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Jänner 2013
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thenberger zeitung der spö kirchberg-thening
Liebe Gemeindebürgerin, lieber Gemeindebürger! Über eine Angelegenheit von grundsätzlicher und gesamtösterreichischer Bedeutung, zu deren Regelung die Bundesgesetzgebung zuständig ist, hat, sofern der Nationalrat dies beschließt, eine Volksbefragung stattzufinden. So steht es in der Bundesverfassung! Die Frage wird am 20. Jänner 2013 lauten: a) Sind Sie für die Einführung eines Berufsheeres und eines bezahlten freiwilligen Sozialjahres oder b) Sind Sie für die Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht und des Zivildienstes? Der Ausgang einer Volksbefragung ist nicht bindend. Hat sich also der Nationalrat wirklich für die beste seiner Möglichkeiten entschieden? Wie sollen die Wählerinnen und Wähler zu einer richtigen Entscheidung kommen, während sich die Bundesregierung dies trotz aller verfügbaren Informationen selbst nicht zutraut? Das sind berechtigte Fragen, trotzdem müssen wir uns für eine der beiden Möglichkeiten entscheiden, wenn wir uns davor nicht drücken wollen.
Ich selbst war 14 Jahre als Berufsoffizier beim österreichischen Bundesheer. Vor 22 Jahren wechselte ich meinen Beruf. Ich habe persönlich während meiner Aktivzeit und den folgenden Waffenübungen so viel erlebt, dass für mich eines klar ist: Dieses Bundesheer braucht eine echte Reform - keine neue Kosmetik! Die Umstellung auf ein Berufsheer ist eine solche Reform. Ich werde daher am 20. Jänner meine Stimme für die Einführung eines Berufsheeres und eines freiwilligen Sozialjahres abgeben. Bei der Volksbefragung geht es darum, in welcher Form das Bundesheer in Zukunft seinen Beitrag für Österreichs Sicherheit leisten soll. Die Wählerinnen und Wähler entscheiden also, ob ein wenig zufriedenstellendes System fortgesetzt werden soll oder nicht. Ein realistisches, vor allem aber auch ernüchterndes Bild über das derzeitige System zeichnet Generalmajor Karl Schmidseder in einem von „SPÖ aktuell“ geführten Interview (siehe Rückseite dieses thenbergers). Viele seiner Kameraden halten mit ihrer Fachmeinung deutlich hinter dem Berg, Schmidseder geht offen auf die Zustände ein - überzeugen Sie sich selbst!
Zivildienst gegen Soziales Jahr Zwangsdienst für Männer gegen Freiwilligkeit für Männer und Frauen Auffallend ist, dass die ÖVP mit dem ursprünglich 1975 abgelehnten, heute unverzichtbaren Zivildienst argumentiert, obwohl sie lange Zeit alle Zivildiener als "Wehrdienstverweigerer" bezeichnete. Jetzt wird der Zivildienst zum Retter des Bundesheeres hochstilisiert. Als Alternative dazu wurde vom Sozialminister das Soziale Jahr entwickelt, bei dem für 8.000 freiwillige Männer und Frauen ab 18 Jahren für ein Bruttogehalt von 1.386 Euro 14mal im Jahr Dienst im Gesundheitsund Pflegebereich versehen werden kann. Es werden Ausbildungen angeboten und diese können dann teilweise auch für eine nachfolgende Berufsausbildung in diesen Bereichen angerechnet werden. Ein aus meiner Sicht echt guter Ersatz für den Zwangs-Zivildienst, basierend auf Freiwilligkeit und damit auch mit hoher Motivation.
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Und vergessen wir nicht: In wenigen Jahren werden wegen geburtenschwacher Jahrgänge nicht mehr genügend Zivildiener zur Verfügung stehen. Auch das spricht für eine Systemänderung.
Dietmar Kapsamer Vizebürgermeister
Siegfried Mitterbauer SPÖ-Vorsitzender
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(Foto: BMLVS)
„Das System der Wehrpflicht ist ausgereizt“
Generalmajor Karl Schmidseder ist Stabschef des Bundesministers im Verteidigungsministerium.
SPÖ aktuell spricht mit Generalmajor Karl Schmidseder über die Probleme des derzeitigen Systems eines sechsmonatigen Grundwehrdienstes und die Vorteile einer Umstellung auf ein Profiheer. SPÖ aktuell: Einigkeit besteht bei Befürwortern und Gegnern eines Profiheeres darin, dass es Veränderungen geben muss. Woran krankt das Bundesheer?
Wir sind nicht wirklich krank, aber es gibt Bereiche, die fitter gemacht werden könnten. Die gute und erfolgreiche Bewältigung von Einsätzen ist gegeben - sowohl national als auch international. Allerdings leidet das System an einem enormen Ausbildungs- und Verwaltungsaufwand im Zusammenhang mit den Grundwehrdienern. Das kostet Geld und sehr viel Engagement bei relativ geringem Nutzen. Aufgrund der Reduktion des Grundwehrdienstes auf sechs Monate im Jahr 2006 hat sich die Situation verschärft. Wir müssen noch mehr investieren und der Output ist noch geringer. SPÖ aktuell: Der hohe Aufwand bei der Ausbildung von Rekruten ist also ein essenzielles Problem? Ja, denn die Rekruten wechseln im Prinzip alle vier Monate. Wir brauchen für einen Job im Jahr drei Leute: also zwei Monate Basisausbildung, danach vier Monate in einer Funktion. Und dann, wenn es halbwegs läuft, sind sie wieder weg. Die Basisausbildung für die 22.000 Rekruten kostet pro Jahr über 200 Millionen Euro. Ein Großteil dieser Finanzmittel könnte für die eigentlichen Aufgaben des Bundesheeres, die Bewältigung von Einsätzen, verwendet werden. Tatsächlich aber haben wir mehr als 60 Prozent sogenannter Systemerhalter, also zum Beispiel Kellner, Köche, Chauffeure, Schreiber oder Kasernenwarte, die gar nicht für militärische Einsätze herangezogen werden. Betriebswirtschaftlich gesehen ist dieses System des sechsmonatigen Grundwehrdienstes daher das aufwändigste, das man sich vorstellen kann.
SPÖ aktuell: Ist die Wehrpflicht obsolet? Das System der Wehrpflicht ist ausgereizt und es ist an der Zeit, sich davon zu verabschieden. Die militärischen Herausforderungen machen Profis erforderlich. Aber in sechs Monaten kann man keine einsatzbereiten Soldatinnen und Soldaten ausbilden. Die wahrscheinlichsten Szenarien, bei denen es - ob im Inland oder im Ausland - zu einem Einsatz kommt, verlangen reaktionsschnelle und einsatzbereite Truppen. Wir benötigen kein Massenheer, um uns zu verteidigen. Das ist in einem gemeinsamen Europa Geschichte. Die Zukunft gehört der gemeinsamen europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Und wir haben in der Europäischen Union 21 Mitglieder mit einem Berufsheer. 21 Partner können nicht irren! Auch volkswirtschaftlich betrachtet ist einem Profiheer der Vorzug zu geben. Durch Wehrdienst und Zivildienst werden 18-jährige Burschen aus dem Arbeits- und Bildungsprozess herausgenommen. Das kostet den Staat etwa 430 Millionen Euro pro Jahr. SPÖ aktuell: Ist die Katastrophenhilfe bei einem Aus für die Wehrpflicht gewährleistet? Wichtig ist festzuhalten, dass die benötigten 12.500 Soldatinnen und Soldaten bei einer Umstellung auf ein Profiheer auf jeden Fall sichergestellt werden. Das reicht für ein Jahrhunderthochwasser. Für das Profiheer spricht in dem Zusammenhang, dass es bei der Assistenzleistung zur Katastrophenhilfe vorwiegend um Technik geht. Wir schreiten nämlich nicht als Erste ein. Es ist gesetzlich festgelegt, dass das Bundesheer erst angefordert werden kann, wenn es keine anderen Mittel mehr zur Abwendung von nicht gutzumachendem Schaden gibt. Wenn dann Assistenz angefordert wird, kommen in erster Linie Hubschrauber, schweres Pioniergerät oder Bergepanzer. Das wird in Zukunft noch besser gewährleistet sein. Zusammenfassend ist für mich klar: Eine Umstellung des Wehrsystems wäre nicht nur für die Sicherheit und die Bevölkerung besser, sie wäre im Sinne eines Neustarts nicht zuletzt auch ein Motivationsschub für die Soldatinnen und Soldaten.
impressum: spö-information kirchberg-thening, medieninhaber (verleger), herausgeber und hersteller: spö kirchberg-thening, 4062 kirchberg-thening, im niederfeld 6; eigenvervielfältigung
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