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Interview mit Hirnforscher Gerald Hüther: „Erst die Arbeit macht uns zu Menschen“ 31.12.2015
© dpa Eine VWMitarbeiterin in Wolfsburg Herr Hüther, reden wir über Arbeit und Glücksgefühle. Würden sich viele mit der Arbeit leichter tun, wenn die Faulheit nicht in den Genen läge? Weder Faulheit noch Fleiß sind genetisch bedingt. Das weiß die Neurobiologie heute sicher. Die meisten Menschen hingegen denken immer noch, alles liegt an den Genen. Kein Wunder, noch vor etwa zehn Jahren wurde eine wissenschaftliche Arbeit veröffentlicht, die für sich in Anspruch nahm, das Gen für Faulheit gefunden zu haben. StubenhockerGen wurde es genannt. Eine wunderbare Entschuldigung dafür, sich nicht anzustrengen. Aber so leicht kommen wir nicht davon. Warum glaubte man das vor ein paar Jahren noch? Damals schlug das sogenannte Humangenomprojekt hohe Wellen, in dem es darum ging, das Erbgut des Menschen zu sequenzieren. Nur entpuppte sich dieses Projekt als der größte und wohl teuerste Flop, den wir wissenschaftsgeschichtlich je zustande gebracht haben. Am Ende hat sich nämlich gezeigt, dass der Mensch, anders als es die GenomForscher mit ihrem mechanistischen Weltbild erwartet hatten, nicht viel mehr Gene hat als ein Fadenwurm. Die These des genetischen Determinismus, dass also alles im Erbgut festgelegt ist, ließ sich schlicht nicht halten. Von Genen lässt sich nicht auf komplexe Merkmale oder gar Verhaltensmuster schließen. Der Fadenwurm frisst nur. Wir Menschen aber denken, planen, arbeiten. Irgendetwas muss den Menschen doch zum Menschen machen.