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April | Mai 2022
kompakt D e i n E i n bli c k i n d i e We l t d e r In ge ni e u r i nn e n u n d In ge ni e u r e
© Michael Bokelmann
EINSTIEGSMÖGLICHKEITEN SO WIRST DU INGENIEUR/IN Das klassische Maschinenbaustudium ist nur einer von vielen möglichen Wegen in den Beruf. Man kann an verschiedenen Orten starten, schneller oder langsamer voranschreiten, Umwege nehmen, sich an Gabelungen für immer andere Richtungen entscheiden und Chancen aktiv ergreifen. So können angehende IngenieurInnen ganz individuell, abgestimmt auf ihre Fähigkeiten und Interessen, auswählen, wie ihr Einstieg ins Ingenieurwesen aussehen soll. Bei vielen Möglichkeiten kommen auch viele Fragen auf: Braucht man auf jeden Fall Abitur? Welche Vor- und Nachteile hat ein duales Studium? Wo liegt der Unterschied zwischen der Lehre an einer Universität und an einer Hochschule? Studierende und BerufseinsteigerInnen berichten, warum sie sich für ihren Weg entschieden haben. Wie genau ein duales Studium abläuft und ob man auch ohne Studium in den Beruf einsteigen kann, erzählen junge IngenieurInnen aus eigener Erfahrung. Neben diesen Erfahrungsberichten können aber auch Tools wie der Studiengangsfinder und der Eignungstest bei der Entscheidung für den richtigen Einstieg helfen.
P O R T R ÄT HIGHSPEED COMPETENCE Seite 2 E I N FAC H M A L U M D I E E C K E D E N K E N Seite 5 S T E C K B R I EF E WEGE INS INGENIEURWESEN Seite 3 + 4
HIGHSPEED COMPETENCE Julia Weber zwischen den Coils aus dünn gewalztem Stahl der Hanauer Vacuumschmelze
Auch schweres Gerät muss untersucht werden, damit aus dem dickwandigen Metall ein
Duale Studiengänge sind längst eine Alternative zum klassischen Hochschulstudium. Dabei gibt es auch bei den dualen Wegen große Unterschiede. Julia Weber hat eine Version mit viel Studium, viel Praxis und ohne Ausbildung erlebt. Die großen Hüttenwerke strotzen vor Gigantomanie. Sie sind rostrot, turmhoch, heiß und laut. Daneben gibt es noch die Vacuumschmelze (VAC), in der alles eine gehörige Portion kleiner ist – und trotzdem wird auch hier Metall eingeschmolzen und bekommt unter Vakuum ganz besondere Eigenschaften. Hier startete 2012 die damals 18-jährige Julia Weber ihr duales Studium zum Bachelor of Engineering – Fachbereich Konstruktion und Entwicklung. „Ich kannte die Vacuumschmelze von meinem Opa. Auch meine Mutter war als Kind schon hier. Also stieß mir das Angebot des dualen Studiums regelrecht ins Auge“, erklärt sie.
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TA L E N T U N D F I N A N Z E N Julias Vater ist ebenfalls leidenschaftlicher Handwerker. Mit ihm gemeinsam hat sie, solange sie zurückdenken kann, Hand in Hand gearbeitet. „Ich habe als einjähriges Kind schon mit dem Akkuschrauber die Fußleisten angeschraubt. Davon gibt es sogar Bilder.“ Mit acht Jahren fuhr sie Trecker, mit zwölf tapezierte sie ihr Zimmer, in der Schule wählte sie Mathe und Englisch zu ihren Leistungskursen – und nun also das duale Studium. Warum? „Ein normales Studium kam für mich eigentlich nie in Frage, weil das viel Geld kostet.“ So fiel die Wahl für ein duales Studium leicht. Neben dem regelmäßigen Gehalt bekam sie einen Plan aus drei Monaten Studium und drei Monaten Betrieb – im steten Wechsel. Für die Duale Hochschule BadenWürttemberg (DHBW) musste Julia quartalsweise ins 270 Kilometer entfernte Heidenheim ziehen – auch hier unterstützte die VAC. Nach den drei Monaten voller Lernen, dann drei Monate voller Praxis in Hanau. Wobei dieser duale Studiengang keine ergänzende Ausbildung beinhaltet. So ein Modell gibt es auch. Dort endet das duale Studium mit einem klassischen Ausbildungsberuf und einem Bachelor.
THEORIE UND PRA XIS Nach drei Jahren hatte Julia ihren Bachelor in der Hand – und eine unglaubliche Fachkenntnis in Theorie und Praxis. Sie war fit in Mathematik, Festigkeitslehre, CAD sowie Elektrotechnik und genauso bewandert im Einkauf, dem Produktmarketing, den Werkstätten und im Vertrieb. Neben dem Verdienst ist das der nächste Vorteil des dualen Studiums im Vergleich zum herkömmlichen Hochschulstudium. „Das hat mir viel Spaß gemacht, weil man immer etwas Neues sieht. Man sieht nicht nur den Hörsaal und die Dozierenden vorne stehen, sondern hat Kontakt zu den MitarbeiterInnen und lernt viel und schnell, auch über die Firma selbst.“ Sechs duale StudentInnen bei der VAC haben das Studium mit ihr gestartet, fünf haben es erfolgreich abgeschlossen, alle wurden übernommen.
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Blech wird
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ÄNDERN UND OPTIMIEREN Heute kümmert sich Julia im Bereich der Fertigungstechnik um die Produktion kristalliner, magnetischer Werkstoffe und koordiniert Projekte im Kostenrahmen von 50.000 Euro bis drei Millionen Euro. Sie ist international tätig und optimiert Prozesse. Klingt abstrakt, ist es aber gar nicht. „Ich kümmere mich letztlich um all das, was man in einer Produktionsabteilung ändern und anpassen kann, um die Qualitäten zu verbessern und den Stand der Technik aufrechtzuerhalten.“ Drei Jahre duales Studium haben dorthin gereicht. Kompetenzvermittlung im Eilverfahren.
VIELE WEGE FÜHREN INS INGENIEURWESEN – WELCHER IST DER RICHTIGE FÜR DICH? DEN DINGEN AUF DEN GRUND GEHEN STUDIUM AN DER UNIVERSITÄT
BERIT FINKLENBURG, 29 Jahre alt, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der RWTH Aachen, Fachbereich Wasserbau und Wasserwirtschaft
„Durch mein Studium der Umweltingenieurwissenschaften an der RWTH Aachen konnte ich zunächst Grundlagenwissen, aber auch Inhalte verschiedener Fachrichtungen erlernen. Praktika, die Bachelorarbeit und schließlich die Vertiefungsrichtung im Master haben mich für den Wasserbau begeistert, sodass ich mich früh spezialisieren konnte. Durch meine Arbeit als wissenschaftliche Hilfskraft konnte ich bereits im Studium erste Forschungsprojekte begleiten. Für mich war klar, dass ich nach dem Studium an der Universität bleiben will. An der RWTH Aachen habe ich die Möglichkeit, interdisziplinär zu arbeiten und eine praxisorientierte Forschung zu betreiben. Als wissenschaftliche Mitarbeiterin betreue ich heute spannende Projekte zum Hochwasserschutz.“
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M A N U E L VO L K M A N N , 23 Jahre alt, studiert Mechatronik im Bachelor an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Hamburg
„Ich bin über einen Umweg zum Mechatronikstudium an der Hochschule gekommen. Bevor ich an die HAW Hamburg gewechselt bin, habe ich an der Technischen Universität Hamburg studiert. In den Vorlesungen mit mehreren hundert Studierenden hatte ich aber das Gefühl, als Einzelner unterzugehen. Der Wechsel an die Hochschule war für mich daher genau richtig. Die Vorlesungsgruppen sind kleiner und haben einen Seminarcharakter. Das macht es persönlicher und leichter, auf einzelne Fragen genauer einzugehen. Ein Vorteil ist außerdem, dass man parallel zu den Vorlesungen Praktika belegt. Das sind Kurse, die sehr anwendungsbezogen sind. Die Praxis hilft dabei, theoretische Inhalte besser zu verstehen und bereitet auf die Arbeit in den Unternehmen vor.“ s.think-ing.de/volkmann
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Voraussetzung: allgemeine Hochschulreife Mögliche Abschlüsse: je nach Studiengang Bachelor und Master of Engineering, of Science oder Diplom-IngenieurIn Studiendauer: 6-7 Semester bis zum Bachelorabschluss, weitere 4 Semester bis zum Masterabschluss Praxisanteil: Unis haben den Ruf, sehr theorielastig zu lehren. Um den Praxisanteil zu erhöhen, haben die meisten Studiengänge Praktika in den Lehrplan aufgenommen. Vorteile: Nach der vertieften Grundausbildung können vielfältige Spezialisierungen gewählt werden – je nach eigenen Interessen und Stärken. In der Organisation des Studiums hat man viele Freiheiten, z. B. gibt es nicht immer eine Anwesenheitspflicht in Vorlesungen und Seminaren. Nachteile: Das Universitätsstudium ist immer noch der „theoretischste“ Weg zum IngenieurInnenberuf. Besonders in den ersten Semestern muss man sich schon mal durch die Grundlagen beißen, ohne dabei die praktische Anwendung im Kopf zu haben. Nach dem Studium: flexible Einstiegsmöglichkeiten in Unternehmen oder in Forschungseinrichtungen, auch eine Promotion kann angeschlossen werden Das solltest du mitbringen: analytisches Denken und Lust, den Dingen auf den Grund zu gehen, dazu eine gute Portion Disziplin, Selbstorganisation und Motivation
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ZWISCHEN HÖRSAAL UND PRAXISEINSATZ STUDIUM AN DER HOCHSCHULE Voraussetzung: fachgebundene oder allgemeine Fachhochschulreife sowie oft ein Vorpraktikum Mögliche Abschlüsse: je nach Studiengang Bachelor und Master of Engineering, of Science oder Diplom-IngenieurIn Studiendauer: 6-7 Semester bis zum Bachelorabschluss, weitere 4 Semester bis zum Masterabschluss Praxisanteil: An der Hochschule steht der Praxisbezug im Vordergrund. Die Studierenden lernen schon ab dem ersten Semester durch Projekte und Praktika, wie das theoretische Wissen praktisch umgesetzt werden kann. Vorteile: Man lernt in kleinen Gruppen und hat persönlicheren Kontakt zu den Dozierenden. Das Studium ist an Praxis und Berufsleben orientiert, das erleichtert später den Einstieg in den ersten Job. Häufig knüpfen die Studierenden bereits während des Studiums wichtige Kontakte zu Unternehmen. Nachteile: Es gibt meist nicht so viele Spezialisierungsmöglichkeiten wie an Unis. Wer promovieren möchte, hat es etwas schwerer. Nicht jede Hochschule hat das Promotionsrecht. Häufig ist der Wechsel zum Masterstudium an einer Uni mit Zusatzanforderungen verbunden. Nach dem Studium: schneller und direkter Einstieg in ein Unternehmen wird ermöglicht und damit ein leichterer Übergang vom Studium in das Arbeitsleben Das solltest du mitbringen: Spaß an der Umsetzung von Theorie in die Praxis, ganz viel Neugier und Teamfähigkeit
J O N A S B R A N D T,
MIT EINEM FUSS IM BERUFSLEBEN DUALES STUDIUM Voraussetzung: fachgebundene oder allgemeine Fachhochschulreife sowie ein Vertrag mit einem Partnerunternehmen Mögliche Abschlüsse: Bachelor of Engineering oder Bachelor of Science. Je nach Studienmodell erwirbt man zugleich einen IHK-Abschluss im Ausbildungsberuf. Studiendauer: Den Bachelorabschluss erlangt man meist nach 6 Semestern, also 3 Jahren. Je nach Studienmodell liegt die Dauer zwischen 3 und 4 Jahren. Praxisanteil: Die Hälfte des dualen Studiums findet im Betrieb statt, der Praxisanteil ist besonders hoch. Die Praxisphasen wechseln entweder in einem Wochen- oder Blockmodell. Vorteile: Die Stärke liegt in der engen Verzahnung von Theorie und Praxis. Studierende arbeiten im Unternehmen an echten Projekten und stehen mit einem Fuß im Berufsleben. Die IngenieurInnen im Betrieb beantworten alle Fragen, das hilft auch im Studium. Das feste Gehalt ist ebenfalls ein Pluspunkt. Nachteile: Nichts für Kurzentschlossene: Man sollte ein Jahr im Voraus mit den Bewerbungen starten. Das duale Studium gilt als zeitintensiv, da es keine klassischen Semesterferien gibt. Beim Abbruch oder Studiengangswechsel muss die Kündigungsfrist im Arbeitsvertrag beachtet werden. Nach dem Studium: Die meisten Studierenden bleiben erstmal im Ausbildungsbetrieb, die Übernahmequote liegt bei rund 80 Prozent. Das solltest du mitbringen: viel Spaß daran, Dinge praktisch auszuprobieren, eine gutes Zeitmanagement, Disziplin und Durchhaltevermögen können auch nicht schaden
J O H A N N E S K R AT Z E R , 18 Jahre alt, studiert dual Bio- und Umweltverfahrenstechnik an der Ostbayerischen Technischen Hochschule in Amberg und beim Partnerunternehmen HUBER SE
„Die Entscheidung für ein duales Studium habe ich bewusst getroffen. Ich habe selbst auf der Baustelle ausgeholfen und oft mitbekommen, dass Pläne, die am Schreibtisch entstehen, nicht immer praktisch umgesetzt werden können. Da passen Theorie und Praxis nicht zusammen. Daher wollte ich in einem dualen Studium beides verbinden. Es motiviert total, wenn man das, was man im Hörsaal lernt, direkt im Betrieb einsetzen kann. Das duale Studium hat häufig den Ruf, stressiger zu sein als ein Vollzeitstudium. Das finde ich aber nicht. Ich arbeite in den Semesterferien im Betrieb. In dieser Zeit müssen sich andere Studierende um einen Nebenjob kümmern, während ich finanzielle Sicherheit habe. Auch Bewerbungen für Praktika und Abschlussarbeiten fallen weg.“ s.think-ing.de/huber-se-kratzer
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27 Jahre alt, ausgebildeter Mechatroniker © Privat Hochschule für angewandte Wissenschaften WürzburgSchweinfurt
„Nach der Technikerausbildung wollte ich mich im Maschinenund Anlagenbau weiterbilden. An der Hochschule wurde ich aufgrund meiner Ausbildung und der Berufspraxis von drei Jahren probeweise angenommen. Probeweise bedeutet, ich muss alle Prüfungen der ersten zwei Semester bestehen, um weiter zu studieren. Wieder Vollzeit zu lernen, war eine Umstellung. Sich über längere Zeit geistig mit einem Thema zu beschäftigen, statt körperlich zu arbeiten, erforderte Disziplin. Es ist nicht entscheidend, ob man eine Lehre oder das Abitur gemacht hat. Jedoch gibt eine Berufsausbildung inklusive Berufspraxis ein besseres Bild vom Arbeitsumfeld. Die Einblicke in Ablauf und Struktur eines Unternehmens sind wichtige Erfahrungen, die ich nicht missen möchte.“ s.think-ing.de/brandt
ERST DIE BERUFSERFAHRUNG, DANN DAS STUDIUM STUDIEREN OHNE ABITUR Voraussetzung: technische Berufsausbildung von mindestens 2 Jahren und anschließend 3 Jahre Berufserfahrung. Möglich ist ein Weiterbildungsabschluss, zum Beispiel als TechnikerIn oder ein Meistertitel. Mögliche Abschlüsse: je nach Studiengang Bachelor und Master of Engineering oder of Science Studiendauer: 6-7 Semester bis zum Bachelorabschluss, weitere 4 Semester bis zum Masterabschluss. Außerdem möglich ist ein berufsbegleitendes Studium, etwa im Teilzeitmodell. Dann verdoppelt sich die Studienzeit. Praxisanteil: Mit den nötigen Voraussetzungen ist sowohl ein Studium an einer Hochschule, als auch an einer Universität möglich. Mehr praktischen Bezug gibt es in der Regel an den Hochschulen. Vorteile: Auch Studierende mit Berufserfahrung müssen Mathe- und Physikgrundlagen pauken. Doch mit ihren praktischen Kenntnissen haben sie einen Vorteil gegenüber den KommilitonInnen, die gerade aus der Schule kommen. Das, was im Hörsaal gelehrt wird, kennen sie schon aus dem Job. Nachteile: Es ist etwas Recherchearbeit gefordert. Die Zugangsvoraussetzungen unterscheiden sich je nach Bundesland, Universität und Hochschule. So kann eine Aufnahmeprüfung, ein Gespräch mit ProfessorInnen oder ein Vorbereitungskurs vor Studienbeginn gefordert werden. Nach dem Studium: AbsolventInnen haben sehr gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Die Unternehmen wissen die doppelte Qualifikation und auch den Ehrgeiz zu schätzen. Das solltest du mitbringen: hohe Motivation und Disziplin, wieder „die Schulbank zu drücken“, Freude daran, über den Tellerrand des bisher Gelernten zu schauen
Schule, Studium, IngenieurIn. So sieht der klassische Weg in die Ingenieurwissenschaft aus. Oder man geht einen so derart anderen Weg, dass man sich nur wundern kann. Ausbildung, IngenieurIn, fertig.
Mit 16 Jahren startete der heute 27-jährige Realschulabsolvent Alexander Schütz in dem ländlichen Örtchen Asbach-Bäumenheim/Hamlar seine Ausbildung zum Technischen Zeichner bei der Grenzebach Maschinenbau GmbH – einem 1.500 MitarbeiterInnen starken Unternehmen für Anlagenbau und Automatisierungstechnik. Nur wenige Wochen vor Alexanders Ausbildungsbeginn wurde der Technische Zeichner in den Technischen Produktdesigner umgewandelt. „Damals hat man gesagt, dass sich an der Ausbildung eigentlich nichts ändert. Dafür hörte sich die Berufsbezeichnung von heute auf morgen besser an“, erklärt er rückblickend. Es folgte im Grunde eine normale Ausbildung, in der der Azubi viele Stationen im Ausbildungsunternehmen durchläuft. Schule, Betrieb, Prüfung. Und dann ging der Weg doch in eine etwas andere Richtung als vermutet. Kurz nach seiner Ausbildung durfte der junge Geselle zunächst an einem Portalgerät mitarbeiten, das Glas- oder Faserzementplatten befördert, um kurz darauf in eine gänzlich neue Abteilung einzutauchen, die seinen Weg entscheidend prägen wird. „Nach dem Wechsel war ich in der Abteilung Glas-Beschichtungstechnologie, einem Zweig der Business-Unit Glas, also dem Coating. Da bin ich richtig mit reingewachsen. Wir haben dort viele amerikanische Zeichnungen übernommen, die alle in Zoll bemaßt waren. Ich habe dann alle Pläne komplett in unser metrisches System übertragen. Für jedes noch so kleine Bauteil.“ Bei der reinen Umrechnung entstanden derart krumme Werte, dass letztlich die gesamte Konstruktion überarbeitet werden musste, um sie sinnvoll zu übertragen. Ein Detaileinblick der Extraklasse.
EINFACH MAL UM DIE ECKE DENKEN Alexander Schütz untersucht den Roboter einer Sortieranlage, an deren Entwicklung er maßgeblich beteiligt war
SCHRITT ZUM ING.
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C H A N C E VO R O R T Diese Anlage wurde schließlich nach Südkorea verkauft. Ein Team der Firma Grenzebach flog 8.700 Kilometer nach Asien und baute die Anlage dort auf. Da Alexander Schütz nun zwangsläufig ein Fachmann für die Details war, fragte man ihn, ob er für einen realen Eindruck nicht auch mitkommen wolle. Er wollte. Zwei Wochen war er dort, begleitete die Profis an der Anlage und flog zurück nach Bayern. Kurz darauf dann ein paar Probleme in Südkorea und die erneute Frage für eine Reise zur Anlage – schließlich war er nun der erfahrene Kollege. Also flog er abermals und verweilte schließlich vier weitere Wochen in 05
Südkorea mit Umbaumaßnahmen, Anpassungen und vielem mehr. Dann mussten die KollegInnen zum nächsten Projekt abreisen, baten Schütz um weitere Unterstützung vor Ort und einigten sich auf ein riesiges Stück Verantwortung – inklusive Baustellenleitung. Und das mit 21 Jahren. „Ich hatte ja keine Verantwortung für das Auftragsvolumen, aber sehr wohl für das Funktionieren der Anlage. Am Ende lief alles wie gewünscht.“
Ohne Studium, dafür mit Ausbildung und viel Engagement arbeitet Alexander heute als Design-Ingenieur
Nach einem weiteren Folgeprojekt in Tschechien dachte Alexander Schütz schließlich über seine berufliche Zukunft nach. Es lief so gut bisher, wie könnte es weitergehen? Ein Kollege machte ihn auf eine offene Stelle als Design-Ingenieur bei Grenzebach aufmerksam. Er, der nie studiert hatte, solle sich mal bewerben? Das klang unwirklich. „Ich habe allen immer gesagt, dass ich weder ein staatlich anerkannter Techniker bin, noch ein abgeschlossenes Studium vorweisen kann und gar nicht weiß, ob ich dafür qualifiziert sei“, erklärt er. War er aber. Er hatte sich längst bewiesen und gezeigt, dass er in stressigsten Momenten einen klaren Kopf behält, hatte weit über den Tellerrand der Anforderung geblickt und mit einer gehörigen Portion Talent letztlich alles mitgebracht, was man als guter ING. braucht. „Ich habe für Abteilungen schon Sachen eingebaut, die aus einem komplett anderen Zweig kommen, wie Kupplungen aus der Landwirtschaft in völlig themenfernen Maschinen. Manchmal muss man einfach um die Ecke denken.“ Es ist sicherlich ein Glücksfall, der sich bei Grenzebach ergeben hat. Aber ein Glücksfall, der beweist, dass Talent und Leistung mitunter besondere Früchte tragen können – wenn alle PartnerInnen nur wollen.
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A U S B I L D U N G I N S D E TA I L
HILFREICHE TOOLS FÜR EINEN GUTEN START
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STUDIENGANGSFINDER:
E I G N U N G S T E S T:
Das ist dein Studiengang Der Studiengangsfinder zeigt dir, welche Studiengänge oder Schwerpunkte zu deinen individuellen Fähigkeiten und Interessen passen. Egal ob dein Lieblingsfach Physik oder Deutsch ist, ob du dich für Umweltschutz oder Sport interessierst, EinzelkämpferIn oder TeamplayerIn bist – es gibt den zu dir passenden ING.-Studiengang. Finde direkt heraus, welcher das ist.
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INGENIEUR/IN WERDEN OHNE STUDIUM?
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Ist es eigentlich möglich, auch ohne ein Studium als IngenieurIn zu arbeiten? Hier können wir ganz klar mit Jein antworten. In Deutschland ist die Berufsbezeichnung „Ingenieur/Ingenieurin“ durch gesetzliche Regelungen geschützt. So nennen darf sich nur, wer ein naturwissenschaftliches oder technisches Hochschulstudium abgeschlossen hat. Da das deutsche Bildungssystem recht komplex ist und es so viele unterschiedliche Abschlüsse gibt, wurde der Deutsche Qualifikationsrahmen (DQR) eingeführt. Alle Abschlüsse, die in Deutschland erlangt werden können, werden in acht NiveauStufen eingeordnet. Das soll dabei helfen, die einzelnen Abschlüsse besser miteinander zu vergleichen. Der DQR setzt den Bachelorabschluss mit dem Meister, Fachwirt und Techniker auf die gleiche Stufe – und zwar die Stufe Sechs. All diese Abschlüsse sind also als gleichwertig anzusehen. Das heißt natürlich nicht, dass ein/e Techniker/in sich gleichzeitig Bachelor nennen darf oder umgekehrt. Es bedeutet, dass alle mit einer Qualifikation auf Niveau Sechs dieselben Tätigkeiten ausüben können. Wer also eine Weiterbildung zum/r staatlich geprüften Techniker/in gemacht hat, kann sich auf dieselben Jobs wie IngenieurInnen bewerben und hat die Möglichkeit, ebenso spannende Aufgaben anzugehen.
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