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#3/2016

ANINE BING

„DAS IST DER NEUE WEG.“

€ 6,90

Goodbye Sale. Ist ein Ende der Entwertungsspirale möglich? /// Speed Kills. Bekleidung darf kein Einwegartikel sein /// Der Handel von morgen. Big Data, Service und die Macht der Nische /// Transformation. Veränderung ist nur gefährlich, wenn man sie fürchtet




ROADTRIP THROUGH MONGOLIA

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by MEINDL


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KULTUR UND HANDWERK

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www.meindl-fashion.de / www.facebook.com/meindl.fashion / www.instagram.com/meindl_bekleidung


Manche Neuheiten hinterlassen

bleibende Spuren. Luis Trenker präsentiert: die neuen Sneakers. Und die Sommerkollektion 2017 Premium Berlin, 28.06.  30.06.2016 Halle 3, Stand E01

NEU Luis Trenker Showroom Deutschland Lodenfrey-Park, Osterwaldstraße 10 München


luistrenker.com | facebook.com/originalluisworld


006 EDITORIAL

Der Kunde im Zentrum

Coverfoto: Therese Ohrvall

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Liebe Leserinnen und Leser, vor einigen Jahren lächelte Natalie Massenet, Gründerin von net-a-porter.com, im Longview wissend. „This too shall change“, antwortete Sie auf die Frage, wie es sein kann, dass der Zeitpunkt der Fashionshows so überhaupt nicht zum Verkaufszeitraum passen würde. 2010 war das noch verrückte Zukunftsmusik, heute sind wir mitten drinnen in dieser tiefgehenden Transformation. Anine Bing, eines der Aushängeschilder des Paradigmenwechsels in Sachen Timing und Interviewpartnerin für das Longview der aktuellen Ausgabe (ab Seite 060), musste genauso lächeln. Erst auf hartnäckige Nachfrage ließ sie sich zu den monatlich getimten Kollektionen ein Statement abringen, so selbstverständlich ist ihr diese Arbeitsweise. Als Bloggerin und modeunternehmerische Quereinsteigerin haben sich andere Bedürfnisse in ihrem Kopf festgesetzt: Kundenbedürfnisse. Diese wieder ins Zentrum aller Überlegungen zu rücken, nicht mehr und nicht weniger, ist Inhalt dessen, was wir in unserem Schwerpunktthema so wortgewaltig Transformation nennen. Blickt man durch die Brille des Kunden auf die Mode, ist diese ganz schön verrückt geworden. Designer überbieten sich darin, Frauen schwierig aussehen zu lassen. Neudeutsch heißt schwierig übrigens „Blogger-Taste“ und damit ist eigentlich schon alles gesagt. Für das eine Foto muss es taugen, danach kräht kein Hahn mehr danach. Quynh Tran spricht in ihrem Artikel „Nicht für die Tonne“ (ab Seite 102) mit Herstellern, die sich dieser Entwertung nicht nur aus ökologischen, sondern auch aus ökonomischen Gründen entgegenstemmen. Ein ebenso großer Kraftakt ist es, sich aus der Preisschleuderpolitik Sale herauszunehmen. Mit Nicoletta Schaper haben (Goodbye Sale, ab Seite 096) Einzelhändler ihre Rezepte geteilt, die Ware möglichst lang in ihrem Wert zu erhalten. So recht will das noch nicht gelingen, denn während wir diese Zeilen schreiben, hat der Sommersale die Innenstädte schon fest im Griff. Nach kühlen Frühsommerwochen können

Konsumenten bei den ersten milden Temperaturen schon 30 Prozent und mehr sparen, wenn sie jetzt ihr Bedürfnis nach Sommermode erfüllen. Und während wir bei einer Affenhitze über Messen pilgern, weht schon das erste Herbstlüftchen durch die Sortimente. Kein Wunder, dass Transformation bei solchen Gepflogenheiten erst mal zu übersetzen ist mit: Der Markt wird bereinigt. Aber seien Sie sicher: Das Wetter trägt nicht die Schuld, wenn da und dort die Entwertungsspirale in die Insolvenz führt. Es ist das Verkennen von Chancen, die diese Transformation mit sich bringt. Konsumenten wollen verstanden werden (So alt werde ich nie, ab Seite 084), wollen ihre moderne Lebensart auch im Handel widergespiegelt finden. Was wird der Handel werden (Der Handel morgen, ab Seite 110)? Ein großes, facettenreiches Thema. Nehmen Sie sich Zeit, stellen Sie sich die richtigen Fragen! Wie immer natürlich: Viel Vergnügen beim Lesen, Ihr style in progress Team


PH. JACKIE NICKERSON

WOOLRICH WOOLEN MILL, PENNSYLVANIA, WARPING CREEL

WOOLRICH SINCE 1830 THE OLDEST OUTDOOR CLOTHING COMPANY

woolrich.eu


008 INHALT

006 EDITORIAL

Der Kunde im Zentrum

012 JETZT 046 FINDEN WIR GUT

THE LONGVIEW

060

060 „Ich weiß sofort, ob ein Teil ein Bestseller ist oder nicht.“ Anine Bing gilt als Ikone einer Mode mit neuer Taktung – wie diese in der Praxis funktioniert, erklärt sie im Interview mit style in progress.

SO LÄUFT’S TRANSFORMATION 068 Transformation Digitalisierung, Aufmerksamkeitsökonomie und Industrie 4.0 072 Mode ist mehr wert! Wie gibt man der Mode ihr Ansehen, ihre Stellung und vor allem ihren Wert zurück? Branchenprofis antworten 084 So alt werde ich nie Die alte Dame mit Handtasche und Hut ist Geschichte 088 Veränderung muss gelebt werden Walter Moser von Airfield im Gespräch mit Stephan Huber 090 Hausmacht Agenturen werden immer professioneller. Und unersetzbar? 096 Goodbye Sale Kampf dem Kampfpreis 090

102 Nicht für die Tonne Nachhaltigkeit für kühle Rechner 108 „Nur eine Kultur von Respekt schafft Wertigkeit“ Andreas Knezovic von FTC Cashmere über erfolgreiche Nachhaltigkeit 110 Der Handel von morgen Showrooming und Digitalisierung des PoS – was hinter den Zukunftsvisionen steckt 116 „Wir brauchen mehr Emotion“ Christian Mikunda sieht den stationären Handel unter Zugzwang 117 „Unsere Beratung ist etwas wert!“ Beat Zürcher hat in seinem Intersport-Laden Beratungs­ gebühren eingeführt 120 It’s Tech, Baby Zukunftsmusik in eins und null: Warum der Handel Digitalisierung braucht

102

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123 #Fashiontech – The Conference on the Future of Fashion Das Konferenzformat im Rahmen der Premium geht in die nächste Runde



010 INHALT

124 Zurück in die Zukunft Lorenzo Osti tritt in die großen Fußstapfen seines Vaters Massimo 126 Männerfreunde Carl Gross und CG Club of Gents mit ambitionierten Plänen 128 Ready for Take off PME Legend hat Deutschland fest im Visier 124

130 Surf on Windsurf-Legende Roberto Ricci auf Landgang 132 Der Quereinsteiger Manuel Forster und die perfekte Lederjacke 133 Mit Altbewährtem in neue Märkte Manila Grace interpretiert das Contemporary-Segment gänzlich eigenständig

MODE 134 Take me back Die Modetrends erinnern an glorreiche Zeiten

VOR ORT 146 Marais in Mitte April First/Berlin

130

148 Auf der Suche nach dem Besonderen Ralf’s Fine Garments/München 150 Neue Wege Fräulein Sonntag/Berlin 152 Lieber selber machen Thomas i Punkt/Hamburg 154 Richtige Richtung Maat/Leipzig 156 Neuer Auftritt Roy/Sylt 158 Im Wandel die Chance Reyer/Hallein 159 Auf ganz großem Fuß Jelmoli/Zürich

006 EDITORIAL 160 EDITOR’S LETTER

Klasse statt Masse 152

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160 IMPRESSUM



jetzt

012

Loafer im Fransenlook aus weichem Velourleder von Espadrij l’originale.

Espadrij l’originale Leder für den Sommer Größtenteils hergestellt in den letzen verbliebenen Manufakturen in den französischen Pyrenäen, werden die Schuhe von Espadrij l’originale in traditioneller Fertigungsweise und in der ursprünglichen Qualität produziert. Für die Frühjahr-/Sommer-Kollektion 2017 erweitert Espadrij l’originale seine Cuir-Kollektion um neue Styles aus spanischem Rindsleder. Ein Key-Piece der Kollektion bildet der Loafer Versaille – eine Kombination aus Espadrilles, Loafer und Mokassin. Alle Cuir-Modelle sind aus hochwertigem Glatt- oder Velour-Leder gefertigt und mit einer robusten Jutesohle ausgestattet, die mit wasserabweisendem Naturkautschuk beschichtet ist. Neben den drei klassischen Ledermodellen Cuir, Velour und Cap, der Plateausandalette Nice 9 mit Keilabsatz, die unter dem Namen Cannes auch als geschlossene Version erhältlich ist, gibt es zudem offene und geschlossene Sandalen mit flachen Sohlen und filigraner Schnürung. Die EK-Preise reichen von zwölf bis 31 Euro und liegen im VK zwischen 29,95 und 99,95 Euro. Ebenfalls neu ist die Basttasche Palm Basket mit Lederhenkel, die an klassische Markttaschen, wie man sie aus dem Südfrankreich-Urlaub kennt, erinnert. Zu sehen sind die neuen Modelle in Berlin auf der Seek und auf der Panorama in der Nova Hall. www.espadrij.com, www.panorama-distribution.com

Die Linie Lab Pal Zileri steht für junge, stilsichere Menswear aus dem Hause Pal Zileri.

Lab Pal Zileri Neuer Drive Mit der Frühjahr/-Sommer-Saison hat die Agentur Aco Deutschland mit der Linie Lab Pal Zileri einen prominenten Neuzugang zu verzeichnen. Seit 1980 steht der Name Pal Zileri für hochwertige HAKA aus Italien, gegründet von Gianfranco Barizza und Aronne Miola und ehemals im Besitz der Gruppo Forall in Quinto Vicentino. Seit zwei Jahren gibt es mit dem staatlichen Fonds Mayhoola aus dem Scheichtum Katar, gleichzeitig Mehrheitseigner des Modehauses Valentino, einen neuen Inhaber und eine damit verbundene Neustrukturierung im Unternehmen. So hat auch die jüngere und günstigere Linie Lab Pal Zileri eine deutlich modischere Ausprägung. Die Passformen der Menswear sind körperbetont, die Farbwelt ist gedeckt. Preislich liegen die Anzüge im VK zwischen 499 und 699 Euro, Hemden zwischen 89 und 129 Euro bei einer Kalkulation von 2,8. Mäntel, Jacken und Strick ergänzen die Kollektion, die von Aco Deutschland im deutschen und österreichischen Markt vertrieben wird. www.acomode.de, www.palzileri.com

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Schott NYC Bombastische Entwicklung „Mit der US-Traditionsmarke Schott NYC blicken wir in Deutschland auf ein überdurchschnittlich gutes erstes Quartal 2016 und auf eine insgesamt sehr erfolgreiche Entwicklung in den letzten fünf Jahren zurück. Ein Grund dafür ist die Bomberjacke, die für bombastische Umsätze

sorgt“, erklärt Mark Grütters, Inhaber der Agentur Fashion Factory und zuständig für den Vertrieb von Schott NYC auf dem deutschen Markt. Die Kollektion wird zum Sommer 2017 weiter ausgebaut. Es wird neue Modelle und Farbvarianten der Fliegerjacke geben, die Details der Jacken werden aufgewertet und speziell für den deutschen Markt werden eigene Modelle entwickelt. Kunden können inzwischen aus sechs Lieferterminen pro Jahr wählen. Modelle mit großen Stickereien auf dem Rücken oder Vintage-Patches sorgen für einen frischen Look und spielen eine ebenso große Rolle in der kommenden Saison wie Innenfutter mit Flower- und Grafikdrucken. Für die Damen gibt es zudem eine komplett neue modische Version der Bomberjacke mit extrem breitem Taillenbund. Mit dem Modell Suka Jacket wird bei den Damen erstmalig eine feminine, softe und glänzende Satin-Jacke eingeführt. Viele Bomber-Styles sind bei Damen und Herren zukünftig auch in leichter, stückgefärbter und gewaschener Baumwolle erhältlich. „Ziel ist es, langfristig zu den Top Fünf der Jackenmarken im deutschsprachigen Raum zu gehören. Dazu müssen wir an jedem Punkt des Markenauf- und -ausbaus hochkonzentriert arbeiten. Der Wettbewerb ist hart, aber die Voraussetzungen für Schott NYC sind extrem gut“, sagt Grütters. www. schottnyc.com, www.ffbymg.com

Neu bei Schott NYC: Bomberjacke als Bi-Colour-Variante.


duvetica.it


014 jetzt

Stetson Europe Streetart für den Vogelschutz Gemeinsam mit den Machern des New Yorker Kunstprojektes Audubon Mural und der Gitler &_____ Gallery aus Harlem hat der Stetson-Europe-Anbieter Friedrich W. Schneider seine Kampagne und Teile der Frühjahr-/Sommer-Kollektion 2017 umgesetzt. Im Mittelpunkt stehen durch den Klimawandel bedrohte, nordamerikanische Vogelarten, die von sieben ausgewählten Künstlern als riesige Wandbilder auf Hauswände oder Fensterrollos in den New Yorker Stadtteilen Hamilton und Washington Heights gemalt wurden. Die National Audubon Society bewahrt das Vermächtnis des bedeutenden amerikanischen Künstlers und wegweisenden Ornithologen John James Audubon, der selbst in der dortigen Nachbarschaft lebte. Forschungen ergaben, dass fast die Hälfte aller dort heimischen Vogelarten bis 2080 durch die globale Erwärmung in ihrer Existenz bedroht sein könnten. „Die Künstler stellen auf ihren Bildern 314 vom Klimawandel bedrohte Vögel aus dem Audubon-Bericht von 2014 dar und wecken so die öffentliche Aufmerksamkeit für dieses wichtige Thema. Das passt exzellent zu unseren Vorstellungen der Umweltherausforderungen modernen Lebens und der Verantwortung für die zukünftigen Generationen“, erklärt FWS-Geschäftsführer Klaus Kirschner und fügt hinzu: „Außerdem trägt es dazu bei, Manhattan zu verschönern, Anziehungspunkte für Touristen und New Yorker zu schaffen, und ist ein frischer und unerwarteter Weg, auf ein enorm wichtiges Umwelt- und Naturschutzproblem aufmerksam zu machen.“ Mit durchdachten und überdauernden Styles, fern von schnellen Trends und absichtslosem Konsum, propagiert FWS seit Jahrzehnten einen authentischen Lebensstil. Mit der Kollektion, die in Kooperation mit dem Audubon Mural Project entstanden ist, will Stetson Europe das Bewusstsein für die Natur im Alltag weiter voranbringen, um natürliche Ökosysteme zum Wohle der Vögel und der Menschen zu erhalten und wiederherzustellen. „Mit unseren Designs ziehen wir den Hut vor denen, die vor mehr als 100 Jahren den Grundstein für eine besondere Arbeit für ihre Mitmenschen und ihrer Umwelt gelegt haben: John B. Stetson und John James Audubon. Für deren Ziele stehen viele Menschen noch heute mit Begeisterung und Überzeugung ein“, so Kirschner. www.stetson-europe.com, www.audubonmuralproject.org Streetart-Künstler Andre Trenier modelt für die neue Frühjahr-/Sommer-Kampagne 2017 von Stetson.

Essentiel Antwerp Musterschüler im ContemporarySegment Nichts ist authentischer als Gründer, die die besten Testimonials für ihr eigenes Label sind – und das ist bei Essentiel aus Antwerpen genau der Fall. Das belgische Paar Esfan Eghtessadi, Sohn der Designerin Nicole Cadine, und Inge Onsea haben ihr Familienunternehmen 1999 mit ein paar T-Shirts im eigenen Wohnzimmer gestartet und anfänglich noch jedes Teil persönlich verkauft. Aus den T-Shirts sind sukzessiv Damenkollektionen geworden. 2004 wurde auf Männermode ausgeweitet und mittlerweile ist Essentiel zu einer internationalen Marke mit Millionenumsatz und neun Kollektionen im Jahr für Männer und Frauen geworden. Dabei verkörpert das Paar genau das, was die Marke sein soll: jung, attraktiv, modern, erfolgreich – und das mit zwei Kindern. Auch der Name ist Programm: Die Bekleidungs- und Beachwearlinien zeichnen sich durch klassische Teile aus, die mit verspielten, floralen Prints und bunten Farbkombinationen aufgefrischt werden, basic gleichzeitig essenziell für jeden Kleiderschrank. Über die Jahre haben Eghtessadi und Onsea für die Marke, die im mittleren Premiumsegment angesiedelt ist, ein Distributionsnetzwerk aufgeInternational erfolgreich: Essentiel Antwerp.

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baut, das auf verschiedenen Kanälen erfolgreich ist. Gérald Didnik, Commercial Director, ist überzeugt: „Essentiel ist eine Con­temporaryMarke, die sowohl in einer vertikalen als auch in einer Händlerstruktur erfolgreich ist, weil sie die richtige Kombination zwischen guter Qualität, eigener Designhandschrift und gutem Preis-Leistungs-Verhältnis ist, was vor allem in einem Markt wie Deutschland wichtig ist.“ Neben dem eigenen Onlineshop gibt es über 40 Monobrandstores, unter anderem in Belgien, Frankreich, Großbritannien, Korea und den Vereinigten Arabischen Emiraten, die neben den USA und Russland zu den größten Wachstumsmärkten der letzten Jahre gehören. Unter den 800 Händlern weltweit sind Namen wie Harvey Nichols, Galeries Lafayette und Printemps. Und auch Europa soll noch mehr Essentiel werden: Um in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu expandieren, wurde 2015 in Düsseldorf ein permanenter Showroom eröffnet. Bisher gehören zum Beispiel Anita Hass in Hamburg, das Modehaus Fischer in Konstanz und Bungalow in Stuttgart zu den deutschen Händlern – mit dem neuen Showroom soll es so weitergehen. Auch in Paris wurde ein neuer Showroom eröffnet, bald folgt der erste niederländische Flagshipstore in Amsterdam. So weit kann man es vom eigenen Wohnzimmer aus bringen, wenn richtige Strategie und Design dahinterstecken. www.essentiel-antwerp.com



016 jetzt

Mit dem Motorrad durch die Steppe der Mongolei: Meindl produziert seine Fotoaufnahmen in authentischer Kulisse.

Meindl Abenteuer Mongolei Endlose Weiten, Tage und Nächte ununterbrochen draußen an der frischen Luft verbringen und Abends am Lagerfeuer unter dem sternenklaren Himmel die Stille genießen. All das bietet Christian Müller, Co-Founder der Reiseagentur Nomadic Off-Road gemeinsam mit seinen beiden mongolischen Partnern. Seit 2015 organisieren und führen sie sechstägige Abenteuertrips durch die Wüste Gobi, zur Statue des Mongolenherrschers Dschingis Khan oder dem Khuvsgul See. Von der Hauptstadt Ulan-Bator geht es direkt nach der Ankunft in ein Gear Camp, um sich mit den Motorrädern der österreichischen Marke KTM vertraut zu machen. Ein bisschen Erfahrung abseits der Straße ist schon erforderlich, um die 1.200 Kilometer lange Tour über Schotterpisten und Sandstraßen unbeschadet zu überstehen. In Gruppen bis zu acht Leuten kann man dann das ultimative Gefühl von Freiheit im wahrsten Sinne des Wortes erfahren, wie Christian Müller verspricht. Um Land und Leute richtig kennen zu lernen wird in traditionellen Jurten-Camps geschlafen. Für eine Woche Offroad-Spaß, bei dem man stundenlang in der wilden Steppe niemandem begegnet, zahlt man inklusive Verpflegung, Treibstoff und Motorrädern 2.500 Euro bei eigener Anreise. Der Lederjackenspezialist Meindl unterstützte die Abenteurer als Sponsor ihres großangelgten Werbeclips und

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produzierte im gleichen Atemzug gleich selbst einen Film, der auf der Website zu sehen ist, und Fotos für die neuen Teile seiner Kollektion. „Die Jacken von Meindl sind so einzigartig wie die Mongolei“, sagt Christian Müller und freut sich in Meindl einen begeisterten Partner für sein Unterfangen gefunden zu haben. Markus Meindl, Geschäftsführer der Meindl Bekleidung GmbH & Co. KG fügt hinzu: „Die Mongolei ist das Land, welches mich begeistert und seit Jahren fasziniert – die Menschen, das Licht und die Weite. Es ist ein Traum von mir, dort zu jagen, zu reiten und das Land mit dem Motorrad zu bereisen.“ www.nomadicoffroad.mn, www.meindl-fashions.de



018 jetzt

Alpha Tauri Der Stier ist los Dass der Energydrinkhersteller seit geraumer Zeit an einem textilen Abbild seiner Marke arbeitet, ist nicht neu: Erst gemeinsam mit Drykorn, stets unter der stilistischen Federführung von Tanja Gündling, die für das Herzensprojekt ihre Multilabelstores in der Salzburger Getreidegasse in eine Red Bull World umgewandelt hat. Im Mai dann der leise Schlag auf die Pauke, neues Schild an bewährter Adresse: Alpha Tauri heißt die Marke, die Red Bull in dem eigens umgestalteten Store lanciert. Wer Merchandising mit springenden Bullen darauf sucht, wird enttäuscht: Alpha Tauri ist eine Kollektion mit eigener Handschrift und dem Anspruch, die Welt von Red Bull in zeitgemäße Bekleidung zu übersetzen. Das gelingt mit viel Funktion in den Stoffen, einer reduzierten Formensprache und urbanen Designs. Wie vieles aus dem Hause Red Bull darf das Projekt langsam seine Flügel entfalten: Erst mal testen, im Herbst will General Manager Ahmet Mercan die Pläne konkretisieren, heißt es von Red Bull. www.alphatauri.com

Alpha Tauri ist der hellste Stern in der Sternenkonstellation Stier – und die neue Bekleidungskollektion für Damen und Herren von Red Bull.

Dielmann Übernommen

Der erste Monobrandstore von Quantum Courage in Lyon, betrieben von einer begeisterten Kundin.

Quantum Courage Erster Flag­ shipstore Mit großen Schritten geht die Erfolgsgeschichte von Quantum Courage voran: Am 18. April 2016 eröffnete die deutsch-französische Marke ihren ersten Flagshipstore im Zentrum von Lyon. Der Store in bester Lage befindet sich in unmittelbarer Nähe zum berühmten Place de Jacobin im zweiten Arrondissement in der Rue Jean Fabre. Die große Eröffnungsfeier ist für Anfang September geplant. Das Design des 50 Quadratmeter großen Ladens ist sehr edel und schlicht gehalten und spiegelt die Philosophie und Markenidentität wieder. Um die Exklusivität der Marke zu betonen, werden

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Ein „in Schieflage geratenes Traditionsunternehmen“ hat die Darmstädter Dielmann-Gruppe im Mai übernommen. Schuh Mengin mit Filialen in Erlangen, Regensburg und Ansbach – der Name wird weitergeführt – ergänzt damit die bestehenden 45 Filialen der Gruppe von Dielmann und Sport Hübner. Von den ehemals zwölf Filialen hatte Mengin vorher die Schließung von acht Standorten bekannt gegeben. Synergien sind für die profitable Fortführung der vier übernommenen Filialen auf dem Plan: Die zentralen Aufgaben und die Logistik werden bei der Dielmann-Gruppe in Darmstadt gebündelt. Markus Dielmann: „Von den Standorten, für die es uns gelungen ist, ein tragfähiges Konzept zu erarbeiten, sind wir überzeugt und werden dort ein modernes und zukunftssicheres Schuhandelskonzept umsetzen.“ www.dielmann.de

ausschließlich limitierte Produkte der Damenkollektion und die neue Handtaschenlinie vertrieben, in deren Mittelpunkt die Clutches mit den beliebten Städteprints stehen. Betrieben wird der Shop von einer langjährigen Geschäftspartnerin und Befürworterin von Quantum Courage, die das Label in ihrer eigenen Boutique seit fünf Saisons erfolgreich verkauft. Im Zuge der Internationalisierung wird Quantum Courage künftig in UK von M&L Harris Agencies in London, in Spanien und Portugal von Imexfa in Madrid und in den Benelux-Ländern von Sonoho in Antwerpen vertreten und arbeitet für die Expansion in Norddeutschland in Zukunft mit der Aco Modeagentur aus Düsseldorf zusammen. www.quantumcourage.com

Vier von zwölf Filialen von Schuh Mengin konnten durch die Übernahme gerettet werden – neuer Eigentümer ist die Dielmann-Gruppe.



020 jetzt

Frankie Morello Hallo Deutschland Es gibt diese Kollektionen, bei denen man sich wundert: Warum reüssieren die eigentlich bislang nicht auf dem deutschsprachigen Markt? Frankie Morello ist so eine. Gegründet 1999 von den beiden Designern Maurizio Modica und Pierfrancesco Gigliotti, haben die beiden eine Kollektion mit sehr eigenständiger Handschrift entwickelt. Die Vita beider Designer lässt sich bis heute in den Entwürfen ablesen: Maurizio Modica arbeitete erst als Tänzer, Choreograf, Bühnenbildner und Kostümdesigner, ehe er durch die Arbeit für Alessi das Design für sich entdeckte. Pierfrancesco Gigliotti ist Absolvent des Politecnico in Mailand und beschäftigte sich bereits in seiner Abschlussarbeit mit dem Anzug als Architektur des Körpers. Er arbeitete in Stockholm, New York und Tokio, ehe es ihn zurück nach Mailand verschlug. Seit jeher bricht die Kollektion Konventionen, starke Designelemente garantieren den Wiedererkennungswert. Seit 2004 gibt es neben der Herrenkollektion auch eine Damenlinie, 2006 kam unter dem Titel Sexywear eine Unterwäsche-, Beach- und Homekollektion hinzu. Seit 2010 wird das Accessoiresegment stark ausgebaut, von der Socke bis zum Modeschmuck. Auch an Kinder wird gedacht: Frankie Morello Toy heißt die Kollektion, die von neun Monaten bis 14 Jahre kleidet. Damit nicht genug modische Frühförderung: Beide Designer haben Lehrstühle an den Modeschulen Istituto Marangoni und Domus Academy. Beeindruckend ist die Maison Frankie Morello im Zentrum von Mailand, die auf 1.000 Quadratmetern nicht nur Press und Styling Office, sondern auch einen öffentlichen Ausstellungsraum beinhaltet. In Mailand gibt es auch einen Flagshipstore, der als Vorbild der Stores dient, die im Zuge der Expansion an Orten wie Dubai

Erfolgsgeschichte: die Sneakers von P448.

eröffnet werden. Bestandteil der Internationalisierungsstrategie ist, dass Frankie Morello jetzt mit der Agentur D-tails von Patrick Coppolecchia-Reinartz einen würdigen Botschafter seiner Marke in Deutschland und Österreich bestellt hat. Nur eine der expansiven Entwicklungen, seit die Marke gekauft wurde – der neue Eigentümer tritt an, den guten Ruf, den die Marke am Heimatmarkt genießt, auch in den Export zu tragen. Ein Event auf der Nova Concept in Berlin, bei dem die Marke als Sponsor auftritt, markiert den Anfang. „Die Kollektion ist sehr edgy und ausdrucksstark, das passt gut zum aktuellen Trend im Contemporary-Segment“, ist Patrick Coppolecchia-Reinartz überzeugt. Der durchschnittliche EK von 130 Euro definiert die Nische, die Frankie Morello besetzten will, genau: als preislicher Unterbau der Designerkollektionen. www.frankiemorello.it

Angela Ammaturo ist Teilhaberin des Familienfonds FMM, der 49 Prozent der Marke Frankie Morello hält.

Unverkennbar: Frankie Morello.

P448 Expansion in Europa Das italienische Label für Designersneakers P448 bietet Modelle wie Running, Skate, Slip-on und Tennissneakers in exklusiven Materialkombinationen aus Vollleder, Rauleder, Mesh sowie Canvas mit poppigen oder knallbunten Mustern und Schriftzügen. „Wir sind sehr zufrieden mit der Entwicklung. In der letzten Saison war das Lager vollständig ausverkauft. Zahlreiche Kunden haben schon früh einen Termin für die kommende Saison vereinbart“, freut sich Stefan Wittmann, Inhaber der Agentur Stefan Wittman GmbH, und fügt hinzu: „Aufgrund der guten Nachfrage expandiert P448 nun unter unserer Leitung nach Polen, Tschechien, in die

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Welche Pläne gibt es für die D-A-CH-Region? Aktuell haben diese Länder einen Anteil von sieben Prozent an unserem Umsatz, was wir in einem Jahr auf 15 Prozent steigern wollen. Dieses Ziel unterstützen wir mit Marketingund Kommunikationsmaßnamen, die wir in der kommenden Saison lancieren werden. Wie trägt man Frankie Morellos Ansehen in die Welt? Frankie Morello genießt international eine hohe Bekanntheit, besonders in Osteuropa, dem Mittleren und Fernen Osten. Schon jetzt haben wir 60 Prozent Exportanteil. Wir werden verschiedene Partnerschaften im Ausland schließen, um in den wichtigsten internationalen Städten Monobrandstores zu eröffnen. Was hat sich verändert, seit Ihre FMM Gruppe 2014 ins Unternehmen eingestiegen ist? Wir haben alle Lizenzen und Kompetenzen ins Unternehmen geholt. Vom Design über Marketing und Sales bis zur Produktionssteuerung. Teams aus Spezialisten kümmern sich um die jeweiligen Belange. Gerade aktuell arbeiten wir an der Bekleidungskollektionen für Damen, Herren und Kinder, die Saison danach wollen wir verschiedene Accessoirekategorien inkludieren. Auf den Punkt gebracht: Wir arbeiten am organisatorischen Äquivalent zu unseren Wachstums­plänen.

Slowakei, nach Irland und Großbritannien.“ Als Distributeur für Deutschland und die neuen Exportmärkte ist die Agentur Stefan Wittmann aus Düsseldorf, für den Vertrieb in Österreich die Agentur Collectionen Christian Teufl zuständig. Die Kollektion beinhaltet rund 70 Styles für Frauen und Männer zu VK-Preisen von 159 bis 199 Euro bei einer 2,7er-Kalkulation, dazu keine Mindestabnahmen und keine Lots. In Deutschland sind Kaiser in Freiburg, Görtz in Hamburg, Berlin und Frankfurt, Konen in München und Conley’s bereits Kunde. In Österreich wird P448 u. a. von Kastner & Öhler und Ennsmann verkauft. Zu sehen ist P448 auf der White in Mailand, der Premium in Berlin, der Pure in London, der GDS in Düsseldorf und der Premium Order in München. www.p448.it


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022 jetzt

Colmar Originals unterstreicht seinen modischen Anspruch mit einer Capsule-Kollektion in Zusammenarbeit mit Vogue Talents Italia.

Es wird maskuliner bei FTC Cashmere: Nachdem die Herrenkollektion zuletzt unter anderem mit Ausweitung des sportlicheren Segments ausgebaut wurde, wird konsequenterweise auch der Vertrieb der Herrenlinie verstärkt. In Süddeutschland wird der Vertrieb durch Christian Rott von der CR Handelsagentur übernommen. In Zukunft wird die Herrenkollektion, die in den letzten Saisons kontinuierlich gewachsen ist, gemeinsam mit der Damenkollektion im Showroom von Andreas Saam in der Prinzregentenstraße in München zu sehen sein. Seit November 2015 liegt mit der eigenen Spinnerei neben der eigenen Fabrik in der chinesischen Provinz Hebei nun auch der gesamte Fertigungsprozess in Firmenhand. Weiterhin soll die Zusammenarbeit mit den Key-Accounts durch regelmäßige Produktschulungen und individuelle Kooperationen intensiviert werden, um die Qualität auf der gesamten Linie zu gewährleisten. www.ftc-cashmere.com, www.cr-handelsagentur.com, www.andreas-saam.de

Colmar Rebranding Sport, Stil, Technik und Innovation sind die Grundpfeiler, die die Marke Colmar aus Italien für sich als ihre DNA definiert. Das gilt sowohl für die sportliche Bekleidungslinie mit Ski-, Golf- und Activewear sowie die urban-lifestylige Kollektion Colmar Originals, die 2009 ins Leben gerufen wurde. Ab der Herbst-/Winter-Kollektion 2016 gibt es auch ein neues modernisiertes Logo, das die Dynamik, Eleganz und Innovation der Marke ebenso wie seine History ausdrücken soll. Ebenso wurde für die Skiwear ein Skianzug, zwei Jacken, Funktionsunterwäsche und ein Poloshirt aus dem Material Graphene entwickelt, das auf Carbon basiert und wie ein Filter zwischen dem Körper und der Umwelt fungiert, beispielsweise um die Temperatur für den Träger zu optimieren. Auch in puncto Mode setzt Colmar Originals auf Innovation. So wurde jetzt gemeinsam mit Vogue Talents Italia die Capsule-Kollektion The Future Generation für Herbst/Winter 2016 entwickelt, die die Heritage der 1923 gegründeten Marke mit der Kreativität junger Designtalente verbindet. Die hochwertige Capsule-Kollektion für Männer und Frauen ist vollständig in Italien entstanden und steht einmal mehr für den modischen Anspruch der Marke. Insgesamt stehen die Zeichen des Unternehmens aus Monza auf Wachstum. Colmar wird im Geschäftsjahr 2016 voraussichtlich seinen Umsatz auf 100 Millionen Euro und damit um zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr steigern, mit weltweit etwa 1.500 Kunden. Im deutschen Markt wuchs der Umsatz von 2015 auf 2016 um 60 Prozent, in Frankreich um 19 und in Holland um 31 Prozent. In Deutschland verkaufen 310 Händler Colmar und Colmar Originals. Im österreichischen Markt ist die Agentur CCT Collectionen von Christian Teufl

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FTC Cashmere Weiter auf Wachstumskurs

American Vintage Athleisure

für den Vertrieb zuständig, mit aktuell 70 Premiumkunden. Neu hinzugekommen ist jetzt der Vertrieb der Golflinie, für die Teufl ein eigenes Verkaufsteam mit Sportfachkenntnissen aufgestellt hat – und sich damit noch stärker mit der Brand aus Italien committet. www.colmar.it

Ab September wird eine neue Sportlinie von American Vintage erhältlich sein, die den aktuellen Athleisure-Trend auf den Punkt trifft. Die kompakte Damenkollektion besteht aus wenigen Styles in verschiedenen Farben. Technische Materialien sind bei Sport-BHs, Windbreakern, Shirts, Leggings und Track Pants selbstredend. Hervorzuheben ist die Verarbeitung mit glatten Nähten, sodass beim Sport nichts scheuert. Dass die Kollektionsteile auch außerhalb des Fitnessstudios gute Figur machen, ist selbstverständlich. „Es sind echte Hybridprodukte, die eine aktive, sportliche Frau zu vielen Gelegenheiten kombinieren kann“, heißt es von Seiten des Unternehmens. Die Kollektion ist zum EK von 17 bis 35 Euro erhältlich, sie wird zunächst in den eigenen Stores angeboten. Ende Juni eröffnete American Vintage in München seinen vierten eigenen Store in Deutschland. In der Sendlinger

Straße wird auf 46 Quadratmetern die gesamte Kollektion für Damen und Herren gezeigt. www.americanvintage-store.com

Schnell und wendig: American Vintage reagiert mit einer Sportkollektion auf den Activeweartrend.



024 jetzt

Stone Island Kooperation mit Dormeuil

Zalando Nächste Puzzleteile: Tradebyte und Amaze Nachdem der Berliner Onlinehändler bereits im letzten Jahr in effizientere Logistik, Kundendialog (Kauf der Bread & Butter) und Tech-Infrastruktur (u. a. Akquisition von 20 Prozent von Anatwine, die Software zur Integration von Marken im Onlinenetzwerk bieten) investiert hat, geht es fleißig weiter auf Expansionskurs. Im Jahr 2016 sollen insgesamt 200 Millionen Euro in erweiterte Logistik, IT-Infrastruktur und Customer Experience investiert werden, Mergers & Acquisitions exklusive. Zu den nicht bezifferten M&As gehören die 100-prozentige Übernahme von Tradebyte und des Start-ups Amaze. Der deutsche IT-Dienstleister Tradebyte stellt Software her, mit der Onlinehändler ihren Shop zum Marktplatz erweitern können. Der Ankauf von Tradebyte ist ein weiterer Baustein in Zalandos Plattformstrategie. Diese sieht Partnerprogramme zur Integration von Marken und Einzelhändlern in die E-Commerce-Plattform vor. Laut Unternehmen waren zum Ende des ersten Quartals 2016 150 Partner an dem Programm beteiligt, darunter Marken wie Adidas und Superdry sowie ausgewählte Einzelhändler. Amaze ist eine Lifestyle-App, die weiblichen Usern Outfits präsentiert, die sie per Swipe positiv oder negativ bewerten können, während im Hintergrund ein Algorithmus den Geschmack der Kundin erfasst. Outfits können direkt per App nachgekauft werden. Damit erweitert Zalando sein Styling-Netzwerk, nachdem 2015 bereits die kuratierte Shopping-Plattform Zalon lanciert wurde. www.zalando.de

Gemeinsame Sache: Dormeuil und Stone Island haben zusammen ein Wollmischgewebe entwickelt.

Das italienische Sportswearlabel Stone Island bringt für Herbst/Winter 2016/17 in Kooperation mit Dormeuil, seit 1842 eine der weltweit renommiertesten Wollmanufakturen aus Großbritannien, eine Kapuzenjacke mit House-Check-Muster auf den Markt. Erstmalig wurde dazu die extrem hochwertige Wolle von Dormeuil mit Nylon-Metal-Gewebe mit einem metallisch-schillernden Look entwickelt von Stone Island gemischt. Die metallischchangierende Optik des Nylons entsteht durch die besondere trilobale Struktur der Nylonfäden, den grauen Schussfäden sowie den ungefärbten Kettfäden. Die spezielle Rezeptur für eine Zweifachfärbung verleiht der Jacke eine unvergleichlich tiefe Färbung mit intensiven Farbtönen. Die komplexe Stoffstruktur aus Shetland-Wolle und Nylon entstand auf einem historischen Webstuhl am Firmensitz von Dormeuil im nordenglischen Huddersfield. Die Kompass­rose von Stone Island haben die Weber in das Design des Karomusters integriert. Das Muster ist doppelt gewebt und dadurch auch auf der Rückseite sichtbar, um das Sternmotiv des Kompasses noch ein weiteres Mal zu betonen. Die wasserabweisende und atmungsaktive Jacke ist mit ultraleichter Primaloft-Wärmedämmung gefüttert und abgesteppt. www.stoneisland.com

Die textilgewordene Sehnsucht nach den Bergen: Luis Trenker.

Luis Trenker Neuer Showroom in München Einen repräsentativen eigenen Showroom in München zu haben, war Michi Klemeras ewiger Traum. Zur Verkaufssaison Sommer 2017 erfüllt er sich diesen. Die bayerische Landeshauptstadt steht nicht umsonst im Fokus, ist doch Süddeutschland nach Österreich der wichtigste Exportmarkt der Bozener Lifestylemarke. Neben den Showrooms in München und Salzburg präsentiert sich die Marke auf der Premium und der Tracht & Country. In der Kollektion gibt es zahlreiche neue Ansätze, 316 style in progress

was die für die Marke typische Verbindung von Tradition und Funktion betrifft. Besonders der Jackenbereich zeigt sich erstarkt, viele Modelle punkten als Hybride zwischen kerniger Optik und High-Tech-Tragekomfort. Im Sommer liegt ein besonderer Fokus auf Funktionsparkas, die mit ihrer Wollfütterung die Lightweight-Daune ablösen. Die erfolgreichen Luis Trenker Sneakers werden auch im Sommer fortgeführt, exquisite Materialkombinationen sind ihr Markenzeichen. Außerdem finden zahlreiche Materialien aus der Textilkollektion in den Sneakers Verwendung – was solo getragen oder in Kombination mit dem passenden Kollektionsteil einen echten Blickfang gibt. www.luistrenker.com



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Superga Neue Sportlinie Die Schuhe der italienischen Marke Superga zählen zu den Abverkaufsrennern der letzten Saisons. Egal, ob in reinem Weiß oder in einer der unzähligen Varianten von Metallic über Leder bis hin zu Ausführungen Neues Modell: Tennisprofi Adriano Panatta ist Markenbotschafter und Namensgeber für den neuen Herrenschuh von Superga. mit Plattformsohle – sie alle passen gleichermaßen zu Culotte, Hotpants, Marc Kofler, Inhaber der Adventure Fashion Agency und zuständig für den Skinny Jeans, Chinos oder Bermuda-Shorts. War bisher der größere Vertrieb in Deutschland, erklärt: „Die Entwicklung von Superga ist sehr Teil der Fans der legeren Leinenschuhe weiblich, soll sich der Anteil positiv in Deutschland. Wir sind mit der Marke gut im Handel vertreten, männlicher Anhänger der Marke aus Turin künftig deutlich steigern. was jedoch noch ausbaufähig ist. Die Popularität der Marke ist bei der herDazu beitragen dürfte die neue Sportlinie, die von dem historischen anwachsenden Generation schon sehr gut positioniert und die Bekanntheit Schwalbenschwanz-Logo aus den 1970er-Jahren inspiriert ist und der Marke steigt weiterhin. Im Handelsumfeld sind wir zurzeit recht beliebt, Anfang Juni vom ehemaligen italienischen Tennisprofi Adriano Panatta was uns natürlich sehr freut. Wir werden dies nun mit weiteren Kommuniim Conceptstore Le BHV Marais in Paris ausgewählten Journalisten kationsmaßnahmen stützen und den Erfolg ausbauen. Auch die Kollektion präsentiert wurde. 40 Jahre nach seinem grandiosen Sieg der French Open in Paris im Jahre 1976 und dem Mannschaftssieg des Daviscup in entwickelt sich weiter, so sind wir neben dem Klassiker 2750 auch mit dem Modell Volleyball schon sehr gut vertreten. Weiterhin konzentrieren wir uns Chile, stellte Panatta der Presse das neuaufgelegte Modell vor, in dem vermehrt auf den Männermarkt. Mit dem Modell Superga Panatta Sport seer damals seine Tennisturniere spielte. Das Modell mit dem unverkennhen wir sehr gute Chancen.“ Superga ist eine Marke der BasicNet SpA mit baren Schwalbenschwanz-Logo in Form von aufgesetzten Seitenstreifen verfügt über griffige Sohlen aus Naturkautschuk und eine verstärkte Sitz in Turin, zu der auch die Marken Kappa, Jesus Jeans, Lanzera, K-Way, Zehenkappe aus Gummi. Robe di Kappa, AnziBesson und Sabelt gehören. www.superga.com

Lucky de Luca Nur nicht neidisch werden

Drykorn setzt auf schnelle Mode – und bietet dem Handel größere Flexibilität bei der Order.

Drykorn Weekly Fashion Update

Man könnte ja meinen: Der Valentino, das ist ein echter Glückspilz. Reist an die schönsten Orte Italiens, zuletzt Tropea, um seine Kollektion zu fotografieren, immer mit einem Lächeln auf den Lippen, immer mit dieser unverkennbaren Entspanntheit. Ein schnelles Selfie auf der Motorjacht – und dann heißt es wieder arbeiten, arbeiten, arbeiten. „Das schaut vielleicht einfach aus, aber es ist ein harter Weg, den ich gehe. Man darf niemals müde sein, niemals aufhören, besser sein zu wollen. Und es braucht unglaublich viel Mut, in Zeiten wie diesen nicht umzufallen. Andere Marken bieten dir Rücknahmegarantien? Dann musst du eben da kaufen, das sage ich den Kunden ganz offen. Ich will, dass die Händler meine Marken kaufen, weil sie wissen, dass sie die verkaufen, nicht, weil sie sie zurückgeben können.“ Ob Lucky de Luca, Barb’one oder Heritage Stitch, mit seinen Kollektionen punktet Valentino de Luca im unabhängigen, individuellen Fachhandel. „Eine Kette, die mich erst feiert und dann verramscht, das interessiert mich gar nicht.“ Seine Kunden wissen und schätzen genau das. „Diese ewig gleichen Sortimente, die animieren doch niemand zum Kaufen. Es braucht Mode, die Leidenschaft spüren lässt.“ www.luckydeluca.com

Erstmals zu dieser Ordersaison bietet Drykorn als Ergänzung der klassischen Order wöchentlich neue Modeprogramme in der laufenden Saison an – und reagiert damit flexibel auf Trends, die sich ganz kurzfristig herausbilden. „Wir orientieren uns hier an der vertikalen Geschwindigkeit, die es in dieser Form in unserem Segment bisher nicht gibt“, erklärt Drykorn-Geschäftsführer Marco Götz. „Damit wollen wir dem Handel ermöglichen, auf der Fläche noch flexibler agieren zu können.“ So richten sich die Weekly Fashion Updates auch ganz gezielt an den Fachhandel, der vorab per Newsletter über das innerhalb von sechs Wochen entwickelte Programm informiert wird und die Ware über die B2B-Plattform beziehen kann. Erste Tests liefen laut Marco Götz bereits sehr erfolgreich. Für Frühjahr-Sommer 2017 machen enge Stretch-Tee-Shirts und Bodys den Anfang, ebenso wie Kurzarmstrick und Rollis, gefolgt von Tees und Bodys, die das Wäschethema aufgreifen, bis hin zu dem Hotseller-Programm mit den besten Teilen der Saison. www.drykorn.com Italienische Stoffe, eigenständiges Design: Lucky de Luca ist unverkennbar.

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PREMIUM INTERNATIONAL FASHION TRADE SHOW June 28 – 30 2016 House of JOOP! Atelier I Luckenwalder Str. 4 – 6 10963 Berlin


jetzt agen turen

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Room with a view Wie neu starten „Es fühlt sich an, wie vor 15 Jahren, als wir gerade gestartet sind“, sagt Christian Obojes und meint damit nicht den Wegfall von Peuterey – nach immerhin 13 Jahren. „Es herrscht Aufbruchsstimmung, wir mussten im Portfolio viel überdenken und haben neue, frische Marken dazubekommen.“ Die Neuzugänge machen deutlich, dass die Positionierung der Agentur weniger spitz ist als zuletzt: Better Rich wechselte in die Betreuung durch Room with a view. ,,AOS Articles of Society ist ein neues, unverbrauchtes Denimlabel mit hochwertigen Styles – entwickelt von einem angesehenen Experten – zu Preislagen von 99 bis 149 Euro VK. Dazu Annabel Ingall, eine Taschenmarke, die ihre hippen Styles in 40 Farben präsentiert. „Sehr zufrieden sind wir auch mit der Entwicklung von RRD, die wir im Winter last minute aufgenommen haben. Die Marke ist in Italien ein Shootingstar im hochwertigen Handel mit allen Topkunden, die man sich nur wünschen kann.“ Ein weiteres Label, Laidback London, handgemachte Sandalen aus Mombasa, bestärken Christian Obojes und sein Team in ihrer nachhaltigen Ausrichtung. „Die handwerkliche Herstellung in Afrika schafft unzählige Jobs vor Ort, dazu werden mit den Erträgen des Labels Bildungsprogramme unterstützt.“ Labels: 7 for all Mankind, Annabel Ingall, AOS, Better Rich, Ecoalf, Hanky Panky, Laidback London, Opportuno, Philo-Sofie, Pomandere, Pyrenex, R13, Roque Ilaria Nistri, RRD, Stand, Warm-Me Room with a view, Salzburg/Österreich, office@roomwithaview.at, www.roomwithaview.at

Des petits hauts, ein Klassiker der Hinterhof­ agentur.

Die Hinterhof­ agentur Visionen für Sortimente „Wir glauben fest daran, dass der unabhängige Facheinzelhandel in dieser schwierigen Zeit die perfekte Möglichkeit der Profilierung hat“, so Dominik Meuer, Inhaber der Hinterhofagentur. „Aber es braucht Mut und Visionen in den Sortimenten, um die Kunden abzuholen. Viele Endkonsumenten sind derzeit einfach überfrachtet, durch all das Angebot im Internet, durch die vertikalen Formate, durch den eigenen Retail der Marken. Diese Dichte an Informationen und Angeboten führt oft zu Orientierungslosigkeit. Das kann der gute, informierte Händler vor Ort zu seinem Vorteil verwandeln, wenn er dem Kunden ein individuelles, eigenständiges Angebot macht, das so eben nicht identisch in anderen Läden zu finden ist.“ Dazu braucht es innovative und trotzdem kommerziell umsetzbare Kollektionen. Da hat sich die Hinterhofagentur zur neuen Verkaufsrunde noch einmal verstärkt. Nicht nur in der HAKA, dem historischen Schwerpunkt in der Agentur, sondern auch in der DOB, die dank Julia Meuers Engagement auf einen Umsatzanteil von gut 40 Prozent gewachsen ist. „Wir haben besonders nach Kollektionen mit einem nachvollziehbaren Preis gesucht – und das in der französischen Denim- und Hosenkollektion Lab Dip aus Paris sowie in dem neapolitanischen Hemdenlabel Portofiori gefunden.“ Labels: 0039 Men, BOB, Breco’s, Cape Horn, Des petits hauts, Koike, Lab Dip, My Bro Tie, Portofiori, Re.Ve 77, Sophie, Stramici, Wool & Co Die Hinterhofagentur, München/Deutschland, d.meuer@diehinterhofagentur.de, www.diehinterhofagentur.de

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Neuer Look im Salzburger Office.

Matthias Schwarte Frequenz und Umsatz Das Label AT.P.CO ist neu in der Agentur von Matthias Schwarte, eine Komplettkollektion aus Italien für Herren und Damen mit einer Kalkulation von mindestens 3,0. Die Hosen, Jeans und Chinos kosten im VK zwischen 90 und 150 Euro, Sakkos liegen zwischen 190 und 290 Euro. „Im Heimatmarkt Italien funktioniert die Kollektion sehr gut als Unterbau des Designsegments, wo sie in den Premiumgeschäften für entsprechende Frequenz und Umsatz sorgt“, sagt Matthias Schwarte. „Nun wollen wir den Erfolgskurs für die Märkte Deutschland und Österreich weiterverfolgen.“ Die Kollektion People of

Shibuya hat die Münchner Agentur seit zwei Saisons. „Die Outdoorjacken überzeugen mit minimalistischem Design; im Winter hat die Kollektion grandios eingeschlagen“, so Matthias Schwarte. Parajumpers präsentiert als Capsule die Kegen Collection, eine Fusion von Sport, Mode und technisch inspirierten Elementen. Ein dreilagig laminierter Ripstop mit Nylonoberfläche und Polyester als Rückseite sorgt gemeinsam mit den geklebten Nähten dafür, dass die Jacken für Männer und Frauen wasserfest sind. Die große Farbpalette reicht von Acid Green bis Geranium Pink. Labels: A Fish named Fred, AT.P.CO, Daniele Fiesoli, Fil Noir, Jet Set, Lodenfrey 1842, Manifattura, Parajumpers, People of Shibuya, P.G., Siviglia, Sundek, Wunderfell Agentur Schwarte, München/Deutschland, office@agentur-schwarte.de, www.agentur-schwarte.de


FTC CASHMERE SHOWROOMS DEUTSCHLAND, ÖSTERREICH, SCHWEIZ Rather Strasse 49c Mark Seebach Modeagentur Rote Halle Mariendorfer Damm 1-3 40476 Düsseldorf, Deutschland 12099 Berlin, Deutschland T +49 211 484 691 20 T +49 30 767 665 13

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Room Nine Agency Modische Rainwear

Neu im Portfolio der Heritage Agents: 04651/.

Ab sofort hat Torsten Müller von der Room Nine Agency das Label Rainfest aus Amsterdam neu am Start: modische Rainwear für Damen mit voller Funktion, dank wasserdichtem Material und verklebten Nähten. Neben Blousons und Jacken aus klassischen Chemiefasern gibt es auch wasserdichte Woll-Trenchcoats. Die Preise liegen zwischen 100 und 399 Euro im VK. Womsh heißt eine neue Sneakerkollektion aus Padua, Italien mit butterweichen Ledersneakern, die dank Frotteefütterung ohne Socken tragbar sind, zum VK von 159 Euro. Kangaroos legt mit seiner Linie Kangaroos made in Germany Klassiker aus den 1980er-Jahren wieder auf, eine kleine Kollektion für Männer zum VK von 199 Euro, handgefertigt in Deutschland und ab August lieferbar. Last but not least hat Torsten Müller mit C.P. Company eine weitere prominente Marke für Deutschland in seinem Portfolio. „Die letzten drei Saisons waren äußerst erfolgreich“, so Torsten Müller. „Jetzt bringt Designer Paul Harvey eine Capsule-Kollektion auf den Markt, die auf Konfektion setzt und beispielsweise Sakkos in den für C.P. Company typischen technischen Materialien neu interpretiert. Das ist neu und gibt es so noch nicht am Markt.“ Die Capsule-Kollektion ergänzt die deutlich gewachsene Hauptkollektion, die in drei frühe Liefertermine von vor Weihnachten bis Anfang Februar aufgeteilt wird. Labels: Blake Seven, C.P. Company, Deyk Pants, Flip Flop, Kangaroos made in Germany, Pajar Canada, Rainfest Rain Couture, Womsh Sneaker Room Nine Fashion Agency, Düsseldorf/Deutschland, torsten.mueller@roomnineagency.de, www.roomnineagency.de

Heritage Agents Drei neue Die klare Fokussierung auf gehobene Menswear ist gesetzt, der Großteil der Marken im Portfolio ebenso. „Wir könnten in diesem Bereich jeden Tag eine neue Marke aufnehmen“, scherzt Malte Kötteritz und meint: „Es ist einfach wirklich viel Gutes auf dem Markt, über den Pitti zu laufen, ist unglaublich inspirierend.“ Doch an eine neue Kollektion stellen er und Partner Michael Brockmann berechtigt hohe Ansprüche. „Die Marken müssen von Anfang an den Service bieten können, den sich unsere Fokuskunden erwarten.“ Drei neue Namen haben diese Anforderungen zur neuen Verkaufssaison erfüllt: 04651/, eine Sportswearkollektion für Männer, Rainfest ist neu in der Room Nine Agency, mit Regenjacken, die mit Friesennerzen wenig gemein haben.

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Coats Milano, Herrenmäntel, und Jan Mayen, eine Jackenlinie für den Mann. „Wir müssen für die Marken, die wir aufnehmen, brennen. Wir fühlen uns ja immer als ein Teil dieses Markenprojekts – nur so können wir auch den Handelskunden dafür gewinnen.“ Labels: 04651/, Andrea Zori, Coats Milano, Jan Mayen, Lardini, Mey Story, PT01, PT05, Xacus Heritage Agents, München/Deutschland, T 0049.89.32668063, info@heritage-agents.com, www.heritage-agents.com


Paris

Copenhagen

DĂźsseldorf

Munich

Madrid

London

Antwerp


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MAB Mode­agentur Benabou Wachstum

Aco Modeagentur Deutschland Der Fokus heißt Produkt Marciano Los Angeles heißt die hochwertige Linie aus dem Hause Guess, die sich komplett neu positioniert. „Mit einer ‚Two Seasons Relaunch‘-Strategie wird die Mode der Brand dem Zeitgeist angepasst und der Markenauftritt neu definiert“, erklärt Geschäftsführer Michael Schulz. Die Anfangspreislagen sind im Markenumfeld von Contemporary Brands wie zum Beispiel Pinko, Patrizia Pepe und Twin Set angesiedelt. Ice Play heißt eine junge modische Kollektion von Iceberg, eine sportive Linie für Männer und Frauen, die in Kooperation mit Jean-Charles de Castelbajac auf den Markt kommt. Der Launch soll zur Frühjahr-/Sommer-Saison 2017 in Kooperation mit bekannten internationalen Bloggern erfolgen. Auch die Marke Just Cavalli, die sich jetzt moderner, jünger und mit überarbeiteter Preisstruktur präsentiert gehört zum Portfolio. In seinem neu kreierten Bereich Product stellt Michael Schulz gezielt Produkte wie die Tasche, die Hose oder die Jacke in den Vordergrund. Neue Namen sind hier beispielsweise Purotatto und White Sand. „Wir wollen gerade in diesem Bereich Research verstärken, um unseren Kunden neue Produkte mit sehr guter Marge anbieten zu können“, so Schulz. Darüber hinaus setzt Aco Deutschland weiterhin auf Kompetenz in punkto High End und Advanced Contemporary in der Womenswear sowie auf eine klare Sortimentsgestaltung in der Menswear. Labels: Anneclaire, Any di, Chalet Affair, Concept: Product The Shirt, Dsquared Underwear, Ebony & Ivory, Fracomina, Fusalp, Geospirit, Hydrogen, Iceberg, Ice Play, Just Cavalli, Lab Pal Zileri, Marciano L. A., Moschino Underwear, Parosh, Peuterey, Pinko, Purotatto, Ora Cashmere, Seventy, Superjeans of Sweden, Stefano Mortari, Tara Jarmon, The Liquid Company, Versace Collection, Versace Underwear, Yves Salomon, Zegna Underwear Aco Modeagentur, Düsseldorf/Deutschland, info@acomode.de, www.acomode.de

Aco Deutschland setzt auf Kompetenz in High End und Advanced Contemporary – und auf einzelne Produkte mit Qualität und guter Marge.

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Paul & Joe feiert 20-jähriges Jubiläum, eine Marke aus dem Portfolio der Modeagentur Benabou.

Für die Düsseldorfer Modeagentur Benabou stehen die Zeichen auf Wachstum. „Wir haben für das US-Label Rachel Zoe jetzt den europaweiten Vertrieb exklusive Italien und UK übernommen und außerdem neu organisiert“, so Regis Benabou. „Weitere Brands aus unserem Agenturportfolio werden folgen.“ Des Weiteren feiert die Marke Paul & Joe in diesem Jahr ihr 20-jähriges Jubiläum. Zu diesem Anlass hat Designerin Sophie Mechaly 20 besondere Hemden mit Bezug auf die Wurzeln der Marke kreiert. Simplicity and Quality lautet das Credo von National Standard aus Frankreich mit luxuriösen, handwerklich gefertigten Sneakers, die zu VK-Preisen zwischen 189 und 269 Euro und einer Kalkulation von 2,6 angeboten werden. Im deutschsprachigen Markt hat die 2010 gegründete Marke 65 ausgewählte Verkaufspunkte, während im März der erste Flagshipstore in Paris eröffnet wurde. Für The Kooples ist die Modeagentur Benabou bereits seit Januar 2015 in Deutschland zuständig und übernimmt zur aktuellen Saison auch den Vertrieb für Österreich und die Schweiz. Neu ist von dieser Marke eine reine Denimlinie mit VK-Preisen von 155 bis 185 Euro. Labels: 3.1 Phillip Lim, Ba&sh, BLK DNM, Jimmy Choo Textile Accessoires, Kenzo Men Shoes, Mackage, National Standard, Opening Ceremony, Paul & Joe, Paul & Joe Sister, Proenza Schouler, Rachel Zoe, The Kooples, The Kooples Sport, The Kooples Jeans MAB Modeagentur Benabou, Düsseldorf/Deutschland, dirkhellfeuer@mab-fashion.com, www.mab-fashion.com

Aco Österreich Statement Dynamisch, easy to wear, urban. Die Komplettlinie Trussardi Jeans für Männer und Frauen ist ein wichtiges Element der Agentur Aco Österreich. Grund genug für Rudolf Kail, mit einem neuen Trussardi-Bag-Store am Trattnerhof in Wien ein weiteres Statement für die Marke zu setzen. „Der Trussardi-Bag-Store in Wien wird ein Meilenstein sowohl für Trussardi Jeans in Österreich als auch für uns als Agentur sein“, so der Geschäftsführer von Aco Österreich. „Die neuesten Kollektionen werden in einer mondänen Umgebung in einer der in der Modebranche am schnellsten wachsenden Städte präsentiert werden. Lassen Sie sich überraschen!“ Die Eröffnung ist im Juli geplant. Neu bei Aco, wie auch bei der Partneragentur Aco in Deutschland, ist die Linie Marciano Los Angeles aus dem Hause Guess, die ihren Markenauftritt aktuell neu definiert. Des Weiteren beansprucht die Agentur mit Sitz in Salzburg und Wien eine führende Position für den Vertrieb exklusiver Damen- und Herrenmode in Österreich und möchte diese Stellung sukzessive ausbauen. Ebenso betreut die Agentur den osteuropäischen Markt bis an die Grenzen von Weißrussland und der Ukraine im Osten und Griechenland im Süden. Dazu baut Kail auf Partneragenturen im Ausland. „Das Wichtigste in unserer Branche ist, neben dem Gespür für Mode, der

Trussardi gehört zu den erfolgreichen Labels der Agentur Aco Österreich. Im Juli eröffnet Geschäftsführer Rudolf Kail einen eigenen Store für Trussardi-Taschen in Wien.

persönliche Kontakt zu den Kunden, um Trends zu erkennen, bevor sie der Markt erkennt“, betont Rudolf Kail, dem ein partnerschaftliches Verhältnis zu seinen Kunden und Vertriebspartnern besonders wichtig ist. Labels: Allegri, Atos Lombardini, By Paprika, Garage Nouveau, Gas, Geospirit, Just Cavalli, Lost in Albion, Maliparmi, Marciano, Napapijri, Ora Cashmere, Pinko, Riani, Steffen Schraut, Trussardi Jeans, Versace Collection, Versace Jeans Aco Modeagentur Österreich, Salzburg/Österreich, salzburg@acomode.at, www.acomode.at


jetzt agenturen 033

Feinste Materialien und besondere Dessins sind die Merkmale der Herrenhemden von Bevilacqua, neu bei Komet und Helden.

Komet und Helden Der Zeitpunkt zählt Zur aktuellen Saison hat die Agentur Komet und Helden einige Neuigkeiten im Gepäck. Darunter Bevilacqua, eine Herrenhemdenkollektion aus Italien, die besonderes Augenmerk auf traditionelle Fertigung, feinste Materialien mit softem Griff und besondere Dessins legt. J.W. Brine, eine hochwertige italienische Hosenkollektion mit lässiger Eleganz, ist ebenfalls neu. Genauso wie Sweater, Hosen und Shirts von Happiness, designt in Los Angeles und gefertigt in Italien, die sechsmal jährlich erscheinen. „Wir setzen mit unseren Marken vor allem auf einen veränderten Rhythmus“, so Geschäftsführer Henrik Soller. „Starke Marken mit Volumen wie AG, 7 for all Mankind, Save the Duck und erstmals auch Woolrich bieten einen Vierer-Rhythmus

mit Pre- und Holiday-Kollektionen an, um die Ware länger im Originalpreisbereich am Markt zu halten. Mit der Kollektion Timothy Everest haben wir zudem ein Concession-Modell entwickelt, über das wir ausgesuchten Händlern ein hochwertiges NOS-Programm anbieten.“ Europaweit soll dieses Modell nur maximal 26 Handelspartnern offenstehen. „Ein Testlauf in unserem eigenen Store Stereo/Muc hat uns überzeugt, dass Exklusivität bei Contemporary Fashion im gehobenen Preissegment funktioniert.“ Neu gelauncht wurde jetzt auch der Onlineshop www.stereo-muc.de, um das Flair des Stores von Florian Ranft und Henrik Soller über München hinaus zu transportieren. Labels: 7 for all Mankind, AG, Baracuta, Bevilacqua, Blauer USA, Bowery, Diemme, Distorted People, Gilded Age, Gino-B, Happiness, Hartford, June 7.2, J.W. Brine, Ottod’Ame, Paltò, Save the Duck, The Nim, Timothy Everest, Woolrich Komet und Helden GmbH, München/Deutschland, muenchen@kometundhelden.de, www.kometundhelden.de

Colorful Trade Aufbauarbeit

Catwalk Junkie aus Amsterdam setzt auf softe T-Shirts in erschwinglichen Preislagen.

„Unser Ziel ist es, das mittlere bis gehobene Marktsegment immer besser zu bedienen“, sagt Colorful Trade Geschäftsführer Jörg Korfhage, der mit seiner Agentur den deutschen und österreichischen Markt im Visier hat. Dafür vertreibt die Agentur Catwalk Junkie aus Amsterdam, eine DOB-Kollektion mit soften T-Shirts in VK-Preislagen von 40 bis 50 Euro, die sich auf acht Liefertermine jährlich verteilen. Auch Anonyme Designers, eine Kleiderkollektion mit Dreierkalkulation, hat sich laut Korfhage hervorragend entwickelt. Koll3kt heißt eine kleine, aber feine Urban-Contemporary-Linie für Herren mit Fokus auf technischen Features, während MY F hauptsächlich natürliche Materialien einsetzt, für anspruchsvolle Frauen, die italienisches Produkt-Know-how schätzen. Alle Kollektionen werden im Münchner Showroom präsentiert. Mit Liu Jo und Koll3kt stellt die Agentur auf der Premium aus, während Anonyme Designers und Kultivate in der Area Nova Concept der Panorama gezeigt werden. Koll3kt ist darüber hinaus auch auf der Düsseldorfer Gallery präsent. Außerdem plant Colorful Trade einen eigenen Store in Mannheim, dessen Eröffnung für September geplant ist. Die Hauptkollektion heißt wie der Name des Stores Catwalk Junkie, um die sich weitere innovative DOB-Labels gruppieren werden. Labels: Anonyme Designers, Catwalk Junkie, Koll3kt, Kultivate, Liu Jo, MY F Colorful Trade GmbH, München/Deutschland, colors@colorfultrade.de, www.colorfultrade.de style in progress 316


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Agentur Toepfer Potenzial Ab der Sommersaison 2017 hat die Agentur Toepfer mit Semi Couture einen spannenden Neuzugang im Gepäck. „Wir sind sehr froh, auch das zweite Projekt der erfolgreichen Designerin Erika Cavallini für die D-A-CH-Region präsentieren zu dürfen“, sagt Udo Toepfer, Geschäftsführer der Düsseldorfer Agentur. „Wir glauben sehr an das große Potenzial von Semi Couture.“ Die Preise der Kollektion liegen etwa 30 Prozent unter den Preisen der Linie Erika Cavallini, mit einem Mark-up von 2,7. Zu den Klassikern im Portfolio der Agentur zählt Circolo 1901, die laut Toepfer in den letzten zwei Saisons ihren Umsatz aufgrund sehr guter Abverkäufe im Facheinzelhandel exorbitant steigern konnte. Auch das Hosenlabel Myths konnte sich in nur zwei Saisons bei 200 Einzelhändlern im Premiumsegment etablieren, darunter Donna in Hannover, Apropos in Köln, Braun in Hamburg, Fischer in Singen, Fidelio in Zürich und Reyer in Hallein. Neben anderen bereits gut im Markt eingeführten Kollektionen wird die Agentur auch diese Saison wieder mit weiteren Neuigkeiten aufwarten, die ausschließlich in den eigenen Räumen in Düsseldorf und München präsentiert werden. Labels: 8PM, Barena, Circolo 1901, Erika Cavallini Precollection, F Cashmere, Faliero Sarti, GMS 75, Holy Ghost, Kengstar, Lost in me, Myths, Semi Couture, Siyu, Smarteez, Via Masini 80, VSP Agentur Toepfer, Düsseldorf/Deutschland, Das Label Semi Couture von Erika Cavallini ist neu office@agentur-toepfer.com, bei Toepfer und wird von der Düsseldorfer Agentur im www.agentur-toepfer.com deutschsprachigen Markt vertrieben.

Ben and Ausgebaut Die Integration von Ben Sherman in die Agentur Ben and ist vollzogen. Als Lizenznehmer hat Ben and umfangreiche Aufgaben, für die man sich personell mit Vertriebsleiter Riccardo Meyer – viele werden den Namen noch aus vergangenen Ben Sherman Tagen kennen – verstärkt hat. Er hat 2005 bis 2009 Ben Sherman als General Manager Europe geleitet. Dazu zwei weitere Brand Manager, Christian Trimborn, auch er bis 2011 Key-Account-Manager Ben Sherman, und Jörn Freese. Im Backoffice kommen drei neue Mitarbeiter dazu, tätig für alle Labels.

Der Ben and Showroom in Düsseldorf.

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„Unser Servicegedanke verlangt nach dieser Erweiterung“, sagt Ben Botas, Inhaber der Agentur. Mit den ständigen Showrooms in Düsseldorf, Hamburg und München deckt Ben and die gesamte Bundesrepublik optimal ab. „Dieser Aspekt ist für Marken sehr wichtig, viele wollen einen Ansprechpartner für Deutschland, am liebsten für ganz D-A-CH. Das macht ja auch Sinn.“ Neu in dieser Saison bei Ben and ist das Accessoirelabel von Floerke. Labels: Ben Sherman, Bobi Los Angeles, Cervolante, Dstrezzed, iBlues, Manuel Ritz, Mason’s, Matinique, Nabholz, Sand Copenhagen, Refrigiwear, von Floerke Ben and, Düsseldorf/Hamburg/München, agency@ben-and.com, www.ben-and.com

Die Schuhmarke What for aus Frankreich ist neu im Portfolio von Deluxe Distribution.

Deluxe Distribution Zwei Neuzugänge Die Berliner Agentur Deluxe Distribution hat ab sofort den Deutschlandvertrieb für die Schuhmarke What for übernommen. Hergestellt werden die Frauenschuhe in den gleichen Produktionsstätten wie die Modelle von Alexander Wang, Michael Kors und Hermès, die VK-Preise hingegen liegen zwischen 135 und 180 Euro bei einer 2,6er-Kalkulation. Die vier Kollektionen im Jahr unterteilen sich in eine Pre- und eine Hauptlinie und beinhalten pro Saison rund 130 Modelle. Das Label wurde 2008 in Asien von der Stella Fashion Group gegründet, die sich seit 1982 auf die Produktion von Schuhen im Luxussegment spezialisiert hat. Neben zwei eigenen Stores in den Pariser Bezirken Marais und Saint Germain wird das Label bei über 500 Stores weltweit verkauft, 30 davon bereits in Deutschland. Gezeigt wird What for auf der Micam in Mailand und auf der GDS in Düsseldorf. Ebenfalls ist die italienische Sportswearmarke für Männer Nemen neu im Portfolio von Deluxe Distribution. Die Berliner Agentur wird in Deutschland und Österreich künftig als Distributeur für den Jackenspezialisten aus Mailand fungieren. Zu sehen ist Nemen auf dem Pitti Uomo in Florenz in der Arena Strozzi. Labels: Ben Sherman Footwear, Circle of Trust, Freddy, Kerbholz, Minimum, Minus, Nemen, Pete Sorensen, Skunkfunk, Smash, United Nude, WeSC, What for Deluxe Distribution, Berlin/Deutschland, info@deluxe-distribution.de, www.deluxe-distribution.de



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Brama Gallery Mr. Wu

D-tails Urban und handwerklich „Generell kann ich zwei große Strömungen ausmachen, Trends, nach denen Händler suchen. Das sind zum einen sehr urbane, edgy Designer mit Contemporary-Handschrift. Diese Welle kommt jetzt auch im Premiumsegment an und nun kann auch der Nicht-Avantgarde-Händler mit diesen Looks Geld verdienen“, sagt Patrick Coppolecchia-Reinartz, Inhaber der Agentur D-tails. „Die zweite große Bewegung ist nach wie vor Handwerklichkeit, also kleine Manufakturen, die irgendein Produkt besonders toll können. Diese Kollektionen müssen nicht zwingend immer aus Italien sein, auch in England, wo wir gerade waren, kann man wirklich schöne Produkte mit einer tollen Geschichte und Fertigungstradition finden.“ So ist ein Hoflieferant der Queen, Taschenhersteller Ettinger, ab sofort neu im Portfolio der Agentur. „Beim Trendthema Sneaker und sommerliche Businessschuhe Damen ist auch noch Platz für neue Labels, aber ganz klar, der EK muss stimmen. Unsere neue Marke Lorenzo Mari bringt coole Schuhe zu 50 bis 60 Euro EK.“ Generell ist sich Coppolecchia-Reinartz sicher, dass „die Zeit der großen Marken vorbei ist, das gilt für Premiumbrands genauso wie für Designerfashion. Weil diese Marken ihren Händlern gleich auf vier Kanälen Konkurrenz machen: Mit eigenem Retail, Outlets, bei großen Onlinehändlern und eigenem E-Commerce. Wenn eine Marke so breit distribuiert ist, muss man sie aus dem Sortiment nehmen.“ Labels: 81 Carati Collection, Alpha Studio, Borbonese, Bosideng, Bruno Parise, Clan Milano Sunglasses, Costume in, Essenti’ial, Ettinger, Fattori Shawls Como, Frankie Morello, GH Bass the loafer, Gherardini, Globetrotter, Graziani Jewels, Liverani, Lorenzo Mari, Lumberjack, Massimo Alba, Nanà, Pianura Studio, Pier Antonio Gaspari, Pollini, Riders on the Storm, Roberto P. Uomo, Wally Walker D-tails, München/Deutschland, info@d-tails.de, www.d-tails.de

Wertige Kollektionen lösen große Namen ab, ist sich Patrick Coppolecchia-Reinartz sicher.

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Grey Jason Wu ist der Neuzugang bei Brama Gallery.

Agentur Stefan Wittmann Drei neue Labels Der neueste Zugang im Portfolio der Düsseldorfer Agentur Stefan Wittmann ist das Label Fabienne Chapot. Als Generalagentur für Deutschland und Österreich begleitet Stefan Wittmann die Neuausrichtung der niederländischen Marke nach dem Rebranding. Gestartet als Schmuck- und Accessoiresmarke, wird es nun zum ersten Mal eine vollständige Kollektion mit Tops, Hemden, Kleidern, Jumpsuits, Shorts und Jacken zu VK-Preisen von 45 bis 199 Euro geben. Dazu Schuhe mit VK-Preisen von 79,95 bis 220 Euro und Taschen von 179 bis 299 Euro. Jährlich gibt es zwei Hauptund zwei Pre-Kollektionen sowie ein NOS-Programm. Gefertigt wird in Portugal und Marokko sowie in der eigenen Fabrik auf Bali. In Europa werden 500 Accounts bedient, zudem gibt es einen Flagship­ store in Amsterdam. Um den Service für die Kunden weiter zu verbessern, hat die Agentur Wittmann zwei neue Mitarbeiter fest eingestellt. Neben den gelisteten Marken ist die Agentur seit dieser Saison ganz neu für das deutsche Label Drakewood und die dazugehörige Damenlinie 7 Days Circus sowie die Marken Canadian Classics, Gardenia Copenhagen, Shoe Biz als Handelsagentur für die Gebiete Hes-

Jason Wus Zweitlinie Grey bei Brama Gallery – das ist die Sensationsmeldung, mit der Showroom­managerin Janine Knizia aufwarten kann. Moment mal: Die ersten Orders unter Brama wurden schon geschrieben. Zuständiger Showroom des Brama-Netzwerkes ist Paris, wo die Kollektion Grey Jason Wu ihr Zuhause gefunden hat. „Jason Wu selbst hat uns die Kollektion vorgestellt, es ist faszinierend, wie durchdacht die Linie ist und was hinter all den Produkten steckt“, berichtet Janine Knizia. Warum Grau? Es ist die Lieblingsfarbe des Designers. Die Zweitlinie ist reduzierter, basiclastiger, saisonlos. Jason Wu: „Ich fand, dass Platz für eine Schwesterkollektion ist, die sich an die Frau richtet, die eine schöne, zeitlose Garderobe sucht, die weder zu edgy noch zu süß ist.“ Internationale Referenzkunden sind Barneys und Bergdorf Goodman in New York. Die EK-Preislagen bewegen sich zwischen 130 und 450 Euro. Aktuell wird Jason Wu eine große Ehre zu Teil: Mit dem Pantone Color Institute hat der Designer eine eigene Farbe kreiert – dreimal dürfen Sie raten: Es ist Grau. Labels: Current/Elliott, Doma, Enza Costa, Equipment, Grey Jason Wu, Isapera, J Brand, James Perse, Mother, Norma Kamali Brama Gallery, Düsseldorf, München/ Deutschland, janine@bramagallery.de, www.bramagallery.de

sen, Rheinland-Pfalz, Saarland und NRW zuständig sowie für die PLZ-Gebiete 0 bis 5 für die Marke Daniele Fiesoli. Labels: Baronio, Charlie Joe, Daily’s Nothing Better, Daniele Fiesoli Shirts, Fabienne Chapot, I Love My Moment, La Fée Maraboutée, Litchi, Moment by Moment, P448, Project Foce, Silvian Heach, Ten117, Trevor’s Choice, Ylati, Wunderfell Agentur Stefan Wittmann, Düsseldorf/ Deutschland, T 0049.211.58589690, stefan.wittmann@agentur-wittmann.de, www.agentur-wittmann.de

Nach dem Rebranding von Fabienne Chapot gibt es von dieser nun auch eine Komplettkollektion.


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agenturen

Modeist Schwesternduo CCT Collectionen Christian Teufl Beste Adresse In Münchens Residenzstraße, direkt gegenüber von Louis Vuitton hat Christian Teufl zum 1. Mai einen neuen Luxusshowroom für Accessoires eröffnet. „Ich denke, wir sind die einzige Agentur, die an einem so exponierten Standort in der City einen Showroom eröffnen“, so Christian Teufl. „Die Handelskunden sind begeistert, zumal sie die Order mit einem Stadtbummel verbinden können.“ Im Münchner Showroom präsentiert Christian Teufl zum einen Furla aus Italien für den deutschen und österreichischen Markt. „Gerade mit den Taschen und Schuhen haben wir den Umsatz im letzten Geschäftsjahr enorm steigern können, und das mit weniger Kunden, weil wir den Vertrieb noch selektiver ausgerichtet haben“, so Christian Teufl. Auch das Label SeeMe wird in München präsentiert, gegründet von der ehemaligen EU-Parlamentarierin Catherina Occhio, die für die in Tunesien gefertigten Halsketten Frauen beschäftigt, die Opfer häuslicher Gewalt waren. Für SeeMe haben diese Frauen die traditionellen tunesischen Schmuckhandwerkstechniken erlernt und können dank ihrer Arbeit ihre Familien ernähren. Die erlesenen SchmuckstüExklusive Kollektion, selekcke sind nur bei ausgesuchten Fachgeschäften erhältlich – dazu zählen Colette und Luisa Via Roma tiver Vertrieb: Das Label Furla gehört zum Portfolio – und sollen nun auch den deutschen Fachhandel der Agentur CCT Collecerobern. tionen. In seinem Showroom in Salzburgs Vierthalerstraße präsentiert Teufl zusätzlich Marken wie Colmar und FTC Cashmere für Österreich. Neu dabei ist die Golfkollektion von Colmar, für die Teufl ein neues Verkaufsteam mit Sportfachkenntnissen aufgestellt hat. „Colmar entwickelt sich zu einem besonders beliebten Label, das mit Verkaufspreisen von beispielsweise 245 bis 350 Euro für Sommerdaune auch erschwinglich ist“, sagt Christian Teufl. Neu im Portfolio ist Peuterey als klassische Kollektion und preislicher Überbau zu Colmar. Dazu kommen 0039 Italy und 120% Lino, ebenso wie die Marke American Vintage, die als Pronto-Linie die Herbst-/Winter-Saison 2016 präsentiert. „Wir haben grundsätzlich unsere Mitarbeiter in der Agentur aufgestockt und schwimmen damit gegen den allgemeinen Strom“, sagt Christian Teufl. „So erzielen wir gute Ergebnisse in einem schwierigen Markt.“ Labels: 0039 Italy, 120% Lino, American Vintage, Colmar Originals, Colmar Active & Ski, FTC Cashmere, Marlino, Manila Grace, P448, Peuterey, Post&Co, SeeMe, Twin Set by Simona Barbieri, undici dieci CCT Collectionen Christian Teufl, Salzburg/Österreich und München/Deutschland, office@teufl.cc, www.teufl.cc

Neu im Portfolio von Fashion Factory und Panorama: die Hemdenmarke Portuguese Flannel.

Auf der kommenden Premium in Berlin präsentiert die Münchner Agentur Modeist gleich zwei neue Linien der Marlino GmbH, die miteinander „verwandt“ sind: die feminine Blusen- und Kleiderkollektion von Silk Sisters steht für einen cleanen Easy-Chic und relaxte Schnitte aus elastischer Seide und Baumwoll-Stretch. Und die Kollektion Sisters of Jersey mit T-Shirts und Sweatshirts in entspannten Schnitten und hochwertiger 50/1 Baumwolle mit extra softem Griff. Passend zu dieser spannenden Premiere und zum Start in die nächste Saison stellt Marion Hoferer noch einige weitere Neuigkeiten vor: Aus dem kleinen, konzentrierten Hosenprogramm Dolores...but you can call me Lolita, das die Agenturinhaberin erst im letzten Jahr launchte, hat sich über die Saisons hinweg schnell eine stimmige Hosenkollektion mit 35 Modellen in ausgefallenen Qualitäten von Silk Satin bis hin zu Techno Jersey entwickelt. Der nächste Liefertermin steht für November 2016 an. Bei VK-Preisen von 149 bis 199 Euro liefert die Marke über ihr permanentes NOS-Programm flexibel aus. Auch bei Another Bag gibt es Neues: Die kommende Kollektion hat fünf verschiedene Themen, „denn der Markt fordert im Moment alles, von femininen, cleanen bis nach wie vor lässigen und gewaschenen Ledern mit übergroßen Zippern“, sagt Marion Hoferer. In den Shoppern, Weekendern, Rucksäcken und Clutches (VK-Hauptpreislage: 249 Euro) wird es einen kleinen Handspiegel geben, ganz nach dem Motto Spieglein, Spieglein ... Labels: Alessandra Bi, Another Bag, B. Belt, Blaumax, Dolores, Kobo, Montgomery, Musthaves by Montgomery, Sassi Cara, Silk Sisters, Sisters of Jersey, Wannahaves by Montgomery Modeist GmbH, München und Düsseldorf/Deutschland, info@b-kleidung.com, www.modeist.com Neuzugang bei Modeist ist Silk Sisters, eine von zwei neuen Linien der Marlino GmbH.

Fashion Factory by Mark Grütters/ Panorama Europe Focus auf Brand-Building Seit sechs Jahren arbeiten Felix Staeudinger und Mark Grütters an ihrem Konzept mit dem richtigen Mix aus Vertrieb, Marketing, Public Relations und Service nachhaltige Brands mit Geschichte, Tradition und Relevanz am Markt auf- und auszubauen. „In Zeiten des totalen Umbruchs in der Branche und einem schwierigen Marktumfeld hat diese Strategie bewiesen, dass es für Nischen und Marken, die mit speziellen Klassikern auftrumpfen, immer einen Platz im Markt und damit auch eine Begehrlichkeit der Marke beim Konsumenten gibt“, erklärt Mark Grütters von Fashion Factory. Was bei Espadrij l­’originale als einfaches Modell in fünf Farben begann, hat sich bis heute zu einer kompletten Schuhkollektion mit zahlreichen Modellen in über 50 Farbstellungen und einem umfangreichen Lagerprogramm entwickelt. Ähnlich verhält es sich mit der Marke Schott NYC, die 2010 mit acht Kunden in Deutschland gestartet war und heute bei 140 Händlern im deutschsprachigen Markt vertreten ist. „Ein ebensolches Kultpotenzial haben die Marken Penfield, Rivieras, Menil, Paraboot und Portuguese Flannel, unser neues Hemdenlabel. Es ist eine Frage von Zeit, Geduld, Energie und des einhergehenden Zeitgeistes, wann und wo diese Marken den Relaunch im deutschsprachigen Raum schaffen und sich als Klassiker wieder langfristig etablieren werden“, sagt Grütters. Labels: Espadrij l’originale, Grundens, Menil, Paraboots, Penfield, Portuguese Flannel, Rivieras, Schott NYC Fashion Factory by Mark Grütters, Düsseldorf/Deutschland, contact@ffbymg.com www.ffbymg.com Panorama Europe GmbH, Düsseldorf/Deutschland, mail@panorama-europe.eu, www.panorama-europe.eu

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Panorama Berlin „Messen sind für den Austausch unerlässlich!“ Unsere Branche ist in einem tiefgreifenden Wandel begriffen. Wo sehen Sie diese Transformation in Bezug auf das Tool Messe? Gerade jetzt, in Zeiten des massiven Wandels sind Messen unerlässlich, da sie Kommunikation und Austausch bieten. Wir wollen Antworten auf die Fragen des Marktes finden und bieten der Branche eine attraktive Plattform, die dem Besucher Inspiration liefert. Des Weiteren liefern unsere Lectures fundierte Informationen zu diversen Trendthemen und bilden gemeinsam mit Panorama Digital ein einmaliges Tool, um alle ausstellenden Brands darzustellen. Wie geht es mit dem neuen Nova Concept weiter? Nova Concept ist und bleibt das Trendlabor der Panorama Berlin. Hier wollen wir neben richtungsweisender Mode besonders das Thema Lifestyle bzw. Non-Textiles fokussieren und damit verschiedene Themen zusammenbringen. Ganz nach dem Prinzip eines Wimmelbildes wollen wir hier emotionalisieren und inspirieren – Stöberlust erzeugen. Wird sich die Panorama Berlin stärker in Richtung Premiumsegment entwickeln – oder ist es nicht schon an sich ein großer Erfolg, die Messe für die modische Mitte zu sein? Ganz richtig, die Panorama Berlin ist ein großer Erfolg! Das Wort Premium ist für uns lediglich Labeling oder eher Marketing. Unser Antrieb sind Produkte, Ideen, Tendenzen und die Auseinandersetzung mit dem Handel. Relevant ist unsere Vision von Mode und die heißt eindeutig Zeitgeist. Was gibt es noch Neues zur Panorama Berlin? Wir werden eine ganze Reihe Neuerungen präsentieren. Als erstes haben wir alle Kernsegmente in den Hallen 1 bis 6 neu strukturiert. Mit MA!N zeigen wir erstmals eine reine Männerhalle. Neben einer neuen Halle nur für Accessoires haben wir uns außerdem wieder vergrößert und präsentieren mit Hipstar erstmals eine eigene Halle für Übergrößen-Kollektionen. Auch unseren Schuhbereich haben wir signifikant vergrößert und zeigen erstmals auch Catwalk-Shows. 28. bis 30. Juni 2016, www.panorama-berlin.com

Panorama Berlin Geschäftsführer Jörg Wichmann beantwortet Fragen zur Panorama Berlin.

Show & Order Umsatzbringer Ein echtes Statement: Zur Frühjahr/-Sommers-Saison 2017 baut die Show & Order mit einer neuen 4.000 Quadratmeter großen Fläche das Segment Accessoires weiter aus. So wird in Ergänzung zur Ready-to-wear ein spannender Mix aus Brands gezeigt, der ebenso informieren wie inspirieren soll; mit Umsatzbringern wie Schmuck, Taschen und Schuhen, die von Cosmetics, Büchern, Art und Interieur ergänzt werden. „Als Antwort auf die große Nachfrage von Schuhausstellern entsteht das neue zeitgemäße Konzept The Shoe-Gallery, das wir gemeinsam mit Branchenspezialist Thomas Aichin­ger entwickelt haben“,

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so Show &Order Geschäftsführerin Verena Malta. Der frühe Messestart ist auch für die kommende Veranstaltung im Kraftwerk Berlin-Mitte gesetzt; so beginnt die Show & Order erneut am Montag, um den Besuchern einen entspannten Start der Berliner Modewoche zu ermöglichen. Special Event: Am 28. Juni findet für die Endverbraucher von 19 bis 23 Uhr die Shopping Night der Show & Order statt, mit Livemusik, Food und Drinks. 27. bis 29. Juni 2016, www.showandorder.com

Die Show & Order baut den Bereich Accessoires mit einer 4.000 Quadratmeter großen Fläche aus.



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Gallery Neues Segment: Streetstyle Auf dem Areal Böhler wird zu den vier bestehenden Segmenten Agencies, Contemporary, Organic und Accessoires im Juli zum ersten Mal der Bereich Streetstyle in Kooperation mit Daisy Dee Rollocks von DD Productions im Alten Kesselhaus hinzukommen. „Wir arbeiten mit der Gallery daran, ein Fashionevent für Düsseldorf zu etablieren“, sagt Ulrike Kähler, Prokuristin sowie Project Director Gallery. Vor allem ein hochkarätiger Name hat sich für den Sommer angekündigt: die Marke Karl Lagerfeld wird die Ready-to-Wear-Kollektionen für Frauen und Männer auf der

Düsseldorfer Orderplattform zeigen. Außerdem werden DZZD und Maison Douze über die Salto Agency vertreten sein. Weitere Aussteller sind YTTF – Yesterday Today Tomorrow Footwear und CSP Shoewear & Clothing. In dem wachsenden Segment Organic Fair Trade Fashion stellen zur kommenden Ausgabe u. a. Frajorde, Steps of Spirit, Good Society, Haikure und People Tree der Designerin Safia Minney aus. Daneben bieten zahlreiche Agenturen wie D-tails, Agentur Norbert Klauser, die Hinterhofagentur, Moderaum Fischer, Fashion 22 Agency und die Agentur Gabi Heininger die Möglichkeit zur Order. In der benachbarten Alten Federnfabrik zeigt der Veranstalter Platform Fashion zahlreiche Fashion Shows von unterschiedlichen Designern. 22. bis 25. Juli 2016, www.gallery-duesseldorf.com

Munich Fabric Start Offensive Neuerungen In diesem Jahr feiert die Munich Fabric Start ihr 20-jähriges Bestehen. Zur nächsten Veranstaltung werden erstmals mehr als 1.000 internationale Anbieter mit rund 1.700 Kollektionen erwartet. Dies bedeutet Zuwachs in den drei Bereichen Fabrics, Additionals und Design Studios. Premiere feiert der neue Bereich Keyhouse, der als Innovativ- und Kreativforum dienen soll und zwischen Munich Fabric Start und Bluezone auf einer zusätzlichen Fläche von ca. 1.000 Quadratmeter platziert ist. Gezeigt werden dort die Umsetzung modernster Technologien, nachhaltige und innovative Textilien sowie zukunftsweisende Strömungen und Trends. „Mit dem Keyhouse haben wir im wahrsten Sinne des Wortes eine Schlüsselposition geschaffen, die Raum für neue Produkte und Segmente mit einem hohen Entwicklungspotenzial gibt. Innovative und progressive Anbieter haben hier die Möglichkeit, in einem exklusiven Umfeld und modernster Architektur ihre Ideen und Konzepte zu lancieren und einer breiten und qualifizierten Öffentlichkeit zugänglich zu machen“, erklärt Wolfgang Klinder, Managing Director der Munich Fabric Start. Zudem wird der Sektor Denim- und Sportswear aufgrund der starken Nachfrage um eine zusätzliche Halle erweitert. Dort wird eine Auswahl innovativer Denimentwicklungen mit dem Fokus auf Heritage, Sustainability und Innovation präsentiert. 30. August bis 1. September 2016, www.munichfabricstart.com

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Premium, Seek, Bright, #Fashion­tech Business 2 Community Das von der Premium und Seek gehostete Konferenzformat #Fashiontech findet zum vierten Mal im Kühlhaus der Station Berlin statt – diesmal auf zwei Etagen. Ziel der Konferenz ist es, die Branche über die neuesten Entwicklungen an der Schnittstelle von Mode und Technologie zu informieren. Modeexperten, Brancheninsider, Start-ups, Designer und globale Player diskutieren gemeinsam über Potenziale, Chancen und neue Businessmodelle. Der Besuch ist nach vorheriger Anmeldung kostenlos und verspricht ein erstklassiges Programm mit Themen und Projekten aus den Bereichen E-Commerce & Future of Retail, Wearables & Design und Digital Marketing & Communication. Ganz neu wird die [‚P :PI] STUDIO Area sein. Dieses von der südkoreanischen Popkultur inspirierte Format reflektiert Einflüsse aus Kunst, Musik, Mode und Film. Die Seek bietet in diesem Sommer 280 ausgewählte Marken aus den Segmenten Modern Menswear, Upper Streetwear, Elevated Sportswear, New Classics und Authentic Designer Collections. Neue Aussteller

sind u. a. Barleycorn, Rivieras, Grenfell, Lupe und W’LFG’NG, Impossible und Incase. Beim Bright x Seek Panel am Dienstag wird darüber diskutiert, wie Streetwear und Skateboarding die momentanen Fashiontrends beeinflussen und welche Macht Micro Brands haben. Der Sneaker Spot in Zusammenarbeit mit Ebay, Hikmet Sugoer und turnschuh.tv wird Sammlern aus der internationalen Sneakers Community als Marktplatz dienen. Eine Ausstellung der besonderen Art wird von Drago Publishing aus Rom kuratiert, mit dabei sind Fotokünstler wie Boogie, Estevan Oriol und Letizia Battaglia. Das langersehnte Sommer-Rahmenprogramm der Seek auf dem Arena Club Gelände, der Hoppetosse und dem Badeschiff lädt auch nach den regulären Öffnungszeiten zum gemeinsamen Feiern und Networken ein, wie zum Beispiel beim Seek Magazin Launch in Kooperation mit dem Blogzine CeeCee, beim Run & Rave mit Unterstützung der Runbase Berlin, bei der Bright Opening Party in der Else, dem Patta x 24kilates x Asics Bbq oder Seek & Bright x highsnobiety Party oder der Closing Party im Chalet. 28. bis 30. Juni 2016. www.premiumexhibitions.com, www.fashiontech.berlin, www.seekexhibitions.com, www.brighttradeshow.com


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GDS Impulse Neue Trends, neue Tagefolge. Die GDS präsentiert Ende Juli von Dienstag bis Donnerstag internationale Schuh- und Accessoirekollektionen, die auf die drei Lifestylewelten Highstreet, Studio und Pop Up aufgeteilt werden. So zeigt Highstreet Classic-, Young-Fashion- sowie sportliche und Comfort-Schuhmarken, während der Exklusivbereich Studio auf Marken wie Ash, Calvin Klein, Donna Carolina, van Bommel und Porsche setzt. Das Motto der Pop Up Area lautet urban und alternativ, mit individuellen Labels der Street- und Fashionszene. Kick-off-Event der Messe ist traditionell die GDS Studio Show mit den aktuellen Catwalktrends. Die GDS Trend Spots geben den Messebesuchern Anregungen für den PoS, wie die Schuhe und Accessoires mit Installationen visualisiert werden können. Dazu fokussieren die Trend Codes die modischen Must-Haves der Saison als Outfit, mit dem passenden Schuh als Ergänzung. Das FashionBloggerCafé geht bereits in die fünfte Runde: Auf der Blogger-Runway-Show zeigen Blogger ihre Fashionlooks, während bei dem FashionBloggerCafé Experten von Styleranking Fragen von Branchenvertretern zur optimalen Social-Media-Strategie beantworten. Parallel zur GDS findet die Private-Label-Show tag it! statt, eine Sourcing-Messe mit einer großen Bandbreite von Produkt- wie Preis- und Qualitätssegmenten. 26. bis 28. Juli 2016, www.gds-online.com

Die GDS zeigt sich mit drei Fashionsegmenten und optimierter Hallenstruktur, ergänzt von einem umfassenden Trendservice.

Der Berliner Mode Salon Made in Germany

Supreme Women&Men Mit voller Kraft voraus Sowohl die Veranstaltung im B1 Haus an der Kaiserswerther Straße in Düsseldorf als auch die Ordermesse im MTC World of Fashion in München sind vollständig ausgebucht. „Mit der Supreme Women&Men Munich erweitern wir das bereits im Februar lancierte, neue Konzept von Lifestyleartikeln, die in der Halle 5 eine eigene größere Area erhalten. Dort finden die Einkäufer alles, was die Sinne bewegt und dem Handel neue Impulse gibt“, erklärt Aline Schade, Geschäftsleitung von der Munich Fashion Company GmbH. „Wir konzentrieren uns voll und ganz auf das Wohlbefinden unsere Aussteller und Besucher. In Düsseldorf wird es das große Zelt vor dem B1

geben, das Händlern, Marken und Agenturen bei gutem Essen und Getränken die Möglichkeit zum Aus­ tausch bietet, und auch in München werden die Fachhändler in diesem Sommer den ‚Supreme full service‘ erfahren“, sagt Aline Schade. Das Rahmenprogramm in Form vom abendlichen Get Together für Aus­ steller und Besucher findet wie gewohnt im direkten Umfeld der Standorte statt. www.munichfashioncompany.com Supreme Women&Men Düsseldorf, 23. bis 26. Juli 2016 Supreme Women&Men Munich, 6. bis 9. August 2016

©Andreas Rentz

Impulse für die Sinne: Die Supreme Women&Men erweitert in München den Bereich für Lifestyleartikel.

Der konzentrierte Auftritt von mehr als 40 deutschen Designern beim Berliner Mode Salon im Kronprinzenpalais soll die Relevanz der Mode als Kultur- und Wirtschaftsgut in Deutschland veranschaulichen. Gleichzeitig soll das nationale und internationale Bewusstsein für Modedesign aus Berlin nachhaltig gefördert werden, um ein neues, anspruchsvolles und zugleich selbstbewusstes Verständnis von deutscher Mode zu etablieren. Zugleich will die Initiative den Sales-Aspekt durch Kooperationen und einen kontinuierlichen Austausch mit renommierten Luxuskaufhäusern und Conceptstores fördern. Wie gewohnt findet quasi zum Auftakt am Montag die Konferenz Mode & Stil vom Zeit Magazin statt. Dienstag und Donnerstag stehen Defilees und Präsentationen von jeweils vier Designern auf dem Programm. Das Highlight ist die kuratierte Gruppenausstellung am Mittwoch, bei dem ein Querschnitt relevanter deutscher Modedesigntalente neben renommierten Marken wie Escada, Talbot Runhof, Dorothee Schumacher und Iris von Arnim oder jungen aufstrebenden Designern wie Tim Labenda, Golpira, PB0110 und Hien Le gezeigt werden. Erstmals mit dabei sind in dieser Saison Unützer, Brachmann und 22/4_hommes_femme. Darüber hinaus veranstaltet das Modemagazin Vogue eine separate Präsentation in den Räumlichkeiten des Kronprinzenpalais. 28. bis 30 Juni 2016, www.derberlinermodesalon.com

Defilee der Designerin Isabell De Hillerin beim Berliner Mode Salon.

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FiNDEN WIR GUT

Skunkfunk Ohne Verschnitt

Annabel Ingall Who Kors? Welcher Händler mit kommerzieller bis Premiumausrichtung ist das nicht: Auf der Suche nach einer Tasche à la Michael Kors, die erstarken kann, wenn die Dominanz des US-Designers im leistbaren Taschensegment jemals abbrechen wird. Annabel Ingall, eine australische Designerin, nährt die Hoffnung, dass sie diese Lücke füllen kann. Shopper, Totes, Crossbodybags, alle Taschen in 40 kunterbunten Farben gefertigt aus Leder, schlicht im Design und doch modisch auf dem Punkt. Dazu, des Händlers Herz schlägt höher, ein umfangreiches NOS-Angebot mit der Möglichkeit, kurzfristig Ware nachzuziehen. Und jetzt die Preise: 55 bis 220 Euro EK, zu einer attraktiven Kalkulation selbstverständlich. Aktuell stellt die Designerin auf der Tranoi in Paris sowie auf der Designers & Agents in New York aus. Internationale Tophändler wie Bloomingdales, Shopbop, Revolve oder Lyst setzen bereits auf die Marke. Room with a view, Salzburg/Österreich, T 0043.662.875651 office@roomwithaview.com, www.annabel-ingall.myshopify.com 316 style in progress

Das spanische Label Skunkfunk arbeitet für seine Kollektionen mit GOTS-zertifizierter Baumwolle, Tencel, Lyocell, recyceltem Polyester und Leinen. Produziert wird umweltschonend. Um neue Standards für ihre Streetfashion zu setzen, haben die Designer eine verantwortungsbewusste, Stoffreste vermeidende Capsule-Kollektion entwickelt. Die Herausforderung ist, die quadratischen oder rechteckigen Formen der Stoffbahnen aufzugreifen und mit einem architektonischen Ansatz bei den Designs umzusetzen, um alle Stoffstücke zu einer geometrischen Basis ohne Verschnitt zusammenzusetzen. Bei der Erstellung der Schnittmuster ging es darum, den indischen Produzenten das Konzept, das auf einfachen Schnitten und wenigen Nähten basiert, zu erklären. So wurde gemeinsam jedes Stück von Hand zugeschnitten, um sicher zu gehen, dass wirklich jeder einzelne Zentimeter des Stoffes verwendet wird. Der langwierige Prozess hat sich gelohnt: Vier Kleider, die zu VK-Preisen von 65 bis 75 Euro z. B. beim Onlinestore Greenality angeboten werden, machen den Auftakt dieser Kollektion. Zu sehen ist die verschnittfreie Kollektion auf der Pure London, Momad Madrid, Premium Berlin, Ethical Trade Show Berlin und der Innatex Frankfurt. D, A: Deluxe Distribution, Berlin/Deutschland, T 0049.30.69597690, info@deluxe-distribution.de, www.skunkfunk.com

People of Shibuya Technoid

Benannt nach einem Stadtteil Tokios, hat die italienische Jackenkollektion People of Shibuya schon kurz nach ihrem Launch namhafte Händler überzeugt. In Deutschland zum Beispiel die Masculin Gruppe, Konen in München oder Kuttenreich in Ingolstadt. Diese Argumente sind bestechend: Die urban gestylten Jacken sind hochfunktional, mit einer Wassersäule von 10.000, verschweißten oder getapeten Nähten und Details wie Reflektoren. Der Großteil der Oberstoffe kommt aus Japan, neben technischem Polyester gibt es auch funktional ausgerüstete Wolle, teilweise bedruckt. Jede der Jacken des Herbst-/Winter-Programms – übrigens nur sechs Jacken klein – war mit einer komplett eigenständig zu tragenden Innenjacke aus Leichtdaune versehen. Dieses Zwei-in-eins-Prinzip beeindruckt noch mehr, wenn man die EK-Preise kennt: 145 bis 209 Euro, mit Kalkulationsfaktor 2,8. Um endgültig zum Händlerliebling zu avancieren, betreibt People of Shibuya ein starkes Lager, das Nachbestellungen und Austausch in der Saison ermöglicht. Die Frühjahr-/Sommer-Kollektion nimmt das Zwei in eins-Prinzip zum Beispiel bei Mänteln auf, die mit einer leichtgewichtigen Daunenweste versehen sind. Die Preislagen im Sommer liegen im Durchschnitt bei 110 bis 120 Euro im EK. D, A: Agentur Schwarte, München/ Deutschland, T 0049.89.3580576, office@agentur-schwarte.de, www.agentur-schwarte.de, www.peopleofshibuya.com



048 FiNDEN WIR GUT

Kengstar Just the Product Tonno & Panna Bluse neu gedacht Thunfisch und Sahne, das schmeckt nicht nur beim Italiener. Tonno & Panna heißt eine Blusenkollektion aus dem Hause Emily van den Bergh, die ab der aktuellen Verkaufssaison bei der Adventure Fashion GmbH ihr Zuhause gefunden hat. Der VK der Blusen liegt überwiegend bei 99,95 Euro bei einer Kalkulation von 2,7 für den Handel. Das ist ein Segment, in dem frische Namen höchst willkommen sind – haben sich doch viele Blusenhersteller längst aus dieser Preislage nach oben verabschiedet. „Eine schöne Bluse unter 100 Euro, da sind wir überzeugt, dass im Markt Potenzial ist“, sagt Marc Kofler von der Adventure Fashion GmbH. Im Gegensatz zur Schwesterkollektion Emily van den Bergh, die mit Tuniken und leichten Shirts bei Händlern wie P&C, About You oder Zalando vertreten ist, schlägt Tonno & Panna leisere Töne im Design an. Von der perfekten weißen Bluse über Longvarianten bis zur Cropped Bluse, die Designhandschrift ist urban und perfekt zu Premium- und Con­ temporary Kollektionen zu kombinieren. D, A: Tonno & Panna, Adventure Fashion GmbH, Düsseldorf/Deutschland, T 0049.211.431049, info@adventure-gmbh.de, www.tonno-panna.com 316 style in progress

Lost in me New Wool

Die neuen Wollmäntel kommen – und damit die Zeit für Labels wie Lost in me aus Italien. Die Kollektion steht für Damenmäntel mit maskulinem Touch, zum Beispiel im Pfeffersalz-Dessin, Überkaros, Glencheck oder unifarben. Typisch ist die körpernahe Schnittführung und ein edel-sportiver, cooler Look. Einen besonderen Twist bringen die abnehmbaren Echtfellkragen, zum Beispiel aus Nerz oder Lapin, die auf Wunsch einen geprinteten Stern als Eyecatcher haben. Seit einer Saison wird Lost in me in Deutschland, Österreich und der Schweiz über die Agentur Toepfer vertrieben und hat unter anderem Händler wie Reyer in Hallein, Frauenschuh in Kitzbühel, Daniels Köln und Abseits in Stuttgart überzeugen können. Die Preise für die Mäntel liegen zwischen 230 und 330 Euro im EK bei einem Mark-up von 2,7. D, A, CH: Agentur Toepfer GmbH & Co. KG, Düsseldorf/Deutschland, T 0049.211.1306360, office@agentur-toepfer.de, www.agentur-toepfer.de

Bomber, Parka und Co. mal anders: Das italienische Label Kengstar bringt mit frischen Designideen modische Bewegung in die junge Outerwear und ist seit dem Frühjahr neu bei der Düsseldorfer Agentur Toepfer. „Es geht hier rein um das Produkt, das auf Anhieb überzeugt; wir haben die Parkas sozusagen aus dem Stand bereits sehr gut verkauft“, so Udo Toepfer, der für Kengstar unter anderem Donna in Hannover, Different auf Sylt, Fischer in Singen und Bailly in Frankfurt als Handelskunden gewonnen hat. Es gibt fünf Grundformen, das heißt eine lange und eine kurzgeschnittene Version der Bomberjacke wie für den Parka, ergänzt von einem Damenblouson. Das Material: Canvas oder Nylon in den Farben Weiß, Olive oder Schwarz. Der Style ist individuell zusammenstellbar, etwa mit Fake-Fur-Kragen und Innenfutter in neun Farben, zum Beispiel in Natural, Pink, Red, Fuchsia, Gelb oder Blau. Dazu kommen auf Wunsch All-over-Patches, beispielsweise als Pandamotiv oder mit Sternen als Stickerei. Eine Bomberjacke kostet im EK 140 Euro und als bestickte Version 159 Euro bei einer Kalkulation von 2,9. Ein unbestickter Long Parka kostet 159 Euro im EK, während die vollbestickte Version bei 188 Euro liegt. D, A, CH: Agentur Toepfer GmbH & Co. KG, Düsseldorf/Deutschland, T 0049.211.1306360, office@agentur-toepfer.de, www.agentur-toepfer.de



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Von Floerke Flieg mit mir Lab Dip Ein Meer von Farben

Lab Dips, das sind die kleinen Stoffproben, die jeder von Stylesheets oder aus der Arbeit von Designern kennt. Als Name für das 2003 in Paris gegründete Damenlabel passt es perfekt – denn Lab Dip hat sich nicht nur dem Denim, sondern auch Farben und Stoffen in allen Varianten verschrieben. Kernkompetenz ist die Hose, dazu gibt es eine schöne Auswahl reduzierter Blusen, Hemdkleider und Daydresses. Die Hosen liegen zwischen 90 und 129 Euro im VK, die Kleider zwischen 120 und 160 Euro. Damit ist ein Kernargument des Labels, nämlich nachvollziehbare Preise, perfekt erfüllt. Die feminine, unaufgeregte Designhandschrift gibt der Kollektion Eigenständigkeit, gleichzeitig ist das Label aber perfekt, um es mit anderen Kollektionen zu kombinieren. Eine schöne Neuentdeckung im Damensegment. Lab Dip, Die Hinterhofagentur, München/ Deutschland, T 0049.89.38887747, d.meuer@diehinterhofagentur.de, www.diehinterhofagentur.de, www.labdip.fr 316 style in progress

Handgemachte Herrenaccessoires aus europäischer, teilweise deutscher Produktion mit vielen achtsamen Details: Ob die handgeknotete Fliege, das handrollierte Einstecktuch aus in Krefeld gewebter Seide oder hangekettelte, in Baden-Württemberg gestrickte Socken. Von-Floerke-Gründer David Schirrmacher hat noch mehr unschlagbare Argumente: Viermal pro Jahr werden die Händler mit kurzfristigen Kollektionen versorgt, trendorientiert, in adretter Aufmachung. Die Preise im VK höchst kompetitiv: Schleifen für 39, Fliegen und Krawatten für 29 Euro. Kalkuliert wird mit Faktor 2,8 bzw. 64 Prozent. Kommt die nächste Kollektion, werden die alten Modelle ausgetauscht – das Bild soll frisch bleiben. Das stimmige Konzept – bekannt unter anderem aus der Start-up-TV-Show „Höhle der Löwen“ – überzeugte Händler wie Wöhrl, SinnLeffers, Breuninger oder Konen. Mit dem geringen Platzbedarf ist Von Floerke Umsatzkaiser: „Ein Beispiel ist das Modehaus Selting aus Borken mit einer aktuellen Flächenproduktivität von mehr als 14.000 Euro am Quadratmeter“, beschreibt David Schirrmacher die Möglichkeiten des Labels. Von Floerke, Ben and, Düsseldorf, Hamburg, München/Deutschland, T 0049.89.32308046, agency@ben-and.com, www.vonfloerke.com

Thomas Royall Was #nachbar an seinem Pool trägt

Neue Badeshorts gefällig? Dann ist diese Brand aus England ein heißer Tipp. Kurze Shorts für 37, die lange Variante für 41 Euro EK, kalkuliert mit 2,7. Alle Univarianten sind NOS-Artikel und jederzeit bestellbar, die Shorts mit Muster wechseln saisonal. Für stylische Vater-Sohn-Duos gibt es die Thomas Royall Badebuxe auch in der Mini-Me-Variante, für 28 Euro EK bzw. 69 Euro im VK. Händler können bei sämtlichen Modellen nicht nur zwischen zwei Längen, sondern auch zwischen zwei Bundvarianten wählen: Gummibund und fester Bund stehen zur Wahl. Die Macher des Labels, ehemalige Fußballprofis, haben zahlreiche Kollegen zu ihren Aushängeschildern gemacht – von David Beckham über David Alaba bis Jérôme Boateng. Und nein, es kommt nicht noch ein Witz über Gauland. Den nämlich möchte man nicht in diesen Badeshorts sehen. Viel lieber schon Model Stephen James, das aktuelle Kampagnenmodel von Thomas Royall, über und über tätowiert und durchtrainiert. D, A: Moderaumfischer, München/ Deutschland, T 0049.89.45239893, lars@moderaumfischer.de, www.thomasroyall.com


OVER 100 YEARS OF AMERICAN HISTORY AND CRAFTMANSHIP ZEITGEIST – THE ICONIC BOMBER MA-1

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052 FiNDEN WIR GUT

Happiness Der Name ist Programm Jan Mayen Das ist ein Angebot

Zugegeben, die Jacken von Jan Mayen, einer Marke der Moorer Gruppe, sind nicht neu auf dem deutschen Markt. Erfolgreich eingeführt von der Agentur Jan Metzger, konnte die Kollektion zahlreiche Referenzkunden gewinnen. Zum Beispiel Braun in Hamburg, Lodenfrey in München oder P & C Nord und Süd. Ab dem Start der Verkaufssaison 2017 verstärken nun die Heritage Agents die Marke, was den Vertrieb der Herrenkollektion angeht. Die Damen bleiben in bewährten Händen. Was kann Jan Mayen? Jacken mit Preisen, sodass dieses an sich schwierig gewordene Feld wieder Spaß macht. 329 bis 399 Euro VK, das geht deutlich einfacher über den Ladentisch. „Wenn die Fünf nicht davorsteht, atmen die Händler hörbar auf“, sagt Michael Brockmann von den Heritage Agents. Und sonst noch? Wertige Produkte, schöne Hybridmodelle, durchdachte Details wie zum Beispiel das Jerseyinnenfutter bei Leichtdaunen. D, A: Damen: Jan Metzger, Frankfurt, Düsseldorf/Deutschland, T 0049.69.67725124, agentur-metzger@web.de; Herren: Heritage Agents, München/Deutschland, T 0049.89.32668063, m.brockmann@heritage-agents.de, www.janmayen.it 316 style in progress

AT.P.CO Italian Style zum guten Preis

Viva Italia! AT.P.CO stammt aus dem italieni­ schen Franciacorta und durch und durch italienisch ist das Label auch, was sich in Materialien, Schnittführung und einem lässig-urbanen Stil zeigt. Die Total-Look-Kollektion für Männer und Frauen zeichnet sich zusätzlich durch ihr besonderes Preis-Leistungs-Verhältnis aus, mit dem es sich unterhalb des Design­ segments im Premiumhandel positioniert. So beginnen die Hosen, Jeans und Chinos unter 100 Euro im Verkauf mit einer Dreier-Kalkulation, dazu kommen Sakkos zwischen 190 und 290 Euro, die von Hemden, Shirts, Pullovern und Accessoires ergänzt werden. Hinter der im Jahr 2010 gegründeten Kollektion AT.P.CO steht das Unternehmen Golden Season unter der Leitung von CEO Luca Orsatti. Im Jahr 2015 entstanden die ersten drei Stores in Como, Brescia und Salò, weitere in Italien und darüber hinaus sollen folgen. Das Label war auf dem Pitti in Florenz mit eigenem Stand präsent. D, A: Agentur Schwarte, München/ Deutschland, T 0049.89.3580576, office@agentur-schwarte.de, www.agentur-schwarte.de

Die Geschichte von Happiness hat ihren Ursprung im Jahr 2007 in Los Angeles, als sich ein Student mit Michael Scarpelli, dem Gründer von Happiness, mit dem Ziel zusammentat, innovative und zugleich erschwingliche T-Shirts zu kreieren. Heute steht das italienische Label für Sweats und Jerseys mit Rock-’n’-Roll-Motiven, ironischen Slogans und ausgefallenen Prints. Dabei ist der Name des Labels Programm, denn die Mode soll einfach Spaß machen. Der Fokus liegt auf perfektionierten Basics gepaart mit geschicktem Marketing zu einem sehr wettbewerbsfähigen Preis. So kosten T-Shirts zwölf Euro im EK und Sweatpants 27 Euro bei einer Kalkulation zwischen 2,7 und 3,2. Die Fashionteile kosten durchschnittlich 32 Euro im EK bei einer Kalkulation von 2,7. Zusätzlich punktet das Label, das hauptsächlich unter dem Dach von Yuma S.r.l. in Italien produziert wird, mit kurzen Zeitspannen zwischen Order, Produktion und Auslieferung. Jährlich gibt es vier Kollektionen mit Auslieferung nach ein bis zwei Monaten, je nach Kundenwunsch, und zwei Flashkollektionen zusätzlich. Weltweit hat Happiness etwa 1.400 Verkaufspunkte und soll nun unter der Leitung der Agentur Komet und Helden den deutschen Markt neu erobern. Komet und Helden GmbH, München/ Deutschland, T 0049.89.9705280, muenchen@kometundhelden.de, www.kometundhelden.de


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054 FiNDEN WIR GUT

J.W. Brine Stil und mühelose Eleganz

Giacomo Rizzo stieß 1982 auf einer seiner Reisen in einem Vintage-Shop auf eine Uniformhose aus amerikanischen Militärbeständen, mit den eingestickten Initialien J.W. Brine. Die Hose inspirierte den Italiener, gemeinsam mit Carmelo Pistone, dem Vorsitzenden der Bastille S.r.l., ein gleichnamiges Hosenlabel zu gründen. Stil, Passformempfinden und mühelose Eleganz zeichnet die Kollektion für Männer und Frauen heute aus, ebenso die hochwertige Verarbeitung und italienische Materialien in vielfältigen Farben. Es gibt jährlich zwei Kollektionen mit etwa 150 Teilen. Der EK liegt bei durchschnittlichen 70 Euro und einem Kalkulationsfaktor drei. Im italienischen Heimatmarkt hat die Kollektion 200 Handelskunden, gefolgt von Japan, Südkorea und den Vereinigten Staaten mit weiteren 60 Verkaufspunkten. Dazu zählen Adressen wie Eral 55, Space, Ron Herman, Fred Segal und United Arrows. Mit dieser Saison startet J.W. Brine neu im deutschsprachigen Markt, wo die Kollektion über die Agentur Komet und Helden vertrieben wird. Komet und Helden GmbH, München/Deutschland, T 0049.89.9705280, muenchen@kometundhelden.de, www.kometundhelden.de 316 style in progress

Kragü Gürtel aus Krawatten

Ein Hüft-Schlips – klingt ungewöhnlich, ist aber außergewöhnlich. Vier Jungunternehmer aus München hatten im Jahr 2012 die Idee, Gürtel aus alten ausgedienten Krawatten zu machen und belegten damit bei der europaweiten Young Enterprise Competition den dritten Platz. Heute, nur noch zu Dritt, bieten Konstantin Zedelius, Otto Reygers und Basile Schellmann ihren Kunden ein ausgefallenes Accessoire, das dank seiner ausgefallenen Muster jedem Outfit einen individuellen Touch verleiht. Die Gürtel werden in einer Münchener Näherei in aufwändiger Handarbeit gefertigt. Dazu werden die alten Krawatten aufgetrennt, auf die richtigen Maße zugeschnitten und bekommen anschließend einen Innenstoff aus Mikrofaser und Schaumstoffgewebe sowie eine Doppel-D-Ring-Schnalle. Den Designs sind keine Grenzen gesetzt. Längst in Vergessenheit geratene Muster, die man sich im Leben nicht noch einmal um den Hals binden würde, sehen zu Chinos, Jeans oder sogar zur Lederhose plötzlich äußerst lässig aus. Jeder einzelne Krawattengürtel ist ein Unikat und kostet 59,90 Euro. Für den Vertrieb ist Mansur Hakimi von der Agentur Kappler mit Sitz in München zuständig. Kragü gibt es u. a. bei Abseits in Stuttgart, Laufsteg in Augsburg und in München bei Konen, Slips und Lodenfrey. www.kragu.com

Articles of Society Die Antwort

„Die Kollektion Articles of Society ist die Antwort auf die Probleme im Denimmarkt“, so Reinhart Oberstein, der das Label neu im deutschen Markt vertreibt. Heißt: innovative Schnitte statt ewig gleicher Skinny – und erschwingliche Verkaufspreise zwischen 99 und 149 Euro bei einer Dreier-Kalkulation. Hinter dem 2012 gegründeten Label steht die Goldwing-Gruppe. Entwickelt wird in Los Angeles, produziert in Fernost. „Das Label bietet echten Value for Money und zeigt, dass L.-A.-Look nicht teuer sein muss“, so Oberstein, der in der vergangenen Saison mit Articles of Society gestartet ist und auf Anhieb über 20 Kunden erreicht hat. „Der Erfolg hat mich motiviert, den Vertrieb auch auf die Schweiz und Österreich mit Room with a view als Partner auszudehnen.“ Zu den Innovationen der Kollektion für Frauen gehören Jeans in verschiedenen Leibhöhen, in supersoftem Denimstretch und fließenden Tencelmischungen, darunter Flared – und Boyfriend-Cropped-Modelle, die mit Tenceljackets, Shorts, Latzhosen und Blusen ergänzt werden. Neu hinzugekommen ist die Männerlinie mit hochwertigen, italienisch schmal geschnittenen Denims. International: CP Fashion, Düsseldorf/ Deutschl­and, T 0049.7763.7021, reinhart.oberstein@cpfashion.de, www.cpfashion.de


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056 FiNDEN WIR GUT

Nemen Urban Tradition

Die italienische Sportswearmarke für Männer, Nemen, kombiniert traditionelle italienische Schneiderkunst mit modernen Materialien und folgt dabei dem Anspruch, ultimativ hohe Qualität in Italien zu fertigen. Alle Stoffe stammen von renommierten italienischen Zulieferern und bestechen durch ihre technischen Eigenschaften und die innovativen Färbetechniken. Leidenschaft, Tradition und handwerkliches Können zeichnen die rund 80 Teile der Kollektion aus, die vom Finest Cloth Studio aus Mailand designt wird. Neben Jacken mit VK-Preisen von 399 bis 990 Euro gibt es Strick, Sweatshirts, Hemden, T-Shirts, Polohemden und Shorts. Die Kalkulation liegt bei 2,65. Bereits zum dritten Mal gibt es unter dem Namen ACR_NMN eine gemeinsame Linie mit der Urban Outerwearmarke Acronym. Ein weiteres Highlight ist das experimentelle L.E.D. Jacket Project, bei dem eine durchsichtige Hardshell mittels LED-Technik illuminiert wird. Die Berliner Agentur Deluxe Distribution wird in Deutschland und Österreich künftig als Distributeur für den Jackenspezialisten aus Mailand fungieren. In Österreich ist Nemen u. a. bei Sagmeister, Helmut Eder, Einwaller oder Neumann und in Deutschalnd u. a. bei Konen und Die Form erhältlich. Zu sehen ist Nemen auf dem Pitti Uomo in Florenz in der Arena Strozzi. D, A: Deluxe Distribution, Berlin/Deutschland, T 0049.30.69597690, info@deluxe-distribution.de, www.nemen.it 316 style in progress

04651/ Ein Wochen­ ende auf Sylt Portofiori In jedem Hafen eine Blume

Ein guter Preispunkt, aber geballte Italianità – wer auf der Suche nach einem solchen Hemd war, musste oft erkennen: Das gibt es gar nicht. Handwerklich gearbeitet, mit schönen Stoffen und exklusiven Mustern, da landet man häufig bei Preisen rund um 150 Euro. Mit Portofiori macht Dominik Meuer von der Hinterhofagentur seinen Kunden ein verlockendes Angebot – Preispunkt im Handel im Schwerpunkt bei 99 Euro. Wie das geht? Ein Unternehmen aus Florenz, das eigene Fabriken besitzt und dort auch für andere produziert und gar nicht erst über Stoffvertreter, sondern direkt von den Herstellern bezieht, um die Kalkulation schön straff zu halten. Neben den Hauptkollektionen ist ein umfangreiches NOS-Angebot in diesem Segment nahezu selbstverständlich. D, A: Portofiori, Die Hinterhofagentur, München/Deutschland, T 0049.89.38887747, d.meuer@diehinterhofagentur.de, www.diehinterhofagentur.de, www.portofiori.it

„A trip in a bag“, lautet das Motto der Herrenkollektion 04651/, benannt nach wohl einer der prominentesten Vorwahlen Deutschlands – jener von Sylt. Eine raffinierte, luxuriöse Casualkollektion, produziert mit feinsten Qualitäten bei renommierten Herstellern in Europa. Brand Manager Matthias Garske: „Das Lebensgefühl und der Stil auf Sylt sind ganz besonders, das soll unsere Kollektion vermitteln. Die Idee war, eine Kollektion zu designen, wie ich sie in meinem Weekender mitnehmen würde.“ Effortless Chic, dieses Schlagwort trifft die rund 40 Teile starke Linie genau. Um den Vertrieb kümmern sich die Heritage Agents. „Die Kollektion ist sehr breit, von der Tasche über das Saunatuch bis zum Jerseysakko oder Cashmere-Strick“, erklärt Michael Brockmann. „Der Durchschnittseinkaufspreis liegt bei 70 Euro mit einer Kalkulation, die an die drei rangeht.“ Seit Anfang 2016 in einer Handvoll Herrenläden präsent, will 04651/ nun weitere Kreise ziehen. Selbstverständlich mit der entsprechenden Nachhaltigkeit und Contenance – man nennt sich ja Sylt, nicht Sansibar. D, A: 04651/, Heritage Agents, München/ Deutschland, T 0049.89.32668063, m.brockmann@heritage-agents.de, www.04651-sylt.de


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060 THE LONGVIEW

Anine Bing: „Ich weiß sofort, ob ein Teil ein Bestseller ist oder nicht.“

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THE LONGVIEW 061

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062 THE LONGVIEW

Quasi über Nacht wurde aus dem ehemaligen Model und der Bloggerin Anine Bing eine Marke. Mit Sprengkraft: Denn statt sich an Saisons zu halten, haben die gebürtige Dänin und ihr Mann ein, um nicht zu sagen, das Real Time Fashion Label daraus gestrickt. Monatliche Kollektionen, eine Onlineplattform zur Re-Order und viele Icon Pieces, die keine Saison kennen, sind das Erfolgsrezept, das im Modehandel auf offene Türen stößt. Damit wurde Anine Bing nicht nur zum Aushängeschild einer Generation von Bloggern, die ein handfestes Business aus ihrer Bekanntheit gemacht haben, sondern auch zur Taktgeberin eines neuen Rhythmus in der Modebranche. Interview: Nicole Doleh, Martina Müllner-Seybold. Fotos: Anine Bing, Sofi Fahrmann, Trever Hoehne

Warum haben Sie sich entschlossen, diesen Weg in die Modewelt zu nehmen?

Nun, ich hatte den Eindruck, das auf dem Modemarkt etwas fehlt. Ich hatte immer einen sehr simplen Style, der sehr gut ankam, daher dachte ich, ich hätte eine gute Chance, wenn ich das alles zusammenmischen und etwas kreieren würde, was sehr nonchalant aussieht, angezogen, aber easy ist. Dazu kommt, dass ich Denim liebe, Jeans sind die Basis meiner Garderobe. Ich wollte also richtig gute Basics designen, die jede Frau in ihrem Kleiderschrank braucht. Das war die Idee, mit der ich dieses Label vor vier Jahren gegründet habe, nur mit ein paar Teilen und ausschließlich auf meiner Website. Dann galt es, die Marke zu entwickeln. Von Beginn an habe ich komplett anders als normale Modemarken gearbeitet, ich habe jeden Monat neue Styles angeboten statt der üblichen zwei Kollektionen pro Jahr. Ich habe dauernd neue Sachen, das hält es für die Konsumenten spannend. Wie kam es zu dieser Idee?

Ich arbeite unermüdlich und mag es, wenn etwas passiert. Ich hätte schlicht nicht die Geduld, dazusitzen und ein Jahr zu warten, bis das nächste Teil herauskommt. Es sind also zuallererst meine Bedürfnisse, die hinter dieser Idee stecken. Dann habe ich bemerkt, dass die Industrie diesen Weg ebenfalls einschlägt, mit Instagram und all den Social-Media-Kanälen. Das ist der neue Weg. Wenn wir etwas auf Instagram sehen, wollen wir es sofort, wir wollen 316 style in progress

nicht sechs Monate warten. Ich hatte das Glück, dass ich meine Marke aufgebaut habe, als Instagram populär wurde, ich war eine der ersten Marken, die auf diesen Zug aufgesprungen sind. Ich habe den Effekt von Instagram gesehen und ich hatte ja schon viele Jahre meinen Blog, daher kannte ich die Bedürfnisse der Kunden, der Frauen da draußen. Frauen, die das, was ich getragen habe, auch wollten. Das war doch eine smarte Art, ein Business aufzubauen.

Modehändler müssen sich an diesen neuen Weg erst mal gewöhnen.

Heute arbeiten viele andere Marken, auch etablierte, in diese Richtung. Es ist einfach die neue Art, zu arbeiten. Und es werden noch viel mehr folgen. Die Leute mögen es und das Wichtigste, es funktioniert in den Läden. Wir bieten jede Woche etwas Neues auf unserer B2B-Website, das funktioniert super, egal, ob in den USA oder in Europa. Es ist doch großartig, dass die Händler nicht so weit in die Zukunft blicken müssen und hier und jetzt ihre Order platzieren können. Wissen Sie, dass man Sie als beispielgebend nennt, dass man Sie und Ihre Marke einen Game-Changer nennt?

(Lacht) Ich wusste das nicht genau, nein, weil ich sehr auf das Design fokussiert bin, aber ja, man hat es mir erzählt. Das ist natürlich sehr schmeichelhaft und schön, dass die Menschen

mögen, womit wir vor vier Jahren angetreten sind. Ich hoffe, wir können noch mehr Marken inspirieren, das Gleiche zu machen.

Haben Sie Christopher Bailey inspiriert?

Ich habe keine Ahnung (lacht), aber klar, irgendwie machen die jetzt etwas Ähnliches.

Wie funktioniert dieser schnelle Takt in der Produktion?

Wir haben tolle Voraussetzungen mit unserer Fabrik in der Türkei. Ungefähr sechs Monate im Voraus designen wir und dann setzen wir die Daten fest, wann was geliefert wird. Eine eigene Fabrik zu haben, hilft natürlich enorm. Wir produzieren nur, wovon wir glauben, es zu verkaufen. Daher ist es manchmal wirklich schwierig, etwas zu re-ordern, besonders jene Sachen, die schnell ausverkauft sind. Warum in der Türkei?

Weil sie richtig gut sind, das ist der Hauptgrund. Und weil die Location gut für unser globales Business ist.

In Läden funktioniert ihre Marke besonders gut mit Marken aus dem Contemporary-Segment wie Etoile Isabel Marant oder Iro. Ist das das Markenumfeld, in dem Sie glücklich sind?

Ja, das sind zwei tolle Beispiele, neben denen wir hängen wollen. Sie zählen sich also auch zu den Contemporary Designern?

Ja, das würde ich. Meine Idee der Marke war immer: Ich wollte etwas, das einfach zu tragen

ist, einfach morgens anzuziehen, einfach zu kombinieren, untereinander und mit anderen Marken. Sehr basic, aber doch feminin.

Ist das dann noch Mode im Sinne des Wortes oder einfach ein Lifestyle?

Hm, ich glaube es ist ein Mix. Das Herzstück der Kollektion sind Basicteile, die jede Frau braucht. Dazu mache ich mehr fashionorientierte Teile – ein paar im Monat. Allerdings versuche ich, niemals zu kompliziert zu werden. Manchmal ist die Mode einfach zu kompliziert, sodass normale Leute sie nicht mehr tragen können. Das sieht dann auf dem Laufsteg, aber nicht im echten Leben gut aus. Meine Herausforderung ist also, die Sachen tragbar zu halten, aber natürlich perfekt für den Moment. Interessiert Sie denn der Catwalk?

Nein, ich schenke dem nicht allzu viel Aufmerksamkeit. Ich will gar nicht zu genau wissen, was andere machen. Ich will auf meine Vision fokussiert sein. Meine Inspiration ist mein Alltag. Ich gehe auf Flohmärkte, ich lasse mich von Kunst inspirieren, ich schaue mir Street Styles an, hier in L. A. und wenn ich unterwegs bin. Mich inspiriert, was mich umgibt, nicht der Laufsteg. Da geht es Ihnen wie vielen in der Mode: Der Catwalk ist nur noch Zirkus, Street Style und normale Menschen sind sehr viel inspirierender.

„Ich will nicht an jeder Ecke vertreten sein.“



064 THE LONGVIEW

Die Anine Bing Welt in vielen Bildern: Ihr

Blog und Instagram Account haben eine treue Fangemeinde und bilden die Basis für die Marke. Neue Produkte featuren, ist in so einem Umfeld doppelt erfolgreich – kein Follower hält die Postings für plumpe Werbung, ist der Content doch mit Herz und Verstand hochwertig produziert. Das Auge genießt diese Professionalität und Anine Bing versteht es, ihre Fangemeinde gleichzeitig zu unterhalten und träumen zu lassen: Von diesem Leben, das so glücklich und mühelos scheint. 316 style in progress


THE LONGVIEW 065

„Ich bin eine große Verfechterin des stationären Handels.“ Eben. Genau, was am Runway gut aussieht, ist im Alltag viel zu kompliziert. Daher halte ich meine Kollektion sehr basic, aber trotzdem modisch. Mit tollen Materialien und Passformen, darauf fokussiere ich mich. Kann man den Erfolg und die Bekanntheit, die Sie in den USA haben, einfach so auf Europa übertragen? Wollen Sie in Europa ebenso durchstarten?

Ja, da ich selbst aus Skandinavien bin, wird mein Herz immer für Europa schlagen. Wir haben gerade einen Laden in Paris eröffnet und werden zumindest drei neue Läden noch dieses Jahr eröffnen. Es passiert viel und ja, wir wollen stark wachsen, in Europa und im Rest der Welt. Da stellt sich natürlich die Frage: Wie breit soll die Marke werden. Die Nachricht, dass sich Anine Bing sensationell verkauft, breitet sich aus wie ein Lauffeuer. Welche Limits haben Sie dem Wachstum gesetzt?

Ich definiere keine Grenzen, aber ich will organisch wachsen und nicht an jeder Ecke vertreten sein. Ich will in ausgesuchten, schönen Läden sein mit anderen tollen Marken, wir sind da sehr selektiv. Dazu kommen die eigenen Stores, die ich für die Markenbildung und das Zeigen der ganzen Welt für sehr wichtig halte. Beides soll organisch, aber in einem hohen Tempo wachsen.

Muss dann auch die Kollektion größer werden – Stichwort L.A.-Winter, der keiner ist?

Ja, das wird schon zur Herbst-/ Winter-Auslieferung so sein, da kommen all die dicken Mäntel für Europa, wir haben das auf dem Schirm.

Ist Ihre Kundin eigentlich so ein modeverrücktes Ding oder jemand, der sich stilmäßig schon gefunden hat?

Nun, die typische Anine Bing Frau ist zwischen 30 und 40, arbeitet, hat Karriere gemacht. Sie ist busy, will aber trotzdem gut aussehen, ohne dafür leiden zu müssen. Natürlich haben wir auch jüngere Kundinnen und nach oben ist sowieso alles

offen, das geht bis 70+. Viele Altersgruppen finden etwas in der Kollektion, aber die typische Kundin ist die eingangs beschriebene, die gut aussehen will, aber auf natürliche Art. Sie teilen so viel, auch Privates. Sind Ihre Kundinnen Teil Ihrer Welt?

Ja, genau das will ich, sie in diese Welt einladen, die nicht nur aus den Klamotten besteht, sondern aus der Welt, dem Anine Bing Lifestyle. Das macht Spaß und es ist wirklich rührend. Die Modebranche kann so tough sein, aber wann immer ich meine Kundinnen treffe, dann macht mich das glücklich – das sind wirklich nette Menschen. Was wiegt schwerer, das Feedback der Endkonsumenten oder das des Handels?

Es ist eine Kombination, ich versuche, alle glücklich zu machen. Das kann man sicher nie, aber ich gebe mein Bestes, ihre Bedürfnisse zu treffen. Trotzdem darf ich mich nicht verbiegen, denn nur so lange ich glücklich mit dem bin, was ich mache, kann ich dahinterstehen. Aber natürlich schenke ich dem Feedback von Kunden, Händlern und meinem Team Gehör, das ist wichtig. Was ist Erfolg? Ausverkauft sein?

Produkte wie unsere Charlie Boots zu haben, mit Goldnieten besetzte Boots, die wir seit Anfang an haben und die sich immer noch wie geschmiert verkaufen. Oder eine Army Jacke, die seit vielen Saisons im Programm ist und immer noch ein Bestseller ist. Oder die Spitzen-BHs, die Leute sind verrückt danach. Wir haben rund fünf Teile, die echte Bestseller sind. Wie lange bleiben solche Icon Pieces in der Kollektion?

Ich mache verschiedene Versionen davon, aber der Klassiker bleibt immer. Ein Klassiker ist ein Klassiker, es macht doch keinen Sinn, ihn aus der Kollektion zu nehmen oder komplett zu ändern. Also kommt er in verschiedenen Farben oder Materialien. Designen Sie für eine Saison

oder für ein Leben?

Für ein Leben! Sicher, es gibt ein paar Teile, die jetzt angesagt sind, aber mein Konzept ist, Klassiker zu designen. Wenn man sich eine hochwertige Lederjacke kauft, soll die doch lange, lange halten. Ich mag keine Sachen, die nur sechs Monate im Trend liegen und dann kann man sie nicht mehr tragen. Ich will Sachen erschaffen, die man möglichst lange tragen kann – das ist der einzig richtige Weg. Ist eine Marke, deren Produkte nicht in den Sale gehen, die neue Definition von Luxus?

Das ist der Grund, warum ich eher klassisch designe, weil die total verrückten Sachen, die müssen in den Sale. Ich mag Sale nicht, in unseren Flagship­ stores haben wir niemals Sale, das machen wir nur online und nur in drei kurzen Perioden im Jahr. Verbieten Sie Ihren Händlern, die Kollektion zu reduzieren?

Mit unserem Set-up – unmittelbar verfügbaren Produkten und keinen echten Minimums – reduzieren wir das Risiko der Händler, auf hohen Lagerbeständen sitzen zu bleiben. Daher kommt es tatsächlich ganz selten vor, dass wir unsere Produkte im Ausverkauf sehen. Ist Anine Bing ein Familienunternehmen?

Ja, wahrscheinlich, mein Mann und ich führen es gemeinsam. Wir sind hundertprozentige Eigentümer, also ja, ein kleines, familiengeführtes Unternehmen. Wir haben ein großartiges Team und ich bin sehr begeistert über die Richtung, die wir eingeschlagen haben. Wie klein ist klein?

Im Büro in L. A. sind wir 25, zählen wir die Mitarbeiter in den Läden dazu, sind es 50. Soll das so bleiben, alles in privater Hand?

Das haben wir noch nicht entschieden, wenn der richtige Partner kommt, denken wir sicher darüber nach. Im Moment sind wir glücklich, die einzigen zu sein, die die Entscheidungen treffen. So offen und erreichbar zu sein, so down-to-earth. Wird

das noch funktionieren, wenn es erst eine globale Organisation ist?

Sicher, die Dinge werden sich ändern, sie haben sich schon geändert. Je größer das Unternehmen wird, umso weniger bleibt Zeit. Ich bin viel mehr ins Design eingespannt und verbringe viel Zeit hier im Office, aber ich denke trotzdem, dass es wichtig ist, offen und erreichbar zu bleiben. Ich will definitiv so down-to-earth bleiben, es ist wichtig, nicht die Bodenhaftung zu verlieren, als Person und als Marke. Wie schnell geht’s weiter?

Barcelona, Berlin und London – diese Städte eröffnen wir alle noch 2016. Es geht flott dahin, so wie es seit Tag eins bei uns war. Ich hätte mir das niemals zu träumen gewagt.

Hat dieses Tempo damit zu tun, dass Sie von den USA aus gestartet sind?

Das ist eine gute Frage, aber ich werde die Antwort nie herausfinden, weil ich eben in den USA begonnen habe. Aber ja, ich denke schon, dass man geneigt ist, hier in den USA größer zu denken, als wenn man in einer kleinen Stadt in Europa sitzt. Für mich war’s perfekt. Ich liebe L. A. und die Stadt inspiriert mich sehr. Die Gretchenfrage: Haben der Blog und die Instagram Follower geholfen, so schnell erfolgreich zu werden?

Es wäre schon auch anders möglich gewesen, aber nicht in diesem Tempo. Ich hatte meine Follower von Tag eins an meiner Seite, das half enorm. Irgendwie hat im Timing alles zueinander gepasst: Der richtige Zeitpunkt, um mit Sachen auf den Markt zu kommen, die einfach sind und mit dieser komplizierten Mode brechen und die Marke zu lancieren, als Instagram gerade so boomt und keine andere Marke realisiert hatte, dass es geradezu prädestiniert ist, Mode dort zu promoten. Ich hatte vom ersten Tag an eine loyale Kundschaft. Was macht Instagram so bedeutsam?

Man sieht den Effekt sofort.

„Wir produzieren nur, wovon wir glauben, es zu verkaufen.“ style in progress 316


066 THE LONGVIEW

Mutter und Karrierefrau. Benjamin und Bianca, die beiden Kinder von Anine Bing, sind wie selbstverständlich auf privaten Fotos zu sehen, die die Unternehmerin teilt. Und während manche sich fragen warum, sagt die Unternehmerin: Warum nicht?

Ich weiß augenblicklich, ob ein Teil ein Bestseller wird oder nicht. Die direkte Verbindung zum Kunden ist einfach toll. Haben traditionelle Medien eigentlich noch eine Zukunft?

Blogs, Instagram, Social Media, das ist natürlich in den letzten Jahren riesig geworden. Aber ich hoffe, das Magazine immer überleben werden, es ist einfach etwas Besonderes, eine Vogue oder Elle oder, welches Magazin man eben mag, aufzumachen, sich hinzusetzen und es durchzublättern. Das ist etwas, was ich sehr liebe. Aber klar: Die Leute sind dauernd an ihrem Smartphone und ihrem Computer, da ist es nur natürlich, dass sie dort ihre Inspiration finden. Wie viel Umsatzanteil hat Ihr E-Commerce?

Das teilt sich gut Habe-Halbe.

Und Sie selbst? Kaufen Sie im Netz oder vor Ort?

Ich bin in der glücklichen Lage, dass ich nicht einkaufen gehen muss, weil ich nur meine eigene Linie trage. Aber wenn, dann 316 style in progress

„Manchmal ist die Mode einfach zu kompliziert.“ würde ich einen Laden vorziehen. Ich liebe es, auf Flohmärkte zu gehen, das ist zum Beispiel etwas, was Online nie ersetzen kann. Es ist etwas Besonderes, in einen Laden zu gehen und die Sachen tatsächlich anzufassen. Aber Online ist großartig für all jene, die nicht in einer großen Stadt wohnen, wo es alles gibt, oder für alle, die keine Zeit haben. Beides ist in meinen Augen wichtig. Wir haben nur online begonnen und es war gut für den Start, jetzt ist es großartig, beides zu haben, weil es auch einfach verschiedene Kundentypen sind. Die einen lieben es, online zu kaufen, die anderen lieben Läden. Welche Zukunft geben Sie dem stationären Handel?

Es ist ähnlich wie bei den Magazinen, einige davon sterben. Ich hoffe, dass das den wenigsten Läden passiert. Ich bin eine große Verfechterin

des stationären Handels. Aber online knabbert natürlich am Kuchen. Ich denke: Wenn man einen guten Laden hat, wird er bestehen können. Es geht darum, wie man es macht. Ist die Blogosphäre so kuschelig, wie sie tut? Alle sind Freunde und wünschen sich das Beste?

Einige meiner engsten Freunde haben große Blogs, wir sind sehr verbunden, sie haben meine Marke toll unterstützt, was großartig war. Wir machen aber keine Geschäfte miteinander, sie tragen meine Sachen, wenn sie ihnen gefallen. Wann haben Sie gewusst: Meine Marke hat es geschafft?

Oh mein Gott, es gab so viele tolle Momente, die mich überrascht haben. Als wir in großartigen Stores aufgenommen wurden, als die spanische Vogue das erste große Interview mit mir gemacht hat. Das war

bedeutsam für mich. Als wir New York eröffnet haben, das ist so eine coole Stadt. Und dann Paris, auch super, ich meine, es ist einfach die Modestadt schlechthin. Ist man dann vor solchen Events nervös?

Nicht nervös, weil wir ja eine Vision haben, es ist ja ein Plan, den wir verfolgen, kein Zufall. Ich würde eher sagen, dass ich aufgeregt bin und natürlich hoffe ich immer, dass die Leute es auch so toll finden wie ich.

Von welchen Läden träumen Sie noch, wo müssen Sie noch unbedingt rein?

Das sind nur noch wenige, aber wir sind schon sehr glücklich, wie es ist. Wir sind in so vielen großartigen Läden. Danke für das Gespräch.


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068 SO LÄUFT’S

TRANSFORMATION

Transformation Veränderung ist nicht prinzipiell gut oder prinzi­piell schlecht. Schlecht ist nur, sie zu fürchten. Und es ist gefährlich, sich ihr nicht zu stellen. Ein Kommentar von Stephan Huber

Einleitend eine trockene Definition: Als „Transformation“ bezeichnet man eine deutliche Veränderung einer grundlegenden Eigenschaft, zum Beispiel der äußeren Form.

Die totale Digitalisierung Symbol, Motor, Gefahr und Chan-

Als Leitgedanke dieser aktuellen Ausgabe von style in progress schien uns der Begriff passender als die so gerne und inflationär ausgemachte „Revolution“. Das klingt immer ein wenig nach Romantik und Che-Guevara-Poster. Mit Romantik hat die nicht deutliche, sondern radikale Veränderung unserer Gesellschaft im allgemeinen und der Modebranche als Spiegel dieser Gesellschaft im speziellen, wenig zu tun. Tatsächlich stellt uns dieser Prozess vor enorme Herausforderungen. Und die erste ist, die wesentlichen Kennzeichen und Auswirkungen dieser Transformation überhaupt einmal zu defi­ nieren.

ce in einem. Unverzichtbar und unbeherrschbar. Die unaufhaltsame Digitalisierung aller Wirtschafts- und Lebensbereiche, beziehungsweise der Umgang des Einzelnen sowie der Gesellschaft mit dieser Dynamik, ist die größte Herausforderung dieser Transformation. Vielleicht die größte Herausforderung, der sich die Menschheit je zu stellen hatte. Auf Bordsteinhöhe eingebaute Ampeln im Blickfeld der Smartphone-Addicts mögen als kurioses First World Problem durchgehen. Tatsächlich hat die Digitalisierung den Menschen im Sinne der Begriffsdefinition in einem je nach Zugang erstaunlichen oder

316 style in progress

erschreckenden Ausmaß transformiert. Und zwar mit dem impliziten Versprechen, das Leben einfacher und den Alltag zeitschonender und ökonomischer zu gestalten. Die Digitalisierung war das Versprechen von Freiheit durch die Auflösung physischer Grenzen und Gebundenheiten und das Versprechen von Gleichheit, weil auf einmal alles, vor allem Wissen und Informationen, allen zugänglich sein sollte. Soweit das „Big Picture“ in der Theorie. Aber aus der Freiheit ist Abhängigkeit geworden und aus der Gleichheit eine Maximierung der Ungleichheit. Denn die Erfüllung dieser Versprechen wurde von den ungeheuren Fliehkräften der digitalen Beschleunigung weitgehend beiseite geschleudert. Was nützt Grenzenlosigkeit, wenn sie vor allem zur Umgehung von (notwendigen) Spielregeln missbraucht wird? Was nützt der freie Zugang zu Wissen und Informatio-


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nen, wenn der Mensch sie gar nicht mehr ordnen und einordnen kann? Und inwiefern wurde unser aller Leben und unsere Zeitökonomie einfacher, wenn der Deal eigentlich bedeutet, dass wir immer mehr selbst machen sollen oder müssen, was noch vor einigen Jahren selbstverständlicher Dienst am Kunden gewesen ist? Diese bereitwillige Selbstausbeutung im Dienste des Fortschritts gehört zu den wirklich skurrilen Ausprägungen der digitalen Transformation. Wir müssen erkennen: Digitalisierung kann nicht die Antwort auf jede Frage sein. Technologie ist immer nur ein Tool, aber nie die alleinige Lösung. Die entscheidende Frage der Zukunft ist also, ob der Mensch Herr der Technologie bleibt oder sich zu ihrem Untertan macht.

Aufmerksam­ keitsökonomie Die ständige Reiz- und Informationsüberflutung macht Wahrnehmung, also Aufmerksamkeit zu einem ebenso raren wie wertvollen Gut. Den Begriff von der „Ökonomie der Aufmerksamkeit“ hat der Architekt und Stadtplaner Georg Franck visionär bereits 1998, also in der Zeit des digitalen Mesozoikum geprägt. Von ihm stammt folgendes Zitat: „Die Aufmerksamkeit anderer Menschen ist die unwiderstehlichste aller Drogen. Ihr Bezug sticht jedes andere Einkommen aus. Darum steht der Ruhm über der Macht, darum verblasst der Reichtum neben der Prominenz.“ Allerdings hatte und hat Aufmerksamkeit immer auch einen direkten ökonomischen Wert. Darum ist es nur logisch, wenn die Aufmerksamkeit des Menschen heute mehr denn je gelenkt und gefiltert wird. Das Ausmaß, mit dem die Wahrnehmung des Einzelnen heute von Algorithmen gesteuert wird, ist atemberaubend. Dass innerhalb des schier unendlichen, universalen Informationsheuhaufens eine bestimmten Gesichtspunkten folgende Vorsortierung erfolgt, ist übrigens grundsätzlich absolut richtig. Das Problem ist, dass diese Selektion so gut wie ausschließlich ökono-

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mischen Kriterien folgt und somit automatisch verengend wirkt, weil der Algorithmus aussortiert, was keine ökonomische Verwertbarkeit verspricht. Ein Produkt 1.000 Mal zu verkaufen, ist nach rationalen Kriterien natürlich wesentlich besser, als 1.000 Produkte einmal. Die viel beschworene und scheinbar so hochgehaltene Individualität des Menschen ist im digitalen Wettbewerb um die Aufmerksamkeit tatsächlich ein Problem, also ein Bug und kein Feature.

Buzzword Industrie 4.0 Schon wieder – direkter Zusammenhang mit der Digitalisierung. Die Auswirkungen der sogenannten Industrie 4.0 auf die Arbeitswelt und somit auf den Menschen gehört zu den aktuell unter Ökonomen, Zukunftsforschern und sonstigen tatsächlichen oder scheinbaren Experten zu den am heißesten und kontroversiellsten der diskutierten Themen. Profan heruntergebrochen lautet die Kernfrage: Geht uns die Arbeit aus, weil Roboter fast alles besser können und keinen Mindestlohn fordern? Jeremy Rifkin würde diese Frage gnadenlos bejahen. Ich bestreite das in dieser Konsequenz und befinde mich da auch in durchaus guter Gesellschaft. Dennoch – in vielen Bereichen werden Maschinen in einem Ausmaß menschliche Arbeitskraft ersetzen, wie das zuletzt in der industriellen und der landwirtschaftlichen Revolution der Fall gewesen ist. Ob dadurch äquivalent neue, andere Arbeitsplätze entstehen, ist nicht garantiert. Dass Adidas mit seiner Speed Factory erstmals seit fast einem Vierteljahrhundert wieder Schuhe in Deutschland produzieren wird, ist einerseits spannend und eine tolle Nachricht, gefertigt werden die Laufschuhe allerdings von Robotern und 3D-Druckern. Auf der Habenseite stehen demgegenüber 160 qualifizierte Arbeitsplätze, ein für den Produktionsstandort Europa symbolträchtiges Comeback und die Erwartung, dass nicht zuletzt durch die Digitalisierung und die Transformation

der Wirtschaft und Gesellschaft Bedürfnisse erwachsen, die neue Arbeitsplätze entstehen lassen.

Entscheidend für die positive Bewältigung der hier nur komprimiert geschilderten Transformation sind vor allem zwei Faktoren:

Optimismus Veränderung ist die beständigste Konstante der Menschheitsgeschichte. Ängstliches Wegducken war dabei nie erfolgreich. So atemberaubend die gefühlt klein gewordene und gleichzeitig so unüberschaubare Welt scheint, die gebotenen Nischen sind zahlreicher denn je. Nicht zuletzt dank der Digitalisierung. Sie hat neue Bedürfnisse entstehen lassen, aber auch immerwährende neu belebt und verstärkt. Das bietet große Chancen, nicht zuletzt für unsere Branche. Ist doch die Erfüllung emotionaler Bedürfnisse letztlich die einzige Existenz­ berechtigung der Mode.

Human Touch Mensch oder Maschine? Eine moderne Gesellschaft und eine zukunftsfähige Wirtschaft braucht beides. Es geht um die Gewichtung. Eine App kann Kindern Geschichten vorlesen, ein Roboter kranke Menschen pflegen, ein Algorithmus ein bestimmtes Kleid vorschlagen. Aber die App kann dem Kind nicht über die Haare streichen, der Roboter dem kranken Menschen keinen Trost spenden und der Algorithmus kein Kompliment machen.


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Mode ist mehr wert! Die Branche hat mit Umsatzrückgängen, Frequenzschwund im Handel, Rabattschlachten und gelangweilten Kunden zu kämpfen. Die Mode scheint ihnen schlicht nichts wert zu sein, und das bei einem guten Konsumklima. Wie kann es gelingen, die Konsumenten wieder für das Produkt Mode zu begeistern? Text: Kay Alexander Plonka, Nicoletta Schaper. Illustration: Claudia Meitert@Caroline Seidler

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Information ist der Vorsprung

Emotionen zählen

„In der heutigen Zeit hat alles mit Emotionen zu tun. Der Konsument muss durch verschiedene Faktoren begeistert werden, so, dass er ein Muss-ichhaben-Gefühl verspürt. Dies kann zum einen durch die perfekte Optik und Haptik des Produkts im Einzelhandel oder aber auch durch ein angesagtes Social-Media-Profil entstehen. Ein weiteres sehr wichtiges Kriterium ist das perfekt geschulte Personal in den Stores, welches in Zeiten des stark wachsenden Onlinemarktes immer wichtiger für den Erfolg des stationären Handels wird. Auch Verkäufer müssen in der Lage sein, bei den Kunden Emotionen zu wecken, sprich durch Storytelling, Spaß am Verkaufen, hervorragende Trend- und Warenkenntnisse, Freundlichkeit und Empathie.“ Janine Knizia, Showroom Manager Brama Gallery

Perso­nalisiertes Angebot

„Eine starke Begeisterung für Mode sehen wir nach wie vor, nur ist das Angebot heute dank Digitalisierung um ein Vielfaches größer, die Aufmerksamkeitsspanne der Kunden bleibt aber begrenzt. Verkaufspunkt und Inspirationsquellen müssen wieder stärker zusammenrücken und nicht entkoppelt voneinander funktionieren. Deshalb werden ein personalisiertes Angebot und Inspiration für Kunden immer wichtiger – beides Kernthemen für Zalando.“ David Schneider, Gründer und Mitglied des Vorstands Zalando

„Gerade jetzt am vergangenen Wochenende habe ich wieder festgestellt, dass es in den Läden, in denen viel los ist, auch besonders begeisterte Mitarbeiter gibt. Die Mitarbeiterschulung ist so wesentlich, kommt aber an vielen Stellen zu kurz: Wie empfange ich die Kunden, wie offen gehe ich auf sie zu, wie informiere ich sie? Wie informiert ist der Mitarbeiter selbst, von der Mode und vom Sortiment, aber auch von der Mitbewerbersituation? Anstatt die Lücken am PoS mit Aushilfen zu schließen, sollte der Handel lieber in Schulungen investieren und die Lieferantenseite sollte ihn besser unterstützen. Welche Marken das bereits gut machen? Zum Beispiel Benvenuto oder Carl Gross, die genau da ansetzen und sich um ihre Handelspartner kümmern. Denn Information gibt den entscheidenden Vorsprung.“ Holger Schmies, Geschäftsführer Onomato

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Zu wenig wahres Interesse

Nachhaltigkeit und Transparenz

„Neben dem klassischen Manufactum Bekleidungssortiment, das durch Langlebigkeit und natürliche Materialien überzeugt, setzen wir zunehmend auf Marken aus dem Bereich Ethical Fashion, mit denen wir auch jüngere Kundengruppen ansprechen. Diese haben nicht nur andere Ansprüche an das Design, sondern auch ein anderes Verständnis von Nachhaltigkeit. Transparenz, eine hohe Glaubwürdigkeit sowie eine verantwortungsvolle Herstellung – das sind für uns entscheidende Faktoren, um auch zukünftig die Konsumenten für unsere Produkte zu begeistern und gesellschaftlich relevante Themen voranzubringen.“ Christine Fehrenbach, Leiterin Markenentwicklung Manufactum GmbH & Co. KG

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„Es kann in den Geschäften keine Stimmung aufkommen, wenn überall das Gleiche und oft lieblos präsentiert liegt. Es gibt nur sehr wenige Händler, die mit schönen und individuell gestalteten Verkaufsflächen zum Kauf zu verführen verstehen. Heute muss alles passen: Warenmix, Präsentation, das Verkaufspersonal. Oft hört im Laden der Service beim Bezahlen an der Kasse auf, aber da beginnt meist der Service der Onliner. Denn künftig ist mehr und mehr Service in Form von Homeshopping, Lieferung nach Hause und Auswahlsendungen gefragt. Ganz grundsätzlich findet die Begeisterung bei den Menschen hinter der Mode nicht mehr statt. Die müsste bei jedem Glied in der Kette vorhanden sein, vom Produzenten über den B2B-Verkauf bis hin zu den Menschen im Store. Nicht nur die klassischen Systemfehler, die uns allen bewusst sind, haben zur Müdigkeit in der Branche geführt, sondern die Tatsache, dass die Begeisterung von Grund auf fehlt. Zu wenige von uns haben wahres Interesse an der Mode. Wie wollen wir dann die Konsumenten begeistern, wenn keine Begeisterung von uns kommt?“ Christian Obojes, Geschäftsführer Agentur Room with a view

Werte vertreten

„Ist es denn wirklich eine bedauerliche Entwicklung, wenn die Konsumenten angesichts der sich immer schneller drehenden Zyklen der Modeindustrie und ihrer eigenen überfüllten Kleiderschränke Ermüdungserscheinungen zeigen? Ich glaube daher auch nicht, dass man versuchen soll, die Kunden mit neuen Ansätzen für das Produkt Mode zu begeistern, sondern schlicht und einfach für gute Kleidung. Damit meine ich Kleidung, die zum einen gut aussieht – und zwar nicht nur eine halbe Saison lang, sondern durch ihre Robust­heit und Zeitlosigkeit weit darüber hinaus –, und zum anderen unter fairen Bedingungen und Ressourcen schonend hergestellt wird. Die Zeit, in der es den Kunden gereicht hat, dass ein Teil besonders günstig oder besonders angesagt ist, ist wohl tatsächlich vorbei. Aber wenn es nicht mehr um den neuesten Trend geht, der ein paar Monate später wieder vom nächsten abgelöst wird, sondern um Produkte, die einen Wert haben und gleichzeitig auch Werte vertreten, kehrt auch die Freude und der Spaß am Konsum zurück. Die positiven Reaktionen auf unsere F-abric Kollektion stimmen mich zuversichtlich, dass dies nicht nur ein frommer Wunsch, sondern eine Haltung mit Zukunft ist.“ Markus Freitag, Gründer und Creative Director Freitag Lab AG


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Unver­ wechselbare Spitzen­ produkte

Überraschungen Erleben

„Um Konsumenten in Zukunft wieder zu begeistern, müssen wir sie überraschen und, noch viel wichtiger, tiefgehend inspirieren. Das gelingt nicht nur über ein gutes Warenangebot und innovatives Visual Merchandising, hierzu gehört es auch, ganz neu zu denken. Die Konsumenten wollen verführt werden, glaubwürdiges Storytelling sowie die Art und Weise, wie das Produkt verpackt wird, zählen mehr denn je. Generell müssen Marken und Händler heute 30 Prozent mehr tun, um das gleiche Ergebnis oder ein leichtes Plus zu erreichen. Inspirationen aus anderen Branchen, wie zum Beispiel erfolgreiche Konzepte aus der Gastronomie, zeigen uns zum einen, wie man sich immer wieder neu erfinden kann, und zum anderen, entwickeln muss, damit man vorne mit dabei bleibt. Was Ware und Merchandising angeht, müssen wir alle wieder mutiger werden. Es wird zu oft überall das Gleiche gezeigt. Es fehlt im Handel der Mut, Trends und Tendenzen zu zeigen, selbst wenn dies nicht – oder zumeist noch nicht – immer die ultimativen Topseller sind. Wir brauchen generell vielfältigere Sortimente, um die Konsumenten weitreichend zu inspirieren. Natürlich ist zielgruppengerechter Service im Handel ein Schlüssel zum Erfolg. Guter und innovativer Service steigert die Begeisterung und Zufriedenheit von Kunden und kann zusätzlich noch zur Kundenbindung beitragen. Außerdem wollen Konsumenten etwas erleben oder entdecken, womit sie im Vorfeld nicht gerechnet haben. Mit Überraschungsund Erlebnismomenten wird der Fachhandel die Kunden immer wieder aufs Neue begeistern können und gleichzeitig im Wettbewerb gegen die großen Online- und Monolabelkonzepte bestehen.“ Claus L. Sørensen, Head of Sales & Partner Minimum A/S

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„Wir sind spezialisierter Fachhändler seit 1979. Als wir 2008 unsere ersten selbstproduzierten Schuhe auf den Markt brachten, wurden wir belächelt. Als kleine Manufaktur bieten wir schon heute ein außergewöhnliches Produkterlebnis, was vielen großen Marken fehlt. Kleine handgefertigte Serien aus feinsten Materialien kleiner Hersteller, dieses Rezept übertragen wir gerade auf zahlreiche technische Neuheiten. Das haptische Erfühlen erlesener Materialien in einer deutschen Wertarbeit mit neuester Technologie, veredelt sich durch gutes Design zu einem einzigartigen Gut. Die Vielfalt, die wir anstreben, ist nur im guten Fachhandel erleb- und vermittelbar. Nur durch neue unverwechselbare Spitzenprodukte mit besonderer Aussage kann sich ein Teil des lokalen Handels im Eventwettbewerb gegen Kistenschieber profilieren und Kunden durch Begeisterung für seine Leistung an sich binden. Mode erfasst daher immer mehr den gesamten Wertschöpfungsprozess, im Sinne einer sich immer wieder wandelnden Choreografie des technisch Machbaren. Es ist die gemeinsam mit dem Handel inszenierte Kreativität auf höchstem technischen Niveau, die die Modemarke zur Attraktion für Kunden machen wird. Die Maxime Qualität erhält durch die geradezu explodierenden Möglichkeiten moderner Fertigungslinien eine neue Dimension. Produkte werden komplexer und das zu vermittelnde Erlebnis geschmacklicher Kultur wird intensiver moduliert. Überlebende Fachhändler haben schon jetzt ein interessantes Portfolio der Marken und Produkte selektiert, was keinen Vergleich scheut. Dadurch wird das Interesse der neuen digitalen Konsumenten geweckt und bringt zudem Bewegung in die webbasierte Schockstarre des Handels. Das Coming soon steht dabei für Booming soon – nur die Frage ob und was stellt sich der Frage wer.“ Ulf Lunge, Geschäftsführer Lunge Lauf- und Sportschuhe GmbH

Produkte, die begeistern

„Wir müssen unsere Aufmerksamkeit gezielt auf das Produkt und die Details richten. Die italienische Mode hat sich einen guten Ruf bezüglich der Produktentwicklung erarbeitet und wird immer mehr zum Produktionszentrum für die globale Luxusindustrie. Das ist der Grund, wieso ich mich dazu entschieden habe, saisonale Co-Brandings zum Beispiel mit Duvetica, JPlus oder K-Way zu entwickeln. Wenn sich zwei Unternehmen zusammen für eine Partnerschaft entscheiden und ihr Know-how verbinden, kommt ein absolut einzigartiges Produkt dabei heraus. Es bietet den Kunden einen neuen Mehrwert und begeistert sie, die Kleidung zu tragen.“ Alberto Bresci, CEO Hydrogen


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Gemeinsam Mehrwert schaffen

„Der erfolgreiche Einzelhändler der Zukunft muss seine positiven Argumente besser herausstellen. Vor allem sehe ich die Chance in der fachlichen und kompetenten Beratung. Die Mitarbeiter müssen permanent ein Update über Marken, Trends und momentanen Zeitgeist vom Unternehmer erhalten. Und zwar nicht nur über die Markenwelt, die am eigenen Arbeitsplatz stattfindet, sondern auch im Allgemeinen. Moderne Technologie wird zunehmend von Nöten sein. Man muss den Mitarbeitern die Angst vor neuen Techniken nehmen. Tablets sind heute schon längst keine Seltenheit mehr. Das etwas angestaubte Image des klassischen Einzelhandels muss an manchen Stellen beim Endverbraucher mit solchen Tools aufpoliert werden. Einfache Mailings per Post sind beispielsweise schon lange keine zündende Waffe mehr. Wichtig ist permanentes Bespielen von Flächen mit Events, die glaubhaft zum jeweiligen Einzelhändler passen müssen und dadurch langfristig einen Nutzen bringen. Das Sortiment der Zukunft – egal in welcher Preisklasse – muss ein Portfolio etablierter, echter Marken mit neuen permanent wechselnden innovativen Labels sein, die im Store richtig in Szene gesetzt werden. Der Endkonsument muss spüren, dass er hier keinen Preis kauft, sondern ein Produkt, das die Sehnsucht nach Verlässlichkeit, Modernität und auch Nachhaltigkeit erfüllt. Dadurch wird der Endkunde an den Einzelhändler vor Ort gebunden. Schließlich sind Greifen, Fühlen und Erleben in einem angenehmen Umfeld immer noch Vorteile, die den finalen Kaufimpuls begünstigen. Die große Chance des Einzelhandels liegt in der Zusammenarbeit mit Produktspezialisten, die gemeinsam einen Mehrwert an Handwerklichkeit, Verlässlichkeit und Innovation herausarbeiten. Denn genau das können reine Onlinehändler bisher noch nicht. Nichts desto trotz, der stationäre Einzelhandel kommt nicht umhin, soziale Netzwerke wie einen Blog oder einen Newsletter künftig stärker für den eigenen Laden zu nutzen. Dies wird für den Händler wichtig sein, um den Kunden der Zukunft zu erreichen und glaubwürdig davon zu überzeugen, dass in seinem Laden das Gesamtpaket stimmt. Hier ist viel Nachholbedarf. Der Handel muss sich weiterbilden und dazu Input von Profis holen.“ René Michaelis, Inhaber Michaelis Fashion Agency

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Freude und Leidenschaft vermitteln

„Ich erinnere mich an ein Statement von mir aus dem Jahre 1999, es lautet: Fashion does not care what you think. So widersprüchlich dieses einfache und respektlose Statement im Hinblick auf die offensichtliche Logik jedes wirtschaftlichen Businessmodells auch klingen mag, so erinnert es mich doch an die wirkliche Bedeutung der damit verbundenen Botschaft: Du bist der Mittelpunkt der Welt, also tu, was dir gefällt und genieße es! Ich glaube, das ist die Einstellung, mit der man in jedem Bereich einen Unterschied machen kann und die das Potenzial birgt, mit jeder Idee einen echten Durchbruch zu erzielen. Die Macht, die eine solche Einstellung mit sich bringt, kann man nicht stoppen. Ich habe mit Boardshorts und T-Shirts in der Fabrik meiner Mutter neben der Autowerkstatt meines Vaters angefangen, wo ich auch meine ersten Surfbretter gebaut habe. Ich dachte, wer ein Brett bei mir kauft, will sicher auch ein Shirt und eine Short von dem Typen, der das Bord gemacht hat. Ich glaube, so beginnen heute noch viele Erfolgsgeschichten. Wir designen und produzieren mit viel Leidenschaft Dinge, die wir lieben, und daran haben wir viel Freude. Die Jacken, die wir herstellen, basieren auf dem langjährigen Know-how, das wir mit unseren Neoprenanzügen gesammelt haben. Mit unserem Summer Storm Jacket haben wir etwas Neues geschaffen, das es vorher so noch nicht gab und vom italienischen Fashionmarkt adaptiert wurde. Die Wintervariante mit Gänsedaunenfutter war die logische Weiterentwicklung und kam genau zur richtigen Zeit in die Läden. Mit einer Anzeigenkampagne, in der der erfolgreiche italienische Geschäftsmann und leidenschaftliche Kitesurfer Alessandro Benetton unsere Jacke trug, haben wir auch die Konsumenten in den Fashion Districts von Mailand und Rom erreicht. Wir stehen noch ganz am Anfang unserer neuen Reise ins Jackengeschäft, aber ich glaube, dass die Liebe und Freude, solche schönen Boards und Jacken zu fertigen, sich im Produkt widerspiegeln. Und das ist es letztendlich, was die Menschen anspricht und dazu bringt, ein Produkt zu kaufen. Nichts ist einfacher: Liebe, was du tust – nicht wer du bist.“ Roberto Ricci, CEO RRD – Roberto Ricci Designs


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Action!

Inszenierung

„Stammabteilungen, Ärmelparaden, Warengruppentische, schwindelerregende Stapelhöhen, Sortimentsgleichheit. Personalabbau und Leiharbeiter, die von den Marken über Agenturen gebucht werden. Kommt da bei Ihnen Begeisterung auf? Nein, vermutlich nicht. Jene Stores, die kontinuierlich frische Sortimente für die Kunden inszenieren, physisch und/oder digital interessante Erlebnisse zelebrieren, werden sich weder um mangelnde Frequenz noch um kleiner werdende Durchschnittspreise sorgen müssen.“ Thorsten Link, Managing Brand Director Strellson

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Wir brauchen Persönlich­ keiten

„Beim Einkauf wird das Erlebnis wichtiger. Wir brauchen Mut, anders als die Konkurrenz zu sein. Ich muss meine Kunden überraschen, nicht nur zufrieden stellen. Als Händler muss ich mich fragen: Stimmen die Touchpoints meines Geschäfts mit denen meiner Kundenzielgruppe zusammen? Passen die Verkäufer zu meinen Kunden? Dahinter stecken nicht immer leichte unternehmerische Entscheidungen. Darüber hinaus ist es schwer, die Richtigen zu finden, denn im Handel verdient das Verkaufspersonal zu wenig. Wir brauchen gute Leute, die müssen entsprechend bezahlt werden. In der gehobenen Gastronomie in Italien hat sich das total gewandelt. Noch vor zehn Jahren dominierten billige Aushilfskräfte, doch man hat erkannt, dass es Persönlichkeiten braucht. Der Gast will ein angeregtes Gespräch auf Augenhöhe, eine angeregte Empfehlung, dafür ist er auch bereit, mehr zu zahlen. So ist der Beruf des Kellners zum hochbegehrten Beruf geworden, der entsprechend entlohnt wird. Auch im Premiummodehandel brauchen wir Persönlichkeiten. Es dauert sicher noch, bis sich diese Erkenntnis durchsetzt; noch ist der Leidensdruck im Handel nicht hoch genug. Aber ich bin sicher, das wird kommen.“ Heiner Oberrauch, Inhaber Oberrauch-Zitt in Südtirol

„Sobald das Wetter mal nicht mitspielt, kriegen viele Händler Muffensausen und das frühe Reduzieren geht los. In der Order haben sie noch versprochen, nicht vor dem Tag X zu starten, aber sobald ein großer Händler hier im Umkreis anfängt, hält sich kaum einer mehr an die Absprachen. Für mich ist es das größte Problem, dass die Lieferanten keine Konsequenzen daraus ziehen. Dabei ist es höchste Zeit, dem einen Riegel vorzuschieben und zu sagen: Wer sich nicht an Absprachen hält, ist in der nächsten Saison nicht mehr dabei. Ich führe das Geschäft seit 29 Jahren. Unsere Stammkunden wissen, dass wir erst in der letzten Dezemberwoche und sechs Wochen nach Pfingsten mit dem Reduzieren beginnen. Wenn das Geschäft mal vier Wochen nicht so gut läuft, versuchen wir dennoch, uns nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Wir Händler sollten alle versuchen, die Saisons zu verlängern. Viele argumentieren dagegen, sie hätten dann keine Chance – aber na klar haben wir eine Chance! Bei uns fängt es damit an, dass wir nach unseren Abverkaufsquoten einkaufen und daher generell weniger ein Problem mit Reduzierungen haben. Außerdem bemühen wir uns darum, spezieller zu ordern. Das Konzept geht auf; unsere Stammkunden für das Damenund Herrengeschäft kommen mittlerweile aus einem Umkreis von 80 Kilometer, weil sie wissen, dass unser Sortiment ein bisschen anders als das der anderen ist. Zusätzlich wollen wir den Kunden auch Atmosphäre bieten, viele kommen zum Beispiel Samstag zum Fußballgucken. Dazu gibt’s Bier, es wird gequatscht und in der Halbzeit etwas anprobiert und gekauft. Wir machen zwei bis drei Events pro Saison mit unseren Herstellern, unsere Mitarbeiter kontaktieren ihre Stammkunden, wenn für sie neue Ware hereinkommt. Außerdem nehmen wir Altkleidung unserer Kunden gegen Gutschrift zurück, dafür arbeiten wir mit einem Outlet in Hamburg zusammen. Wir müssen als Händler enorm viel tun, aber unsere Belohnung dafür ist Action im Laden – und vernünftige Abverkaufsquoten.“ Matthias Beckmann, Geschäftsführer Beckmann Männermoden, Gelsenkirchen


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Eindeutige Differenzierung

Gefühl und Erlebnis

„Das Einkaufserlebnis ist das Schlüsselelement im stationären Handel. Marketingteams verbringen viel Zeit damit, Kunden in die Läden zu ziehen. Was dann mit dem Kunden auf der Fläche passiert, ist in vielen Fällen leider nur noch zweitrangig und bisweilen sogar desaströs. Uninspirierte, auf sicher gekaufte Sortimente, unmotiviertes Personal und fehlendes oder falsches Produkt-Know-how sind leider immer öfter der Normalzustand. Wenn die beiden einzigen Argumente für einen Einkauf nur noch Preisnachlass und Sale-Phase heißen, wird sich stationär auf Dauer kein Kunde mehr für den Einkauf begeistern lassen, denn Rabattcodes und Sale gibt es im Internet immer noch bequemer und früher. Dem Kunden stattdessen ein umfassendes Einkaufserlebnis vor, während und nach dem Kauf zu bieten, steigert die Kundenbindung und letztlich den Umsatz. Wenn der Kunde ein Geschäft betritt, will er die Produkte live erleben und erwartet eine professionelle und auf seine Bedürfnisse abgestimmte Beratung. Der stationäre Handel hat gegenüber dem Onlinehandel viel bessere Möglichkeiten, den Einkauf zum Erlebnis zu gestalten und Produkte mit Emotion aufzuladen. Dadurch erreicht der Handel eher den Kunden, der bereit ist, Geld zu investieren, und nicht nur den Bedarfskäufer, der auf der Suche nach dem niedrigsten Preis ist. Verkaufsstrategie muss eine Erlebnisphilosophie beinhalten. Der Kunde kauft ein Gefühl und nicht mehr nur das Produkt an sich. Die Gastronomie liefert dafür die besten Beispiele: Ich fahre jedesmal fast eine Stunde lang zu meinem Lieblingsitaliener. Und das, obwohl ich eine gute Pasta überall in der Stadt bekomme oder mir bequem per Onlinebringdienst nach Hause liefern lassen kann. Aber das Gesamterlebnis vom Betreten des Restaurants mit seinem Interieur und Ambiente, über die freundliche Bedienung, die fürsorgliche Beratung und die Liebe zum Produkt bis hin zum Ende, an dem das Gefühl steht, eine gute Zeit und einen schönen Abend verbracht zu haben, ist der ausschlaggebende Grund, warum ich die Pasta nicht woanders oder alleine zu Hause esse. Und dass es im Handel genauso funktionieren kann, zeigen hier in Berlin Retailkonzepte wie der Voo Store oder Andreas Murkudis, die abseits aller Lauflagen funktionieren, weil sie halt nicht nur Produkte verkaufen, sondern ein Gefühl und ein Erlebnis bieten. Das ist, was der Kunde heute beim Ausflug in die Stadt sucht.“ Lars Holzbrecher, Head of Buying Firmament Berlin

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„Gegenwärtig sind und werden Verbraucher immer anspruchsvoller: Es muss die beste Marke und das beste Produkt sein, jedoch zum kostengünstigsten Preis mit dem besten Service. Anspruchsvolle Kunden sollten die Modewelt konstant dazu anregen, sich ständig neu zu erfinden und das Ganze auf ein nächstes Level zu bringen. Jetzt stellt sich natürlich die Frage: Was bedeutet das nächste Level? Vor allem in den letzten Jahren war es unter den Modemarken weit verbreitet, sich gegenseitig zu kopieren. Dem aktuellen Produktangebot fehlt Individualität und Differenzierung, deshalb sind die Verbraucher gelangweilt. Auch die Preispositionierung hat in den letzten Jahren unter starken Schwankungen gelitten. Wo früher Produkte zum empfohlenen Einzelhandelspreis oder zweimal jährlich mit entsprechenden Rabatten während der großen Schlussverkäufe angeboten wurden, findet der Verbraucher heute das ganze Jahr lang ein und dasselbe Produkt mit zig unterschiedlichen Preisauszeichnungen. Ab einem gewissen Punkt kollidiert die Preisgebung mit der Wertwahrnehmung des Konsumenten. Was ist ein Produkt wirklich wert, wenn ich es in einer immer günstiger werdenden Form finden kann? Da frage ich mich, wofür bezahle ich – das Material, das Design oder bezahle ich für die Bedeutung eines Produktes oder einer Marke? Und genau das ist der Punkt: Mode muss für etwas stehen und den Verbraucher dazu bringen, sich mit ihr zu identifizieren, um durch den Kauf eines Produktes einen Mehrwert zu erfahren. Andernfalls dezimiert sich der Wert einer Marke, sodass Konsumenten immer weniger zu kaufen bereit sind und dafür auch folglich weniger bezahlen. Deshalb wirkt man Umsatz- und Frequenzrückgängen besser nicht mit Rabattschlachten entgegen. Echte Differenzierung ist meiner Meinung nach das Schlüsselkonzept, um Enthusiasmus bei den Kunden und Marken selbst zu erzeugen. Ich betone in diesem Zusammenhang ‚echte‘, weil das bedeutet, dass Eigenständigkeit nicht einfach zu kopieren ist und dabei einzigartige Attribute bietet. Jede Modemarke sollte sich demnach die Frage stellen: Wofür stehe ich und wie kann ich die Gefühle des Kunden wecken? Um schlussendlich den Wunsch oder die Sehnsucht beim Kunden zu erzeugen, das Produkt besitzen zu wollen. Wenn eine Marke es schafft, sich eindeutig abzuheben und Kunden durch eine einzigartige Positionierung emotional zu involvieren, ist die Kundenloyalität eine klare Konsequenz. All dies sind effiziente Waffen, um gelangweilten Kunden, Umsatzrückgang und Preisschlachten entsprechend zu begegnen.“ Vanessa Sosa Erfurt, General Manager Havaianas Central Europe, Alpargatas S.A.



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So alt werde ich nie Es ist wie die Verwunderung über die Kälte, die jedes Jahr wiederkehrt. Man wird ganz plötzlich vom ersten Schnee überrascht, der Flughäfen und Autobahnen lahmlegt, obwohl es doch in der Natur der Jahreszeiten liegt, dass der Winter jedes Jahr wiederkommt. Ähnlich staunend steht auch die Konsumgüterindustrie vor einer neuen Generation – vor allem die der Mode, die so trendsensibel ist. Es ist eine neue Konsumentengeneration, die ganz andere Ansprüche und Vorlieben hat. Ein bisschen erinnern die Unternehmen, die dafür nicht gewappnet sind, an die Autofahrer mit Sommerreifen oder die Flughäfen ohne Winterdienst. Diese Unternehmen verschieben – weil man es in Managementkursen über Marktanalysen so gelernt hat – die eigene Position und die Positionen der Wettbewerber in Ansoff-Matrizen hin und her und wundern sich, dass es noch immer nicht funktioniert, obwohl man doch weiß, wo man im Markt positioniert ist. Was genau so wichtig sein sollte, aber oft gänzlich in den Analysen fehlt, ist: Wie verändert sich die Struktur des Marktes? Wie sind die Achsen, die Parameter definiert? Für die Konsumgüterindustrie heißt das ganz konkret: Wie denkt der Kunde? Doch gerade diese Aspekte vernachlässigen Modeunternehmen oft und verschlafen Trendverschiebungen. Die neuen Kunden­ generationen

In Zeiten, in denen Kunden immer komplexer und ihre Ansprüche immer differenzierter werden, ist Dornröschenschlaf

Es ist wieder so weit: Die alte Konsumenten­ generation wird von neuen Kun­ den abgelöst, die informierter und anspruchs­ voller als je zuvor sind. Eine Her­ ausforderung für alteinges­ essene Mode­ unternehmen. Text: Quynh Tran. Illustration: Claudia Meitert @Caroline Seidler

fatal. Denn heute gibt es längst nicht mehr den einen Kunden, sondern viele verschiedene Kundenkohorten, die man unterschiedlich ansprechen muss. In den Medien und in wissenschaftlichen Studien wird die Generation Y, die sogenannten Millennials, die zwischen 1980 und 2000 geboren sind, heftig debattiert. Russell Belk, Marketingprofessor an der kanadischen York University, hat 1988 in seinem Aufsatz „Besitztümer und das erweiterte Ich“ behauptet, dass Besitztümer eine Möglichkeit sind, das Konstrukt des Selbst aufrechtzuerhalten. Für die Babyboomer und Generation X, die damals im konsumfähigen Alter waren, mag genau das gestimmt haben. 2013 musste Belk seine These revidieren. Angesichts des Besitz- und Konsumverhaltens der Millennials bezeichnet er in seinem Aufsatz „Extended Self in a Digital World“ den Konsum nun als „weitgehend unsichtbar und immatriell“. Eine Studie des Konsumforschers Concept M aus dem Jahr 2015 über das Verhalten der

Generation Y aus der Nahrungsmittelindustrie kam zu dem Ergebnis, dass die Vertreter dieser Generation nicht einfach ein Produkt kaufen wollen, sondern etwas, das ihnen ein Identitätsgefühl gibt. Es liegt nahe, dass sich diese Schlussfolgerung ähnlich auf den Bekleidungskonsum übertragen lässt – das würde auch den Anstieg Lifestyle-orientierter Content-Vermarktung bei Modekonzernen wie Levi’s oder Calvin Klein erklären. Auch ältere Kundinnen werden modisch

Aber nicht nur die Generation Y und die noch heranwachsende, von Social Media geprägte Generation Z sind in ihren Ansprüchen vielschichtiger geworden, sondern auch die mittleren und älteren Konsumentengenerationen. So hat das Nürnberger Konsumforschungsinstitut GfK angesichts des Wandels bei Kunden eine Neusegmentierung vorgenommen, in der es insgesamt neun Stile unter den weiblichen Modekonsumenten mit jeweils drei Typen im jüngeren, mittleren und gehobenen Alter gibt. Entscheidend für die Segmentierung ist allerdings weniger das Alter als der jeweilige Bekleidungsstil. Diesem bleibt die Modekonsumentin meist in allen Lebenslagen (Freizeit, Sport, Beruf) und in jedem Alter treu. Den Stil der Kundin zu kennen, ist für Hersteller und Händler ein großer Gewinn, denn dann kann die Konsumentin punktgenau angesprochen werden. Um konkrete Urteile über Entwicklungen innerhalb dieser einzelnen Stile zu fällen, ist die Segmention noch zu neu,“ sagt Petra Dillemuth, Product Director Fashion & Lifestyle bei GfK. „Was wir außerdem bereits mit Sicherheit sagen können, ist, dass der Typ ,korrekte alte Dame‘, die Nachkriegsfrau mit ordentlicher Frisur und Kostüm nur noch mit sehr kleinen Zahlen vertreten sein wird.“

Das ist eine Entwicklung, die sich so auch in den Medien spiegelt: Nicht Lindenstraße und Traumschiff, sondern Sex and the City und junggebliebene Prominente geben die Stilrichtung für Frauen von 30 bis 50 vor. Eine 50-jährige Frau denkt – und kauft – heute anders als eine 50-jährige Frau vor zehn Jahren. Um das zu sehen, muss man keine Tiefenpsychologie beherrschen. Auf der einen Seite wächst das Billigbekleidungssegment. Auf der anderen Seite, im gehobenen Stil, deutet sich eine andere Entwicklung an: Im Supermarkt werden die Regale für Biolebensmittel immer länger. Am Zeitungskiosk, an dem früher vor allem eine Brigitte hervorstach, wimmelt es heute von Hochglanzmagazinen wie Vogue, Harper’s Bazaar oder L’Officiel. In der Buchhandlung stapeln sich Ratgeber über bewusstes Essen, Yoga, Pilates, Achtsamkeit. Im Fernsehen sieht man Frauen wie Sandra Bullock und Cindy Crawford, die rund um 50 vorbildhaft schlank sind und figurbetonte Kleidung tragen. Und so achten Frauen viel mehr auf sich und ihren Lebensstil als früher: Es geht nicht mehr um ein Kleidungsstück als Produkt, sondern um Mode als Bestandteil in einem ganzheitlichen Lebensentwurf. „Die 50-Jährige von heute sieht nicht mehr so aus wie die 50-jährige von vor zehn, 20 Jahren. Es gibt Stile unter diesen Altersgruppen, die modischer sind und den Anspruch haben, sich nicht nur farblos zu verhüllen, sondern die gängigen Trends – auf ihre Bedürfnisse übertragen – zu adaptieren“, so Dillemuth. Unternehmen, die nicht auf die neuen Konsumentengenerationen eingestellt sind, verpassen nicht etwa die Zukunft, sie kommen nicht mal der Gegenwart hinterher. Und das gilt für Einzelhändler genauso wie für Hersteller. style in progress 316


086 SO LÄUFT’S

TRANSFORMATION

Lifestyle statt nur Produkt

Marken vom Format Gerry Weber sind auch möglicherweise deswegen in Schwierigkeiten, weil sie als altbacken gelten – und das will selbst die 70-Jährige nicht sein. Gleiches gilt für Kaufhausformate. Mit der wenig einladenden Atmos­ phäre in Kaufhäusern, in denen Produkte nur aneinandergereiht wirken, identifizieren sich Modekundinnen in ihren besten Jahren immer weniger. Stattdessen pilgern die Kunden zu Vertikalen, die ein attraktives Preis-Leistungs-Verhältnis liefern, oder zu individuellen Boutiquen und Conceptstores, die mit ihrer fein kuratierten Auswahl ein ganz anderes Warenbild zeichnen. Selbst der E-Commerce profitiert von den Best Agers – von Silver Surfern ist schon lange nicht mehr die Rede, bewegen sich die mitten im Leben stehenden Kundinnen doch souverän im Web. Dagegen müssen sich klassische Händler anders profilieren. So hat Nicole Hogerzeil 2015 ihr Sortiment verkleinert, als sie zwei Läden zusammengelegt hat, und präsentiert ihren Kundinnen – berufstätigen Frauen, die mitten im Leben stehen – eine kleinere und bessere Auswahl modischer, französischer und deutscher Marken. „Der Anspruch der Kunden ist natürlich aufgrund der Informationsflut der sozialen Medien viel höher, was für mich als Händler eine Herausforderung ist, die Arbeit aber auch interessanter macht. Die Kunden sind top informiert – also muss man selbst es auch sein und auf dem besten, allerneuesten Stand sein, um genau zu wissen, was sie wollen. Das ist eine positive Entwicklung, auch wenn es sehr Petra Dillemuth, Fashion & Lifestyle Manager GfK: „Der Typ korrekte alte Dame, die Nachkriegsfrau mit ordentlicher Frisur und Kostüm, stirbt aus.“

Nicole Hogerzeil, Schwarzhogerzeil Berlin: „Der Anspruch der Kunden ist natürlich aufgrund der Informationsflut der sozialen Medien viel höher.“

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zeitintensiv ist. Trotz großer Onlineshoppingkonkurrenz kann man es schaffen, diese Kundinnen mit einer zielgerichteten Selektion der Ware und einer individuell abgestimmten Beratung zu begeistern. Das ist dann der Erfolg, denn der persönliche Kontakt ist doch das Wichtigste“, resümiert Hogerzeil. Balance zwischen Linie und Modernität schaffen

Die Herausforderung unserer Zeit, so Andreas Baumgärtner, Chief Operating Officer von Marc O’Polo, ist die eigene Identität zu wahren und gleichzeitig so viel Innovation zuzulassen, dass die nächste Generation auch angesprochen wird: „Die Frage, die die unbestreitbare Verschiebung der Konsumenten immer wieder aufwirft, ist: Was lasse ich an Veränderung und Vielfalt zu, ohne die eigene Linie zu verlieren? Wo ist die Balance zwischen Linie und Modernität, ohne den Stammkunden und die Händler zu irritieren, ist die Kollektion noch verständlich?“ Das deutsche Unternehmen mit schwedischen Wurzeln feiert im nächsten Jahr 50-jähriges Bestehen und hat sich seit der Gründung erfolgreich von einem Männerhemdenhersteller zu einem Premium Modern Casual Label entwickelt, das heute mit modischen Farben und durchdesignten Monobrandstores international erfolgreich ist. Dem niederländischen Label Turnover kommt das verstärkte Modebewusstsein unter älteren Konsumentengruppen, das schon von Beginn an statt grauer Kostüme modische Entwürfe auf dem Plan hatte, die für Freizeit und Arbeit gleichermaßen geeignet sind. „Wir schauen aus der Perspektive einer gut informierten, inspirierenden Frau auf unsere Kollektionen. Alter war für uns nie eine Frage, Körperformen waren es immer schon. Wir haben immer versucht Kleidungsstücke zu machen, die sowohl jüngeren als auch älteren Frauen schmeicheln, statt einzuengen, und nehmen Abstand von zu freizügigen Schnitten. Heutzutage sind die Altersgruppen viel näher aneinander gerückt, weil Frauen so viel bewusster mit ihrem Körper umgehen. Das macht es

Andreas Baumgärtner, Chief Operating Officer Marc O’Polo: „Die Frage ist: Was lasse ich an Veränderung und Vielfalt zu, ohne die eigene Linie zu verlieren?“ Arna Cornelissen, Design Turnover: „Alter war für uns nie eine Frage, Körperformen waren es immer schon.“ Emin Cezairli, Geschäfts­ führer Mavi: „Gerade mit dem Aufstieg der sozialen Medien ist die Zielgruppenverschiebung zu einem wichtigen Thema geworden.“

für uns umso einfacher. Als wir angefangen haben, gab es nicht so viel modisches Angebot, und das macht den Unterschied zu heute aus. Deshalb konzentrieren wir uns darauf, kleinere, individuelle Kollektionen zu machen, die eine eigene Handschrift haben, nachhaltig produziert werden und auch in einem Jahr noch modisch sind,“ sagt Designerin Arna Cornelissen. Segmentierung, um neue Kundengeneration heran­ zuführen

Beim türkischen Jeansher­ steller Mavi hat man direkt von Anfang an die Kollektionen segmentiert, um verschiedene Altersgruppen anzusprechen: „Gerade mit dem Aufstieg der sozialen Medien ist die Zielgruppenverschiebung zu einem wichtigen Thema geworden“, sagt Geschäftsführer Emin Cezairli. „Wir haben immer schon mit zwei Produktlinien kommuniziert, die sich sowohl im Design als auch im Preis an verschiedene Altersgruppen richten und sie so abholen. Die Uptown-Kollektion, die für Konsumenten ab 30 konzipiert ist, ist komfortabler geschnitten und etwas teurer als die normale Linie, die sich an jüngere Konsumenten richtet.“ Um die jüngeren Konsumentengruppen, gerade die Gerationen Y und Z, an die Marke heranzuführen und damit auch die nächste Konsumentengeneration zu schaffen, setzt Mavi auf Kommunikation. Die Soci-

al-Media-Kanäle, mit denen die jüngeren Kunden aufgewachsen sind, sind bei Mavi wie bei den meisten innovativeren Marken Kernstrategie – dafür wurde jüngst für die #Denimgeneration-Kampagne der internationale Instagram-Star Lucky Blue Smith verpflichtet. Als eine der wenigen deutschen Händler spielt auch die Otto Gruppe diese Art der Segmentierung geschickt. Statt das Kerngeschäft umzuwandeln, hat der Versandhändler mit dem Start-up Project Collins ein ganz neues E-Commerce-System gegründet, um jüngere Generationen anzusprechen. Den Bestandskunden bleibt ein traditionelles Otto als Versandhändler mit E-Commerce, bei dem man ein funktionelles Sortiment findet, das von Bekleidung über Möbel bis hin zu Elektronik reicht. Für die modischen Kunden gibt es seit 2014 Project Collins, das passenderweise von der nächsten Otto-Generation, Benjamin Otto, ins Leben gerufen wurde. Innerhalb des Startups wird ebenfalls segmentiert: About You als Handelsplattform für User-generierten Content, Edited für hochwertigere, ausgewählte Produkte und Sister Surprise für Wäsche und Bademode. Genau das scheint erfolgreich zu sein, die Gruppe hat schon im ersten Jahr zweistellige Millionenumsätze gemacht. Benjamin Otto ist derweil weitergezogen, als „gestaltender Gesellschafter“ und Mitglied des Gesellschaftsrats – vielleicht um weitere Transformationen voranzutreiben, die die Gruppe zeitgemäß machen. Denn der Kunde, der immer vielschichtiger und in seinen Ansprüchen immer spezialisierter wird, ist für Unternehmen und gerade für klassische Händler ein genauso wichtiger Schlüssel für den Erfolg wie die Kenntnis über den äußeren Druck durch Fast-Fashion-Unternehmen und E-Commerce.



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Veränderung muss gelebt werden Sie haben mit Airfield eine Phase erlebt, in der alles wie von selbst gegangen ist. Heute befindet sich der gesamte Modemarkt, insbesondere aber die Womenswear, in einem Zustand der umfassenden Transformation. Was ist in Ihren Augen die aktuell größte Herausforderung für Ihre Marke im internationalen Wettbewerb?

Wir müssen Begehrlichkeit wecken, manchmal ist weniger mehr. Wir müssen Flächen drehen und Ware dort haben, wo wir sie verkaufen können. Letztendlich braucht unsere Kundin keine Klamotten. Der Schrank ist voll – nein, sogar übervoll. Wir müssen unsere Kundin heute woanders abholen. In der Zeit von Internet, bunten Outlets – Welten, die an Entertainment-Parks erinnern – und im klassischen Wholesale hat sich das Business so derartig verändert, dass wir in einer Revolution leben. Nur die besten Konzepte und Lösungen werden langfristig funktionieren. Wer jetzt nicht aufwacht, den wird die Realität brutal einholen. Wir müssen den Mut haben, etwas zu verändern und diese Verän316 style in progress

Airfield-Boss Walter Moser über Helena Christensen als Markenbot­ schafterin, Macht und Ohnmacht der sozialen Medien und die Bedeutung der Emotionen. Text: Stephan Huber. Fotos: Airfield

derung dann auch zu leben. Wir machen das seit längerer Zeit, und der Weg ist steinig, aber ich bin davon überzeugt, dass er es wert ist. Trotz aller Krisen habe ich immer noch große Freude an dem, was ich mache. Und ganz allgemein für unsere Branche?

Sie muss sich neu aufstellen und neu erfinden. Alte Konzepte gehen verloren, es gibt keine Nachfolger, also müssen wir sehen, wie wir es schaffen, uns abzuheben. Ich war letzte Woche auf dem TW-Forum in

Heidelberg und dort hieß es: „Lasst die Jungen ran, denn die sind unverbraucht.“ Ich habe ein tolles, junges und vor allem dynamisches Team und das ist Grundvoraussetzung, um Veränderungen zu schaffen. Wichtig ist, doch hinter dem zu stehen, was man macht, sein Produkt zu lieben und damit deiner Marke eine DNA zu geben. Ich beobachte das, was in der Branche passiert, seit Jahren genau, habe selbst bereits vor fast fünf Jahren mit einer Modernisierung angefangen, denn solche Dinge brauchen Zeit, um auch nachhaltig zu funktionieren. Viele haben zu lange zugesehen, sind erstarrt und haben sich nicht bewegt. Ich habe mich immer bewegt, modernisiert, auch mal Fehler gemacht, aber auch viel gelernt und viel weitergebracht. Das unterscheidet uns heute von anderen Marken.

Eine neue Generation Frauen rückt als Zielgruppe in den Mittelpunkt. Es ist die erste Generation, die mit den Vertikalen aufgewachsen ist. Wie kann man diese Zielgruppe gewinnen?

Nichtsdestotrotz kommt jede Frau irgendwann im Leben an.

Sie wächst und erhebt einen anderen Anspruch an Luxus und Belohnung. Wir sprechen nie darüber, dass wir die Kollektion verjüngen wollen, wir passen uns dem Zeitgeist an und möchten zukünftig noch mehr als jemals Produkte schaffen, mit denen Frauen ihre persönliche Empfindung von Luxus, Wertigkeit und Besonderem leben können. Wir haben die Chance, individuell und hochwertig zugleich zu sein, das schaffen die Vertikalen nicht. Wir müssen das machen, was unsere Stärke ist. Nah am Kunden und mit dem richtigen Verständnis von Service kann man zu dem viel bewegen. Vertikale werden das nie bieten können.

Ist Helena Christensen eine Message an genau diese Zielgruppe?

Sie stellt das dar, was wir zeigen wollen. Eine Frau will sexy auf ihre Umgebung wirken. Sind Zara, H&M sexy? Nein, Sie haben auch keine Historie. Nur wegen Facebook, Pinterest usw. ändern sich die Grundbedürfnisse eines Menschen nicht. Er möchte umworben und angehört werden. Es gibt keine Zeit, in der das für den


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Ein junges Team sei die Grundvoraussetzung, sich als Marke zukunfts­ trächtig zu verändern, sagt Airfield-Gründer Walter Moser.

Menschen unwichtig ist. Die Jugend saugt diese Medien auf, nichtsdestotrotz kommen sie irgendwann im Leben an. Meine Tochter ist Social Native – sie ist mit Mobile Devices aufgewachsen, mit Instagram, Facebook und ständigen Whatsapps. Sie sagte mir letztens, dass sie das so nervt und sie sich davon sicherlich nicht ihr Leben diktieren lässt. Eine ihrer Freundinnen verwendet gerade ein uraltes Nokia, denn das hat einen nostalgischen Charakter und es kann einen nicht ständig jeder über jede Plattform erreichen. Generell setzen wir auf besondere Frauentypen wie Sharon Stone, die jetzt über mehrere Saisons das Gesicht der Marke war. Für den Winter 2016/17 arbeiten wir gerade mit Mode­ ikone Carmen Dell Orefice zusammen, in der Kampagne namens Superwoman und auch auf Helena freuen wir uns sehr. Sie war eines DER Supermodels der 1990er-Jahre, aber mit

Ecken und Kanten, so wie das bei Airfield eben auch der Fall ist.

Wie beurteilen Sie im aktuellen Umfeld das Thema eigene Stores und Flächen? Das hat Airfield ja lange Zeit durchaus intensiv vorangetrieben. Sind abgeschlossene Welten noch zeitgemäß oder bilden sie doch Identität?

Wir arbeiten momentan verstärkt an neuen eigenen Stores und Partnerstores. In Graz wurde gerade ein Store im neuen Stil eröffnet, mit viel Liebe eingerichtet. Wir haben eine Generation, die nicht unbedingt in die Textilbranche möchte, darum haben wir im Handel ein Nachfolgerproblem. Wir versuchen nun Läden zu übernehmen, wo die Nachfolgerproblematik nicht gelöst ist. Welten müssen heute jedenfalls spannend sein, mehr als Ware bieten. Ein guter Shop muss ein Ort der Entspannung sein, eine Geschichte erzählen und erst

Helena Christensen, ein Supermodel mit Ecken und Kanten, repräsentiert die neue Airfield-Frau.

dann kauft ein Kunde das Produkt wirklich. Darauf setzen wir in unseren neuen Konzepten. Die Wände unseres neuen Stores zieren Illustrationen von Starillustrator David Downton, unser Markenzeichen, der Leoprint findet sich auf eigens designten Kühlschränken wieder, das Konzept ist feminin, modern und wirklich anders. Die Partnerschaft zwischen Industrie und Handel ist zwar ein geflügeltes Wort, oft aber in der Realität sehr flügellahm. Wie muss das im Zeitalter der globalen Digitalisierung und der beständigen Vergleichbarkeit funktionieren?

Letztendlich ist die Partnerschaft mit dem Handel eine einseitige Geschichte geworden. In welcher Branche gibt es eine Situation, in der der Kunde sich alles aussucht und am Ende des Tages alles auf die Industrie abwälzt? Das ist eigentlich das Traurige an unserer Branche

geworden. Es geht nicht mehr um Emotionen, das, was unsere Branche immer sexy und aufregend gemacht hat. Nein, es geht nur noch um Renditen. Wir verkaufen aber keine Renditen, nein, wir verkaufen ein höchst emotionales Produkt. Nur wenn wir das schaffen, stimmen auch die Renditen. Das haben viele leider vergessen.

Bitte wagen Sie einen Ausblick: Welche Mechanismen und Transformationen werden unsere Branche in den kommenden Jahren am stärksten prägen und warum?

Fortgesetzt die Digitalisierung aller Lebensbereiche. Aber wir müssen die digitalisierte Welt intelligent nutzen, ohne dabei in eine völlige Abhängigkeit zu geraten. Vielen Dank für das Gespräch.

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Hausmacht Das macht schon beim Einkaufen Spaß: Ein durchdachtes Einrichtungskonzept, perfekt abgestimmt auf die Marken, die im Showroom der Münchner Heritage Agents ihr Zuhause gefunden haben. Michael Brockmann und Malte Kötteritz haben sich vor zwei Jahren getraut, eine Agentur mit spitzem Profil zu eröffnen. „Wenn mich heute irgendjemand fragt, ob ich etwas rund um die Gründung bereue, dann sage ich: Ja, dass ich erst 48 werden musste, um nicht mehr auf die Kleinmacher und Zweifler zu hören. Wir hätten das schon vor zehn Jahren machen sollen. Und ja, ich würde es immer wieder machen“, lacht Michael Brockmann. Dass er für diesen Beruf an der Verkaufsfront brennt, spürt man förmlich. Doch der schnelle Erfolg der Heritage Agents, das Standing, das sie sich innerhalb kürzester Zeit beim Handel erarbeiten konnten, basiert nicht nur auf Passion. „Wir haben das

Schrumpfender Markt, steigende Kosten – dass Agenten neue Businessmodel­ le entwickeln, darf nicht ver­ wundern. Wer sich zukunfts­ fähig aufstellt, ist schon längst mehr als ein Mittelsmann. Text: Martina Müllner-Seybold. Illustration: Claudia Meitert @Caroline Seidler

Segment, in dem wir tätig sein wollten, von Anfang an klar abgesteckt. Wir definieren die Kunden, mit denen wir zusammenarbeiten wollen und jede Marke ist danach ausgesucht: Passt sie zu diesen 200 Kun-

den, die wir bedienen wollen?“ Kuratiert, fokussiert, in der gehobenen Menswear konsistent, das ist das Versprechen, das die Heritage Agents abgeben. Daher prangen an ihrer Showroomtüre auch keine 40 Marken, sondern nur eine Handvoll. „Jede gute Marke, die man abweisen muss, tut natürlich weh. Aber eine Agentur mit 20 Saisonhilfen zu führen, das geht auf unserem Niveau und in unserem Selbstverständnis nicht. Player wie der Masculin Einkaufskreis sind es offen gesprochen auch leid, dass sie in vielen Terminen irgendeine Aushilfe vor sich haben, die überhaupt nicht vorbereitet ist. Die Gespräche, die wir heute führen, die kann man auch nicht jemandem verantworten, der keine Marktkenntnis und vor allem keine Autorität hat.“ Dabei geht es nicht immer nur um Zahlen: „Gespräche über Kennzahlen sind das eine, Ware, Feeling, Inspiration das andere. Und das müssen wir leisten, inspirierende Gespräche auf

Augenhöhe, in denen wir dem Händler vom Besuch auf der Möbelmesse erzählen können, von Trends in Großstädten, von Inspirationen und Looks. Wir müssen Appetit machen, diese Stimmung erzeugen, in der man überhaupt erst einkaufen will.“

Brummt

Die Beziehung zum Handel ist die eine, die zum Hersteller die zweite wichtige Säule, die den Geschäftserfolg einer Agentur trägt. „Ich habe den Eindruck, dass das Aufgabenfeld immer größer wird, es kommen immer neue Teilbereiche von Herstellerseite hinzu“, sagt Florian Ranft, Mitinhaber der Agentur Komet und Helden. „In vielen großen Häusern sind wir dafür verantwortlich, dass die richtige Ware zum richtigen Zeitpunkt da ist, wie die Flächen bewirtschaftet sind, wie die Ware und das Fenster aussehen und dass das Personal geschult ist. Das ist eine ganz andere style in progress 316


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„Jede Saison etwas Neues zu bringen, empfinde ich heute viel schwieriger als früher.“ Florian Ranft, Komet und Helden „Gespräche über Kenn­ zahlen sind das eine, Ware, Feeling, Inspiration das andere.“ Michael Brockmann, Heritage Agents

Aufgabenbeschreibung als früher. Als Agentur tragen wir viel mehr Verantwortung, die Handelskunden verlangen das auch von uns. Abverkaufsquoten einfordern und auswerten, Renner und Penner analysieren, Austausch organisieren, das passiert alles aktiv von unserer Seite aus.“ Mit all diesen Informationen und diesem Marktwissen wird man für die vertretenen Marken unverzichtbar. „Die Firmen haben uns viele Agenden übertragen, das war ein schleichender Prozess – ob Customer Service, Retouren, Sachbearbeitung, das passiert heute alles in der Agentur. Das bedingt aber auch, dass die Beziehungen langfristiger werden, einen solchen Dienstleister tauscht man nicht einfach so aus.“ Besonders, wenn dieser Dienstleister über seine eigenen Grenzen blickt: „Dass wir damals von Superdry oder heute von Woolrich selbst Läden betreiben, hat unsere Position sicher gestärkt. Da bekommt die Stimme beim Hersteller noch mal zusätzliches Gewicht, weil man eben nicht nur Mittler, sondern auch wichtiger Händler ist.“ Komet und Helden nützt den eigenen Retail zudem, die Vertriebsmitarbeiter das Kundenfeedback ganz direkt erleben zu lassen. „Alle unsere Mitarbeiter aus dem Vertrieb arbeiten auch regelmäßig in den Läden, das gibt ihnen auch ein ganz anderes Auftreten im Ordergespräch.“ Es ist ein ganz beachtlicher Apparat, den Agenturen heute 316 style in progress

finanzieren. Und der macht es zuweilen schwierig, einem anderen Kundenbedürfnis gerecht zu werden – nämlich dem Händler, der jede Saison im Showroom die Frage stellt: Was habt ihr Neues? „Jede Saison etwas Neues zu bringen, empfinde ich in der Tat heute viel schwieriger als früher. Das Neue ist leicht zu finden, aber schwer auszusieben. Denn viele Firmen konzentrieren sich zu sehr auf die Kollektion und behandeln alles andere nachrangig. Bei uns ist es fast andersherum: Wir müssen wissen, was der Hersteller imstande ist, an Service zu leisten, wie seine Performance ist. Und klar ist: Jeder Meter Stange in unseren Showrooms in München und Düsseldorf muss seinen Umsatz machen.“

Stimmt

„Die Fokussierung auf starke Marken ist für uns essenziell“, findet Ben Botas, Inhaber der Agentur Ben and. „Experimente sind ganz schwierig, eine Marke muss Argumente liefern, dem Handel, genauso auch uns. Wir müssen sehen, dass wir langfristig ein gutes Business aufbauen können, step by step. Gute Betreuung seitens des Herstellers, Prontoangebote, NOS, Warentausch, ohne das geht es nicht. Alles, was wir tun, ist auf Langfristigkeit ausgelegt und in Deutschland haben wir ganz klar den Anspruch, für eine Marke alles abzuhandeln.“ Distributeur sein, Retail und

E-Commerce betreiben, ein Warehouse haben, Fullfilment, und sogar die Lizenz einer Marke gänzlich selbst steuern – oder gar selbst eine Marke ins Leben rufen. Mit Ben Sherman, deren Lizenz für den deutschsprachigen Raum Ben Botas gerade übernommen hat, und der eigenen Marke Cervolante ist die Agentur vollständig durchvertikalisiert. „Wenn wir an eine Marke glauben, dann machen wir dieses Business auch von Anfang an mit vollem Investment. Dstrezzed zum Beispiel haben wir von Beginn an mit vier Brand Managern besetzt, was zur Folge hat, dass wir innerhalb kurzer Zeit auf 180 Türen gekommen sind. Nur Marken, in denen wir dieses Potenzial zu einer gewissen Kommerzialität sehen, können wir überhaupt aufnehmen. Generell sind wir keine Markensammler. Ich finde es auch schwierig, mit 45 Marken im Portfolio guten Service zu bieten, geschweige denn das Wachstumspotenzial dieser Marken voll auszuschöpfen.“ Das Feedback des so wichtigen deutschen Marktes in die Firmen zu tragen und die Kollektionen entsprechend anzupassen, sieht Ben Botas als eine der wichtigsten Funktionen des Agenten. „Marken entwickeln ist heute der Hauptteil unseres Jobs, wir wissen, was der Markt braucht. Die Besonderheiten des deutschen Marktes intensiv zu studieren, macht einen großen Teil des Erfolgs einer Marke aus.“ Waren Agenten

früher seltene Gäste am PoS, ist heute die Vor-Ort-Betreuung zum festen Prinzip geworden. „Wir haben zum Beispiel zwei Mitarbeiter, die nur reisen und Bestandskunden sowie Neuund Wunschkunden besuchen.“ Beim Besuch bleibt es nicht: „Alles, was wir beim Händler vor Ort selbst machen können, nehmen wir auch in die Hand – vom Visual Merchandising über abverkaufsunterstützende Maßnahmen bis zur Fenstergestaltung. Das ist auch richtig so, denn wir haben den Fokus nur auf unserer Ware. Indem wir die dann besonders gut inszenieren oder die Fläche besonders gut bewirtschaften, macht das für uns auch kommerziell gesehen durchaus Sinn. Wenn wir den Abverkauf pushen können, dann tun wir das auch, weil wir ein natürliches Interesse daran haben, dass die Marke gute Performance liefert.“

Läuft

„Eine Marke aufzunehmen, das bedeutet so viel mehr, als ihr Logo ans Türschild zu kleben“, sagt Marc Kofler, gemeinsam mit Bernhard Aschauer, Inhaber der Adventure Fashion GmbH. „Wir machen uns viele Gedanken über die Art, wie eine Agentur in Zukunft funktionieren wird – und ein wichtiger Punkt ist meines Erachtens, wie wir den Kunden moderner, nämlich digitaler ansprechen können. Eine Marke, die ihre Kollektion nicht vollständig durchfotogra-


Vertrieb über BEN AND GmbH // Georg-Muche-Str. 5 // 80807 München Kontakt: Ricardo Meyer // r.meyer@ben-and.com // Mobil 0173 585 99 50


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„Die Fokussierung auf starke Marken ist für uns essenziell.“ Ben Botas, Ben and

„Die Kosten, die wir tragen, sind hoch – Ertrag kann man nur erwirtschaften, wenn man sehr organisiert ist.“ Renzo Braglia, Brama

„Eine Marke aufzunehmen, das bedeutet so viel mehr, als ihr Logo ans Türschild zu kleben.“ Marc Kofler, Adventure Fashion GmbH

fiert hat und nicht all die Informationen bieten kann, die zum Beispiel E-Commerce-Händler für ihre Produktbeschreibungen dringend brauchen, halte ich für schwierig zu etablieren. Fehlen diese Voraussetzungen, wird das also auch unsere Aufgabe als Agentur: Die Bilder und die Geschichten zu basteln, richtig darzustellen und sie dem Kunden zur Verfügung zu stellen.“ Onlineorder und B2B-Plattformen hält Kofler „eigentlich schon für Standard, weil es häufig passiert, dass ein Kunde seinen Showroomtermin nicht wahrnehmen kann. Dann muss ich das Angebot auch digital darstellen können, besonders für die junge Generation Einkäufer, die mit diesen Tools wie selbstverständlich arbeitet.“ Trägt die Agentur das Investment, diesen B2B-Kanal aufzubauen, ist der nächste Schritt nicht weit: „In unserem Fall, schon allein weil wir schon immer eine starke Logistik hatten, bot es sich geradezu an, für einzelne Marken den eigenen Webshop zu initiieren. Ich sehe das nicht als Konkurrenz, im Gegenteil, wir profitieren alle von dem, was uns das Onlinegeschäft lehren kann. Ich weiß dank E-Commerce, dass die Konsumenten auch noch im Oktober leichte, ungefütterte Schuhe kaufen, nicht reduziert, wohlgemerkt. Wenn ich so eine Erkenntnis an den Handel weitergeben kann, hilft das ungemein.“ In der Kombination aus Agentur, Importeur 316 style in progress

und Lizenznehmer steht man geradezu in der Pflicht, die Besonderheiten des Marktes auch online auszutesten. „Ich kann mir durchaus vorstellen, dass wir künftig erst online den B2C-Vertrieb antesten, ehe wir das Wholesale-Geschäft einer Marke starten. Weil wir dann eventuelle Probleme, den Größenausfall zum Beispiel, schon für den Start im klassischen Handel feinjustieren können.“

Funktioniert

Renzo Braglia, Inhaber von Brama, nennt seinen umfassenden Ansatz an moderne Distribution gleich der Einfachheit halber „the Brama formula“. Diese umfasst Verkauf, Distribution und Service für alle geführten Marken – in ganz Europa. „Ich glaube, dass sich die Agenturlandschaft in zwei Kategorien aufteilen wird: Die internationalen Agenturen, die größere Märkte abdecken und in Europa beispielsweise in Paris oder Mailand ihre ständigen Showrooms haben. Für spitz aufgestellte Marken ist das genau richtig. Das zweite Modell, lokale Agenturen müssen ihr Geschäftsmodell überdenken. Viele Marken in einer Agentur, die auf einem kleinen Markt agiert, das halte ich für nicht besonders zukunftsfähig. Es ist heute wichtiger denn je, dass man den besten Service für eine Marke bietet. Das geht nicht mit

einem ganzen Bauchladen. Für die wenigen Marken, auf die wir uns fokussieren, decken wir ganz Europa ab und nehmen doch jedes einzelne Land ungemein wichtig – in Deutschland zum Beispiel mit einem Showroom in Düsseldorf und München.“ Dass Marken das Wholesalebusiness in Zukunft immer häufiger zu umgehen versuchen, hält Renzo Braglia für den falschen Weg: „Einzelne Marken können den Verkauf sicher inhouse machen, aber jeder Service muss heute unglaublich professionell sein. Wenn man nur die Erfahrung aus einer Marke nutzen kann, ist das meiner Meinung nach zu wenig. Wir sind dauernd, tatsächlich wöchentlich, mit unseren Händlern in Kontakt, allein schon wegen der Re-Order, Retouren, Austausch und wegen all der Services, die wir bieten. Das kann ein einzelner nicht stemmen.“ Kühl gerechnet: „Die Kosten, die wir tragen, sind hoch – Ertrag kann man nur erwirtschaften, wenn man sehr organisiert ist. Jeder einzelne Markt, den wir bearbeiten, geht einher mit einem großen Investment, selbst UK, das durch die Departmentstores Agenturen ganz andere Serviceleistungen abverlangt. Dort sind wir nicht mit einem Showroom, sondern einem Büro präsent, denn unsere Mitarbeiter arbeiten dort viel mehr mit den Flächen. Wir bestücken sie, wir merchandisen sie, wir trainieren die Mitarbeiter. Wir sind jede Woche in den bedeutenden Stores vor Ort, das

ist komplett anders als im Rest von Europa.“ Jedes Land ein neues Abenteuer? „Ich glaube, dass wir generell sehr dynamisch sein müssen – in der Vergangenheit hat schon eine große Selektion stattgefunden. Schauen Sie sich Italien an: Da gibt es derzeit eine riesige Konzentration von bisher zehn, zwölf Showrooms je Marke im ganzen Land auf ein bis zwei, die verbleiben. Solche Veränderungen bringt der Markt immer wieder, besonders da die globalen Verkäufe nicht steigen, sondern gleichbleibend sind. Daher muss man sich permanent überprüfen, immer agil sein und sich den Bedürfnissen des Marktes perfekt anpassen. Aber alle Agenturen, die das heute gut machen, werden auch in Zukunft ihre Berechtigung haben – da bin ich mir sicher.“


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Goodbye Sale? Klingt doch gut: Gucci hatte im Frühjahr ange­ kündigt, künftig keinen Sale mehr zu machen. Stattdessen sollen die Kol­ lektionen Saison zu Saison auf­ einander auf­ bauen, mit dem Ziel, dass die vorherige nicht entwertet wird. Inwieweit wäre dieses Denken für das gesamte Premiumseg­ ment sinnvoll? Ließe sich so der Kreislauf durch­ brechen, dass es jede Saison alles neu geben muss? Text: Nicoletta Schaper. Illustration: Claudia Meitert@Caroline Seidler. Fotos: Gesprächspartner

Oliver Hüsken ist gespannt. Mitte April, zu einem Zeitpunkt, an dem das Wetter wieder nicht mitgespielt hat und viele Händler den Midseason-Sale ausrufen, hat er sich gegen Sale entschieden und seinen Kunden stattdessen einen Newsletter mit den neuesten Key-Pieces der Saison geschickt. „Mitte April lässt die Frequenz im Handel stark nach, der Kunde kommt gar nicht erst, weil er so erzogen ist“, sagt Oliver Hüsken. „Aber wir versuchen, uns diesem Druck zu entziehen, und setzen bewusst auf Begehrlichkeit.“ Von allem zu viel

Begehrlichkeit ist genau das, was der Mode abhanden gekommen ist. Der Markt ist aus dem Gleichgewicht: Auf der einen Seite zu viel Ware und vielfach überall die gleiche. Auf der anderen Konsumenten, die des ständigen Überangebots überdrüssig sind. „Wenn ich die letzten 18 Jahre Revue passieren lasse, haben wir uns das in der Branche selbst eingebrockt. Damals kam der Trend mit vier Lieferrhythmen pro Saison auf“, erklärt Stephan Lanzer, Geschäftsführer Knilli. „Durch die früher gelieferte Ware sollte der Verkaufszeitraum zu Regulärpreisen verlängert werden. Aber das Gegenteil ist eingetroffen, der Warendruck hat zugenommen und die Verkaufszeit hat sich dadurch nur verkürzt.“ Dazu kommen Mindestorderanforderungen. „Damit geben die

Marken ihren Handelskunden den Konzerndruck weiter, mit dem Ergebnis, dass der Händler die Last nicht bewältigen kann“, sagt Oliver Hüsken. „Umso unausweichlicher ist es, dass die Ware das Haus reduziert verlassen muss.“ Fehlt denn der Mode die Inno­­vation, um Spannung zu er­zeugen? Auf den High-FashionLaufstegen gibt es viel Phantastisches, viel Prächtiges zu sehen. Überbordende Muster, lebhafte Farben, alles miteinander kombiniert. Das lässt sich überaus medienwirksam präsentieren, perfekt für Offline- wie für Onlinemedien, denn im Netz kommen gedeckte Farbtöne nun mal nicht so gut rüber. Fast scheint es, als ob die Trends nach ihrer Onlinewirkung ausgerichtet würden. So manchen lässt die Pracht ratlos zurück: zu abgehoben, zu schwer zu kombinieren. Vielleicht funktioniert unser System am Ende auch deshalb nicht mehr, weil die Mode vielfach an den Bedürfnissen der Konsumenten vorbeigeht. Core Products

Natürlich gibt es eine Gegenbewegung. Das gehypte Label Vêtement ist ein überspitztes Bekenntnis zu Normcore: Vermeintlich Banales offenbart das Neue erst auf den zweiten Blick, im Detail, in der Schnittführung. Back to Basic heißt es für viele, die den Wunsch haben, in Klassiker zu investieren, deren Wert die Zeit überdauert.

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Stephan Lanzer, Geschäfts­ führer Knilli: „Industrie und Handel sind gleichermaßen gefordert, um Nachhaltigkeit erlebbar zu machen. Mit Inhalt gefüllt, wird das Thema Nachhaltigkeit für den Kunden spürbar.“

Einige Marken haben es geschafft, sich zumindest in Teilen aus dem Sale-Kreislauf herauszunehmen. Woolrich hat seinen Arctic Parka zum Klassiker erklärt und im Markt durchsetzen können, dass er nicht reduziert wird. Der Handel hält sich dran. Auch Moncler arbeitet am eigenen Werterhalt und setzt auf limitierte Stückzahlen. Stone Island hält den Wert der Marke mit bewusst selektiver Distribution und Produktion erst nach Ordereingang hoch. Das Ergebnis: keine Outlets, keine Überhänge. Klar, das sind große Marken mit Strahlkraft. Dass das auch im Kleinen funktionieren kann, zeigt Daniele Fiesoli aus Italien mit einer Capsule-Kollektion aus 14 Gage Merinowolle. „Die Feinstrickpullover und -jacken sind das ganze Jahr über tragbar, von Januar bis Dezember“, betont Stefan Wittmann, Vertrieb Daniele Fiesoli in Deutschland. „Wir kommunizieren dem Handel, dass diese Teile infolgedessen auch nicht reduziert werden müssen. Das funktioniert wunderbar. Wir haben trotz Verlust von Großkunden und trotz Absage an große Onliner den Umsatz von Saison zu Saison zwischen 20 und 70 Prozent steigern können, weil wir mit unserer stringenten Markenpolitik viele Neukunden gewinnen konnten.“ Was in der Nische Premiumherrenstrick funktioniert, lässt sich allerdings nicht auf den umkämpften DOBMarkt übertragen. „Hier ist der Konkurrenzkampf ungleich 316 style in progress

größer“, sagt Stefan Wittmann. Dennoch wurde und wird vielfach im Markt die Chance nicht genutzt, Produktgruppen, die sich von Saison zu Saison kaum verändern, frei von Reduzierungen zu halten, meint Helmut Hütthaler, Inhaber der gleichnamigen Agentur. „In den letzten sieben Jahren ist beispielsweise die schmale Jeanssilhouette immer gleich geblieben, man hätte sie also zu einem guten Teil aus dem Sale raushalten können“, sagt Hütthaler. „Aber auf Herstellerseite herrscht schnell die Ansicht, dass Carry-overs nicht zu Fashionmarken passen – eine Ansicht, die ich nicht teile.“ Mehr Mode

Der Trend gehe nicht in Richtung mehr Durchlaufartikel, meint Alexander Gedat, CEO Marc O’Polo. „Wir beobachten gerade das genaue Gegenteil, der Modegrad erhöht sich zurzeit und Innovationen sind umso gefragter.“ „Der Kunde möchte Mode sehen“, bestätigt Stephan Lanzer, Geschäftsführer von Knilli. „Carry-overs sind oft sehr basic und lassen sich daher nur in bedingten Mengen präsentieren.“ Ebenso haben in der HAKA lang beständige Regeln an Gültigkeit verloren. „Die Zeiten, in denen NOS-Ware fünf bis sieben Jahre problemlos und ohne Änderungen lief, sind vorbei“, sagt Thomas Steinhart, Geschäftsführer von Carl Gross. „Auch die Basics unseres bewährten Baukastensystems sind der Mode unterworfen, sei es in Details wie Reversbreite, Seitenschlitz, Saumbreite. Aufgrund des modischen Wettbewerbs sind wir Marken getrieben, auf modische Aspekte schneller einzugehen, bevor es ein anderer macht.“ Mit der Folge, dass aus einem langfristigen NOS-Programm ein Kurzfristprogramm wird. „Exakt planen lässt sich das immer weniger,

Thomas Steinhart, Geschäftsführer Création Gross: „Kann es einem einzelnen gelingen, über Warenentzug Wertschätzung zu generieren, noch dazu, ohne dass der Nächste gleich in die Kerbe haut? Jeder versucht ja, Profit zu machen. Unser Produkt ist extrem fixkostenorientiert, je mehr ich verkaufe, desto mehr Gewinn habe ich, auch weil große Stückzahlen in der Produktion viel wirtschaftlicher sind.“

folglich wird es immer zu Überhängen kommen, weil alle Textiler Umsätze mitnehmen wollen“, fügt Steinhart hinzu. „Den Kunden enttäuschen, indem man nicht lieferfähig ist, überhaupt der ganze Mythos künstlicher Verknappung ist eine Arroganz, die auf Dauer den wenigsten Marken guttut.“ Konzentration, bitte

Was guttut, ist die Besinnung auf das Produkt. „Viele Kollektionen sind über 700 Teile groß, aber verkauft werden nur wenige Modelle“, konstatiert Helmut Hütthaler. „Warum nicht stärker konzentrieren? Schnittprobleme werden nicht ausgemerzt, allzu oft werden die Produkte über Saisons nicht verbessert. Mit dem Ergebnis, dass vieles im Handel liegen bleibt, weil es falsch produziert ist. Statt das Gute weiterzuentwickeln, wollen wir Kollektionen austauschen, weil sie zu heikel sind, wir wollen Systeme austauschen. Aber das eigentliche Problem gehen wir nicht an.“ Marc O’Polo feilt seit rund zwei Jahren stark an den Kollektionsinhalten. „Bei aller Reizüberflutung im Markt versuchen wir, uns abzusetzen und uns attraktiv darzustellen,

Helmut Hütthaler, Geschäfts­ führer Agentur Hütthaler: „Eine Lösung liegt nicht in langweiliger Wiederholung in den Kollektionen, sondern darin, sich zu konzentrieren und die guten Teile weiterzuentwickeln. Wer an dieser kleinen Schraube dreht, kann viel verändern.“

damit der Kunde möglichst zum vollen Preis kauft“, so Alexander Gedat. „Innerhalb unserer DNA müssen wir im Design modemutiger werden und diese Botschaft über Visual Merchandising bis hin zur Kommunikation zum Kunden bringen. Dafür investieren wir viel, denn all das zusammen macht die Begehrlichkeit aus.“ Dazu hat die Marke aus Stephanskirchen aber noch etwas Wesentliches geändert. „Wir sind jetzt viel mehr ready to wear“, so Alexander Gedat. „Die richtige Ware zum richtigen Zeitpunkt, das ist ein Kundenbedürfnis, dem wir jetzt viel stärker entsprechen können.“ Überhaupt das Thema Liefertermine. „Wir bringen es in der Branche immer noch nicht zustande, gebündelter an einem Termin auszuliefern, zum Beispiel mit Ober- und Unterteilen, die zusammenpassen“, so Helmut Hütthaler. „Deshalb haben viele Lieferungen keine Aussage und bringen dem Handel nichts.“ Auch frühe Auslieferungen machen nicht immer und nicht für jeden Sinn. „Vieles, was ich im Dezember bekomme, liegt erst mal im Lager, weil bei uns in Graz kein Hahn danach kräht“, sagt Stephan Lanzer. „Es müsste noch viel mehr zu einem Zeitpunkt ausgeliefert werden, der für den jeweiligen Standort passt, denn was für den Händler in Spanien richtig ist, gilt noch lange nicht für den Händler in Österreich. So aber


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Alexander Gedat, CEO Marc O’Polo: „Unsere Partner und wir haben einen kommerziellen Anspruch, umso größer ist die Herausforderung, auf Ready to wear zu setzen. Die Ware soll auf dem Punkt sein, um den Warendruck nicht weiter zu erhöhen.“

arbeitet die Industrie immer noch zu sehr am Bedarf von Handel und Endverbraucher vorbei.“ Den eigenen Rhythmus schaffen

Oliver Hüsken hat an manchen Stellschrauben gedreht. Im Frühling hat er viel Strick in den Sortimenten gehabt; das Wetter hat ihm Recht gegeben. Für den Herbst favorisiert er leichte Wolle statt Lammfell und dicker Daune. „Wir haben uns unseren eigenen Rhythmus geschaffen“, so Hüsken. „Außerdem haben wir uns Budgets für Kurzfristiges freigehalten und noch mehr auf Accessoires gesetzt.“ Innovation müsse aber sein, Mode sei Mode, sagt er. Mit neuen Must-Haves, die tragbar heruntergebrochen werden. Mit Extravaganz in kleinen Stückzahlen, um nicht zu viel Druck entstehen zu lassen. „Diese Teile verkaufen sich nicht, wenn man drei bis vier in jeder Größe da hat“, so Hüsken weiter. „Auch deshalb haben wir uns von Prada und aktuell von Gucci verabschiedet, weil wir den hohen Mindestorderansprüchen an einem Standort wie Ostwestfalen nicht entsprechen konnten. Andere Marken wie Valentino, MSGM und Chloé sind frisch, da gibt es keinen Druck. Überhaupt funktionieren Marken, die kleine Budgets erlauben und generell individueller agieren, deutlich besser. Denn bei ihnen kommt das Thema Sale erst gar nicht auf.“ 316 style in progress

Stefan Wittmann, Geschäfts­ führer Agentur Wittmann: „Wie kann ich begeistern? Nicht Preis, sondern Emotion muss her. Wo Mode ohne Emotion angeboten wird, hat sie keine lange Lebensdauer.“ Raus aus der Vergleich­ barkeit

Spannende Sortimente wünscht sich auch Peter Eberle, geschäftsführender Gesellschafter von Konen. „Wir wollen überraschen und investieren in Inszenierung und gute Beratung durch geschulte Mitarbeiter. Unsere Stärke als Händler ist es, aus einem großen Angebot die beste Auswahl für unsere Kunden zusammenzustellen.“ Auch mit individuellen Marken will Konen raus aus der Vergleichbarkeit, zum Beispiel mit Armed Angels und dem Münchner Label Distorted People. „Mit Marken, die nicht jeder hat, geraten wir auch nicht so sehr unter Konkurrenzdruck, das wir früh reduzieren müssen“, so Eberle. „Allein dadurch entsteht ja schon mehr Begehrlichkeit.“ Generell findet Eberle, müsse der Modegrad aber eher noch zunehmen. „Auch Konsumenten über die Größe 36 oder 48 hinaus wollen modern aussehen“, sagt Eberle. Darin steckt noch sehr viel ungenutztes Potenzial.“ Stefan Wittmann sieht Potenzial im Thema Nachhaltigkeit. „In der Lebensmittelbranche hat in den letzten zwei Jahren eine enorm große Aufklärung stattgefunden, in der Modebranche dagegen gibt es diese Aufklärung höchstens unternehmens- oder fabrikbezogen. Aber das Interesse der Verbraucher ist da! Was ist wirklich nachhaltig, was ist Fast Fashion? Preise wie bei Primark lassen sich nicht mit fairen Arbeitsverhältnissen rechtferti-

Peter Eberle, geschäftsfüh­ render Gesellschafter Konen: „Jeder Händler hat einen Gutteil Kunden, die nicht so viel Geld für Bekleidung ausgeben und nur in den Sale-Phasen kommen. Hätten wir keinen Sale mehr, würden wir diese Kunden an Discounter und Outlets verlieren. Dann würde uns die Frequenz fehlen, ohne die es im Handel recht mau aus­ sähe.“

gen.“ Mit Dailys hat Wittmann ein GOTS zertifiziertes Label im Portfolio. „Der Konsument schätzt ein nachhaltiges Produkt, das nicht mit dem erhobenen Zeigefinger daherkommt, sondern mit Fashion, in Fittings und Farben“, so Wittmann. „Wir merken deutlich, dass der Bedarf an solchen Produkten wächst, indem wir die Umsätze von Dailys von Saison zu Saison im deutschsprachigen Markt verdoppeln konnten.“ Auch Stephan Lanzer ist überzeugt, dass Nachhaltigkeit in der Mode ein entscheidendes Kriterium sein wird. „Wenn wir den Kunden die Geschichte hinter dem Label erzählen, spürt er das Produkt gleich mit einer Lebhaftigkeit. Ein individuell angefertigtes Teil mit Liebe zum Detail und einer Geschichte dazu – das sind die Dinge, die der Verbraucher künftig noch stärker schätzen wird.“ Einzelhändler = Einzel­ kämpfer

Von „Goodbye Sale“ sind wir weit entfernt. „Dafür bräuchte es feste Regeln wie zum Beispiel das Rabattgesetz, aber das gibt es nicht mehr“, sagt Stefan Wittmann. „Am Ordertisch nickt es sich leicht zu Vereinbarungen, nicht vor Zeitpunkt X zu reduzieren, aber im Handel

Oliver Hüsken, Inhaber Hüsken Bielefeld: „Mode bedeutet Innovation, aber wenn sich eine Marke dem mit Carry-overs entzieht, fehlt diese Innovation und damit das, was Mode ausmacht.“

wird hinterher dennoch früher als abgesprochen reduziert.“ Oliver Hüsken will dennoch die Reduzierungsphasen in seinen drei Geschäften sukzessive hinauszögern; von Jahr zu Jahr ein bis zwei Wochen. Das erklärte Ziel: den Sommer-Sale erst Anfang Juni zu beginnen. Auf Innovation wird er dabei keinesfalls verzichten, das hat ihm der Erfolg seines April-Newsletters erneut bewiesen. „Mode ist und bleibt der Motor“, ist er überzeugt. „Denn, wenn die Innovation auf der Strecke bleibt, kommen andere und überholen.“


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Nicht für die Tonne

Die Mode schafft sich ab – zumindest wenn man sich Fast-Fashion-Trends, die Kleidungsstücke zu Wegwerf­ produkten machen, anschaut. Gegen die Entwertung der Mode halten immer mehr Entwicklungen in der nach­ haltigen Mode, die vom Auf­ werten des Produkts bis hin zur Wiedereingliederung in den ökologischen Kreislauf reichen. Text: Quynh Tran. Illustration: Claudia Meitert@Caroline Seidler.

Vor etwas mehr als einem Jahr hat Lidewij Edelkoort, die als wichtigste Trendforscherin der Welt gilt, der Mode den Tod vorhergesagt. Blickt man auf die jüngsten Entwicklungen, scheint ihre Behauptung zu einer Prophezeiung geworden zu sein. Denn durch Fast Fashion, aber auch durch immer schneller werdende saisonale Rhythmen kann man kaum noch ausmachen, was Mode heute überhaupt noch bedeutet. Doch ganz so schwarz, wie es klingt, ist es nicht, denn Edelkoort fügte damals noch hinzu: „Vielleicht ist das nicht mal ein Problem, vielleicht ist es ein guter Moment, alles neu zu überdenken.“ Dieses neue Denken vollzieht sich gerade im Bereich der nachhaltigen Mode, die aus ihrer Nische langsam herauswächst. Mit modischem Charakter und Initiativen für Transparenz und ökologischer Wirtschaftlichkeit hat sie die Bioecke erfolgreich hinter sich gelassen. Dass Kunden und Händler in Bezug auf Nachhaltigkeit immer offener werden,

lässt sie als Gegenentwurf zur Abwertung von Textilien erscheinen. „Als wir vor zehn Jahren unseren ersten Laden in Nürnberg eröffnet haben, war der Modeanspruch nachhaltiger Labels schrecklich. Damals hatte ich eine Liste von 300 Marken weltweit; vor drei Jahren habe ich aufgehört, diese Liste zu führen, und war bei über 5.000“, erzählt Bernd Hausmann, Gründer und Geschäftsführer von Glore. „Damals habe ich mich gewundert, wie wir anhand der verfügbaren Kollektionen überhaupt was verkauft haben. Viele der Kunden sind in den Laden gekommen und wollten einfach nur etwas kaufen, weil sie das Konzept toll fanden, nicht das Produkt. Da hat sich auf der Produktseite enorm viel getan.“ Hausmann hat den Nerv der Zeit getroffen, denn mit immer überzeugenderen Produkten wird der Handel mit nachhaltiger Mode immer lukrativer. In diesem Jahr wird nach zehn Jahren bereits der siebte Laden eröffnet, und auch das style in progress 316


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Online­geschäft läuft blendend, Tendenz steigend. Der Kunde ist bereit, jetzt liegt es nur noch am Angebot: „Auch das Bewusstsein der Verbraucher hat sich extrem verändert. Würde man heute in der Fußgängerzone eine Umfrage starten, würden die meisten sagen, dass sie keine Produkte kaufen wollen, die unter unfairen Bedingungen hergestellt wurden. Für die Textilindustrie ist es deshalb eine Herausforderung, Alternativen zu den schlechten Produkten zu schaffen. Da haben wir tendenziell keine Wahl. Es ist wie in der Automobilindustrie, wo alle sagten, Elektromobilität sei nicht realisierbar. Dann kam Tesla und der Bereich Elektromobilität explodiert momentan. An diesem Punkt ist auch die Modeindustrie. Jeder weiß, dass man es anders machen muss, aber es kommt auf die Alternativen an.“ Ankunft im klassisch-kon­ ventionellen Handel

Claudia Lanius, Gründerin des nachhaltigen Labels Lanius, sagt: „Der große Markt ist noch immer uninteressiert, aber es ist besser denn je. Als ich gegründet habe, hat sich nicht abgezeichnet, dass ich jemals so weit kommen würde.“ Lanius war anfänglich vor allem Zulieferer von Hessnatur und ist seitdem stetig gewachsen. Mittlerweile findet man die Kollektion immer häufiger bei klassisch-konventionellen Händlern, die zehn Prozent der Händler ausmachen – und auch der Gewinn im zweistelligen Millionenbereich kann sich sehen lassen. Es ist eine Entwicklung, die man auch bei Daily’s Nothing’s Better merkt. „Ich komme ursprünglich aus der konventi316 style in progress

onellen Mode. Vor drei Jahren haben wir Daily’s gegründet, weil ich glaube, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist, um mit einem leistungsfähigen, nachhaltigen Produkt auf dem Markt bestehen zu können. Der Fast-Fashion-Trend entwertet die Mode, das Gegenteil davon ist Slow Fashion, deren Produkte über Identität und Qualität einen anderen Anspruch haben. Das kommt nun auch bei klassisch-konventionellen Händlern an, bei denen wir vor allem seit dem letzten Jahr eine wachsende Nachfrage sehen. Mittlerweile kommen drei Viertel unserer über 200 Händler aus dem klassisch-konventionellen Handel“, sagt Gründer Markus Leicher, der die Bereitschaft des Marktes erkannt hat. 200 Händler innerhalb von drei Jahren zu akquirieren, ist eine beachtliche Leistung, auch wenn die Marke konventionell und nicht nachhaltig wäre. Bernd Müller, Projektleiter bei der Messe Frankfurt und zuständig für die Plattformen für nachhaltige Mode Green Showroom und Ethical Fashion Show, berichtet, wie beide Messen immer mehr konventionelle Händler anziehen – von 2014 bis 2015 ist der Anteil konventioneller Besucher zu den Messen von 20 auf über 50 Prozent gestiegen. „Das Thema Nachhaltigkeit wird auch für konventionelle Händler wichtiger, weil Kunden sich immer häufiger fragen, woher ihre Kleidung kommt“, sagt er. Auch Manufactum hat erkannt, dass Nachhaltigkeit ein wichtiger Entscheidungsgrund für gerade jüngere Kundengruppen sein könnte, und stellt einen Großteil seiner Bekleidungsabteilung, die etwa 20 Prozent

des Sortiments ausmacht, auf nachhaltige Mode um. „Als Händler setzen wir auf verantwortungsvolle Herstellung, weil das unserem Verständnis von Qualität entspricht. In den letzten Jahren ist klar geworden, dass immer mehr junge Kunden nachhaltigen Konsum in den Fokus setzen. Nachhaltigkeit und Qualität werden oft in Zusammenhang gesehen, so ist unsere Umstellung also nur konsequent“, so Christine Fehrenbach, Leiterin der Markenentwicklung bei Manufactum. Im Fokus bleibt das Produkt

Diese Tendenzen, die Händler und Hersteller gleichermaßen beobachten, werden durch den „Slow Fashion Monitor 2016“ des Marktforschungsinstituts Dr. Grieger & Cie. bestätigt. In einer Studie mit 1.019 Befragten gaben immerhin 30 Prozent an, in den letzten zwölf Monaten mindestens ein nachhaltiges Kleidungsstück gekauft zu haben. Ein Ergebnis, das so vor fünf Jahren kaum absehbar gewesen wäre. Dennoch spielen andere Aspekte noch immer eine wichtigere Rolle: Laut der Studie achten Kunden zuerst auf die Qualität (für 91,5 Prozent), dann auf den Preis (88 Prozent), auf Material, Design und unkomplizierte Pflege, und erst danach auf faire oder ökologische Produktionsbedingungen. Immerhin ist mit 52 Prozent mehr als der Hälfte der Befragten eine faire Produktion ihrer Kleidung wichtig. „Wenn das Produkt nicht in sich selbst großartig ist, kann man den Kunden nur schwer davon überzeugen. Im Denimbereich sind zum Beispiel nachhaltige Lables nicht deswegen erfolgreich, weil sie nachhaltig sind,

sondern weil sie ein großartiges Produkt zu einem angemessenen Preis anbieten“, sagt Dio Kurazawa, Denim Director und Experte für nachhaltige Mode beim Trendforscher WSGN. „Gerade dem Denimmarkt haftet das Stigma an, sehr dreckig zu sein, aber es bewegt sich momentan viel in Richtung Nachhaltigkeit. Neben dem Trend zum Recycling gibt es auch technische und chemische Innovationen, ressourcenschonender zu färben und zu waschen und Fasern neu aufzubereiten. In Zukunft sollte Nachhaltigkeit nicht vermittelt werden müssen, sondern erwartet werden.“ Auch, weil es nicht nur gut, sondern wirtschaftlich ist. Denn, wer weniger Ressourcen verbraucht, die immer teurer werden, spart Geld. Das Kundenbewusstsein gezielt bilden

FTC Cashmere hat das Produkt in den Vordergrund gestellt. „Wir sind ein Fashionprodukt, das nachhaltig produziert wird“, sagt Gründer und Geschäftsführer Andreas Knesovic, der seit zwölf Jahren nachhaltige Cashmere-Mode produziert und damit langfristig eine bessere Qualität und stabile Wirtschaftlichkeit garantiert sieht. Denn durch die Überproduktion von Cashmere in den letzten Jahren ist die Qualität des Materials schlechter geworden, die Cashmere-Ziegen sind ausgeschoren und qualitatives Cashmere, wie im Bericht Business of Fashion „Solving the Cashmere Crisis“ vom letzten Jahr angedeutet wurde, wird knapp. Diesem Problem aber hat Knesovic durch nachhaltige Haltung und Kämmung von Anfang an Einhalt geboten. Auch wenn das


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Produkt immer im Fokus stand, wurden die Herstellungsbedingungen mitkommuniziert, eine Bildungsarbeit, die im Trend ist. „Gerade in den letzten Jahren ist der Wissensdrang im Bereich nachhaltiger Mode enorm gestiegen. Und wenn man sich das Essverhalten anschaut, denke ich, dass wir da erst am Anfang sind. Wir können dazu beitragen, den Kunden zu bilden. Abgesehen davon ist der Betriebsweg extrem wichtig. Wir werden nur noch mit Kunden arbeiten, die unser Produkt und unsere Philosophie weitertragen. Gerade da hat der Einzelhandel, der gerade so jammert, einen Vorteil in Form von Wissens­ transfer und Geschichten, den er nutzen muss und der auch zur Bildung des Konsumenten gegen den Entwertungstrend beitragen kann.“ Vorreiter in der Kommunikation und damit auch in der Sensibilisierung von Kunden bleibt Branchenriese H&M. Was wie ein Treppenwitz klingt – hat H&M die Fast Fashion ja miterfunden –, ist des Giganten Zukunftsprojekt: In den letzten Jahren wurde der Anteil nachhaltiger Mode am Gesamtsortiment gesteigert, das Label Concious Collection und wiederkehrende Nachhaltigkeitskampagnen formieren die Speerspitze der Kommunikation. Und das geht auf, die letzte Kollektion war bereits am ersten Tag fast komplett ausverkauft. Kreislaufwirtschaft

„Die Conscious Collection ist eine großartige Art, mit unseren Kunden in Kontakt zu treten und es ihnen leichter zu machen, nachhaltigere Entscheidungen zu treffen“, sagt Cecilia Brannsten, Projektmanagerin 316 style in progress

im Sustainability Team von H&M. Das nächste große Ziel ist, das Unternehmen komplett in den Kreislaufgedanken einzugliedern. „Zirkularität und Ökoeffizienz sind für uns zu einer Langzeitvision geworden. Wir denken, dass diese Entwicklung notwendig ist. Sie beinhaltet das Design, den Herstellungsprozess und die Qualität unserer Kleidung. Wir sind noch immer eingeschränkt in der mechanischen Wiederverwertung von Baumwolle und Wolle, arbeiten aber gerade an neuen Technologien dafür.“ Seit 2013 sammelt H&M bereits Altkleidung in den Geschäften, um sie wieder in den Kreislauf zu bringen, und kooperiert mit Kering und re:newcell, einem schwedischen Textilrecycle-Experten, um neue Techniken der Stoffwiederverwertung zu entwickeln und damit – insbesondere der Wirtschaftlichkeit dienend – Entsorgungskosten zu senken. „Das Thema ist insofern kompliziert, als dass es in der Mode wenige Produkte gibt, die wirklich kreislauffähig sind. Momentan wird es aber natürlich viel diskutiert, weil es von der Fast Fashion als super Lösung angesehen wird, viel zu konsumieren. Wenn man Kleidung wieder in den Kreislauf zurückbringt, ist das weniger schädlich und schafft auch wieder Platz im Kleiderschrank“, sagt Magdalena Schaffrin, Expertin für nachhaltige Mode und Mitinitiatorin des Green Showroom und der Ethical Fashion Show. Zu den Pionieren der Kreislaufwirtschaft gehört Freitag. „Wir haben uns anfänglich als Design­produkt und nicht als Ökoprodukt positioniert. Aber wir sind im Kern eine kreislauf-

denkende Marke und haben uns entschlossen, dass wir von Anfang an alles gut machen, wenn wir uns diversifizieren wollen. Wie muss das Produkt konzipiert sein, um von Anfang an gut zu sein? Und da kommt man zur Cradle-to-Cradle-Philosophie, dass ein Produkt so beschaffen sein muss, dass es am Ende eines Lebenszyklus sortenrein getrennt werden und 100 Prozent kompostierbar sein muss“, erklärt Mitbegründer Daniel Freitag. Die Bekleidungslinie F-abric umfasst Basicteile, die aus einer hauseigenen Fasermischung, die komplett in Europa produziert wird und komplett ökologisch abbaubar ist. „Die Mode ist für mich eine der nächsten Branchen, wo das Bewusstsein, das im Food-Bereich schon fortgeschritten ist, nachzieht. Man merkt, dass nachhaltige Mode gerade aus ihrer Nische heraustritt“, schätzt Freitag. Das kommt auch beim Kunden an. Waren die Freitag-Taschen noch ein Wunschobjekt wegen ihrer Funktionalität, hat der holistische Lifestyle die Bekleidung von Anfang an erfolgreich gemacht. Dem Kunden Zugang ver­ schaffen

Das Thema Nachhaltigkeit kommt in der Mode an, und der Kunde will es. Das sieht man nicht nur an den vielen Magazinen wie Fogs oder Blogs wie Dariadaria, auch die Resonanz auf nachhaltige Capsule-Kollektionen und nachhaltige Labels sprechen für sich. Auf der anderen Seite haben die Produkte und Preise einen Grad erreicht, der mit der konventionellen Mode mithalten kann: H&M bietet ein Bio-T-Shirt

schon ab 4,99 Euro an, eine hochwertige, nachhaltige Jeans, z. B. von Nudie, kostet um 100 Euro, die modischen Kreationen von Filippa K ab etwa 50 Euro für Oberbekleidung. Das sind Preise, die sich jeweils mit denen konventioneller Anbieter messen lassen – und wenn der Kunde die Wahl hat, ist die Wahrscheinlichkeit, sich für das nachhaltige Produkte zu entscheiden, umso größer. Lisa Jaspers von Folkdays, einem Onlineshop für nachhaltige Mode, der sich seit seiner Gründung beinahe jedes Jahr verdoppelt hat, denkt, dass die Kunden bereit und willig sind und es jetzt an den Anbietern liegt: „Der Markt entwickelt sich langsam und wir können noch große Transferleistungen schaffen. Es gibt noch immer eine beachtliche Lücke zwischen Bewusstsein und Handlung – die Konsumenten wissen es, handeln aber noch nicht so – und da ist ein großes Potenzial. So schwer es für uns ist, zum Kunden zu kommen, so schwierig ist es auch für den Kunden, uns zu finden. Da müssen wir es dem Kunden zugänglich machen – durch die Infrastruktur und durch ein gutes Produkt.“


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„Nur eine Kultur von Respekt schafft Wertigkeit“ Andreas Knezovic hat 2003 mit FTC Cashmere ein Label gegründet, das nachhaltige Produk­ tions­­bedingungen als Kern für gute Qualität betrachtet. Damit hat er Weitsicht bewiesen und Lösungen für die gegenwärtige Krise im Cashmere-Markt vorweggenommen. Interview: Quynh Tran. Fotos: FTC Cashmere

Welche Entwicklungen haben zur Cashmere-Krise geführt und wie geht es weiter?

Cashmere-Wolle gibt es eigentlich zu wenig, es gibt viel schlechte Ware und auch Fälschungen, weil momentan Schätzungen zufolge zwei- bis viermal so viele Cashmere-Produkte hergestellt werden, wie es Wolle gibt. Die meisten Produktionsstätten sind preisgetrieben und müssen ausbeuterische Aufträge entgegennehmen, um zu überleben. Das führt zu einem Kreislauf, der nicht gut ist, da sich Fabriken gegenseitig unterbieten, bis es nicht mehr billiger geht. Der Preisdruck wird an die Mitarbeiter, aber auch an die Cashmere-Bauern weitergegeben, die weniger Geld für ihre Wolle bekommen. Die Bauern müssen ohnehin ums Überleben kämpfen und reagieren dann darauf, indem sie ihre Ziegen tö-

FTC Cashmeres Ziegenzucht in China.

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ten, um Fleisch, Haut und Wolle zu verkaufen, weil das kurzfristig gedacht lukrativer ist. Das führt zu einer dramatischen Verknappung von Cashmere-Rohwolle. Um langfristig hochwertige Qualität zu erhalten, ist es nicht nur unumgänglich, Landschaft, Farmer und Tiere zu schützen und zu pflegen, sondern auch eine Perspektive von Kultur zu erhalten und wieder neu zu erschaffen. Dies erfordert gegenseitigen Respekt und Würde. Sie haben sich bereits sehr früh mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandergesetzt. Wie hat sich die Wahrnehmung zu diesem Thema verändert?

Als wir mit FTC Cashmere begonnen haben, hat sich in der Cashmere-Industrie kaum jemand für dieses Thema interessiert. Das ist heute anders, weil sich der Handel und der Konsument auch durch die Digitali-

sierung, die vieles transparenter macht, wandeln. Der Konsum ist nach wie vor ungebremst, aber der Modus verändert sich. Man spürt einen extremen Umschwung sowohl auf Seiten der Kunden, die nach qualitativen Produkten suchen, als auch im Handel, der versucht, sich über Wertigkeit zu differenzieren. Wie schafft man eine nachhaltige und gleichzeitig wirtschaftlich tragbare Produktion, die Raum für Wachstum lässt?

Die gesamte Supply Chain zu kontrollieren, ist eine wichtige Grundlage für eine nachhaltige und wirtschaftliche Produktion. Bei Cashmere fängt das beim Bauern an. Wenn es dem Bauern besser geht, geht es auch den Ziegen besser. Das wird durch gute Resultate bestätigt, denn die Rohwolle ist besser. Wenn man das gewährleistet, hat man langfristig Zugang zu gutem Rohmaterial, was wiederum die Produktion sicherstellt und Wachstum ermöglicht. Wie vermittelt man Nachhaltigkeit dem Kunden?

Das ist eine der größten Herausforderungen, da die Informationsweitergabe durch viele Stationen funktionieren muss. Das geht nur mit starken Part-

Andreas Knezovic, Gründer und Geschäftsführer von FTC Cashmere.

nern im Fachhandel, der Fachkräfte hat, die das Produkt gut kennen. Ein guter Verkäufer ist ein echter Glücksvermittler für den Verbraucher, sofern er das richtige Produkt aus tiefer Überzeugung verkaufen kann. Daher sehen wir es als unsere Pflicht, Aufklärung und möglichst hohe Transparenz zu schaffen, damit auch der Endverbraucher im Dickicht der massenhaften Waren besser unterscheiden kann.


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Der Handel von morgen Galerie, Show­ room oder Warenumschlag­ platz? Was wird der Handel wer­ den? Wie und wo kaufen wir künftig ein? Der Handel befindet sich in einem großen Umbruch und verändert seine Strukturen im Zeitraffer. Text: Nicoletta Schaper. Illustration: Claudia Meitert@Caroline Seidler. Fotos: Gesprächspartner, Klaus Vyhnalek

Es gibt ordentlich Dynamik im Markt, offline wie online. Handel im Wandel, das ist ein sich ständig vollziehender Prozess, der allerdings heute, dank Technisierung und Digitalisierung, ein bisher nie gekanntes Tempo aufgenommen hat. „Alle Vorhersagen sind von der Realität noch überholt worden, der Wandel vollzieht sich schneller und radikaler, als wir uns das noch vor fünf Jahren vorgestellt haben“, sagt Jürgen Müller, Geschäftsführer von Suits.Executive Search. „Online-Pure-Player wie Amazon und Zalando sind klar auf dem Vormarsch. Amazon macht derzeit schon über 100 Milliarden Dollar Umsatz, eines Tages wird Jeff Bezos Wal-Mart überholt haben. Die Pure-Player wachsen, weil sie von vornherein global sind, sich in alle Bereiche ausdehnen und gleichzeitig mit Eigenmarken vertikalisieren.“ Online ist unumstritten der Wachstumstreiber, und hier finden auch die meisten Innovationen statt. „Die Nutzung von Daten sind künftig der Schlüssel zur Wettbewerbsfähigkeit“, so Marktanalyst Carsten Bange, Geschäftsführer Barc Institut. „Vor allem im Bereich Dynamic Pricing werden jetzt schon Daten zur Preisoptimierung genutzt, allen voran von Amazon. Es wird dahin kommen, dass die Preise dem Kaufverhalten der Konsumenten individuell angepasst werden, dass beispielsweise der Fernseher für dich 330 Euro kostet, weil ich weiß, dass du preissensibel bist. Oder er kostet 400 Euro, weil ich weiß, dass du nicht woanders suchst. Der

Konsument könnte das Vertrauen verlieren, einen guten Preis zu bekommen, seine Sensibilität ist recht hoch. Aber das wird sich dennoch durchsetzen, weil die technischen Möglichkeiten dazu bestehen.“ Die Möglichkeiten werden aber nicht nur online genutzt. „Ich nehme den Trend wahr, dass der stationäre Handelsanteil E-Commerce nachzuahmen versucht, um mehr Daten zu bekommen“, so Bange. „Sei es mit dem Chip in der Kundenkarte, mit dem sich der Kunde im Geschäft verfolgen lässt. Oder mit Beacons, also Sendeempfängern an der Wand, sodass dem Kunden ein Angebot auf sein Handy geschickt wird. Je individueller die Kundendaten sind, umso genauer kann das Angebot sein.“ Derzeit wird in diesem Bereich viel experimentiert, wobei die Investitionen für den stationären Handel recht hoch sind und sich letztendlich nur durchsetzen wird, was den größten Nutzen bringt. Emotional

„Die größte Leistung des stationären Handels in den letzten Jahrzehnten war es, die Innenstädte zum Leuchten zu bringen“, formuliert Marketingdramaturg Christian Mikunda. „Die Geschäfte sind zum sogenannten dritten Ort geworden, ähnlich wie die Gastronomie oder Hotellobbys. Das ist etwas, was es ständig neu zu erringen gibt, auch angesichts der Konkurrenz von Online. Denn ohne Geschäfte würden die Innenstädte wieder grau wie in den 1960ern werden.“ style in progress 316


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Karl Reyer, Geschäftsführer Reyer Sport & Mode: „Stationärer Handel und Onlinehandel werden weiterbestehen, diejenigen fallen weg, die nicht mit der Zeit gehen. Der Druck ist da, sich neu zu erfinden, sich zu fokussieren.“

Heiner Oberrauch, Inhaber Oberrauch-Zitt: „Allgemein wird im Handel noch zu wenig in Menschen, in Konzepte und Alleinstellungsmerkmale investiert. Hier wird ein großes Umdenken stattfinden müssen.“ Carsten Bange, Geschäftsführer Barc Institut: „Die Zukunft im Handel wird datengetriebener. Derjenige, der den Kunden besser versteht, wird das Geschäft machen. Daten besser zu nutzen, ist dabei der Schlüssel.“

So zwingt der neue Mitbewerber Online den stationären Handel auch, sich neu zu definieren und attraktiver zu werden: das Internet als Treiber, um den klassischen Einzelhandel zu verbessern – und dessen Stärken noch mehr herauszuarbeiten. „Das Erlebnis am PoS ist emotionaler Mehrwert“, so Christian Mikunda. „Die persönliche Begegnung mit einem guten Verkäufer im Geschäft ist immer eine soziale Interaktion, bei der der Kunde ihm zu vertrauen beginnt wie einem Freund. Das ist die perfekte Voraussetzung dafür, mit kompetenter Beratung und Service zu punkten.“ Hinzu kommt für Mikunda die Ladendramaturgie. „Was es früher nur im gehobenen Bereich gab, setzt sich heute zunehmend auch im günstigeren Segment durch, zumal hier der Warendruck besonders sichtbar ist. Wie bei H&M im Caesars Palace in Las Vegas; eine äußerst gelungene Glory-Joy-Inszenierung. Oder die Top-Shop-Stores, die ich im Oktober letzten Jahres in London gesehen habe, wo die Puppen in der Luft wie Flugzeuge kreisten. Wir nennen eine solche Maßnahme Destabilization, bei der es darum geht, den Blickwinkel der Konsumenten durch bewusste Irritation zu verändern.“ Und es geht immer mehr um Storytelling. „Bestes Beispiel ist die Apotheke Lairesse in Amsterdam, mit simuliertem Waldboden und einem echten Baum, der mit 316 style in progress

der Ladentheke verbunden ist“, erklärt Christian Mikunda. „Es geht hierbei nicht um die Flucht in eine Traumwelt, sondern um eine Naturinszenierung, die die Kunden von ihren Wehwehchen ablenkt und nachweisbar entspannt.“ Auch für Onlineplayer werden stationäre Geschäfte und damit menschliche Berührungspunkte relevanter. „Ein Großteil des Fashionangebots ist lokal, also in der Nähe des Kunden“, erklärt David Schneider, Gründer und Mitglied des Vorstands von Zalando. „Unser Ziel ist es, Angebot und Kunden auf lokalem Level wieder zusammenzubringen. Warum nicht einem Kunden, der sich online zu Mode inspirieren lässt, seinen Wunschartikel direkt aus einem Laden in der Nähe liefern oder eine Abholung ermöglichen? Wenn wir es schaffen, die heute bestehende Isolation von Einzelhändlern in ein Netzwerk zu transformieren, entstehen spannende neue Ansätze für Kunden und Händler, die weder durch ein reines Online- noch durch ein reines Offlinekonzept möglich wären.“ Mit Bodycheck Berlin hat Zalando ein entsprechendes Pilotprojekt gestartet. So ist das Bodycheck-Sortiment aus diesem konkreten Geschäft in den Zalando Onlineshop integriert. „Wie bei unserem Partnerprogramm erfährt der Kunde beim Check-out, dass beispielsweise sein Wunsch-Sneaker direkt von Bodycheck geliefert

wird“, sagt David Schneider. Darüber hinaus ist das Bodycheck-Sortiment für die Berliner Kunden zusätzlich über die Fashion-App ZipCart verfügbar. „Damit testen wir, ob der Kunde das Bestellte am gleichen Tag oder zu einem anderen Wunschtermin erhalten möchte“, so Schneider. „Den Traum-Sneaker von Bodycheck liefert dann unser Partner Liefery auf Wunsch nach der Arbeit zwischen 19 und 21 Uhr.“ Das erklärte Ziel von Zalando: eine Plattformstrategie, die alle Akteure im Modemarkt verbinden und eine Art Betriebssystem für Mode schaffen soll. „Wir wollen ein übergreifendes Netzwerk aufbauen, von kleinen Boutiquen bis hin zu großen Marken und Händlern sowie deren Geschäfte, um unseren Kunden damit eine noch größere und flexiblere Auswahl zu bieten.“ Showrooms

Was bedeuten alle aktuellen Entwicklungen für die Flächen im Handel? „Die Fläche hat nicht mehr den Wert, den sie schon mal hatte“, sagt Heiner Oberrauch, Inhaber von Oberrauch-Zitt. „Meine Vision des Handels der Zukunft ist der Showroom, wo Ware zum Anprobieren, aber nicht zum Mitnehmen angeboten wird. Der Händler muss nicht alle Teile da haben, sondern eins in jeder Größe, um die Passform zu prüfen, dann kann er in verschiedenen Größen andere

Farbstellungen parat haben. Kommt der Kunde nach Hause, steht sein Paket dann schon vor der Tür.“ Auch für Carsten Bange sind Handelsflächen mit Showroomcharakter die logische Folge der Verzahnung von Online mit der physischen Welt. „Ich bin allerdings der Meinung, dass ich als Konsument die Kleidung schon noch anfassen will; Mode ist etwas Persönliches und Einkaufen kann Erlebnis sein. Aber der Händler muss nicht mehr jede Variante vorhalten.“ Werden die Läden Showrooms der Marken? Zumindest wird sich weiter durchsetzen, dass sich Leuchtturmhändler Fläche und Schaufenster zur Eigenpräsentation von Marken gut bezahlen lassen. Ein prominentes Beispiel ist die Pop-up-Experience von Magnum Ice Cream bei Selfridges London, eine wunderbar inszenierte Flächennutzung zu Zeiten des klassischen Sommerlochs im Modehandel. Eine Win-win-Situation für beide Seiten. In einer globalen Welt werden Marken ebenso wie die Zugehörigkeit zu Communities wichtiger, so lautet manche Prognose – entsprechend reicht es als Fashionbrand nicht mehr, nur pünktlich in den Handel zu liefern, um die Marke emotional aufzuladen. Wird Handel künftig auch Stätte der Begegnung sein? „In den letzten Jahren hatte Online einen Coolness-Faktor, das Thema war von der Young Generation


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David Schneider, Gründer und Mitglied des Vorstands Zalando: „E-Commerce verändert die ganze Industrie und wir glauben, dass wir mit unserer Expertise Marken, Kunden, Stylisten, Herstellern und anderen im Markt helfen können.“

Christian Mikunda, Marketingdramaturg: „Im Handel werden Flächen mit Showroomcharakter zunehmen, weil es mehr und mehr darum geht, ein schier unüberschaubares Angebot kuratiert und emotional aufzubereiten.“ Jürgen Müller, Geschäftsführer Suits. Executive Search: „Das Internet fördert die Monopol­bildung, aber auch die Spezialisierung, mit Geschäftsmodellen, die offline allein aufgrund fehlender Reichweite nicht funktionieren würden.“

besetzt“, so Heiner Oberrauch. „In Zukunft wird das Internet mehr von der älteren Generation benutzt, weil sie nicht mehr so mobil ist. Jugendliche dagegen wollen Menschen treffen! Für sie widerspricht es sich, am Bildschirm zu sitzen, um Ware zu kaufen.“ Neben den Vertikalen im preisgünstigen wie auch im hochwertigen Segment wird es die großen Platzhirsche des stationären Modehandels weiterhin geben, meint Jürgen Müller. „Ich glaube an die lokalen, familienbetriebenen Unternehmen, die ein breites Angebot mit hoher Qualität und einem Preisspektrum von günstig bis Premium abdecken – auch wenn das Geschäft für alle nicht leichter wird“, so der ehemalige TextilWirtschaft-Chefredakteur. „Das Grundproblem ist nur, dass es Überkapazitäten im Markt und zu viele Anbieter gibt. Ich denke nicht, dass wir in zehn Jahren 30 Prozent weniger Handelsfläche haben werden. Es wird lediglich eine Verdrängung geben. Gewinner sind diejenigen, die hohe Profite einfahren wie H&M und Zara, die schneller auf Markttrends reagieren können und schlanke Kostenstrukturen haben.“ Schwerer werde es für die vielen mittelmodischen, mittelpreisigen Fachgeschäfte, so Müller. „Das Internet hat die Schwächen von vielen Local Players offenbart, die zu austauschbar sind. Früher sind die Kunden 316 style in progress

aus einem Umkreis von 30 Kilometern zu ihnen gekommen, um S.Oliver oder Esprit zu kaufen. Jetzt haben sie gemerkt, dass es ein ähnliches, aber breiteres Angebot online günstiger gibt.“ Der Handel, speziell der stationäre, muss sich neu definieren. Das kann der zunehmende Fokus Accessoires sein, so setzen manche Händler jetzt stärker auf den Ausbau von Flächen mit Damenaccessoires. „Je touristischer, desto wichtiger können Accessoires werden“, sagt Christian Mikunda. „Früher hat sich der Konsument mit einem Buch oder einer CD belohnt, ebenso mag er sich heute die Handtasche oder den Schal als unkomplizierten Mitnahmeartikel gönnen.“ Multichannel

Die Frequenz in den stationären Geschäften nimmt ab. Wie lockt man die Kunden dennoch in die Geschäfte? Mit Kommunikation online, zumal sich Twitter, Facebook und Instagram auch ohne Onlineshop nutzen lassen. So wie es Kastner & Oehler seine Jeanseintauschaktion im Oktober 2015 gepusht hat: Die Kunden wurden online aufgefordert, ihre alte Jeans in den Laden zu bringen, wofür sie einen 20 Prozent Rabatt beim Neukauf einer Jeans erhalten haben. In Kooperation mit einer Modeschule entstanden aus den alten Jeans neue Entwürfe, die wiederum bei Kastner & Oehler verkauft wurden. Crossmarke-

ting par excellence: Die Aktion hat deutlich Frequenz auf die Fläche gebracht – und Topumsätze generiert. „Der Handel heute braucht Mut zu neuen Ideen und Mut, diese auch umzusetzen“, sagt Karl Reyer, Inhaber von Sport & Mode Reyer in Hallein. Raus aus dem Preiskampf des Sportsegments, entschied er für seinen Store, hin zu einer neu inszenierten Fläche, die Labor heißt und die mit immer eigenen Themen eine eigene Geschichte erzählt. Den Anfang hat in diesem April das Thema Travelling de luxe gemacht. Hochwertig präsentiert, mit allem, was die Dame für eine Wochenendreise braucht, vom Koffer bis zum Negligé. Dazu eine Kunstpräsentation in Kooperation mit der Leica Gallery. „Die Fläche so zu nutzen, ist ein Experiment, wir wollen dabei lernen“, sagt Karl Reyer. Dabei profitiert auch sein Store von Online. „Der Konsument informiert sich in unserem Onlineshop, reserviert es und kommt vorbei“, so Reyer. „Umso geforderter ist der Verkäufer im Geschäft, die Technik zu beherrschen; etwa bei einem Umtausch eines Teils, das der Kunde online gekauft hat. Der Job des Verkäufers wird deutlich komplexer.“ „Die Technik ist immer nur ein Mittel, der Mensch aber ist Inhalt“, betont Heiner Oberrauch, der sich diesen Grundsatz für seine Oberrauch-Zitt-Geschäfte auf die Fahne geschrieben hat.

„Bei Online und Offline handelt es sich nicht mehr um zwei Welten. Diese Trennung gibt es künftig nicht mehr, das wird mehr und mehr verschmelzen.“ Heute gilt es, die Kunden dort abzuholen, wo sie gerade kaufen wollen. Multichannel meint keine voneinander unabhängigen Kanäle, sondern bündelt im Idealfall alle Kontakte zu einem guten Service. Egal, ob der Kunde sich online informiert und im Geschäft kauft oder umgekehrt. Zalando und Amazon werden weiterwachsen, dafür sorgt allein schon die große Convenience. „Aber es gibt immer auch eine Gegenbewegung, zum Beispiel mit studierten Jungunternehmern, die ganz bewusst einen Schritt zurückgehen und mit einer frischen Idee einen kleinen Laden eröffnen“, so Christian Mikunda. „Daher glaube ich auch künftig an den Pluralismus im Handel.“ Es werden allerdings die Handelsbetriebe wegfallen, die keinen Schwerpunkt haben. „Jeder Händler muss sich fragen, was er tun muss, damit sich der Kunde zu ihm bewegt“, sagt Heiner Oberrauch. „Dafür muss er ihm ein Reason why bieten: Das kann die Ware sein, die Präsentation, der Service. Aber selten kann das nur der Preis sein. Händler sein, heißt hinschauen, was der Kunde braucht, lehrte mich mein Vater. Dazu braucht es Demut. Aber darin steckt auch das Wort Mut.“



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„Wir brauchen mehr Emotion!“

mir persönlich schon reichen, wenn mir ein guter Verkäufer die richtige Krawatte oder das passende Einstecktuch in die Kabine reicht. Aber in puncto Convenience Entertainment könnte der stationäre Handel deutlich mehr tun. Neulich habe ich zwei Anzüge für meine Bühnenauftritte gekauft, aber in beiden Geschäften war es schwierig, einen gut beleuchteten Spiegel zu finden. Spiegelt ein starkes Scheinwerferlicht auf dem glänzenden Stoff? Oder: Wie wirkt ein Kleid bei kaltem Licht oder wie bei einem Candle-Light-Dinner? Bei Convenience Entertainment geht es um das Herausnehmen von Dingen, die unangenehm sind, wie Sand aus dem Getriebe. Je mehr das gelingt, umso überzeugender ist die Gesamtperformance für den Kunden.

Christian Mikunda bezeichnet sich als Marketingdramaturg. Seine Leidenschaft und berufliche Passion gilt der Gestaltung und Inszenierung von sogenannten dritten Orten: öffentliche Plätze wie Flughäfen und Bahn­höfe, Handelsgeschäfte und Shoppingcenter. Im Interview spricht er über seine Beobachtungen der internationalen Handelsszene. Text: Nicoletta Schaper. Foto: Robert Maybach

Herr Mikunda, Sie beschäftigen sich viel mit dem Thema Inszenierung des öffentlichen Raums. Welche Entwicklungen sehen Sie für die Innenstädte und ihre Einkaufszonen?

Einkaufsviertel brauchen ein gemeinsames Flair und eine eigene Identität. Das sind Bereiche, die zum Beispiel am Wochenende gemeinsam mit Events und Aktionen bespielt werden können, sodass das Einkaufs­ erlebnis für den Konsumenten zum emotionalen Geschenk werden kann. In den USA und in Asien gibt es solche Bereiche schon längst, ebenso in England und zunehmend in Frankreich. Im deutschsprachigen Raum dagegen wird das Thema immer noch zu sehr unterschätzt. In einer Fußgängerzone einer mittelgroßen Stadt hat man immer noch das Gefühl, dass es komplett egal ist, ob man in Bochum oder in Bielefeld ist. Hier müsste die Politik dem Handel mehr Freiheit zur gemeinsamen Inszenierung des öffentlichen Raums einräumen. Damit man gern flaniert, muss Begehrlichkeit aus den Läden herausfließen können, wie das bereits im Mittelalter der Fall war. So beginnt man zu lieb­ äugeln, mit der Ware, mit der Umgebung, mit dem gesamten Ort. Die Leute registrieren ganz bewusst die Emotionalität von Einkaufsstraßen. Wo finden wir eine solche Emotionalität?

Zunächst ein Negativbeispiel: In Wien gibt es das Goldene Quartier; wenn Sie einmal allein sein wollen, gehen Sie dort hin. Sie werden keinen Wiener treffen! Viele der Luxusmono­ 316 style in progress

labelshops im Goldenen Quartier haben ihre Sortimente mit ihren Zweitlinien bestückt, was aber auch bedeutet, dass sie sich selbst zu langweilig in diesen Geschäften inszenieren. Warum also dort hingehen, wenn man für 80 Euro nach London fliegen und in der Bond Street mit Chanel und Louis Vuitton zwei der weltweit besten Shops nur wenige Fußminuten voneinander entfernt sehen kann? Das sind grandios inszenierte Läden, noch dazu in einer Luxusstraße, die sich nicht umsonst über Jahrzehnte etabliert hat. Auch das Goldene Quartier in Wien hat mittlerweile erkannt, dass es die Dramatisierung der gemeinsamen Fläche braucht, die wir in gut gemachten Shoppingmalls finden, und ein gemeinsames Urban-Design-Konzept angekündigt. Stichwort Malling.

In Singapur oder Kuala Lumpur, wo es heiß und feucht ist, geht man in der Freizeit nicht nur in die Natur, sondern auch in die Shoppingmall. Malling meint entspanntes Promenieren und ist etwas, was sich die Innenstädte von den Einkaufs­ centern zurückerobern müssen. Es gilt also, von den Malls zurückzulernen, dass nicht nur die Shops eine Inszenierung brauchen, sondern auch die Bereiche dazwischen. Shopping ist heute Family-Entertainment und damit längst in der Freizeit angekommen. Nicht nur die Malls in Asien generieren ihre größten Umsätze Samstag und Sonntag; auch bei uns verbringen die Jugendlichen ihre Freizeit gern im Shoppingcenter. Womit wir beim Thema Ladenöffnungszeiten wären, die

Christian Mikunda gilt als Begründer der strategischen Dramaturgie.

sich ebenso zwingend ändern müssen, weil wir geradezu umzingelt sind von Möglichkeiten, sonntags zu shoppen. Was bedeutet das Wachstum von E-Commerce für den stationären Handel?

Die Verschmelzung von Onlineund stationären Konzepten wird sicher zunehmen, das liegt auf der Hand, zumal beide profitieren. Ich beobachte immer mehr entsprechende Formate wie zum Beispiel Abholshops in der Londoner Innenstadt, die klein und dicht inszeniert sind. Sie schlagen zwei Fliegen mit einer Klappe, indem sie zum einen den Onlinehandel bedienen und außerdem dazu beitragen, dass die Innenstädte nicht veröden. Künftig werden solche Click-and-Collect-Stationen immer mehr innerhalb des bestehenden PoS inszeniert werden. Oft ist E-Commerce jedoch auch Konkurrenz. Was kann der stationäre Handel von Online lernen?

Convenience Entertainment zum Beispiel. Wie sieht das Hemd mit einer blauen, wie mit einer roten Krawatte aus? Solche Verwandlungsmöglichkeiten werden sich im Onlineshop immer besser darstellen lassen. Im Geschäft würde

Vor allem große Handelsformate haben schon allein aufgrund ihrer finanziellen Power mehr Möglichkeiten. Heißt das, künftig werden nur die Großen im stationären Handel gewinnen?

Das glaube ich nicht, zumal jede Bewegung ihre Gegenbewegung hat. In Österreich wurden die Sport Eybl Geschäfte von dem britischen Sport-Discounter Sports Direct übernommen. Mit der Folge, dass die wirklich gut inszenierten Handelsflächen eine britische Discounter-Anmutung bekommen haben, was den Kunden weniger gefallen hat. Das hatte wiederum zur Folge, dass sich viele der sehr qualifizierten Fachverkäufer mit ihrem jeweiligen Spezialgebiet erfolgreich selbstständig gemacht haben, sei es fürs Kanufahren oder zum Klettern. So entstanden allein in Wien im letzten Jahr 50 neue, kleine Fachsportgeschäfte, die die Sportbegeisterten mit Kompetenz und Emotion überzeugt haben. Das zeigt, dass jetzt auch die Individualität wieder stärker wächst. Und dass die Nische ebenso profitabel sein kann.

Buchtipp Christian Mikunda: Marketing spüren, Willkommen am Dritten Ort, Redline Verlag


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„Unsere Beratung ist etwas wert!“ Ist bezahlte Beratung die Zukunft des stati­ onären Handels? Ja, sagt Beat Zürcher, der in seiner Inter­sportFiliale im Schweizer Frutigen im Kanton Bern die Beratungs­ gebühr eingeführt und damit den Medien reichlich Diskussions­ stoff geliefert hat.

ja Ihrem Schreiner nicht die Montage einer Holzleiste, die Sie selbst montieren. Wird Ihr Beispiel Schule machen?

In stark frequentierter 1-a-Lage würde ein solches Beratungssystem ebenso wenig Sinn machen wie an einem belebten Touristenort. Ist die Lage des Geschäfts aber nicht top, müssen Sie rühriger sein. Das Beratungssystem ist neben Events und Aktionen eine Möglichkeit dazu. Das Thema brennt aber offenbar vielen Händlern auf der Seele, anders kann ich mir die vielen Reaktionen auch aus Deutschland und Österreich nicht erklären. Allerdings muss man auch länderspezifisch differenzieren: Wir in der Schweiz haben mit dem Einkaufstourismus und einem starken Franken noch zusätzliche Herausforderungen.

Text: Nicoletta Schaper. Foto: Beat Zürcher

Was hat Sie dazu gebracht, eine Beratungsgebühr einzuführen?

Es waren die Kunden selbst, die nach eingehender Beratung an der Kasse dennoch nach einem Rabatt gefragt haben. Als wäre die Ware dann weniger wert! Dabei kommen im physischen Geschäft neben Beratung ja noch weitere Kosten hinzu, wie Miete, Licht und Deko. Deshalb und auch angesichts der Preistransparenz online wollte ich ebenso in meinem Geschäft Transparenz schaffen. Die Beratung eines Azubis im ersten Lehrjahr kostet beispielsweise 24 Schweizer Franken die Stunde, ein Berater mit zehn Jahren Berufserfahrung 72 Franken.

Wie sehen Sie die Zukunft des Handels?

Das Wichtigste in jedem Geschäft ist die Persönlichkeit der Menschen dort. Der Kunde kommt, weil er die Leute dort kennt, die freundliche Beratung schätzt und das Produkt sofort bekommt. Sollte der Onlinehandel es schaffen, dass das am Freitagabend Bestellte Samstagmittag schon im Haus ist, sehe ich schwarz für den stationären Einzelhandel. Ich glaube nämlich nicht, dass ein überragendes Einkaufserlebnis dann noch mit Ladeneinrichtung und Produkten finanziert werden kann. Umso mehr achte ich darauf, dass meine Arbeit etwas wert ist und wertgeschätzt wird. Vielleicht kommen Ihnen meine Antworten arrogant vor. Das bin ich eigentlich nicht, ich bin verheiratet, Vater zweier Mädchen und ein stinknormaler Schweizer. Jedoch bin ich auch ein Händler, der versucht, sich zu bewegen.

Sie haben die Gebühr im September 2015 eingeführt. Mit welchen Reaktionen?

Anfangs haben wir sehr polarisiert. Jeder kennt dieses System von den Handwerkern, jedoch nicht aus dem Einzelhandel; also mussten wir viel Erklärungsarbeit leisten. Die meisten haben uns dann verstanden, einige sind gegangen und wieder andere auch zurückgekommen. Sie gewähren 20 Prozent Rabatt bei Kauf ohne Beratung. Hat aber nicht das, gerade das stetige Reduzieren, dafür gesorgt, dass den Kunden Mode und auch Beratung weniger wert sind?

Das heißt im Grunde nichts anderes, als dass Sie bei uns nur für Beratung zahlen, wenn Sie sie benötigen. Sie bezahlen

Beat Zürcher hat es mit seiner Beratungsgebühr in die Medien geschafft. Dass seine Arbeit wertgeschätzt werde, sei ihm wichtig, sagt der Sport­ händler aus der Schweiz.

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STYLE IN PROGRESS #4/2016

SCHNELLES UMSCHALTEN WIE DIE MODE IHRE VIELEN CHANCEN KÃœNFTIG ERFOLGREICHER VERWERTEN KANN.

Erscheinungstermin: 18. Oktober 2016

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It’s Tech, Baby Customer Journey heißt die Zauberformel, die sich der Onlinehandel einverleibt hat, um Kunden durch immer besser selektierte und personalisierte Inhalte und einfachere Handhabung das Gefühl zu geben, einer echten Boutique in nichts nachzustehen. Wie sieht es aber anders herum aus? Was hat der stationäre Handel von der digitalen Welt gelernt und wie kann er diese Erkenntnisse anwenden? Der Kunde hat die gleichen Erwartungen – egal in wel­ chem Kanal

„Mit dem Thema Digitalisierung muss sich jedes Unternehmen beschäftigen. Heutzutage erwarten Kunden, dass sie keinen Unterschied im Shoppingerlebnis und Service merken, egal in welchem Kanal sie einkaufen. Wenn Kunden durch die Tür eines Geschäfts laufen, bringen sie die Erwartungen mit, das zu bekommen, was sie online bekommen – sofortige Verfügbarkeit, Personalisierung, Lieferung ­nach Hause“, sagt Ulrich Spaan, Mitglied des Vorstands des EHI Retail Institutes in Köln. Gemeinsam mit der Unterneh-

Technologische Innovationen und der digitale Wandel machen auch vor dem Einzelhandel nicht Halt: Immer mehr Technolo­ gien helfen, den stationären Han­ del so modern wie Konkurrent E-Commerce aussehen zu­ lassen. Text: Quynh Tran. Illustration: Claudia Meiter@Caroline Seidler

mensberatung KPMG, dem Digitalverband Bitkom e.V. und der GS1 Germany GmbH hat das Institut 2015 den „Technologie-Atlas Einzelhandel“ herausgegeben, der für den Handel relevante Innovationen identifiziert. Ganze acht Themenblöcke sind es demnach, die für den klassischen Handel wichtig sein und je nach Größe des Unternehmens einen unterschiedlichen Mehrwert haben können: Es fängt bereits bei der IT-Architektur und Basistechnologien, die Datenbanken und Managementsysteme umfassen, an, geht mit Data-Carrier-Technologien und Ident-Systemen, die unter anderem RFID-Tech-

nologien, Barcode-Systeme und Near Field Communication (NFC) beinhalten, weiter. Es folgen Transaktionssysteme wie Electronic Data Interchange (EDI), Logistiktechnologien, Authentifizierungstechnologien wie Kundenkarten und das Bezahlen per Fingerabdruck, In-Store-Technologien wie SelfCheck-out-Systeme und mobile Bezahlsysteme, hinlänglich bekannte digitale Marketingstrategien sowie Datenanalysesysteme für optimales Produkt- und Kundeninformationsmagement. Die richtigen Methoden identifizieren

Die große Hürde für die meisten Einzelhändler ist laut Studie die finanzielle Investition in die eigene Technologiestruktur: „Man muss schauen, welche digitale Lösung sinnvoll ist, um einen Mehrwert zu schaffen: Was kann ein kleiner Händler, was kann ein großer Filialist? Was hat einen wirklichen Nutzen und ist nicht nur Spielerei? Es gibt Möglichkeiten, den gleichen Service wie im E-Commerce zum Beispiel mit Investitionen in mobile Geräte auf der Verkaufsfläche zu bieten. Interessant werden auch Innovationen wie Sortimentstransparenz, die digitale Umkleidekabine. Das Potenzial für solche Entwicklungen ist da, aber es ist alles noch im Entstehen. Die Herausforderung besteht allerdings auch darin, den organisatorischen Schritt der Digitalisierung nicht nur umzusetzen, sondern auch zu leben. Das umfasst nicht nur die Organisation, sondern auch

die Schulung des Personals, das mit den Technologien auf der Fläche interagieren muss“, so Spaan. Und gerade weil es ein unendliches Meer an Entwicklungen und digitalen Produkten gibt, wird es immer schwerer, sich das Richtige herauszusuchen. Während Bereiche wie Basis­ technologien, digitales Marke­ting mit Facebook und Instagram und Kundenkartensysteme relativ weit verbreitet sind und oft auch von kleinen Shops in Anspruch genommen werden, stehen die meisten der anderen Innovationsbereiche noch am Anfang. Optimales Sortiments­ management durch RFID und EDI

So wurden RFID-Systeme, die ihre Ursprünge zur Identifikation von Flugzeugen im Zweiten Weltkrieg haben und bereits in den 1980er-Jahren kommerziell genutzt wurden, erst in den letzten zwei Jahren schrittweise bei wenigen Marken wie Zara, Marc O’Polo und C&A in den Modeeinzelhandel implementiert. Das Beispiel ist exemplarisch für das ungenutzte Potenzial, vor allem von Technologien, die theoretisch bereits verfügbar sind: „Die Verwendung von RFID ermöglicht uns komplette Transparenz über unsere Vorräte und deren Lokation in der Filiale zu erlangen und die Verfügbarkeit der Produkte für unsere Kunden signifikant zu verbessern“, sagt Thorsten Rolfes, Unternehmenssprecher von C&A, die zu den ersten in style in progress 316


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der Modeindustrie gehörten, die RFID eingeführt haben. Das Unternehmen diskutiert über den Einsatz von technologischen Innovationen, zu denen mit Sicherheit auch Kunden-Apps zur direkten Kommunikation zwischen Kunden und Händlern von Interesse sind, so Rolfes. In Kombination mit Electronic Data Interchange (EDI)-Systemen, die von Marken wie Floris van Bommel bereits zur Bestandsanalyse und Nachlieferungen genutzt werden, können diese beiden Technologien das Problem von Sortiment und Versorgung lösen. Größere Marken mit eigenen Stores wie Tommy Hilfiger oder Sephora setzen zur Vernetzung ihres Sortiments bereits Tablets ein, die mit dem Gesamtlager verbunden sind und ihren Kunden Zugang zur gesamten Kollektion geben. Da kann Ware gegebenenfalls nach Hause geliefert werden, wenn sie im Laden nicht verfügbar ist. In-Store-Technologien

Neben mobilen Geräten in Läden gibt es im Bereich der In-Store-Technologien immer mehr, wenn auch kostenintensive Neuerungen, die mitunter (bisher) nur für große Filialisten zugänglich sind. Das deutsche Start-up Apparently Different hat sich auf digitale Umkleidekabinen spezialisiert, in denen man sich über Touchscreens „Mit dem Thema Digitalisierung muss sich jedes Unternehmen beschäftigen.“ Ulrich Spaan, Mitglied des Vorstands des EHI Retail Institutes in Köln. 316 style in progress

„Die Verwendung von RFID ermöglicht uns komplette Transparenz über unsere Vorräte.“ Thorsten Rolfes, Unternehmenssprecher von C&A

neue Kleidungsstücke in die Kabine bestellen kann und im Frühjahr 2016 zum ersten Mal im ersten About You-Shop in Hamburg eingerichtet wurde. Wie es bei den Kunden angekommen ist, bleibt abzuwarten. Der slowakische Werbeexperte Facemedia hat Anfang 2016 eine Technologie vorgestellt, mit der mit Daten und Algorithmen über Gesichtserkennungsmethoden die Emotionen von Kunden gemessen werden, wenn sie Geschäfte betreten und verlassen, und zielgerichtet darauf auf Bildschirmen personalisierte Werbungen einblendet. Facemedia sind nicht die einzigen, die es auf die Gefühle der Kunden abgesehen haben, die man in Stores viel direkter adressieren kann als über einen Bildschirm. „Seit es Smartphones gibt, ist der Standort des Users im Zentrum der Überlegungen gewesen. Aber es ist viel wichtiger, zu wissen, wie sich Kunden fühlen“, sagt Vicki Loomes, Senior Trend Analyst bei Trendwatching. So haben Wissenschaftler der Research-Abteilung des spanischen Telekommunikationsunternehmens Telefonica eine App entwickelt, die anhand von verschiedenen Parametern die Interaktion von Usern mit ihren Smartphones misst und daran den Grad der Langeweile der User an den jeweiligen Standorten ableitet. Reagiert

der User zum Beispiel verstärkt auf Push-Mitteilungen, ist das ein Indikator dafür, dass er sich langweilt – eine Methode, die man gut in Point-of-Sales anwenden kann. Vicki Loomes: „Das sind Kontexte, in denen man etwa einen Gutscheincode für den nächsten Shop denken kann. Es geht viel mehr um den Gefühlszustand und die Aufmerksamkeitsspanne.“ Über die eigenen vier Wände hinaus

Technologische Innovationen eröffnen aber auch die Möglichkeit, als stationärer Einzelhändler aus den physischen Wänden des eigenen Ladens hinauszutreten. „Es ist viel wichtiger, zu wissen, wie sich Kunden fühlen.“ Vicki Loomes, Senior Trend Analyst bei Trendwatching.

Was Farfetch mit Luxusgeschäften macht, testet Zalando jetzt für normale Geschäfte: „Wir arbeiten im Rahmen der Plattformstrategie an intelligenten Schnittstellen, um stationäre Händler einzubinden. Der erste Test mit Bodycheck läuft sehr gut. Wir sind bereits mit einigen weiteren Partnern im Gespräch“, sagt Christoph Lange, Vice President Brand Solutions des Onlinehändlers. Nicht nur Onlinehändler, auch andere Lifestyleanbieter kooperieren mit Modehändlern. Im letzten Jahr hat das Antwerpener Hotel Banks mit Pimkie eine FashionMinibar in den Hotelzimmern integriert, die über QR-Codes

„Wir arbeiten im Rahmen der Plattformstrategie an intelligenten Schnittstellen, um stationäre Händler ein­ zubinden.“ Christoph Lange, Vice President Brand Solutions Zalando

verwaltet wurden und den Hotelgästen quasi einen auf das lokale Wetter abgestimmte Garderobe zum Verkauf bot. In London haben sich das Einkaufszentrum Westfield und das Sanderson Hotel zusammengetan, um den Gästen des Hotels über einen Smart Mirror eine In-Room-Shoppingplattform zu bieten. Der Testlauf im April 2016 bot Hotelgästen der Loft Terrace Suite die Möglichkeit, über einen interaktiven digitalen Spiegel im Zimmer auf das Sortiment von Westfield zuzugreifen und innerhalb von 90 Minuten geliefert zu bekommen – nach erfolgreichem Testlauf soll das auch auf andere Luxus­ hotels in London ausgeweitet werden. „Man denke nur daran, wie oft man auf Reisen etwas vergisst. Gerade bei Technologien muss man darüber nachdenken, was Konsumenten brauchen. Welche Bedürfnisse haben Konsumenten in ganz speziellen Situationen, wie kann man genau dann für sie da sein und welche Technologien braucht man dafür? Es ist viel besser, genau dann dort zu sein, wo man gebraucht wird, als überall gleichzeitig“, resümiert Vicki Loomes.


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#Fashiontech – The Conference on the Future of Fashion Mit dem Konferenzformat #Fashiontech, das zeitgleich zur Premium und zur re:publica stattfindet, hat Premium-Gründerin und Geschäftsführerin Anita Tillmann eine einzigartige Plattform geschaffen, die Schnittstellen zwischen Mode und Technologie präsentiert. Interview: Quynh Tran. Foto: Premium Exhibitions, Toni Passig

Wie ist die Idee zur #Fashiontech entstanden? Wie hat sie sich seitdem entwickelt?

Anita Tillmann hat mit der #Fashiontech ein Konferenzformat für Mode und Technologie geschaffen, das im Rahmen der Premium und der re:publica perfekt eingebettet ist.

Wir haben uns schon immer als Business- und Community-Plattform, aber auch als Content-Provider verstanden. Zum Thema Fashionblogs haben wir beispielsweise bereits 2010 ein Konferenzformat auf der Premium veranstaltet, das per Videobotschaft von Suzy Menkes eröffnet wurde und bei der Social Influencer wie Blogger Bryanboy und Business of Fashion Gründer Imran Amed vorgestellt wurden, um über digitale Kommunikation zu sprechen. Das ist bei den Teilnehmern super angekommen und danach haben wir zwei Saisons lang Bloggerworkshops für die Branche angeboten. Ich selbst gehe auf viele Konferenzen und die meisten Formate sind zu allgemein gehalten. Es ist wichtig, zu verstehen, welche Dienstleistungen, Kontakte und Innovationen Relevanz für unsere Kunden haben. Es gehört zu unserer Kernkompetenz, Kollektionen, Trends und Produkte zu präsentieren. Auf der #Fashiontech stellen wir Neuerungen an der Schnittstelle zwischen Technologie und Mode vor und geben Einblick und Zugang zum digitalen Netzwerk. Wir hatten von Anfang an großen Zulauf und die Big Player aus allen Bereichen am Start. Von Facebook, Ebay, KPMG, Google, Microsoft, Amazon Fashion, Zalando, Matchesfashion, Pinterest, Snapchat, Instagram, bis hin zu Designern wie Phoebe Hess, Annouk Wipprecht, Pauline von Dongen, Lisa Lang von ElektroCouture und Laura Wass von WXYZ Jewelry. Elevatorpitches von Start-ups, Round-Table-Diskussionen. Die

Präsentation von diversen Innovationen runden das Programm ab. Erstmalig werden wir im Juni zwei Etagen im Kühlhaus bespielen. Während auf dem gesamten vierten Obergeschoss Produkte, Businessmodelle und Innovationen vorgestellt werden, um die Besucher direkt zu vernetzen, findet im fünften Obereschoss ganztätig die Konferenz statt.

Wie ist die Zusammenarbeit mit der re:publica entstanden?

Die re:publica ist eine der wichtigsten Plattformen zum Thema digitale Gesellschaft. Die Konferenz ist auf unserem Station-Gelände gewachsen. Wir Berliner sind natürlich in ständigem Austausch miteinander. Aus der Idee, das Thema Fashiontech und Gesellschaft aus intellektueller Sicht zu betrachten, ist ein Format in zwei Richtungen entstanden; der kommerzielle Teil findet auf der Premium statt, die intellektuelle und die wissenschaftliche Auseinandersetzung auf der re:publica. Was sind Ihre wichtigsten Themen?

Unsere drei Themenblöcke sind E-Commerce & Future of Retail, Digital Marketing & Communications, sowie Wearable & Design. Zu jedem Block wird es jeweils eine Keynote-Speech, einen Business-Solution-Vortrag, eine Success-Story und einen Start-up-Pitch geben. Grundsätzlich sind alle Themen gleichermaßen wichtig, das kommt auf den Bedarf des Besuchers an. Es geht darum, dass Unternehmen Technologien nutzen, um Wachstum zu generieren, Daten zu nutzen und neue Potenziale und Freiräume zu erarbeiten, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Dabei hilft Technologie den Anbietern genauso wie den

Usern, die Umstände zu vereinfachen. Das Buch „Exponential Organizations“, das ich jedem zu lesen empfehle, zeigt auf, wie man sein Unternehmen und sein Geschäft durch Technologie weiterentwickelt.

Welche Bedeutung haben technologische Innovationen und der digitale Wandel für die Mode heutzutage? Was bedeutet das für Händler?

Die Entwicklungen der letzten Jahre haben die Art und Weise, wie wir die Mode präsentieren, konsumieren und vermarkten, grundsätzlich verändert. Wandel kann alles bedeuten. Er zwingt aber zumindest jeden Händler, sich auf die eigenen Kernkompetenzen und Stärken zu fokussieren und sich ernsthaft mit dem Thema zu beschäftigen. Was sind die eigenen KPIs (Key Performance Indicators)? Aus meiner Sicht ist die Auseinandersetzung mit dem Thema extrem relevant. Nicht jeder klassische Einzelhändler braucht zwingend einen Onlinestore oder die Beratung von Online-Influencern. Kundenbindung, kompetente Beratung und Service oder auch ein ansprechendes Merchandising beispielsweise sind erst einmal keine Onlinephänomene. Wie man Technik für sich nutzt, um Stärken zu fördern und sein Potenzial auszubauen, hängt von den Kapazitäten sowie der Art und Weise der Geschäftsführung ab. Auf der Produktseite und der Designerseite tut sich sehr viel. Das LED-Kleid von Zac Posen auf der Met-Gala war ein Riesenthema. Mykita zum Beispiel produziert personalisierte Brillen mit Gesichtsscannern und 3-D-Druckern. Es gibt eingewebte LEDs in Pullis, Sneaker mit LED-Sohle, die wirklich cool sind, oder auch Shirts mit Solar-Pads und Ladefunktion. Die Bandbreite ist riesig und wächst rasant. Besonders im Sportswearbereich laufen die Entwicklungen auf Hochtouren. Auch so etwas wird für Einzelhändler interessant.

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Massimo Ostis Erbe ist ein gewaltiges – Sohn Lorenzo hat den Mut, es anzutreten.

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C.P. Company. ZURÜCK IN DIE ZUKUNFT Eine Legende wird wieder­ belebt: Mit der Übernahme durch die Tristate Holdings Ltd. und der Unterstützung aus der Gründerfamilie ist C.P. Company mit seinen ikonischen Outdoorjacken wieder auf Erfolgskurs. Text: Quynh Tran. Fotos: C.P. Company

Erfolgsgeschichten beginnen oft an unerwarteten Stellen. Bei Massimo Osti zum Beispiel lag der Ursprung seines Aufstiegs im Grafikdesign: Schon in den 1960er-Jahren zweckentfremdete er Papierdrucktechniken für T-Shirts – eine Methode, die damals visionär war und heute kaum wegzudenken ist. Damit war der Grundstein für Chester Perry, später in C.P. Company umbenannt, gelegt. Mit einer Ästhetik, die sich am Leitsatz aus dem Produktdesign: „Form Follows Function“ orientierte und von Militär- und Arbeitsbekleidung inspiriert war, revolutionierte Osti nicht nur die Sportswear, sondern eine ganze Generation der Männermode. Design- und Materialinnovationen aus fremden Disziplinen wie Grafikdesign, Medizintechnik oder Raumfahrt machten vor allem die Outdoorjacken von C.P. Company und der Zweitlinie Stone Island durch Qualität und Funktionalität zu

Ikonen. Nachdem sich Massimo Osti aus C.P. Company und Stone Island zurückgezogen hatte und 2005 unerwartet verstarb, erlebte sein Erbe eine Odyssee. Während Stone Island in Carlo Rivetti einen ebenso visionären Eigentümer fand, machte C.P. Company so manche Höhen und Tiefen durch. Die Übernahme 2015 durch die chinesische Tristate Holdings Ltd. markiert die vorerst letzte Veränderung bei C.P. Company. Eingefädelt von Sohn Lorenzo Osti, der nun als Marketingdirektor und Minderheitseigner eingebunden ist. Große Fußstapfen

„Über Jahre habe ich das Unternehmen von außen gesehen und denke, dass es unter den vielen Richtungswechseln gelitten hat“, sagt Lorenzo Osti. „C.P. Company ist eine Marke, die sehr schwierig zu kommunizieren ist, auf der einen Seite, weil sie sehr anspruchsvoll ist, auf der anderen Seite, weil der Erfolg von damals auch mit einem anderen Marktumfeld und einem anderen kulturellen Szenario zu tun hatte. Heute kann man auch mit sehr kleinem Budget sehr gut gekleidet sein. Aber als mein Vater das Unternehmen gründete, musste man dafür viel Geld ausgeben. Die Kunden von damals waren sich der Qualität

Eine Ikone der Sportswear wieder in Familienhänden: C.P. Company.

des Produkts viel bewusster.“ Um die Authentizität wieder in die Marke zu bringen, setzt Osti dabei auf eine Balance zwischen Produktzentrierung und Lifestyle-Kommunikation: „Die Identität von C.P. Company liegt im Spannungsfeld zwischen Heritage und Lifestyle, die es zu vereinen gilt, sie ist für einen Dandy-Konsumenten, der das Produkt versteht, die Authentizität schätzt und seine Individualität außerhalb saisonaler Trends ausdrückt. Ich betrachte Kleidung von C.P. Company nicht als Mode-, sondern als Designobjekte, die im Gegensatz zu einem Modeobjekt den Fokus auf Produkt und Langlebigkeit setzen und gleichzeitig eine Geschichte erzählen. Es ist Kleidung, die man für ihre intrinsische Qualität besitzen möchte und die von Dauer ist“, so Osti. Die Wunderkammer

Dazu gehört auch, die Geschichte des Unternehmens zu erzählen, wofür er aus dem Massimo Osti Archive schöpft, das sein Vater aufgebaut hat und heute als familienbetriebene Privatinstitution in Bologna noch immer über 5.000 Kleidungsstücke und 50.000 Textilproben beherbergt. „Die Geschichte von C.P. Company und seiner Produktinnovationen ist ein essenzieller Teil der Marke“ und die Herausforderung sei es, „diesen Ansatz innovativ weiterzuentwickeln und gleichzeitig die Philosophie des Unternehmens dem heutigen Kunden und dem heutigen Markt anzupassen“, so Lorenzo Osti. Dafür bereitet er Archivmaterial auf und baut die Onlinepräsenz so aus, damit über redaktionelle Inhalte die Geschichte und der Wert der einzelnen Produkte erklärt werden. Neben der Kommunikation spielt aber auch die Infrastruktur eine besondere Rolle: Für das Wachstum setzt C.P. Company mit der Tristate

Massimo Osti experimentierte gerne direkt am Prototyp, hier ein Stück aus dem gewaltigen Archiv.

Holdings Ltd. vor allem auf eigenen Einzelhandel, der über die letzten Saisons wachsende Umsätze verzeichnete. Auch wenn die Marke noch immer nicht die Stärke ihrer besten Jahre erreicht hat, ging es in den traditionell starken Märkten der D-A-CH- und Benelux-Länder ebenso wie in neuen Märkten wie Russland bergauf. China, Japan und die USA werden mithilfe der jahrzehntelangen Expertise und Infrastruktur der Tristate Holdings erschlossen. Weitere Änderungen gibt es in der Produktentwicklung: „Tristate ist ein industrieller Partner mit extrem progressiven Technologien für Färbetechniken und Materialentwicklungen, die uns die Möglichkeit für neue Experimente und Produktinnovationen geben“, sagt Osti. „Abgesehen davon möchten wir mit den neuen Möglichkeiten auch die Post-Sale-Services, also Garantie- und Reparaturleistungen, ausbauen.“ Auch heute bleibt: C.P. Company will seine Kunden lange glücklich machen, am liebsten ein ganzes Leben. C.P. Company, Lugano/Schweiz, www.cpcompany.com

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Creation Gross MÄNNERFREUNDE Hersbruck, das klingt inter­ essant, aber nicht gerade nach der großen Modewelt: Création Gross aus dem fränkische Städtchen nahe Nürnberg findet dort alles, was es braucht, eine Lücke im Männermarkt zu füllen. Text: Martina Müllner-Seybold. Fotos: Création Gross

Eine Lücke im Männermodemarkt? In Zeiten des Verdrängungswettbewerbs und der Warenüberhänge? Man will Managing Partner Thomas Steinhart erst einmal gar nicht glauben, als der ansetzt, die Grundpfeiler der ambitionierten Agenda 2020 zu erklären. So heißt das Papier, in dem sich der ehemalige CFO und COO von S. Oliver und General Manager von Ralph Böhm gemeinsam mit der Inhaberfamilie zum Wachstum bekennen. Aber zurück zur Lücke: Die ist da, und zwar gar nicht zu klein, deutlich in der Segmentsstudie HAKA der TW auszumachen. Marken wie Boss haben sie hinterlassen, als sie ihr Trading-up oder ihre globale Preisharmonisierung all zu ambitioniert betrieben. „Da,

wo deren Best of Basic anfängt, hört Carl Gross’ bestausgestatter Anzug auf“, ist Thomas Steinhart stolz. Und dem Premiumsegment macht der Musterschüler der Stammabteilung ein neues Angebot: Black Line heißt die Kapselkollektion, die eine neue Einstiegspreislage ins Premiumsegment markieren will. Sprich: solide, in Europa produzierte, aus feinen, teilweise italienischen Stoffen gefertigte Anzüge. „Es gibt viele Fans der Marke da draußen, besonders unter Händlern, aber auch Männer, die Carl Gross tragen, ohne es bewusst wahrzunehmen. Die vertrauen einfach ihrem Händler.“ Und der vertraut gerne auf die mehr als 90-jährige Herstellertradition der Hersbrucker. Eine umfassende Kollektion, 125.000 Teile auf Lager, Services wie Kundenlager, hervorragende Nachbestückungslogistik, demnächst eine eigene App für die einfache Re-Order und, und, und. In Hersbruck weiß man, wie man Business macht. Das Beziehungsmanagement zum Handel sitzt sattelfest, die Qualität sowieso. Bei all dieser Dienstfertigkeit geriet eine

Wachsen, ohne die Tugenden des Familienunternehmens zu verlieren: Die Agenda 2020 spiegelt das Managementverständnis von Ralph Böhm (General Manager), Peter Gross (Gesellschafter) und Thomas Steinhart (Managing Partner) wider.

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einzige Kompetenz zuweilen ins Hintertreffen: das Markenmachen. Wissen wollen

Auftritt Agenda 2020: Von 65 Millionen auf 100 Millionen Euro Umsatz, in fünf Jahren, die konkrete Roadmap dafür ist durchdacht. Doch in dem Papier sind nicht nur Wachstumsziele verankert, sondern auch der Wunsch, endlich Marke zu werden. Und zwar streng getrennt vom zweiten Filius der Création Gross: CG Club of Gents. „Wir denken noch nicht mal darüber nach, dass der CG Club of Gents Kunde irgendwann mal von CG zu Carl Gross wechselt, das ist nicht das Szenario“, betont Ralph Böhm, der seinem Sparringpartner Steinhart bei Carl Gross das perfekte Gegenüber ist – weil bis in die Zehenspitzen mit dem CG Club of Gents Kunden auf einer Linie. Während Steinhart, das nimmt man ihm ab, den Carl Gross Mann repräsentiert. Steinhart: „Hosentaschen zum Beispiel: Wenn ich meine ausleere, kommen da ein Portemonnaie, ein Autoschlüssel und vieles mehr zu Tage, bei Ralph Böhm ein sleekes Kartenetui und das war’s. Sie wissen, worauf ich hinaus will – diese beiden männlichen Zugänge zu Mode unterscheiden sich ganz grundsätzlich.“ Nur konsequent, dass die beiden Welten auch vollständig eigenständige Kampagnen bekommen – und in beide Labels Marketingbudget fließt, das die jeweiligen Kernkompetenzen unterstreicht. Bei CG Club of Gents heißt das Thema #maennerfreundschaft, der Hashtag impliziert es: Neben den klassischen Werbeformaten auch getragen von einer umfangreichen Social-Mediaund PoS-Kampagne. „Es gilt, die Fans der Marke emotional abzuholen. Männerfreundschaften, das ist doch etwas Großar-

tiges“, schwärmt Ralph Böhm. Das blinde Verstehen, das Männerfreundschaften meistens auszeichnet, schafft CG Club of Gents, auch in seine Mode zu übersetzen. Mit Passformen, die den noch immer dominierenden Slim-Fit überaus komfortabel tragbar machen. Kein Wunsch aus dem Markt, für den die Hersbrucker nicht eine Lösung wüssten: „Was mich so begeistert an diesem Familienunternehmen, ist, dass an jedem kleinsten Detail gearbeitet wird. Zum Beispiel die Logoaufnäher am Ärmel. Weil einige wenige Fälle aufgetreten sind, bei denen Männer durch das Abschneiden des Aufnähers ihr Sakko beschädigt haben, wurde ein Etikett entwickelt, das einfach abzunehmen ist.“ Das mögen Marginalien sein – und sind es dann doch nicht. Schließlich geht es bei HAKA-Marken um wiederkehrende Käufer, Männerfreunde eben. Und wie man die hält, weiß CG Carl Gross. www.carlgross.com www.cg.fashion www.maennerfreundschaft.fashion


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Verstanden: CG Club of Gents will die Beziehungen zu seinen Kunden als Marke pflegen – Ausdruck dessen ist die Kampagne #maennerfreundschaft.

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Aviator Look für Männer: PME Legend geht auch im deutschsprachigen Raum auf Erfolgskurs.

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PME Legend. READY FOR TAKE-OFF Die niederländische Marke PME Legend American Classics ist zu Hause eine Macht: Mit ihrem Komplettangebot hat sie es unter die top Drei der Männermarken im Modern Men Premium- und Jeans­ segment geschafft. Im Zuge der Europa-Expansion ist jetzt Deutschland im Fokus. Text: Kay Alexander Plonka. Fotos: PME Legend

Die meinen es ernst: Die Marke PME Legend, Teil der holländischen Just Brands Gruppe, ist in Deutschland auf Aufholjagd. Es gilt, die Bekanntheit zu steigern, den Endkonsumenten auf die Qualitäten anzusprechen, die den Handel überzeugt haben. Eine groß angelegte Imagekampagne ist das eine, gemeinsam mit den Partnern Emotion auf die Fläche bringen, das andere. Dass PME Legend es kann, hat die Marke schon 20 Jahre in den Niederlanden unter Beweis gestellt, ebenso wie die Marken Cast Iron und Vanguard, die ausschließlich in den Benelux-Ländern vertrieben werden. Unweit des Amsterdamer Flughafens Schiphol liegt das Hauptquartier von Just Brands, das auf vier Etagen die Abteilungen Design, Marketing, Sales sowie drei große Showrooms und die Steuerung der Logistik beheimatet. Frachtpiloten bilden die Stilvorlage für den typischen PME Look – gewaschene Jeans, lässige Hemden, bedruckte Pullover und Shirts, kernige Boots und authentische Fliegerjacken aus Leder, aber auch Basics wie Unterwäsche machen die Kollektion komplett. Aufgeteilt

in acht Themen pro Jahr mit entsprechenden Lieferterminen, bietet die Marke ein ausgewogenes Preis-Leistungs-Verhältnis. Darüber hinaus gibt es ein umfangreiches NOS-Programm für Hosen, welches die saisonalen Kollektionen noch einmal ergänzt. Die Designs richten sich an Männer zwischen 25 und 45 Jahren, die Passformen sind kommerziell und die Größenläufe reichen bis XXXL. Abenteurer und Cargo­ piloten

In Deutschland, Österreich und der Schweiz ist PME Legend seit 2012 aktiv, verfügt seit 2013 hierzulande über ein eigenes Showroom-Netz und hat sein Hauptquartier für den deutschsprachigen Markt im Düsseldorfer Medienhafen eröffnet. Die Messestände, Flagshipstores und Shop-in-Shop-Konzepte sind mit viel gealtertem Holz und genietetem Stahl aufwändig inszeniert. Deko-Elemente wie alte Flugzeugmotoren mit großen Propellern und Tragflächenteile oder Bordinstrumente alter amerikanischer Flugzeuge spiegeln gekonnt bis ins kleinste Detail den Aviator-Look der Marke wieder. Neben den 1.500 Verkaufspunkten in den Benelux-Ländern verfügt Just Brands über eigene Stores, in denen die drei Männermarken unter einem Dach verkauft werden. Im letzten Jahr wurde der erste 400 Quadratmeter große Flagship­ store auschließlich für PME in der belgischen Modemetropole Antwerpen eröffnet. Auch in Deutschland ist in Zukunft ein Flagshipstore geplant. Robert Theijssen, International Sales Manager und Geschäftsfüh-

rer von Just Brands GmbH Düsseldorf, erklärt: „Wir wollen in erster Linie über den stationären Facheinzelhandel in Deutschland wachsen. Deshalb verzichten wir auch bewusst darauf, an große Onlinestores zu verkaufen. Wir wollen ein guter und aktiver Partner sein, der den Händlern tatkräftig zur Seite steht, und dafür Sorge tragen, dass Aufmerksamkeit für die Marke generiert wird.“ Vor den Stores von deutschen Handelspartnern machen schon seit diesem Frühling Promotionteams in Fliegeroveralls mit Flyern auf In-Store-Aktionen aufmerksam. Visual Merchandiser gestalten die Verkaufsflächen und schulen das Verkaufspersonal. Ein eigens umgebauter Anhänger dient dabei als mobile Werbetafel und zugleich als Schaufenster, in dem neben den neuesten Hosenmodellen der auffällige Flacon der Duftlizenz sowie Laptoptaschen aus Leder präsentiert werden. Aber auch sonst weiß PME die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Gemeinsam mit dem Kooperationspartner Breitling werden unter den Käufern der Premium Pilotenlederjacken regelmäßig Luxusuhren des Schweizer Herstellers verlost.

chigen Raum weiter steigern. Das Herzstück der Kampagne ist ein 20-sekündiger Spot, mit dem PME Legend sein Debüt im deutschen Fernsehen feiert“, erzählt Robert Theijssen voll Stolz. Ab Mitte September wird der TV-Spot bei ProSieben, Sat.1 und Kabel eins regelmäßig zu sehen sein. „Außerdem werden wir in Zeitschriften wie der Auto Bild, Sport Bild, Computer Bild, dem Lifestyle- und Fitnessmagazin Men’s Health und dem Nachrichtenmagazin Focus Beileger mit dem Lookbook der aktuellen Kollektion von PME Legend platzieren. Am Point of Sale werden wir die Skymaster-Kampagne mit Schaufensteraktionspaketen und gezielten In-Store-Warenpräsentationen bei rund 500 Facheinzelhändlern sowie City-Light-Postern und umfangreichen Social-Media-Aktivitäten begleiten, damit ein ganzheitlicher Auftritt auf allen Kommunikationskanälen stattfindet“, fügt Theijssen hinzu. Umfassender geht’s eigentlich nicht. www.pme-legend.com

TV-Werbespots in Deutsch­ land

Das Menswearlabel startet für die Herbst-/Winter-Saison eine großangelegte Imagekampagne und schaltet zum ersten Mal TV-Werbespots in Deutschland. „Unsere Werbekampagne ist eigens auf die Markteinführung des neuen Jeansmodells Skymaster zugeschnitten und soll die Markenbekanntheit von PME Legend im deutschsprastyle in progress 316


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RRD. SURF ON

Surfen kann so viel lehren – auch für Winterkollektionen. Denn das Prinzip, dass der Körper niemals auskühlen darf, bleibt das gleiche, ob Schnee oder Wasser.

Die besten Dinge des Lebens entstehen aus Leidenschaft. Bei Riccardo Ricci war es die zu Wasser und Wind, die den Grund­ stein für sein Label RRD legte, das längst nicht nur Surfer überzeugt. Text: Quynh Tran. Fotos: Roberto Ricci Designs

Es war die Liebe zum Meer, die Roberto Ricci 1981 zum Windsurfen brachte. Aber die erste Begegnung war eine Enttäuschung: Die Ausrüstung war zu schwer und ineffizient und stand dem eigentlichen Sport im Weg. Weil es damals noch wenig Equipment gab, legte Ricci in der Garage seines Vaters selbst Hand an und hobelte sein eigenes Surfbrett. Er startete eine Profikarriere und nebenbei heuerte er bei einem italienischen Surfboardhersteller an. Seine Homebase fand er am Gardasee, damals Zentrum der Windsurf-Community in Europa. Dort lernte Ricci von Shaping-Gurus wie Jimmy Lewis, Ed Angulo und 316 style in progress

Craig Maisonville, wie man per Hand die Bretter zur perfekten Form hobelt. 1989 war klar, dass ihn dieses Metier nicht mehr loslassen würde: Er brach sein Studium ab, startete beim Windsurfing World Cup und eröffnete seine eigene Werkstatt – den Vorläufer von Riccardo Ricci Designs. Neben der Autowerkstatt seines Vaters und der T-Shirt-Fabrik seiner Mutter fertigte Ricci seine ersten Boards, die eine Symbiose aus mestiere artigiano – italienischem Anspruch an Handwerk – und hawaiianischer Shaping-Tradition waren. Phönix aus der Asche

Als 1994 ein Brand seine Werkstatt komplett zerstörte, gönnte Roberto Ricci seinem Unternehmen einen Neuanfang auf professionellen Beinen. Gleichzeitig lancierte er eine Active­ wear-Linie, die das Equipment kompletieren sollte und Funktionalität mit italienischem Designbewusstsein zusammenbrachte: Perf-Romance, Performance und Romance, wie Ricci es nannte.

1995 kam das Kiteboard-Segment dazu. Als Produzent der ersten Stunde waren alle Teile immer sofort ausverkauft. So wuchs die Marke organisch, mit der Entwicklung des Wassersports und Riccis eigenem experimentellen Ansatz als Sportler und Equipmententwickler. 2006 kam der Yachting-Bereich dazu – wieder, weil Ricci zunächst für sich selbst ein Boot baute – und seit 2011 erstmals ein Segment, das mit dem Wasser wenig zu tun hat: Eine Winterkollektion aus Jacken mit Holystitch Technologie, die sich Materialien aus dem Wassersport zunutze machen. Mit der Authentizität eines Sportlers und dem Feingefühl eines italienischen Kunsthandwerkers hat Ricci eine Marke aufgebaut, die zu einer Ikone für Wassersportler geworden ist. Noch heute sind die Surfboards das Herz der Kollektionen, aber auch Boardshorts und Jacken sind zu Klassikern geworden. „Fashion does not care what you think“ – „Mode schert sich nicht darum, was du denkst“,

schrieb Ricci 1999 in einem seiner ersten Kataloge, und das ist auch heute noch sein Leitsatz. Die Kollektionen, die im Sommer 200 und im Winter 120 Teile umfassen, werden nicht jede Saison komplett neu erstellt; es sind Evolutionen der vorangegangenen Modelle, optimiert durch Erfahrung. Noch immer wird der Großteil der Kollektion in der Toskana gefertigt, die Produktion in Italien bleibt neben der Verschmelzung zwischen Innovation und Design die DNA der Marke. Neben den Hauptmärkten in Europa, insbesondere in Spanien und Deutschland, soll in den nächsten Jahren nach Skandinavien und Asien expandiert werden. www.robertoriccidesigns.com


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„You are the center of your world, so do what you like and enjoy it“, ist Roberto Riccis Leitsatz, mit dem er auch in die Zukunft geht.

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Manuel Forster. DER QUEREINSTEIGER Manuel Forster hat im De­ zember seine gleichnamige Lifestylemarke mit Sitz in der Schweiz gegründet und will getreu dem Claim: „The certain something“ seinen Kunden das Gefühl geben, etwas ganz Besonderes zu kaufen. Text: Kay Alexander Plonka. Fotos: Manuel Forster

Manuel Forster lebt in der Schweiz, in Deutschland und in Monaco. Früh erkannte er seine Leidenschaft für Formen und Farben, für Funktionalität und Schönes. „Die Welt zu entdecken und zu spüren, mit offenen Augen alles bewusst zu fühlen und zu empfinden und den Fluss des Lebens täglich erleben zu dürfen, daraus entstehen mein Design und meine Kreativität“, sagt er. Zur Mode kam er über Umwege: Nach seiner Tätigkeit für Unternehmen wie BMW, Siemens und Sixt konzentrierte er sich auf Inneneinrichtung und Renovierungen. Was hat ihn bewogen, unter seinem Namen ein eigenes Label zu gründen? „Ich liebe Lederjacken, aber es ist jedes Mal sehr schwierig für mich, ein wirklich schönes Modell zu finden. Bei allen, die ich mir anschaue oder kaufe, denke ich fast immer, das könnte man noch schöner

machen. Entweder sind sie alle im gleichen Stil und gefallen mir nicht besonders oder sie sind zwar sehr schön, liegen dann aber preislich oft über meinem Budget. Genau diese Gründe waren die Motivation dafür, meine eigenen Jacken herzustellen.“ Design und Qualität haben demnach oberste Priorität für Forster. Made in Italy

Die Kollektion beinhaltet jeweils fünf Jackenmodelle in je zwei Farbstellungen für Damen und Herren. Dazu eine Taschenlinie, die auf das Design der Jacken abgestimmte ist, sowie eine Reihe von T-Shirts mit partiellen Ledereinsätzen. Accessoires wie Gürtel und Armbänder ergänzen das Angebot. Poloshirts folgen in Kürze. Alle Jacken sind limitiert und nummeriert. Gefertigt werden sie aus bestem Lammnappa-Leder – genau wie auch die Taschen und T-Shirts – in einer kleinen Manufaktur in Italien. „Ich lege sehr viel Wert auf Ethik und Menschlichkeit in der Produktion. Authentizität, Ehrlichkeit, Nachhaltigkeit, faire Produktionsbedingungen und höchste Qualität sind mir genauso wichtig, wie mir selbst treu zu bleiben und sich nicht einfach dem Markt anzupassen. Es war immer mein Traum, mein eigenes Label zu führen. Diesen Traum habe ich mir nun mit meiner ersten eigenen Kollektion erfüllt. Jede Jacke wurde von mir selbst entworfen und gezeichnet“, erklärt der 41-jährige Designer. Das gewisse Etwas

Manuel Forster folgt dem Motto: Ich mache, was mir gefällt, und bleibe mir selbst treu.

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Die Launchparty für sein Label feierte Manuel Forster Mitte März im Münchner Conceptstore Stierblut. Mehr als 350 Gäste kamen zur Kollektionspremiere. Sein Debüt in Monaco gab Forster mit einem Fashion-Defilee auf einer Luxusyacht im Hafen von Monte Carlo während des Formel-1-Grand-Prix Ende Mai. Weitere Events sind in

Zeitloses Design und ausgewählte Materialien – Manuel Forster bietet seinen Kunden das gewisse Etwas.

Planung. Für den Vertrieb ist er auf der Suche nach geeigneten Handelsagenturen. Neben dem eigenen Onlinestore sind seine Jacken, Taschen und T-Shirts bei Stierblut in München, Loona Store in Monte Carlo und bei Katia in Beaulieu erhältlich. Die Verkaufspreise für Jacken reichen von 850 bis 1.190 Euro bei einer 2,4er- bis 2,6er-Kalkulation. Drei Prozent von jedem verkauften Produkt spendet Manuel Forster an Organisationen wie Greenpeace, WWF, Pink Cross oder den Malilangwe Trust in Simbabwe. Forster erklärt: „Ich liebe es, zu geben, was ein großer Teil meiner

Lebensphilosophie ist. Deshalb habe ich entschieden, zu spenden, um unsere Zukunft durch Ausbildung, Umweltschutz und Sozialprojekte zu sichern. Arbeiten wir an unserer Zukunft und der Zukunft dieser wunderbaren Welt!“ www.manuelforster.com


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Manila Grace. MIT ALTBEWÄHRTEM IN NEUE MÄRKTE Vom Zulieferer zum er­ folgreichen Produzenten: Mit dem Qualitätsprädikat Made in Italy und kantiger Handschrift will Manila Grace im boomenden Segment Contemporary erfolgreich international expandieren. Text: Quynh Tran. Fotos: Manila Grace.

Angefangen hat alles mit Fast Fashion: In der italienischen Kleinstadt Carpi, die als traditioneller Strickproduktionsort auch die Heimat von Marken wie Twin-Set und Blumarine ist, haben Maurizio Setti, Alessia Santi und Sonia De Nisco Antress Industry Spa 1989 zunächst als Textilfabrik

Designerin Alessia Santi liebt und lebt den Punk-Hippie-Stilmix.

gestartet, die anderen Marken zulieferte. „Aber mit der Zeit haben wir auf dem Markt den Bedarf für etwas Neues gesehen und diesen Bedarf adressiert – wir wollten damit eine Lücke füllen“, sagt Geschäftsführer Maurizio Setti. Unter der kreativen Leitung von Designerin Alessia Santi wurde 2005 Manila Grace ins Leben gerufen, eine Damenmodemarke im mittleren gehobenen Preissegment, deren Ästhetik man gut als bunten Punk-Hippie beschreiben kann. „Ich habe nach etwas gesucht, das meinen persönlichen Stil reflektiert, den Stil einer alternativen Frau, die Freiheit und Lebensfreude verkörpert“, beschreibt Santi ihre Marke. Mit lockeren, bequemen Schnitten passt die Kollektion in den Zeitgeist moderner Frauen auf Achse – und trotzdem hebt sie sich durch den wilden Mix von Materialien, Farben, Drucken und eigenen Strickdessins von der Mainstreammode ab. Eine Strategie, die funktioniert. Das zeigt sich in der Entwicklung des Unternehmens. Seit der erste Laden 2006 eröffnet wurde, wird fleißig expandiert: Manila Grace gibt es mittlerweile in über 30 Monobrand- und über 800 Multibrandstores, die sich noch hauptsächlich in Europa befinden. Mit Blick auf die kommende Expansion in die USA, nach Großbritannien, in den Mittleren Osten, nach China und Japan ist die Tendenz weiterhin steigend. Drin, was draufsteht

Der Manager Maurizio Setti führt die italienische Linie in die internationale Expansion.

Produziert wird noch immer überwiegend am Heimatstandort Carpi, wo Näherinnen und Strickprofis die Entwürfe vor Ort umsetzen – denn das Prädikat made in Italy bildet neben der eklektisch-bunten Ästhetik die Identität von Manila Grace. Expansionsbedingt wächst auch die Linie, die momentan vier

Ein unverwechselbarer Stil – viel wert in Tagen der Austauschbarkeit: Manila Grace.

Kollektionen mit insgesamt 1.200 Teilen jährlich umfasst. In Hinsicht auf die Internationalisierung soll für jeden Geschmack etwas dabei sein. Zum Kernstück sollen Accessoires werden: die „Foulard“-Schals, die es seit 2008 gibt, sind bereits Signature-Pieces, die Taschenkollektion, die dieses Jahr lanciert wurde und natürlich aus feinstem, italienischem Leder gefertigt wird, soll es auch werden. Und weil gerade der Contemporary-Markt für hochwertigere Mode im Aufschwung ist, trifft Manila Grace mit einer Kollek-

tion, die sich an unabhängige Frauen mit einem Sinn für das Ausgefallene richtet, den Nerv der Zeit. Um das zu komplettieren, ist auch für den Nachwuchs gesorgt: Mit der Manila Grace Girl Collection gibt es den Lebensstil seit 2016 auch für Mädchen. Wachstum auf allen Stufen also. Manila Grace Antress Industry Spa/ Carpi, Mailand/Italien, www.manilagrace.com

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Take me back 316 style in progress


MODE 135

Zeitmaschine an – und zurück in glorreiche Zeiten. Die 1990er-Jahre zum Beispiel, als Mode noch einfach so über den Ladentisch flog. Diese Leichtigkeit wünscht man sich zurück, das sieht man der Mode an. Aber auch ein zweites Kind dieses Jahrzehnts darf wiedererstarken: Die Innovationsverliebtheit, was technische Materialien betrifft. Sie schaffen es quer durch alle Segmente. Und das ist gut so. Text: Verena Roidl. Fotos: Hersteller

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Airfield

Escada

Dolores but you can call me Lolita

Ayasse

Sisters of Jersey

Luis Trenker


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1990er

Waren es in der letzte Saison noch die unübersehbaren Seventies-Einflüsse, so kehren jetzt vermehrt Elemente der 1990er-Jahre zurück. Deutlich zeigt sich das in der Auswahl der Materialien. Schimmernde Polyester- und Satinstoffe für Bomberjacken und Plisseeröcke, voluminöse Jerseyqualitäten und perforiertes Nylon. Rockige Nieten- und Spitzenapplikationen runden den Style ab.

B. Belt

Daily’s Nothing’s Better

Espandrij l’originale

Closed

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138 MODE

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Alberto Woman

Daniele Fiesoli

M Missoni

Liu Jo

Alberto

Tonno & Panna


MODE 139

AlloverPrints

Der Jahreszeit entsprechend kommen aufwändige Digitalprints in einer farbenfrohen und extrovertierten Palette von Mustern. Das Angebot der All-over-Prints reicht von Schlangen- und Reptildessins über Camou­ flage bis zu großflächigen Blumenlandschaften auf Lederjacken, edlen Seidenculottes und feinen Baumwollblusen.

Floris van Bommel

Lucky de Luca

Minimum

Stetson

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140 MODE

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Marc O’Polo Pure

Turnover

Windsor

Essentiel Antwerp

FTC Cashmere

Cream


MODE 141

Blazer

Der Blazer feiert in der kommenden Saison ein gelungenes Comeback und avanciert zum Key-Piece des modernen Layerings. Dabei spielt die Umsetzung keine Rolle, erlaubt ist alles: Tailliert geschnittene Silhouette in Ein- und Zweireihern finden sich ebenso wie kragenlose Kurzblazer und Slimline-Blazer. Coole Streetwearkombinationen mit Trackpants und Jeans sind neben sportiven Ton-in-Ton-Businesslooks die Favoriten.Â

Blaumax

Airfield

Cinque

Liu Jo

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Alpha Studio

Carl Gross

Artigiano

Marc O‘Polo Mr.

Stetson

Windsor


MODE 143

Summer Suits

CG Club of Gents

Joop

Cinque

Strellson

Die Konfektion hat in gewohnt schmaler Silhouette noch Bestand. Eine neue Definition der Weite schaffen feine Leinen- und Halbleinenqualtitäten mit voluminösem Touch. Extraleichte Superfine-Gabadine-Styles kommen als Bundfaltenhose ebenso wie klassische Chinos in sommerlichem Twill, gerne in der verkürzten Variante. Die Farben reichen von pastelligen Schattierungen bis zu satten Petroltönen und passen perfekt zum entspannt sommerlichen Businesslook gestylt mit Sneakers oder Slip-ons.

Alberto

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144 MODE

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Windsor

Save the Duck

Paltò

Superga

Strellson

Blauer USA


MODE 145

Hybrids

Handstich

Cinque

Woolrich

Anthony Morato

Ein Produkt, mehrerer Einsatzmöglichkeiten. Längst haben technische und funktionale Oberstoffe den Einzug in die Sportswear gefunden. In der kommenden Saison sind diese nun endgültig auch in der formalen Outerwear angekommen. Synthetics wie Stretch, High-Twist-Garne, Popelines, gebondete Stoffe, Nylons und Extra-light-Nylons sowie PU-Coatings geben den Oberflächen einen edlen Touch und generieren die Funktion. Umgesetzt in ultraleichten Steppjacken, klassischen Trenchcoats und cleanen Jackets ist es die perfekte Symbiose aus Konfektion und funktionaler Outerwear.

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Filigran und geradlinig: Das Interieurdesign bei April First folgt klaren Linien.

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Marais in Mitte. April First/Berlin. Am 1. April 2016 zu ihrem 30. Geburtstag hat Carolin Dunkel in der Auguststraße im Berliner Scheunen­viertel ihre Women’s Concept Boutique eröffnet. Das Design des Stores erinnert an die kleinen Läden um den Place des Vosges im Pariser Viertel Marais. Text: Kay Alexander Plonka. Fotos: April First

Französisches Flair in Berlin: Carolin Dunkel sorgt in Mitte für Nonchalance mit Stil.

Lampen und Wanddekoration, filigrane Tischchen und Regale und einen massiven braunen Marmortresen ergänzt worden. Interior meets Fashion

Zwischen zahlreichen Möbelläden, Galerien, Cafés und Restaurants, an der Ecke zur Tucholskystraße zwischen Oranienburger und Torstraße hat Carolin Dunkel ihre Vorstellung von einer guten Boutique im Premium- und Contemporary-Segment verwirklicht. Erfahrung sowohl im Ver- als auch im Einkauf sowie als Projektmanagerin hat die Berlinerin nach ihrem Masterstudium u. a. bei Hugo Boss, Manon Jewlery und C’est tout gesammelt. Den Store hat sie sechs Monate lang aufwändig umgebaut und die gesamten Arbeiten in einem Fotobuch dokumentiert. Vorher residierte ein in die Jahre gekommener Souvenirshop in dem Laden, der übrigens ehemals eine jüdische Bäckerei war. Stuckdecken, Holzvertäfelung der Fensterrahmen oder das edle Eichenparkett – alles im Store sieht so aus, als wäre es schon immer an Ort und Stelle gewesen und nur aufgehübscht und um eine Palmentapete, Kleiderständer aus Messing, versteinerte Holzstämme, große

Bei April First treffen ausgewählte internationale Designermarken auf lässige Styles von Model und Bloggerikone Anine Bing, grobe Oversize-Strickwaren von I love Mr. Mittens oder angesagte Boheme-Blusen und Kleider von Ulla Johnson auf opulente Interieurlabels aus Frankreich, Italien, Australien, New York und London. Exklusive Parfüms und selbstgemachter Schmuck sind Highlights im Sortiment. Die Preisspanne bei April First reicht von 45 Euro für Silberschmuck bis hin zu 1.000 Euro für eine Lederjacke. Kernpreislagen sind zwischen 150 und 500 Euro angesiedelt. „Ob Mode, Accessoires, Regale, Lampen oder Deko-Elemente – fast alles, was im Store zu sehen ist, kann auch erworben werden“, erklärt Inhaberin Carolin Dunkel ihr Konzept. Interieur und Mode zu vereinen und das gesamte Konzept des Stores selbst zu entwickeln, war der Berlinerin ein Herzenswunsch beim wohldurchdachten Schritt in die Selbstständigkeit. „Bei April First gibt es besondere Einzel- und Liebhaberstücke mit dem gewissen Etwas für einen kompletten Look. Unkomplizierte Schnitte, unaufdringliche Farben, fließende Stoffe und außergewöhnliche Materialien, die allesamt das

Credo Qualität statt Quantität vereinen. Beim Einkauf verfolge ich das Prinzip first come first serve und bestelle jedes Teil nur einmal pro Größe.“ Carolin Dunkel setzt bewusst auf persönliche Beratung und erzählt ihren Kundinnen gerne etwas über die Besonderheiten der Produkte wie z. B. die Parfüms von Coqui Coqui, die Taschen von Lost Property of London, Sneakers von Zespa aix en France oder die Hüte von Destree aus Paris. Als bewusste Gegenposition zum unpersönlichen Onlineshopping glaubt sie fest an den direkten Kontakt zwischen Berater und Kunden und daran, dass schöne und wertvolle Dinge gesehen, gefühlt und erlebt werden müssen. Die Abverkaufszahlen in den ersten Wochen nach der Eröffnung geben ihr Recht: beaucoup de succès!

April First Augustraße 77 10117 Berlin Deutschland www.aprilfirst.de Inhaber: Carolin Dunkel Anzahl der Mitarbeiter: 1 Aushilfe Eröffnung: 1. April 2016 Verkaufsfläche: 50 qm Marken Frauen: Anine Bing, Fine Collection Paris, Hironae, I Love Mr. Mittens, Mes Demoiselles, M.i.h., Mother Denim, Ulla Johnson Marken Accessoires: Coqui Coqui Parfums, Destree Paris, Lost Property of London, See by Chloe, Zespa aix en France

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Auf der Suche nach dem Besonderen. Ralf’s Fine Garments/ München. Im Münchner Glockenbachviertel hat Ralf Fischer seinen Traum vom eigenen Laden verwirklicht. Neben einer handverlesenen Auswahl von Sportswear für Männer, gibt es dort eine spannende Mischung aus hochwertigen Accessoires und exquisiten Spirituosen. Text: Kay Alexander Plonka. Fotos: Fred Bschaden, banditbloggers.de

Stilecht – die 1950er-Fassade, die wie die Faust aufs Auge für Ralf Fischers Ladenkonzept passt. In der Fraunhoferstraße, unweit des Gärtnerplatzes ist sein Menswearkonzept zu Hause. Ein Lebenstraum: Seine kaufmännische Ausbildung hat Fischer vor vielen Jahren bei Escada absolviert. Schon während des Studiums arbeitet der passionierte Motorradfahrer im Münchner Hein-Gericke-Laden und verkaufte Helme und Lederbekleidung. Dabei entdeckte er seine Leidenschaft fürs Beraten und Verkaufen. Dennoch verschlug es ihn beruflich erst mal einige Jahrzehnte hinter den Schreibtisch. Für einen großen Fahrradhersteller leitete er den kaufmännischen Produktionsprozess, später arbeitete er als Unternehmensberater, bevor er sich im vergangenen September den lange gehegten Wunsch­ traum vom eigenen Laden in München erfüllte. „Die Suche nach dem Besonderen begleitet mich schon mein ganzes Leben. 316 style in progress

Wenn ich unterwegs bin, ist ein Auge immer auf der Jagd nach schönen Dingen, die es nicht an jeder Ecke gibt. Für meine Kunden ein kleines, feines Sortiment ausgewählter Marken und Produkte zusammenzustellen, macht unendlich viel Spaß“, erzählt er. Flair wie im Orientexpress

Der Umbau des Ladens hat 87 Tage gedauert. Entstanden ist ein Ambiente, das an das Design des Orientexpress oder einer Flughafenlounge aus den 1950er-Jahren erinnert. Glänzendes Messing, glattes Eichenholz und mit hellem Stoff bespannte Flächen – das Erscheinungsbild ist leicht, warm und freundlich, dabei dennoch reduziert und geradlinig. Und vor allem ist es unbeschwert, weil es mit der gängigen Stahl-, Schweiß- oder Fabrikhallencharakteristik genauso bricht wie mit dem üblichen Männerclub-Klischees mit dunklen britischen Clubsesseln. Unbeschwert trifft auch auf

Immer auf der Suche nach dem Besonderen: Ralf Fischer.

die Auswahl der Styles zu. Mit Abzeichen überladene Armeejacken oder schwere Motorradjacken mit bunten Aufnähern im kalifornischen Stil sucht man vergebens. Dafür gibt es feine Merinopullover oder schlichte Hosen, Jacken und Blousons aus italienischer oder englischer Produktion, welche an Ikonen des guten Geschmacks wie Carry Grant, Rock Hudson oder Paul Newman erinnern. Insgesamt 17 Reisen zu 34 außergewöhnlichen Manufakturen und Herstellern, 36 Gespräche mit Meistern ihres Handwerks, 128 handverlesene Materialien, 324 einzigartige Produkte und 1.000 neue Erfahrungen hat Fischer schon vor der Eröffnung gesammelt. „Auf meinen Entdeckungstouren habe ich immer auch die Menschen hinter den Marken persönlich kennen gelernt und daher gibt es zu deren Produkten jedesmal auch eine ganz individuelle Verbindung und viele spannende Geschichte zu erzählen“, schwärmt Ralf Fischer, der seine Kunden gerne auf einen hervorragenden Espresso und gute Gespräche einlädt. Deren Inhalt? Ausgefallene Dinge wie Regenschirme von Francesco Maglia, Uhren aus der Berliner Manufaktur Askania, in München gefertigte Mobiltelefon-Lederhüllen von Hammerschall oder Weekender, Gürtel und Geldbörsen aus Cordovan von der Ledermanufaktur Kreis. „In Kürze werden wir unser Sortiment um Bartpflegeprodukte von Laboratorium Avere la

Barba und Zahncreme von Pasta del Capitano 1905 erweitern. Außerdem bin ich aktuell auf der Suche nach der Lederjacke und ein oder zwei guten Düften für den Mann, die ich aber gegebenenfalls eigens für den Laden kreieren lassen werde“, sagt Fischer und fügt hinzu: „Neben all diesen Produkten findet man bei uns auch feine Spirituosen wie Gin und Whisky der Hausbrennerei Schraml aus Erbendorf in der Oberpfalz sowie feine Brände aus Frankreich und den Birnenbrand schlechthin von Anhalt Digestif. Hier berät mich bei der Zusammenstellung mein alter Freund Alexander Pietsch.“ Das Sortiment will Ralf Fischer künftig Schritt für Schritt erweitern: „Im Schuhbereich werden Officine Creative, Solovair und Corby & Sons hinzukommen, dazu Reisegepäck von der englischen Marke Croots und Taschen von Kurzzug aus München. Ab dem Sommer werden dann Denims und Chinos vom Münchner Label Saat angeboten, Ponchos, Capes und Schals von Angelo Galamini und Jacken von Black Mountain Clothing.“

Ralf’s Fine Garments Fraunhoferstraße 29 München/Deutschland www.ralfsfinegarments.com Inhaber: Ralf Fischer Anzahl der Mitarbeiter: 1 Mitarbeiter Eröffnung: 12. September 2015 Verkaufsfläche: 88 qm Marken: Bevilacqua, Bleu De Cocagne, Endrime, Gota, Grenfell London, GRP, JW Brine und Avio, Nigel Cabourn, Private White, Phil und Lui, W’lfg’ng Marken Accessoires: Askania Berlin, Bailey of Hollywood, Beton x Ciré, Claudio Cutuli, EinsBerlin, Francesco Maglia, Hammerschall, Le Cord, Ledermanufaktur Kreis, Malle London, Martin Joyeux, Neri Firenze, Rumisu, Seil Marschall, Trico, TR Handschuhe Wien


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Inspiriert von Agatha Christies Orientexpress zeigt sich das Interieur im dezenten Stil der 1950er-Jahre.

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Gemütliche Atmosphäre und cleaner Look in skandinavischem Stil.

Neue Wege. Fräulein Sonntag/Berlin. Es muss nicht immer Berlin-Mitte sein. Berlin hat einen neuen Womenswear- und Accessoirestore mit einer tollen Auswahl hochwertiger und moderner Marken, persönlicher und individueller Beratung und einem Einrichtungskonzept in zeitlosem skandinavischem Look. Mitten im quirligen Bergmannkiez in Kreuzberg. Text: Kay Alexander Plonka. Fotos: Fräulein Sonntag

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Melanie Deininger arbeitet nur mit Menschen und Marken, die sie mag.

Der Liebe wegen wagte Melanie Deininger einen großen Schritt: Von Stuttgart nach Berlin, und zwar nicht nur privat, sondern auch mit ihrem 2008 eröffneten Laden. Aus Baden-Württemberg in den Bergmannkiez, nämlich mitten rein. Direkt an der Bergmannstraße, der Lebensader im alten Kreuzberg 61 Kiez gelegen, hat sie in einem typischen Berliner Altbauladenlokal ihren neuen Laden eröffnet. Die ehemalige Schreinerei und der benachbarte Blumen­ laden wurden mit viel Aufwand zu einem Store zusammengelegt. In langwieriger Eigenarbeit wurde der Laden renoviert und von Michael Grün von 123Fabrik und Manja Hampel von DasKartell vollständig umgestaltet. Das große, dreiteilige Schaufenster mit klassischem Messingrahmen wird von einem professionellen Lichtsystem ausgeleuchtet. Im Verkaufsraum hängen dutzende Neonröhren an filigranen Kabeln von der Decke. Grauer rauer Betonboden steht im Kontrast zu originalen Holzdielen. Die Backsteinwände wurden genau wie die mächtige Holzregalins-

tallation weiß gestrichen. Zwei schmucke Sesselchen und ein kleiner Coffeetable im Eingangsbereich setzen einen einladenden ersten Farbakzent beim Betreten des Ladens. Es liegt in der Familie

Die sympathische Storebesitzerin hat ein gutes Gespür für aktuelle Looks und kommende Trends. Für den Einzelhandel entschied sie sich, als ihr der Schreibtischjob bei einer Filmproduktionsfirma zu langweilig wurde. „Ich wollte etwas machen, das mich erfüllt und an dem ich Spaß habe. Und so bin ich kurzerhand dem Beispiel meiner Mutter gefolgt, die schon seit vielen Jahren einen Womenswearstore in Stuttgart führte. Von daher kannte ich die Arbeitsweise und wusste, was auf mich zukommt“, erzählt Melanie Deininger. Neben skandinavischen Marken wie Hope, Edith & Ella und MbyM gibt es bei Fräulein Sonntag passend dazu Fair-Trade-Sneakers von Veja aus Frankreich. Viele Kleinigkeiten machen das Sortiment so rund: hochwertige Ringe und Armreifen der Ber-

liner Designerin Kiki Dieterle, Broschen, Ohrringe und Ketten von Haute Kuki & Die Markise aus Kreuzberg, Armbanduhren von Cluse aus Australien, vegane Nagellacke von OZN und natürliche Pflegeprodukte von Pot Of Gold. Auch fürs leibliche Wohl wird gesorgt, mit einer kleinen Auswahl aus Premiumspirituosen aus der Genießerszene wie Obstbränden aus dem süddeutschen Raum, Wood n Wodka von Robert Köcke oder Kornbrand und Rum von O’Donnell aus Berlin in den auffälligen Gläsern mit Schraubverschluss. „Bei der Zusammenstellung des Markenportfolios orientiere ich mich daran, was mir selbst gefällt und von dem ich weiß, dass es gut zu meiner Zielgruppe passt. Ich arbeite ausschließlich mit Marken, Unternehmen oder Agenturen zusammen, bei denen mir die Menschen sympathisch sind“, sagt die Wahlberlinerin. Zurecht.

Fräulein Sonntag Nostitzstraße 36 10961 Berlin/Deutschland www.fraeulein-sonntag.de Inhaber: Melanie Deininger Anzahl der Mitarbeiter: 1 Eröffnung: 12. März 2016 Verkaufsfläche: ca. 100 qm Marken Frauen: Edith & Ella, Expresso, Hope, Libertine Libertine, MbyM, Rains, Summum, Wonhundred Schuhe: Edith & Ella, nat2nat, Veja Accessoires: Blingberlin, Cluse, Dieterle, Happy Sope, Haute Kuki & Die Markise, Monokel

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Spielerischer Ansatz: Der Menswearstore Thomas i Punkt ist eine Gesamtinszenierung aus Pflanzen, Objets TrouvĂŠs und Mode.

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Lieber selber machen! Thomas i Punkt/Hamburg. Seit Jahrzehnten ist Thomas i Punkt eine feste Größe in Hamburg, mit heute drei Geschäften in der Möncke­bergstraße und auf dem Gänse­markt. Nach einer Kern­sanierung präsentiert sich der Menswearstore auf dem Gänse­ markt rund­herum neu – und mit deutlich gestrafftem Konzept. Text: Nicoletta Schaper. Fotos: Felix Amsel (Store), Gisi Rameken (Porträt)

Wer den Menswearstore Thomas i Punkt auf dem Gänse­ markt betritt, weiß sofort: Dies ist ein besonderer Laden. Pflanzen dominieren den Raum, dazu gibt es spezielle Objets Trouvés – eine Samurairüstung zum Beispiel, eine Riesenschere oder der Sessel in Form eines Boxhandschuhs. Die Einrichtung spielt neben der Mode keine untergeordnete Rolle, sondern sie spielt als kreative Kulisse für die Mode bei Thomas i Punkt mit. Freiräume

Hinter Thomas i Punkt steht damals wie heute Thomas Friese. Im Laufe der Jahrzehnte hat sein Konzept einige Wandlungen vollzogen. Was als Herrenausstatter in den 1970er-Jahren begann, wandelte sich in den frühen 1980er-Jahren zu einem avantgardistischen Konzept mit japanischem Design von Yamamoto und Comme des Garçons. In den 1990er-Jahren stiegen die vier Kinder ins Unternehmen ein, denen mit zusätzlichen Streetwearstores eigene Freiräume geschaffen wurden. Heute sind

von den ehemals fünf Geschäften drei geblieben: das Stammgeschäft in der Mönckebergstraße und die zwei benachbarten Mens- und Womensweargeschäfte auf dem Gänsemarkt, geführt von Alexandra und Iris Friese, die das Handelsunternehmen mit ihrem Vater leiten. Auf Trends aufspringen, das war nie Sache der Frieses. Lieber den eigenen Weg gehen. So gibt es vieles, was eigens für das Geschäft angefertigt wurde, von den Kleiderbügeln bis hin zu den Schaufensterpuppen. So ist auch die eigene Kollektion Omen entstanden. Weil Thomas Friese eine funktionale, nicht zu design­ te In- und Outdoorjacke suchte und diese bei keinem Lieferanten fand, machte er sie kurzerhand selbst. Heute umfasst Omen alles vom Schuh bis hin zum Mantel, in zeitlosem Design und mit hohem qualitativen Anspruch. So hat vor allem der Strick – robust und dennoch angenehm tragbar – in Hamburg Kultstatus, der wie alles von Omen in eigenen Betrieben in Hamburg, Bremen und Lübeck gefertigt wird. Das

hat einen hohen Preis, den die treuen Fans für ihre langlebigen Lieblingsstücke gern zahlen.

Carl Tillessen unterstützt die Handelsfamilie Friese, hier mit Alexandra Friese.

Wege aus der Vergleichbarkeit

Für den Menswearstore steht den Frieses Carl Tillessen, ehemals Firma, beratend zur Seite. Seine Aufgabe: die Omen-Kollektion zu optimieren – und das gesamte Markenportfolio des Stores zu überarbeiten. Das Ergebnis ist ebenso stringent wie stimmig – und es zeigt die Ambition, sich von flüchtigen Trends und Marken unabhängig zu machen, die der Kunde lieber online und überall shoppt. So gibt es Slow Fashion von Hansen Kopenhagen, East Harbour Surplus aus Seoul, eine Kollektion, die asiatische mit europäischen Einflüssen vereint. Dazu kommen lässige Konfektion von Engeneered Garments aus New York und Lemaire aus Paris. „Wie auch die Räume soll auch das Sortiment ineinanderfließen, für nunmehr eine Zielgruppe, die Individualität mit hoher Glaubwürdigkeit schätzt“, sagt Carl Tillessen. Dazu kommt die Stärke von Thomas i Punkt, mit Service Kunden zu binden. Dafür reist mancher Stammkunde aus der Schweiz an, dafür kommen ganze Familien, um sich bei Thomas i Punkt neu einzukleiden. Das Ziel, sich der Vergleichbarkeit zu entziehen, dürfte erreicht sein.

Thomas i Punkt, Gänsemarkt Gänsemarkt 24, 20354 Hamburg/ Deutschland www.thomasipunkt.de Eröffnung: Juli 1972 Neueröffnung: Oktober 2014 Inhaber: Thomas Friese Geschäftsführer: Thomas Friese Anzahl der Mitarbeiter: 10 Verkaufsfläche: 360 qm Marken Männer: u. a. Dedicated, East Harbour Surplus, Engineered Garments, GRP, Hansen, Japan Blue Jeans, Kapital, Lemaire, M0851, Manifattura Ceccarelli, Oliver Spencer, Omen, Portuguese Flannel, Stefan Brandt, Stewart, Stutterheim, Tellason, Thomas i Punkt, Universal Works, Versuchskind Marken Accessoires: u. a. Archival, Behooked, Blundstone, Comme des Garçons Wallet, Cote & Ciel, Filson, Hestra, Kapital, Kunoichi, M0851, Omen, Paraboot, Qwstion, Red Wing Shoes, Sandqvist, The Hill Side, Werkstatt:München, Ohw, Shoes

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Richtige Richtung. Maat/Leipzig. Seit zehn Jahren betreibt Sabine Weber mit Geschäftspartnern einen Store in Jena. Dazu neu: Maat in der Leipziger Innenstadt. Trotzdem bleiben beide Läden nicht Webers einzige Aufgabe: Lehrerin ist (und bleibt) sie auch noch. Text: Kay Alexander Plonka. Fotos: Maat

Sie gibt den Dingen eine Richtung: Sabine Weber.

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In ihrer Heimatstadt Jena die erste Überzeugungstat: 2006 eröffnete sie dort mit zwei Partnern den Laden Del Corazon. „Auf Anraten von Freunden und Agenturen hab ich begonnen, in Dresden, Halle und schließlich auch in Leipzig nach einem geeigneten Ladenlokal für einen weiteren Store zu suchen. Als ich dann diesen Laden sah, hab ich mich sofort in die Räumlichkeiten verliebt, obwohl sie eigentlich viel zu groß sind. Aber ich wusste, dieser oder keiner!“, erinnert sich Sabine Weber. Die 40-Jährige ist ein Freigeist, sie folgt keinen vorgegeben Wegen und ist voller Leidenschaft bei der Sache. „Das, was du mit Herz machst, oder dort, wo du dein Talent hast, darin wirst du auch gut sein. Es kann sein, dass du auf die Nase fällst, aber dann stehst du eben wieder auf. Das Leben geht immer hoch und runter, das versuche ich auch, meinen Schülern zu erklären“, sagt sie. Von Montag bis Mittwoch unterrichtet Weber

an einer Berufsschule in Weimar angehende Erzieher in den Fächern Psychologie, Soziologie, allgemeine Didaktik und Methodik. „Es geht nicht nur um Wissensvermittlung, sondern auch um Werte oder um Fragen, die sich jeder stellen sollte: Was bedeutet Glück, oder wo will ich hin in meinem Leben. Ich rate meinen Schülern schon vorher, mal zu überdenken, ob sie sich für den richtigen Beruf entschieden haben, denn schließlich verbringt man acht Stunden am Tag für eine lange Zeit im Leben mit dem Job und deshalb ist es so wichtig, dass man Spaß hat, an dem, was man tut“, erklärt sie. Mode und Kunst

Bei Sabine Weber keine Frage, dass sie Spaß hat: Mit ihrem Team Mode, Kunst und Events miteinander zu verbinden, gehört zu ihrer Spezialität. Dafür ist Maat mit seinen hohen Decken und vollständig von Schaufenstern umgeben geradezu prädestiniert. Mitten im Raum schweben drei Schwäne des Hamburger Künstlers Peer Oliver Nau, dessen Skulpturen auch bei Maat verkauft werden. Aber auch Künstler und Fotografen aus dem Leipziger Raum stellen immer wieder aus. Im Mai sahen 150 Gäste bei Maat eine Aufführung aus der Tanztheaterreihe „Tanz in den Häusern“ der Oper Leipzig. Zweimal im Jahr wird der Laden zum Catwalk umfunktioniert, um die Highlights der neuen Kollektionen zu zeigen. Über Instagram, Facebook, Newsletter, Postkarten und persönliche Einladungen findet die Kundenansprache statt. Diese Breite braucht es, gehören doch sowohl modeinteressierte Studenten als auch gut situierte Mittvierziger zur Klientel. Und wer ist eigentlich Maat? Eine altägyptische Göttin. „Maat steht dafür, den Dingen eine Richtung zu geben, und dass alles, was man tut oder zu sich nimmt – egal, ob etwas Gutes zu Essen oder Sachen, die einen glücklich machen –, auch ausstrahlt“, erklärt Sabine Weber. Sachen, die glücklich machen, hängen nicht nur auf den Bügeln. Designklassiker im Laden dienen als Eyecatcher, dazu Möbel von Candy Company oder Normann Copenhagen, die

erworben werden können. Auf den minimalistisch gehaltenen, weißen Verkaufsträgern werden Taschen, Kerzen, Schmuck, Schals oder Sonnenbrillen von Komono und Bücher des Taschen Verlages angeboten. Dazu ein kompaktes Beauty-Segment mit Düften von Saskia Diez, Cloon Keen Atelier oder Escentric Molecules, Cremes und Lotionen von Dr. Jacksons und Tee von Teatox. „Seit neuestem arbeiten wir auch mit dem Leipziger Designer und Maßschneider Oliver Viehweg und dem Biolabel Luxaa aus Halle zusammen, weil es uns wichtig ist, bei Maat neben den skandinavischen und Berliner Designern auch Labels aus der Region zu zeigen und gute Alternativen zum Mainstream zu bieten“, sagt Sabine Weber.

Maat Store Burgstraße 9 04109 Leipzig/Deutschland www.maat-fashion.com Inhaber: Sabine Weber Storemanager: Theresa Müller Anzahl der Mitarbeiter: 2 Angestellte und 3 Aushilfen Eröffnung: September 2014 Verkaufsfläche: 300 qm Marken: Avelon, Baum & Pferdegarten, Carin Wester, Cheap Monday, Dr. Martens, Lala Berlin, Lika Mimika, Royal Republiq, Wood Wood Marken Accessoires: Escentric Molecules, Dr. Jacksons, Our Vodka Berlin, Pb0110, Sabrina Dehoff, Taschen Verlag, Vibe Harslof


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Einzigartig: Der Maat Store hebt sich deutlich vom Einerlei in der parallel verlaufenden FuĂ&#x;gängerzone ab.

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Offen und hell: geölte Eiche kombiniert mit Betonputz für den urbanen Kontrast.

Neuer Auftritt. Roy/Sylt. Nach fünfwöchiger Umbauzeit haben Simone und Roy Komorr zu Ostern die Wiedereröffnung ihres Ladens im neuen Look auf Deutschlands wohl bekanntester Nordseeinsel gefeiert und ihr modulares Storekonzept eingeweiht. Text: Kay Alexander Plonka. Fotos: Roy

Simone und Roy Komorr sind sich sicher: Einkauf funktioniert nur als Erlebnis.

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Die modularen Warenträger lassen sich verschieben und das Roy wird zur Bühne.

Das Modeangebot von Roy auf Sylt steht für ausgefallene, individuelle Looks von chic bis casual. Der Store unweit des Strandes ist bei Insulanern und Urlaubsgästen gleichermaßen eine beliebte Shoppingadresse. Bereits im vergangenen Sommer wurden die Sortimente der bisherigen Geschäftskonzepte Roy und Royal Blue zu einem Best of Markenmix in der Westerländer Strandstraße zusammengelegt. Nach zehnmonatiger Planungsphase und fünfwöchiger Bauzeit wurde der aus der Neustrukturierung resultierende Umbau des 200 Quadratmeter großen Ladens unter der Leitung der Sylter Architektin Birte Welling-Volquardsen umgesetzt. „Wir haben mit einfachen, aber effektiven Mitteln ein zeitgemäßes, urbanes Raumgefühl geschaffen. Ganz bewusst haben wir auf maritime Elemente verzichtet, welche die Insel an sich bietet. Die Kollektionen und die Persönlichkeit unserer Teammitglieder sollen im Fokus stehen“, erklärt das Unternehmerehepaar Roy und Simone Komorr. Reduzierte Farb- und Formensprache in Kombination mit einer rückwandlosen Schaufensterfront sind die Basis des

neuen Licht- und Interieurkonzeptes der Retailspezialisten von Dfrost aus Stuttgart. Schlichte Warenträger wurden zugunsten eines luftigeren Innenraums auf die großzügigen Fensterpodeste versetzt. Der Kassentresen mit angeschlossener Espressobar bildet den Service- und Kommunikationsmittelpunkt. Eine Loungeecke im 1960er-JahreLook lädt Gäste und Freunde zum Verweilen ein. Im hinteren Bereich des Ladens, wo sich früher viele kleine Kabinen auf engem Raum befanden, ist nun eine geräumige Studiokabine untergebracht, die vor neugierigen Blicken schützt und zum ausgiebigen Private oder Freundinnenshopping genutzt werden kann. Store wird Stage

Roy und Simone Komorr teilen nicht nur die Leidenschaft für Mode, beide haben großes Interesse an Kunst und begeistern sich für Musik und Livekonzerte. Im Mittelraum ihres Ladens dominieren große Boxen, die zur Warenpräsentation und als Nahlager eingesetzt werden. Mit einfachen Handgriffen lassen sich diese verschieben und die Verkaufsfläche kann kurzerhand zur Bühne

umfunktioniert werden. Kleinere Events wie beispielsweise Konzerte befreundeter Musiker lassen den Shop im Handumdrehen zur Erlebnisfläche werden. Das neue Beleuchtungssystem im Look von Konzertscheinwerfern mit verstellbaren Blendklappen setzt dann nicht mehr nur gezielt die Highlights der Kollektionen in Szene, sondern lässt echtes Rockkonzert-Feeling aufkommen, wenn damit das modulare Bühnenpodest ausgeleuchtet wird. „Wir verstehen die Zukunft des Einzelhandels als einen Ort der Unterhaltung: Über ein besonderes Warenangebot, kompetente Beratung und umsichtigen Service hinaus möchten wir unseren Kunden eine gute Zeit bei uns im Laden bereiten und sie positiv überraschen. Dies funktioniert über eine langjährige vertraute Bindung zu vielen Kunden, aber auch über Special Events wie Livemusik oder kleine Kunstprojekte – und das alles zu initiieren und zu organisieren, bereitet uns einfach auch sehr großen Spaß“, sagt Simone Komorr mit einem Lächeln.

Roy Strandstraße 25 25980 Sylt/Deutschland www.roy-sylt.de Inhaber: Roy Komorr Store Manager: Simone und Roy Komorr Anzahl der Mitarbeiter: 11, 2 bis 3 Saisonkräfte Eröffnung: 2009 Wiedereröffnung nach Umbau: Februar 2016 Verkaufsfläche: 200 qm Marken: 5Units, Bomboogie, Brasi & Brasi, Deus, Drykorn, Elvine, Fil Noir, G-Lab, Grace, Icebreaker, IQ+ Berlin, Japan Rags, Johnny Love, Le Temps des Cerises, Levi’s, Naketano, Norton, Nudie Jeans, Oakwood, Patagonia, Patrizia Pepe, Pepe Jeans, Q1, Replay, Save the Duck, Set, Tigha, Wool & Co Marken Accessoires: Barts, Corvari, Cowboysbelt, Crick it, Dolfie, Floris van Bommel, Happy Socks, Herschel, H by Hudson, Lua, Moma, Patrizia Pepe, Pepe Shoes, Puma, Replay Shoes, Warm-Me

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Das Labor von Reyer inszeniert sich immer neu. Einen spannenden Twist bringt die Kunst, in Kooperation mit der Leica Gallery.

Im Wandel die Chance. Sport und Mode Reyer/Hallein. Nicht stehen bleiben, sondern das Profil überdenken und schärfen. So lautet die Maxime von Karl und Alexandra Reyer. Sie gilt auch für das Labor: ein Raum im Store, der mit wechselnden Präsentationen eine eigene Geschichte erzählt. Text: Nicoletta Schaper. Fotos: Reyer

„Nanu, wo bin ich hier gelandet?“, mag sich mancher Kunde fragen, der bei Sport und Mode Reyer im Obergeschoss erst einmal durch eine Bildergalerie geführt wird. Er läuft sozusagen in ein Experiment hinein. Willkommen im Labor, einer neu konzipierten Fläche bei Reyer, um zu überraschen und zu verführen. Das Labor soll Raum für in sich geschlossene Themen, sei es Mode, Kunst, Kulinarisches 316 style in progress

oder Interieur bieten. Immer wandelbar, immer wieder neu. Den Anfang macht Travelling de luxe mit allem, was die Dame für ihre Wochenendreise braucht: luxuriöse Koffer der amerikanischen Marke Hartmann, personalisierbare Reisetaschen von My Style Bags aus Mailand, Dinner Dresses von Enföld aus Japan und Negligés von Araks New York. Dazu die Kunst: In Kooperation mit der Leica Gallery werden die Werke internati-

onaler Fotokünstler präsentiert, passend zum jeweiligen Thema. „Im Sinne eines Labors führen wir Experimente durch, die gleichermaßen funktionieren, aber auch missglücken können“, so Reyer. „Das ist ein Lernprozess, den wir bewusst anstreben.“

Präsentation erzählt eine schöne Geschichte, denn genau darum geht es ja, nicht nur bei dem Experiment Labor.

Neu denken

Eigentlich haben die Reyers immer schon so gedacht. Das 100-jährige Geschäft wird seit dem Jahr 2000 von Alexandra und Karl Reyer geführt. Damals bestand das Sortiment je zur Hälfte aus Sport und Mode. 2005 wurde grundlegend umgebaut und das Upgrading einmal mehr sichtbar gemacht – ein klares Bekenntnis zum hohen Anspruch. Als neuer Bereich entstand Urban für Newcomer, damals mit Rag & Bone und Isabel Marant. Vier Jahre später wieder ein großer Schritt mit dem Onlineshop Reyerlooks. com. „Der Erste seinerzeit in Österreich“, so Karl Reyer. Nun der nächste Meilenstein, das Labor, das das Thema Sport bei Reyer aufgrund des Preiskampfs im Segment endgültig abgelöst hat. „Die ersten Resonanzen sind sehr positiv, es macht großen Spaß, ein Thema so rund zu präsentieren“, freut sich Reyer. Viele Ideen, wie es mit dem Labor weitergeht, hat er bereits. The White Shirt zeigt alles rund ums weiße Hemd, gefolgt von Grenson Schuhen und Stolen Riches aus Kanada, den wohl ältesten Schnürsenkelhersteller der Welt. Hauptsache, die

„Wir wollen uns damit weiterentwickeln, wachbleiben, wir sind sehr neugierige Menschen“, sagt Karl Reyer, der gemeinsam mit seiner Frau Alexandra Reyer das Geschäft in die Zukunft führt.

Sport und Mode Reyer www.reyer.cc Eröffnung: 1922 Inhaber: Karl Reyer Geschäftsführer: Karl Reyer Mitarbeiter: 40 Fläche: 1.500 qm Marken Frauen: u. a. Anine Bing, Antonia Zander, Common Project, Isabel Marant, Lareida, Marni, Nanushka, No21, Odeeh, Self Portrait, Victoria Beckham Marken Männer: u. a. Dondup, Gabriele Pasini, Gigi, Giorgio Brato, Golden Goose, Grenson, Officine Generale, Stone Island Marken Accessoires: u. a. David Marc, Filson, Jorge Morales, Odin, Rockins, Spektre, Wiener Blut


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Auf ganz großem Fuß. Jelmoli Schuhwelt/Zürich. 1.400 Quadratmeter sind in der Weltstadt Zürich eine Ansage. So viel Fläche hat das Kaufhaus Jelmoli um­ gebaut und für Schuhe zur Verfügung gestellt. Eine große Investition. Text: Dörte Welti. Fotos: Jelmoli

Man sieht Franco Savastano, CEO von Jelmoli, seine Freude aber auch die große Nervosität an, als er mit den klassischen Worten: „Wir freuen uns, Sie in der neuen Schuhwelt von Jelmoli begrüssen zu dürfen“ die Eröffnung selbiger einleitet. Vor vier Jahren kam er von Grieder zum größten Departmentstore der Schweiz und arbeitet seitdem daran, das Haus in die Moderne zu führen. Im laufenden Jahr steht das Motto Shoes first auf

der Agenda und man hat die Architekten Paolo Lanzi und Alessandro Bartolini beauftragt, die Vervierfachung der ehemals für den Schuhverkauf genutzten Fläche umzusetzen. Die Italiener haben schon für Tod’s, Pucci und Pinko respektive Prada, Miu Miu oder Coccinelle gearbeitet und wandelten die vormals von New Yorker komplett besetzten 1.000 Quadratmeter in der Damenabteilung in ein durchgestyltes Einkaufspardies mitsamt Café

Schuhe schöner shoppen: 1.400 Quadratmeter lautet Jelmolis Ansage.

(Fauchon Paris) um. Die Idee ist, mit einzelnen ineinander übergehenden Räumen und dazwischen abgeteilten Salons zwar eine Einheit zu bilden, die sich aber in Einrichtung und Design voneinander unterscheiden. Geht man hindurch, hat man das Gefühl, von einer Boutique in die nächste zu laufen. Und auch wenn die Kreativen etwas schaffen wollten, was es so noch nicht gab: Gesehen hat das die weitgereiste Fashionista sehr wohl schon mal. Aber für die Schweiz ist es gigantisch, 80 Schuhmarken sind hier versammelt, und nochmal 40 eine Etage tiefer auf 400 Quadratmeter für die Männer, ebenso gestylt von Lanzi und Bartolini. In beiden Abteilungen findet man eine breite Preisrange, von gemäßigt bis obere Luxusklasse. Lounges mit gemütlichen Polstergruppen wurden platziert, damit man sich die Füße nicht wundläuft und auch mal absitzen und innehalten kann. Jelmolis Schuhwelt ist ein weiterer Versuch, die Kundin und den Kunden auf die Fläche zu holen und sie nicht an Onlineportale zu verlieren. Ganz ohne crossmediale Denkweise geht heutzutage jedoch nichts mehr: Bei der Eröffnung sorgte der italienische Blogger Mariano di Valdo (mdvstyle.com, 4,6 Millionen Follower auf Instagram, sein Post von dem Abend wurde knapp 70 000 Mal geliked) für Kreischalarm, seine Schuhe sind in der Schuhwelt erhältlich. Und auch die Designs von der – auch italienischen – Bloggerin Chiara Ferragni (5,8 Millionen Follower) sind in der Schuhwelt vertreten. Daneben aber natürlich auch die Schwei-

Franco Savastano, CEO von Jelmoli, lenkt seit vier Jahren die Geschicke von Jelmoli.

zer Klassiker von Bally, Navyboot und Bruno Bencivenga, hippes von Pierre Hardy oder exklusives Design von Alain Tondowski. Zürich steht Kopf, war der Claim der Ankündigungskampagne, zumindest am ersten Abend hat das gestimmt.

Jelmoli The House of Brands Bahnhofstraße, 8001 Zürich/ Schweiz www.jelmoli.ch Eröffnung: 1833 Inhaber: Swiss Prime Site CEO Jelmoli: Franco Savastano Fläche Schuhwelt: 1.400 qm Anzahl Mitarbeiter: 30 (Damenschuhe), 9 (Herrenschuhe) Marken Frauen: Alain Tondowski, Bally, Bruno Bencivenga, Burberry, Candice Cooper, Casadei, Chiara Ferragni, Etro, Icone, Ikkii, Jil Sander, Kurt Geiger, L’Autre Chose, Laurence Dacade, MOA Masters of Art, Navyboot, Pierre Hardy, Proenza Schouler, Rachel Zoe, SchoShoes, Sergio Rossi, Steffen Schraut, Superga, Vidoretta u. a. Marken Männer: Antonio Maurizi, Belstaff, Church’s, Doucal’s, Etro, Green George, Grenson, J. M. Weston, Kenzo, Mariano Di Vaio, N°21 u. a.

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160 EDITOR’S LETTER /// IMPRESSUM

Klasse statt Masse

Die Autorin und Modekritikerin Wäis Kiani hat Ende Mai für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung eine harte Abrechnung mit der Luxusmode bzw. der Entwicklung der Luxushäuser in den letzten Jahren geschrieben. Sie beklagt vor allem, dass das ehemals mit bestimmten Marken und den von ihnen aufgerufenen Preisen verbundene Versprechen von Exklusivität, Stil, Eigenständigkeit und vor allem Qualität zunehmend nicht mehr eingelöst wird. Eine zentrale Passage darf ich in Auszügen zitieren: „Man kann es einen Kollaps nennen, hervorgerufen durch Profitgier, dass sich Designhäuser mit Hilfe von immer mehr Kollektionen pro Saison und einem Preisanstieg von teilweise 200 Prozent in den vergangenen zwei Jahren von der normalen Menschheit verabschiedet haben und sich nur noch einer bestimmten, stil- und ästhetikfernen Klientel von superreichen Käufern zuwenden. [...] Die Mode hat also ihren eigentlichen Pfad, die Kunst der Verhüllung und die Liebe zu Schönheit und neuen Ideen, schon lange verlassen; aus Couturiers sind zugrundegerichtete Sklaven der Kundschaft geworden. Vollkommen natürlich, dass diese Blase aus Gier, Lüge und Massenproduktion platzen musste.“ Erstaunlich harte und deutliche Worte, die nicht zuletzt zeigen, dass der zentrale Systemfehler der Modebranche, nämlich die bedenkenlose Vermassung und die daraus zwingend folgende Entwertung, längst auch den Luxusbereich erfasst hat. Immer mehr und immer öfter, mit diesem ausschließlich auf quantitatives Wachstum ausgelegten Konzept sollen Umsätze gesteigert und Marktanteile gewonnen werden. Die Folgen dieses Irrwegs sind vielfältig und verheerend. › Die Umweltbelastung durch textilen Abfall (alleine der Begriff macht schon schaudern), hat völlig inakzeptable Ausmaße angenommen. 13 Millionen Tonnen sollen jährlich alleine in den USA anfallen. In Deutschland hängen rund fünf Milliarden Kleidungsstücke in den Schränken, von denen geschätzt 40 Prozent so gut wie nie getragen werden. Und Primark & Co verdienen Milliarden damit, Bekleidung als Einwegartikel zu verkaufen. Dazu die weltweit aufgrund des beschriebenen Irrwegs anfallende Überproduktion, die längst alle Cleaning-Kanäle überfordert und teilweise direkt im Schredder landet. Das ist, die ganze Kette betrachtet, also angefangen vom Ressourcenverbrauch für die Produktion bis zum Aufwand der Entsorgung ein in seiner Größenordnung noch gar nicht wirklich erfasstes 316 style in progress

Problem. Und all die vielen und ohne Frage ehrenwerten Upcycling-, Recycling- und Rücknahmeinitiaven, die auch große Player wie H&M auf den Weg gebracht haben, sind bestenfalls kosmetischer Natur bzw. nur Symptombekämpfung. › In direktem Zusammenhang damit stehen die unverändert teilweise katastrophalen Arbeitsbedingungen in der Textilproduktion. Nicht nur im fernen Osten, der längst viel zu nah liegt, um wegschauen zu können. Das ist nicht einfach nur eine ethische Frage, das ist mittlerweile eine branchenschädigende Imagefrage. So inkonsequent der Umgang der meisten Konsumenten mit diesem Thema auch ist, für das Geschäft mit der Mode ist es eine schwere Belastung, wenn die Branche weitgehend undifferenziert am Pranger steht. › TK Maxx hat im März dieses Jahres in München in bester Lage einen Megastore eröffnet. Für mich ist das vor allem mal ein Alarmzeichen. Denn das führt nur zu einer weiteren Verwirrung des Konsumenten, der in seiner breiten Masse keinen wirklich großen Unterschied zwischen aktueller und der Branchenlogik folgend nicht mehr aktueller Ware macht. Der vergleicht einfach die Preise und fühlt sich in seinem Verdacht bestärkt, ohnehin ständig über den Tisch gezogen zu werden. TK Maxx konnte aber überhaupt erst durch die konsequente Überproduktion entstehen. › Welche Auswirkungen die Vermassung auf die Begehrlichkeit von Mode hat, habe ich unter anderem an dieser Stelle schon mehrfach ausgeführt. Ich wollte es dennoch noch einmal erwähnt haben. Aus dieser kurzen Analyse lässt sich eigentlich ein brauchbarer Leitfaden für die anlaufende Ordersaison ableiten. Die Zukunft der Mode kann, zumindest in der großen Nische, die wir mit style in progress zu erfassen, zu verstehen und hoffentlich auch oft erfolgreich zu erklären versuchen, nicht in der Masse liegen. Ihr Stephan Huber stephan.huber@ucm-verlag.at

Eigentümer/Verleger/ Redaktion/Anzeigen UCM-Verlag B2B Media GmbH & Co KG Salzweg 17, 5081 Salzburg-Anif Österreich T 0043.6246.89 79 99 F 0043.6246.89 79 89 office@ucm-verlag.at www.ucm-verlag.at Geschäftsführung Stephan Huber Nicolaus Zott

Chefredaktion Stephan Huber stephan.huber@ucm-verlag.at Martina Müllner-Seybold martina.muellner@ucm-verlag.at Art Direktion/Grafik/Produktion Elisabeth Prock-Huber elisabeth@ucm-verlag.at Autoren dieser Ausgabe Isabel Faiss Kay Alexander Plonka Verena Roidl Nicoletta Schaper Quynh Tran Dörte Welti Fotografen Sofi Fahrmann Trever Hoehne Therese Ohrvall Illustratorin Claudia Meitert Bildbearbeitung Anouk Schönemann anouk.schoenemann@ucm-verlag.at Anzeigenleitung Stephan Huber stephan.huber@ucm-verlag.at Verlagsassistenz/Vertrieb Sigrid Staber sigrid.staber@ucm-verlag.at Christina Hörbiger christina.hoerbiger@ucm-verlag.at Lektorat Johannes Seymann Übersetzung Manfred Thurner Druck sandlerprint&packaging 3671 Marbach, Österreich Druckkoordination Manfred Reitenbach

Nächste Ausgabe 18. Oktober 2016



HAMBURG_HOHE BLEICHEN 22 MÜNCHEN_MAXIMILIANSTRAßE 27 KEITUM/SYLT_C.-P.-HANSEN-ALLEE 1 SPORTSWEAR COMPANY GERMANY GMBH _ +49 (0)89 35892730 42025 WATER REPELLENT SUPIMA COTTON WITH PRIMALOFT® INSULATION TECHNOLOGY HOODED JACKET IN SUPIMA COTTON, THE COTTON WITH THE MOST NOBLE FIBRES IN TERMS OF LENGTH, UNIFORMITY AND STRENGTH. THE FINE GAUGE OF THE YARNS AND SUPER COMPACT WEAVE MAKE THIS FABRIC NATURALLY WATER REPELLENT. THE USE OF AN IMPALPABLE POLYURETHANE COATING INSIDE INCREASES THIS QUALITY WITHOUT ALTERING THE BREATHABILITY. COMPLETELY HEAT SEALED. PADDED ON THE INSIDE WITH A PERFORMING PRIMALOFT® LAYER. HOOD WITH DETACHABLE FUR EDGING. ZIPPED DIAGONAL POCKETS. SNAPS AT CUFFS. ZIP AND SNAP FASTENING. WWW.STONEISLAND.COM


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