416.417 Analyse des Acid Rain Program Theoretische Einordnung Im Allowance Trading wurden wesentliche Elemente des Zertifikatemodells418 verwirklicht. Grundlage ist ein Umweltqualitätsziel, das die SO2-Emissionen quantitativ begrenzt und das ein zeitlich festgeschriebenes Reduktionsziel als dynamische Komponente enthält. Zu seiner Erreichung dient ausschließlich das Lizenzsystem, zu dem keine konkurrierenden Anreizmechanismen existieren: Anlagenbetreiber können keine Emissionsrechte über Genehmigungsverfahren erlangen, und für Neuanlagen gilt eine strikte Nullzuteilungs-Regel. Die Erstausstattung mit Rechten erfolgt durch ein Grandfathering-Verfahren, welches eine geeignete Übergangsstrategie419 von der reinen Auflagen- zur Zertifikatepolitik darstellt. Für den Handel wurde ein nationaler Markt mit einer großen Zahl an Marktteilnehmern420 institutionalisiert, und es wurde mit den staatlichen Auktionen ein Mechanismus geschaffen, um Marktprozesse anzuregen. Obgleich das Allowance Trading mit dem Auflagenrahmen des CAA verknüpft und somit ein mischinstrumenteller Ansatz ist, beschränken ordnungsrechtliche Vorschriften den Lizenzhandel in nur geringem Maße.421 Zu betonen ist, daß vor allem die 416 Sog. Zero Revenue Auctions. 417 Ein Teil der verkauften bzw. versteigerten Lizenzen darf frühestens 7 Jahre nach Erwerb eingesetzt werden (Advance Sales/Advance Auction), der andere Teil im aktuellen Jahr (Spot Sales/Spot Auction); die angebotenen Mengen sind zeitlich gestaffelt. 418 Ein Zertifikatemodell ist gekennzeichnet durch die aus dem ökologischen Ziel abgeleitete, harte Mengensteuerung und die Fungibilität der Rechte; darüber hinaus dürfen Emissionsrechte nicht anders als über den Markt (abgesehen von der Primärzuteilung) zu erlangen sein, wie z.B. durch Genehmigungsverfahren (vgl. oben Gp. III.B.3.b.). 419 Vgl. oben Gp. III.B.2.a. und d. 420 In Phase II sind über 2000 Anlagen einbezogen. 421 Im Einzelfall kann eine mögliche Verletzung der Immissionsgrenzwerte zu Handelsbeschränkungen

86


Technikvorschriften kaum durchgreifende Wirkung auf die Anlagen haben.422 Beschränkungen des Allowance Trading ergeben sich weniger aus der umweltpolitischen Konzeption, sondern resultieren aus psychologischen Faktoren, Überlagerungen mit energiepolitischen Regulierungen sowie regionalpolitischen Interessen.423 Leistungen des Programms Das anspruchsvolle ökologische Gesamtziel war trotz vorhandener Unsicherheiten über seinen Nutzen – aufgrund außenpolitischen Drucks und innenpolitischer Gegebenheiten – nicht lange Gegenstand von Auseinandersetzungen.424 Daß zur Erreichung dieses Ziels ein Zertifikatesystem implementiert wurde, ist vor allem auf die Interdependenz von Zielen und Mitteln zurückzuführen: es erfüllt die ökologischen Anforderungen425, zugleich ist die Kostenbelastung für die Emittenten426 zumutbar, und darüber hinaus ist das Konzept in der Lage, die entstehenden Verteilungskonflikte zum Ausgleich zu bringen.427 Erfüllung ökologischer Anforderungen. Das ökologische Ziel des Programms ist die wirksame Bekämpfung des sauren Regens – dementsprechend streng ist die geforderte Gesamtreduktion, die der von Ökologen geforderten Größenordnung

führen. 422 Im Emissions Trading hatten Technikvorschriften eine lähmende Wirkung. Im Allowance Trading wirken sich “Stand der Technik”-Vorschriften faktisch nicht aus, weil die betroffenen Altanlagen (aufgrund der erfüllten Immissionsnormen) keine Standards des Bundes einzuhalten haben. Für Neuanlagen sind die NSPS verbindlich, jedoch bedeutet die Null-Zuteilung eine strengere Restriktion als die Technologieanforderungen (vgl. Endres/Schwarze (1994), S.170). 423 Vgl. unten (3). 424 In erheblichem Maße vom sauren Regen betroffen war Kanada, das politischen Druck auf die USRegierung ausübte; darüber hinaus waren Umweltqualitätsverbesserungen ein wichtiges Thema des Präsidentschaftswahlkampfs von George Bush, der sich als “Environmental President” portraitierte. 425 Dies ist Voraussetzung dafür, daß es die Unterstützung von Bevölkerung und Ökologen erhält (vgl. oben Gp. III.D.4.); beim Allowance Trading waren vor allem die Umweltschützer von der Wirksamkeit des Programms überzeugt. 426 Die Widerstände der Emittenten verringern sich, wenn ein kosteneffizientes Instrumentarium die erhöhten ökologische Anforderungen wirtschaftlich tragbar macht (vgl. oben Gp. III.D.4.). 427 Zur Entstehungsgeschiche des Programms vgl. Kete (1992), S.81-87.

87


entspricht und die geeignet scheint,428 die meisten Immissionsschäden zu vermeiden.429 Ein Zertifikatemodell gewährleistet in diesem Gesichtspunkt eine hohe ökologische Treffsicherheit, verbunden mit bindenden Vollzugsfristen. Zum Erfordernis der Begrenzung der Gesamtemissionsmenge tritt bei dem Schadstoff Schwefeldioxid eine zweite Komponente; neben seinen Globalwirkungen hat er auch eine räumliche Dimension. In einem System frei handelbarer Lizenzen, um das es sich bei dem hier vorliegenden handelt, besteht die Problematik regionaler Schadstoffkonzentrationen. Wie oben dargelegt, ist der heutige Kenntnisstand der Diffusionszusammenhänge im Luftbereich unzureichend, um ein System von Immissionslizenzen oder immissionsseitig korrigierten Emissionslizenzen darauf aufbauen zu können.430 Daß dennoch ein bundesweiter Rechtehandel vorgesehen ist, kann auf die wirksame Verbindung mit dem Regelungssystem des CAA und auf günstige Rahmenbedingungen zurückgeführt werden. SO2 und NOx verhalten sich in ihrer Fernwirkung als sich gleichmäßig ausbreitende Schadstoffe; die Möglichkeit unerwünschter Nahwirkungen wird vermindert, indem das Emissionsziel für Fernwirkungen – der Regelungsgegenstand des Acid Rain Program – insgesamt so restriktiv gestaltet ist, daß sich selbst durch umfangreiche Transfers von Rechten die bisherigen Ist-Emissionen einzelner Anlagen nur in Einzelfällen erhöhen werden. Da gleichzeitig die regionalen Immissionsgrenzen schon vor Einführung des Programms fast überall erreicht wurden, sind Handelsallokationen regelmäßig nicht immissionsrelevant.431 Die Immissionsgrenzwerte des CAA, an die auch das Allowance Trading gebunden ist, verhindern zudem auch in den verbleibenden Fällen ökologisch nachteilige

428 Über die ökologische Wirksamkeit bestehen dennoch Unsicherheiten: sowohl das Ausmaß der Versauerungen als auch die Größe der dadurch hervorgerufenen Schäden sind unklar, ja sogar die generelle Kausalität zwischen Schäden und saurem Regen ist nicht zweifelsfrei erwiesen. 429 Der Environmental Defense Fund forderte erstmalig 1984 eine Halbierung der SO2-Emissionen (vgl. Endres/Schwarze (1994), S.159 Fn.46). 430 Zu den ökologischen Anforderungen vgl. auch oben Gp. III.C. 431 Vgl. Endres/Schwarze (1994), S.163,165

88


Wirkungen.432 Begünstigend wirkt weiterhin, daß regionale Schadstoffballungen vorrangig in den Staaten des mittleren Westens und Ostens – mit den größten und schmutzigsten Anlagen433 – zu befürchten sind, für die das Programm hohe Anreize zur frühen Erfüllung der Phase II-Anforderungen setzt; diese werden dann zu Lizenzanbietern, sodaß ein Rechtetransfer aus den nahwirkungsgefährdeten Gebieten heraus zu erwarten ist.434 Kosteneinsparpotential und Kosten. Erwartung an ein Lizenzmodell ist, daß es das vorgegebene ökologische Ziel zu geringeren volkswirtschaftlichen Kosten erreicht, als unter der Auflagenpolitik möglich. Seine Funktionsfähigkeit hängt vor allem davon ab, daß große Unterschiede zwischen den Grenzvermeidungskosten einzelner Emittenten bestehen. Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall erfüllt: sowohl Alter als auch Größe der Kraftwerke variieren erheblich. Bei einer rein technischen Emissionsvermeidung wird von der EPA eine Kostenspanne von $ 265 bis $ 1414435 pro Tonne SO2 angegeben; bei geschätzten Vollzugskosten von insgesamt $ 2–6 Mrd./Jahr ergeben sich im Vergleich zur äquivalenten Auflagenlösung erwartete Kosteneinsparungen von jährlich $ 2–3 Mrd.436 Die Einsparungen werden vor allem in Phase II erwartet, in der auch der Großteil der Lizenzübertragungen stattfinden wird.437

432 Ein im Gesetz nicht aufgelöster Widerspruch besteht darin, daß die Lizenzen zwar einerseits zum “nicht näher zu prüfenden Teil der Betriebsgenehmigung” werden, andererseits der Handel unter immissionsseitigem Vorbehalt steht. In der Zeit bis zur Klärung bestehen erhebliche Rechtsunsicherheiten und bürokratische Hürden (vgl. Endres/Schwarze (1994), S.167,203). 433 In diesen 22 Staaten werden ca. 80% der gesamten Kraftwerksemissionen verursacht. 434 Vgl. Endres/Schwarze (1994), S.166. Derzeit zielen Überlegungen auf Immissions- und Technikvorschriften zur Schwebstaubreduzierung sowie auf die generelle Verschärfung der Immissionsgrenzwerte, was zu Zielkonflikten mit dem Allowance Trading führen kann. Dadurch entstehen ebenfalls Rechtsunsicherheiten, die den Lizenzhandel behindern und die bewirken, daß sich die Marktteilnehmer zunächst abwartend verhalten. 435 Basis: $(1980). Weitere Studien neben der hier genannten kommen zu vergleichbaren Schätzungen der Vermeidungskosten (vgl. hierzu Endres/Schwarze (1994), S. 204). 436 Vgl. Endres/Schwarze (1994), S.205-206 437 In Phase I können die Anforderungen im wesentlichen durch den Einsatz schwefelärmerer Kohle in den Kraftwerken des mittleren Westen und Ostens erfüllt werden.

89


Lösung von Verteilungskonflikten.438 Das politische Vorfeld der CAA-Novelle war vor allem von regionalen Verteilungskonflikten geprägt:439 Kosten und Nutzen einer Umweltpolitik sind ungleichmäßig verteilt, es gibt per saldo “Gewinner” und “Verlierer”, was sich auf die Gestaltung des Programms auswirkte. Dabei stand das Motiv der Politiker, ihre jeweilige Wählerschaft vor nachteiligen Auswirkungen zu schützen, im Vordergrund der Auseinandersetzungen.440 Die durch den sauren Regen stark geschädigten Staaten des Nordens und Nordostens traten für eine strenge Gesetzgebung ein. Strikt gegen das Programm waren die Staaten des mittleren Westens und des Ostens, die über viele alte Großkraftwerke verfügen, und deren umfangreiche Vorkommen an besonders schwefelreicher Kohle ein bedeutender Wirtschaftsfaktor sind; sie befürchteten wirtschaftliche Nachteile durch den Minderverbrauch ihrer Kohle und die erheblichen Sanierungskosten der Altanlagen. In einer wieder anderen Situation befanden sich die “Clean States” des Westens mit ihrem modernen Kraftwerkspark und einem geringen Beitrag zum sauren Regen. Ihre Widerstände lagen darin begründet, daß sie ihre Wachstumschancen durch die Anfangsverteilung beeinträchtigt sahen, denn sie sind vom Lizenzangebot altindustrieller Regionen abhängig.441 Hervorzuheben ist die Flexibilität des Zertifikatemodells, die es ermöglicht, Verteilungskonflikte zu einem Konsens zu führen und Sonderinteressen zu berücksichtigen, ohne dabei das Gesamtziel zu gefährden.442 Den Interessen der Staaten des Nordens wird durch das Halbierungsziel der SO2-Emissionen Rechnung getragen. Die Besitzstände der Staaten im mittleren Westen und Osten werden gewahrt, weil die Grandfathering-Lösung an die zuvor bestehenden Rechte zur Emission an-

438 Vgl. hierzu Ferrall (1991), S.247-248; ausführlich Endres/Schwarze (1994), S.172-182 und Kete (1992), S.97-100. 439 Auf die Dominanz regionalpolitischer Interessen weist Ferall (1991), S.246-252 hin. 440 Vgl. Kete (1992), S.80. Zu dieser Haltung der Politiker vgl. oben Gp. III.D.4. 441 Vgl. Endres/Schwarze (1994), S.173, 176-177 442 Endres/Schwarze (1994, S.179) weisen darauf hin, daß diese Eigenschaft in der theoretischen Diskussion weitgehend unbeachtet geblieben ist.

90


knüpft. Entstehende wirtschaftliche Nachteile durch die Kosten einer konsequenten Altanlagensanierung werden von zahlreichen Sonderzuteilungen abgemildert; die Förderung von Reinigungstechnologien für Kohle und Rauchgas verhindert eine breite Umstellung auf schwefelarme Westkohle zum Nachteil des Kohlebergbaus im Osten. Den Wachstumsinteressen der Staaten des Westens und Neuemittenten wird entgegengekommen, indem staatliche Verkäufe und Versteigerungen443 von Allowances ein Lizenzangebot bereitstellen. Mögliche Probleme Gefahr der Marktträgheit. In einem Grandfathering-Modell ist das Handelsvolumen im allgemeinen geringer als bei der Versteigerungslösung. Da zu Anfang alle Emittenten mit Lizenzen ausgestattet sind, besteht eine Tendenz, Zertifikate zu horten.444 Aus diesem Grund ist eine anfängliche Marktträgheit zu erwarten, die dadurch verstärkt wird, daß es wiederum an Preissignalen und an Transaktionspartnern mangelt. Emittenten werden sich daher eher abwartend verhalten, interne Transfers bevorzugen und ihr Angebot auf überschüssige Allowances begrenzen, anstatt Kosten und Erträge der Lizenzhaltung und der Vermeidung gegeneinander abzuwägen und auf dieser Basis ihre Emissionsentscheidung zu treffen. Handelsbeschränkungen, die sich aus dem noch ungeklärten Zusammenwirken mit den CAA-Regelungen ergeben, verengen den Markt nochmals und verschärfen diese Problematik. Sie zu überwinden ist wichtige Voraussetzung für den Erfolg des Allowance Trading. Diesem Zweck dient die Institutionalisierung staatlicher Auktionen, die für Preissignale sorgen und Marktprozesse initiieren; ebenfalls positiv auf das erwartete Marktvolumen wirken sich die großen Unter-

443 Diese Ausgestaltung unterbindet das Horten von Rechten, ohne daß Emittenten “enteignet” werden, weil das Design der “Zero-Revenue”-Auktionen und -Verkäufe die Erträge an die von der Konfiszierung Betroffenen zurückfließen läßt. 444 Vgl. oben Gp. III.B.2.d.

91


schiede in den Grenzvermeidungskosten aus, da erhebliche Handelsgewinne realisierbar sind.445 Überlagerungen mit der Energiepolitik. Ein Problem für das Lizenzsystem stellen energiepolitische Regulierungen dar, denen die Elektrizitätsversorger aufgrund ihrer Gebietsmonopole unterworfen werden. Das sog. Rate Making stellt angemessene Strompreise sicher, indem es unter anderem die Ertragsrate der Stromerzeuger begrenzt, die ertragsfähigen Kostengrößen festlegt, Investitionen kontrolliert und bestimmt, die sonstigen Erträge an den Kunden weiterzugeben. Diese Regulierungen wirken sich auch auf den Lizenzmarkt aus. Ist die Ertragsrate begrenzt, tendieren die Unternehmen zu einem ineffizient hohen Kapitaleinsatz, weil die erlaubten Gewinne mit zunehmender Menge dieses Faktors steigen.446 Muß ein Stromerzeuger nicht-produktive Umweltschutzaufwendungen tätigen, führt das zu Gewinneinbußen; diese können abgepuffert werden, indem Kosteneinsparungen durch Verringerung des erhöhten Kapitalbestands erzielt werden. Dementsprechend werden also Umweltschutzaufwendungen, die im Rate Making als produktives Kapital eingestuft sind, solchen vorgezogen, die zu den laufenden Betriebskosten zählen.447 Problematisch ist in diesem Zusammenhang, daß ein systematischer Anreiz entsteht, End-of-Pipe-Technologien – die als Investitionen zur Rate Base zählen – inputseitigen Maßnahmen vorzuziehen, welche als laufende Kostengröße zu qualifizieren sind. Gleiches gilt für die Haltung von Lizenzen, die den Charakter einer Betriebsausgabe haben, weil sie die laufenden Emissionen decken; dadurch entsteht eine Verzerrung zu Ungunsten der Lizenzhaltung. Für eine unverzerrte Abwägung zwischen Allowances und 445 Vgl. Endres/Schwarze (1994), S.185-186. Staatliche Auktionen und Verkäufe begrenzen auch mögliche Probleme durch Wettbewerbsbeschränkungen und Marktmißbrauch (vgl. oben Gp. III.D.5.), weshalb Endres/Schwarze diese Gefahr – zumal bei der großen Ausdehnung und Offenheit des Marktes – als gering einschätzen. 446 Eine unbegrenzte Kapitalaufblähung ist jedoch nicht rational, weil die Gewinnerzielungsmöglichkeiten durch gegenläufige Effekte – Kostensteigerungen und sinkende Preiserzielungsmöglichkeiten – eingeschränkt werden. 447 Vgl. Endres/Schwarze (1994), S.190-191. Zur Herleitung dieses Befundes vgl. dort S.188-193.

92


Umweltschutzinvestitionen ist es erforderlich, daß sie im Rate Making gleich behandelt werden. Erträge aus Verkäufen von Vermögensgegenständen sind in Form von Preisnachlässen an die Kunden weiterzugeben. Da die Verkaufserlöse gratis zugeteilter Lizenzen in vollem Umfang448 unter diese Regelung fallen, sind Erträge aus Lizenzverkäufen möglich, was sich auf das Marktverhalten der Anlagenbetreiber auswirkt – das Horten von Allowances ist eine rationale Strategie. Opportunitätskosten zur Lizenzhaltung bestehen nur dann, wenn auf eine Gewinnkonfiszierung verzichtet wird.449 Politisch motiviertes Horten. Im Allowance Trading besteht die Gefahr, daß einzelne Staaten – aufgrund regionaler wirtschaftspolitischer Interessen – über die Ausgestaltung des Regelungsrahmens Einfluß auf das Marktverhalten der Anlagenbetreiber nehmen. Die Befürchtungen gehen dahin, daß in den Staaten des Westens mit ihrer geringen Lizenzausstattung der Handel erschwert450 würde, um einen Abfluß der Rechte zu verhindern; desweiteren wird damit gerechnet, daß es in den Staaten des mittleren Westens und Ostens zu Beschränkungen des Einsatzes schwefelarmer Westkohle kommt, weil man dort den heimischen BallastkohleBergbau als wichtigen Wirtschaftsfaktor nicht gefährden möchte.451 Kommt es aus diesen Gründen zu einem Horten von Lizenzen, werden Kosteneinsparpotentiale verschenkt und der Markt ausgedünnt. Wiederum ist hier das Ziel staatlicher Auktionen, Marktprozesse in Gang zu bringen und Preissignale zu setzen. Nur wenn es gelingt, Marktvertrauen zu schaffen – das Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit des Marktes ist –, kann er seine Allokationsaufgabe

448 In den meisten Bundesstaaten werden Vermögensgegenstände zu Anschaffungskosten bilanziert; nur in den wenigen Staaten, in denen die Wiederbeschaffungskosten zur Wertermittlung herangezogen werden, sind Ertragsmöglichkeiten durch Veräußerung von Allowances gegeben. 449 Vgl. Endres/Schwarze (1994), S.196-197 450 Bspw. über “geeignete” Rate Making- und Bilanzierungsvorschriften. 451 Vgl. Endres/Schwarze (1994), S.198-200

93


erfüllen, Lizenzen der dringlichsten Verwendung zuzuführen und so auf breiter Basis Kosteneinsparungen ermöglichen. Marktauftakt In der Marktauftaktphase haben sich die erwarteten Probleme bestätigt. Aufgrund der bestehenden Unsicherheiten haben die Emittenten ein risikominimierendes Verhalten erkennen lassen. Freie Allowances wurden zum Großteil innerhalb eines Unternehmens eingesetzt. Die wenigen Transaktionen über den Markt waren meist regional beschränkt und fanden überwiegend auf bilateraler Basis innerhalb gewachsener Geschäftsbeziehungen statt. Ebenfalls zu beobachten war, daß im allgemeinen nur geringe Mengen an Lizenzen – zudem in zeitlich befristeten Verträgen – übertragen wurden. Die erzielten Preise lagen mit Werten zwischen $ 250 und $ 450 deutlich unter den erwarteten $ 1000, was dadurch zu erklären ist, daß Reduktionen relativ einfach zu erbringen waren452 oder sogar aufgrund einzelstaatlicher Vorschriften453 schon vor Inkrafttreten des Allowance Trading erbracht wurden.454 Zusammenfassende Beurteilung Mit dem Allowance Trading wurde ein Zertifikatemodell implementiert, das den Emittenten große Flexibilität bei der Erreichung der bindenden Emissionsobergrenze bietet und daher ein erhebliches Kosteneinsparpotential gegenüber der Auflagenlösung bietet. Zu einer anfänglichen Marktträgheit führen Unsicherheiten, die entstehen, weil sich eine Vielzahl rechtlicher Regelungen erst herausbilden und das Programm mit anderen umwelt- und energiepolitischen Regulierungen

452 Zumeist durch den “fuel switch” auf schwefelarme Brennstoffe. 453 Bspw. machte das Allowance Trading die im Staate Wisconsin seit Mitte der 80er Jahre (durch erhöhte, über den Title IV hinausgehende gesetzliche Anforderungen) erbrachten Reduktionsleistungen zu veräußerbaren Guthaben. 454 Vgl. Endres/Schwarze (1994), S.208-209

94


abgestimmt werden muß. Auch das Einführungsverfahren – eine an bestehende Emissionsgenehmigungen anknüpfende Freivergabe – bewirkt einen schleppenden Marktauftakt. Erst mit steigendem Vertrauen der Anlagenbetreiber in die neue Politik werden Marktprozesse in nennenswertem Umfang entstehen; die Größe des nationalen Marktes kann sich hier positiv auswirken. Die Entstehungsgeschichte des Acid Rain Program hat deutlich werden lassen, daß die Risiken für das Programm politisch-rechtlicher Natur sind und vor allem durch die Verteilungswirkungen dieser Umweltpolitik hervorgerufen werden. Zwar ist das Zertifikatemodell in der Lage, in seiner Ausgestaltung regionale Interessen flexibel zu berücksichtigen, es unterliegt aber in der Durchführung vielfältigen politischen Hebeln, die seine Funktionsfähigkeit einschränken.455 Können diese Probleme nicht ausgeräumt werden, ist zu befürchten, daß sich ein freier Handel von Emissionsrechten, der durch ökonomische Erwägungen motiviert ist, nicht entwickeln wird.456

455 Vgl. etwa Ferrall (1991), S.252 456 Vgl. Endres/Schwarze (1994), S.212

95


Resümee Die Ausgestaltung von Zertifikatemodellen. Ausgangspunkt eines Zertifikatemodells ist der ökologische Zielbezug. Aus der angestrebten Umweltqualität ist ein bindendes Gesamtemissionsziel für den regulierten Schadstoff abzuleiten, das in Form von Zertifikaten verbrieft wird. Sollen im Zeitablauf verschärfte Immissionsnormen realisiert werden, tritt als dynamische Komponente ein Stufenplan zur Verringerung der Emissionen hinzu. Im Falle ungleichmäßig transmittierender Schadstoffe muß das ökologische Ziel räumlich und zeitlich präzisiert werden, um regionale oder temporäre Schadstoffkonzentrationen zu vermeiden; diese ökologischen Bedingungen können durch verschiedene Designs des Instruments berücksichtigt werden, die die räumliche Ausdehnung der Märkte beschränken oder Transaktions- und Nutzungsbegrenzungen vorsehen. Die Umweltnutzungsrechte sind fungibel: über einen marktlichen Allokationsprozeß werden sie der dringlichsten Verwendung zugeführt, und so der Emissionsstandard kosteneffizient erreicht. Weil Opportunitätskosten zur Umweltnutzung bestehen, geht von dem Modell ein ständiger Anreiz zum schonenden Umgang mit Umweltressourcen und zur Erhöhung der Effektivität ihres Einsatzes durch Entwicklung technischer Innovationen aus. Zur Einführung von Zertifikaten kommt eine Versteigerung in Betracht, die eine effiziente Primärallokation bewirkt; um einen Bruch mit ordnungsrechtlichen Genehmigungen zu vermeiden und den Übergang zu einer marktkonformen Umweltpolitik zu ermöglichen, bietet sich als Alternative die freie Vergabe an, die an bestehende Umweltnutzungen anknüpft. Da in diesem Falle die kosteneffiziente Allokation erst über den Zertifikatehandel zwischen den Emittenten erreicht wird, kann es erforderlich sein, als flankierende Maßnahme ein Konzept zur Marktinitiierung vorzusehen. Für die effektive Funktion des Modells ist es zudem notwendig, daß die Markttransparenz – durch den Transfer von Informationen – und ein aus-

96


reichender Wettbewerb sichergestellt sind. Bei einer Gefährdung der ökologischen und ökonomischen Ziele muß die Umweltbehörde darüber hinaus in der Lage sein, marktsteuernd einzugreifen. Wirkungsbeeinträchtigungen reiner Zertifikatemodelle. Ökonomische Effizenzverluste in einem Zertifikatemodell sind vor allem auf zwei Ursachen zurückzuführen. Erstens kann die bei vielen Schadstoffen erforderliche Äquivalenz gehandelter Emissionen dazu führen, daß verengte Märkte mit einem verringerten Einsparpotential entstehen – solche Beschränkungen sind aus ökologischen Gründen unvermeidlich. Die ökonomische Funktionsfähigkeit ist jedoch nur dann gewährleistet, wenn eine hinreichende Zahl von Marktteilnehmern vorhanden ist, und wenn der Umfang potentieller Kosteneinsparungen aufgrund der Vermeidungskostenunterschiede der Emittenten so groß ist, daß Handelsanreize bestehen. Zweitens werden aus verschiedenen Gründen Emissionsrechte nicht über den Markt ihrer dringlichsten Verwendung zugeführt, sondern gehortet; besonders problematisch sind Wirkungsbrüche, die durch Wettbewerbsbeschränkungen, Rechtsunsicherheiten, Verhaltensstrategien der Emittenten und mangelndes Marktvertrauen entstehen. Hier ist die Umweltpolitik zum Gegensteuern aufgefordert. Eine Unsicherheit bei der Einführung von Zertifikaten, die zu politischen Konflikten führt und die Gefahr einer anfänglichen Marktträgheit birgt, liegt zum einen an der Neuartigkeit und dem veränderten Blickwinkel des Instruments, zum anderen daran, daß sich Rechtsregeln und Institutionen erst herausbilden müssen. Wirkungsdefizite von Kompensationsmodellen. Kompensationsmodelle ermöglichen eine Korrektur der ordnungsrechtlichen Primärallokation. Da der ordnungsrechtlichen Auflage die Funktion der ökologischen Feinsteuerung zukommt, unterliegen praktische Kompensationsregelungen vielfältigen Restriktionen, die die

97


Möglichkeiten zur Reallokation von Umweltnutzungen einschränken. Zeitliche, räumliche und sachliche Beschränkungen verringern die Transaktionsmöglichkeiten, obwohl sie ökologisch nicht immer zwingend sind. Ebenso problematisch sind fehlende Verfahren zur Handelserleichterung, bürokratischer Aufwand und uneinheitliche, mit Unsicherheit behaftete Regelungen. Als besonders hinderlich hat sich die Dynamisierung über Technologiestandards anstelle quantitativer Emissionsziele erwiesen, weil dadurch psychologische Hemmungen und verminderte dynamische Anreizwirkungen entstehen, und darüber hinaus die Attraktivität des verlängerten Betriebs technisch rückständiger Altanlagen steigt, an die weniger strenge Anforderungen gestellt sind. Ebenso macht sich das Fehlen einer Banking-Regelung oder deren restriktive Ausgestaltung negativ bemerkbar, weil in diesen Fällen der ständige Anreiz zur Emissionsreduktion verloren geht. Möglichkeiten und Grenzen des Instruments. Zertifikatemodelle ermöglichen es, Vermeidungskosten zu senken, und so weitergehende Umweltschutzmaßnahmen zu verwirklichen. Das Modell bringt vor allem dann große Kostenvorteile, wenn die Komplexität des zu regelnden Umweltbereichs gering und gleichzeitig die Vermeidungskostenunterschiede der Emittenten hoch sind. In der Luftreinhaltung können Zertifikatemodelle einen Beitrag zur Lösung globaler Umweltprobleme leisten. Weiterhin sind sie immer dann anwendbar, wenn der Handel von Emissionsrechten aufgrund der räumlichen Schadstoffbedingungen nicht oder nur in geringem Maße immissionsrelevant ist, oder wenn Nahwirkungen – aufgrund der sich durch ein anspruchsvolles Reduktionsziel ohnehin verbessernden Immissionssituation – vernachlässigt werden können. Durch die Anwendbarkeit von Diffusionsmodellen erbringen in der Gewässergü-

98


tepolitik auch differenzierte Zertifikate Effizienzgewinne, ohne die ökologischen Risiken zu erhöhen. Grenzen reiner Zertifikatemodelle sind dort gegeben, wo mangelnde Kenntnisse der Diffusionsprozesse die ökologische Feinsteuerung unmöglich machen, und in den Fällen, in denen die Komplexität des Instrumentedesigns so groß wird, daß die Übersichtlichkeit für die Emittenten verlorengeht und der administrative Aufwand mögliche Effizienzgewinne übersteigt. Sind Umweltnutzungen über ordnungsrechtliche Auflagen geregelt, führt eine Flexibilisierung über Kompensationsregelungen zu Kostenvorteilen, weil die behördliche Allokation der Umweltnutzung durch ökonomische Erwägungen der Emittenten korrigiert werden kann. Je mehr Freiheitsgrade bestehen, desto größer sind auch die Kosteneinsparungen, die realisiert werden können. Praktische Kompensationslösungen sollten daher – soweit die ökologische Treffsicherheit gewährleistet bleibt – so flexibel wie möglich ausgestaltet sein. Doch selbst wenn die Modelle restriktiv angelegt und durch Wirkungsbrüche beeinträchtigt sind, bringt jede durch sie erreichte Flexibilisierung, also die Möglichkeit zur marktlichen Allokation von Umweltnutzungen, Kostenvorteile und erleichtert so die Durchsetzbarkeit anspruchsvollerer ökologischer Ziele.

99


Literaturverzeichnis Bartmann, Hermann, Föller, Alex (1992), Umweltökonomie. 3. verb. und erg. Aufl., St. Gallen Bohne, Eberhard (1988), Politics and Markets in Environmental Protection: Reforming Air Pollution Regulations in the United States of America and in the Federal Republic of Germany. Siegen Baumol, William J., Blackman, Sue Anne Batey (1980), Modified Fiscal Incentives in Environmental Policy, in: Land Economics, Vol. 56, No. 4, S. 417-431 Baumol, William J., Oates, Wallace E. (1971), The Use of Standards and Prices for Protection of the Environment, in: Swedish Journal of Economics 1971, S. 42-54, abgedruckt in: W.E. Oates (ed.), The economics of the environment. Cambridge 1992, S. 161-173 Baumol, William J., Oates, Wallace E. (1988), The theory of environmental policy. 2nd ed., Cambridge Becker-Neetz, Gerald (1987), Rechtliche Probleme der Umweltzertifikate in der Luftreinhaltepolitik, Diss. Frankfurt am Main 1987, Frankfurt am Main, New York, Paris Binswanger, Hans Christoph (1978), Eigentum und Eigentumspolitik. Zürich Binswanger, Hans Christoph (1980), Modelle einer umweltkonformen Marktwirtschaft - ein Weg zu qualitativem Wachstum, in: E. Küng (Hrsg.), Wandlungen in Wirtschaft und Gesellschaft. Festschrift für Walter Adolf Jöhr. Tübingen, S. 201-211 Binswanger, Hans Christoph (1981), Emissionsrechte als Erweiterung der Eigentumsordnung, in: L. Wegehenkel (Hrsg.), Marktwirtschaft und Umwelt: Symposion vom 26.-28. März 1980. Tübingen, S. 87-93

100


Bonus, Holger (1981a), Emissionsrechte als Mittel der Privatisierung öffentlicher Ressourcen aus der Umwelt, in: L. Wegehenkel (Hrsg.), Marktwirtschaft und Umwelt: Symposion vom 26.-28. März 1980. Tübingen, S. 54-77 Bonus, Holger, (1981b), Instrumente einer ökologieverträglichen Wirtschatfpolitik, in: H.-C. Binswanger/H. Bonus/M. Timmermann, Wirtschaft und Umwelt: Möglichkeiten einer ökologieverträglichen Wirtschaftspolitik. Stuttgart, Berlin, Köln, Mainz, S. 84-163 Bonus, Holger (1981c), Wettbewerbspolitische Implikationen umweltpolitischer Instrumente, in: H. Gutzler (Hrsg.), Umweltpolitik und Wettbewerb. Baden-Baden, S. 104-121 Bonus, Holger (1984a), Marktwirtschaftliche Konzepte im Umweltschutz: Auswertung amerikanischer Erfahrungen im Auftrag des Landes BadenWürttemberg. Stuttgart Bonus, Holger (1984b), Zwei Philosophien der Umweltpolitik: Lehren aus der amerikanischen Luftreinhaltepolitik, in: List Forum, Bd. 12, 1983/84, Heft 5, S. 323-340 Bonus, Holger et al. (1985), Neue Wege in der Umweltpolitik: e. Veranst. d. Ludwig-Erhard-Stiftung Bonn am 10. November 1983 in Bonn. Stuttgart, New York Bonus, Holger (1990), Preis- und Mengenlösungen in der Umweltpolitik, in: Jahrbuch für Sozialwissenschaft, Bd. 41, S. 343-358 Bonus, Holger (1991), Leistungspotentiale marktwirtschaftlicher Umweltpolitik, in: E. El-Shagi (Hrsg.), Umweltpolitik in der Marktwirtschaft. Pfaffenweiler, S. 13-31 Breuer, Rüdiger (1987), Grundprobleme des Umweltschutzes aus juristischer Sicht, in: M. Wenz/O. Issing/H. Hofmann (Hrsg.), Ökologie, Ökonomie und Jurisprudenz. München, S. 21-55 Buck, Wolfgang (1983), Lenkungsstrategien für die optimale Allokation von Umweltgütern: theoretische Grundlagen einer rationalen Konzeption der Umweltpolitik. Frankfurt am Main, Bern, New York

101


Cansier, Dieter (1978), Die Förderung des umweltfreundlichen technischen Fortschritts durch die Anwendung des Verursacherprinzips, in: Jahrbuch für Sozialwissenschaft, Bd. 29, S. 145-163 Cansier, Dieter (1988), Öffentliche Finanzen im Dienst der Umweltpolitik. Neuere theoretische Ansätze, in: C. Blankart/D. Cansier/ D. Dickertmann, Öffentliche Finanzen und Umweltpolitik I. Schriften des Vereins für Socialpolitik, Bd. 176, 1, Berlin, S. 11-50 Cansier, Dieter (1991), Die Bekämpfung des Treibhauseffektes aus ökonomischer Sicht. Heidelberg Cansier, Dieter (1993), Umweltökonomie. Stuttgart, Jena Coase, Ronald H. (1960), The Problem of Social Cost, in: Journal of Law and Economics, Bd. 3, S. 1-44 Crocker, Thomas D. (1966), The Structuring of Atmospheric Pollution Control Systems, in: H. Wolozin (ed.), The Economics of Air Pollution. New York, S. 61-86 Dales, John H. (1968a), Land, Water, and Ownership, in: Canadian Journal of Economics, Vol. I, No. 4, November 1968, S. 791-804, abgedruckt in: W.E. Oates (ed.), The economics of the environment. Cambridge 1992, S. 174-187 Dales, John H. (1968b), Pollution, Property & Prices. An essay in policymaking and economics. Toronto Endres, Alfred (1985), Umwelt- und Ressourcenökonomie. Darmstadt Endres, Alfred (1986), Neuere Entwicklungen in der amerikanischen Luftreinhaltepolitik. Diskussionspapier 109, hrsg. von der Wirtschaftswissenschaftlichen Dokumentation der Technischen Universität Berlin Endres, Alfred (1987), Umweltpolitik - Diaspora für Marktwirtschaftler, in: Zeitschrift für Energiewirtschaft, 11. Jg. Heft 1/87, S. 7-12

102


Endres, Alfred (1989), Wirtschaftspolitische Instrumente im Umweltschutz, in: H. Donner (Hrsg.), Umweltschutz zwischen Staat und Markt: Moderne Konzeptionen im Umweltschutz. Baden-Baden, S. 269-287 Endres, Alfred (1991), Ökonomische Grundlagen des Haftungsrechts. Heidelberg Endres, Alfred (1994a), Umweltökonomie: Eine Einführung. Darmstadt Endres, Alfred (1994b), Umweltzertifikate: Eine marktwirtschaftliche Alternative im Widerstreit, in: A. Endres/E. Rehbinder/R. Schwarze, Umweltzertifikate und Kompensationslösungen aus ökonomischer und juristischer Sicht. Bonn, S. 1-27 Endres, Alfred, Schwarze, Reimund (1994), Das Zertifikatsmodell vor der Bewährungsprobe? Eine ökonomische Analyse des Acid Rain-Programms des neuen US Clean Air Act, in: A. Endres/E. Rehbinder/R. Schwarze, Umweltzertifikate und Kompensationslösungen aus ökonomischer und juristischer Sicht. Bonn, S. 137-215 Ewringmann, Dieter, Gawel, Erik (1994), Kompensationen im Immissionsschutzrecht: Erfahrungen im Kannenbäckerland. Baden-Baden Ferrall, Brian L. (1991), The Clean Air Act Amendments of 1990 and the Use of Market Forces to Control Sulfur Dioxide Emissions, in: Harvard Journal on Legislation, Vol. 28, S. 235-252 Frey, Bruno S. (1985), Umweltökonomie. 2., erw. Aufl., Göttingen Frey, René L., (1993), Strategien und Instrumente, in: R.L. Frey (Hrsg.), Mit Ökonomie zur Ökologie: Analyse und Lösungen des Umweltproblems aus ökonomischer Sicht. 2., überarb. und erg. Aufl., Basel, Frankfurt am Main, Stuttgart, S. 67-110 Fromm, Oliver, Hansjürgens, Bernd (1994), Umweltpolitik mit handelbaren Emissionszertifikaten – eine ökonomische Analyse des RECLAIM-Programms in Südkalifornien, in: ZAU, 7. Jg., 2/94, S. 211-223

103


Gawel, Erik (1991), Umweltpolitik durch gemischten Instrumenteeinsatz: allokative Effekte instrumentell diversifizierter Lenkungsstrategien für Umweltgüter. Berlin Gawel, Erik (1993), Die Emissionsrechtelösung und ihre Praxisvarianten - eine Neubewertung, in: ZfU, 16. Jg., 1/93, S. 31-54 Gawel, Erik, van Mark, Michael (1993), Marktorientiertes Gewässergütemanagement: Kompensations- und Lizenzkonzepte im Indirekteinleiterbereich; eine Fallstudie. Berlin Hahn, Robert W. (1989), Economic Prescriptions for Environmental Problems: How the Patient Followed the Doctor's Orders, in: Jurnal of Economic Perspectives, Vol. 3, No. 2, Spring 89, S. 95-114 Hahn, Robert W., Hester, Gordon L. (1986), „Where Did All The Markets Go?: An Analysis of EPA's Emissions Trading Program”. Working Paper 87-7, Carnegie Mellon University, Pittsburgh Hampicke, Ulrich (1985), Was heißt: „Mehr Markt” für die Umwelt?, in: ÖkoMitteilungen, 8. Jg., Nr. 5, Dez. 1985, S. 8-12 Hansmeyer, Karl Heinrich (1987), Abgaben und steuerliche Instrumente der Umweltpolitik - Wirkungsweise, Erfahrungen, Möglichkeiten, in: ZfU, 10. Jg., 3/87, S. 251-266 Hansmeyer, Karl Heinrich (1991), Umweltsteuern und Umweltabgaben, in: E. ElShagi (Hrsg.), Umweltpolitik in der Marktwirtschaft. Pfaffenweiler, S. 33-46 Hansmeyer, Karl Heinrich, Schneider, Hans Karl (1990), Umweltpolitik: ihre Fortentwicklung unter marktsteuernden Aspekten. Göttingen Heister, Johannes, Michaelis, Peter et al. (1991), Umweltpolitik mit handelbaren Emissionsrechten: Möglichkeiten zur Verringerung der Kohlendioxid- und Stickoxidemissionen. Tübingen Howe, Charles W., Lee, Dwight R. (1983), Priority Pollution Rights: Adapting Pollution Control to a Variable Environment, in: Land Economics, Vol. 59, No. 2, S. 141-149

104


Huckestein, Burkhard (1989), Anforderungen an Kompensationslösungen im Immissionsschutz in der Bundesrepublik Deutschland. Möglichkeiten der Implementierung ökologisch, ökonomisch und rechtlich vertretbarer Ausgleichsregelungen in die Luftreinhaltung, in: ZfU,12.Jg.,1/89,S.1-24 Huckestein, Burkhard (1993), Umweltlizenzen – Anwendungsbedingungen einer ökonomisch effizienten Umweltpolitik durch Mengensteuerung, in: ZfU, 16. Jg., 1/93, S. 1-29 Jaeger, Franz (1993), Natur und Wirtschaft. Ökonomische Grundlagen einer Politik des qualitativen Wachstums. Chur, Zürich John, Klaus-Dieter (1990), Möglichkeiten und Grenzen von Marktlösungen in der Umweltpolitik – Grundgedanken und die Erfahrungen mit den Kompensationsregelungen in der Luftreinhaltung, in: P. Oberender/M. Streit (Hrsg.), Soziale und ökologische Ordnungspolitik in der Marktwirtschaft, Baden-Baden Kabelitz, Klaus Robert (1983), Nutzungslizenzen als Instrument der Luftreinhaltepolitik, in: ZfU, 6. Jg., 2/83, S. 153-185 Kabelitz, Klaus Robert (1984), Eigentumsrechte und Nutzungslizenzen als Instrumente einer ökonomisch rationalen Luftreinhaltepolitik. ifo Studien zur Umweltökonomie, München Kemper, Manfred (1985), Und doch ein Weg zu guter Luft! Entgegnungen zu Bernd Schärer, in: ZfU, 8. Jg., 3/85, S. 255-264 Kemper, Manfred (1989), Das Umweltproblem in der Marktwirtschaft. Wirtschaftstheoretische Grundlagen und vergleichende Analyse umweltpolitischer Instrumente in der Luftreinhalte- und Gewässerschutzpolitik. Diss. Münster 1989, 2., unveränderte Aufl., Berlin 1993 Kete, Nancy (1992), The U.S. Acid Rain Control Allowance Trading System, in: OECD (ed.), Climate Change: Designing a Tradeable Permit System. Paris

105


Knüppel, Hartmut (1989), Umweltpolitische Instrumente: Analyse der Bewertungskriterien und Aspekte einer Bewertung. Diss. Karlsruhe 1988, Baden-Baden van Mark, Michael, Gawel, Erik, Ewringmann, Dieter (1992), Kompensationslösungen im Gewässerschutz. Heidelberg Malunat, Bernd M. (1984), Die Vermarktung der Umwelt. Chancen und Risiken einer als ökologisch apostrophierten Marktwirtschaft, in: Natur und Recht, 6. Jg., 1984, S. 1-8 Montgomery, W. David (1972), Markets in Licenses and Efficient Pollution Control Programs, in: Journal of Economic Theory, Vol. 5, S. 395-418, abgedruckt in: W.E. Oates (ed.), The economics of the environment. Cambridge 1992, S. 188-211 OECD (ed.) (1991), Responding on Climate Change, Paris OECD (ed.) (1992), Climate Change: Designing a Tradeable Permit System. Paris OECD (ed.) (1994), Managing the Environment: The Role of Economic Instruments. Paris Pearce, David W. et al. (1991), Blueprint 2. Greening the World Economy. London. Pigou, Arthur C. (1920), The Economics of Welfare. London Rose-Ackermann, Susan (1977), Market Models for Water Pollution Control: Their Strenghts and Weaknesses, in: Public Policy, Vol. 25, No. 3, 1977, S. 383-406 Rehbinder, Eckard (1994), Übertragbare Emissionsrechte aus juristischer Sicht. Teil 1: Herkömmliche Kompensationen im Bereich der Luftreinhaltung, in: A. Endres/E. Rehbinder/R. Schwarze, Umweltzertifikate und Kompensationslösungen aus ökonomischer und juristischer Sicht. Bonn, S. 2891 Rehbinder, Eckard, Sprenger, Rolf-Ulrich (1985), Möglichkeiten und Grenzen der Übertragbarkeit neuer Konzepte der US-amerikanischen 106


Luftreinhaltepolitik in den Bereich der deutschen Umweltpolitik. UBAForschungsbericht 9/85. Berlin Rubik, Frieder (1985), Marktökologie und die Quadratur der Umwelt, in: ÖkoMitteilungen, 8. Jg., Nr. 5, Dez. 1985, S. 13-16 Schürmann, Heinz Jürgen (1973), Ökonomische Ansätze zu einer rationalen Umweltpolitik und wirtschaftliche Konsequenzen mit besonderer Berücksichtigung der Energiewirtschaft. Diss. Köln 1973, Köln Siebert, Horst (1976), Analyse der Instrumente der Umweltpolitik. Göttingen Siebert, Horst (1978), Ökonomische Theorie der Umwelt. Tübingen Siebert, Horst (1981), Praktische Schwierigkeiten bei der Steuerung der Umweltnutzung über Preise, in: L. Wegehenkel (Hrsg.), Marktwirtschaft und Umwelt: Symposion vom 26.-28. März 1980. Tübingen, S. 28-53 Stahl, Michael (1989), Das Problem der Regionalisierung im Konzept marktwirtschaftlicher Umweltpolitik mit Schadstoffzertifikaten. Diss. Würzburg 1989, Köln Stamer, Peter (1976), Niveau- und strukturorientierte Umweltpolitik. Instrumentenanalyse und internationaler Vergleich. Göttingen Tietenberg, Thomas H. (1974), The Design of Property Rights for Air Pollution Control, in: Public Policy, (Summer) 1974, S. 275-292 Tietenberg, Thomas H. (1980a), Transferable Discharge Permits and the Control of Air Pollution: A Survey and Synthesis, in: ZfU, 3. Jg., 1/80, S. 477-508 Tietenberg, Thomas H. (1980b), Transferable Discharge Permits an the Control of Stationary Source Air Pollution: A Survey and Synthesis, in: Land Economics, Vol. 56, No. 4, November 1980, S. 391-416, abgedruckt in: W.E. Oates (ed.), The economics of the environment. Cambridge 1992, S. 212-237 Tietenberg, Thomas H. (1985), Emissions trading, an exercise in reforming pollution policy. Washington Tietenberg, Thomas H. (1992), Environmental and Natural Resource Economics. 3rd ed., New York 107


Umweltlexikon (1993), Hrsg. vom Katalyse e.V. Institut für angewandte Umweltforschung, 3. Aufl., Köln Walter, Johann (1987), Ein (erneuter) Vergleich zwischen Abgaben- und Zertifikatelösungen im Umweltschutz, in: ZfU, 10. Jg., 2/87, S. 197-205 Wasmeier, Martin (1992), Marktfähige Emissionslizenzen - Das Zertifikatsmodell und seine Umsetzung in den USA, in: Natur und Recht, 14. Jg., Heft 5/92, S. 219-226 Weimann, Joachim (1991), Umweltökonomik. 2., verbesserte Aufl., Berlin, Heidelberg, New York Wenke, Martin (1994), Instrumente der Umweltpolitik, in: Studenteninitiative Wirtschaft & Umwelt e.V. (Hrsg.), Im Namen der Zukunft – Polit. Wege zur Nachhaltigkeit. Münster, S. 9-39 Wicke, Lutz (1982), Umweltökonomie. 1. Aufl., München Wicke, Lutz (1991), Umweltökonomie: eine praxisorientierte Einführung. 3., überarb., erw. und aktualisierte Aufl., München

Der Autor:

Michael Geiss ist Dipl.-Kaufmann und Dipl.-Volkswirt in Bad Homburg. Die vorliegende Arbeit ist 1995 erstmals erschienen. 2., unveränderte Auflage 2010, Verlag und Herstellung dieser Ausgabe: BoD, Norderstedt. ISBN 978–3–842306–21–9

108


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.