FOhrungsblatt zu dem romischen Gutshof bei Hochst-Hummetroth, Odenwaldkreis
Z u 9 a n g: Die "Haselburg" Iiegt sOdlich an der LandesstraBe 3106 (Parkplatz) zwischen Hochst im Odenwald und Brensbach, sOdostlich des Ortes Hummetroth. Zulahrt Ober Hochst i. Odw. an der B 45 (Hanau - Dieburg - Erbach - Eberbach [von Darmstadt aul der B 26 Richtung Dieburg/Aschaffenburg, Ausfahrt MichelstadtiErbachj) oder Ober Brensbach an der B 38 (Darmstadt - Reinheim Reichelsheim - Weinheim). Die Anlage ist Irei zuganglich. FOhrungen nach Vereinbarung Ober: Reinhold Fischer, Alte Darmstadter StraBe 33, 64367 MOhltal, Tel. 06151/145454. Topographische Karte1:25 000 BI. 6219 Brensbach; 1:50 000 BI. L 6318 Erbach (auf beiden Karten ungenauer Eintrag). Deutsche Generalkarte 1:200 000 BI. 16. Den k m a I s c hut z : Wie aile archaologischen Statten unterliegt auch der gesamte Bereich der "Haselburg" dem Denkmalschutz. Daher sind Nachforschungen jeglicher Art, insbesondere Grabungen, aber auch SchOrfungen, WOhlereien oder gezielte Fundaufsammlungen sowie irgendwelche Veranderungen am Bestand verboten bzw. genehmigungspflichtig. Zulallslunde sind zu melden. Literatur: J. F. Knapp, Romische Denkmale des Odenwaldes, insbesondere der Grafschaft Erbach und Herrschaft Breuberg (1813; 21814; 31854) 941f., 163. - Ders., Versuch eine bei Humetrod gefundene Inschrift zu erklaren. Archiv hess. Gesch. Altkde. 2, 1841, 1831f. (dazu W. Brambach, Corpus Inscriptionum Rhenanarum [1867) 260 Nr. 1397 m. we it. Lit.; A. Riese, Das rheinische Germanien in den antiken Inschriften [1914]449 Nr. 4612). - W. Franck, Ober die Spuren romischer Niederlassungen in der Provinz Starkenburg, ihre Bedeutung und ihren Zusammenhang. Archiv hess. Gesch. Altkde. 12, 1868, 25. - Ph. A. F. Walther, Die AlterthOmer der heidnischen Vorzeit innerhalb des GroBherzogthums Hessen (1869) 61. - H. GieB, Ausgrabungen auf der "Haselburg" bei Hummetroth im August 1882. Ouartalbl. Hist. Ver. Ghzt. Hessen 1882, 271f. - Ders., SchloB Breuberg im Odenwald und die germanischen und romischen DenkmEiler in seiner Umgebung (31893) 161f. - F. Koller, Archaologische Karte des GroBherzogthums Hessen. Archiv hess. Gesch. Altkde. N.F. 1, 1894, 97. - E. Anthes, Die Haselburg. Korrbl. Westdt. Zeitschr. 6, 1887,371. - Ders., Technisches von den romischen Steinbauten im Odenwald. Ouartalbl. Hist. Ver. Ghzt. Hessen N.F. 2, 1900, 711. - Ders., Die Romer im Odenwald. Unterhaltungsblatt - Beil. z. Zentralanzeiger I. d. Odenwald (Erbacher Kreisblatt) Nr. 19 v. 21. - 25. 5. 1918; Wiederabdruck in ders., Durch den Odenwald. Hess. VolksbOcher 83 - 85 (1933) 641. - F. Behn, Urgeschichte von Starkenburg (21936) 35, 37 (in 1. Aufl. 1925, S. 71 die olfenbar irrtumliche Erwahnung von Mosaikschmuck). - G. Wiesenthal, in: W. Jorns (Hrsg.), Neue Bodenurkunden aus Starkenburg (1953) 121 If. - F. Mossinger, Die Romer 1m Odenwald (1954; 21967) 461. D. Baatz, Verkleidungsziegel mit Rolistempelmustern aus Sudhessen. Saalburg-Jahrb. 44, 1988, 651f., Kat. 81f. - Ders., Hummetroth ERB. Rom Gutshol Haselburg. In: D. Baatz u. F.-R. Herrmann (Hrsg.), Die Romer in Hessen (21989) 3601f. - Fundnotizen in: Ouartalbl. Hist. Ver. Ghzt. Hessen 1880, 6, 11; 1882, 4; 1883, 4; 1888, 3; Jahresber. Denkmalpflege Ghzt. (bzw. Volksstaat) Hessen 2, 1912,62; 4a, 1930,33; Fundber. Hessen 7,1967,135; 13, 1973 (1975) 317. Die neuen Ausgrabungen und Untersuchungen seit 1979 sind noch nicht endgOltig bearbeitet und publiziert. Von R. Fischer liegen in vervielfaltigter Form verschiedene GraTitelbild: Die "Haselburg" heute. Blick von Osten Ober das restaurierte Hauptgebaude, im Vordergrund der Wirtschaftstrakt mit dem Schutzdach Ober dem Kellereingang. 1m Bildhintergrund Nordwestseite.
die wiederaufgebaute Westecke der Hofmauer, rechts das Tor auf der Photo: A. Schafer 1999.
Die Lage der "Haselburg" auf der Hochflache zwischen Gersprenz (im Westen, auBerhalb des Kartenausschnittes) und MOmling, rund viereinhalb Kilometer sOdwestlich von Hochst im Odenwald. Wenig westlich der Anlage entspringt einer der QuellzuflOsse des FIOBchens Kinzig. M. 1:50 000.
Unter den rund 300 in Hessen bisher bekannten r6mischen Villen - villae rusticae, ganz in der Art heutiger Aussiedlerh6fe einzeln liegenden Gutsh6fen oder gr6Beren Gutsbetrieben, von denen aus das Land bewirtschaftet wurde - ist die "Haselburg" bei Hummetroth eine der gr6Bten Anlagen. Erbaut auf der Hochflache zwischen Gersprenztal im Westen und Mumlingtal im Osten, an der Grenze zwischen Sandstein-Odenwald und Vorderem (Granit-)Odenwald, bei einem der wenigen Kalkvorkommen des Mittelgebirges, hat sie ihren bungsberichte und Fundkataloge vor (Hofbereich = Wirtschaftstrakt des Hauptgebaudes [1992]; Umfassungsmauer [1993]; Keller [1997]; Bad, Gartenhof mit Umgang [1998]; Hauptgebaude, Funde u. Wandmalerei [1999 u. 2000]. Zusammenfassende Ubersichten: F.-R. Herrmann, Die villa rustica "Haselburg" bei Hummetroth. FOhrungsblatt Stand 1985 zu dem romischen Gutshof bei Hochst-Hummetroth, Odenwaldkreis. Arch. Denkmaler Hessen 55 (1986 = 1. Auf!. dieses Heftes). - E. Wild, Der Odenwald und die Romer. Zusammenstellung von Rundwanderungen (41999) 80ff. - R. Fischer, Die romische Villa Haselburg (1994). - Ders., Die romische Villa Haselburg. Beschreibung (Auszug d. Ausg. 1994, S. 36-58, mit Erganzungen; o. J. [2000)).
Blick von Norden Ober die restaurierten Grundmauern des Wohntraktes biiudes mit dem Bad im Jahre 1984. Photo: Ruhrgas AG., Essen.
des Hauptge-
Namen von den fruher an drei Seiten auf den damals noch vorhandenen Schuttwallen der Umfassungsmauer dicht wachsenden Haselstauden. Der Gutshof entstand wohl im zweiten Viertel des 2. Jahrhunderts n. Chr., nachdem um 90 n. Chr. das Land unter rbmische Herrschaft gekommen und um 100 n. Chr. der Odenwaldlimes angelegt worden war, der um 159 an den Main vorgeschoben wurde (nachster Abstand zur Grenze demnach rund 10 bzw. 14 -16 km). Er lag auf dem Gebiet des zivilen Verwaltungsbezirkes civitas Auderiensium mit dem Hauptort Dieburg, gegrundet zwischen120 und 130 n. Chr. Sein Ende fand er wie die anderen rbmischen Siedlungen im rechtsrheinischen Gebiet um 260 n. Chr., als unterdemAnsturm germanischer Stamme der Limes aufgegeben und die Grenze des Rbmischen Reiches an den Rhein zuruckverlegt wurde. Die Umfassungsmauer mit Seitenlangen von 183,5 m der Sudwest- und Nordostseite und 185,5 m der Nordwest- und Sudostseite umschlieBt einen fast quadratischen Hofbezirk von knapp 3,5 Hektar Flache. Bisher ein Tor mit 3,60 m Durchfahrtsbreite, dessen genaue Gestaltung unbekannt ist, wurde etwa in der Mitte der Nordwestseite aufgedeckt; nach alten Berichten wurden an ihm um 1880 "zwei machtige Sandsteinquader mit eingelassenen Torpfannen ausgebrochen". Seine Grundmauern sind heute restauriert, ebenso wie die vier Ecken der Hofmauer, und lassen zusammen mit Hecken, die zur Ver-
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.::.
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Mauer mit nachgewiesenem und vermutetem Durchgang Mauern anderer Bauzustiinde Hypokaustierte
Riiume
Grenze der Hypokaustierung in teilgeheizten Riiumen H
Heizraum
- - - Abwasserkanal, - - - Abwasserkanal, c:::::=
festgestellt sichtbar
Moderne Mauer
/
I I
Das Hauptgebaude (Herrenhaus, villa) der "Haselburg". Der Wohntrakt im Norden mit dem groBen Mittelraum (oecus oder triclinium), in dessen Apsis das C-formige Speisesofa (triclinium) stand, Offnet sich mit einer weiten TOr mit erhaltener Schwelle auf den an drei Seiten mit Saulengangen (porticus) umgebenen Gartenhof (peristyl[i)um). Apsis und der westlich anschlieBende
Raum waren durch Hypokaustanlagen
bar, der ostliche Raum erwarmbar. 1mSOdwesten ist das Badegebaude
teilweise heiz-
(balineum) mit seinen verschiedenen
Baderaumen
und der Toilette (SP - sella familiarica oder sella pertusa/durchlochter Sitz) angebaut, getrennt zuganglich durch einen klein en Korridor (K). In der Toilette befanden sich ursprOnglich wahrscheinlich A - apodyterium,
vier Sitze, von denen einer rekonstruiert
Umkleideraum;
F - frigidarium,
ist. Die Baderaume:
Kaltbad mit f - Kaltwasserwanne
(piscina); T - tepidarium, lauwarmer Raum; C - caldarium, Warmbad mit c - Warmwasserwanne; S - heizbarer Raum unbestimmter Verwendung, vielleicht sudatorium, Schwitzbad,
vielleicht auch als Winterapodyterium
genutzt.
Verschiedene MauerzOge zeigen bruchstOckhaft andere Bauzustande des Gebaudes an, die noch nicht im einzelnen geklart sind. In die nach Nordosten zum neugebauten Keller fOhrende moderne Mauer ist die Nachbildung
eines Matronensteins
keitsspendende Muttergottinnen) aus MOmling-Grumbach sprOngliche Herkunft unbekannt ist. M. 1 :400.
eingesetzt,
(fruchtbardessen
ur-
Blick von Osten Ober das vollstandig restaurierte Hauptgebaude trakt im Vordergrund im Oktober 1992. Photo: A. Schafer.
mit dem Wirtschafts-
deutlichung im Verlauf der Mauern gepflanzt sind, die Gesamtausdehnung des Gutshofes hervorragend Oberblicken (siehe auch das Luftbild auf der letzten Seite). Durch das Tor gelangte man an einem Jupiterheiligtum etwa in der Hofmitte vorbei zum Hauptgebaude. Ein weiteres Tor lag vielleicht in der Nordostmauer nahe der Ostecke, wo die geophysikalische Prospektion einen nach auBen springenden Mauerwinkel andeutet. Ein frOher vermutetes Tor an der SOdostseite ist bisher nicht gefunden. Das Hauptgebaude, das Wohnhaus des Besitzers - sicher ein wohlhabender Mann, der vielleicht hier nur seinen Landsitz hatte und sonst in der Stadt, dem Verwaltungssitz Dieburg tatig war - geht in seinem Grundri B auf den in unseren Breiten ungew6hnlichen und yon den R6mern aus dem 6stlichen Mittelmeerraum Obernommenen Typ des Peristylhauses zurOck. Die Ausstattung war prachtig genug mit Wandmalereien, nach Funden yon Bauteilen (Verkleidungsziegeln) wahrscheinlich auch bemalten Decken und verglasten Fenstern. AuBen warder Bau verputzt und weiB, der Sockel rot gestrichen. Einige Raume waren durch Hypokaustanlagen teilgeheizt (Zirkulation von in Feuerungskanalen [praefurnium] erhitzter Luft unter dem auf Ziegelpfeilern hohlliegenden EstrichfuBboden und, durch kleine Kamine aus Hohlziegeln [tubulus], in den Wanden). Die Dacher waren mit Ziegeln (tegulae und imbrices) gedeckt. Wichtig, auch fOr den Betrieb des Bades, war die Versorgung mit Frischwasser. 1m Westen des Gutshofes liegende Quellen konnten dazu dienen. Eine Wasserleitung hat sich allerdings noch nicht gefunden.
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Rekonstruierte
Ansicht des Hauptgebaudes
Gutshofes. Die Rekonstruktion
von Osten mit dem nordwestlichen
kann nur einen allgemeinen
Teil des
Eindruck an hand der bisher
ausgegrabenen Steingebaude zeigen. Weitere Baulichkeiten im Hofbereich sind vorauszusetzen. 1mHintergrund das Heiligtum mit der Jupitergigantensaule und das Tor auf der Nordwestseite.
Das an der Sudwestecke angebaute Badegebaude ist uber die Saulengange des Gartenholes erreichbar, in deren Apsiden sicher Statuen standen. Das Bad enthalt aile Raume, die auch in graBen Thermen zur VerfUgung waren. Gewohnlich badete man yon Warm nach Kalt, doch war dies dem Geschmack des einzelnen uberlassen. Nicht ganz sicher ist die Deutung des an den Umkleideraum (A) anschlieBenden groBen Raumes (S) als Schwitzbad (vgl. den GrundriBplan). Moglicherweise war es ein weiterer gering geheizter Raum (tepidarium) und diente als Winterapodyterium. Uber dem Feuerungskanal des Heizraumes (H) saB ein graBer Kessel (testudo) zur HeiBwasserbereitung. Wie sinnreich und uberlegt die ganze Anlage errichtet war, sieht man daran, daB das ablaulende Wasser der Wanne (I) des Kaltbades (F; mit einem PlattenluBboden anderer Art als dem heute rekonstruierten) zugleich zur Spulung der Toilette genutzt wurde. Von einem alteren Bauzustand wurden nur die Grundmauern der Warmwasserwanne c aufgedeckt, die bedeutend kleiner war. Der ostlich yom Peristyl liegende Bauteil mit einem Keller (heute an der Stelle eines romischen Kellers mit seitlichem Zugang in etwas anderer Art und hoher wieder aulgebaut; die verbindende Mauer nicht auf romischen Fundamenten) war sicher ein Wirtschaftstrakt mit Kuche, Vorratsraumen, Of en/Herden und anderem mehr. Seine einzelnen Bauphasen und sein Aufbau - wahrscheinlich ein groBer, hallenartiger Bau mit PfostenstUtzen und Innenteilungen - sind noch nicht geklart, und es laBt sich bisher nicht sagen, welche Mauern uberhaupt gleichzeitig bestanden haben und wie der Keller in den Komplex eingebunden war. - Insgesamt ist aus dem Verlauf bzw. der Uberschneidung einiger Mauerzuge und unterschiedlichen Ausrichtungen zu ersehen, daB der
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Der Plan der "Haselburg" zeigt die Gesamtausdehnung und die Bebauung des Gutshofes, soweit er bis jetzt ergraben oder geophysikalisch prospektiert wurde und erganzt werden kann. Innerhalb der Umfassungsmauer mit einem Tor auf der Nordwestseite lag nicht ganz zentral das Jupiterheiligtum und in der Mitte der Osthalfte das Hauptgebaude (Herrenhaus). Ostlich daran anschlieBend befand sich ein rechteckiger
ummauerter
Bereich mit Pfostenstellungen, dabei ein Keller, zweifellos ein Wirtschaftstrakt. An die Nordostmauer
waren
in Stein und
Holz Schuppen angebaut; ein bisher nur aus der geoelektrischen Prospektion bekannter, nach auBen gerichteter Maueransatz (?) konnte fOr ein weiteres Tor in diesem Bereich sprechen. SOdlich vor dem Herrenhaus
fand sich ein Wasser-
becken, nach der Mitte zu ein Mauerwinkel von einem groBeren Gebaude oder abgetrennten
Hofbereich.
In der SOd-
ecke, an die Hofmauer der SOdwest- und der SOdostseite angebaut, lag ein gro Beres, unterteiltes
Wohn(?}gebaude.
nagen und Kanale durchziehen
Drai-
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die An-
lage, deren Wasserversorgung von den westlich und nordwestlich in hoherliegendem Gelande entspringenden Quellen her erfolgt sein muB. M. 1:1 500.
-----1:1500 o 15 1
_ 30-;---2971
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Idealrekonstruktion eines ramischen Gutshofes. "Die Hafe sind stets nach einem ahnlichen Schema gebaut. Innerhalb einer steinernen Umfassungsmauer, die den Hofbezirk einschloB, stand ein reprasentatives
Wohnhaus
fUr den Besitzer. Mit Vorliebe hat
man das Herrenhaus an einen sonnigen Hang oder auf eine beherrschende Hahe mit schaner Aussicht gebaut. Dieses Haus, das wohl auch von einem Ziergarten umgeben war, Oberschaute einen ausgedehnten Wirtschaftshof, in dem sich Stalle, Scheunen, Schuppen und die UnterkOnfte von Sklaven oder anderem Gesinde befanden; die Wirtschaftsgebaude
konnten aus Stein oder aus Fachwerk bestehen" (nach Baatz).
gesamte Komplex des Herrenhauses verschiedene Bauphasen hatte, wahl auch einmal eine fast vollstandige Neuerrichtung erfolgte. Bisher ist es nicht gelungen, ein Gesamtbild der ursprOnglichen Anlage und ein sicheres Bild des letzten Bauzustandes zu gewinnen. Ungew6hnlich graB war die - Obliche - Jupitergigantensaule des Gutshofes, die in einem rund 17 x 10m graBen rechteckigen, durch eine Innenmauer geteilten Mauergeviert stand. Ais GIOcksfall kann es gelten, daB hier einmal der genaue Standort einer Saule festgestellt worden ist. Meist finden sich nur die BruchstOcke der als heidnische G6tzenwerke zerschlagenen und vergrabenen Saulen, welches Schicksal auch die Saule van der "Haselburg" erlitten hat. Ein Zusammenhang des Kultbezirkes mit in der Nahe liegenden Ober 400 Jahre alteren keltischen Bestattungen ist nicht gegeben.
Ausschnitt
des Planes der geophysikalischen
Prospektion
burg" 1994 bis 2000 durch Posselt & Zickgraf Prospektionen elektrischen MeBwerte als 256-Graustufenplan (gefilterte Katasterplan
mit Grabungsflachen.
Firma Krimmelbein
Kartengrundlage:
des Gelandes
der "Hasel-
GbR. Ergebnisse der geoDaten: HochpaBfilter) im
Herrmann
1986 und Daten der
(Ostecke der Hofmauer etwas nach SW verschoben).
M. 1:2000.
AuBer den in den Gesamtplan der "Haselburg" ubernommenen Ergebnissen sind eine ganze Anzahl van Anomalien im MeBbild sichtbar. Es konnte sich teilweise um weitere Mauerzuge handeln, die aber ohne nahere Untersuchung nicht mit Sicherheit eindeutig anzusprechen und daher vorerst nur als Hinweise zu werten sind.
Die "Haselburg" wahrend der Ausgrabungen des Wohntraktes
des Hauptgebaudes,
1985. Oben die restaurierten Grundmauern
ganz am Bildrand ein restauriertes
StOck der
nordostlichen Umfassungsmauer. In der Grabungsflache Iiegen die Fundamente des Jupiterheiiigtums mit der Fundstelle der Saulentrommel (im Kreuzschnitt an der Eckel, daneben der Kreisgraben eines vorgeschichtlichen
GrabhOgels sowie die geschnittenen
Pfosten einer Innenteilung der Anlage und, nahe dem unteren Bildrand, die schwache Spur der nordwestlichen Umfassungsmauer dicht vor der Nordwestecke. Luftaufnahme von Westen. Photo: O. Braasch.
Eigentliche Wirtschaftsgebaude des Gutshofes sind noch nicht ergraben, mit Ausnahme einiger ostlich des Hauptgebaudes an die Umfassungsmauer angelehnten schuppenartigen Uberdachungen. Von diesen war ein Raum aus Stein erbaut, die anderen nur an Unterlegsteinen fOr Holzpfosten erkennbar und unbekannt, ob offen oder mit geschlossenen Wanden. Ein Wasserbecken unterhalb des Hauptgebaudes mag Wirtschaftszwecken gedient oder auch nur Wasser fOr einen Nutzgarten oder zur Trankung des Viehs geliefert haben. Ob der Mauerwinkel sOdwestlich des Herrenhauses yon einem Gebaude stammt, ist noch ungewiB. Vielleicht war es nur eine Mauer zur Abtrennung eines Teiles des Hofbezirks, wie es auch fOr eine Pfostenreihe im nordwestlichen Hofbereich anzunehmen ist. Weitere Gebaude sind also noch zu erwarten; ein groBeres Steingebaude, schon 1886 teilweise ausgegraben, lag - verbunden mit der Hofmauerin der SOdecke. Die geophysikalische Prospektion der vergangenen ,Jahre hat seine AusmaBe erbracht. Danach war es ein rechteckiger Bau yon insgesamt etwa 22,5 m Lange und 15 m Breite, der durch eine Langsunterteilung (im schmaleren Teil eine oder zwei Querteilungen) gegliedert ist. Aus dem Grundri B geht nicht klar hervor, ob es sich um ein Wohn- oder ein Wirtschaftsgebaude handelt. 16 m vor dem Gebaude lauft parallel zur Umfassungsmauer der SOdwestseite eine Struktur, vielleicht eine Hofabtrennung, die mindestens 50 m we it zu verfolgen ist. Eine sichere Deutung ist, wie auch bei anderen Strukturen, allein aufgrund des MeBbildes nicht moglich. Lebensgrundlage auch dieses groBen und reichen Gutshofes war die Landwirtschaft. Daneben hat man moglichst viel der benotigten Gerate, Werkzeuge und Kleidung im Hause
Die Rekonstruktion der Jupitergigantensaule yon der "Haselburg", einer der gr6Bten ihrer Art, ist noch nicht abgeschlossen. Die Zeichnung zeigt daher nur Gr6Benverhaitnis
und Schuppung
des Sau-
lenschaftes, die weiteren Elemente sind anderen Beispielen entnommen. Aus kleinen gefundenen Fragmenten werden sich Teile der Bildwerke erganzen lassen. Vom Saulenschaft
wurden die ober-
ste Trommel und ein BruchstOck der nachstanschlieBenden geborgen. Danach war er etwa 5 m lang, das gesamte Monument Ober 10m hoch (Rekonstruktionsvorschlag
H. G. Frenz).
Die Romer waren nicht die ersten, die hier auf der Hochflache siedelten. Grabfunde aus vorgeschichtlichen Zeiten belegen, daB das Mittelgebirge zumindest in seinen Randzonen schon frOh erschlossen wurde. Bei der Grabung 1985 fanden sich ein Hockergrab yom Ende der Jungsteinzeit (3. Jahrtausendv. Chr.) mit einem graBen GefaB (hinten links) sowie Graber aus frOhkeltischerZeit (4.13. Jahrhundert v. Chr.) mit GefaBbeigabe und Trachtbestandteilen aus Eisen und Bronze, dabei ein prachtiger Scheibenhalsring mit Koralleneinlagen (vorne links und rechts). Photo: F. Bodis. selbst hergestellt, und es mag, wie auch bei anderen groBeren Gutshofen, au Berhalb der landwirtschaftlichen Saison eine weitere spezialisierte Produktion hinzugekommen sein. Fur die Haselburg bote sich hier wegen ihrer Lage bei einem der wenigen Kalkvorkommen des Odenwaldes Kalkbrennerei und Ziegelproduktion an. Dies ist auch schon vor nunmehr fast einhundert Jahren von den damaligen Ausgrabern H. GieB und E. Anthes erwogen worden, doch fehlen bis heute die Beweise fUr beides, die nur durch die Auffindung der Produktionsstatten erbracht werden konnten (dagegen ist Kalkbrennerei wie auch Erzabbau in der Umgebung fUr das Mittelalter bis in die Neuzeit erwiesen). So kann eine schon 1839 im Hauptgebaude gefundene Ziegelplatte mit eingeritzter Kontrollinschrift des Ziegeleibetriebes, die mit einer normalen Ziegellieferung auf die "Haselburg" gekommen sein wird, nicht dafUr herangezogen werden. Und fUr die ins Auge fallenden hellen Ziegelplatten, die zur besseren Haftung des Verputzes mit Rollstempelmustern versehen sind, konnte eine Produktion im Civitas-Hauptort Dieburg wahrscheinlich gemacht werden. Von der "Haselburg" stammt ein betrachtlicher Teil dieser vor all em in Sudhessen
Die zahlreichen romischen FundstOcke wie Bauteile, Keramik, Glas, MUnzen, Werkzeuge und Handwerksgerat erlauben ein Bild vom ehemaligen Aussehen des Gutshofes und dem Leben seiner Bewohner. Die Abbildung zeigt eine kleine Auswahl. 1m Hintergrund stempelverzierte Wand- bzw. Deckenplatten, deren Muster nach dem Verputzen allerdings nicht mehr sichtbar war; davor GetaBe aus Terra sigillata, dem Tafelgeschirr der Romerzeit, und ein Faltenbecher; vorne rechts ein Schabeisen eisernes Haumesser. Photo: F. Bodis.
und ein schweres
verbreiteten Ziegel der "Dieburger Gruppe", von deren fOnf Stempeltypen einer als "Typ Haselburg" bezeichnet wird. Ihr haufiges Vorkommen im Bereich des Hauptgebaudes legt nahe, "daB sie als Deckenverkleidung verwendet wurden, vor allem wohl in den geheizten Raumen des Herrenhauses. M6glicherweise bildeten die Verkleidungsplatten dort die Grundlage eines bemal-
Ziegelplatte
mit Ritzinschrift,
1839 in einer Hypo-
kaustanlage des Hauptgebaudes stratura tertia
gefunden:
laterc[u}/i capit[u}/ares n[umerus] CCCLXXV Ubersetzt: in der dritten
Lage 375 Stock Kapitell-
ziegel. "Es handelt sich um die Abrechnung der Tagesproduktion einer Gruppe von Ziegelstreichern. Aus der Inschrift geht aber keineswegs hervor, daB die Ziegelei - wie mitunter angenommen der Haselburg lag" (Baatz). M. 1:10.
- in oder bel
Einen groBartigen
Eindruck von der Gesamtanlage
der "Haselburg" gibt die Luftaufnah-
me vom Februar 1996, als die Hochflache schneebedeckt
war. Das Jupiterheiligtum
der Mitte des Hofareals hinter dem Tor an der Nordwestseite Mauerwinkel verdeutlicht. Von Westen. Photo: O. Braasch.
in
ist durch aufgesetzte
ten Deckenverputzes, wie er von anderen Fundorten unseres Raumes bekannt ist" (Baatz). Ein groBer r6mischer Gewerbebetrieb kame wegen der ungunstigen Verkehrslage - die Antike nutzte fOr schwere Lasten den Wasserweg - fOr die "Haselburg" sowieso nicht in Frage. Immer notwendig war jedoch die Versorgung mit Lebensmitteln der Bev61kerung in den gr6Beren Siedlungen und Stadten und nicht minder der Truppen am Limes. Daran wird auch die villa rustica "Haselburg" ihren guten Teil gehabt haben.
Herausgegeben von der Abteilung Archaologische und Palaontologische Denkmalpflege im Landesamt fOr Denkmalpflege Hessen und der Archaologischen Gesellschaft in Hessen e. V., Wiesbaden (1986; 2., erweiterte und erganzte Auflage) 2001. Obersichtskarte Ausschnitt aus der TK 50 BI. L 6318 Erbach (1980). Mit Genehmigung des Hessischen Landesvermessungsamtes Wiesbaden vervielfaltigt - Vervielfaltigungsnummer 86-1-008. Die Archaologische Denkmalpflege ist auf Ihre Mitarbeit angewiesen. Wir bitten uns aile Beobachtungen, die zur Erforschung der Vor- und FrOhgeschichte unserer Heimat beitragen k6nnen, mitzuteilen. Fundmeldungen werden erbeten an die Abteilung Archaologische und Palaontologische Denkmalpflege im Landesamt fOr Denkmalpflege Hessen in: 65203 Wiesbaden, SchloB Biebrich/OstfIOgel, Telefon 0611/690631, Fax 0611/690637, oder die Au Benstellen in: 64283 Darmstadt SchloB/Glockenbau, Telefon 06151/165816 Fax 06151/ 165819' 35037 Marburg, Ketzerbach 11, Telefon 06421/63650, Fax 06421/6851555. ISBN 3-89822-055-9