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November 2019
kompakt D e i n E i n bli c k i n di e We l t d e r In ge ni e ur i nn e n u n d In ge ni e ur e
© NASA
KLIMASCHUTZ
RICHTIG WAS BEWEGEN EI N S AT Z F EL D ER FÜR INGENIEURINNEN UND INGENIEURE ab Seite 2
A L F R E D - W E G EN ER - I N S T I T U T P O L A R F O R S C H U N G F Ü R DA S K L I M A Seite 6
Wir haben keinen Planet B, daher ist nichts tun angesichts des immer deutlicher spür- und sichtbaren Klimawandels für niemanden mehr eine Option. Natürlich kann sich jede(r) fragen, was sie oder er selbst beitragen kann – weniger fliegen, regional einkaufen oder weniger Fleisch essen – alles gute Entscheidungen. Aber mit einem Ingenieurstudium kann man richtig was bewegen. Klimaschutz bleibt ohne Ingenieurinnen und Ingenieure nur graue Theorie. In allen relevanten Bereichen sind sie an der Entwicklung der benötigten technischen Innovationen beteiligt und liefern einen wichtigen Beitrag, um den Klimaschutz voranzutreiben. Einige Beispiele zeigt diese kompakt-Ausgabe.
zusätzlichem Wasserstoff genutzt, der wiederum in die Produktion von Kraftstoffen und Düngemitteln mithilfe von Hüttengasen fließt. Auch bei anderen Industrieunternehmen steht Wasserstoff als Ablösung der fossilen Brennstoffe oder auch als klimaneutraler Energiespeicher im Fokus. BP erprobt beispielsweise den Einsatz von Wasserstoff in Raffinerien und der Industrieriese Siemens plant mit der Fraunhofer-Gesellschaft in Görlitz (Sachsen) ein Wasserstoff-Technologiezentrum. Der österreichische Stahlhersteller Voestalpine startete zusammen mit Siemens im Herbst den Testbetrieb einer Pilotanlage zur völlig CO2-freien Stahlerzeugung, in der ausschließlich Wasserstoff zum Einsatz kommt. So könnte gerade die Industrie, die für den größten Klimagasausstoß verantwortlich ist, der Schlüssel für eine saubere Zukunft sein.
I N D USTRI E
EFFIZIENT KLIMAFREUNDLICH Im Jahr 2018 produzierte Deutschland rund 866 Millionen Tonnen Treibhausgase. Für knapp 30 Prozent ist die Industrie verantwortlich. Der Löwenanteil der Emissionen, nämlich 85 Prozent, entsteht bei der Verbrennung von Öl, Kohle und Gas. Deutschland hat sich zum Ziel gesetzt, die Emissionen bis 2030 um 55 Prozent zu reduzieren. Dieses Vorhaben lässt sich nur umsetzen, wenn weniger fossile Brennstoffe verbraucht werden. Bleibt die Frage, wie sich dieser angestrebte Wert erreichen lässt. Allein die Produktion von Zement, Stahl und Grundstoffchemikalien setzt 50 Prozent der Industrie-Emissionen frei. Der Industrie fällt dadurch eine zentrale Rolle beim Klimaschutz zu. Sie ist gezwungen, ihren Energieverbrauch und Treibhausgas ausstoß zu mindern und gleichzeitig energieeffiziente und klimaverträgliche Produkte und Prozesse zu entwickeln. Einige Industrieunternehmen haben sich längst in diese Richtung aufgemacht, wie zum Beispiel der Duisburger Industriekonzern Thyssenkrupp. Gemeinsam unter anderem mit Instituten der Fraunhofer- und der Max-Planck-Gesellschaft wurde im Rahmen von „Carbon2Chem“ ein Verfahren entwickelt, das Hüttengase in Ammoniak umwandelt. Aus diesem Stoff kann anschließend Kunstdünger hergestellt werden. Rund 20 Millionen Tonnen der jährlichen CO2-Emmisionen aus der deutschen Stahlbranche könnten so sinnvoll genutzt werden. Ein Prinzip, das sich dank engagierter Ingenieurinnen und Ingenieure für Verfahrenstechnik auch auf andere Industriezweige mit hohem CO2-Ausstoß übertragen lässt.
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Emissionen bei der Düngerproduktion
Ab 2030 soll es im großen Maßstab zur Anwendung kommen. Der für die Methode benötigte Strom soll natürlich durch erneuerbare Energien erzeugt werden. Die Energieüberschüsse, die in sonnen- oder windreichen Phasen entstehen, werden dann für die Herstellung von 02
„Eigenverantwortung und gute Vorbereitung sind bei der Arbeit auf OffshoreWindenergieanlagen unersetzlich. Schließlich muss man sich immer gut vorbereiten und perfekt organisieren. Auf See kann man nicht mal eben in den nächsten Baumarkt fahren, wenn ein Werkzeug oder Bauteil fehlt.“ Markus Hummel gründete mh2 offshore. Das junge Unternehmen betreut Offshore-Windenergieanlagen bei allen Fragen rund um Stahlbau und Schweißtechnik.
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© Thyssenkrupp Die Envinox-Technologie von Thyssenkrupp vermindert Stickoxid-
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REGENERATIV MUSS ES SEIN Wir leben in einer Welt, in der Strom selbstverständlich ist. Immer und überall. Während der Ausstieg aus der Atomenergie bis 2022 vollzogen sein soll, schließen die klimaschädlichen Braun- und Steinkohlekraftwerke. Die herkömmlichen Energieträger machen Platz für die erneuerbaren Quellen. Windräder liefern in Deutschland heute den größten Beitrag zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien. 2017 waren das rund 107 Milliarden Kilowattstunden Strom (On- und Offshore zusammen). Im weltweiten Vergleich gehören viele Unternehmen der deutschen Wind industrie zu den Technologie- und Weltmarktführern. An diesem Erfolg sind Ingenieurinnen und Ingenieure aus den Bereichen Elektrotechnik, Maschinenbau, Informatik, Wirtschaftsingenieurwesen, Bauingenieurwesen und Mechatronik beteiligt. Für die Wartung von Windanlagen haben Ingenieure des Fachbereichs für Automatisierung und Informatik der Hochschule Harz in Wernigerode einen armlangen Inspektionsroboter entwickelt, der die hohlen Rotorblät-
© Matthias Ibeler/Doti
© K ie b ac k& Pet e
r GmbH & Co .
KG
„Gebäude sind für circa 30 Prozent der CO2 -Emissionen verantwortlich. Das wollen wir von Kieback&Peter mit intelligenter Gebäudetechnik ändern. Dabei muss niemand frieren oder im Dunkeln sitzen, um Energie zu sparen. Unsere Gebäudeautomation sorgt dafür, dass immer nur genau so viel Energie verbraucht wird, wie absolut notwendig, um ein Wohlfühlklima zu schaffen.“
Offshore-Windanlagen werden auch in Zukunft entscheidend zum
Eva-Maria Metz, Managerin Energieeffizienz bei der Kieback&Peter GmbH & Co. KG
Energiemix beitragen
ter der Windkraftanlagen mit hochauflösenden Kameras für Detailaufnahmen von innen erkundet. Zusätzlich ist im Kamerakopf eine 3D-Tiefenbildsensorik integriert, die mögliche Schäden vermisst. Auch Fotovoltaik ist nach wie vor ein relevanter Faktor im neuen Energiemix. So wurden in 2018 in Deutschland durch Solarenergie 28,7 Millionen Tonnen Emissionen von Treibhausgasen vermieden. In Brandenburg lässt EnBW aktuell mit 164 Hektar den größten Solarpark Deutschlands errichten. Die Inbetriebnahme erfolgt laut Plan noch in 2020. 465.000 Solarmodule sollen dann für eine jährliche CO2-Einsparung von 129.000 Tonnen sorgen. Demgegenüber bauen das Deutsche Zentrum für Luftund Raumfahrt (DLR), die Universität Stuttgart und das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) gemeinsam die Forschungsanlage NADINE. Das NADINE zugrunde liegende Prinzip sind isentrope Energiespeicher, die praktisch verlustfrei arbeiten, da isentrope Prozesse in einem abgeschlossenen System stattfinden, in dem es zu keinem Wärme- oder Materieaustausch mit der Umgebung kommt. In einem anderen Projekt des KIT mit Partnern aus der Industrie entsteht der alternative synthetische Kraftstoff reFuels. Auch andere Forscherinnen und Forscher entwickeln derzeit neue E-Kraftstoffe (E wie erneuerbar), die mit dem CO2 aus der Atmosphäre und Wasserstoff aus beispielsweise regenerativem Strom einen Kraftstoff produzieren, der klimaneutral ist. Die Anwendung im Verbrennungsmotor ist dann vergleichbar mit heutigen Benzin- oder Dieselmotoren.
bisher ungeahnte oder unterschätzte Potenziale und Lösungsansätze aufzudecken sowie Prozesse und Produkte zu verbessern. IT liefert beispielsweise den Zugang zum Verständnis der durch den Klimawandel verursachten Probleme und zugleich die Basis für viele Lösungen. Dank Big Data können Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Folgen der durch den Menschen hervorgerufenen Klimaveränderungen simulieren und entsprechende Warnungen aussprechen. So arbeitet ein interdisziplinäres Forscherteam von DLR, Max-Planck-Institut für Biogeochemie, Universität Valencia und Columbia University im Projekt USMILE (Understanding and Modelling the Earth System with Machine Learning) daran, durch den Einsatz maschineller Lernverfahren Vorhersagen über den Klimawandel zu präzisieren. Ziel ist es, die komplexen Prozesse von Erde und Atmosphäre besser zu verstehen, bisher unbekannte Muster, Beziehungen und Einflüsse zu entdecken und dadurch die Auswirkungen auf Ökosysteme viel genauer einzuschätzen. Mit dem Einsatz von KI für die Kryosphärenforschung und den gesellschaftlichen Folgen, die das Schmelzen von Eisschilden und Perma frost mit sich bringen kann, beschäftigt sich wiederum das Projekt Künstliche Intelligenz für kalte Regionen der Helmholtz-Gemeinschaft. Wenn es um zukunftsweisende, umweltschonendere Technik geht, wirkt IT einerseits als verbindendes Element zwischen unterschiedlichen Disziplinen, andererseits als Schlüsseltechnologie, die ganz neue Möglichkeiten aufzeigt. Sie vernetzt beispielsweise die neuesten Technologien zur Energieerzeugung mit Elektromobilität und führt sie zu Smart Grids zusammen. Oder sie erkennt, zu welchem Zeitpunkt die regenerativen Energieträger besonders produktiv sind und setzt genau dann Prozesse mit hohem Energieverbrauch in Gang. Der Klimaschutz braucht also dringend qualifizierte IT-Expertinnen und -experten. © iStock / NicoElNino
IT
MIT DATEN DIE WELT VERSTEHEN Sei es Industrie, Energieversorgung oder Mobilität – aus keinem dieser Bereiche ist IT noch wegzudenken. Dank Digitalisierung, Big Data und KI wird analysiert, optimiert, transformiert oder sogar revolutioniert und die Zukunft entscheidend mitgestaltet. Auch im Hinblick auf den Klimaschutz bietet IT vielfältige Möglichkeiten, Eine optimale Vernetzung ist die Voraussetzung für Effizienz in allen
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Bereichen
können. Um die dort befindlichen seltenen Erden und andere Metalle wirtschaftlich nutzbar machen zu können, versuchen es Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der TU Bergakademie Freiberg mit Phytomining. Dabei sollen spezielle Pflanzen dafür sorgen, dass der Boden die gewünschten Metalle freigibt. Eine wichtige Rolle spielt neben dem oben genannten Verfahren zum Recycling die generelle Reduzierung des Rohstoffbedarfs. So enthält die Brennstoffzelle des Mercedes GLC F-CELL im Vergleich zum Vorgängermodell nur noch ein Zehntel der Platinmenge. Auch an der deutlichen Verringerung des Kobaltanteils der Akkus arbeiten Ingenieurinnen und Ingenieure. Eine weitere gute Idee: die Verwertung des klimaschädlichen CO2 als Ausgangsstoff für die Synthese neuer Wertstoffe. Eine Arbeitsgruppe des KIT ist genau damit beschäftigt. Vorbild für ihr Verfahren ist die Fotosynthese in der Natur. Mithilfe eines Metallkatalysators entsteht bei Temperaturen von bis zu 1.000 Grad Celsius aus CO2 und Wasserstoff das Material Graphen, ein Stoff mit günstigen elektrischen Eigenschaften zum Beispiel für Elektronikbauteile.
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RESSOURCEN OPTIMAL NUTZEN
© Daimler AG
Egal ob Katalysator, Brennstoffzelle oder Batterien – auch klimaschonende Entwicklungen benötigen Rohstoffe. Dazu zählen neben den sogenannten Seltenerdmetallen auch Platin und Rhodium sowie Kobalt, Graphit und Lithium. Davon existieren im Prinzip genug auf der Welt, nur liegen sie leider oft an Stellen, die für unsere Industrie aus politischen, ökologischen oder technischen Gründen nur schwer zugänglich sind. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) definiert eine „Rote Gruppe“ von Rohstoffen, die aus politisch instabilen Förderländern stammen, beispielsweise Kobalt aus dem Kongo. Daher gilt es, Verfahren zu entwickeln, mit deren Hilfe die wertvollen Stoffe möglichst sparsam verwendet, bestmöglich ausgenutzt und wiederverwendet werden.
ÖKO STATT ÖL Mobilität gehört zur modernen Zivilisation. Menschen werden auch künftig unterwegs sein, allerdings klima freundlicher. Denn unser heutiges Verkehrssystem stößt an seine Grenzen. Die Erdölvorräte sind begrenzt und die Erschließung neuer Ölquellen wird schwieriger. Bis 2010 waren nach Schätzungen bereits 40 Prozent aller Erdölvorräte gefördert. Eine sinkende Fördermenge befeuert die Suche nach günstigeren Alternativen. Im Zeichen des Klimawandels und der Notwendigkeit, den CO2-Ausstoß drastisch zu reduzieren, entwickeln und verbessern Ingenieurinnen und Ingenieure die alternativen Antriebe. Als aussichtsreichste Kandidaten für den Straßenverkehr gelten Elektro- und Hybridantrieb sowie die mit Wasserstoff betriebene Brennstoffzelle. Ökologisch sind diese Antriebe aber nur, wenn Strom und Wasserstoff klimaneutral produziert werden. Besonders auch der stetig wachsende Güterverkehr braucht Innovationen. Siemens Mobility geht mit dem Konzept des eHighway ins Rennen. Der elektrifizierte Straßengüterverkehr wird durch Oberleitungen gespeist. Mehr als sie-
Produktion mit weniger Rohstoffen: Ingenieure testen die Mercedes-Benz
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GLC F-CELL
Das Fraunhofer-Institut für Silicatforschung ISC in Würzburg forscht in dem Projekt „NeW-Bat“ beispielsweise an einem Recyclingverfahren für Lithium-Ionen-Batterien. Durch das erhöhte Aufkommen von Altprodukten liegen die wichtigen Rohstoffe quasi „auf dem Müll“, obwohl sie doch so wichtig für die Energiewende sind. Mithilfe von Schockwellen versuchen die Forscherinnen und Forscher das zu recycelnde Material in seine Einzelteile zu spalten. In diesem Projekt geht es in erster Linie um die Rückgewinnung der Batteriegrundmaterialien wie eben Lithium oder seltene Erden. Seltene Erden sind unter anderem auch in Windkraftanlagen und Elektromotoren enthalten und gelten als kritisch, weil die Förderung größtenteils in China stattfindet, kostenintensiv und nicht sehr umweltschonend ist. Allerdings nähren Berichte aus Japan im vergangenen Jahr über Funde am Boden des Pazifiks Hoffnungen, die Abhängigkeit von chinesischen Importen verringern zu
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„Die Herausforderungen im Verkehrssektor sind dringend, komplex und global. Lösungsbeiträge leisten zu können erfordert Kreativität, Ausdauer und Kooperation. Aber allen Anstrengungen steht das Privileg gegenüber, an gesellschaftlich relevanten Fragen arbeiten zu dürfen.“ Hasso Grünjes ist Head of eHighway bei Siemens Mobility
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© Siemens AG
AG R A R U N D ERN Ä H RU NG Die Lkw werden über Oberleitungen mit Strom versorgt.
ben Millionen Tonnen CO2 könnten eingespart werden, wenn nur 30 Prozent des Schwerlastverkehrs auf deutschen Autobahnen elektrifiziert und mit regenerativer Energie versorgt würden. Im Flugverkehr wird der E-Antrieb auf absehbare Zeit lediglich eine Ergänzung bleiben. Die Leistungsdichte gängiger Akkus ist zurzeit noch zu gering. Luftfahrtunternehmen setzen deshalb auf hybride Antriebe mit konventionellen Motoren. Außerdem investiert man in die Entwicklung von synthetischem regenerativem Flugbenzin aus Windkraft. Die Bahn gilt als umweltfreundlichstes Verkehrsmittel, aber nur dort, wo sie mit Strom betrieben wird. Auf regionalen Strecken ohne Oberleitungen blasen Dieselloks viel CO2 in die Luft. Drei Regionalzüge in Niedersachsen beweisen seit Herbst 2018, dass es auch anders geht. Mit Brennstoffzelle und Wasserstoffantrieb funktionieren sie problemlos und emissionsfrei. In nur vier Jahren Entwicklungszeit konnten Ingenieure des Unternehmens Alstom den ersten Prototypen des Coradia iLint vorstellen. Die Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen (LNVG) hat nun weitere 14 Wasserstoffzüge bestellt, die am Firmenstandort Salzgitter gebaut werden. 2030 werden zwei Drittel der Menschheit in Ballungsräumen mit mehr als einer Million Einwohner leben. In Zukunft soll IT dabei helfen, den Verkehrskollaps zu vermeiden. Intelligente Verkehrsleitsysteme werden Autofahrer durch die Straßen lotsen. Sie nehmen Daten über die Auslastung von Straßen in Echtzeit auf. Autofahrer erhalten nach Verkehrslage individuelle Fahrtempfehlungen oder Alternativrouten. Studien legen nahe, dass auch autonom fahrende Pkw und Lkw Staus deutlich reduzieren könnten. Das setzt jedoch den Ausbau einer intelligenten digitalen Infrastruktur voraus. Daran hapert es bisher noch. In den Städten wird man verstärkt auf öffentlichen Nahverkehr und Car-Sharing-Modelle zurückgreifen. Flugtaxen, Transportdrohnen und fliegende Fahrräder sind zwar technisch bereits möglich, werden aber wohl noch längere Zeit Zukunftsmusik bleiben. os © Rober t B
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„Als CO2 -Koordinator bei Bosch arbeite ich daran, dass wir ab dem kommenden Jahr, also 2020, CO2 -neutral arbeiten und produzieren. In meiner Funktion für den Geschäftsbereich Powertrain Solutions berate und unterstütze ich dabei circa 60 Standorte weltweit, Energie einzusparen sowie regenerative Eigenerzeugungsanlagen (zum Beispiel Fotovoltaik) zu bauen. Allein in diesem Jahr werden wir innerhalb dieser 60 Standorte das Äquivalent von fast 25.000 Einfamilienhäusern an Energie einsparen.“ Steffen Behnke arbeitet bei der Robert Bosch GmbH als Koordinator für das Projekt Powertrain CO2
TECHNIK FÜRS ESSEN UND TRINKEN Seit 1990 sind die landwirtschaftlichen Emissionen an umweltschädlichem Methan und Lachgas weltweit um ein Drittel gestiegen. Gründe sind der intensive Einsatz von Kunstdünger, die wachsende Anzahl von Nutztieren und die stetig steigende Nachfrage nach Fleisch- und Milchprodukten. Gleichzeitig ist die Produktivität um 70 Prozent gewachsen. Durch Technik lassen sich in der Landwirtschaft offenbar erhebliche Einsparpotenziale generieren. © iStock / ekkasit919
Der eHighway ist eine umweltschonende Alternative zum herkömmlichen Lkw-Transport.
Unkrautentfernung ist auch ohne Herbizide möglich
Einen Beitrag leisten etwa Maschinenbauingenieurinnen und -ingenieure am Deutschen Institut für Lebensmitteltechnik e. V. Sie entwickeln Anlagen, mit denen neuartige fleischlose Nahrungsmittel hergestellt werden. Ganz pragmatisch sind auch Agraringeneurinnen und -ingenieure aktiv. Sie arbeiten zwischen Wissenschaft, Verwaltung und Praxis und kümmern sich auf dem Acker darum, die Landwirtschaft auf den neusten Stand zu bringen. An der Universität Bonn wurden geländegängige Roboter und Traktoren entwickelt, die, ausgerüstet mit Kameras und Lasern, dem Unkraut zu Leibe rücken. Die Pflanzen werden fotografiert, Algorithmen werten die Aufnahmen aus, identifizieren die schädlichen Kräuter und schließlich macht der Laser sie unschädlich – ganz ohne Herbizide. Ein anderer wichtiger Bereich ist die Trinkwassergewinnung: 97 Prozent des weltweiten Wassers sind bekanntlich salzig. Die verbleibenden drei Prozent Süßwasser sind wiederum zum größten Teil gefroren. Am Ende ist weniger als ein Prozent des globalen Wassersvorrats für uns trinkbar. Kein Wunder, dass Verfahrenstechniker, Anlagenbauer und Chemieingenieure weltweit Verfahren entwickeln, um immer mehr Salzwasser genießbar zu machen. Wie so etwas geht, zeigt zum Beispiel die BASF-Tochter INGE, die an einer Meerwasserentsalzungsanlage im arabischen Oman arbeitet. Ab Anfang 2020 soll sie 7.100 m³ Wasser in der Stunde entsalzen.
© AWI / Mario Hoppmann
DAS ALFREDWEGENER-INSTITUT
Für die Expedition MOSAiC lässt sich der Forschungseisbrecher
Die Polargebiete und Meere spielen eine zentrale Rolle im globalen Klimasystem. Deshalb startete im Herbst 2019 die bislang längste Arktisexpedition MOSAiC (Multidisciplinary drifting Observatory for the Study of Arctic Climate).
Polarstern an einem Eisberg festfrieren und driftet so ein Jahr lang durch das
© AWI / Martin Gehrmann
Nordpolarmeer
Martin Gehrmann hat Luft- und Raumfahrttechnik an der FH Aachen studiert. Seit 2007 ist er beim AWI als Ingenieur in der Messtechnikbetreuung der Polarflugzeuge tätig. Er nimmt regelmäßig an Expeditionen teil. I N W E L C H E R F O R M KO O P E R I E R T DA S AW I MIT INGENIEUREN? Einerseits verfügt das AWI über eigene angestellte Ingenieure, andererseits arbeitet es mit Projektpartnern zusammen, die wiederum Ingenieure beschäftigen. Teils sind diese Projektpartner ebenfalls Forschungsinstitute oder Hochschulen, teils sind es kommerzielle Unternehmen jeder Größe, vom Freiberufler bis zum Großkonzern. KÖ N N T E N S I E U N S D I E A U F G A B E N B E R E I CHE FÜR INGENIEURE NENNEN? Ingenieure sind im laufenden Betrieb, bei der Weiterentwicklung sowie bei der Neu- und Ersatzbeschaffung von großtechnischen Infrastrukturen wie Forschungsstationen, Schiffen und Flugzeugen tätig. Sie sind auch an der Neu- und Weiterentwicklung und laufenden Betreuung von Gerätschaften wie Eiskernbohrvorrichtungen oder Unterwasser-Messplattformen sowie von wissenschaftlichen Mess-, Datenerfassungs- und Datenverarbeitungssystemen beteiligt.
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A M I N S T I T U T W I R D A U C H T E C H N I K E N TW I C K E LT. W E L C H E N A N T E I L H A B E N DA B E I DIE INGENIEURE? Im Normalfall geht die Motivation für eine Entwicklungsaufgabe von der Wissenschaft aus, die meist auch klären muss, aus welchen Mitteln das Projekt finanziert wird. Ingenieure tragen in der Anfangsphase neben Ideen und deren Darstellung in Form von Konzeptstudien auch Kostenschätzungen, Anforderungskataloge und Auswahlkriterien für die Beschaffung von Einzelkomponenten bei. Außerdem liefern sie technische Spezifikationen für Fremdleistungen. Sobald es an die Umsetzung geht, befassen sie sich mit der Auslegung von Bauteilen und Systemkomponenten, mechanischer und elektrischer Konstruktion, Elektronik- und Softwareentwicklung und der Ausarbeitung und Durchführung von Abnahmetests. 06
Das Alfred-Wegener-Institut (AWI), Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung, leitet die Expedition. Es verfügt über eine wissenschaftliche Infrastruktur aus Messstationen, Schiffen, Flugzeugen und spezialisierten Laboren, die es ihm ermöglicht, die Erde von der Atmosphäre bis zum Meeresgrund zu untersuchen. Die Forscherinnen und Forscher sind mit Bio-, Geo- und Klimawissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern auf der ganzen Welt vernetzt, betreiben Feldforschung unter extremen Bedingungen und werten Ergebnisse in Laboren mit modernster Technik und leistungsfähigen Großrechnern aus. Das AWI betreibt zudem die Antarktisstation Neumayer III, berät die Bundesregierung in Klimafragen und arbeitet an Weltklimaberichten mit. Es ist an der Entwicklung neuer Technologien beteiligt – etwa an einem Tsunami-Frühwarnsystem für Indonesien – und engagiert sich bei der Ausbildung junger Fachkräfte.
W I E G E H E N S I E VO R , W E N N I M L A U F E VO N E X P E D I T I O N E N T E C H N I S C H N AC H G E R Ü S T E T W E R D E N M U S S? Grundsätzlich sind Expeditionen aufgrund der meist sehr unzugänglichen Einsatzorte auch heute noch weitgehend auf sich selbst gestellt, insofern sind gute Vorbereitung der Technik und das Know-how des Teams vor Ort entscheidend. Unplanmäßige Nachsendungen von Ausrüstung oder gar Personal sind nur in Ausnahmefällen überhaupt möglich, und selbst dann aufgrund der komplexen Logistik oft mit erheblichem Zeitverlust verbunden. Insofern müssen technische Probleme generell mit den vor Ort verfügbaren Mitteln gelöst werden. Insbesondere beim erstmaligen Einsatz neuer Technik ist dabei teils erhebliches Improvisationstalent gefragt. Unterstützung von außen ist per Satellitentelefon und inzwischen immer öfter auch über satellitenbasiertes Internet möglich. Wann immer das Erfolg verspricht, wird davon auch Gebrauch gemacht. Das vollständige Interview findest du auf think-ing.de/awi
IMPRESSUM Herausgeber GESAMTMETALL Gesamtverband der Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektro-Industrie e.V. Voßstraße 16 - 10117 Berlin Verantwortliche Leitung Wolfgang Gollub Redaktion und Gestaltung concedra GmbH, Bochum Druck color-offset-wälter GmbH & Co. KG, Dortmund Alle in dieser kompakt enthaltenen Inhalte und Informationen wurden sorgfältig auf Richtigkeit überprüft. Dennoch kann keine Garantie für die Angaben übernommen werden.