Esras Tierheimalltag Hallo ich bin Esra (Foto Mitte), die Kangal-Hundedame der Tierheimleiterin. Und im "Strohhalm" darf auch ich mich mit meinem Tagebuch zu Wort melden. Wie ihr vielleicht wisst, bin ich immer mit dabei. Quasi rund um die Uhr im Einsatz, denn Frauchen wohnt mit ihrer Familie im Tierheim. von Marion Wünn
Was für ein Jahr, dabei fing es ganz normal an. Januar 2020 Im Januar kamen auch nicht so viele Tiere zu uns „nur“ 31 Hunde, 30 Katzen und 26 Kleintiere. Im Tierheim herrscht ein ständiges Kommen und Gehen. Planen geht gar nicht. Das haben die Tierheimmitarbeiter schon lange aufgegeben. Wusstet ihr, dass jedes Jahr über 2500 Tiere im Tierheim aufgenommen werden? Februar 2020 Dieser Monat war schon etwas turbulenter, 49 Hunde, viele Katzen und Kleintiere wurden in diesem Monat bei uns abgegeben. März 2020 Alles war plötzlich anders! Die Welt stand Kopf. Im Tierheim sollten die neuen Kurse zum Hundeführerschein starten, alles war vorbereitet, die Seminarpläne gemacht, die Trainingspläne fertig, unzählige Hundefreunde hatten sich bereits zu den Kursen angemeldet und plötzlich – ABGESAGT – wegen Corona! Dieser dämliche Virus hat nicht nur außerhalb des Tierheimalltags alles verändert, auch im Tierheim mussten Vorkehrungen getroffen werden. Im Tierheimbüro durfte plötzlich nur noch im Schichtbetrieb gearbeitet werden, der Spätdienst wurde ausgesetzt und die Mitarbeiter durften nicht mehr zusammen im Pausenraum sein. Keiner wusste, wie er sich nun verhalten sollte. Menschen fingen an zu hamstern? Die Tierheime stellten sich auf unzählige, wegen Corona abgegebener Tiere, ein. Es gab täglich neue Warnmeldungen. Trotzdem ging der Tierheimalltag weiter. Natürlich waren wir weiterhin für die Aufnahme von Tieren da und versuchten, den regulären Tierheimbetrieb irgendwie aufrecht zu erhalten. Frauchen hat sich mit anderen Tierheimleitern beraten, die Tiervermittlung wurde vorerst auf Eis gelegt. Man wusste nicht, ob vielleicht ein „infizierter Covid 19 Träger“ unser Tierheim besuchen möchte. Also musste man sich überlegen, wie man die Tierheimmitarbeiter vor der Gefahr schützen sollte. Nix ging mehr, für Besucher wurde das Tierheim geschlossen. Das war eine aufregende Zeit. Aber zum Glück gewöhnt ihr Menschen euch ja auch schnell an Veränderungen, die das Leben so mit sich bringt. Manche tun sich damit leichter als andere, aber letztendlich geht es immer irgendwie weiter. Auch im Tierheim! Zum Glück kamen keine Tiere, die wegen Corona nicht mehr gehalten werden konnten, zu uns. Auch wieder so eine blöde Mediengeschichte wie im Sommer, da behaupten die Medien ja immer noch, dass
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Der Strohhalm Nr. 28 19 17
viele Tiere wegen der Sommerferien ausgesetzt werden. Alles Quatsch! Tiere werden täglich ausgesetzt und nicht nur in oder vor den Sommerferien! Aber da kann sich Frauchen den Mund fusselig reden. Die Medien lassen nicht locker und bringen Jahr für Jahr diese Schauergeschichten. April 2020 Wir haben uns an die neue Situation gewöhnt. Frauchen hat sich überlegt, wie es mit der Tiervermittlung nun weiter gehen soll. Klar, Besucher sollten nach wie vor nicht einfach so und in Massen durch unser Tierheim laufen können. Aber wie vermitteln wir dann unsere Tiere? Die üblichen Tieraufnahmen gehen weiter, also muss auch weitervermittelt werden. Sonst würde unser Tierheim aus allen Nähten platzen. Dazu mehr in dem Bericht auf Seite 5.
Im Frühling haben zudem viele Katzen den Drang nach Draußen. Wer nicht verkehrsberuhigt wohnt oder seine Fenster und Balkone nicht katzensicher eingenetzt hat, handelt grob fahrlässig. Denn alleine in diesem Monat musste das Tierheim 6 verunfallte Katzen aufnehmen. Mit zum Teil schweren Verletzungen, die durch ein Kippfenster entstanden sind. Auch Sturzverletzungen aus dem Fenster oder vom Balkon und natürlich auch der Straßenverkehr sind Ursachen von schlimmen Verletzungen. Oft hört dann die Tierliebe der Besitzer auf. Die Kosten für eine Behandlung in der Tierklinik wollen die wenigsten tragen. Also springt der Tierschutzverein ein und übernimmt zum Teil Tierarztkosten in Höhe von bis zu 1500 Euro oder mehr, um den Tieren zu helfen. Einige Katzenhalter wollen in Anbetracht der Tierarztkosten ihr Tier sogar einschläfern lassen. Der Hippokratische Eid, den ein Tierarzt ablegen muss, verbietet es, ein Tier zu töten dem durch eine OP geholfen werden kann. Das wissen leider die wenigsten Tierhalter und schieben dann die Verantwortung für ihr einst so geliebtes Haustier auf das Tierheim ab. Ihr könnt euch vorstellen, dass diese Kosten die Tierschutzkasse stark belastet. Spendenaufrufe helfen, diese Kosten einigermaßen zu stemmen. Deshalb möchte ich hier im Namen aller verletzten Samtpfötchen ein großes Dankeschön an die Spender loswerden, ohne euch wären viele Operationen beinahe unbezahlbar gewesen. Juni 2020
Mai 2020 Es ist Frühling und wir werden wieder überschwemmt mit vermeintlich hilflosen Wildtieren. Alle Jahre wieder! Dabei brauchen die wenigsten Wildtiere menschliche Hilfe. Es mussten 65 Wildtiere, vorwiegend Vögel, Eichhörnchen, Marder, Siebenschläfer usw. erstversorgt werden. Fast 80% dieser Tiere hätten am Fundort bleiben können. Aber nein. Viele Menschen meinen es zwar gut, machen es aber trotzdem falsch. Deshalb ruft bitte bei unklaren Situationen im Tierheim an. Dort bekommt ihr fachkundige Auskünfte und kein Tier muss der Natur unnötig entrissen werden. Wenn ein Wildtier offensichtlich verletzt, oder zu jung ist, um in Freiheit zu überleben, dann erst ist Hilfe sinnvoll! Also rettet bitte nicht alles, was bei Drei nicht auf dem Baum ist. Die Natur und die mehr als überfüllten Wildtierstationen werden es euch danken.
Es wird immer wärmer und alle fühlen sich wohl. Das Coronavirus ist in den Hintergrund gerückt aber trotzdem noch allgegenwärtig. Unser Tierheim bleibt weiterhin für Besucher geschlossen und was noch viel schlimmer ist, unser Sommerfest musste abgesagt werden. Die Behörden warnen vor zu großen Menschenansammlungen. Hygienevorschriften können leider, auch im Tierheim, bei solchen Veranstaltungen nicht eingehalten werden. Traurig, denn dadurch gehen dem Tierheim wichtige Einnahmen verloren. Natürlich dienen die Feste in den Tierheimen auch der Öffentlichkeitsarbeit. Bei den Festen wird über artgerechte Tierhaltung aufgeklärt, über die Arbeit im Tierheim, über unsere Projekte und vieles andere mehr. Auch wenn manche nicht verstehen, nicht mehr einfach so durchs Tierheim laufen zu dürfen, gehen die Vermittlungszahlen nach oben. Das für Besucher geschlossene Tierheim hat auch seine Vorteile. Die Tiere sind weniger gestresst, denn es gibt sie nicht mehr, die Menschen, die vor den Zwingern der Hunde oder Katzen stehen und die Tiere,