SGB II und soziale Gerechtigkeit – passt das zusammen?

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SGB II und soziale Gerechtigkeit – passt das zusammen? Erklärung zum 8. Treffen von Menschen mit Armutserfahrung Seit dem Inkrafttreten des Sozialgesetzbuches II am 1.1.2005 wird darüber diskutiert, ob die Grundsicherung für Arbeitssuchende die Anforderung einer Grundsicherung bzw. eines menschenwürdigen Existenzminimums erfüllt. Übereinstimmung besteht darin, dass die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe eine gute Idee war, da Menschen Abstimmungsprobleme zwischen Ämtern erspart bleiben und somit von einer Hilfe aus einer Hand gesprochen werden kann. Leider ist jedoch nicht alles positiv zu bewerten. Menschen passen mit ihren Lebensgeschichten häufig nicht in die Systematik von Gesetzen und Verwaltungsvorschriften. Die hierdurch bedingten Schwierigkeiten betreffen nicht nur die Leistungsberechtigten, sondern auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jobcenter, der Sozial- und Wohnungsämter sowie die Träger der Freien Wohlfahrtspflege. In den vergangenen sieben Treffen der Menschen mit Armutserfahrung war dieses für Arbeitsuchende lebensnotwendige und existenzsichernde Gesetz und dessen Auslegung immer wieder Thema. Im Jahr 2012 betraf es immerhin im Schnitt 6,1 Millionen Menschen, davon sind ca. 25 % Kinder unter 15 Jahren. Festzustellen ist, dass folgende Probleme trotz wiederholten Einbringens in den politischen Diskurs nicht verändert wurden: •

Telefonische bzw. persönliche Erreichbarkeit des zuständigen Mitarbeiters/der zuständigen Mitarbeiterin Ein Callcenter, das lediglich das Problem weiterleitet, führt in der Regel nicht zu einer Lösung oder Entspannung der Situation, sondern zu Zeitverzögerungen und hinterlässt das Gefühl von Ohnmacht und Hilflosigkeit. Unverständliche Antragsunterlagen Antragsunterlagen sind zum großen Teil nicht verständlich und die Leistungsbescheide nicht nachvollziehbar und unübersichtlich. Hier stellt sich die Frage, ob sie nicht aufgrund mangelnder Lesbarkeit und Bestimmtheit bereits rechtswidrig sind. Regelsätze sind nicht bedarfsgerecht Die Berechnung der Regelsätze zum Lebensunterhalt ist willkürlich und berücksichtigt keine übermäßigen Preissteigerungen (wie z.B. beim Strom).

Weitere Problematiken betreffen: •

Sanktionen Im Jahr 2012 haben die Arbeitsagenturen über eine Million Sanktionen gegen Arbeitslose ausgesprochen. Die Meldeversäumnisse machen rund 70 Prozent aller Sanktionsgründe aus. Jede Kürzung des Regelbezugs bringt die Menschen in akute Existenznot und setzt eine Ver-


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