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Weil Musizieren Freu(n)de macht
from Eppan Magazin 2022
Ein beliebter Marsch, eine schwungvolle Polka, bekannte Filmmusik und moderne Stücke: Das Repertoire der örtlichen Musikkapellen ist so vielseitig wie die Geschmäcker der Zuhörer bei den Auftritten – insbesondere den Eppaner Musiknächten.
Endlich wieder proben, endlich wieder musizieren, endlich wieder auftreten. Nach der pandemiebedingten Pause lechzen die Eppaner Musikkapellen nach öffentlichen Auftritten und ein Stück weit auch nach dem wohltuenden Beifall ihrer Zuhörer. „Wenn dann auch noch viele Leute im Publikum sitzen, erhöht das die Konzentration, es steigert die Lust und die Freude am Spielen“, sagt Alex Pircher. Der Tenorhornspieler steht als Obmann und Stabführer der Bürgerkapelle St. Michael-Eppan mit ihren 68 Mitgliedern vor. Bedingt durch die örtlichen Begebenheiten mit den Eppaner Fraktionen St. Michael, St. Pauls, Girlan und Frangart stellt die Gemeinde mit ihren 15.000 Einwohnern gleich vier Kapellen.
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Wenn die Sommernächte erklingen Diese laden neben ihren Einsätzen zu kirchlichen Anlässen, den vielbeachteten Jahreskonzerten und beliebten Festauftritten in lauen Sommernächten zur abendlichen Eventreihe der Eppaner Musiknächte. Teils wird in den Musik-Pavillons in den Ortszentren konzertiert, „besonders schön, aber auch eine spezielle Herausforderung sind die Auftritte in einem Ansitz oder Innenhof. Da ist die Akustik plötzlich ganz anders“, weiß Alex Pircher über die beliebten aber auch zeit- und arbeitsaufwändigen Ortswechsel. Da heißt es, um 19 Uhr antreten, wenn das Konzert unter der Leitung von Kapellmeister Patrick Gruber um 20.30 Uhr losgeht.
Der Kultur und Tradition begegnen Von der tollen Atmosphäre der Musiknächte angetan zeigt sich auch Bernhard Andrich, Obmann der Musikkapelle Girlan, mit ihren 60 Mitgliedern inklusive Ehrenmitgliedern. „Da sich im Sommer viele Gäste aus dem Ausland oder den Großstädten wie Mailand und Rom in Eppan aufhalten, kommen sie so mit unserer Tradition und Kultur in Berührung. Viele bitten auch um ein gemeinsames Foto.“ Gespielt wird, was ankommt. Da für jeden Zuhörer etwas dabei sein soll, reicht die Literatur von Märschen und Polkas über Ouvertüren und Filmmusik bis hin zu modernen Stücken. „Bei allen Kapellen sehr beliebt ist die Marschmusik“, sagt Andrich. Die musikalische Ausrichtung, die Art und Schwierigkeit der Stücke bestimmt der Kapellmeister. Im Fall der Girlaner Aufstellung ist es Manfred Sanin. „Der Charakter des Kapellmeisters hat großen Einfluss auf die Stimmung innerhalb der Kapelle, die Einstellung bei den Proben“, weiß der Waldhornspieler.
Die Kameradschaft und das Musizieren Ein Rotbart am Schlagzeug ist Obmann-Stellvertreter der Musikkapelle St. Pauls. Dominik Ebner sieht im Musizieren einen guten Ausgleich zur Arbeit. Für ihn
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Prächtig anzusehen und anzuhören: Die Eppaner Musikkapellen in ihren farbenprächtigen Trachten stehen für gelebtes Brauchtum und tief verwurzeltes Kulturgut.
Dominik Ebner, Obmann-Stellvertreter Musikkapelle St. Pauls
Alex Pircher, Obmann Musikkapelle St. Michael-Eppan steht die Kameradschaft im Vordergrund, „denn nur die hält auf Dauer zusammen.“ Dicht gefolgt von der Freude am Musizieren, der Lust an der Musik. Mit Christoph Stadler, einem Kapellmeister aus den eigenen Reihen, zeigen die 70 Musikanten ihr Können besonders in Sachen Marschmusik und Kirchlichem, ging die Kapelle doch aus der einstigen, diözesanen Kirchenmusik hervor.
Eine optimale Zusammensetzung Was die Zusammensetzung betrifft, „so ist eine ausgewogene Mischung aus tiefem und hohem Blech, Holz und Schlagzeug wichtig“, weiß Ebner, sagt aber auch: „Wir sind hier nicht bei den Wiener Philharmonikern. Was wir brauchen, ist eine anständige Musik für unser Dorf.“ Ist ein Register (zu) gut besetzt, kann es vorkommen, dass manche Bläser bei gewissen Passagen einfach aussetzen. Und schon passt der Gesamtklang wieder. Anders ist es, wenn bestimmte Register etwas schwach besetzt sind. „Da kommen dann Musiker anderer Kapellen und helfen uns aus“, weiß Jakob Obkircher, Obmann der Musikkapelle Frangart. Mit dem heurigen 50. Jubiläumsjahr ist dies die jüngste Kapelle und mit 40 Mitgliedern auch die zahlenmäßig kleinste – gemessen an der Einwohnerzahl für ein Dorf wie Frangart aber doch von beachtlicher Größe.
In die Wiege gelegtes Talent Oft scheinen das Talent und die Begeisterung für das Musizieren familiär bedingt, manchen wird sie sprichwörtlich in die Wiege gelegt und führt mit dem Besuch einer Musikschule dann mitunter in die Reihen der Musikkapelle. Obkirchers
Bernhard Andrich, Obmann Musikkapelle Girlan
Familie bzw. Verwandtschaft stellt zeitweise neun Musikanten. „Dabei stellt die Mitgliedschaft auch eine Verpflichtung dar“, erinnert der Obmann. Dazu gehören nicht nur die Auftritte, sondern auch die Proben, die zweimal pro Woche – vor wichtigen Konzerten auch öfters – stattfinden.
Ein standesgemäßer Auftritt nur in Tracht Ein besonderes Zeichen der Zugehörigkeit zur Musikkapelle stellt die Tracht dar, die für einen standesgemäßen Auftritt unabdingbar ist. Die Herrentracht – bestehend aus knielangen Lederhosen, weißem Hemd, rot-grüner Weste, grünen Hosenträgern, braunem Gehrock und einem Scheibenhut sowie Stutzen (= Kniestrümpfe) und Trachtenschuhe mit Schnalle – entspricht der Überetscher Tradition. Die Damen tragen zu Bluse und rot-grünem Oberteil einen schwarzen, plissierten Rock mit Baumwollschürze. Die vier Kapellen sind ähnlich ausstaffiert. Nur die Paulsner fallen etwas auf mit ihrer blauen Jacke und dem Zylinderhut. „Das Blau stammt aus den 1950er-Jahren, da hat der Stoff beim Schneider gelegen und gefallen. Den Zylinder haben wir auf uralten Aufnahmen gesehen und wieder eingeführt“, erklärt der Paulsner Vize-Obmann Dominik Ebner. Eine standesgemäße Tracht hat ihren Preis. Bis zu 3000 Euro pro Stück kostet die Kapellen die Ausstattung pro Mitglied. Der federkielbestickte Bauchgurt um 1500 Euro kommt noch dazu. Die Tracht gehört der Kapelle und wird den Mitgliedern zur Verfügung gestellt.
Der weibliche Part der Kapelle Im weiteren Sinne zur Kapelle gehören auch die Marketenderinnen. Früher waren nur Männer in den Kapellen vertreten, da marschierten vier Frauen zur Zierde mit, zwei mit Schnapsfässchen und zwei mit Blumenschmuck. Heutzutage gestaltet sich die Damensuche für Begleitzwecke oft etwas schwieriger, zumal bereits eine stattliche Anzahl Musikantinnen sind. „Bei uns sind gut die Hälfte Frauen. Ohne sie könnten wir aufhören“, scherzt der Girlaner Obmann Bernhard Andrich. Doch ans Aufhören will derzeit niemand denken. Im Gegenteil. „Es sind neue Mitglieder hinzugekommen und sogar einige wieder zurückgekommen, die vor einigen Jahren aufgehört hatten“, freut sich der Michaeler Obmann Alex Pircher. Und der größte Wunsch seines Frangarter Kollegen Jakob Obkircher ist: „Wieder unbefangen zu musizieren, ohne an Verantwortung und Konsequenzen denken zu müssen.“
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Auf dem Gemeindegebiet Eppan sind drei Musik- und eine Bürgerkapelle aktiv.
DIE MITGLIEDSCHAFT IN EINER MUSIKKAPELLE STELLT AUCH EINE VERPFLICHTUNG DAR.
Jakob Obkircher, Obmann Musikkapelle Frangart