#11 Vorbilder

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BIBELTREUES MAGAZIN FÜ R J U N G E C H R I ST E N · N ° 1 1 / F R Ü H L I N G 2 0 13

Erstaunliche Biografien und ihre biblische Bedeutung.

Johann Gerhard

Onc k e n

Jonathan

E d wa r d s

John Gresham

M ac h e n

Susannah

S pu rg e on

John

B u n ya n


Editorial Aus mehreren Gründen ist diese Ausgabe „besonders“ und „anders“. Zum ersten Mal seit dem Start von „Timotheus“ ist kein explizit grundlegendes und biblisches Lehrthema der Gegenstand einer Ausgabe. Bereits bei der Gründung von „Timotheus“ haben wir uns überlegt, hin und wieder „auszubrechen“ und vielleicht eher untypische Themen zu behandeln. Nach zehn Heften, in denen wir biblische Basics wie Nachfolge, Glaube, Sünde, Frieden, Gottesfurcht, Kreuz, Demut, Buße und das Gesetz betrachtet haben, ist nun der richtige Zeitpunkt, ein etwas „anderes“ Heft zu machen. Wie bereits auf dem Cover unschwer zu erkennen, handelt dieses Heft von Menschen. Menschen, die längst verstorben sind. Menschen, die im deutschsprachigen Raum auch eher unbekannt sind und erst jetzt im „reformatorischen Aufbruch“ bekannter werden. Warum Menschen? Warum Biografien? Für uns als „Timotheus“ ist der reformatorische Grundsatz „Solus Christus“ keine Floskel. Wir legen großen Wert darauf, dass Christus im Mittelpunkt unseres Lehrens, Glaubens und Lebens ist. Warum also Biografien?

AUF DEM COVER Illustration von Peter Voth für Timotheus

In dem Bewusstsein, dass alle Menschen verlorene und unfähige Sünder sind, deren einzige Hoffnung darin besteht, von Christus gerufen und errettet zu werden, haben wir auch diese Menschen betrachtet. Es waren keine Gutmenschen. Es waren Sünder wie du und ich. Und so macht der zweite Blick deutlich, dass diese Ausgabe nicht die Stärke und Gerechtigkeit des Menschen widerspiegelt und verherrlicht, sondern die unendliche Gnade, Macht und Treue Gottes. Herausgekommen sind erstaunliche Portraits, die uns inspirieren und zeigen, wo die Prioritäten eines treuen Nachfolgers liegen sollten. Zudem ist der kirchengeschichtliche Aspekt in den Lebensbildern äußerst interessant. Er zeigt, wie aktuell das Evangelium ist, wie gleich die Probleme geblieben sind und wie leicht wir uns heute von scheinbar neuen Ansätzen blenden lassen. Außerdem haben wir uns bewusst Fragen gestellt wie: Was sagt die Bibel über Glaubensvorbilder? Sollten wir wirklich auf Menschen schauen? Sollten wir diese Menschen, die offenkundig mit Christus wandelten, in Ehren halten? Wir hoffen nun, dass du eine Ausgabe in den Händen hältst, die Jesus Christus ins Zentrum rückt und zeigt, dass der Glaube an Ihn etwas wirklich Lebendiges und Wahrhaftiges ist. Auch wird deutlich, dass Christus zu folgen nicht jeden Tag Sonnenschein bedeutet. Christus folgen heißt auch zu leiden. Wir wünschen dir eine inspirierende und bereichernde Lektüre. ¶ Peter Voth

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Inhaltsverzeichnis

Autoren der Ausgabe

vo r b il de r De s gl au ben s – 6

wa ld e ma r dirkse n

s u s a n n a h s pu rg eo n – 8

ha ns - we rn e r d e ppe

J O HN BU N Y AN – 1 4

n ils fre erkse ma

J O HN G R E SH AM M AC HE N – 20

d an iel facius

J O HA N N G E RH AR D O N CKE N – 26

pet er sc hild

J O N A T H A N E DW AR DS – 32

jo na s e rn e

– Sollten wir menschliche Vorbilder haben? Taugen sie als geistliche Leitbilder? Der Hebräerbrief gibt Antworten.

– Vielleicht war der Dienst Susannahs ebenso wichtig wie das Werk ihres bekannten Ehemannes C.H. Spurgeon.

– Die erstaunliche Geschichte des Mannes der eines der bekanntesten Bücher der Welt (Die Pilgerreise) schrieb.

– Der unbeirrbare Princeton-Professor, der für die Irrtumslosigkeit der heiligen Schrift eintrat.

– Der deutsche Gemeindegründer war eine der wichtigsten Figuren im europäischen Baptismus.

– Er war die prägende Figur der großen Erweckung. Seine literarisches Vermächtnis bleibt bis heute unerreicht.

(*1982) ist derzeit Referendar in Bonn. Als Mitgründer, Mitherausgeber und Redakteur gehört er zu den regelmäßigen Autoren von Timotheus.

(*1968) ist Ehemann, Vater von zwei Kindern sowie Autor und Prediger. Er ist Gründer und seit über zehn Jahren Leiter des bibeltreuen Betanien Verlages.

(*1986) ist Jugendprediger im Evangelischen Gemeinschaftsverband Siegerland-Wittgenstein. Nils schreibt auch auf Twitter: @nfreerksema

(*1981) ist Ehemann, Vater von zwei Kindern und setzt sich im Ständigen Ausschuss des Bibelbundes für die Zuverlässigkeit der Schrift ein.

(*1985) ist Ehemann, Vater und Theologe. Er arbeitet in Partnerschaft mit HeartCry Missionary Society als Gemeindegründer in Wetzlar.

(*1985) ist verheiratet und derzeit Praktikant der Volksmission Loßburg-Wälde im Nordschwarzwald. Jonas schreibt auch auf Twitter: @jonaserne

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Schwierige Fragen. Biblische Antworten. Das bibelorientierte & reformatorische Magazin für junge Christen.

Das Wort Gottes, die Bibel, hat bis heute nichts von seiner Kraft und Relevanz verloren. Daher glauben wir, dass zuallererst biblische Lehren und Themen und weniger Anliegen des Zeitgeistes das Denken des Christen beherrschen sollten. Außerdem ist uns das kirchengeschichtliche Erbe, das uns Personen wie Calvin, Luther oder Spurgeon hinterlassen haben, ein großes Anliegen.

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Das Jahresabo ist schon ab € 13,35 erhältlich! Mehr zu den Abos und den Einzelausgaben (€ 2,90 pro Heft) hier cbuch.de/timotheus

Bisherige Ausgaben widmeten sich folgenden Themen: Nachfolge, Glaube, Sünde, Frieden, Gottesfurcht, Das Kreuz, Demut, Buße und Das Gesetz

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VO R B I L D ER DES GLAUBENS Geistliche Vorbilder sind Menschen, die im Wort und Wandel Wegweiser fĂźr andere sind. Diese kĂśnnen uns helfen, Christus treu nachzufolgen. Text Waldemar Dirksen


„Gedenkt an eure Führer, die euch das Wort Gottes gesagt haben; schaut das Ende ihres Wandels an und ahmt ihren Glauben nach!“ (Hebräer 13,7) Mit Hebräer 13,7 wurden die Hebräer aufgefordert, in dreierlei Hinsicht aktiv zu werden. Zuerst sollten sie an ihre geistlichen Führer denken. Es muss sich hierbei um verstorbene Führer der Gemeinde handeln. Diese haben am Evangelium festgehalten. Sie sind nicht zum levitischen System zurückgekehrt. Die Empfänger des Hebräerbriefes standen in der Gefahr, zum Judentum zurückzukehren. Die Erinnerungen an ihre früheren Leiter sollten zur Stärkung ihrer Treue zu Christus dienen. Weiter sollten die Hebräer ihre Erinnerungen auf das Ende dieser Führer fokussieren. Es wird nicht genau beschrieben, welches Ende diese hatten, aber es ist davon auszugehen, dass der Schreiber sowie die Empfänger des Hebräerbriefes über ein gutes Ende dieser Leiter wussten. Im Sterben haben sie Gott verherrlicht. Zuletzt werden die Hebräer aufgefordert, den Glauben ihrer geistlichen Führer nachzuahmen. Diese Männer haben das Wort Gottes verkündigt und gelebt, sodass sie anderen als Vorbild empfohlen werden konnten. Prioritäten eines geistlichen Führers Nach Hebräer 13,7 bestehen die wesentlichen Aufgaben eines vorbildlichen geistlichen Führers darin, das Wort Gottes zu verkündigen und ein gutes Vorbild im Glauben zu sein, damit andere den Glauben nachahmen können. Geistliche Führung in der Gemeinde erfolgt im Grunde durch Verkündigung und Vorbild. Darüber hinaus benötigt die Gemeinde keine weiteren Instrumente zur Steuerung. Ausgetüftelte Programme, innovative Organisationsstrukturen sowie spezielle Gemeinderegeln können das geistliche Leben in der Gemeinde nur künstlich aufrechterhalten, aber nicht wirklich schaffen. Wahre Führung geschieht maßgeblich durch geistlich wirksame Verkündigung in Verbindung mit einem vorbildlichen Glaubensleben des Verkündigers. Paulus hat in seinen Unterweisungen an Timotheus die Prioritäten eines geistlichen Leiters mit Nachdruck betont: „Habe Acht auf dich selbst und auf die Lehre; bleibe beständig dabei! Denn wenn du dies tust, wirst du sowohl dich selbst retten als auch die, welche auf dich hören“ (1. Tim. 4,16). Der Fokus eines geistlichen Leiters soll auf persönliche Heiligkeit und gesunde Lehre gerichtet sein. Auf diese beiden Aspekte lassen sich letztlich alle seine Aufgaben und Charakterzüge reduzieren. Wenn die Leiter einer Gemeinde in diesen Bereichen nachlässig sind, dann droht der Gemeinde ein geistlicher Niedergang. In unseren Gemeinden brauchen wir glaubwürdige Vorsteher, die mit gesunder Lehre und vorbildlichem Wandel ihre Zuhörer auf Gott ausrichten. Denn organisatorische Abläufe in der Gemeinde mögen große Schwächen aufweisen, die Räumlichkeiten können unbefriedigend sein, der Gesang in den Versammlungen kann schleppend sein – all das ist erträglich. Unerträglich ist es, wenn die Lehre in der Gemeinde die Herzen der Zuhörer kalt und unberührt lässt, weil sie oberfläch-

»In unseren Gemeinden brauchen wir glaubwürdige Vorsteher, die mit gesunder Lehre und vorbildlichem Wandel ihre Zuhörer auf Gott ausrichten.« lich und kraftlos ist. Dies ist ein Übel, von dem wir offensichtlich betroffen sind. Mindestens genauso unerträglich ist es, wenn geistliche Leiter ein schludriges Leben führen und dieses mit dem Argument rechtfertigen, dass sie ja auch nur Menschen seien. Gute Vorbilder helfen Lasst uns auf geistliche Führer schauen – auch wenn sie bereits verstorben sind – die beides vereinen: Persönliche Heiligkeit und gesunde Lehre. Ihr Leben und ihre Verkündigung sollen uns ein Ansporn zum vertieften Glauben an Jesus Christus sein. Solche Vorbilder lassen sich finden. Die Wahl unserer Vorbilder soll stets nach den beiden genannten Kriterien erfolgen. Es lohnt sich, gute Vorbilder zu haben. Für C.H. Spurgeon war George Whitefield ein großes Vorbild. Er schreibt dazu: „Jedesmal, wenn ich mich mit George Whitefields Leben beschäftigt habe, habe ich eine ausgesprochene Belebung erfahren. Er lebte. Andere Männer scheinen oft nur halb zu leben. Whitefield war aber nichts als Leben, Feuer, Flügel, Kraft. Wenn ich nach meiner rechten Unterordnung unter meinen Herrn noch ein Vorbild habe, dann ist es George Whitefield. Ich vermag jedoch nur mit ungleichen Schritten seiner glänzenden Spur zu folgen.“ Eine intensive Auseinandersetzung mit Vorbildern des Glaubens kann unsere Ketten der Illusionen sprengen und uns zu einer geistlich klaren Sichtweise verhelfen. Wir müssen unsere Oberflächlichkeit überwinden und in geistlichen Dingen tiefgründig werden. So können uns Vorbilder des Glaubens helfen, unseren Sünden auf den Grund zu gehen und in wahrer Bußhaltung zu leben. Sie können uns helfen, ein einfaches Leben mit einem klaren Blick auf unsere wahre Heimat zu führen. Sie können uns helfen, uns selbst zurückzunehmen und anderen die Privilegien zu gönnen. Sie können uns helfen, entschlossen in einem zermürbenden Kampf zu stehen. Sie können uns helfen, uns als treue Diener unseres Herrn zu erweisen. ¶

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S U S A N NAH SPURGEON „Hinter jedem erfolgreichem Mann steht eine starke Frau.“ Wie war das bei der Ehefrau des „Fürstens der Prediger“, Charles Haddon Spurgeon? Ein Einblick in Ihre Persönlichkeit ermutigt uns, wie „normal“ diese Frau eigentlich war. Mit Blick auf unsere junge Leserschaft habe ich den Schwerpunkt in dieser Kurzbiografie auf ihre erste Lebenshälfte gelegt. Text Hans-Werner Deppe


»Sein ländliches Benehmen und seine Sprache riefen mehr Bedauern als Verehrung in mir hervor.«

Susannah Thompson wurde am 15. Januar 1832 geboren (also zweieinhalb Jahre vor Charles Spurgeon) und wuchs in London auf – ein Großstadtmädchen, im Gegensatz zu Charles, der später als Junge vom Land in die Weltmetropole an der Themse kam und dort eine Predigerstelle antrat. Von Kindheit an war Susannah nicht nur in London zu Hause, sondern auch in der New Park Street Chapel, an die Spurgeon als junger Mann in den Predigerdienst berufen wurde. Diese geschichtsträchtige reformierte Baptistengemeinde im zentralen Londoner Stadtbezirk Southwark, an der im 18. Jahrhundert berühmte Theologen und Prediger wie John Gill und John Rippon gewirkt hatten, war die geistliche Heimat ihres Elternhauses. Von klein auf christlich erzogen, hatte Susannah als Jugendliche unter einer evangelistischen Predigt über Römer 10,8 eine „Entscheidung“ getroffen, sich dem Herrn Jesus vollkommen hinzugeben. Aber wie so oft bei solchen menschlichen Gemütsregungen war auch Susannahs Entschluss von eher kurzlebigen Emotionen geprägt, und so glitt ihr Glaubensleben danach zunächst wieder in „Zeiten der Dunkelheit, Mutlosigkeit und des Zweifels“ hinab, wie sie es beschrieb (S. 16).1 Am 18. Dezember 1853 predigte Charles Spurgeon zum ersten Mal als Gastprediger in der New Park Street Chapel. Dass da plötzlich ein junger Dorfbursche auf der historischen Kanzel großer Gottesmänner stand, gefiel Susannah überhaupt nicht. Sie schrieb später über diesen ersten Eindruck: „Sein ländliches Benehmen und seine Sprache riefen mehr Bedauern als Verehrung in mir hervor. Zum Leidwesen meines törichten und eingebildeten Herzens! Ich war nicht geistlich genug, um seine ernsthafte Darlegung des Evangeliums und sein kraftvolles Reden zu Sündern zu verstehen. Aber die große, schwarze SatinHalsbinde, das lange, schlecht geschnittene Haar und das blaue Taschentuch mit den weißen Punkten, all das, was ihn so äußerlich prägte, hatte meine ganze Aufmerksamkeit auf sich gezogen und ich spürte Belustigung in mir aufkommen.“ (S. 18-19)

Verliebt, verlobt … Kurze Zeit später wurde Charles fest als Prediger an der New Park Street Chapel angestellt. Susannah hörte seine Predigten von da an regelmäßig und diese Predigten begannen, ihre bisher weltliche Gesinnung zu „bearbeiten“ und geistliches Interesse bei ihr zu wecken. Charles und Susannah begegneten sich des Öfteren auch persönlich im Hause einer Familie der Gemeinde. Am 20. April 1854 schenkte Charles ihr eine illustrierte Ausgabe von Bunyans „Pilgerreise“ mit der Widmung: „Miss Thompson, mit den besten Wünschen für ihr Wachstum im Glauben.“ Wie es weiter ging, berichtet Susannah: „Unter großem Zittern erzählte ich ihm nach und nach von meinem Zustand vor Gott, und er führte mich durch seine Predigten und Gespräche behutsam in der Kraft des Heiligen Geistes zum Kreuz Christi, nach dessen Frieden und Vergebung meine müde Seele verlangte.“ (S. 20) Offenbar begann Charles sich ernsthaft für Susannah zu interessieren. Wenige Wochen nach diesem Buchgeschenk mit Widmung besuchten sie mit einer Gruppe anderer Gläubiger aus ihrer Gemeinde die Eröffnungsfeier des Londoner Kristallpalastes (am 10. Juni 1854) und Charles saß dabei neben ihr. Auch hier war es wieder ein Buch, das zum gemeinsamen Thema wurde: Charles zeigte Susannah während der Veranstaltung eine Abhandlung über das biblische Buch der Sprüche und versuchte, darüber mit ihr ins Gespräch zu kommen. Als er eine Seite über die Ehe und deren Anbahnung – worüber die Sprüche ja einiges zu sagen haben – aufschlug, leitete er auf eine bemerkenswert originelle und doch feinfühlige Weise vom allgemeinen Thema über auf dessen ganz persönliche und konkrete Bedeutung. Susannah berichtet: „›Beten Sie für Ihren zukünftigen Ehemann?‹, flüsterte eine leise Stimme in mein Ohr, so leise, dass niemand sonst sie hören konnte. Ich kann mich nicht erinnern, auf diese Frage eine hörbare Antwort gegeben zu haben, aber mein klopfendes Herz, das meine Wangen verräterisch erröten ließ, und mein gesenkter Blick, der das plötzlich in mir aufkommende Licht

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preiszugeben fürchtete, mögen die Sprache der Liebe gesprochen haben. Von diesem Moment an saß eine sehr stille Frau neben dem jungen Pastor, und als der brillante Festzug den Palace erfüllte, nahm sie keine Notiz von der glanzvollen Aufführung vor ihren Augen, da in ihrem Herzen ganz neue Gefühle erwachten“ (S. 22). Nach der Veranstaltung ergab sich noch eine Gelegenheit zu einem gemeinsamen Spaziergang: „Während dieses denkwürdigen Spaziergangs, glaube ich, verband Gott unsere Herzen mit unlöslichen Banden wahrer Zuneigung und, auch wenn wir es nicht wussten, gab er uns einander für immer. Ab diesem Zeitpunkt wuchs unsere Freundschaft und reifte schnell zu tiefer Liebe heran, zu einer Liebe, die heute noch in meinem Herzen ist, sogar noch ernster und stärker als in jener ersten Zeit.“ (S. 23) Nur knapp zwei weitere Monate später, am 2. August 1854, hielt Charles offiziell um Susannahs Hand an, und Susannah – „… lobte Gott auf Knien und dankte ihm mit Freudentränen, dass er mir in seiner großen Gnade die Liebe eines so guten Mannes schenkte. Hätte ich damals schon gewusst, wie gut er war und wie groß er werden würde, wäre ich nicht so sehr von der Freude überwältigt gewesen, seine Frau zu sein, als vielmehr von der Verantwortung, die eine solche Stellung mit sich bringt.“ (S. 26) Susannah war zu diesem Zeitpunkt noch nicht getauft, was sie nun nachholen wollte. Charles bat sie als ihr Pastor um ein schriftliches Glaubenszeugnis, welches leider nicht dokumentiert ist, dafür aber Charles’ Reaktion darauf. Er schrieb ihr: „O, ich könnte weinen vor Freude, weil meine Geliebte ein so großes Werk der Gnade in ihrem Herzen bezeugen kann … Ich sehe, mein Meister hat tief gepflügt, und die tiefe Saat hat nun mit den Erdklumpen zu kämpfen, und dies bereitet dir Kummer. Wenn ich die geistlichen Symptome wohl verstehe, glaube ich, die richtige Therapie für dich zu kennen. Du lebst nicht in einem Umfeld des ernstlichen Dienens Christi … dir fehlt der Kontakt zu den Gläubigen und auch zu den Sündern, Kranken und Elenden, denen du dienen könntest. Aktiver Dienst erwärmt die Liebe und beseitigt Zweifel, denn so wird unsere Arbeit zum Beweis unserer Berufung und Erwählung. … Ich bin Gott überaus dankbar, sowohl in deinem als auch in meinem Interesse, dass du die Lektionen des Herzens so gründlich gelernt hast und dir deiner Verderbtheit stets bewusst bist. Es werden weitere Lektionen kommen, um dich fest zu gründen, aber, o meine Liebe, wie wichtig ist es, die erste Lektion gut zu lernen! Ich liebte dich sofort, fürchtete aber, du seiest noch keine Erbin des Himmels. In seiner Gnade zeigte mir Gott, dass du auserwählt bist. Ich dachte dann, ich könnte dir ohne Sünde meine Zuneigung offenbaren; doch bis ich deine Zeilen las, konnte ich mir nicht vorstellen, dass du so tiefe Einblicke und Seelenerkenntnis besitzt. Gott ist gütig, sehr gütig, unendlich gütig. O, wie ich dieses Geschenk schätze, weil ich mehr denn je weiß, dass der Geber das Geschenk liebt. Und so will auch ich es lieben, aber nur in Unterwürfigkeit ihm gegenüber. … Mögen die

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erlesensten Gnaden dein Eigentum sein, möge der Engel des Bundes dein Begleiter sein, möge dein Flehen erhört werden und möge deine Unterredung mit Jesus im Himmel sein! Sei meinem Gott anbefohlen. In reiner und heiliger Zuneigung wie auch in irdischer Liebe, dein C. H. Spurgeon.“ (S. 27-29) Während der Verlobungszeit gab es auch Prüfungen. Einmal begleitete Susannah Charles zu einem Predigttermin in einem anderen Bezirk Londons, und als sie mit der Droschke dort ankamen, herrschte dichtes Gedränge sowohl vor als auch im Gebäude. Charles bahnte sich stracks seinen Weg zum Ort seiner Aufgabe und so verloren sie sich aus den Augen. Unverzüglich trat Susannah daraufhin tief gekränkt den Heimweg an. Ihre Mutter war so weise, ihr zu verdeutlichen: „Niemals dürfte ich ihn [an seinem Dienst] hindern, indem ich versuchte, die erste Stelle in seinem Herzen einzunehmen.“ (S. 30) Als Charles sie kurze Zeit später abermals einlud, ihn zu einem Predigttermin zu begleiteten, sagte er: „Vielleicht bemerke ich es wieder nicht, wenn du gehst, aber es ist für uns beide wichtig – Charles hätte Gelegenheit zur Wiedergutmachung und Susie könnte zeigen, dass sie seinen Charakter nun besser kennt, indem sie seine Verfehlungen geduldig erträgt.“ (S. 31) Bereits zu dieser Zeit wurden Charles’ Predigten in gedruckter Form veröffentlicht und Susannah lernte nicht nur, während Charles’ intensiver Arbeit an den Abschriften „still zu sein und mich mit meinen eigenen Dingen zu beschäftigen“, sondern unterstütze ihn auch bei den Korrekturen und Schreibarbeiten. Seine zunehmende Popularität und die vielen Predigten vor großen Mengen waren aber auch eine starke Belastung, und wenn Susannah unter den Zuhörern saß, „verspürte sie oft den Drang, ihm zu Hilfe zu eilen“: „Ein Glas Chiliessig stand immer unter seinem Pult, und ich wusste, was zu erwarten war, wenn er zu diesem Mittel griff. O, wie mein Herz sich nach ihm sehnte. Wie sehr musste ich mich beherrschen, um ruhig und gesammelt zu wirken und auf meinen Stuhl in der kleinen Galerie sitzen zu bleiben! Ich konnte es kaum erwarten, nach der Predigt endlich zu ihm zu gehen und ihn zu trösten und aufzumuntern!“ (S. 33)

»Niemals dürfte ich ihn hindern, indem ich versuchte, die erste Stelle in seinem Herzen einzunehmen.«


Susannahs Ehemann Charles Spurgeon als junger Prediger (ca. 1857).

Das Ehepaar.

Susannah als junge Frau (Datum unbekannt).

Spurgeons Bibliothek. Sie sollte später eine der größten Privat-Bibliotheken Englands werden.

… verheiratet Am 8. Januar 1856 wurden Susannah und Charles in der New Park Street Chapel getraut. Susannah „war früh aufgestanden und hatte lange Zeit im Gebet verbracht. Trotz der Sorge um die vor ihr liegende Verantwortung war sie ›unbeschreiblich glücklich‹ darüber, dass der Herr sie so reich beschenkt hatte. Allein und auf ihren Knien bat sie ernstlich um Kraft, Segen und Führung für das neue Leben, das vor ihr lag.“ Die kurze Hochzeitsreise führte sie nach Paris, wo Susannah sich als bereits ortskundige Reiseführerin hervortun konnte. Als Charles viele Jahre später einmal allein in Paris war, schrieb er Susannah: „Mein Herz fliegt dir zu, wenn ich mich an meinen ersten Besuch in dieser Stadt unter deiner Führung erinnere. Ich liebe dich wie damals, nur um ein Vielfaches mehr.“ (S. 39) Ihre erste Zeit als Ehepaar war geprägt von großer Bescheidenheit und Sparsamkeit, denn das Paar wollte eine Ausbildungsstätte für junge Prediger aufbauen. Susannah „konnte hervorragend wirtschaften und durch strikte Sparsamkeit sammelte sich ein erheblicher Betrag zur Unterstützung und Ausbildung der ersten Studenten an.“ (S. 40) Als Charles schon bald das Pastors’ College gründete, hatte Susannah ein „geradezu mütterliches Interesse an dem College.“ Sie schrieb: „In finanzieller Hinsicht hatten wir zu jener Zeit stets das Problem, über die Runden zu kommen. Wir hatten nie genug übrig, um große Sprünge zu machen. Jetzt kann ich sagen, dass Gott uns auf diese Weise vorbereitete, in den Folgejahren mit armen Gemeindehirten mitzufühlen und ihnen zu helfen.“ (S. 40) Diese Großzügigkeit im Geben und der Blick dafür, die bescheidenen vorhandenen Mittel in das Reich Gottes und den Dienst der Zurüstung zu investieren, sollten sich später noch weiter ausprägen, als Susannah ihren Bücherfond gründete, mit dem sie Prediger mit hilfreicher Literatur versorgte. Wenn Charles vom Predigtdienst erschöpft war, las Susannah ihm gern christliche Gedichte oder erbauliche Bücher z.B. des Puritaners Richard Baxter vor. Oft viel es ihr schwer, seine häufige Abwesenheit zu ertragen. Als sie wieder einmal ihre Tränen beim Abschied nicht zurückhalten konnte, sagte er zu ihr:

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„Glaubst du, dass die Kinder Israels weinten, wenn sie ein Opferlamm zum Altar des Herrn brachten und es dort liegen sahen? … Wenn du mich gehen lässt, um armen Sündern das Evangelium zu predigen, bringst du mich als Opfer für Gott. Meinst du, er sieht es gerne, wenn du über dein Opfer weinst?“ (S. 42) Doch noch viel mehr Trost sollte erforderlich werden. Nur vier Wochen nachdem Susannah am 20. September 1856 Zwillinge zur Welt gebracht hatte – Thomas und Charles –, ereignete sich eine große Tragödie: Bei Charles’ erster Predigt in der Surrey Gardens Music Hall – der größten Festhalle Londons – kam es zu einer von Saboteuren provozierten Massenpanik, bei der sieben Menschen getötet und zahlreiche schwer verletzt wurden. Der erst 22-jährige Prediger war seitdem ein gebrochener Mann, und sein Gewissen und Gemüt waren nicht nur von dem Unglück selbst belastet, sondern auch von den unzähligen darauffolgenden Schmähungen in der Presse. Auch für Susannah waren – „diesen Verleumdungen eine schwere Last … Abwechselnd litt mein Herz mit ihm und glühte vor Entrüstung über seine Kritiker. Lange fragte ich mich, wie ich ihn anhaltend trösten könnte, bis ich endlich das Hilfsmittel fand – diese Verse in großen, altenglischen Buchstaben umgeben von einem hübschen OxfordRahmen: ›Glückselig seid ihr, wenn sie euch schmähen und verfolgen und alles Böse lügnerisch gegen euch reden werden um meinetwillen. Freut euch und jubelt, denn euer Lohn ist groß in den Himmeln; denn ebenso haben sie die Propheten verfolgt, die vor euch waren‹ – Matthäus 5,11.12. Wir hängten den Text in unserem Zimmer auf und mein lieber Prediger las ihn jeden Morgen. Er erfüllte seinen Zweck, da er sein Herz stärkte und ihn seine unsichtbare Waffenrüstung anlegen ließ.“ (S. 50)

Krank, aber voller Frucht für Gott Susannah war aber keine Powerfrau, sondern erkrankte schon in jungen Jahren dauerhaft und bedurfte vielmehr selbst der Pflege und Hilfe von Charles’, als dass sie ihn und seinen Dienst durch ein großes Arbeitspensum unterstützen konnte. Wir wissen nicht genau, woran sie litt, doch mit nur 33 Jahren wurde sie chronisch krank, litt fast ständig unter starken Schmerzen und Fieber und wurde 1868 mit 36 quasi bettlägerig. Als das Paar 1869 ein neues Haus baute, wurde Susannah vorübergehend in ein Städtchen an der Küste umquartiert und Charles kümmerte sich allein um die „krankengerechte“ Einrichtung des neuen Heims. Wie liebevoll er dies tat, ist in zahlreichen Briefen dokumentiert. Als sie schließlich in den Neubau einziehen konnte, war sie begeistert: „Niemals wird sie ihr Entzücken bei der Heimkehr vergessen noch seinen freudigen Stolz, mit dem er auf all die Vorkehrungen hinwies, die ihre Gefangenschaft ausgleichen und lindern sollten … In der ganzen Einrichtung des kleinen Raumes steckte seine hingebungsvolle Liebe, so dass ihre Gefühle nicht in Worte zu fassen waren, als sie es das erste Mal sah, und auch später, als sie den großen, praktischen Nutzen und Wert genoss.“ (S. 65) Als Frucht von ihrem Leben lässt sich trotz (oder gerade wegen!) ihrer chronischen Krankheit und Schwäche einiges aufzeigen. Zuerst sind da die beständige Liebe, Freude und Ermutigungen zwischen Charles und ihr, die zu ständigem Lob Gottes führten. Ob durch wundersame Gebetserhörungen – z.B. wurde auf ganz erstaunliche Weise Susannnahs scherzhaft geäußerter Wunsch nach „einem Opalring und einem zwitschernden Kanarienvogel“ erfüllt – oder durch geduldiges Ertragen von Leid und gegenseitiges Trösten, das für beide in mannigfaltigen Kämpfen so nötig war: der Herr

»Zuerst sind da die beständige Liebe, Freude und Ermutigungen zwischen Charles und ihr, die zu ständigem Lob Gottes führten.«

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»Susannah hat darüber hinaus sogar ein eigenes Werk gegründet, dass ungemein fruchtbare und große Segenskreise zog: einen Fond, der mittellosen Pastoren und Predigern theologische Bücher zur Verfügung stellte.«

wurde in allem verherrlicht. Dann sind da die Zwillinge Thomas und Charles, die von Susannah ausgiebig geistlich belehrt wurden und die bezeugten, durch das „ernste Bitten und strahlende Vorbild“ und den „Einfluss und die Belehrung“ der Mutter zur früheren Bekehrung gefunden zu haben. Einen Tag nach ihrem 18. Geburtstag wurden beide von ihrem Vater im Metropolitan Tabernacle getauft. Allein diese beiden Bereiche ergeben ein äußerst fruchtreiches Leben zur Ehre Gottes. Doch Susannah hat darüber hinaus sogar ein eigenes Werk gegründet, dass ungemein fruchtbare und große Segenskreise zog: einen Fond, der mittellosen Pastoren und Predigern theologische Bücher zur Verfügung stellte. Das war ein ungemein wichtiger Dienst: jene mit geistlicher Nahrung zu versorgen, deren Berufung es ist, ihrer anvertrauten Herde geistliche Nahrung zu geben! Prediger waren damals oft so arm, dass sie sich jahrelang kein neues Buch leisten konnten. Der Fond entstand, als Charles ihr 1875 das RohManuskript seines Buches Ratschläge für Prediger zum Lesen gab und sie nach ihrer Meinung fragte. Sie antwortete: „Ich wünschte, ich könnte es jedem Pastor in England in die Hand drücken.“ „Warum nicht?“, entgegnete Charles, und als Susannah ihr Erspartes zählte, reichte es für einhundert Exemplare des Buches. In Charles’ Zeitschrift Sword & Trowell veröffentlichten sie dann eine Bestellmöglichkeit für bedürftige Pastoren, das Buch unentgeltlich anzufordern. Das war der Anfang des Buchfond-Werkes, denn von da an wurden auch reichlich Spenden für diese Zwecke gegeben – in Form von Geld und Büchern, die Susannah nach äußerer und inhaltlicher Qualität aussortieren musste. Wenn man die ausführliche Dokumentation ihres Bücherfond-Dienstes in ihrer Biografie liest, staunt man, wie sie all das – u.a. den aufwändigen Versand – trotz ihrer chronischen Krankheit schaffen konnte. Dieser Dienst und die damit einhergehende Motivation scheinen sie geradezu beflügelt zu haben, doch wurde sie immer wieder zeitweise von ihrer Krankheit außer Gefecht gesetzt. Am Ende bestand ihr Buchfonds 27 Jahre (1875-1902) lang und währenddessen wurden fast 200.000 theologisch wertvolle Bücher an bedürftige Pastoren, Prediger und Missionare versandt. Der heute noch bestehende Banner of Truth-Buchfond geht auf Susannahs Dienst zurück. Susannah überlebte Charles, der am 31. Januar 1892 starb, schließlich noch um viele Jahre und führte ihren Buchfonds noch bis kurz vor ihrem Tod im Jahre 1903 fort. Nachdem sie bereits selbst Bücher über ihren Fond sowie Andachtsbücher geschrieben hatte, widmete sie sich in ihrer Witwenschaft ihrem Hauptwerk, der 4-bändigen Autobiografie von Charles Spurgeon, die sie aus seinen Tagebüchern, Briefen und Aufzeichnungen zusammenstellte und förderte weiter die Verbreitung von Charles’ Predigten und Schriften. So beendet ihr Biograf Charles Ray ihr Lebensbild mit den Worten: „Auf Erden predigt Charles' Feder weiterhin zu Millionen von Menschen unserer Generation. Susannah Spurgeon hat diesen Dienst trotz aller körperlichen Einschränkungen und Schwächen in unschätzbarem Maße durch Gottes Gnade gefördert.“ ¶

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J O HN BUNYAN John Bunyans Leben war gepr채gt von Leiden, die er als Gottes Weg annahm, um ihn zur Herrlichkeit zu bringen. Er war ein Pilger auf dem Weg zur seligen Ewigkeit. Text Nils Freerksema


»Er fragte sich, ob er wirklich erwählt sein könne und ob die Gnadenzeit für ihn nicht schon längst zu Ende sei.«

Noch ist John Bunyan manchen Christen als Autor der Pilgerreise bekannt. In unserer Generation von jungen Christen ist dieses Buch allerdings schon größtenteils in Vergessenheit geraten und damit auch sein Autor. Die „Pilgerreise zur seligen Ewigkeit“ ist ein Klassiker der Weltliteratur – übersetzt in 200 Sprachen und seit dem 17. Jahrhundert durchgehend aufgelegt. Es ist jedoch nur eins von etwa 60 Büchern, die Bunyan insgesamt geschrieben hat; und nicht nur sein Werk, sondern auch sein Leben ist lehrreich und bedeutsam für uns. Insbesondere sein Umgang mit den Leiden, denen er ausgesetzt war, ist herausfordernd und vorbildlich. Es ist also gut, wenn wir uns mit dem Leben John Bunyans befassen und darauf achten, was wir von ihm lernen können. Der größte aller Sünder John Bunyan wurde im November 1628 in Elstow, einem kleinen Dorf südlich von Bedford in England, geboren. Sein Vater war Kesselflicker, ein Beruf, der eine armselige finanzielle Lage und geringes Ansehen mit sich brachte. Doch obwohl seine Eltern arm waren, ermöglichten sie ihm für einige Zeit den Besuch einer Schule, in der er zumindest lesen und schreiben lernte. Trotz seiner Autobiografie („Überreiche Gnade für der Sünder Größesten“) ist kaum etwas über seine Kindheit und Jugend bekannt. Wir wissen nur, dass sein sündiges Verhalten in jener Zeit außerordentlich war. Nur wenige waren ihm ebenbürtig „im Fluchen, Schwören, Lügen und Lästern des heiligen Namens Gottes.“1 In dieser Zeit wurde sein Geist zwar oft von großer Angst vor der Hölle und wegen seiner Sünden gequält, dennoch lebte er weiter ein lasterhaftes und sündiges Leben. Schon im Titel seiner Autobiografie bezeichnet Bunyan sich als den „größten aller Sünder“ und tut es damit Paulus gleich, der schreibt, „dass Christus Jesus in die Welt gekommen ist, um Sünder zu retten, von denen ich der größte bin“ (1. Timotheus 1,15). Sowohl Paulus als auch John Bunyan waren sich ihrer völligen Verderbtheit und eigenen Hilflosigkeit bewusst. Sie brauchten jemand anderen, der sie aus ihren Sünden

rettet. Doch so plötzlich und überwältigend die Umkehr und Rettung bei Paulus geschah, so langsam und quälend schien sie bei Bunyan vor sich gegangen zu sein. Die schwierige Wiedergeburt 1648 heiratete Bunyan seine erste Frau. Über sie ist nicht viel bekannt, nicht einmal ihr Name. Sie hatte jedoch einen gottesfürchtigen Vater und brachte von ihm zwei geistliche Bücher mit in die Ehe, die auch John des Öfteren las. Mit der Zeit veränderte er sein Leben radikal, so dass seine Umgebung ihn als wirklich gottesfürchtigen und guten Mann ansah. Er selbst sagt jedoch, dass es nicht mehr als selbstgerechte Werke waren und er nur ein Heuchler. Es lag noch ein langer Weg zu einer echten Rettung, nicht durch eigene Werke, sondern das Werk Christi, vor ihm. Wann diese eigentliche Wiedergeburt geschah, lässt sich nicht klar sagen. Deutlich wird jedoch, dass der Weg dorthin für Bunyan schwer war und lange andauerte. Er studierte die Bibel eifrig und kam dabei immer wieder auf Fragen, durch die er „bis auf Äußerste angefochten“2 war. Er fragte sich beispielsweise ob er wirklich erwählt sein könne und ob die Gnadenzeit für ihn nicht schon längst zu Ende sei. Lange Zeit plagte ihn auch der Gedanke, er habe die unvergebbare Sünde begangen, weil er, wie er es sagt, seinen Heiland verkauft habe. Durch all das lebte Bunyan über einen langen Zeitraum in Leiden, die sowohl geistlich als auch körperlich waren. Er schreibt: „Oh, niemand weiß von den Schrecken jener Tage als ich selbst.“3 In dieser Phase hatte er, ähnlich wie Luther, eine klare Vorstellung von seiner eigenen Sündhaftigkeit und Gottes Gerechtigkeit, konnte jedoch nicht deutlich erkennen, wie er selbst diesem Gott gerecht werden könnte. Ein entscheidender Moment für den Frieden seiner Seele war der, als er erkannte, dass seine Gerechtigkeit im Himmel ist. Er sah und verstand, dass Jesus Christus seine Gerechtigkeit ist und wusste: „Wo immer ich auch sein mochte und was immer ich auch tat, Gott konnte von mir nicht sagen, ihm mangelt meine Gerechtigkeit,

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denn diese hatte er gerade vor seinen Augen.“4 Was für eine wunderbare Erkenntnis, die ihm versicherte, dass seine eigene Verfassung, sei sie gut oder schlecht, keine Veränderung an seiner Gerechtigkeit bewirkte, denn „Jesus Christus ist derselbe gestern und heute und auch in Ewigkeit!“ (Hebräer 13,8). Seine Gerechtigkeit vor Gott, außerhalb von ihm selbst und bei Christus zu finden, war entscheidend, um Bunyan von den Fesseln seiner Zweifel zu erlösen. Nun konnte er sich auch den Bibelversen stellen, die ihn vorher verdammt hatten und sein Gewissen quälten. Vom Kesselflicker zum Prediger Im Jahr 1653 wurde John Bunyan Mitglied einer Baptistengemeinde in Bedford. Dort begann er, nachdem er von einigen Geschwistern in Jesus dazu gedrängt worden war, auch selbst zu predigen. Recht bald wurde er als Prediger sehr beliebt und diente in vielen Gemeinden in England. John Brown schreibt in seiner BunyanBiografie: „Als das Land verstand, dass der Kesselflicker zu einem Prediger geworden war, kamen sie zu Hunderten, um das Wort zu hören.“5 Bunyan nahm seinen Dienst sehr ernst und wollte unter keinen Umständen sein „Pfund in der Erde vergraben“. Er hatte ein so großes Verlangen danach, dass durch Gottes Wort Menschen in ihren Herzen verändert würden, dass er dafür gerne Leiden und Tod in Kauf genommen hätte. „Wenn ich in diesem Augenblick vor ihren Augen gehängt würde, und dies würde dazu dienen, sie zu erwecken und sie in der Wahrheit zu befestigen, so wäre ich mit Freuden damit einverstanden.“6 Mit Zunahme seiner Popularität wurde er jedoch auch immer wieder durch Verleumdungen und Beleidigungen angegriffen. Da es jedoch falsche Anschuldigungen waren und Bunyan deswegen ein reines Gewissen hatte, nahm er auch dies gerne hin. Er schrieb: „Darum lege ich mir diese Lügen und Verleumdungen als einen Orden an. Es gehört zu meinem christlichen Bekenntnis, erniedrigt, verleumdet, beschuldigt und beschimpft zu werden.“7 Mich beschämt beides: die Bereitschaft Bunyans, für das Zeugnis von Jesus zu leiden und sein liebendes Herz, das für die Menschen, die ihm anvertraut waren, litt. Ich wünsche mir einen ähnlich großen Eifer in der Verkündigung von Gottes Wahrheit und der Sorge um die Herzen meiner Mitmenschen. Zum Leiden bestimmt Das Leben John Bunyans war aber nicht nur durch die inneren Leiden seiner Seele bestimmt, auch an äußeren Umständen hatte er viel Leid zu ertragen. Dies tat er mit großer Geduld und unerschütterlichem Vertrauen in Gottes Güte und Allmacht. Die erste Tochter, Mary, die Gott ihm und seiner Frau schenkte, wurde blind geboren und Bunyans Zuneigung zu ihr war besonders groß. 1658, nach nur zehn Jahren Ehe, starb seine Frau und hinterließ ihm neben der blinden Mary noch drei weitere Kinder. Er heiratete ein Jahr später seine zweite Frau, Elizabeth, mit der er zunächst jedoch auch nicht lange zusammen sein konnte. Denn nur ein Jahr nach der Hochzeit wurde John Bunyan inhaftiert und musste die nächsten zwölf Jahre – mit kurzer Unterbrechung –

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»Es gehört zu meinem christlichen Bekenntnis, erniedrigt, verleumdet, beschuldigt und beschimpft zu werden.« – John Bunyan


im Gefängnis bleiben. Ursache dafür war, dass König Charles II. die Regierung übernommen hatte und dafür sorgte, dass das Predigen außerhalb der Staatskirche verboten wurde. Die gesamte Zeit, in der Bunyan lebte, war geprägt von großen politischen Unruhen, die stark mit den religiösen Gruppen verbunden waren. Zu seiner Kinder- und Jugendzeit wurde England von König Charles I. regiert. Dieser ging zusammen mit dem Bischof der anglikanischen Kirche stark gegen die Puritaner vor. Die Puritaner waren eine Bewegung, die das religiöse Leben teils innerhalb, teils außerhalb der anglikanischen Kirche, reformieren wollte. 1642 entstand ein Bürgerkrieg zwischen den Parlamentariern unter Oliver Cromwell und den Königstruppen. Nach drei Jahren besiegten die Parlamentarier den König und regierten das Land. Cromwell sorgte für Religionsfreiheit außerhalb der anglikanischen Kirche. Nach seinem Tod 1658 brach die Regierung jedoch bald wieder auseinander. Charles II. wurde 1660 König über England und schränkte die Religionsfreiheit wieder stark ein. Sein Predigtverbot dauerte zwölf Jahre bis 1672. Bunyan war über diese zwölf Jahre im Gefängnis, obwohl er schon früh aus der Gefangenschaft hätte entlassen werden können. Dazu hätte er sich verpflichten müssen, mit dem Predigen aufzuhören, was für ihn jedoch nicht in Frage kam. „Ich habe mich entschieden, mit der Hilfe und des Schutzes des allmächtigen Gottes lieber zu leiden, falls das zerbrechliche Leben so lange anhält, bis Moos auf meinen Augenbrauen wächst, als meinen Glauben und meine Prinzipien zu verletzen.“8 Bunyan nahm diese Leiden mit Dankbarkeit aus Gottes Hand und durfte darin seinen Segen erleben. Er schreibt zum Beispiel: „Nie in meinem ganzen Leben habe ich einen so freien Zugang zum Worte Gottes gehabt wie jetzt.“9 Dennoch war die Zeit im Gefängnis eine wirkliche Leidenszeit. Ihn quälten Gedanken über ein mögliches Todesurteil und die Leiden seiner Familie. Insbesondere der Gedanke an seine Tochter Mary bereitete ihm viel Kummer. „Oh, der Gedanke an alles Harte, das mein blindes Kind vermutlich werde durchmachen müssen, wollte mir das Herz brechen.“10 Was ihn in dieser langen Leidenszeit tröstete, war das feste Vertrauen in Gottes Souveränität. John Piper zitiert ihn in Bezug auf Leiden: „Nicht, was die Feinde wollen oder was sie beschließen, sondern was Gott will und was Gott bestimmt, wird geschehen.“11 „Leiden für die Gerechtigkeit und um der Gerechtigkeit willen geschieht durch Gottes Willen. Gott hat bestimmt, wer leiden wird.“12 Bunyan hielt sich die biblische Wahrheit vor Augen, die beispielsweise in 1. Thessalonicher 3,3 deutlich wird: „damit niemand wankend werde in diesen Bedrängnissen; denn ihr wisst selbst, dass wir dazu bestimmt sind.“ Die Gewissheit, dass Gott über allem Leiden steht, stärkte ihn über die ganze Zeit der Gefangenschaft und darüber hinaus. Bunyan begann nach seiner Freilassung wieder seine Predigtdienste und diente Geschwistern in ganz England auf viele Weise. Er starb 1688, nachdem er sich auf einer Reise ein schweres Fieber zugezogen hatte. Sein Vermächtnis, das er vor allem in Form vieler geistlicher Bücher hinterließ, prägte unzählige Christen

»Bunyan war zwölf Jahre im Gefängnis, obwohl er schon früh aus der Gefangenschaft hätte entlassen werden können.«

und seine Lebensgeschichte ist ein herausforderndes und ermutigendes Zeugnis für jeden. ... der nehme sein Kreuz auf sich John Bunyans Umgang mit seinen Leiden ist vielleicht das, was am deutlichsten aus seinem Leben hervorscheint. Piper schreibt: „Bunyans Leiden durchzieht alle seine Werke.“13 Ein Grund dafür ist sicherlich, dass er Leiden als unerlässlichen Teil des christlichen Lebens sah. „Es ist Gottes Wille, dass Menschen, die auf dem Weg zum Himmel sind, entweder gar nicht oder nur unter Schwierigkeiten dort ankommen.“14 Wenn ich mich mit Bunyans Leben und seinen Aussagen beschäftige, frage ich mich, welche Leiden ich eigentlich für Christus auf mich nehme. Schließlich hat Jesus gesagt: „Wer nicht sein Kreuz trägt und mir nachkommt, der kann nicht mein Jünger sein“ (Lukas 14,27). Paulus hat es noch deutlicher formuliert: „Wenn wir aber Kinder sind, so sind wir auch Erben, nämlich Erben Gottes und Miterben des Christus; wenn wir wirklich mit ihm leiden, damit wir auch mit ihm verherrlicht werden“ (Römer 8,17). Nun sind wir in unserem Umfeld keiner Verfolgung ausgesetzt, die jener Bunyans oder der Apostel auch nur annähernd ähnlich wäre. Für Christus zu leiden bedeutet mit Sicherheit auch keine Selbstkasteiung, um Sünde zu büßen. Das ganze Neue Testament macht aber deutlich, dass wir als Nachfolger Jesu in einem Kampf stehen. Ein Kampf nicht gegen Menschen, sondern gegen die Mächte der Finsternis und die Sünde. Wenn wir diesen Kampf mit ganzer Kraft und ganzem Willen führen, werden wir nicht um Leiden herum kommen. „Ihr habt noch nicht bis aufs Blut widerstanden im Kampf gegen die Sünde“ (Hebräer 12,4). Ich möchte bereit sein, Leiden auf mich zu nehmen, um in diesem Kampf zu bestehen und als Überwinder die Herrlichkeit zu erlangen. ¶

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Keine Angst vor Theologie!

Biblische Theologie für die Gemeinde

Michael Lawrence

Erich Schmidt-Schell

S Y S T E M AT I S C H E T H E O L O G I E

BIBLISCHE THEOLOGIE

ROMAN

Jeder Christ interessiert sich für Theologie – ob er es weiß oder nicht. Denn Theologie ist nichts anderes als die Antwort auf die Frage, was man glaubt. Theologie ordnet die Lehren der Bibel und wendet sie auf das Leben an. Um im Glauben und in der Erkenntnis Gottes zu wachsen, braucht der Christ eine gesunde schriftgemäße Theologie. Dieses Buch ist ganz anders als akademische Theologiewerke, denn es vermittelt biblische Lehre auf eine Weise, die jeder leicht verstehen kann. Kurz und bündig, teils in Essay- oder Dialogform, erklärt der Autor in flüssigem Stil und mit einer Prise Humor grundlegende Themen der christlichen Lehre: das Wesen Gottes und des Menschen, rechtes Bibelverständnis, die Errettung, Endzeitfragen usw. und korrigiert dabei auch viele falsche Vorstellungen, die sich unter Christen verbreitet haben – z.B. über Erwählung, Gottes Führung, Zeichen und Wunder, Israel u.v.m.

Ein Leitfaden für die Anwendung von Gottes Offenbarung

Geschichte einer Versöhnung

Christliches Leben resultiert aus gesundem Glauben. Und gesunder Glaube entsteht, wenn die Bibel richtig verstanden und vermittelt wird. Dieses Buch schlägt die Brücke zwischen Theorie und Praxis und ist eine Fundgrube für alle, die die Bibel als Ganzes so studieren, vermitteln und verkündigen wollen, dass das Leben der Gemeinde und jedes Einzelnen sich zur Ehre Gottes verändert. Michael Lawrence bietet eine wunderbar verständliche und nützliche Einleitung in die Biblische Theologie – in die Lehre von den roten Fäden der Bibel – und zeigt ihre praktische Anwendung. Hinweis: Das Buch richtet sich zwar direkt an Prediger und Gemeindeleiter, aber da es hauptsächlich um das rechte Verständnis und die praxisbezogene Auslegung der Bibel geht, ist es für jeden Christen äußerst nützlich!

Der sechsjährige Malte wächst ohne Mutter auf, sie starb bei seiner Geburt. Vater Ansko möchte den Jungen am liebsten nicht sehen, deshalb kümmert sich die Großmutter um Maltes Erziehung. Doch nun liegt sie nach einem Herzinfarkt auf der Intensivstation. Dunkle Wolken ziehen über Maltes Leben auf. – Was plant Ansko bezüglich der Zukunft seines Sohnes? Die Beziehung zwischen Vater und Sohn ist stark belastet. Der verbitterte Mann, der sich von Gott ungerecht behandelt fühlt, gibt Malte die Schuld am Tod seiner Frau. »Dieser Junge hat unser Leben zerstört; das kann ich ihm nicht verzeihen!« Wird Ansko an seiner Ablehnung und Bitterkeit festhalten? Wie lange soll Malte der Vaterliebe entbehren? Wird Ansko die guten Absichten Gottes für sein Leben erkennen?

Paperback, 206 Seiten Betanien, 2013 Art.Nr.: 175944

Paperback, 276 Seiten Betanien, 2013 Art.Nr.: 175945

Taschenbuch, 256 Seiten Voice of Hope, 2013 Art.Nr.: 875393

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Jay Adams

Die Wahrheit macht frei

A U S G E WÄ H LT E N E U H E I T E N A U S D E M B E TA N I E N - O N L I N E S H O P CBUCH.DE


Neu belebt von Ihm

Kämpfe den guten Kampf

Der Weg der christlichen Theologie

K U R S M AT E R I A L / S T U D I E N B U C H

BIBELSTUDIUM

KIRCHENGESCHICHTE

Sind Sie manchmal müde von dem Versuch, ein guter Christ zu sein? Sind Sie überlastet mit Gemeindeaktivitäten? Fühlen Sie sich geistlich leer? Dann ist dieser Kurs genau richtig für Sie! Neu belebt von Ihm ist ein praktischer 12-Wochen-Kurs, in dem die Autoren Prinzipien für persönliche Erweckung vorstellen. Wenn Sie für Ihr Leben mit Gott mehr Begeisterung und Tiefe suchen, finden Sie hier den Schlüssel dazu. Entdecken Sie, wie dadurch auch Ihre Beziehung zu Mitmenschen eine neue Qualität bekommt. Dieses Buch können Sie allein, in einer Gruppe oder mit einer ganzen Gemeinde durcharbeiten. „Neu belebt von Ihm ist ein sehr persönlicher und tiefgründiger Kurs. Er führt zu einem heiligen, von oben gesegneten Leben und einem fröhlichen Herzen, das gar nicht anders kann, als für den Herrn Jesus zu brennen!“

Eine Studie zum 1. Timotheusbrief

Eine Einführung

Bibelstudium ist wie die Goldsuche: mühsam, aber unglaublich bereichernd. Wer einmal fündig geworden ist, möchte immer mehr entdecken und zu weiteren Schätzen vordringen, aber ...

Dieses umfassende Werk ist eine Einführung in die faszinierende Welt der christlichen Theologie und in ihre Geschichte. Auch wenn Sie nicht theologisch vorgebildt sind, werden Sie hier einen Überblick über die geschichtliche Entwicklung der Theologie (Dogmengeschichte) und ihre wichtigsten Lehraussagen bekommen und befähigt, theologischen Diskussionen mühelos folgen zu können.

Nancy Leigh DeMoss Tim Grissom

– Joni Eareckson Tada

Peter Lüling

• Wie bekommt man erst einmal den Zugang zu einem Bibelbuch, zu einem Kapitel oder einem Abschnitt? • Auf welche Weise soll man das Material sichten? • Welche Fragen wären gut und wichtig? • Gibt es Strukturen und Sinnzusammenhänge? • Wie haben die Empfänger damals auf die Briefe reagiert, in denen es ja weder Verse noch sonstige Einteilungen gab?

Alister McGrath

Das Buch ist gleichzeitig ein umfassendes Nachschlagewerk zu einzelnen Epochen oder Themen der Theologie, das jedes Kapitel als in sich verständliche Einheit behandelt und mit unfangreichem Glossar und Register sowie Angaben zu weiterführender Literatur die nötigen Querverweise liefert und zum Weiterstudium anregt. In Kürze wieder lieferbar!

Paperback, 272 Seiten Rigatio, 2013 Art.Nr.: 682003

Paperback, 176 Seiten CLV 2013 Art.Nr.: 256248

Hardcover, 622 Seiten Brunnen, Mai 2013 Art.Nr.: 229539

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J O H N G RESHAM MACHEN Für jemanden, der zu Recht als die „führende konservative Stimme in der fundamentalistisch-modernistischen Kontroverse der 20er Jahre“1 bezeichnet werden kann, ist der presbyterianische Theologe und Princeton-Professor John Gresham Machen (1881-1937) zumindest hierzulande relativ unbekannt. Die folgende Darstellung soll diese Lücke schließen, Machens Leben und Werk kurz skizzieren – und zu einer Beschäftigung mit seinen zentralen Thesen anregen. Text Daniel Facius


»Machen gewann die Einsicht, dass er nach einer Versöhnung von Glauben und Vernunft suchte.«

Wenn der Biograph Nichols Machen als „unwahrscheinlichen Helden“ bezeichnet,2 liegt diese Einschätzung in der behüteten Kindheit Machens begründet. Eher privilegiert aufgewachsen3 in der High-Society Baltimores als Sohn eines bekannten Anwalts (Arthur Webster Machen, dessen Vater als Geschäftsleiter des US-Senats politisch gut vernetzt war) und einer 21 Jahre jüngeren Mutter, die den vornehmsten Kreisen Georgias entstammte (Mary Gresham Machen), genoss der junge Machen eine hervorragende Erziehung,4 die ihn zwar für höhere Aufgaben in Staat und Gesellschaft prädestinierte – nicht aber für eine entscheidende Rolle in den theologischen Auseinandersetzungen seiner Zeit. „Den geistlichen Dienst“, so schrieb er seinem Vater, „kann ich mir nicht vorstellen.“5 An fehlender religiöser Erziehung kann diese Abneigung nicht gelegen haben, war doch insbesondere seine Mutter immer bestrebt, John und seinen Brüdern Arthur und Thomas nicht nur die Bibel, sondern auch den Westminster-Katechismus und Bunyans Pilgerreise nahezubringen.6 Im Alter von 15 Jahren wurde er auf sein Glaubensbekenntnis hin in die Franklin Street Presbyterian Church aufgenommen, der seine Mutter angehörte. Findungsphase Bei der Auswahl des Colleges unternahm der Musterschüler Machen keine Experimente. Er entschied sich für die John-Hopkins-Universität vor Ort und studierte dort, motiviert von seiner Vorliebe für die griechischen Klassiker, Altphilologie. Nach einer Europa-Reise, ein Geschenk seiner Eltern zum Universitätsabschluss, muss er sich noch immer unschlüssig darüber gewesen sein, was er mit seinem Leben anfangen wollte. Er blieb für eine Promotion an der Universität, die ihm so erfolgreich glückte, dass er 1901 in die Phi-Betta-KappaGesellschaft aufgenommen wurde, die älteste und angesehenste Studentenverbindung der Vereinigten Staaten. Auch das weitere Studium in Chicago im Sommer 1901 erwies sich als wenig zielführend: Internationales Recht und Bankwesen stand auf dem Lehrplan. Erst nach zahlreichen Diskussionen mit

seinen Eltern und seinem Pastor in Baltimore entschied er sich letztlich dafür, sich in Princeton einzuschreiben, wobei er zeitgleich Theologie am Princeton Theological Seminary und Philosophie an der Princeton University studierte – und sich für Football begeisterte. Zu seinen Lehrern in Theologie gehörten Benjamin Warfield,7 Caspar Hodge, Francis Patton und William Armstrong, wobei insbesondere die letzteren einen erheblichen Einfluss auf Machen gewannen. Über Patton, den ersten Präsidenten des Princeton Theological Seminary, schrieb er nach dessen Tod 1932: „Er war ein wahrer Freund für mich. Ich wäre niemals vorangekommen ohne seine Hilfe.“8 Armstrong, der Neues Testament lehrte, empfahl Machens Aufsatz über die Geburtserzählungen der Evangelien für eine renommierte Auszeichnung und die Veröffentlichung in der „Princeton Theological Review“. Als Machen tatsächlich gewann, brachte ihm dies ein Forschungsstipendium in Deutschland ein. 1905 studierte Machen zunächst in Marburg, dann in Göttingen. Auch wenn Machen später schrieb, dass es nicht Deutschland war, „das zuerst Zweifel in meiner Seele weckte“,9 muss diese Episode doch als krisenhafte bezeichnet werden.10 Insbesondere die Vorlesung von Wilhelm Herrmann11 in Marburg wurde zur Herausforderung für Machen, der weder auf die Auswüchse liberaler Theologie, noch auf die offenbar lebendige Frömmigkeit dieses Lehrers ausreichend vorbereitet war. An seinen Vater schrieb Machen: „Ich bin völlig verwirrt worden von dem, was er sagt – seine Ergebenheit für Christus ist viel tiefer als alles, was ich während der letzten Jahre von mir selbst kenne.“12 Unter anderem durch den Briefwechsel mit seiner Mutter gewann Machen die Einsicht, dass er nach einer Versöhnung von Glauben und Vernunft suchte. Weder ein bloßer Intellektualismus ohne Hingabe, noch ein begeisterter „Glaube“ ohne solide Basis konnten ihn zufriedenstellen. Diese Einsicht sollte sein ganzes weiteres Leben prägen.13 Zurück in den USA nahm er 1906 das Angebot Armstrongs für eine Assistentenstelle in Princeton an. Er kam dort im Studentenwohnheim „39 Alexander Hall“ unter und war bei den Studenten nicht

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nur wegen seines fachlich hervorragenden Unterrichts, sondern auch wegen seiner Geselligkeit beliebt. Samstags öffnete er abends sein Appartement für die Studenten, wo er Früchte und Tabak anbot und bis in die Nacht diskutiert wurde. 1912 veröffentlichte er vier vielbeachtete Aufsätze,14 die seinen Aufstieg beförderten: 1914 wurde er zum Assistenz-Professor ernannt und, ganz entgegen seiner ursprünglichen Absichten, von der Presbyterian-Church ordiniert. Seine AntrittsVorlesung „Geschichte und Glaube“ sorgte für internationale Aufmerksamkeit und legte den Grundstein für sein weiteres Wirken und die Auseinandersetzung mit der liberalen Theologie. In diese Zeit (1910-1915) fiel auch die Veröffentlichung der von Torrey herausgegebenen, ursprünglich zwölfbändigen Ausgabe der „Fundamentals“, die aufgrund großzügiger Finanzierung durch die Öl-Millionäre Lymon und Milton Stewart in Millionenauflage kostenlos verteilt wurden.15 Obwohl auch Machens Mentor Warfield einen Artikel über die Gottheit Jesu beisteuerte, ließ sich Machen später nur zögerlich mit der entstehenden Bewegung der Fundamentalisten in Zusammenhang bringen.16 Als der Erste Weltkrieg begann, nahm Machen nicht als Soldat, sondern als Freiwilliger im Rahmen der CVJM-Arbeit teil und unterstütze französische und amerikanische Soldaten an der Front.17 Einige Monate nach Kriegsende kehrte er zurück in die Staaten, wo er alsbald in die Modernismus-Debatte verwickelt wurde – auch an seiner eigenen Hochschule. Die Modernismus-Debatte 1921 starb Benjamin Warfield. Machen schrieb anlässlich der Beerdigung an seine Mutter: „Es scheint mir, dass das alte Princeton – eine große Institution – starb, als Dr. Warfield hinausgetragen wurde.“18 In der Tat verlor Princeton mit Warfield einen der einflussreichsten konservativen Theologen Amerikas – und Machen schickte sich an, in seine Fußstapfen zu treten. 1921 veröffentlichte er seine erste große Monographie, „Der Ursprung der Religion des Paulus“, in der er eine Serie von Vorlesungen am Union Theological Seminary in Virginia zusammenfasste. Die Wahl des Themas war kein Zufall: „Die Abhängigkeit des Christentums von einer bestimmten Auffassung über seinen Ursprung und seinen Gründer wird neuerdings heftig attackiert. Viele sind der Meinung, das Christentum könne unabhängig von seinem Ursprung gesehen werden, so dass diese Ursprungsfrage völlig getrennt werden sollte von den anstehenden religiösen Interessen der Kirche.“19 Für Machen dagegen war die Frage nach dem Ursprung des Christentums auch die Frage nach seiner Wahrheit – und damit die wichtigste praktische Frage unserer Existenz.20 Mit dieser Botschaft bereiste Machen in zunehmender Intensität die Vereinigten Staaten und sprach allein 1922/23 in New York, New Jersey, Philadelphia, Chicago und Iowa über Themen wie „Was ist Christentum?“, „Die Fundamente des christlichen Glaubens“ und „Ist das Christentum wahr?“21 Die Beschäftigung mit dieser Frage mündete schließlich in seinem wohl bekanntesten Werk „Chris-

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tentum und Liberalismus“,22 das 1923 zusammen mit einem Griechisch-Lehrbuch erschien. Unmittelbarer Anlass für die Herausgabe des Buches war die Predigt eines Baptistenpredigers an der First Presbyterian Church in New York, Harry Emerson Fosdick, der am 21. Mai 1922 über das Thema „Sollen die Fundamentalisten gewinnen?“ sprach, eine Predigt, die landesweite Verbreitung fand und als „Schlachtruf für den Liberalismus“ gelten kann.23 In dieser Predigt behandelt er drei zentrale christliche Lehren: die Unfehlbarkeit der Schrift, die Jungfrauengeburt und die Wiederkunft Christi. Er stellt die konservative und die liberale Auslegung dieser Dogmen vor24 und kommt zu dem Ergebnis, dass die Kirche für Anhänger beider Auslegungen groß genug sein müsse. Die Fundamentalisten, die das anders sehen, sind – natürlich – engherzig, intolerant und ewiggestrig. Zudem sei es eine Schande, sich über Kleinigkeiten (!) zu streiten, während die Welt zugrundegehe.25 Christentum und Liberalismus Es verwundert nicht, dass Machen diese Herausforderung annahm. „Diese Zeit“, schreibt er in seiner Einleitung zu „Christentum und Liberalismus“, „ist eine Zeit des Konflikts“26 – und der Hauptgegner des Christentums die liberale Theologie.27 Machens These: Das Christentum ist primär eine Lehre, kein Lebensstil (auch wenn eine bestimmte Lebensweise aus dieser Lehre folgt).28 Machen bezieht sich insoweit auf 1. Korinther 15,3-7 und erklärt: „Was also ist der Inhalt der Lehre der Urgemeinde? Lehrte sie ein generelles Prinzip des Vaterseins Gottes oder der Brüderlichkeit der Menschen? Lehrte sie eine diffuse Bewunderung für die Persönlichkeit Jesu, wie sie in der modernen Kirche vorherrscht? Nichts könnte weiter entfernt sein von den Tatsachen. „Christus starb für unsere Sünden“, erklärten die ersten Jünger, „nach der Schrift; er ist begraben worden und er ist auferstanden am dritten Tage nach der Schrift“. Von Anfang an bestand das christliche Evangelium – wie auch der Name „Evangelium“, das heißt „Gute Nachricht“, impliziert – aus einem Bericht über etwas, das geschehen war. Und von Anfang an wurde die Bedeutung dessen, was da geschehen ist, überliefert. Und die Überlieferung dieser Bedeutung war: christliche Lehre. „Christus starb“ – das ist Geschichte. „Christus starb für unsere Sünden“ – das ist Lehre. Ohne diese beiden Elemente, verbunden in unauflöslicher Einheit, gibt es kein Christentum.“29 Nach diesen grundlegenden Feststellungen erörtert Machen die verschiedenen Sichtweisen auf Gott und die Menschen, die Bibel, Christus, die Erlösung und die Kirche. Er wehrt sich gegen die liberale Tendenz, das Wort „Gott“ als eine Art Weltgeist zu verstehen, der nicht mehr von seiner Schöpfung zu unterscheiden ist. Bezüglich der Sicht auf den Menschen bemerkt Machen scharfsinnig, dass Grundlage der modernen liberalen Bewegung der Verlust des Bewusstseins von Sünde ist.30 Weil die Kirche aber nicht mehr von Sünde überführt, steht sie vor einer völlig unmöglichen Aufgabe: Gerechte zur Buße zu rufen.31 Er verteidigt die Inspiration und Unfehlbarkeit der Bibel und setzt sich mit einem


Argument auseinander, das seiner Aktualität wegen kurz wiedergegeben werden soll: „Manchmal entsteht der Eindruck, dass der moderne Liberale die Autorität der Schrift durch die Autorität Jesu ersetzt. Er kann die aus seiner Sicht perversen moralischen Lehren des Alten Testaments oder die sophistischen paulinischen Argumente nicht akzeptieren, sagt er. Aber er betrachtet sich dennoch als echten Christen, denn indem er den Rest der Bibel verwirft, ist er alleine von Jesus abhängig. Dieser Eindruck aber ist vollkommen falsch.“32 Denn der liberale Theologe akzeptiert nur einen kleinen Teil der Jesus-Worte überhaupt als echt, und muss gerade dessen hohe Sicht der Bibel revidieren. Das, was er als Zweck des Lebens Jesu herausarbeitet, ist lediglich eine willkürliche Zusammenstellung der wenigen Schriftstellen, die mit der modernen Theologie noch in Einklang zu bringen sind. „Es ist“, schließt Machen, „darum kein Wunder, dass die liberale Theologie sich völlig vom Christentum unterscheidet, denn ihre Grundlage ist eine andere. Das Christentum ist gegründet auf der Bibel. Die liberale Theologie dagegen ist gegründet auf den wechselhaften Gefühlen sündiger Menschen.“33 Machens Buch war kein Bestseller. 1923 wurden lediglich 1.000 Exemplare verkauft. Erst die Kritiken, insbesondere die negativen, erwiesen sich als absatzfördernd. Die beabsichtigte Wirkung aber blieb aus, wollte Machen mit seiner Darlegung doch gerade auf eine Trennung von Liberalen und Bibeltreuen hinwirken.34 Statt dessen erhielt er von Ross Stevenson, seit 1914 Präsident des Princeton Theological Seminary und Vertreter moderater Positionen, einen Glückswunschbrief, in dem er bemerkte, man solle keinen Ärger dadurch hervorrufen, dass man die Liberalen aus der Kirche treibe, sondern vielmehr versuchen, sie zu gewinnen.35 Dabei hatte Machen zu solchem Einheitsstreben doch geschrieben: „Die Einheit, die gemeint ist, ist oft eine Einheit mit der Welt gegen den Herrn, oder bestenfalls eine erzwungene, mechanische Einheit tyrannischer Ausschüsse.“36 Es blieb letztlich Machen selbst überlassen, diese Einheit zu beenden.

»›Christus starb‹ – das ist Geschichte. ›Christus starb für unsere Sünden‹ – das ist Lehre. Ohne diese beiden Elemente, verbunden in unauflöslicher Einheit, gibt es kein Christentum.«

Verlorene Kämpfe Princeton wurde seit seiner Gründung geleitet von einem Direktoren-Ausschuss, zuständig für die theologische Ausrichtung, und einem Kuratorium, das sich im Wesentlichen um organisatorische und finanzielle Fragen zu kümmern hatte. Als die Generalversammlung der Presbyterianischen Kirche unter dem Einfluss des Präsidenten des Seminars Stevenson erwog, dieses Leitungsmodell zugunsten eines einzigen Gremiums aufzugeben, war nicht nur Machen alarmiert – denn im Kuratorium gab es eine große liberale Mehrheit.37 Machen schreibt in einem privat gedruckten Aufsatz: „Die Leitung durch ein einziges Gremium ist eine sehr gefährliche Leitungsform für eine theologische Institution. Mit ziemlicher Sicherheit würden in diesem Gremium viele Menschen sitzen, die eher Geschäftsleute sind als Theologen – und in theologischen Fragen ist Unwissenheit in nahezu gleicher Weise dazu geeignet, eine Institution in die Hände der Feinde des Glaubens fallen zu lassen, wie offener Ungehorsam gegen Gottes Wort.“38 Trotz zahlreicher Proteste, an der sich auch die „Liga Evangelikaler Studenten“ beteiligte, als deren theologischer Berater Machen fungierte, wurde die geplante Umstrukturierung beschlossen. Machen, der vorab erklärt hatte, dass er das Seminar für „tot“ halte, wenn die konservative Mehrheit im DirektorenAusschuss verloren ginge,39 zog die Konsequenzen. Nach über 22 Jahren Dienst kündigte er seine Stellung in Princeton. Es sollte nicht die einzige Stellung sein, die er verlor, denn auch die Presbyterianische Kirche selbst kam langsam aber sicher von ihrem traditionell bibeltreuen Kurs ab. Erstmals fassbar wurde dies im Mai 1924, als ein 11-köpfiges Konferenz-Komitee die sogenannte „Auburn-Affirmation“ verabschiedete, die in der Folge von über 1200 Pastoren der Presbyterianischen Kirche unterschrieben wurde. Hierin wurde die Entscheidung der Generalversammlung kritisiert, die 1910, 1916 und noch einmal 1923 die Bejahung der Unfehlbarkeit der Schrift, der Jungfrauengeburt und Göttlichkeit Christi, der stellvertretenden Sühne, der körperlichen Auferstehung Jesu und der Authentizität seiner Wunder als Vorbedingung für eine Ordination festgelegt hatte. Ziel dieses von Auburn-Professor Robert Nichols maßgeblich mit verfassten Papiers war es, alle diese Glaubenslehren als für den pastoralen Dienst „nicht wesentlich“ (!) einzuordnen, um die Einheit und Freiheit der Kirche zu bewahren. Diese Erklärung erregte selbstredend heftigen Widerspruch von konservativer Seite.40 Auch Machen selbst griff die Erklärung als „Attacke auf den christlichen Glauben“ scharf an: „Von Anfang an hat das Heidentum in dieser oder jener Form versucht, das Volk Gottes zu verschlingen. Immer war es darauf aus, den Unterschied zwischen Kirche und Welt zu verwischen. Immer hat es versucht, das Anstößige des christlichen Glaubens dadurch zu entfernen, indem es die Kirche dazu verführte, das zu werden, was die Auburn Affirmation eine „inklusivistische“ Kirche nennt.“41 Er kritisierte dabei nicht nur die Unterzeichner selbst, sondern auch diejenigen, die ihnen um des Friedens der Kirche willen nicht entgegentraten:

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„Manchmal glaube ich, dass diejenigen, die Konflikte anprangern, sich nie mit der Geschichte beschäftigt, jedenfalls aber nie das Wort Gottes gelesen haben. (…) In der ganzen Kirchengeschichte hat es immer Pazifisten gegeben, die bestrebt waren, das eigentliche Problem zu verschleiern und den falschen Frieden des Kompromisses hervorzubringen.“42 Trotz all dieser Proteste besetzten die Unterzeichner dieser Erklärung mehr und mehr Positionen in der Presbyterianischen Kirche. Entscheidend für Machens Bruch mit seiner Kirche wurde jedoch ein weiteres Dokument, das 1933 von einer von William Hocking geleiteten Untersuchungskommission mit der Unterstützung der presbyterianischen und sechs anderer Kirchen herausgegeben wurde. Das Werk mit dem Titel „Mission neu denken“ gab den Exklusivitätsanspruch Jesu auf und plädierte für eine synkretistische Missionsarbeit, deren neue Aufgabe es war, so spottete Machen, Wahrheit zu suchen statt sie zu präsentieren.43 Er versuchte zunächst auch hier, innerkirchlich gegenzusteuern und legte seinem Presbyterium in New Brunswick einen Vier-Punkte-Plan vor, mit dem er sicherstellen wollte, dass der Ausschuss für Auslandsmission der Presbyterianischen Kirche nicht mit Kandidaten besetzt würde, die solche Positionen teilten. Das Presbyterium arrangierte eine Diskussion mit Robert Speer, bereits in der Princeton-Debatte ein Gegenspieler Machens, die für Machen zum Desaster geriet. Speer gelang es, Machen als kleinlichen Bedenkenträger darzustellen, während er selbst den Vertreter der christlichen Einheit gab.44 Obwohl er zunächst unterlag, gelang es Machen, seinen Antrag mit Hilfe eines Freundes über das Presbyterium in Philadelphia der Generalversammlung vorzulegen – wo er schließlich abgelehnt wurde. Machen zog die Konsequenzen und organisierte zusammen mit einigen Unterstützern einen unabhängigen Ausschuss für Auslandsmission, insbesondere um sicherzustellen, dass die gespendeten Gelder auch nur solche Missionare erreichten, die tatsächlich das Evangelium predigten. Hiermit traf er die Kirche empfindlich, offenbar auch, da es um viel Geld ging. 1934 erklärte die Generalversammlung diesen unabhängigen Ausschuss für kirchenverfassungswidrig, forderte seine sofortige Schließung und Maßnahmen der Kirchenzucht gegen alle daran Beteiligten. Dieser Schritt Machens führte dazu, dass auch einige konservative Kollegen mit ihm brachen, unter anderem Oswald Allis und Samuel Craig,45 der Gründer von „Christianity Today“. In der Folge ging die Kirchenleitung gegen Machen und seine Unterstützer mit Disziplinarverfahren vor. Da sich Machen weiterhin weigerte, den Ausschuss wieder aufzugeben, wurde er im März 1935 seines Amtes als Pastor enthoben. Der Einspruch Machens gegen diese Entscheidung wurde von der Generalversammlung 1936 endgültig verworfen. Machen selbst erklärt seine Beweggründe dafür, warum er der Anordnung der Generalversammlung nicht Folge leisten kann: „Gehorsam gegenüber dieser Anweisung bedeutet Unterstützung für einen Kurs, der gegen das Evangelium Christi gerichtet ist. Ihr zu folgen beinhaltet, die Autorität des Wortes Gottes durch menschliche Autorität zu ersetzen.“46

24 – ausgabe 11

»Das Christentum ist gegründet auf der Bibel. Die liberale Theologie dagegen ist gegründet auf den wechselhaften Gefühlen sündiger Menschen.« Neue Aufbrüche Bereits 1929 gründete Machen das Westminster Theological Seminary. Ihm folgten nicht nur Robert Wilson und Oswald Allis, die Altes Testament unterrichteten, sondern auch Cornelius van Til, der den Lehrstuhl für Apologetik besetzte und 1930 John Murray als Professor für Systematische Theologie. Auch Ned Stonehouse, Machens späterer Biograph, stieß aus Amsterdam hinzu, wo er gerade seine Promotion abgeschlossen hatte.47 Westminster nahm die Arbeit auf und zählte bereits früh einflussreiche Männer zu seinen Absolventen, etwa Oliver Buswell, später Präsident in Wheaton, John Ockenga, später Präsident des Fuller Seminary, Carl McIntire, den Gründer des „International Council of Christian Churches“ und den insbesondere in Europa bekannt gewordenen Francis A. Schaeffer.48 1935, kurz nach seiner Amtsenthebung als Pastor, begannen die Planungen für die Gründung einer neuen Denomination. Am 11. Juni 1936 leitete Machen die erste Generalversammlung der Presbyterianischen Kirche Amerikas, die 1939 aufgrund einer Klage in „Orthodoxe Presbyterianische Kirche“ umbenannt werden musste. Im Rückblick berichtet Machen: „Wir wurden endlich Mitglieder einer wahren Presbyterianischen Kirche. Wir hatten endlich wieder wahre christliche Gemeinschaft gefunden. Was für ein herrlicher Moment war das! Die langen Jahre des Kampfes spielten keine Rolle mehr verglichen mit der Freude und dem Frieden, der unsere Herzen füllte.“ Ein Mitstreiter Machens verteidigt die Gründung der Bibeltreuen Kirche: „Die Presbyterianische Kirche hat es Menschen, die Kernlehren des christlichen Glaubens ablehnen, gestattet, innerhalb der Kirche zu bleiben. Sie hat diese Menschen in Ehren-, Macht- und Vertrauensstellungen befördert. Sie hat Pastoren akzeptiert und ordiniert, die das Christentum ablehnen. (…) Die Kirche hat sich geweigert, falsche Lehren zu verwerfen. Stattdessen hat sie die Wahrheit verworfen.“49 Am 1. Januar 1937 forderten die ständigen Kämpfe ihren Tribut. Während eines Aufenthaltes in North Dakota starb Machen an einer Lungenentzündung.


Machens Vermächtnis Nichols findet in seiner Biographie viele Ähnlichkeiten Machens mit Martin Luther, wenn er schreibt: „Beide waren nicht willkommen in den Kirchen, die sie ordiniert hatten, die sie liebten und für die sie lebten. Und beide waren unerwünscht aus demselben Grund: Sie hinterfragten den Trend zur Abkehr von theologischen Eckpfeilern und biblischen Grundlagen. Beide standen sie unter Häresie-Anklage (auch wenn Machens Leben nie in Gefahr war), und beide haben letztlich neue Glaubensgemeinschaften gegründet. Beide hinterließen ein Erbe biblischer und theologischer Gelehrsamkeit, und beide dienen als Vorbild für diejenigen, die den Wunsch hegen, den Glauben zu verteidigen.“50 Selbst wenn dieser Vergleich etwas hoch gegriffen sein mag, so ist die Beharrlichkeit, mit der Machen für die orthodoxe christliche Lehre eintrat, sicher bewundernswert. Auch einige seiner Gegenspieler haben dies anerkannt. Pearl Buck, eine presbyterianische ChinaMissionarin, die öffentlich die Gottheit Christi ablehnte und von ihm nur als der „Verkörperung des größten Menschheitstraumes“ sprach,51 erkannte an: „Er stand für etwas, und jeder wusste, was das war.“52 Und der kirchenkritische Journalist Henry Mencken kommentierte in seinem Nachruf „Dr. Fundamentalis“: „Es ist das eine, Religion abzulehnen, eine völlig andere Sache aber, sie dadurch zu retten zu versuchen, indem man sie ihrer gesamten Substanz beraubt. (…) Machen ist gescheitert – aber er hatte unzweifelhaft Recht.“53 Neben Machens Verteidigung der Rechtgläubigkeit ist sein Insistieren auf klaren Definitionen und vernünftigen Aussagen gerade auch in Glaubensdingen in der Postmoderne nicht überholt, sondern mindestens ebenso aktuell wie in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts. Und auch folgender Satz gehört zu dem Vermächtnis eines Mannes, dessen Leben geprägt war von Kontroversen: „In sehr vielen Fällen haben Menschen, die jedem Konflikt ausweichen, die großen Wahrheiten des Glaubens entweder schon verloren oder sind im Begriff, dies zu tun.“54 Zum Weiterlesen: Hervorragend als Einstieg in Leben und Werk geeignet ist Stephen J. Nichols „J. Gresham Machen – A Guided Tour of his Life and Thought“, Philippsburg 2004. Das umfangreichere Standardwerk über Machen ist die von seinem ehemaligen Schüler und späteren Dozenten in Westminster Ned Stonehouse verfasste Biographie „J. Gresham Machen: A Biographical Memoir“, Edinburgh 1987. Machens Auseinandersetzungen mit der Bibelkritik fasst Terry Chrisope in seinem Buch „Toward a sure faith“, Rossshire 2000, zusammen. Die gesamte Modernismus-Debatte wird aufgearbeitet von D.G. Hart, „Defending the Faith: J. Gresham Machen and the Crisis of Conservative Protestantism in Modern America“, Grand Rapids 1995. Von Machen selbst ist der Klassiker „Christianity and Liberalism“ unbedingt empfehlenswert (erscheint 2013 auf Deutsch). Umfangreicher ist der Nachfolger „What is faith?“ sowie seine Werke „The virgin birth of Christ“ und „The Origin auf Paul’s Religion“. Wer einen Überblick über das gesamte

Schaffen benötigt, dem kann „J. Gresham Machen: Selected Shorter Writings“, herausgegeben von D.G. Hart, empfohlen werden. ¶ Dieser Artikel ist ursprünglich unter dem Titel „Geprägt von Kontroversen. Leben und Werk von John Gresham Machen“ in der Zeitschrift „Bibel und Gemeinde“ (04/2012) erschienen.

»In sehr vielen Fällen haben Menschen, die jedem Konflikt ausweichen, die großen Wahrheiten des Glaubens entweder schon verloren oder sind im Begriff, dies zu tun.« ausgabe 11 – 25


J O H A N N GERHARD ONCKEN Der deutsche Missionar und Gemeindegründer Johann Gerhard Oncken (1800-1884) gilt als Vater des kontinentaleuropäischen Baptismus. Im Laufe seines Lebens gründete der „Apostel Deutschlands“, wie Charles Haddon Spurgeon ihn zu nennen pflegte, hunderte Gemeinden in zahlreichen Ländern Europas. Text Peter Schild


»Es gibt keine großen Männer Gottes. Es gibt nur erbärmliche, schwache und sündige Männer eines großen und barmherzigen Gottes.«

Gott teilt seine Ehre mit niemand anderem (Jes. 42,8). Gedenken wir darum an Glaubenshelden, wie Johann Gerhard Oncken, so tun wir dies nicht, um Menschen zu rühmen, sondern um Gott allein die Ehre zu geben. Der Baptistenprediger Paul Washer bringt es auf den Punkt: „Es gibt keine großen Männer Gottes. Es gibt nur erbärmliche, schwache und sündige Männer eines großen und barmherzigen Gottes.“ Vor einigen Monaten besuchte ich die Ruhestätte des umstrittenen Methodistenpredigers John Wesley in London. Was immer man von Wesley auch halten mag, sein Grab ziert ein wichtiger Ausspruch, den es zu verinnerlichen gilt, sooft wir die Biographien von Männern und Frauen Gottes studieren: „Fühlst du dich gedrängt, das Instrument zu preisen, so gib Gott die Ehre.“ Wer rühmt schon bei einem klassischen Konzert die Geige? Man rühmt den Geiger. So wollen auch wir allein Gott die Ehre und den Dank geben, wenn wir lauschen, was Gott zu seinem eigenen Lobpreis auf seinem Instrument Oncken spielte. Das Törichte der Welt hat Gott erwählt Es ist nicht entscheidend, wo wir herkommen. Entscheidend ist vielmehr, was Gott mit uns vorhat. Oncken wurde am 26. Januar 1800 als uneheliches Kind von einer alleinerziehenden Mutter in Varel an der Nordsee geboren. Ein schottischer Kaufmann erbarmte sich über den ärmlichen und perspektivlosen Vierzehnjährigen und nahm ihn in seine Lehre. In Schottland erlebte Oncken zum ersten Mal, was wahre Gottesfurcht bedeutet. Er besuchte regelmäßig den Gottesdienst der Reformierten Kirche und begann, geistliche Literatur zu lesen. Im Jahre 1820 nahm Oncken an einem privaten Familiengottesdienst in England teil. Völlig überrascht und zutiefst bewegt wurde er hier von dem Gebet des knienden Familienvaters, der für Onckens Bekehrung flehte. Auch eine Predigt, die er in London hörte, traf ihn mitten ins Herz, so dass Oncken schließlich durch Gottes Gnade zur rettenden Erkenntnis von Christus als seinem Erlöser durchdrang.

Gerettetsein gibt Rettersinn In London geschah, was das Leben hunderttausender Menschen verändern sollte: In Oncken entbrannte die unauslöschliche Leidenschaft für die Verlorenen. In großer Freude über Christus, seinen Retter, begann Oncken, das Evangelium vor den Menschen zu bezeugen. Sein Taschengeld, welches er für seine täglichen Mahlzeiten erhielt, gab er nun fast ausschließlich für Traktate aus. Oncken ging von Haus zu Haus, verbreitete Bibeln und ließ keine Gelegenheit ungenutzt, um Christus bekannt zu machen. Nach einiger Zeit des erwartungsvollen Betens schenkte Gott, dass die ersten Menschen zum rettenden Glauben kamen. In dem Vertrauen auch weiterhin von Gott gebraucht zu werden, entschloss sich Oncken 1823, den Kaufmann zu verlassen und von nun an allein für das Reich Gottes zu arbeiten. Oncken schloss sich der Evangelisch-Reformierten Gemeinde in Hamburg an und verkündigte die frohe Botschaft in privaten Versammlungen. Es gefiel Gott, die Predigt seines Wortes zu gebrauchen: Menschenmassen strömten herbei und zahlreiche Sünder taten unter Tränen Buße. Im Jahre 1828 gründete Oncken eine christliche Buchhandlung und heiratete die Engländerin Sarah Mann. Schon bald darauf wurde Oncken Vater und entschloss sich, entgegen der damals allgemeinen Praxis, seinen Nachwuchs nicht mit Wasser besprengen zu lassen. Durch das Studium der Heiligen Schrift gelangte Oncken zu der Überzeugung, dass allein Gläubige - und zwar durch vollständiges Untertauchen im Wasser getauft werden sollten. Oncken sehnte sich auch selbst danach, die Gläubigentaufe durch Untertauchen zu empfangen. Er wartete geduldig, bis eines Tages der baptistische Theologieprofessor Dr. Barnas Sears nach Deutschland reiste. Im Jahre 1834 taufte Prof. Sears Oncken, dessen Frau und fünf weitere Gläubige im Auftrag der Bostoner Baptistengemeinde und setze Oncken als Ältesten ein. Dies war die Geburtsstunde der ersten Baptistengemeinde Deutschlands.

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Im Feuer der Verfolgung Der Herr segnete Onckens Missionsarbeit, so dass immer mehr Menschen gläubig wurden und sich taufen ließen. Diese Entwicklung blieb auch vor den Augen der Hamburger Polizei nicht verborgen, welche dem jungen Baptisten kurzerhand ein Versammlungsverbot erteilte. Auch das von Oncken im Jahre 1837 schriftlich eingereichte Glaubensbekenntnis konnte die Ordnungshüter nicht überzeugen, die Baptisten zu dulden.1 Fand dieses Bekenntnis auch keine Anerkennung vonseiten der Hansestadt, so ist es doch das bedeutendste Dokument, welches uns die Glaubensansichten der ersten Baptisten Deutschlands bezeugt. Die Artikel des Bekenntnisses belegen u.a., dass Oncken und die frühen Baptisten die biblischen Gnadenlehren (alias „Fünf Punkte des Calvinismus“) glaubten und lehrten. Ist es auch aus dem Gedächtnis vieler heutiger Baptisten gelöscht oder verdrängt, so steht dennoch ohne Zweifel fest, dass Oncken, genauso wie sein Freund Spurgeon, überzeugter Calvinist war.2 Ungeachtet der staatlichen Androhungen predigte und taufte Oncken unerschrocken weiter. Die Versammlungen wurden nun polizeilich aufgelöst und Oncken wurde immer wieder auf das Polizeirevier gerufen und verhört. Aber nicht nur die Polizei, sondern auch einige Bürger störten die Gottesdienste und warfen Steine und Unrat auf die Gemeindemitglieder. Es dauerte nicht lange, bis man Oncken festnahm und für einen Monat im Stadtgefängnis festhielt. Das Tagebuch Onckens teilt uns mit, wie es ihm dabei erging: „Nachdem der Gefängniswärter sich entfernt hatte, warf ich mich auf meine Knie, preisend und lobend meinen Heiland, der mich würdigte, um seines Namens willen Bande zu erleiden. Ich fühle mich wohl und selig, empfahl meine teure Gemeinde dem Herrn und flehte für die Bekehrung meiner Verfolger.“3 In Gefangenschaft studierte Oncken die Bibel, betete, sang und evangelisierte seine Mitgefangenen. Auch die Gemeinde flehte innig, dass der Herr ihnen Recht verschaffen möge. Der Herr antwortete auf die Gebete seiner Gemeinde in unerwarteter Weise: Gott sandte Feuer. Vom 5. bis 8. Mai 1842 brannte ein Drittel der Stadt Hamburg nieder. 20 000 Menschen wurden obdachlos. Wie reagierten Oncken und die junge Gemeinde auf diese Katastrophe? Oncken machte sich auf und stellte seinen Verfolgern das Versammlungshaus der Baptistengemeinde zur Verfügung, um obdachlose Menschen zu beherbergen, zu pflegen und mit Speise zu versorgen. Die junge Gemeinde nahm rund 80 Bürger für etwa acht Monate auf und selbst Oncken war sich nicht zu schade, um für die Gäste zu kochen. Diese barmherzige Fürsorge der Baptisten änderte die Sicht des Polizeichefs. Unmöglich konnte der Senat, der das baptistische Versammlungshaus als Zufluchtsstätte für Obdachlose genehmigt hatte, einen Gottesdienst in demselben Gebäude verbieten. Die Verfolgung endete schon bald. Die Katastrophe brachte neben allem Unglück noch einen weiteren Segen mit sich: Unzählige Handwerker strömten aus ganz Europa herbei, um die Hansestadt

28 – ausgabe 11

wieder aufzubauen. Die Gemeinde nutzte die Gunst der Stunde und brachte den Gastarbeitern das Evangelium und sandte diese dann ausgestattet mit Literatur als Handwerker-Missionare zurück in ihre Heimat. Überall in Europa wurden nun, trotz zum Teil heftiger Verfolgung, Baptistengemeinden gegründet. Unterwegs im Auftrag des Herrn Oncken wirkte nicht allein in Hamburg, sondern reiste auch umher, um an vielen Orten Deutschlands und Europas zu taufen und Gemeinden zu gründen. Seine längste Zeit im Ausland verbrachte Oncken in Amerika (1853 bis 1854), wo er die deutsche Missionsarbeit bekannt machte. Auf einer Zugfahrt von New York nach Boston wurde Oncken in einen gefährlichen Unfall verwickelt. Sein Zug stürzte infolge einer offenen Zugbrücke in den Fluss und zerschmetterte. Viele Menschen starben, doch Oncken überlebte und trug dank der Bewahrung Gottes keine ernsten Schäden davon. Es ist wahr, was der Erweckungsprediger George Whitefield zu sagen pflegte: „Wir sind unsterblich, bis unsere Arbeit getan ist.“ Onckens Arbeit war die Mission. Und um diese Arbeit zu finanzieren, reiste Oncken 1856 auch nach England, um den damals 22-jährigen Charles Haddon Spurgeon zu treffen. Hoch erfreut über Onckens Arbeit veranlasste Spurgeon einen Missionsgottesdienst, in dem Oncken predigen durfte. Spurgeons Gemeinde begann nun, die Arbeit in Deutschland durch Gebet und finanzielle Hilfe zu unterstützen. Etwa zehn Jahre später besuchte Spurgeon seinen Freund Oncken, um im Rahmen der Einweihungsfeier des neuen Gemeindehauses in Hamburg zu predigen. Spurgeon, der Oncken in einem persönlichen Brief einmal den unbeweglichen Polarstern nannte, um den die Missionare Europas kreisen, beschrieb Oncken und seine Arbeit auch mit folgenden Worten: „Wir sahen den Raum, in dem die erste Baptistengemeinde gegründet wurde ... Noch interessanter jedoch war der geweihte Ort auf dem Wall, von dem aus man die ganze Stadt sehen kann. Es war die Angewohnheit des jungen Apostels [Oncken] hier in einsamer Abgeschiedenheit, in den frühen Morgenstunden, zu Gott für die Menschen zu flehen. Wir verstanden das Geheimnis von Herrn Onckens Erfolg, als wir die Quelle seiner Kraft erkannten: Das geheime Ringen mit dem Engel des Bundes. Die Stadt Hamburg wusste nur wenig davon, dass ein Mann von den Wällen auf sie herabblickte und mit vielen Tränen die Gnade Gottes auf die tausenden Gottlosen herabrief (…) Kein noch so starker Schmerz kann uns den höchsten Genuss vergessen lassen, den wir in der Gemeinschaft mit unseren deutschen Freunden erlebt haben. Gott hat ein großes Werk in diesem Land getan und hat für Deutschland noch viele weitere Werke auf Lager. Jeder Christ in England, vor allem jeder Baptist, sollte diese Arbeit bis zum Äußersten unterstützen. (...) Wir preisen Gott bei jeder Erinnerung an unseren verehrten Bruder Oncken und beten, dass ein langes Leben und wachsender Erfolg mit ihm seien."4


Leid und Streit Oncken war bereit, für die Sache des Herrn zu leiden, ja sogar sein Leben zu opfern. Im Alter von 70 Jahren unternahm er die gefährlichste und beschwerlichste Reise seines Lebens. Er erduldete Hunger, Schlaflosigkeit und viel Mühe, um auch in Südrussland, in der Türkei, Rumänien und Ungarn Gemeinden zu gründen und zu stärken. Aber auch Onckens Privatleben war vom Leid gezeichnet. Im Laufe der Jahre starben drei seiner Kinder sowie seine erste und seine zweite Ehefrau. Dank Gottes Bewahrung blieb Oncken dem Herrn auch angesichts dieser schmerzlichen Erfahrungen treu, doch bereitete Oncken sich auch unnötigen Kummer. Der Heilige Geist deckt in der Bibel schonungslos die Sünden der größten Glaubenshelden auf, um uns deutlich zu machen: Gott allein ist vollkommen, und darum gebührt auch ihm allein alle Ehre. Auch Oncken war keineswegs perfekt. Im Jahre 1871 geriet Oncken in einen Streit (der sog. „Hamburger Streit“) mit seinen engsten Vertrauten. Oncken wollte nicht zulassen, dass sich die Tochtergemeinden von der Hamburger Muttergemeinde abnabeln und selbstständig werden. Zu groß war die Befürchtung Onckens, die Unabhängigkeit der Ortsgemeinden könne dem Werk des Herrn schaden. Erst gegen Ende seines Lebens versöhnte sich Oncken mit den Brüdern.

Und gefällt es dem Herrn, uns zu gebrauchen, so mögen wir nie vergessen, dass Gott das Törichte der Welt erwählt hat, auf dass sich kein Mensch rühme: „Es gibt keine großen Männer Gottes. Es gibt nur erbärmliche, schwache und sündige Männer eines großen und barmherzigen Gottes.“ ¶

»Oncken war bereit, für die Sache des Herrn zu leiden, ja sogar sein Leben zu opfern. Im Alter von 70 Jahren unternahm er die gefährlichste und beschwerlichste Reise seines Lebens.«

Am Ziel Oncken heiratete im Jahre 1874 noch ein drittes Mal. Seine letzte Ehefrau war ein Mitglied von Spurgeons Gemeinde und pflegte Oncken bis zum Schluss in aufopferungsvoller Treue. Oncken verstarb am 2. Januar 1884 in Zürich und wurde auf dem reformierten Friedhof in Hamburg beigesetzt. In einer Traueransprache hieß es über Oncken: „Er hat viel gethan und viel erreicht. Seine Eroberungen sind nicht mit Stahl und Eisen gemacht worden, sondern durch sein packendes, zündendes Wort, durch das Schwert des Geistes, das er allezeit zu ziehen bereit war. Wir wollen ihm keine ehernen und steinernen Monumente errichten, aber in jeder Gemeinde und in jedem Gliede sehen wir lebendige Denkmäler für den teuern Entschlafenen.“5 Bis zu Onckens Tod waren aus den sieben Mitgliedern der ersten Baptistengemeinde hunderttausende Baptisten geworden, die sich europaweit und darüber hinaus in Gemeinden versammelten. Zur Nachahmung empfohlen Wir alle lieben es, die spannenden Geschichten von Männern und Frauen Gottes zu lesen, doch nur wenige von uns wollen auch so leben wie sie. Möge Gott uns die Gnade schenken, dass auch wir unser Leben ganz für das Werk des Herrn einsetzen, das Evangelium mutig und unermüdlich bekennen, die Heilige Schrift studieren und keine Konsequenzen scheuen, das Erkannte auch umzusetzen. Möge der Herr uns dazu bringen, ein ernsteres und intensiveres Gebetsleben zu führen und uns auch die Bereitschaft verleihen, für Christus zu leiden. Möge der Herr all dies schenken, nicht um unseretwillen, sondern um seiner Ehre willen.

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Impressum #11 VORBILDER • 02/2013

HERAUSGEBER Die Redaktion REDAKTION Waldemar Dirksen Viktor Sudermann Andreas Kuhlmann Peter Voth Hans-Werner Deppe Hans-Jürgen Holzmann ART DIRECTOR Peter Voth L E K TO R AT Tanja Mirau ABO-SERVICE Michael Töws SHOP cbuch.de/timotheus INTERNET timotheusmagazin.de cbuch.de/timotheus betanien.de

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5 6

durch den Autor). Machen schreibt in einem Brief an seinen Vater vom 26.01.1926: „Ohne die Dinge, die ich von dir und Mutter gelernt habe, hätte ich jeden Gedanken an Religion aufgegeben“, Stonehouse, S. 116. In seinem autobiographischen Aufsatz „Christianity in Conflict“ erklärt er, die Ursache für sein Beharren auf dem biblischen Christentum sei deutlich mehr als an jedem

M I S S I O N S TAT E M E N T Timotheus ist ein bibeltreues, reformatorisches und überkonfessionelles Magazin, herausgegeben von freikirchlichen evangelischen Christen. Das Ziel ist die verständliche, biblisch fundierte, interessante und herausfordernde Vermittlung biblischer Lehre. "Bibeltreu" bedeutet für die Herausgeber, dass sie von der absoluten Zuverlässigkeit der Bibel als inspiriertes und irrtumsloses Wort Gottes überzeugt sind. Die theologische Ausrichtung lässt sich daher am besten mit den 5 Soli der Reformation beschreiben: Allein Christus, allein die Gnade, allein der Glaube, allein die Schrift, allein Gott die Ehre.

anderen Ort in seinem Elternhaus zu finden, in: D. G. Hart, “J. Gresham Machen: Selected Shorter Writings”, Phillipsburg 2004, S. 548. 7

Auch „der Löwe von Princeton“ genannt, bekannt etwa durch seine Auseinandersetzung mit der charismati schen Bewegung („Counterfeit Miracles“) und seine Verteidigung der Inspiration („The Inspiration and Authority of the Bible“).

8

Nichols, S. 31.

9

Nichols, S. 32.

10 Machen selbst bezeichnet sie als „Zeit des Kampfes und der Seelenangst. Ich lebte in einer Umwelt, in der die christliche Religion, wie ich sie kannte und liebte, vor langer Zeit aufgegeben worden war“, Christianity and Culture, in: Selected Shorter Writings, S. 560. 11 Wilhelm Herrmann, 1846-1922, war ein Schüler Ritschls und einer der einflussreichsten liberalen Theologen seiner Zeit. Das Beharren auf biblischen

QUELLEN

Glaubensinhalten galt ihm als „katholisierende Lehrgesetzlichkeit“, Weinhardt, in: RGG4/3, Sp. 1687.

KO N TA K T timotheusmag@yahoo.de mtoews@betanien.de VERTRIEB & VERL AG Betanien Verlag WEITERE INFOS web · cbuch.de email · info@betanien.de tel · 05237-899090 ERSCHEINUNGSWEISE Timotheus ist ein Quartalsmagazin und erscheint somit alle drei Monate: · Januar (Winterausgabe) · April (Frühlingsausgabe) · Juli (Sommerausgabe) · Oktober (Herbstausgabe)

Susannah Spurgeon (S. 8-13) 1

Alle Seitenangaben in diesem Artikel beziehen sich auf die Kurzbiografie von Charles Ray, Susannah Spurgeon

Einstellungen wirkten beeindruckend attraktiv und

Oerlinghausen: Betanien Verlag 2009.

herzlich. Dies lag weniger an der Plausibilität seiner Argumente als an der beinahe magnetischen,

John Bunyan (S. 14-17)

überwältigenden Anziehungskraft seines glühenden

1

John Bunyan, Überreiche Gnade, 3L Verlag, 2011, S. 9

religiösen Lebens“, S. 105. Machen selbst schrieb über

2

ebd., Überreiche Gnade, S. 23

Herrmann an seine Mutter: „Er mag zwar unlogisch

3

ebd., Überreiche Gnade, S. 46

und einseitig sein, aber ich sage dir, er ist lebendig“,

4

ebd., Überreiche Gnade, S. 69

5

John Brown, John Bunyan - His Life Times and Work,

zitiert bei Chrisope, S. 79. 13 Terry Chrisope bezeichnet Machen zu Recht als einen

Boston, Houghton Mifflin and Company, 1888 S. 111

Mann von „großer intellektueller Ehrlichkeit“, „Toward

6

John Bunyan, Überreiche Gnade, 3L Verlag,2011, S.84

a sure faith“, Rossshire 2000, S. 18: „Er hätte einer

7

ebd., Überreiche Gnade, S. 91

Behauptung nicht geglaubt, von der er der

8

John Bunyan - His Life Times and Work, S. 240

Überzeugung war, dass sie nicht auch historisch wahr

9

John Bunyan, Überreiche Gnade, 3L Verlag,2011, S.93

sei“.

10 ebd., Überreiche Gnade, S. 95

14 Zusammenfassung und Analyse bei Chrisope, S. 155ff.

11 John Piper, Standhaft im Leiden, Bielefeld, CLV, 2006,

15 Reuben Archer Torrey, der Theologie in Yale studierte,

12 ebd., Standhaft im Leiden, S. 87 13 ebd., Standhaft im Leiden, S. 79 14 ebd., Standhaft im Leiden, S. 83

war zunächst Anhänger der liberalen, bibelkritischen Theologie, bevor er sich auf für die Orthodoxie entschied und Zeit seines Lebens verteidigte. 16 Stonehouse bemerkt, Machen habe sich nie selbst als „Fundamentalist“ bezeichnet, S. 337. Offenbar gefiel

John Gresham Machen (S. 20-25)

Machen der Begriff nicht. So schreibt er, er verstehe

1

Wallace, in: RGG4/5, Sp. 638.

nicht, weshalb die christliche Religion auf einmal zu

2

Stephen J. Nichols, “J. Gresham Machen - A guided

einem „-ism“ werden müsse (Christianity in Conflict,

tour of his life and thought“, Phillipsburg 2004, S. 14.

in: Selected Shorter Writings, S. 566); vgl. zum Thema

Zeit seines Lebens war Machen aufgrund größerer

auch Machens Aufsatz „What Fundamentalism stands

3

Erbschaften finanziell unabhängig, vgl. Ned. B. Stonehouse, „J. Gresham Machen – A Biographical 4

BILDNACHWEIS S. 1,6,8,14,20,26,32,36 © Illustration Peter Voth. S. 11 © Wikimedia Commons und andere lizenzfreie Quellen.

eingestellt, obwohl Präsident Woodrow Wilson ein alter

Seine Biographen deuten eine etwas schwierige

Freund der Familie und bis 1910 Rektor in Princeton war, vgl. Nichols, S. 13; 31.

“Understanding J. Gresham Machen“, in:

18 Nichols, S. 43.

Understanding Fundamentalism and Evangelicalism,

19 J. Gresham Machen, „The Origin of Paul’s Religion“,

Grand Rapids 1991, S. 186 u. 200; Nichols, S. 14; 5

for now“, in: Selected Shorter Writings, S. 116-122. 17 Machen war grundsätzlich sehr kriegskritisch

Memoir“, Edinburgh 1987, S. 393. Persönlichkeit an, vgl. etwa George Marsden,

30 – ausgabe 11

Bultmann. 12 Stonehouse, S. 106: „Herrmanns theologisch liberale

– die Frau an der Seite des Predigerfürsten.

S. 86

ALLGEMEINER HINWEIS Die Erstausgabe „#1 Nachfolge“ ist am 1. Oktober 2010 erschienen. Seit der Winterausgabe 2011 „#2 Glaube“ wird das „Timotheus Magazin“ vom Betanien Verlag herausgegeben, gedruckt und vertrieben (€ 2,90 pro Ausgabe; zzgl. Versandkosten). Das „Timotheus Magazin“ ist kein Verein, sondern ein freies Produkt der Initiatoren. © der Artikel bei den jeweiligen Autoren. Vervielfältigung nur mit Quellenangabe. © der Bilder und Fotos bei den jeweiligen Rechteinhabern (siehe Bildnachweis).

Zu seinen bekanntesten Schülern gehörten Barth und

New Edition, Birmingham 2006, S. 3.

Stonehouse, S. 389; Chrisope, S. 67.

20 Machen, The Origin of Paul’s Religion, S. 4.

Nichols, S. 28 (Übersetzung hier und im Folgenden

21 Nichols, S. 45 und 49.


Quellen #11 VORBILDER • 02/2013

John Gresham Machen (S. 20-25) 22

48 Zum Einfluss Machens auf Schaeffer vgl. Colin Duriez,

„Christianity and Liberalism“, Michigan 1923;

„Francis Schaeffer: An authentic Life“, Wheaton 2008,

thematisiert wird nicht der politische, sondern der

dort insbesondere Kapitel 2, S. 33-43. Schaeffer selbst

theologische Liberalismus, dessen zentrale These im

geht auf die Modernismus-Debatte um Machen in

Ablehnen alles Übernatürlichen bestand. Das Buch

seinem Buch „Die große Anpassung – Der Zeitgeist

basiert auf einem zuvor in der „Princeton Theological

und die Evangelikalen“, 3. Aufl., Bielefeld 2008, S. 40f. ein.

Review“, Vol. XX, 1922, erschienenen Aufsatz „Liberalsim or Christianity“. Machen widmete das

Church?“, veröffentlicht vom “Committee on Christian

Buch seiner Mutter.

Education of the OPC” , 1939. Der Aufsatz ging auf die Kritik der Christen ein, die in der alten Kirche

seiner Autobiographie als Misserfolg.

geblieben waren und geht so weit, dies als Sünde zu

24 Bezüglich der Jungfrauengeburt heißt das etwa: “An

bezeichnen.

eine Jungfrauengeburt als Erklärung für eine außergewöhnliche Persönlichkeit zu glauben ist eine der

50 Nichols, S. 15.

geläufigen Wege, mit dem die antike Welt

51 Nichols, S. 65.

ungewöhnliche Überlegenheit betrachtet hat“.

52 Pearl Buck, „Tribute to Dr. Machen“, The New Republic, 20.01.1937.

25 Harry Emerson Fosdick, „Shall the Fundamentalists

53 Henry Mencken, „Dr. Fundamentalis“, Baltimore

Pilgrims to Martin Luther King, Jr.”, New York 1999,

Evening Sun, January 18, 1937, 2nd Section, p. 15. In

S. 775-786.

ebendiesem Artikel erklärt er, Machens calvinistischer Glaube stünde in seinem „privaten Horrorkabinett

26 J. Gresham Machen, Christianity and Liberalism, S. 2.

nicht weit entfernt vom Kannibalismus“.

27 Machen, Christianity and Liberalism, S. 53. 28 Machen, Christianity and Liberalism, S. 23; ebenso

54 J. Gresham Machen, „What is the gospel?“, Union Seminary Review 38 (1927), S. 160.

Machen, The Origin of Paul’s Religion, S. 168: “Logically, the doctrine comes first”. 29 Machen, Christianity and Liberalism, S. 27.

Johann Gerhard Oncken (S. 26-29)

30 Machen, Christianity and Liberalism, S. 64.

1

2

www.erb-wetzlar.de .

35 Nichols, S. 96. 36 Machen, Christianity and Liberalism, S. 179.

3

37 Stonehouse, S. 441.

4 5

Eigene Übersetzung von: Charles Haddon Spurgeon, Theodor Duprée, J. G. Oncken, Leben und Wirken,

Jonathan Edwards (S. 32-35) 1

Jonathan Edwards, Personal Narrative in: Murray, Iain

Nr. 10; Hall McAllister Griffiths, The Heretical

H., Jonathan Edwards – ein Lehrer der Gnade und die

“Auburn Affirmation”: A Menace to the True Peace

große Erweckung, Christliche Literaturverbreitung, Bielefeld, 2011, S. 71.

and Purity of the Presbyterian Church, Philadelphia 1932; Gordon Clark, The Auburn Heresy, 1935,

2

veröffentlicht in: The Southern Presbyterian Journal,

3

Jonathan Edwards, The Works of Jonathan Edwards eigene Übersetzung.

41 J. Gresham Machen, “Shall the General Assembly 4

Jonathan Edwards, Religious Affections, in: Murray, Iain H., Jonathan Edwards – ein Lehrer der Gnade und

05.03.1925, Vol. 95, Nr. 10, S. 6-8.

die große Erweckung, Christliche Literaturverbreitung,

42 J. Gresham Machen, „The Mission of the Church“, in:

Bielefeld, 2011, S. 331.

The Presbyterian, 08.04.1926, Vol. 96, Nr. 14, S. 10f. 43 Nichols, S. 65; Machens Haltung zur Mission ist kurz

Jonathan Edwards, Resolutions, eigene Übersetzung. Volume Two, Sinners in the Hands of an Angry God,

15.07.1946. Represent the Church?”, in: The Presbyterian,

5

Lawson, Steven J., The Unwavering Resolve of

dargestellt in „The Christian View of Missions“, in: J.

Jonathan Edwards, Reformation Trust Publishing,

Gresham Machen, „What is Christianity?“,

Orlando, Florida, 2008, S. 13, eigene Übersetzung.

herausgegeben von Ned Stonehouse, Grand Rapids 1951. 44 Nichols, S. 67. Von seinem Kollegen Charles Erdmann wurde Machen öffentlich bezichtigt, voller „Lieblosigkeit, Argwohn, Bitterkeit und Intoleranz“ zu sein, Stonehouse, S. 375. 45 Nichols, S. 70, bezeichnet auch darum diesen Schritt Machens als eines der am schwersten interpretierbaren Ereignisse seines Lebens. 46 Machen, „Statement to the Presbytery of New Brunswick“, in: Selected Shorter Writings, S. 332 u. 335.

REFORMATORISCHTHEOLOGISCHES PREDIGERSEMINAR

S. 141

Writings, S. 319.

Bounds“, in: The Presbyterian, 05.03.1925, Vol. 95,

Günther Balders, Theurer Bruder Oncken, S. 62 The Sword and the Trowel - August 1867

38 J. Gresham Machen, „The Attack upon Princeton

40 Vgl. etwa David Kennedy, „Liberty Within Evangelical

Passend hierzu mein Vortrag: „Die vergessene Theologie von Johann Gerhard Oncken“. Zu finden auf:

34 Nichols, S. 95.

39 Stonehouse, S. 427.

TAG DER OFFENEN TÜR

3L-Verlag, 2012).

32 Machen, Christianity and Liberalism, S. 76.

Seminary: A plea for fair play“, in: Selected Shorter

Nachdruck: Glaubensbekenntnis der evangelischtaufgesinnten Gemeinde in Hamburg (Waldems:

31 Machen, Christianity and Liberalism, S. 68. 33 Machen, Christianity and Liberalism, S. 79.

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49 John Galbraith, „Why the Orthodox Presbyterian

23 Nichols, S. 50; Fosdick selbst bezeichnete die Predigt in

Win?“, in: Michael Warner, “American Sermons: The

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Am 15. Mai 2013 haben wir einen Tag der offenen Tür am RTS in den neuen Räumen. Unter anderen wird es einen Vortrag von Dr. Martin Erdmann zur Apologetik geben. Weitere Auskunft zum Programm werden wir auf unsere Website stellen. Fühlen Sie sich aber auch frei, sich telefonisch bei uns zu erkundigen bzw. ein Programm anzufragen (Tel. 0511 / 35 73 61 75). Adresse: RTS Vahrenwalder Str. 261 30179 Hannover www.rtsonline.de

47 Nichols, S. 61.

ausgabe 11 – 31


J O N AT HAN EDWARDS Als Christen, die wir dem Herrn Jesus Christus nachfolgen, w端nschen wir uns doch alle, ein Leben zur Ehre Gottes zu f端hren. Wenn wir dabei nach einem Vorbild suchen, werden wir in Jonathan Edwards ganz bestimmt f端ndig. Er war keinesfalls perfekt, aber sein ganzes Leben war von dem Wunsch durchdrungen, dass alles, was er tat, zur Ehre Gottes geschehen m旦ge. Text Jonas Erne


»Ich verpflichte mich, niemals einen Moment Zeit zu verlieren, sondern Zeit, so gut ich das kann, in günstigster Weise zu nutzen.«

Kindheit und Jugend Jonathan Edwards kam am 5. Oktober 1703 als fünftes Kind und einziger Sohn – ihm folgten noch sechs weitere Schwestern – von Timothy und Esther Edwards, geborene Stoddard, in East Windsor (Connecticut) zur Welt. Sein Großvater mütterlicherseits war Solomon Stoddard, der Pastor von Northampton (Massachusetts), dessen Nachfolger Jonathan eines Tages werden sollte. Timothy Edwards, Jonathans Vater, war Prediger in East Windsor. Zu Beginn hatte ihn sein Vater in vielen Dingen unterrichtet. 1716 begann seine Zeit am College, was durch verschiedene Umstände eine recht chaotische Zeit war. Timothy wollte, dass sein Sohn im reformierten Glauben erzogen wurde. In Harvard, wo der Vater auch studierte hatte, wurden die Lehrer, die noch recht glaubten, durch andere ersetzt, die den reformierten Glauben ablehnten und den Menschen mit seinem freien Willen in den Mittelpunkt stellten. Aus diesem Grund wurde ein neues College gegründet, aus welchem später die Yale-University wurde. Jonathan war vielseitig interessiert, ein wacher Beobachter mit einer alles durchdringenden Logik. So schrieb er schon in der Zeit am College Abhandlungen über bestimmte Naturphänomene. In diese Zeit am College fällt auch seine Bekehrung. Diese muss im März 1721 stattgefunden haben und veränderte sein Leben recht stark . Er schreibt dazu: „Das erste Mal erinnerte ich mich dieser Art von inwendiger, lieblicher Freude an Gott und an göttlichen Dingen, die ich seither vielfach genossen habe, beim Lesen folgender Worte (1. Timotheus 1,17): „Dem König der Zeitalter aber, dem unvergänglichen, unsichtbaren, alleinigen Gott, sei Ehre und Herrlichkeit von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.“ Als ich diese Worte las, da kam in meine Seele ein Empfinden für die Herrlichkeit des göttlichen Wesens, und es war, als sei sie ganz davon erfüllt. Es war ein neues Empfinden, völlig anders als alles, was ich bisher erlebt hatte. Nie kamen mir irgendwelche Schriftstellen so vor, wie es bei diesen Worten der Fall war. Ich dachte bei mir, welch wunderbares Wesen

dies sei und wie glücklich ich doch sein müsste, wenn ich mich dieses Gottes erfreuen könnte und zu ihm in den Himmel entrückt würde und gleichsam ewig in ihm aufginge! […] Ich ging zu Gott, um ihn zu bitten, dass ich mich seiner freuen möge, und betete auf eine Weise, die sich völlig von allem unterschied, was ich zu tun gewohnt war; eine ganz neue Art der Herzensregung und Liebe war aufgebrochen.“1 Entschieden für Gott In den Jahren nach seiner Bekehrung wuchs in Jonathan das Verlangen, ein immer heiligeres Leben führen zu können – ein Leben, das Gott gefällt. Er wollte seinem Herrn dienen und das möglichst schnell. So wartete er gar nicht erst, bis er den Master-Titel bekommen hatte, sondern ging bereits im Alter von 19 Jahren nach New York, wo er die Arbeit eines stellvertretenden Predigers der dortigen Presbyterianischen Kirche bis 1723 ausübte. Er begann im Sommer 1722 seine Entschlüsse („Resolutions“) zu Papier zu bringen. Innerhalb von einem Jahr wuchs das Werk auf 70 Entschlüsse, zu denen er sich verpflichtete. Die ersten sind schon sehr deutlich: „1. Ich verpflichte mich, dass ich alles tun werde, was immer zu Gottes Verherrlichung dient, und zu meiner Freude, solange ich lebe, ungeachtet des Zeitaufwands, sei es jetzt oder nie, unzählige Zeitalter von jetzt an. Ich verpflichte mich, zu tun, was ich glaube, was meine Pflicht ist, und was am meisten dem Allgemeinwohl dient. Ich verpflichte mich dazu, unabhängig davon, auf welche Weise, und auf wie viele oder wie große Schwierigkeiten ich stoße. 2. Ich verpflichte mich, mich fortwährend zu bemühen, neue Hilfsmittel oder Vorrichtungen zu suchen, um die vorigen Dinge zu fördern. 3. Ich verpflichte mich, dass, wenn ich je fallen sollte oder lau werde, d.h. wenn ich eines dieser Dinge vernachlässigen sollte, dass ich Buße tun werde für alles woran ich mich erinnere, sobald ich wieder zu mir komme. 4. Ich verpflichte mich, nichts zu tun, weder im Geist noch mit meinem Körper, außer dem, was Gott verherrlicht; noch werde ich so sein, wie es Gott missfällt, noch so etwas zu dulden, wenn ich es vermei-

ausgabe 11 – 33


den kann. 5. Ich verpflichte mich, niemals einen Moment Zeit zu verlieren, sondern Zeit, so gut ich das kann, in günstigster Weise zu nutzen.“2 Auf diese Art und Weise geht es weiter. Jonathan Edwards wünschte sich nichts sehnlicher, als sein ganzes Leben unter die Herrschaft Gottes zu stellen. Die Deutlichkeit dieser Entschlüsse ist erstaunlich. Wir leben in einer Zeit, in der nichts mehr gebraucht wird, als entschiedene, entschlossene Nachfolger Christi. Deshalb wäre es von riesigem Gewinn, wenn wir wieder beginnen würden, Edwards zu lesen, von ihm zu lernen und uns mit seiner Entschiedenheit der Nachfolge Jesu hinzugeben. Die große Erweckung Nach seinem stellvertretenden Predigtdienst in New York ging er zurück nach Yale, wo er als Tutor arbeitete. Dort konnte er in seiner Freizeit weiter seinen Studien nachgehen. 1727 wurde er als Helfer und Nachfolger für seinen Großvater Solomon Stoddard nach Northampton berufen. In diesem Jahr heiratete er Sarah Pierrepont, die aus einer bekannten Predigerfamilie stammte. Als sein Großvater 1729 starb, war er allein für die Gemeinde in Northampton verantwortlich. Zwei Jahre später begann eine Bewegung im Ort: Die Menschen begannen vermehrt, nach dem Glauben zu fragen. Die Kneipe wurde kaum noch besucht, dafür wurde an allen Orten von Gott und seinem Wirken gesprochen. Interessant ist, dass in jener Zeit in vielen Orten Amerikas eine ähnliche Bewegung begann, die ihren gemeinsamen Höhepunkt in den Jahren 1741 und 1742 hatte. Diese Zeit nennt man „The Great Awakening“ (die große Erweckung). In jener Zeit hielt Edwards seine berühmteste Predigt, nämlich „Sinners in the Hands of an Angry God“ (Sünder in den Händen eines zornigen Gottes). Eine der größten Herausforderungen für Edwards war die Frage, wie man Gottes Wort verständlich erklärt. Die Bibel lehrt den Zorn Gottes über Sünder, die nicht bereit sind, Buße zu tun. Deshalb muss man den Menschen dies so klar machen, dass sie es verstehen und es sich zu Herzen nehmen. So predigte er über 5. Mose 32,35: „Der Gott, der dich über dem Abgrund der Hölle festhält, so, wie man eine Spinne oder ein widerliches Insekt über das Feuer hält, ist furchtbar provoziert: Sein Zorn gegen dich brennt wie ein Feuer; er sieht, dass du nichts anderes verdienst, als ins Feuer geworfen zu werden; […] Du hast ihn unendlich mehr beleidigt, als ein Rebell jemals seinen Fürsten beleidigen könnte; und es gibt nichts außer Seiner Hand, was dich halten könnte, sodass du nicht jeden Moment ins Feuer fallen könntest.“3 Die Auswirkungen dieser Predigten waren groß. Viele Menschen wurden sich plötzlich schlagartig der Heiligkeit Gottes bewusst, ebenso aber auch, dass sie selbst Sünder waren und welch eine große Kluft sich zwischen ihnen und dem herrlichen Gott befand. Manche begannen zu weinen, andere schrien in ihrer Erkenntnis auf, wieder andere lachten und freuten sich, dass sie die Erlösung annehmen durften. Das führte aber auch zu Problemen, denn es tauchte die Frage auf, inwieweit diese Gefühle tatsächlich die Echtheit des

34 – ausgabe 11

»Die Kneipe wurde kaum noch besucht, dafür wurde an allen Orten von Gott und seinem Wirken gesprochen.«


Glaubens bezeugten. In der Auseinandersetzung mit dieser Frage entstand eines seiner wichtigsten Werke: „Religious Affections“ (Religiöse Gefühle). Hierzu muss man vorausschicken, dass Edwards wohl der Letzte gewesen wäre, der die Gefühle als solche grundsätzlich verdammt hätte. Dies wird auch in seinen Resolutions deutlich. Gefühle führen zu Handlungen, deshalb müssen die richtigen Gefühle gefördert werden. Ein Glaube, der nur aus den richtigen Gedanken und Bekenntnissen besteht, ist für Edwards gar kein Glaube. So schreibt er zu der Haltung, die alle Gefühle verwirft: „Statt glaubensmäßige Regungen ohne Prüfung zu schätzen und zu bewundern, verwirft und verachtet man sie ohne Prüfung. Hierin erkennt man die List Satans … Er weiß genau, dass er auf diese Weise alle Frömmigkeit zu einem rein äußerlichen Formalismus ohne jedes geistliche Leben machen und die Kraft der Gottseligkeit samt allen geistlichen Sachverhalten ausschließen kann. So wird allem wahren Christentum die Tür verschlossen.“4 Man kann aber auch auf der anderen Seite vom Pferd fallen. In der Zeit der großen Erweckung gab es zahlreiche Menschen, die Predigten vor allem um der Gefühle willen hörten. Manche haben gar nicht mehr richtig gearbeitet, weil sie so verrückt nach diesen Gefühlen waren, die manche Predigten hervorriefen. So geriet die Erweckung als Ganzes ins Kreuzfeuer der Kritik. Edwards hielt deshalb auch einmal eine Predigt, in der er die Kennzeichen der echten Erweckung nannte: „1. stärkt sie in den Menschen die Hochachtung vor Jesus als Sohn Gottes und Retter der Welt. 2. führt sie dazu, dass sie sich von ihren Verderben und Begierden weg der Gerechtigkeit Gottes zuwenden. 3. verstärkt sie ihre Achtung vor der Heiligen Schrift. 4. erbaut sie ihren Verstand in den objektiven Wahrheiten des offenbarten Glaubens. 5. erweckt sie echte Liebe zu Gott und den Mitmenschen.“5 Auch hier können wir von Edwards lernen, wenn wir uns Erweckung wünschen. Ein Streit und seine Folgen Als Jonathan Edwards die Gemeinde in Northampton übernahm, war es unter seinem Großvater üblich, dass jeder am Abendmahl teilnehmen konnte, der nicht gerade in offensichtlichen Sünden lebte. Dazu muss man natürlich wissen, dass in jener Zeit das Abendmahl nicht ein Teil des Gottesdienstes war, sondern eine gesonderte Veranstaltung, die alle acht Wochen stattfand. Zu dieser wurden nur die Personen hereingelassen, die für sich eine Zulassung erbeten hatten. Nun ging es um die Frage, wer diese Zulassung bekommen sollte. Solomon Stoddard hatte die Gemeinde aufgefordert, dass möglichst viele zu dieser Veranstaltung kommen mögen. Er verstand das Abendmahl als etwas, was auch zur Bekehrung hinführen kann. Die einzige Bedingung, die er festlegte, war ein gottgemäßes Leben. Im Laufe seines Dienstes und seiner zunehmenden Erkenntnis von Gottes Wort kam Jonathan Edwards zu einer anderen Einsicht. Er erkannte, dass das Abendmahl für die vorbehalten ist, die bereits gläubig sind. Seinen Grundsätzen folgend, wollte er möglichst keine

Zeit verlieren und eine neue Ordnung für die Zulassung erstellen. Mit diesem Wunsch kam eine Kontroverse zum Vorschein, die untergründig schon länger geführt wurde. Es gab einige, die mit Edwards unzufrieden waren, und diese Frage als Anlass nahmen, nun offen gegen ihn zu arbeiten. Ein Gemeindeausschuss konnte sich nicht einmal einigen, ob Edwards zu dem Thema eine öffentliche Veranstaltung einberufen durfte oder nicht. So sah er als einzigen Ausweg die Möglichkeit, seine Sicht der Dinge schriftlich festzuhalten. Was entstand, war ein Buch, von dem er verlangte, dass alle, die abstimmen wollten, wie es mit der Gemeinde weitergehen sollte, dieses zuerst lesen müssten. Kurze Zeit darauf wurde er in Northampton abgewählt und trat im Juli 1750 von seinem Amt zurück. Hier sehen wir einen der Charakterzüge, der es ihm in seinem Beruf wohl oft nicht leicht machte. Er war sehr hilfsbereit und hatte auch oft und viele Gäste bei sich, aber in erster Linie brannte er für Gott und für die Heiligung seiner Gemeinde. Wo er etwas Neues erkannt hatte, musste es möglichst schnell umgesetzt werden. Da kam wohl seine Gemeinde nicht mehr hinterher, was zu Konflikten führte. Auch hier können wir von ihm lernen. Es braucht Geduld, um eine ganze Gemeinde dorthin zu führen, dass sie mit solch gravierenden Neuerungen einverstanden ist. Vergleichbar ist dieser Konflikt zum Beispiel mit unseren heutigen Fragen nach dem Musikstil in der Gemeinde. Das Ende und Erbe eines Gottesmannes Nachdem er von seinem Amt in Northampton zurückgetreten war, zog er nach Stockbridge um. Dies war ein kleiner Ort, der am Rande der Wildnis lag. Hier übernahm er eine kleine Gemeinde von Siedlern und half in der Indianermission. Die Zeit dort war recht schwierig, denn er litt an finanziellen und auch gesundheitlichen Nöten. Außerdem hatte er auch dort Gegner. Theologisch gesehen war die Zeit nach dem Rücktritt in Northampton die erfolgreichste, denn in dieser Zeit fand er Gelegenheit, um verschiedene Werke fertigzustellen und zu schreiben. Im Alter von 55 Jahren starb er am 22. März 1758. Die Yale-Universität hat die ganzen Werke Jonathan Edwards in 73 Bänden herausgegeben. Das ist ein immenses Erbe, das wir dankbar annehmen dürfen. Seine Biographie des Indianermissionars David Brainerd hat in vielen Generationen dazu geführt, dass sich junge Menschen für die Mission begeistern ließen. Seine Schriften zur Erweckung können uns auch heute helfen, wenn wir uns Erweckung wünschen. Seine Auseinandersetzung mit dem freien Willen zeigt uns, wo die Möglichkeiten und Grenzen des menschlichen Willens liegen. Und dass uns seine „Resolutions“ zu einem hingegebenen, christuszentrierten und dienstbereiten Leben anspornen mögen, das ist mein Gebet. Soli Deo Gloria – Gott allein die Ehre! ¶

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