Ausgabe 01/2012 . 17. Jahrgang . ¤ 6.90
Blaues Wunder am Bosporus Die Türkei auf dem Weg zur Denimgroßmacht Bye, bye Total Look Richtungswechsel in der New Menswear Iggy Pop exklusiv Bauchtänzerinnen, Nacktheit und das freie Berlin Schluss mit dem (Schluss-)Verkauf Sechs Stimmen gegen die Ratlosigkeit Coverdesign by I ARE UGLY
PEPE SENT THEM.
pepejeans.com
misssixty.com
Editorial
Im Wechselbad der Gefühle Optimismus zu verbreiten, war schon mal ein leichteres Geschäft. Einig sind sich alle darüber, dass die Branche eine sehr schwere Saison hinter sich hat. Die Wetterkapriolen sind zurzeit ähnlich unvorhersehbar wie die Entwicklungen der globalen Wirtschaft.
D
a lohnt es sich doch, den Blick auf Länder zu richten, die gerade einen ziemlich positiven „Lauf“ haben. Die Türkei, interessanterweise Nachbar von Griechenland, gehört mit überdurchschnittlich hohen Wachstumsraten zu diesem Kreis. Nicht von ungefähr ist das Land, dessen Textilindustrie eine wichtige Stütze der Entwicklung ist, einer der wichtigsten Standorte für die hochwertige Denimproduktion. Für uns Grund genug, die Stärken und Chancen der Türkei in einem Denim-Special unter die Lupe zu nehmen (ab Seite 46). Mehr darüber, wo das blaue Herz der Produktion sonst noch in Europa schlägt, erfahren Sie ab Seite 56. Apropos Herzensangelegenheiten: Für Stephan Huber war es eine besondere Freude, den Helden seiner Jugend zum Interview zu treffen. Warum Iggy Pop sich Sorgen um die Zukunft macht und was er mit dem Kölner Label Peng Caesar zu tun hat, lesen Sie ab Seite 42. Um richtige Männer geht es in einem weiteren Schwerpunkt der Ausgabe: Leise und kontinuierlich hat sich in den vergangenen Saisons eine junge Menswear-Avantgarde rund um den Globus entwickelt. Mit eigenen Labels, einem sehr speziellen Look, eigenen Messen und eigenen Stores. Wenn Sie mit dabei sein wollen, lesen Sie mehr ab Seite 28. Viel Vergnügen beim Lesen wünscht Ihnen Ihr x-ray Team 08 ––
Auf dem Cover
„Wenn jemand etwas drauf hat, dann soll er es auch zeigen.“ I ARE UGLY
Die internationale Denimproduktion erlebt derzeit stürmische Zeiten. Der Wind weht gen Westen und wird immer mehr zur steifen Brise. Ähnlich energiegeladen und bewegt ist auch das Covermotiv unserer aktuellen Ausgabe, in dem der Münchner Künstler Paul Hintermeier alias I ARE UGLY seine typischen Characters, den Händen, ordentlich Stoff zum aufarbeiten zwischen die Finger gab. Und es war kein leichter Stoff, wie man der Nähmaschine ansieht. Während der Denimmarkt mit ständigen Variablen zu kämpfen hat, läuft das Geschäft mit Graphic-T-Shirts besser denn je, wie Paul Hintermeier im Coverinterview über seinen Erfolg mit der Designagentur FPMD und den Großauftrag für Table Tees für Foot Locker Europe berichtet. Mehr dazu im Interview auf Seite 80.
BREAD & BUTTER BERLIN 18 - 20 JANUARY 2011, DENIM BASE, STAND D13 WWW.FIRETRAP.COM
inhalt
inhalt
42
64
10 ––
08 Editorial 16 Jetzt 26 Messen
so läuft’s
New Menswear Special 28 Mann oder Maus? Mode, wie Männer sie wollen 36 „Ein langsamer Evolutionsprozess“ Marco Götz von Drykorn im Interview 38 „Sie kaufen weniger, aber sie kaufen besser“ Indigo & Cotton aus South Carolina 39 „Es hat sich ausgezahlt“ Die Messe Capsule trifft den Nagel auf den Kopf 40 Newcomer Vier spannende Protagonisten der New Menswear
42 „Wer A sagt, muss auch B sagen“ Was Iggy Pop mit Mode zu tun hat
Denim Special Türkei 46 Blaue Stadt Istanbul Die türkische Denimindustrie gibt sich selbstbewusst 52 Geballtes Denim-Know-how Who’s who in Istanbul und Izmir 54 „Wir sind schon sehr früh in die globale Arena gestiegen“ Mavi im Interview 56 Go West Warum die Produktion rund um das Mittelmeer wieder attraktiv ist
58 61 62 64 66 69
Born to be young? Haben Jeanser die junge Generation abgeschrieben? „Die Kunden sind nicht mehr so risikobereit“ Der Neustart von Freeman T. Porter Für echte Männer Alberto wagt sich auf blaues Terrain – ADenim Chiemsee revisited! Eine Kultmarke feiert ihr 30-jähriges Bestehen Bitte zu Tisch! Das Umsatzpotenzial von Table Tees Leidenschaft für Blau Welche Visionen Thomas Wirth für Replay hat
Lass uns reden
70 74 76 79 80
Schluss mit dem (Schluss-)Verkauf? Fünf Experten über die Rotstift-Misere Im Galopp nach vorn Heiner Sefranek hat Mustang umgesattelt „Eine Firma Eine Strategie“ Der europäische Jeansmarkt jammert, Pepe Jeans London wächst Raus aus der Nische Vom Start-up in die Denimwelt- Levis Made & Crafted We is all ugly Coverkünstler Paul Hintermeier über die Hand mit vier Fingern
MODE
84 Finden wir gut 90 Little Less Conversation Fashion Report New Menswear 98 Indignez vous – Empört Euch! Fashion Report Denim
vor ort
106 108 110 112
114 Und dann wäre da noch. Impressum
90
Retailnews Sanfte Rebellion Greenwich Man Time, Köln Streetwear Baumhaus Good As Gold, Neuseeland Inspirierend Blau Amsterdams Blauw, Amsterdam 108
spring-summer 2012 preview
freemantporter.com
energie.it
JETZT
JETZT Text Isabel Faiss, Ina Köhler, Nicolette Scharpenberg Fotos Marken
01 Tommy Hilfiger Neuer CFO
Die Tommy Hilfiger Group ernennt Avery Baker zum Chief Marketing Officer. Über 15 Jahre war Baker als Executive Vice President of Global Communications und Marketing tätig. Seit 2006 war Baker für die Neupositionierung der Marke in Amerika zuständig und hat gleichzeitig das Markenimage auf der ganzen Welt geprägt. In der Vergangenheit war Baker für die Werbekampagnen The Hilfigers, die Prep World Tour, die Feierlichkeiten zum 25-jährigen Bestehen der Marke Tommy Hilfiger sowie das Thierry Henry Sponsorship zuständig. In seiner neuen Position ist er weiterhin für die globalen Marketing- und Kommunikationsinitiativen zuständig, aber auch für markenspezifische Operationen der Tommy Hilfiger Group in den Headquartern in New York und Amsterdam. www.tommy.com 02
Lacoste Footwear Klasse statt Masse
Lacoste Essential Design heißt die neue Linie von Lacoste Footwear und ist ab Herbst 2012 exklusiv nur in rund 20 bis 25 Geschäften in Österreich und Deutschland erhältlich. Klassische Elemente wie Leder, grobe Nähte und kleine Details sind die Essentials der LED-Linie. Beeinflusst wurde das Designteam beispielsweise von Eames, Arne Jacobsen, Charlotte Perriand und Le Corbusier. Der von Outdoor-Schuhen inspirierte Rydal ist Aushängeschild der Winter-Outdoor LED-Kollektion. Insgesamt gibt es vier neue Sneakers. Vorgestellt wird die Kollektion auf der Bread & Butter im Januar 2012. www.lacoste.com
03 Levi’s Globale Kollektion
Für die Saison Herbst/Winter 2012/13 präsentiert Levi’s erstmals eine global ausgerichtete Kollektion, die aus der Designzentrale in San Franciso stammt und für weltweit alle Länder einen einheitlichen Look vorstellt. Die wichtigsten Veränderungen in der Herrenkollektion sind zwei neue Tapered Fits bei Jeans, die 508 (Regular Tapered) und die 520 (Extreme Tapered). Beide Fits sitzen tief auf der Hüfte mit einem lockeren Schnitt und laufen nach unten schmaler zu. Außerdem legt Levi’s die Non-Denim-Legende Sta-Prest aus den 1960er-Jahren aus dem eigenen Firmenarchiv wieder neu auf. In der Frauenkollektion stellt Levi’s einen neuen Skinny Fit als Bootcut-Variante vor, die Skinny Boot. Sie wird es in zwei Silhouetten – als schmale Röhre und als Flare – und in zahlreichen Finishes geben. www.levi.com
04 Tommy Hilfiger Disney Kinderkollektion
Für Frühjahr/Sommer 2012 präsentiert Tommy Hilfiger eine limitierte Kinderkollektion in Kooperation mit Disney. Die Unterkollektion umfasst vier T-Shirts und einen Sweater für Jungs mit den typischen Disney-Figuren wie Mickey Mouse, Donald Duck, Goofy und Pluto. Für Mädchen gibt es auch vier T-Shirts und ein Kleid mit Minnie Mouse, Daisy Duck, Ducky und Dicky. Die Linie ist mit einem speziellen Logo gekennzeichnet, welches das Tommy-Hilfiger-Logo mit den berühmten Ohren von Mickey Mouse kombiniert. Erhältlich ist die Kollektion online ab Februar 2012 und in Einzel- und Großhandelsgeschäften in Europa sowie in ausgewählten Stores auf der ganzen Welt. www.tommy.com
16 ––
www.mustang-jeans.com
18-20 January 2012 | Denim Base, Hall: Airfield, Booth: D 33
JETZT
05 KatwickDistribution Vertrieb von Lambretta
Die Hamburger Vertriebsagentur Katwick Distribution UG übernimmt den Vertrieb der englischen Motorroller-Marke Lambretta Clothing in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Neu im Markenportfolio ist außerdem die Marke Palmercash aus Idaho/USA, die durch ihre T-Shirts mit alten Werbemotiven berühmt wurde. „Für den Süden Deutschlands, Österreich und die Schweiz sind wir momentan auf der Suche nach Vertriebspartnern, speziell für unsere Marken Lambretta Clothing, Svensson und Palmercash“, so Geschäftsführer Matthias Meyer, der die Agentur zusammen mit Daniela Dicke seit 1998 aufgebaut hat. Zusätzlich betreibt Meyer eigene Einzelhandelsgeschäfte wie beispielsweise Baretta im Hamburger Schanzenviertel. Auf der Capsule in Berlin wird die Agentur mit den Marken Svensson und Palmercash vertreten sein, auf der Bread & Butter mit den Marken Chunk und Toonstar. Marken: Baretta, Chunk, Dephect, Lambretta Clothing, Palmercash, Svensson, Toonstar www.katwick.de
06 Wrangler Spitze umbesetzt
Die Jeansmarke Wrangler hat im vergangenen Jahr zwei Positionen für den DACHMarkt neu besetzt: Matthias Herrmann leitet seit November als Sales Director das Team in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Er übernimmt den Posten von Christa Overhues, die aus dem Unternehmen auf eigenen Wunsch ausgeschieden ist. Zuletzt war der 47-jährige Managing Director bei der Buckles & Belts GmbH. Seine Stationen zuvor waren im Vertrieb und Marketing bei Oakley sowie Levi Strauss Germany. Er berichtet direkt an Marc Svojanovsky, Sales Director Wrangler EMEA. Herrmanns Partner ist seit August Christian Beidatsch, der als Marketingmanager Wrangler für die deutschsprachigen Länder verantwortlich ist. Er arbeitet eng mit dem Team in Bornem (Belgien) zusammen, wo er an Jeanette Olsen, Trade Marketing Manager EMEA berichtet. www.wrangler.com
07 Sixty Group Gründer gestorben
Wicky Hassan ist am 16. Dezember 2011 in Rom seiner langjährigen Krebserkrankung erlegen. Unternehmensgründer Hassan war Kreativchef und Hauptgesellschafter der Sixty Group. Er wurde 56 Jahre alt. „Heute haben wir einen der großen Designer der Welt verloren“, so Piero Bongiovanni, CEO der Sixty Group. Zuletzt hatte Hassan ein neues Management und Designteam rund um Bongiovanni installiert, um seine Nachfolge zu sichern. „Wicky, ein Freund, ein Visionär und ein Mann mit großen Werten. Als sein Partner hatte ich das Privileg, mit ihm in den vergangenen Jahren zu arbeiten“, so Renato Rossi, Mitgründer der Sixty Group. Zu dem Unternehmen aus Chieti gehören die Marken Miss Sixty, Energie, Killah, Murphy & Nye und Refrigiwear. www.sixty.net
18 ––
08 Adenim Blame it on the weatherman
Chemische Zusätze und unnötige Wasserverschwendung bei der Veredelung von Denims stehen gerade schwer in der Kritik. Ein guter Zeitpunkt für umweltfreundliche Experimente: ADenim setzte die Idee mit dem Projekt AllwetterWash um. Dafür lagen von Dezember 2010 bis Dezember 2011 bis zu zwölf Denims auf dem Flachdach der Firmenzentrale in Mönchengladbach. Sie waren ein Jahr lang Tag und Nacht den Witterungsbedingungen ausgesetzt und sollten dadurch eine natürliche Patina erhalten. Anschließend sollen die Roof-Destroyed Denims als Stilvorbilder für die Jeanskollektion von ADenim dienen. Vor allem das partielle Ausbleichen durch Sonneneinstrahlung könnte sich zu einem interessanten Trendthema für ADenim entwickeln. Mit diesem Experiment beweist ADenim Innovationsgeist und Denimkompetenz. „Das Thema Destroyed-Effekte fesselt uns schon seit längerem. Wir wollen sehen, wie sich unsere Jeans unter extremen Bedingungen verhalten, wie sich Farbe und Stoffe verändern“, erklärt Marco Lanowy, Geschäftsführer von ADenim. www.a-denim.com
JETZT
11 Fresh Pop-up-Messe in Köln
Anfang Dezember präsentierte die Supreme Agency erstmals die neue Idee zu einer Pop-upVerkaufsmesse für Fashion und Lifestyle in Köln-Ehrenfeld, kurz Fresh – urban.fashion.addiction. Im Zentrum standen dabei Casual- und Streetwear, Schuhe und Accessoires, aber auch Kollektionen von Jungdesignern und Newcomern. Aussteller waren unter anderem Agenturflux, Big Bufo, Herrenbude, Hongandfriends, Monsieur Courbet, Sales Affairs, Schöngeist und die Supreme Agency mit Labels. Eine Zweitausgabe der Verkaufsmesse soll im April 2012 folgen. www.fresh-exhibition.de
09 Novomania Umzug auf das Expo-gelände
Asiens Denim-, Sport- und Streetwear-Messe Novomania, die vom 7. bis 9. März 2012 in Schanghai über die Bühne geht, wird auf das ehemalige Expo-Gelände umziehen. Die Veranstalter können dort eine Fläche von 25.000 Quadratmetern bespielen, die auf einer Ebene liegt. „Wir haben dadurch einfach mehr Möglichkeiten und bringen die Marken näher zusammen“, so Uwe Scherer vom europäischen Novomania-Team. Die Veranstaltung besteht aus den Segmenten Denim, Fashion & Chic, Sport & Street, Shoes & Accessories, Contemporary sowie dem für China wichtigen Bereich Real Estate. Im sogenannten Fashion House haben Marken die Möglichkeit, Fashion Shows zu präsentieren. Neue Gesichter in Schanghai sind beispielsweise Desigual, American Vintage oder Custo Barcelona. www.novo-mania.com
10 Mustang Happy Birthday
Zum 80-jährigen Firmenjubiläum bringt Mustang eine eigene Capsule-Kollektion auf den Markt. Die Designer haben im firmeneigenen Archiv mit über 5.000 Denims gegraben. Das Ergebnis ist ein Outfit für Herren und Damen, bestehend aus Jacke, Jeans, Denimhemd und T-Shirt. Beim Herrenmodell wird es klassisch: Schwerer 14,5 oz Denim, der supertief in Indigo eingefärbt ist. Die Frauen bekommen eine klassische Röhre aus Stretch-Denim. Die Shirts sind mit historischen Motiven aus der Mustang-Werbegeschichte geprintet. Die Kollektionsteile sind auf je 832 Stück limitiert, erhalten ein Limited-Edition-Labeling und eine liebevolle Verpackung. Vertrieben wird die Kollektion im ausgewählten Fachhandel sowie in den eigenen Mustang-Shops. www.mustang-jeans.com
20 ––
12 Bravado Aufgestiegen
13
Der bisherige Sales Director Fashion Retail von Universal Music Sales, Stefan Sommer, übernimmt die Position des General Manager der Bravado Merchandise GmbH. Er berichtet an Tom Bohne, Senior Vice President Universal Music GmbH, der Bravado kommissarisch geleitet hatte. „Stefan Sommer ist ein erfahrener Manager mit dem richtigen Gespür für das Mode- und Merchandising-Geschäft“, so Bohne. Stefan Sommer bleibt weiterhin verantwortlich für den B2B-Modevertrieb. Er akquiriert Key-Accounts, betreut das englische Trendlabel Amplified und treibt die Entwicklung gemeinsam mit den Partnern, der Marketingagentur P4 und dem Modeproduzenten Fresh Air, voran. Sommer berichtet in dieser Position an Frank Hohenböken, Managing Director Universal Music Sales. Die Universal Music Group ist das weltweit marktführende Musikunternehmen mit eigenen Lizenznehmern in 77 Ländern. Bravado ist ein Unternehmen der Universal Music Group und Marktführer bei Merchandising-Rechten internationaler Künstler und Marken aus Musik und Entertainment. Mit den eigenen Fashionlabels Amplified, Rock & Rebellion sowie Psalm 23 ergänzt Bravado sein Merchandising-Portfolio. www.bravado.de
Die türkische Marke habe das Jahr 2011 in Deutschland mit einem Umsatzplus von rund 30 Prozent abgeschlossen, so Ralf Meier, verantwortlich für LTB in Deutschland. Einen guten Teil des Wachstums realisiert das Unternehmen über Shops und Shop-in-Shops, davon wurden allein 2011 rund 70 eröffnet. Mit einem neuen Franchise-Partner wurden ein Shop in Dortmund eröffnet, weitere sind geplant. Eigene Shops gibt es bislang in Köln, Düsseldorf, Dresden, Weiterstadt, Leipzig und Nürnberg. Für die Shops wurde eine eigene Retail-Organisation innerhalb des Unternehmens geschaffen. Das erweiterte Vertriebsteam agiert von festen Showrooms in Hamburg, Berlin, Düsseldorf und München aus; temporär sind auch Showrooms in Sindelfingen, Offenbach und Leipzig besetzt. Für den zentraleuropäischen Markt wird ein eigenes Designteam aufgestellt, um insbesondere die Bedürfnisse der deutschen Kunden zielgerecht betreuen zu können. Schnelle Lieferungen werden durch das NoS-Programm abgedeckt, zusätzlich bringt LTB kurzfristig High-Fashion FlashProgramme auf den Markt. www.ltbjeans.com
LTB jeans Expansion
JETZT
16 kidswear Berlin Der nächste Anlauf
Nachdem Messeguru Karl-Heinz Müller von der Bread & Butter letztes Jahr sichtlich enttäuscht seine Ankündigung der Kindermodemesse Kids Camp widerrufen musste und dabei das mangelnde Engagement der großen Marken bedauerte, klingt dieses Vorhaben ziemlich gewagt: Im Juli 2012, genauer am 8. und 9., direkt nach der Fashion Week soll in Berlin eine neue Kindermesse gelauncht werden, die kid’s wear Berlin in der Arena Berlin. „Die Branche verlangt eine internationale Kindermodenmesse. Mit der kid’s wear Berlin bieten wir neben der Messe auch ein Event, das die besondere Emotionalität der Kinder und ihres Lifestyles auf neue Art und Weise in Szene setzt“, so Achim Lippoth, Gründer und Direktor der kid’s wear Berlin und Herausgeber des Magazins kid’s wear. Flexible Standkonzepte sollen auch kleineren Marken den Zugang ermöglichen. Ab Juli 2012 soll die Messe zweimal jährlich stattfinden und an die Messewoche in Berlin anschließen. www.kidswear-berlin.com
14 M.O.D. Aufbau von Shopkonzepten
Das 2004 gestartete Denimlabel geht weitere Schritte auf dem Weg zur flächenfähigen Marke. Zunächst wurde vom Dietzenbacher Unternehmen ein flexibles Shopsystem entwickelt, das bei Handelspartnern installiert werden soll. Das neue System ist als Modul aufgebaut und kann flexibel an unterschiedliche Räume angepasst werden. Vertriebsleiter Rainer Ksoll möchte damit vor allem den kleinen und mittelständischen Multilabel-Händler erreichen. Für das Jahr 2012 ist in Bezug auf Shop-in-Shops die Zusammenarbeit mit 15 bis 20 Händlern geplant, bislang wird der erste Store bei Underground in Brandenburg getestet. M.O.D. bringt jährlich vier Kollektionen an gestaffelten Lieferterminen heraus und will sich langfristig zur Lifestylemarke entwickeln. www.mod-denim.com 15 ispo Auf Wachstumskurs
Sowohl die Münchener ispo als auch ihr asiatisches Pendant, die ispo beijing, sind auf Wachstumskurs. Die Münchener Veranstaltung (29. Januar bis 1. Februar 2012) erreicht ein kleines Plus mit 2,8 Prozent mehr Ausstellern und leicht vergrößerter Ausstellungsfläche. Im Rekordfrühjahr 2011 waren 2.267 Aussteller auf über 100.000 Quadratmeter Fläche gelistet. Neuzugänge für 2012 sind beispielsweise Black Yak, Eagle Creek, Ecco, Sigg sowie Nixon. In China gestaltet sich das Wachstum dynamischer: Die Ausstellerzahl und Nettofläche wächst um 36 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Für die ispo beijing, die aufgrund der Nachfrage um einen Tag verlängert wurde (22. bis 25. Februar 2012), sind rund 300 Aussteller angemeldet, darunter neue Brands wie Deuter, Salomon, Vaude und X-Bionic. Als Trendsetter des asiatischen Sportbusiness wollen die Veranstalter Themen wie Action Sports und Sportsstyle fokussieren. Mit dabei sind Aussteller wie K2 Snowboards, Oakley, Protest, Roxy, Sportsstyle Bogner und Phenix. Parallel zur ispo beijing läuft auch die Alpitec China, eine Messe für Berg- und Wintersporttechnologie. www.ispo.com, www.ispochina.com, www.alpitec.cn
22 ––
17 Antony Morato Ausbau des Vertriebs
Im November 2011 gab Allessandro Menegon, Managing Director von Antony Morato, bekannt, dass im Zuge der Europaexpansion die Vertriebsteams für die Länder Deutschland und Österreich mit fünf neuen Agenturen ausgebaut würden. „Unser Ziel ist es, in den kommenden drei Saisons bis zu 150 Kunden zu gewinnen, von Fashion Department Stores bis Modeboutiquen“, sagt Menegon. Für Bayern und Baden-Württemberg übernahm die Modeagetntur Arno Przewoznik aus München, für Nordrhein-Westfalen die Gayk Fashion Lounge aus Düsseldorf, für Hessen, RheinlandPfalz und das Saarland kam die Modebotschaft aus Offenbach mit hinzu und für Hamburg und Berlin die Eyegasm Textilvertriebs GmbH. In Österreich wurde Trade Port Fashion aus Salzburg mit Andreas Kaltenmarkner engagiert. Der eigene Showroom der Antony Morato Deutschland GmbH befindet sich in München. www.morato.it
18 replay Innovation auf vielen Ebenen
Die italienische Fashion Box (Replay, Replay & Sons, We Are Replay, Red Seal, White Seal) hat ihr Lizenzangebot Unterwäsche und Nachtwäsche für Männer, Frauen und Kinder erweitert. Lizenznehmer ist die Impetus Portugal Têxteis S.A. „Die Partnerschaft mit Impetus wird im Rahmen einer generellen Brand-Extension-Strategie geschlossen, die schon in den letzten Jahren erfolgreich eingeführt wurde“, erklärt Matteo Sinigaglia, Geschäftsführer der Fashion Box. Impetus Portugal Têxteis verfügt über eine mehr als 40-jährige Erfahrung in Produktion und Vertrieb von Wäsche. Auch in der regulären Kollektion setzt Replay auf Innovation: Bereits im Dezember wurde eine Capsule-Kollektion ausgeliefert, die auf Lasertechnik setzt. Premiere auch im Sponsoring: Erstmals trat Replay im Herbst 2011 als Sponsor der MTVEuropean Music Awards in Belfast auf. www.replay.it
JETZT
22 Bench Geballter Messeauftritt
Die Marke Bench wird ihren Messeauftritt im Januar splitten: Zur Bread & Butter wird das Unternehmen die Streetkollektion und die Kidswear ausstellen. Mit der Sportkollektion bespielt Bench die Bright. Dort ist eine größere Ausstellungsfläche als im Juli mit einem rund 65 Quadratmeter großen Zimmer vorgesehen. „Berlin bleibt zentrale Plattform, um sich darzustellen“, sagt Norbert Loew, verantwortlich für Marketing. Auf der ispo in München ist Bench ebenfalls mit seiner Sportkollektion vertreten. Für die in München ansässige Americana GmbH ist der Auftritt fast ein Heimspiel. In der Herbst-/Winter-Kollektion setzt Bench auf eine Fülle von Inspirationsthemen – von Folklore über Grunge bis hin zu Militaryund Utility-Einflüssen. Wichtige Materialien sind gewaschener Canvas, gewachste Oberflächen, Sueded Cotton, Peachfinish und Glanzoptiken und Nylon-Twill mit Denimeffekt. In den Oberteilen dominieren Handmade-Optiken, Grobstrick mit Folkloredetails wie Zopfstrick oder NorwegerJacquard-Muster. Wasserdichte Jacken, teilweise mit Fellbesätzen und kuscheligem Fleece-Futter ausgestattet, ergänzen die Kollektion. www.bench.co.uk
19 Sixty Deutschland Erfolg mit Rabattgenerator
Mal eine andere Form des Rabatts: Fans von Miss Sixty, Killah und Energie können in ausgewählten Sixty-Stores „wynshen“, das heißt über die wynsh-App bis zu 50 Prozent beim Einkauf sparen. So funktioniert es: Im Geschäft ein Foto vom Produkt machen, dieses an die wynsh-App schicken und ein Countdown startet. Der Zufall entscheidet über die Höhe der Prozente, anschließend den digitalen Rabattgutschein auf dem Smartphone-Display an der Kasse vorzeigen. Falls der Rabattgenerator nur null Prozent Ersparnis anzeigt und das Teil trotzdem gekauft wird, gibt es eine Sixty Sessions CD dazu. Die Aktion wurde jetzt auf Österreich und die Niederland ausgeweitet. „Wir sind so begeistert davon, dass die Aktion mit wynsh in Deutschland so gut gestartet ist, dass wir diese Möglichkeit auch unseren Kunden in Österreich und den Niederlanden bieten wollen“, so Nico Hoffmeister, Head of Marketing der Sixty Deutschland GmbH. wynsh ist ein Produkt der WindoWin GmbH, entwickelt von Gründer Marc Schwieger, der als Partner und Kreativchef von Scholz & Friends jahrelange Erfahrung in der Retail-Kommunikation gesammelt hat. www.sixty.net, www.wynsh.com/de, www.facebook.com/wynsh
20 Firetrap Zwei neue Schöngeister
Firetrap verstärkte im Spätherbst sein Deutschland-Team rund um Geschäftsführer Frank Götz mit Rainer Hückelkempken und Stefan Bus, Inhaber der Agentur Schöngeist mit Sitz in Offenbach und Showrooms in Neuss und Offenbach. Die erfahrenen Vertriebsexperten Bus und Hückelkempken, die zuvor bereits Marken wie Khujo, Fornarina oder Rich & Royal maßgeblich bei ihrem Einstieg in den deutschen Markt unterstützt hatten, übernahmen den Vertrieb für den Großteil der Gebiete Hessen, Saarland und Rheinland-Pfalz. Neben Firetrap betreut die Agentur Schöngeist unter anderem auch die Marken Lavand, Ana Alcazar, Rosebowl and Bricks und Circle of Trust. www.firetrap.eu
Dennis Steinborn und Sebastian Heinke werden ab 1. Dezember 2011 das deutsche SalesTeam der britischen Marke Ben Sherman unterstützen. Steinborn übernimmt zukünftig den norddeutschen Raum als Area Manager. Zuvor war er als Sales Consultant bei Paul Smith Ltd. Deutschland und als Brand Manager für die Andy-Warhol-Kollektion von Pepe Jeans London tätig. Heinke, zuvor Buying und Sales Manager der Privates Textiles GmbH und zuletzt für Esprit Men unterwegs, wird für die Region Ostdeutschland zuständig sein. Ben Sherman unternimmt damit einen weiteren wichtigen Schritt in Hinblick auf die Neupositionierung der Marke. www.bensherman.com
24 ––
21 Ben Sherman Deutschland bekommt Verstärkung
23
14 oz. Berlin Im Westen was Neues
Im Herbst 2012 wird auf dem Kurfürstendamm ein weiterer 14 oz. Store von Karl-Heinz Müller, Inhaber und Geschäftsführer der Bread & Butter, eröffnen. Auf Berlins prestigeträchtigster Einkaufsmeile werden im historischen Haus Cumberland auf insgesamt 600 Quadratmetern Kollektionen für Männer und Frauen gezeigt werden. Der Sortimentszuschnitt des bisherigen 14 oz. in Berlin-Mitte soll übernommen werden. „Durch die größere Fläche haben wir jetzt mehr Möglichkeiten, die Marken großzügiger zu präsentieren“, so Karl-Heinz Müller. Insbesondere das Angebot für Damen wird größer als im bisherigen Store – es wird separate Eingänge für Männer- und Damenmode geben, die im hinteren Teil wieder zu einem gemeinsamen Laden zusammengeführt werden. Karl-Heinz Müller will mit dem Einzug in das denkmalgeschützte Gebäude ein Signal setzen, um den Modestandort Berlin weiter zu stärken. „Wir freuen uns, so eine großzügige Location in diesem attraktiven Umfeld zur Verfügung zu haben“, so Müller. In dem ehemaligen Hotel werden neben weiteren Stores auch Luxuswohnungen, Büroflächen und ein Restaurant ihren Platz finden. www.14oz-berlin.com
Š Copyright and Design Rights Pentland Chaussures Ltd. 2011. www.lacoste.com
AREA | SPORT & STREET HANGAR 1 BOOTH No. S 2
DELEVAN | A sophisticated outdoor-inspired work boot in premium Keman pull-up leather, with waxed canvas panel detailing.
Bread & Butter Berliner Feinkost
Messe News Text Isabel Faiss, Ina Köhler, Nicolette Scharpenberg Fotos Messen
03 Ethical Fashion Show
BERLIN 01
Bright Tradeshow
Termin: 19. bis 21. Januar 2012, 5. bis 7. Juli 2012 Veranstalter: Bright GmbH & Co. KG Segment: Streetwear, Skateboarding, Sneaker Größe: zirka 300 Aussteller Was ist neu: Eröffnung der All Tomorrows Area mit Ständen, Kunstausstellung und Lounge Area www.brighttradeshow.com www.alltomorrows.de 02 Capsule
Termin: 19. bis 20. Januar 2012, 5. bis 6. Juli 2012 Veranstalter: bpmw Agency New York Segment: Men & Women up and coming Größe: zirka 70 Aussteller Was ist neu: ein weiterer Gebäudeabschnitt mit zirka 300 Quadratmeter www.capsuleshow.com
26 ––
Termin: 18. bis 20. Januar 2012 Veranstalter: Messe Frankfurt Exhibition GmbH Segment: Casual-, Urban-, Streetwear, Prêt-à-Porter, DOB, HAKA, KOB, Accessoires, Kosmetik, Lifestyle-Produkte Größe: zirka 40 bis 50 Aussteller Was ist neu: Erstveranstaltung als eigenständige Messe, Shop-Kooperation mit der Esmod Berlin www.ethicalfashionshowberlin.com 04 Green Showroom
Termin: 18. bis 20. Januar 2012, 4. bis 6. Juli 2012 Veranstalter: Messe Frankfurt Exhibition GmbH Segment: gehobene Green Fashion, Accessoires, Kosmetik, Lifestyle- Produkte Größe: zirka 30 bis 35 Aussteller Was ist neu: Shop in Kooperation mit der Esmod Berlin www.green-showroom.net 05 In Fashion
Termin: 18. bis 20. Jamuar 2012 Veranstalter: in fashion munich Segment: Damen-, Herren- und
Mit einer neuen Area und zwei Erweiterungen geht die Bread & Butter in die neue Messerunde. Treasury heißt die aktuelle Area, die das Angebot um hochwertige Accessoires erweitert. Direkt am Eingang zur Denim-Hall finden sich auf der oberen Ebene individuelle Accessoires vom Schmuck über Taschen bis hin zu Uhren oder Kopfhörern. Neue Labels wie Luise Keller, Pantone oder Wool and the Gang finden auf 800 Quadratmetern Platz – im Sommer soll noch mehr Raum für die wichtigen Umsatzbringer geschaffen werden. Mehr Platz gibt es auch in der L.O.C.K Halle: Im Fire Department, einer neuen Fläche in der alten Feuerwache von Tempelhof trifft man auf individuelles Design aus aller Herren Länder. Labels wie Dehen1920, Tellason oder Sportswear Reg. stellen hier in ihrer eigenen Welt aus, Carhartt findet sich als Neuzugang ebenfalls in der authentischen Halle. Auch die Sport & Street Halle bekommt Zuwachs: Unter D.O.C.K. (Department of Contemporary Keynotes) sollen erwachsen gewordene Streetwear-Labels limitierte Kollektionen und sportive Designerlinien präsentiert werden. Die markante Containerarchitektur dockt direkt an die Halle an. Am Eröffnungsabend heizt das spektakuläre Theaterevent Fuerza Bruta mit Musik und visuellen Effekten den Bread & Butter Gästen im Sin Saloon ein. Am Eröffnungsabend sind zudem die elektronischen Sounds von 2 Many DJs zu Gast. 18. bis 20. Januar 2012, www.breadandbutter.com
Kindermodekollektionen, nachhaltige Designerlabels, Accessoires Größe: zirka 80 Aussteller Was ist neu: 700 Quadratmeter mehr Fläche www.in-fashion-munic.de 06 Panorama
Termin: 6. August 2012 Veranstalter: Panorama Fashion Fair Berlin GmbH Segment: Marken des Volumensegments Größe: zirka 350 bis 400 Aussteller Was ist neu: neue Veranstaltung www.panorama-berlin.com 07 Premium
Termin: Premium Berlin: 18. bis 20. Januar 2012, Premium Order Düsseldorf: 4. bis 7. Februar 2012, Premium Order München: 18. bis 21. Februar 2012 Veranstalter: Premium Exhibitions GmbH Segment: Premium Womenswear, Menswear, Accessoires, Denim Größe: zirka 800 Brands Was ist neu: Flächenvergrößerung der Station, junge Designer aus Japan www.premiumexhibitions.com
08 SEEK
Termin: 18. bis 20. Januar 2012 Veranstalter: Premium Exhibitions GmbH Segment: skandinavische und internationale Streetfashion- und Menswear-Brands Größe: zirka 60 Aussteller, 1.000 qm Was ist neu: neue Location im Kühlhaus www.seekexhibitions.com 09 Show & Order
Termin: 17. bis 20. Januar 2012 Veranstalter: Show & Order GmbH Segment: High-End-Fashion Größe: zirka 100 bis 150 Aussteller Was ist neu: neue Veranstaltung www.showandorder.de 10 THE Gallery
Termin: 18. bis 20. Januar 2012, 4. bis 6. Juli 2012 Veranstalter: Igedo Company GmbH & Co. KG Segment: Designer-, Avantgarde- und Accessoirekollektionen Größe: zirka 80 Aussteller aus Europa Was ist neu: Startveranstaltung im Berliner Café Moskau. www.the-gallery-berlin.com/contact, www.igedo.com
Messenews –– JETZT
Jacket Required
CPH Vision, Terminal 2
International
Stitch Menswear
01 CPH Vision, Terminal 2 Kopenhagen
Termin: 2. bis 4. Februar 2012, 9. bis 11. August 2012 Veranstalter: Copenhagen Fashion Fairs Segment: skandinavische und internationale Mens- und Womenswear, Accessoires und Schuhe, Denim, Sportswear Größe: zirka 230 Aussteller (CPH), zirka 250 (Terminal 2) Was ist neu: Die Veranstaltung wird zum letzten Mal in den Øksnehallen stattfinden. Ab August 2012 Zusammenschluss von CPH Vision und Terminal 2 im Gebäude der Terminal 2 Hallen an der Lokomotivvaerkstedet. www.cphvision.dk
Munich Fabric start, Blue Zone Bereits ausgebucht Hoch zufrieden zogen die Veranstalter der Munich Fabric Start und der Blue Zone Ende September 2011 ein Fazit über die letzte Messe, die noch einmal mehr internationalen Zulauf gebracht hatte. Für die kommende Messe werden rund 80 internationale Denimlieferanten in der Zenith Halle erwartet, die dort ihre Entwürfe für Frühjahr/Sommer 2013 und unter dem Motto TIST (Today is Tomorrow) bereits einen kleinen Ausblick auf Herbst/ Winter 2013/14 bieten. Vor allem das Konzept TIST hatte sich für die Veranstalter als erfolgreiches Prestigeprojekt mit Kompetenzcharakter herausgestellt. Das Motto der kommenden Munich Fabric Start im Januar 2012 ist Flirt. Es soll Freude, Klarheit, Leichtigkeit und Optimismus ausdrücken – die Schlagwörter für die neue Stoffsaison. Die Veranstaltung ist bereits ausgebucht. Die Organisatoren rechnen mit 800 Ausstellern aus über 35 Ländern. Als Neuheit bündelt die neue Plattform Shirtings die Anbieter hochwertiger Hemdenstoffe in Halle 4 des MOC. Zudem fällt der Startschuss für den Bereich „R.M.S. – Ready Made Solutions“ in der Blue Zone, wo rund 80 Denimhersteller und Ausrüster ihre Entwicklungen zeigen. 31. Januar bis 2. Februar 2012, www.munichfabricstart.com
02 CPD Signatures Düsseldorf
Termin: 4. bis 6. Februar 2012 Veranstalter: Igedo Company GmbH & Co. KG Segment: Designer-, Avantgarde-, Accessoireskollektionen Größe: 430 Aussteller Was ist neu: Ab Juli 2012 löst The Gallery Düsseldorf mit neuer Location die cpd signatures ab. www.igedo.com 03 GDS/Global Shoes Düsseldorf
Termin: 14. bis 16. März 2012, 5. bis 7. September 2012 Veranstalter: Messe Düsseldorf GmbH Segment: Schuhe, Accessoires Größe: zirka 850 Aussteller GDS, 400 Aussteller Global Shoes Was ist neu: neue Imagekampagne www.gds-online.com, www.globalshoes-online.com
ispo
04 Ispo münchen
Termin: 29. Januar bis 01. Februar 2012 Veranstalter: Messe München GmbH Segment: Sportartikel Größe: zirka 30.000 Aussteller Was ist neu: Anstieg bei Ausstelleranmeldungen und der Nettofläche www.ispo.com 05
Jacket Required London
Termin: 12. bis 13. Februar 2012 Veranstalter: Jacket Required Segment: Contemporary Menswear Größe: zirka 80 Aussteller Was ist neu: doppelt so viele Aussteller in einer neuen Location im Zentrum Londons www.jacket-required.com 06 Stitch Menswear london
Termin: 12. bis 13. Februar 2012, 7. bis 9. August 2012 Veranstalter: Stitch Menswear, Brian Duffy, Business Design Centre Segment: Menswear und Accessoires Größe: zirka 100 Aussteller Was ist neu: Neue Location im Business Design Centre in Islington, Fokus auf die Vision Area: Nischen-, Contemporary und Urban Brands. www.stitchmenswear.com
–– 27
01
28 ––
new menswear special –– so läuft’s
02
Mann oder Maus? Mode, wie sie Männer wollen: schnörkellos, ehrlich, auf dem Punkt. Gelungene CrossoverDesigns mit Sports- und Streetwear-Einflüssen haben Menswear der jüngeren Zielgruppe wieder zugänglich gemacht. Independent Labels geben den Ton an und haben der Kompassnadel, die lange auf Skandinavien zeigte, einen kräftigen Schubs gegeben. Text Isabel Faiss Fotos Marken, Läden
„Keiner muss mehr Temperaturen unter 20 Grad aushalten. Aber die romantische Vorstellung gefällt, selbst Holz zu hacken, zu fischen und sehr männliche martialische Dinge zu tun.“ Philipp Stolte, Harvest, Folk Munich
K
rawattenkasper, professioneller Schönausseher, Seidenschalträger – wer das Themengebiet Menswear betritt, stößt sich an starren Begriffen und vorgefertigten Bildern. Wertfrei läuft da erst einmal wenig. Könnte daran die noch immer unbeantwortete Frage schuld sein, wie viel Modebewusstsein einem „echten Mann“ überhaupt zusteht? Denn echte Männer interessieren sich nun mal nicht für Mode, sie sehen einfach – wie zufällig – verdammt gut aus. Öl ins Feuer goss noch die Geburt des Begriffs „metrosexuell“, ausgelöst durch den extrovertierten Modestil von Fußballer David Beckham. Im Handumdrehen war auch der letzte Mann aus modischen Gefilden verjagt, denn der Grad zwischen gut angezogen und diesem aalglatten Bild Mann wurde schlagartig zu schmal. Gleichzeitig musste Mode unbedingt Kunst sein, wurde maßlos überhöht, Designer wie Hedi Slimane oder Dries van Noten predigten, davon inspiriert, sehr erfolgreich das Image des sensiblen, intelligenten, glattrasierten und belesenen Schmalhans, der auch im halben Hemd nicht wirklich zur Geltung kam. Kaum hatten sich
Männer also an die Tatsache gewöhnt, dass gute hochwertige Kleidung ihren Preis hat, kam die Mode mit Slim-Looks und jeder Menge androgynem Glamour um die Ecke. Obwohl sich das Thema nur in der High Fashion und der Avantgarde abspielte, gab es doch der ganzen Menswear einen gewissen Dreh, der bewirkte, dass sich die coolen Jungs in die Sports- und Streetwear-Ecke zurückzogen. Da stecken sie immer noch, inzwischen dank Re-Maskulinisierung wieder mit Bart ausgestattet. Und dank des neuen skandinavischen Looks, der mit neuen Menswear-Looks den Twist zwischen modisch anspruchsvoll und absolut männlich geschafft hat. Mit Begeisterung für Mode, aber eben nicht auf Marken-, sondern hauptsächlich auf Produktebene. Spiegelbild des zögerlichen Umgangs mit der männlichen Zielgruppe – und zwar als ernst zu nehmende wirtschaftliche Komponente und nicht als zusätzlicher Impulskauf-Absatzkanal der Ehefrauen – ist die Situation im Einzelhandel. Es gibt bisher nur wenige Concept-Stores und Boutiquen ausschließlich für Männer, die ihren Kunden Service und eine stimmige Produktauswahl bieten. Warum? Es ist eine Tatsache, dass man Männer, die man einmal als Kunden gewonnen hat, so schnell nicht mehr verliert. Obwohl Pioniere wie Burg & Schild, der Soto Store in Berlin, Harvest in München oder Uebervart in Frankfurt gute und richtige Konzepte, die funktionieren, vorgestellt haben, die funktionieren, läuft die Weiterentwicklung eher schleppend. Auch international reihen sich nur gelegentlich neue Namen in
die Liste der Topreferenzen wie Trés Bien in Malmö, French Trotters in Paris, Cowboys to Catwalk in Amsterdam, Opening Ceremony in New York, Centre Commercial in Paris oder Number Six und The Hideout in London. Auch im Netz haben Stores wie Oi Polloi aus Manchester, Cultizm oder Contextclothing fast noch Monopolstellung. „Ich glaube, Männer suchen nach Stores mit Integrität. Nach Händlern, denen sie vertrauen können“, beschreibt Kyle Stewart vom Londoner Store Goodhood den hohen Anspruch an einen Menswear-Laden.
Das ist wie mit den Autos Als eine Art Geheimtipp für Insider startete die Geschichte des Berliner Stores Firmament, der schnell zu den wenigen Topanbietern von ausgesuchter Mode für Männer wurde. „Wir sind kein High-Fashion-Laden, aber wir führen in verschiedenen Segmenten Marken exklusiv. Das ist unser Konzept“, erklärt André Storvoll von Firmament. Das Projekt startete 2004 mit dem Blog Beinghunted und dem Online-Store The Glade und zog dann 2006 in ein Appartement in Berlin ein, wo man an einer Tür klingeln musste, um in den Store zu kommen – wenn man wusste, wo er war. Seit Mai 2010 ist Firmament in der Linienstraße in Berlin-Mitte demokratischer vertreten. „Unsere Kunden sind zum Großteil treue Fans der ersten Stunde. Sie schätzen uns dafür, dass wir von Anfang 01 02
Die Kollektion des Münchner Modelabels Hannibal reduziert New Menswear auf ihre Essenz: progressive Designs, die klassische Elemente modern interpretieren. Die britische Marke Ben Sherman konzentriert sich auf ihre Stärken: junge Menswear.
–– 29
so läuft’s –– new Menswear Special
01
02
Umgang mit traditioneller Kleidung ist momentan der stärkste Einfluss. Es ist ihre Art, wie sie historische Kleidung bis ins kleinste Detail durchleuchten und es dann für den Kunden von heute neu interpretieren. Das beschreibt sehr genau, was uns und unsere Kunden an Mode so begeistert.“
Englishman in New York 03
an Marken aus den USA oder Japan exklusiv führten. Das war schon immer unser Konzept. Colette und Hideout waren die einzigen, die damals ein ähnliches Sortiment hatten. Dazu zählten anfangs hauptsächlich Streetwear-Marken wie Pointer, Penfield oder Wood Wood. Inzwischen sind sowohl unsere Marken und das Sortiment mit uns erwachsen geworden als auch unsere Kunden.“
01 Goodhood
41 Coronet Street London N1 6HD/UK www.goodhood.co.uk Marken: u. a. Alyssa Norton, Bag ’n’ Noun, Bedouin, Be Positive, Bernhard Wilhelm, Carhartt, Dog State, Fallow, Hansel from Basel, Il Bussetto, Indigofera, Junya Watanabe, Mark McNairy, Norse Projects, Opening Ceremony, Pendleton, Perks & Mini, Prism, Soulland, Tender, Unused, Universal Works, Vans, Wood Wood, YMC 02 Hunting and Collecting
17, Rue des Chartreux 1000 Brüssel/Belgien www.huntingandcollecting.com Marken: u. a. Adam Kimmel X Carhartt, Assembly NY, Bless, Bleu De Paname, Carin Wester, Common Projects, Hope, Kitsuné, Lavenham, Libertine-Libertine, Mark McNairy, MM6, Monsieur Lacenaire, Opening Ceremony, Pendleton, Peter Jensen, Petar Petrov, Soulland, Surface to Air 03 Making Things
Grüngasse 20 8004 Zürich/Schweiz www.makingthings.ch Marken: A Kind of Guise, Folk, Hixsept, LibertineLibertine, Norse Project, Surface to Air, Uniforms for the Dedicated, Won Hundred, Wood Wood
30 ––
André Storvoll bestätigt die These, dass Männer Produkte noch kritischer hinterfragen als Frauen und weniger Impulskäufer oder Schnäppchenjäger seien. „Ihnen genügt es nicht, ein Produkt über seinen modischen Grad oder einen gewissen Look zu rechtfertigen, sie interessieren sich für die Substanz. Männer sind auch nicht preissensibler als Frauen, wenn sie Verständnis für ein Produkt haben. Die meisten unserer Kunden sind sehr gut informiert und suchen ganz gezielt. Sie kennen alle technischen Details. Den Preis muss man nicht rechtfertigen, aber erklären können“, sagt Storvoll. Er vergleicht es mit Autos: „Jedem ist völlig klar, dass ein Mercedes mehr kostet als ein Opel. Wer also die Perfektion eines Mercedes will, muss für den Preis geradestehen. Auf uns lässt sich das übertragen. Natürlich können Männer in einen anderen Laden gehen und ein billigeres Produkt kaufen, aber sie möchten ja auch zeigen, wie gut sie sich auskennen. Und das wird über Mode kommuniziert. Es geht nicht mehr um die Marke als Statussymbol, sondern um den Ausdruck eines Lebensstils, eines Wertesystems. Marke ist ja immer nur Referenz. Es geht nicht mehr darum, zu zeigen, was man hat, sondern darum, sich selbst darüber zu freuen, weil man weiß, was es wert ist. Deshalb laufen japanische Designs auch so gut. Sie basieren immer auf Werten, auf Tradition und verschiedenen Kulturen. Das können die Japaner: Sie nehmen das Beste und machen es noch besser.“ Auch Kyle Stewart von Goodhood sieht im japanischen Design momentan die stärkste treibende Kraft in der Menswear: „Die Kunstfertigkeit der Japaner im
In der Menswear spielen interkulturelle Einflüsse eine noch größere Rolle als in der Womenswear. Bestes Spiegelbild dafür dürfte die Premierenfeier der Londoner Messe Jacket Required gewesen sein, die am 7. und 8. August 2011 zum ersten Mal in London stattfand. Ziel der Messe war es, während der Londoner Ordertage und parallel zu den Messen Stitch und Pure eine neue Plattform zu bieten, die gebündelt Information über die neuesten Entwicklungen im Segment New Menswear bietet, mit einem Mix aus bereits etablierten Marken und vielversprechenden Newcomern. Innerhalb der Kollektionen zeichnete sich auf der Jacket Required ein deutliches Bild ab: Japan
„Es geht den Kunden um Qualität und eine zeitlose Optik, zurück zu den guten alten Werten und zu einer Zeit, die – nebenbei bemerkt – keiner der Kunden selbst erlebt hat.“ Philipp Stolte, Harvest, Folk Munich Cathal McAteer gründete 2001 Folk Clothing in London. Im November 2010 eröffnete in München der erste deutsche Store.
04
05
06
04 uebervart
Kleiner Hirschgraben 14 60311 Frankfurt am Main/Deutschland www.uebervart.de Marken: u. a. Acne, Adidas, B.D. Baggies, Filson, Folk, Grenson, James Perse, Levi’s, Libertine-Libertine, Mark McNairy, Opening Ceremony, Paul Smith, Penfield, Steven Alan 05 firmament
Das dänische Menswear-Label Soulland aus Kopenhagen begann 2002 mit DIY-T-Shirts und wird inzwischen im Segment New Menswear hoch gehandelt.
ist nicht nur im Denimbereich tonangebend, sondern auch hinsichtlich einer neuen Definition von Avantgarde im Design. Vermischt mit traditionellem englischem Handwerks-Knowhow, einer Prise skandinavischem Purismus und jeder Menge Inspirationen aus New York ist der aktuelle Look definiert. Jacket Required ist übrigens nur für eingeladene Brands zugänglich, unter ihnen Edwin, Pointer und Plectrum by Ben Sherman. Die Londoner Marke hatte sich im Herbst 2010 von ihrer Frauenkollektion verabschiedet, um sich völlig auf die
32 ––
Männerkollektion konzentrieren zu können. Mit ihrem typisch britischen Look, gemischt mit Elementen aus anderen Kulturen, trifft die Kollektion Ben Sherman im Design und auch preislich direkt in die große Angebotslücke zwischen Zara und H&M auf der einen Seite – die aktuellen Looks verstehen, aufgreifen und preiswert umsetzen – und Marken mit Einstiegspreislagen ab 49 Euro. Um sich in dem schwierigen jungen Markt etablieren zu können, spaltete Ben Sherman für die Herbst-/ Winter-Saison 2011 die Kollektion für den deut-
Linienstraße 40 10119 Berlin/Deutschland www.firmamentberlin.com Marken: u. a. A Bathing Ape, Acronym, Arcteryx Veilance, Billionaire Boys Club, Carhartt Heritage, Comme des Garçons, Original Fake, Stone Island, Stussy Deluxe, Supreme, Visvim 06 The Annex Concept Store
Shop 8, The Beachhouse 178 Campbell Parade Bondi Beach, NSW 2026/Australien www.theannex.com.au Marken: u. a. Ampal Creative, Black Noise White Rain, Chronicles of Never, Henson, Life Imitating Art, Mere Footwear, Pearly King, Practice, Vasuma Eyewear, Virr Footwear
new menswear special –– so läuft’s
07
08
09
schen Markt in vier Segmente auf: Heritage als NOS-Programm, Script als modische Linie, Plectrum als Premium-Menswear-Kollektion und Modern Classics als exklusive Spitze. „Wir haben Ben Sherman als Marke völlig neu aufgestellt. Natürlich sind wir sehr stolz auf unsere 47-jährige Geschichte, aber wir wollen vor allem den modernen Kunden ansprechen. Mit Plectrum richten wir uns in erster Linie an Stores, die eine Premiumabteilung haben, die auf dem Punkt ist, also einerseits aktuell und gleichzeitig auch etwas nostalgisch. Plectrum ist unsere neueste Innovation. Wir richten uns damit an einen Kunden, der gut angezogen, informiert und modebewusst ist, aber keine Übertreibungen mag. Er sucht ein gut designtes Produkt zu einem fairen Preis“, erklärt Pan Philippou, CEO Ben Sherman.
Substanz statt Status Stardesigner John Galliano dürfte mit seinem schlechten Benehmen und dem tiefen Fall, der auf seinen Hochmut folgte – viel zu lange fester Bestandteil jeder High-Fashion-Vermarktungsstrategie – irgendwie symbolhaft für eine ganze Entwicklung in der Mode stehen: Das Ende der ständigen Hyperventilation, das viel beschworene Ende der Eitelkeit. Keinem Segment dürfte das so gut tun wie der Menswear. Die allgemeine Abkühlung hat der Männermode zwar zeitweise die Öffentlichkeit entzogen, ihr dafür aber eine produktive Bodenständigkeit und gesunde Erdung zurückgegeben. „Die Menswear hat sich maßgeblich verändert. Vor zehn Jahren gab es Anzugsmode, Sports- und
Casualwear auf der einen Seite und Designermarken auf der anderen. Anfang 2000 kam dann der ganze Streetwear-Hype und gab der Menswear eine völlig neue Richtung: Limited Editions, Produkte, an die man kaum rankam weil es sie nur in einer Handvoll erlesener Stores gab, und natürlich eine neue Preisgestaltung“, sind Aude Gribomont und Niels Radtke vom Concept-Store Hunting and Collecting in Brüssel überzeugt. „Das hat das Bedürfnis geweckt, sich von der Masse abzuheben, Teil einer Kultur zu sein und nicht mehr Status repräsentieren zu müssen. Seitdem sind überall auf der Welt neue Marken für Independent Menswear entstanden, die einen richtig guten Look vorstellen, der Street Credibility, Einflüsse aus der Workwear, eine gewisse Heritage und auch modische Aspekte miteinander kombiniert. Man sieht damit gut aus, ohne ein Fashion-Victim oder Proll zu sein. Gleichzeitig kamen neue Messen hinzu wie beispielsweise Capsule oder Rendez-Vous und auch neue Blogs wie SlamxHype, Selectism oder Hypebeast, die sich ausschließlich auf die neuesten, coolsten Menswear-Trends konzentrieren. Dieser Markt hat enormes Potenzial und viele Designerlabels beziehen ihre Inspiration von den Newcomern. In der Menswear hat sich in den letzten zehn Jahren viel mehr getan als in der DOB.“ Mit der Internetseite Hunting and Collecting geben Aude Gribomont und Niels Radtke seit der Eröffnung Anfang 2010 jungen progressiven Marken und zeitgenössischem Design eine Plattform. Ihr Sortiment für Menswear konzentriert sich auf das, was die männliche
Zielgruppe ihrer Meinung nach will: Produkte mit einer starken Identität und einem ehrlichen Preis, Produkte mit Substanz, in denen man sich stark und bestärkt fühlt, die gleichzeitig auf dem neuesten Stand sind und symbolisieren, wie informiert man über Mode ist. Informiertheit hat hochpreisige Statussymbole abgelöst.
Unkompliziert und informiert Im Gegensatz zur weiblichen Kundschaft ist die männliche deutlich selektiver und fast anspruchsvoller, so der allgemeine Konsens aus dem Handel. Stephanie Reeve, Inhaberin des Menswear-Stores The Annex in Bondi Beach in Sydney erzählt: „Heute sind wir ein reiner Männerladen. Früher haben wir auch Frauenmode verkauft, aber wir fanden, dass es ein völlig übersättigter und viel zu trendbasierter Markt ist. Mit Menswear sprechen wir einen individuelleren Kunden an und stoßen auf höhere Ansprüche. Das macht den Reiz aus. Die Zielgruppe der Trüffelschweine ist deutlich jünger als früher, sie ist zwischen 20 und 35 Jahre alt.“
07 08+09
Menswear für eine neue Generation Männer ist der Anspruch, den sich die 2007 von den drei Geschwistern Raffaele, Giovanni und Tania Caldarelli in Neapel gegründete Menswear-Kollektion Antony Morato gesetzt hat. Die Premierenfeier der neuen Messe für Contemporary Menswear, der Jacket Required in London, zeigte einmal mehr, welche Präsenz das Thema wieder hat.
–– 33
so läuft’s –– new Menswear special
Daran sei maßgeblich das in seiner modischen Aussage unmissverständliche skandinavische Design mit ehrlichen Preisen und stimmigen Designs schuld, meint auch Daniel Steindorf, Inhaber von Uebervart, einem Concept-Store für Männer in Frankfurt. Er hat sein Store-Konzept ganz auf Einzelstücke mit Kultcharakter ausgerichtet: „Uebervart will ein maskulines Einkaufserlebnis schaffen, also schnörkellos, ehrlich, auf dem Punkt und unkompliziert in Ware, Beratung und Look.“
The details are not the details Bestes Beispiel für ein rundum schnörkelloses Konzept: der Store 1LDK in Tokio. Men’sFashion-Veteran Takayuki Minami eröffnete 2010 diesen Concept-Store, um den jungen Tokioter Männern endlich einen MenswearLaden zu bieten, in dem sie junge Independent Labels aus Japan und Europa finden. Das Sortiment ist bunt gemischt aus Newcomern und wenigen etablierten Marken. Der Store befindet sich in einem kleinen Apartment, was die familiäre und geerdete Atmosphäre unterstreicht und in Tokio gerade voll im Trend liegt. Für Takayuki Minami steht der Service an erster Stelle, der in einem Männerladen intelligent, überlegt und auf keinen Fall übermotiviert sein darf. In diesem Punkt ist Japan Vorreiter, sympathische Zurückhaltung und Unkompliziertheit sind aktuell die Schlagworte der Menswear. Das lässt sich auch auf die Kollektionen übertragen, allen voran der von Folk Clothing. Cat-
hal McAteer, Gründer und Creative Director von Folk Clothing, beschreibt seine Designphilosophie mit einem Zitat von Charles Eames: „The details are not the details. They are the design.“ Seit der Gründung 2001 propagiert Folk einen typischen Look, der gleichzeitig alltagstauglich und gut gestylt ist und ausdrückt, dass sich der Träger mit Mode auskennt. Das Design ist relativ simpel, die Raffinesse eines Teils liegt dabei meistens in seiner Materialität. „Es geht uns um Qualität, und darum, zu überraschen. Unsere Philosophie lässt sich schwer in Worte fassen. Wir genießen es einfach, Produkte zu kreieren. In unserem Designteam läuft dieser Prozess fast schon instinktiv ab, wenn wir entscheiden, was ein gutes Folk-Teil ist und was nicht“, erklärt Cathal McAteer. Umwege sind in jeder Hinsicht tabu. Auch Hanna Kawasaki vom Store Making Things in Zürich bestätigt das: „Es geht um das gewisse Etwas. Man hört immer wieder, dass alles anfängt, gleich auszusehen. Den Unterschied machen Details und die Qualität. Die kann man nicht faken.“ Die Liebe zum Detail und den Hang zur Perfektion beobachtet auch Kyle Stewart, Inhaber von Goodhood in London. „Die männlichen Kunden sind heute viel pingeliger. Gleichzeitig sind sie auch markentreuer und bleiben jahrelang bei Marken, die sie kennen und denen sie vertrauen. Wir beobachten manchmal, wie Männer jeden Zentimeter eines Teils erkunden, von der Jackentasche bis zum Labeling. Für sie zählt wirklich alles.“
Inspirations-Potpourri In Europa hat der interdisziplinäre Twist im Design bisher eher mäßig geklappt: Irr(witzig)e Crossovers zwischen Street-, Sports- und klassischer Menswear haben in der Vergangenheit eher zur Abwendung als zum konstruktiven Umgang mit Contemporary Menswear beigetragen. Überstylte Looks, die gewollt und verkleidet wirken, verscheuchen die Zielgruppe der jungen Männer zwischen 20 und 30 besonders effektiv. Beweis dafür ist der Vormarsch des skandinavischen Purismus und des Casualisierungs-Trends, des amerikanisch geprägten T-Shirt-Jeans-Looks, der weder zwischen Tageszeit noch zwischen Anlass unterscheidet. Bevor jetzt aber die Diskussion über die Henne-oder-Ei-Frage startet, über die Angebot-und-Nachfrage-Systematik, ob es das mangelnde Interesse der jungen Generation Männer an Mode oder die Herangehensweise der Marken und Händler sei, die der jungen Zielgruppe klassische Menswear entfremdet hat, sollte das Resümee der Gespräche mit Händlern und Designern positiv stimmen: Es gibt den jungen informierten Kunden, es gibt ein neues Wertesystem und es gibt definitiv keinen Total-Look mehr. Das Produkt zählt mehr als die Marke. Funktionalität und Detailverarbeitung stehen an erster Stelle. Gerade die jungen Kunden sind weniger preissensibel als früher und sie machen sich gezielt auf die Suche nach Produkten, die durch Qualität überzeugen. x
„Ich kaufe in erster Linie Dinge, die mir selbst gefallen“, erklärt Sari Seki vom Menswear-Store 1LDK, der im Stil eines typischen Tokioter Einzimmerapartments gestaltet ist.
07 1ldk
1-8-28 Kamimeguro, Meguro-ku Tokio, 153-0051/Japan T 0081.3.37801546 www.idland.jp/1ldk Marken: u. a. Bless, Frank Leder, Gambert, Griffin, Grime Effect, Over the Stripes, Parrot Canvas, Unused, Wrap Foot, Yaeca
34 ––
three-2-one.com
Visit us in Berlin
18 - 20 January 2012
BreaD & Butter st 22.2 style society
a-denim.com
Drykorn
„Ein langsamer Evolutionsprozess“
Es steht ein Richtungswechsel in der New Menswear an. Marco Götz, CEO von Drykorn, erklärt, warum selbst die große Authentizitätswelle bald auslaufen dürfte. Die Marke Drykorn hat als eine der ersten erkannt, dass Männer ihren Anspruch an Mode nicht über Extravaganz oder besonders gewagte Designs definieren, sondern über Service.
36 ––
new menswear special –– so läuft’s
D
ie Masse der jungen Männer fühlt sich so verdammt wohl in Jeans, T-Shirt und Hoody. Woher kommt diese kollektive Lustlosigkeit an klassischer Mode? Marco Götz: Ich denke, dass sich heute definitiv mehr Männer für Mode interessieren als je zuvor. Aber der Casuallook ist bequem und vor allem einfach und man ist in der Regel auch nicht falsch gekleidet, weil alle anderen genauso rumlaufen. Männer wollen in erster Linie nicht auffallen. Es liegt auch nicht unbedingt in ihrer Natur, der Erste sein zu wollen, der einen neuen Trend zeigt. Das kommt in den meisten Fällen nicht gut an. Wenn man einen Mann fragt, ob er eine neue Jacke oder Hose hat, wird er immer sagen: Nein, nein, hab ich schon länger. Ich werde es wohl nicht mehr erleben, dass eine echte Modehysterie unter Männern ausbricht. Diverse Blogs und Medien haben das Thema Menswear zwar entscheidend vorangetrieben und die männlichen Kunden sind definitiv informierter als früher, aber es ist ein langsamer Evolutionsprozess. Wie treiben Sie diesen ganz aktiv in der Kommunikation mit der Zielgruppe voran? MG: Prinzipiell gibt es nur sehr wenige klassische Medien, die diese spezielle Zielgruppe gezielt ansprechen. Wir versuchen es daher hauptsächlich über Kooperationen und streuen und zeigen unser Image beispielsweise über Veranstaltungen im Musikbereich, wo wir einzelne Musiker ausstatten.
Momentan sieht man an einigen jungen Männern wieder mehr Anzüge und Elemente aus der klassischen Menswear. Wie kommt es dazu? MG: Der Casuallook wird ja inzwischen sogar schon von der Vätergeneration getragen. Für modebewusste junge Männer, und hier sprechen wir nicht von der großen Masse, war spätestens das der ausschlaggebende Punkt zu einer Trendwende, um sich klar zu differenzieren. Denn der Vater ist nie cool. Zu jeder Bewegung gibt es die Gegenbewegung. Und wenn man genau hinsieht, gibt es diese schon seit rund acht Jahren, provoziert von Bands wie Franz Ferdinand, die diesen extrem smarten Anzugslook gezeigt und darüber ein neues modisches Verständnis transportiert haben. Gleichzeitig herrscht wieder ein sehr kerniges, männliches Modevorbild. Vollbart statt Slimfit. Warum ist das so ein Heimspiel in der Menswear?
MG: Das ist alleine schon durch die Anatomie bedingt. Die wenigsten Männer konnten den extrem schmalen Look überhaupt mitmachen ohne körperliche Qualen. Momentan erleben wir wieder die echten, kernigen Männer, das stimmt. Dieser Look ist für einen Mann einfach zu adaptieren und lässt sich von der breiten Masse ausschöpfen, weil man sich als Mann leicht mit diesem Bild identifizieren kann. Solche Themen kommen in kommerzieller Hinsicht besser an als hochgradig modische Themen wie schmale Silhouetten oder Glanz. Das nimmt zwar der Markt gerne an, aber die Lebenszyklen sind deutlich kürzer. Wie reagiert Drykorn auf solche Strömungen innerhalb der Kollektion? MG: Wir präsentieren verschiedene Themen und haben daher die Möglichkeit, sowohl den smarten als auch den kernigen Look zu zeigen. Dabei lassen wir uns hauptsächlich von unserem eigenen Geschmack leiten. In der letzten Zeit waren das Produkte mit Authentizität, aber es lässt sich schon wieder eine neue Tendenz ausmachen, hin zu cleaneren, feineren Looks. Also stehen die Zeichen auf Wandel? MG: Ja, die Frage ist allerdings, wie lange dieser neue Zyklus dann dauert. Und wann es wirklich anfängt, sich von diesen sehr derben Geschichten wieder hin zu feineren Silhouetten und Materialitäten zu entwickeln. Meiner Meinung nach wird das nächsten Winter langsam losgehen. Wohin wird das genau führen? MG: Die Stoffe werden nicht mehr ganz so verwaschen sein, statt dessen kommen cleanere Stoffqualitäten mit klareren Farben. Der Look wird nicht mehr ganz so hart sein. Die typischen Zweifarbigkeiten in Stoffen, die man durch Waschungen erzielt, werden wieder reduzierter ausfallen, vor allem bei Baumwollhosen und Denims. Gerade im Hosenbereich werden die Used-Effekte wieder zurückgenommen. Momentan ist ja auch Cord ein großes Thema, man sieht ihn aber nur stark
verwaschen in allen Bereichen, auch das wird deutlich reduziert werden, damit die Farben einfach wieder dominanter werden. Colour Shading ist ein wichtiges Stichwort. Uns ist aufgefallen, dass Drykorn mit der Casualkollektion extrem auf dem Punkt ist, was den Look in der jungen Menswear angeht. Wie bauen Sie Ihre Kollektion auf? MG: Das wichtigste für uns ist es, einen gewissen Bruch in der Kollektion darzustellen und unsere Produkt- und Markenausrichtung dem Kunden auch nahezubringen. Wir verfolgen das Wardrobe-Konzept, also eine komplette Garderobe in der Kollektion abzubilden. Aufbauend auf dem Bild eines ganz speziellen Key-Kunden, für den wir eine komplette Garderobe für jede Gelegenheit entwickeln. Das heißt, zum Anzug gibt es ein cooles T-Shirt, eine schöne Baumwollhose, aber dann auch in einem smarteren Look. Und das ergänzen wir durch aktuelle Themen, die wir für relevant halten. Das kann entweder der Smoking oder die Bikerjacke sein. Modischere Teile funktionieren natürlich nur in urbaneren Gegenden. Daher ist eine Casualkollektion für eine Marke wie uns absolut elementar. Wenn man nicht in der Stadt wohnt, hat man meistens weder die Anlässe noch den Mut, sich besonders modisch zu kleiden. Wenn Männer eine Marke für sich entdeckt haben und mehrere Styles gekauft haben, bauen sie ein sehr tiefes Vertrauen auf und suchen natürlich auch ein bisschen Sicherheit in dieser Marke. Das versuchen wir, unseren Kunden auch zu suggerieren. x Marco Götz von Drykorn sieht einen Richtungswechsel in der Menswear kommen.
„Ich werde es wohl nicht mehr erleben, dass eine komplette Modehysterie unter Männern ausbricht.“ Marco Götz, Drykorn –– 37
Indigo & Cotton
Sie kaufen weniger, aber sie kaufen besser Wenn es um Contemporary Menswear geht, kommt man an ein paar Stores einfach nicht vorbei. Allen voran Indigo & Cotton in Charleston, South Carolina. Breet Carron ist Inhaber und Gründer des Stores, der inhaltlich die komplette Garderobe fasst. Brett Carron: Die Modewelt ist in den letzten Jahren enger zusammengerückt. Junge Marken haben eine ganz andere Reichweite und andere Plattformen zur Verfügung. Heute ist es möglich, dass man denjenigen kennt, der eine Tasche oder eine Jeans produziert hat. Das ist der neue Luxus. Unterm Strich denke ich, dass sich die Jungs heute viel besser anziehen. Sind Männer eigentlich die anspruchsvolleren Kunden? BC: Nein. Sie sind nur selektiver als früher. Ihre Garderobe basiert auf ein paar Key-Pieces, die sie nur bei Bedarf austauschen. Die wenigsten sehen Shopping als ein Hobby. Die Jungs sind fokussierter, sie wissen genau, wonach sie suchen. Ich würde sagen, die Jungs kaufen zwar weniger, aber sie kaufen besser ein. Wir versuchen, diesem Anspruch gerecht zu werden. Unser Sortiment ist nicht besonders umfangreich. Wir konzentrieren uns auf das Wesentliche. Bei uns findet man kein Überangebot an Produkten im Store. Wie sieht Ihr typischer Kunde aus? BC: Jungs, die auf der Suche nach etwas Be-
„Die Jungs wissen heute viel mehr über die Kleidung, die sie tragen.“ Brett Carron, Indigo & Cotton
Indigo & Cotton
79 Cannon Street Charleston, South Carolina/USA www.indogoandcotton.com Marken: u. a. Billy Kirk, Birdwell, Gitman Brothers Vintage, Jack Spade, Keds, Mark McNairy, Pierrepont Hicks, Quoddy, Raleigh Denim, Tellason, The Hill Side
38 ––
Indigo & Cotton bildet ab, was man in einem gut bestückten Kleiderschrank finden sollte. Vom Button-DownHemd bis zur Chino.
sonderem sind, aber nicht unbedingt auffallen wollen. Ihnen geht es um Details. Das sind zum einen jüngere Kunden, die gerade erst dabei sind, ihren eigenen Stil zu entdecken, und auch ältere, die einfach etwas Neues suchen. Was findet man bei Ihnen? BC: Wir führen hauptsächlich amerikanische Marken mit einem dezenten, zeitlosen Design. Der Trend geht momentan dahin, handgemachte lokale Produkte zu kaufen. Einige Firmen, große wie kleine, sind auf den Zug aufgesprungen und konzentrieren sich auf traditionelle Handwerkstechniken und Qualität. Beispielsweise führen wir Gitman Vintage, The Hill-Side, Raleigh Denim, Quoddy oder Billykirk. Unsere Idee war es, alle essenziellen Bestandteile einer Männergarderobe
zu haben. Ein klassisches Oxford ButtonDown-Hemd zum Beispiel, rahmengenähte Lederschuhe, erstklassige Lederaccessoires und natürlich Selvedge Denims. Woher kommen momentan die stärksten Einflüsse in der Menswear? BC: Es gibt so viele. Die Themen Military und Workwear sind extrem stark. Generell kann man sagen, dass die Nachfrage nach maßgeschneiderten Teilen wieder gestiegen ist. Marken mit einer gewissen Heritage stehen wieder mehr im Rampenlicht. Das sind meistens Firmen, die es schon sehr lange gibt und die jetzt eine jüngere Zielgruppe ansprechen. Diese alten Produkte werden entweder neu entdeckt oder sie werden redesigned. Sehr viele Marken konzentrieren sich immer noch auf frühere Zeiten. x
new menswear special –– so läuft’s
01
Capsule messe
„Es hat sich ausgezahlt“ 2007 stellte BPMW erstmals das Messeformat Capsule in New York vor und expandierte von dort aus bald nach Las Vegas und Paris. Im vergangenen Sommer hatte die Capsule ihren ersten Auftritt in Berlin. Ihr Markenportfolio für New Menswear traf den Nagel so gezielt auf den Kopf wie keine andere Veranstaltung.
Im Segment New Menswear brodelt es gerade. Was sind die spannendsten Entwicklungen aus Sicht der Händler und Marken? Edina Sultanik: Die Menswear erlebt gerade definitiv eine Hochphase. Und zwar von Designermarken bis hin zur Streetwear. Männer informieren sich viel mehr über Mode, über Produktionstechniken und Maßanfertigung. Sie suchen gezielt nach Qualitätsware, die ihren Preis wert ist. Das Internet spielt in dieser Entwicklung eine wichtige Rolle, weil es beispielsweise kleinen Nischenmarken oder sehr gut geführten Stores in ländlichen Gegenden die Möglichkeit eröffnet, ein globales Publikum anzusprechen. Das klingt etwas nach Ihrer eigenen Entwicklung. Was ist das Konzept von Capsule? ES: Capsule ist eine Plattform, auf der Designer und Marken, die ein gewisses wirtschaftliches Level erreicht haben, auf gleichgesinnte Händler und Journalisten treffen, um gemeinsam produktiv Geschäft zu machen. Wir sind die abgespeckte Version oder eher der offene Rahmen mit einem hohen Grad an Service und versuchen, es unseren Gästen so einfach wie möglich zu machen, zusammenzuarbeiten. Wie kam es zu der Entscheidung, nach Berlin zu gehen? ES: In Berlin sind die Händler! Wir hatten zahlreiche Anfragen aus unserer Capsule Community, also Marken, die in Berlin ausstellen wollten, aber keinen entsprechenden Rahmen dafür fanden. Die Zeit war einfach reif und unsere Messe unter dem Titel Capsule genug etabliert, um eine neue europäische Veranstaltung aufzubauen. Mit den richtigen Partnern – Nina und Steven Vogel von Blacklodges – waren wir zuversichtlich, dass die Veranstaltung in Berlin ein Erfolg werden würde. Und die erste Runde hat unsere Erwartungen in vielerlei Hinsicht übertroffen.
02
01 v. l. n. r.: Das Managementteam der Capsule von BPMW Agency: Edina Sultanik, Deirdre Maloney und Minya Quirk. 02+03 Im Juli 2011 fand in Berlin die erste Capsule Messe statt.
Neben den anderen Berliner Modemessen war Capsule ein großer Innovationsmotor. Wie lautete das Feedback der Aussteller und Einkäufer? Deirdre Maloney: Wir können mit dem ersten Durchlauf in Berlin nicht zufriedener sein. Wir sind sehr dankbar dafür, wie herzlich uns die Stadt empfangen hat und für die Unterstützung auf nationaler und internationaler Ebene. Die 45 Marken, mit denen wir in Berlin gestartet sind, haben uns das Feedback gegeben, dass es sich ausgezahlt hat. Wollen Sie das Portfolio so selektiv halten oder möchten Sie die Messe auch kommerzielleren Marken zugänglich machen? ES: Wir sind sehr selektiv in der Auswahl der Marken für Capsule. Viele sind noch kleine, aufstrebende Marken, aber sie sind alle auf Wachstum ausgerichtet und darauf, auf gewisse Weise kommerziell zu werden, ohne Einbußen hinsichtlich ihres Grades an Individualität oder ihrer Ästhetik. Etablierte Marken, die ins Konzept passen, sind jederzeit willkommen. Unsere Auswahl läuft über die Kriterien Ästhetik, Innovation, Qualität, Marketingmaßnahmen, Handelsreferenzen und Verkaufschancen. Welche Pläne gibt es für die kommende Veranstaltung? DM: Wir werden vom 19. bis 20. Januar wieder in der gleichen Location vertreten sein, in der Alten Münze in Berlin-Mitte. Wir erwarten flächenmäßig etwas Zuwachs und es würde uns sehr freuen, ein paar mehr deutsche Marken mit dabei zu haben. Aber in erster Linie geht es uns darum, konsequent zu sein und uns selbst treu zu bleiben. x
03
„Als wir Capsule 2007 ins Leben riefen, war es unser Ziel, ein einzigartiges Messeerlebnis für Marken, Händler und Journalisten zu bieten.“ Deirdre Maloney, BPMW Agency –– 39
01
Newcomer In der New Menswear tut sich einiges. Hier vier aktuelle Beispiele neuer Marken, die Elemente der klassischen Menswear mit ein paar klugen Ideen wieder zu neuem Leben erweckt haben. Text Isabel Faiss Fotos Marken
01 A Kind Of Guise_München Klassik für den Alltag
02
01 02
Aktuellster Neuzugang in Sachen New Menswear ist die Marke A Kind of Guise aus München. Dahinter steht das Designerduo Yasar Ceviker und Susi Streich, die vor rund zwei Jahren begannen, aus alten Lederbällen Taschen zu nähen. Aus der Liebe zu Materialien mit einer Geschichte und Kleidung mit Mehrwert entstand ihre Menswear-Kollektion, die stilistische Elemente aus der Sportswear mit Konfektionsmode mischt. In die Praxis übersetzt, sind das klassisch geschnittene Jackets, nicht aus reiner Schurwolle, sondern aus Baumwolle. Yasar Ceviker hat sich seine eigenen Ansprüche zu Herzen genommen: „Ich bin eigentlich ein Vollblut-Skateboarder und komme auch modisch aus dieser Ecke. Aber irgendwann wird man älter und es kommen Anlässe, zu denen man einen Anzug tragen muss. Das wollten wir verbinden und klassische Elemente alltagstauglich umsetzen. Das gelingt über viele kleine Details wie praktische Innentaschen an einem Jacket, die man sonst nicht hat. Funktionalität spielt überhaupt eine sehr große Rolle. Wir machen keine extrovertierte Mode, sondern alltagstaugliche Kleidung mit einem gewissen Bruch, weil unkonventionelle Materialien miteinander kombiniert werden“, erklärt Ceviker. Produziert wird in Deutschland, teilweise im eigenen Atelier in München. A Kind of Guise hat es bereits in Image-Stores wie Schwittenberg und Harvest in München geschafft und präsentierte sich auf der vergangenen Capsule in Paris. A Kind Of Guise präsentiert das Gegenmodell zum Total Look von der Stange. Susi Streich, Hündin Wilma und Yasar Ceviker bilden das Team hinter der neuen Münchner Marke A Kind Of Guise.
40 ––
Kontakt: A Kind Of Guise, Yasar Ceviker, 80339 München/Deutschland, T 0049.176.81059398, yasar@akindofguise.com, www.akindofguise.com
new menswear special –– so läuft’s
02 Rascals’_Kopenhagen Wilde Kerle
03
Ursprünglich gründete Martin Jørgensen sein Label Rascals’ im Mai 2008 nur als Parallelprojekt zu seinem Store Kanalje in Kopenhagen. Sozusagen als Hausmarke für die Bengelbande rund um den Store, die sich vornehmlich in der Kopenhagener Bike- und Streetwear-Szene tummelte. Heraus kam Menswear, die inhaltlich Elemente aus der Streetwear und der Sportswear für Biker mischt. Um das Ganze dann auch modisch attraktiver zu gestalten, wurden hier und da einige Zitate aus der klassischen Menswear eingebaut, beispielsweise in Form von Steppnähten, Vatermörderkrägen oder Paspeltaschen an Hemden, die dann aber in Camouflage-Optik den Look brechen. „Mir geht es darum, Sportswear mit Menswear zu kombinieren, aber entspannt, nicht gewollt. Es dreht sich alles um subtile Details und solide Materialien“, erklärt Martin Jørgensen. Seit 2009 ist Rascals’ in Skandinavien, England, Deutschland, den Niederlanden, Belgien. Frankreich, Italien und Japan unter anderem in Läden wie Freshcotton in Amsterdam, Streetmachine in Kopenhagen, A Cut Above in Antwerpen oder dem Voo Store in Berlin vertreten. Die Kollektion erscheint zweimal jährlich mit 60 bis 70 Teilen, deren VK-Preise zwischen 35 und 200 Euro rangieren, wobei die Kernpreislage zwischen 80 und 89 Euro liegt.
Der rote Faden, der sich stilistisch durch die Kollektion von 18 Waits zieht, ist gleichzeitig auch die Designphilosophie ihrer Menswear: made in Canada. „Ehrliche, cleane, robuste Kleidung in einem zeitlosen Style. Uns geht es nicht um Mode, wir bilden auch keine Farbtrends ab. Wir haben diesen Outdoor-Vibe in der Kollektion, den manche Canadiana nennen. Für uns ist das o.k.“, erklärt William McCullough, neben Markengründer und Creative Director Daniel Torjman zuständig für Marketing und Sales. Seit das Duo mit einigen Print-T-Shirts und Accessoires zur Frühjahr-/Sommer-Saison 2010 startete, ist aus der Idee eine Marke und aus der Linie eine zweimal jährlich erscheinende Komplettkollektion für Männer geworden. Ihre typischen Kunden beschreiben sie als „stylish folks“, informierte Modeliebhaber, für die Slow Fashion und Qualität vor schnelllebigen Trends gehen. 18 Waits ist bereits international vertreten, unter anderem in kleineren Boutiquen und in Stores wie Alan’s Annex in New York und Los Angeles und Adam-et-Rope Filialen in Japan. Auf der Wunschkundenliste stehen noch Referenzkunden in Europa, beispielsweise Colette in Paris, Tenue de Nîmes in Amsterdam oder Oi-Polloi-Filialen in England. Preislich liegt die Kollektion im Verkauf zwischen 50 Euros für T-Shirts und 400 Euros für Jacken und Mäntel.
Kontakt: Rascals’, Rasmus Bak, Showroom Rascals’, 1715 Kopenhagen/Dänemark, T 0045.31.364043, rasmus@rascals.dk, www.rascals.dk
18 Waits_Toronto Made in Canada
Kontakt: 18 Waits, William McCullough, M6J3X5 Toronto/Kanada, T 001.416.3030018, william@18waits.com, www.18waits.com
04 Soulland_Kopenhagen Etwas Altes, etwas Neues
Geschmacksverirrungen gab es in dieser Richtung immer wieder. Etwas Altes und etwas Neues miteinander zu mischen, will gelernt sein. Die dänische Marke Soulland, 2002 von Silas Adler in Kopenhagen gegründet, nahm die Herausforderung an. Sie bedienen sich traditioneller skandinavischer Handwerkstechniken aus der klassischen Menswear, um neue Produkte für die Jungs von heute zu schaffen. Los ging es mit dem Adler Fedora, einer Mixtur aus Fedora Hut und Baseballcap. Als Jacob Kampp Berliner 2007 als Investor mit einstieg und seit 2010 Soulland als CEO und Head of Sales leitet, nahm die Marke Fahrt auf und wurde zur Komplettkollektion erweitert. Die VK-Preise rangieren zwischen 46 Euro für T-Shirts und 120 Euro für Hosen. Soulland ist auf den internationalen Messen in Berlin, New York, Kopenhagen, Paris, Las Vegas und Oslo und in namhaften Stores wie Opening Ceremony in New York, Hunting & Collecting in Brüssel, Beams in Tokio und dem Soto Store in Berlin vertreten. Produziert wird ausschließlich in Portugal, die Hüte werden in Kopenhagen von Hand gemacht. 2010 eröffnete die Soulland Crew zusätzlich den Store U.S. Import in Kopenhagen. Kontakt: Soulland, Jacob Kampp Berliner, 1908 Kopenhagen/ Dänemark, T 0045.26150186, jacob@soulland.eu, www.soulland.eu
–– 41
Charismatische Legende: James Newell Osterberg alias Iggy Pop hat Musikgeschichte geschrieben.
42 ––
Peng Caesar –– Lass uns reden
Wer A sagt, Muss auch B sagen James Newell Osterberg alias Iggy Pop ist nicht unbedingt für seine Modelmaße bekannt. Dass das Kölner Modelabel Peng Caesar ihn im stolzen Alter von 64 Jahren doch noch zu seinem FashionTestimonial gemacht hat, muss an seiner larger-than-life-persona liegen. Wie sich der Punk-Kaiser in seinen neuen Kleidern fühlt und was es sonst noch Neues in seinem Leben gibt, hat er x-ray anlässlich des Open Flair Festivals in Eschwege erzählt. Text Stephan Huber Fotos Stefan Milev
S
ie spielen ziemlich oft in Deutschland. War Deutschland immer schon ein guter Boden für Sie? James Newell Osterberg: Anfangs nicht. Wie auch sonst wo in Europa kamen kaum mehr Leute zu unseren Gigs, als wir Crewmitglieder hatten. Die Reaktionen waren eher durchwachsen: „Hmm. Lass uns mal drüber nachdenken. In einem Jahr sehen wir dann weiter.“ Es hat lange gedauert. Aber es war immer ein guter Ort, um Musik zu machen.
erhobenem Haupt. Das war schon ziemlich Porno. Aber das gibt es jetzt alles nicht mehr.
Warum das? JNO: Ich bin mir nicht sicher, ob es wirklich eine deutsche Redewendung ist, aber ein paar Freunde sagten immer: „Wer A sagt, muss auch B sagen.“ Und das mochte ich sehr. Es gibt so einen Forschergeist und eine Experimentierfreude hier. Das ist schon fast zwanghaft: Wir haben da eine Idee, das müssen wir ausprobieren. Das war gut für mich.
Die Stooges waren eine Revolution, was Sound und Inhalt anbelangt und ihr Einfluss auf die Entwicklung der Rockmusik ist unumstritten. Ich habe aber den Eindruck, dass Sie auch einen großen Einfluss auf den Stil hatten. War Ihnen das wichtig? Haben Sie das überhaupt so wahrgenommen? Ich habe es auf jeden Fall nicht erwartet. Ich habe einfach nur geschaut, was so los war. Und dann habe ich mir gesagt, wenn das so oder so ist, dann – nächste Haltestelle – wird sich das demnächst so oder so weiterentwickeln. Ich war ziemlich überrascht, dass das nicht jeder so gesehen hat. Für mich war es sonnenklar. Ich habe darauf geachtet, was die anderen getan haben, und dann einfach eins draufgesetzt. Aber das war dann wohl des Guten zu viel.
Sie haben 1976 in Berlin gelebt. Ja, ich bin mit David Bowie hergekommen. Woran erinnern Sie sich besonders gern? Das war eine Zeit ohne Yankees und Westies, damals: Keine Franzosen, keine Engländer. Es war eine Art freie Zone, vielleicht die einzige freie, weiße Zone auf dem ganzen Planeten. Es war ein Strand, ein Strand von Ideen. Die Studenten waren grantig und litten lieber, als auf die Uni zu gehen, und außerdem gab es da noch diese alten Traditionen, die von der Zeit vor dem Wahnsinn der 1940erJahre übrig geblieben waren: Fantastische Drag Shows, politische Theoretiker, richtig gute Schnellimbisse… Ach ja und großartige Prostituierte. Die standen da stolz an den Straßenecken wie Fahnenmasten, mit hoch
Sind Sie in den letzten Jahren wieder einmal da gewesen? Ja, es hat sich total verändert. Jetzt dominiert der typisch westliche Baustil. Aber ich glaube dennoch nicht, dass alles zerstört ist. Die Stadt hat gute Knochen, ein starkes Skelett, riesige Straßen, hübsche Kanäle und viele wohlproportionierte Gebäude.
Für mich war das schon eine ziemlich abrupte Veränderung. Schon, aber das habe ich damals nicht erwartet. Ich dachte, ich würde bestimmte Dinge einfach nur weiterentwickeln und jeder würde sagen: „Ja, das ist Klasse.“ Hatten Sie damals Vorbilder für Ihren Stil? Unzählige, und ich vergesse immer die Hälfte von ihnen. Besonders wichtig waren die Bauchtänzer. Ich habe damals viel Tuareg-
„Irgendwann wurde mir einfach klar, dass ich im Leben von vielen Menschen eine Bedeutung hatte.“ James Newell Osterberg
Musik gehört. Das hatte so eine Lebenskraft, wie die Beduinen gesungen, geklatscht und auf ihre Blechbüchsen eingeschlagen haben. Ich dachte mir, wow, das ist es. Abgesehen davon kam das Auftreten von Jackie Wilson und James Brown, von Predigern und Rockstars, von praktisch allen von ihnen. Sie können es vermutlich nicht mehr hören, aber einer der Ehrentitel, die Ihnen zuteil wurden, ist der des Godfather of Punk. Konnten Sie damit jemals etwas anfangen? Anfangs habe ich es gehasst. Aber dann fand ich es irgendwann lustig, und ich dachte, ich sollte womöglich einen Umhang tragen und einen Ring, den die Leute küssen konnten. Irgendwann wurde mir einfach klar, dass ich im Leben von vielen Menschen eine Bedeutung hatte, ob das nun Musiker waren oder ganz normale Leute. Als ich jung war, wollte ich wie Bo Diddley sein. Die Anzüge, die Frauen, die Gitarren, der mystische Sound… Bo Diddley hat mich befreit. Also habe ich es irgendwann als Geschenk betrachtet. Danke an alle, die es sich angehört haben. Auf der Bühne habe ich Sie bisher immer nur in zerrissenen Jeans gesehen, wenn überhaupt. Wie würden Sie Ihren persönlichen Stil beschreiben? Ich verbringe viel Zeit nackt. Das war einer der Gründe, warum ich nach Florida gezogen bin. Zuhause habe ich nie etwas an. Da-
–– 43
Lass uns reden –– Peng Caesar
Regisseurin Sophie Blondy macht gerade ein Remake des Fritz Lang Klassikers „Liliom“ und ich spiele die gleiche Rolle wie seinerzeit Antonin Artaud. Und ich schreibe natürlich mit James… Ach ja, ein neues Spielzeug von mir ist auch auf dem Markt: Bei Toys ‘R’ Us gibt es jetzt eine Iggy Pop Action Figure. Wie sind Sie wieder mit James Williamson zusammengekommen? Er hat ja ziemlich lange Pause gemacht. Er hat was anderes gemacht. Als dann Ron (Ashton, Anm. d. Red.) starb und Sony James wegen der Wirtschaftskrise nahelegte, in Frühpension zu gehen, war er plötzlich wieder verfügbar.
„Es gibt Gebiete auf dem Planeten, wo die Leute einen Dreck wissen, und andere, an denen es einen enormen Überfluss an Informationen gibt. Das macht mir Sorgen.“ James Newell Osterberg ran haben sich auch die Gärtner gewöhnen müssen. Das ist also ziemlich einfach. Ich betrachte alle Objekte, die ich am Körper trage, mit einer gewissen Religiosität. Und weil ich an ihnen so hänge, sind sie am Ende auch so verschlissen. Es gibt nur eine Ausnahme: Ich habe es in letzter Zeit vielleicht ein bisschen schleifen lassen, aber ich führe gerne meine wunderschöne, statueske Frau in Miami zum Essen aus – und dazu trage ich dann Brioni.
von einer PR-Broschüre): „The melancholy mania. Used up by success. Pity for the ordinary.“ Das finde ich ziemlich extrem. Und es ist gut geschrieben und ziemlich witzig.
Hmm, wer hätte das gedacht? Weil Sie es gerade angesprochen haben: Sind sie religiös, auf irgendeine Art? Leute, die einer organisierten Religion angehören, müssen sich die ganze Zeit irgendetwas verbieten. Ich bin nicht organisiert, aber um das zu tun, was ich tue, musste ich viele Sachen aufgeben, die normale Leute als selbstverständlich erachten. In diesem Sinne bin ich also auch religiös. Aber das bedeutet ja letztlich nur, dass es etwas gibt, das wichtiger ist, als alles andere, richtig?
Woran arbeiten Sie momentan? Ich habe ein Album mit französischen und amerikanischen Standards aufgenommen, aber ich weiß nicht, ob es jemals rauskommen wird. Einerseits gibt es Probleme mit den Verträgen, andererseits sagen die Leute natürlich: „Nein, nein, du bist doch ein Punk.“ Aber ich versuche es weiter. Es sind nur Coverversionen. Ich schreibe zwar momentan ganz gute Sachen, aber ich bin irgendwie zu einer Zielscheibe geworden – used up by success eben. In letzter Zeit liegt es eigentlich gar nicht mehr in meinem Interesse, irgendetwas zu sagen. Wenn es gut ist, dann regen sich alle sowieso nur drüber auf. Darum habe ich auch das Coveralbum gemacht: Um mich durch die Songs anderer auszudrücken. Außerdem arbeite ich an einem Film. Die
Wie ist es überhaupt zu Ihrer Zusammenarbeit mit Peng Caesar gekommen? Was mögen sie an dem Label? Oh, ich musste diesen Peng einfach kennenlernen (lacht). Ich mochte den Namen und ich habe zwei Jacken von ihnen gekriegt. Die waren beide cool aber in erster Linie (Er liest
44 ––
Und es passt zu Ihnen? Naja, ja: Nice boys don’t wear it. Aber im Grunde haben sie mir zwei Sakkos geschenkt und ich kann mich in ihnen fotografieren lassen, ohne dass es mir peinlich sein muss.
Ich kann mir die Frage einfach nicht verkneifen: Gibt es in Ihrem umfang- und facettenreichen Œuvre eigentlich so etwas wie einen Lieblingssong? Ja, immer wieder. Momentan ist es ein unbekannter Song namens „Gimme Some Skin“. Ich mochte ihn immer schon, weil er mir auf meiner Tantiemenabrechnung alle drei Monate genau einen Penny einbringt. Wir haben versucht, ihn zu spielen, als James wieder einstieg. Aber der Schlagzeuger schaffte es nicht, ich konnte ihn nicht singen und James konnte ihn nicht spielen, weil er einfach nur aus reiner, kranker Energie besteht. Das ist momentan mein Liebling. Etwas, das sich durch Ihre ganze Arbeit zieht, ist eine Serie von sehr intuitiven und teilweise visionären sozialen und politische Beobachtungen. Was halten Sie von den seltsamen Zeiten, in denen wir gerade leben? Ich weiß nicht so recht. Am meisten irritiert mich, dass diese ganze Handy-Satelliten- Kommunikationstechnologie im Dienste der Demokratie stehen soll, was bedeutet, dass sie im Grunde nur einem dient: dem Kommerz. Mir kommt vor, dass das unweigerlich zu einem Krieg oder zumindest zu Konflikten führen muss, in denen es darum geht, wer was wissen darf. Ich hoffe es kommt nicht dazu, aber es gibt Gebiete auf dem Planeten, wo die Leute einen Dreck wissen, und andere, an denen es einen enormen Überfluss an Informationen gibt. Das macht mir Sorgen. Irgendeine Idee, was 2012 passieren wird? Naja, ich werde einfach meinen Kopf runternehmen und ein paar Stooges Konzerte spielen. Ich werde alles dransetzen, dass meine Platte auf den Markt kommt. Ich werde versuchen, am Leben zu bleiben und nicht krank zu werden… Ach ja, und ich werde ja noch eine Saison modeln. x
46 ––
Türkei Special –– so läuft’s
Blaue Stadt Istanbul Lange galt Italien als Denimland Nummer eins. Doch die Realität sieht längst anders aus: Rund um Istanbul stehen einige der innovativsten und wichtigsten Produktionsstätten der Welt. Die Türkei spielt eine entscheidende Rolle für die blaue Branche. Text Ina Köhler
01
Fotos Tunçsel Ülkü Illustration Andreas Klammt, 53,5°
M
orgens um halb neun auf dem Weg vom Taksim-Platz zur Galatabrücke. Alle Welt steht, der Verkehrsinfarkt hat einen Namen, er heißt Istanbul. Der Taxifahrer schiebt sich in die Straße hinein und überrollt dabei fast einen bunt bemalten Gemüsekarren. Merhaba, willkommen in Istanbul, der bunten Mischung aus Orient und Abendland – die einzige Stadt der Welt, die auf zwei Kontinenten, dem europäischen und dem asiatischen, liegt. Ebenso geteilt scheinen die Bewohner: Einerseits konservativ und nationalistisch andererseits jung und progressiv. Der Straßenmusiker hört auf zu spielen, so lange der Muezzin zum Gebet ruft. Minarette blitzen zwischen zehnstöckigen Hochhäusern hervor. Alkohol ist offiziell verboten, aber Raki wird in Halbliterflaschen ausgeschenkt. Die kosmopolitischen Bars und Hotels im schicken Sisli könnten auch in New York oder Frankfurt stehen. Das Büro von Mavi, der größten Jeansmarke der Türkei, gehört eindeutig zum modernen Teil und ist mit Designklassikern aus aller Welt eingerichtet. „Wir sind Istanbul“, sagt General Manager Cüneyt Yavuz von Mavi, der selbst lange im Ausland gelebt hat. Für ihn steht Istanbul als Symbol für Multikulturalität, Offenheit und jugendliche Aufbruchsstimmung.
02
03
01 Ein Palast aus Glas und Beton mitten in Istanbul – so sieht die Produktion bei Özak Tekstil aus. 02 Willkommen im Loft – beim Stoffhersteller Dynamo entstehen innovative Baumwollstoffe. 03 Im Showroom von Özak Tekstil hängen komplette Kollektionen fertig gewaschen. 04 Ahmet Akbalik, Chairman of the Board von Özak Global, sieht positiv in die Zukunft der türkischen Bekleidungsbranche. 04
Boommarkt Türkei Er klammert bewusst den östlichen Teil der Türkei aus, in dem die Hauptstadt Ankara liegt. Denn mit ihrer Politik propagiert sie nicht immer Weltoffenheit und Liberalismus. Doch in der Vergangenheit hat die türkische Regierung für Stabilität und ein gutes Geschäftsklima gesorgt. 2001 lag die Wirtschaft noch am Boden. Danach regulierte man das Bankensystem und bekam auch die Inflation in den Griff. Diese Rahmenbedingungen brachten einen regelrechten Gründerboom, was besonders in der Zehnmillionenstadt Istanbul zu spüren ist, die heute zu einer der dynamischsten Metropolen der Welt zählt. International steht die Türkei
bei den Wachstumsraten auf Platz zwei direkt nach China. Davon träumt die ganze Europäische Union, ganz zu schweigen vom krisengeschüttelten Nachbarn Griechenland. Textil- und Bekleidung spielen beim Wachstum eine entscheidende Rolle. 2010 erreichte der Export der türkischen Bekleidungsindustrie einen Wert von 14,6 Milliarden Dollar. „Die Wirtschaft wächst mit einem Faktor von 8,9 Prozent im Jahr. All dies macht die Türkei attraktiv in den Augen von Investoren und Kunden“, erläutert Hadi Karasu, General Manager des Produzenten Denim Village, der gleichzeitig im Board of Directors von Euratex sitzt. „Auf
„Das wichtigste sind momentan kurzfristige Lieferfähigkeit und Flexibilität.“ Ahmet Akbalik, Özak Global
der anderen Seite haben Sie keine stark steigenden Kosten für all die Kunden, die bei uns produzieren. Durch die stabile Wirtschaft sind die Preise unter Kontrolle.“
Klasse statt Masse Doch die Rolle der türkischen Textil- und Be-
–– 47
01
02
03
05
04
01+03 02 04 05
Denimproduktion ist immer noch viel Handarbeit: Gut ausgebildete Mitarbeiter sind ein Muss. Moderne Maschinen rationalisieren den Zuschnitt von Jeans. Das Auge sieht besser als die Maschine: Qualitätskontrolle bei Fashion Point. Moderne Lasermaschinen sind in der Türkei selbstverständ- lich und ersetzen teilweise den Waschprozess.
kleidungsindustrie hat sich in den vergangenen Jahren zwangsweise verändert: Der preisaggressive Massenmarkt ist längst nach Asien abgewandert und das bekamen die Unternehmen schmerzlich zu spüren. „Für Massenproduktion sehe ich in der Türkei keine Chance mehr“, sagt Teoman Ademogullari, Inhaber von Fashion Point, einem Unternehmen, das sich der Premiumqualität verschrieben hat. Die nackten Zahlen sprechen ihre eigene Sprache: 2008 kamen mehr als die Hälfte aller Jeans, die in Deutschland verkauft wurden, aus
48 ––
China und Bangladesch, die Türkei folgte auf Platz drei. Der Abstand hat sich in nur zwei Jahren vergrößert: Laut statistischem Bundesamt ist die Einfuhr von Jeans in den Jahren 2008 bis 2010 aus der Türkei von 14,7 Millionen Stück auf nur 15,3 Millionen Stück gestiegen. Gewinner sind dagegen China (von 48,5 auf 76,5 Millionen), Bangladesch (von 28,6 auf 34,7 Millionen) und Pakistan (von 12,7 auf knapp 14,72 Millionen). Die Türkei muss sich Alternativen suchen und mausert sich vom Massen- zum Qualitätsanbieter. Diese Entwicklung sieht auch Reinhart Oberstein, Inhaber der Agentur CP Fashion, der seit über 20 Jahren sehr eng mit türkischen Stoff- und Bekleidungsproduzenten zusammenarbeitet: „Meiner Ansicht nach gibt es keinen Weg zurück“, sagt er. „Es ist enorm, wie viel Know-how es hier gibt, das sollten die Produzenten nutzen.“
Preisdruck und die Rückkehr in die Türkei Die Hersteller beobachten die Abwanderung an billigere Standorte in aller Welt sehr aufmerksam und finden ganz unterschiedliche Antworten darauf. In Ländern wie Ägypten, Bahrain, Syrien oder Bulgarien haben sie – mit ganz unterschiedlichem Erfolg – Fabriken eröffnet, um mit den Preisen, die auf dem Weltmarkt verlangt werden, mithalten zu können. Doch auch von alleine kehren Kapazitäten in die Türkei zurück. Politische Instabilität in den anderen Mittelmeerländern, lange Lieferwege aus Asien, Unzuverlässigkeit der Fabrikarbeiter und der Zwang, hohe Stückzahlen langfristig zu planen, bringt so manche Marke zum Umdenken.
Türkei Special –– so läuft’s
Der hohe Baumwollpreis helfe interessanterweise den türkischen Herstellern, weil er alle Anbieter weltweit treffe – der Anteil der Kalkulation innerhalb des Preises hat sich verschoben – höhere Lohnkosten fielen daher nicht mehr so sehr ins Gewicht, erläutert Ahmet Akbalik, Chairman of the Board des Unternehmens Özak Global. Er verkörpert perfekt den jungen und dynamischen Unternehmer, den man in der Türkei zurzeit sehr oft antreffen kann. Das Unternehmen Özak Tekstil hat kürzlich mitten in Istanbul in eine moderne Produktion investiert und damit ein Statement für den Standort gesetzt. In dem schicken Glaspalast gibt es nicht nur Showrooms und Büros, sondern auch Fabrikhallen mit Laser-Robotern, Stonewash-, Bleaching- und Ozon-Maschinen. „Das wichtigste sind momentan kurzfristige Lieferfähigkeit und Flexibilität“, meint Ahmet Akbalik. „Die Designs und Entwicklungen ändern sich viel schneller als vorher. Wir sind schneller in der Entwicklung als andere Länder. Außerdem sprechen wir mit den westlichen Brands eine gemeinsame Sprache.“
Investitionen und gute Mitarbeiter Eine gemeinsame Sprache bedeutet auch ein ähnliches Verständnis für gute Produkte, für Stil, Design und Qualität. Hier kann die Türkei punkten. „In meinem Segment sehe ich sehr positiv in die Zukunft“, sagt Teoman Ademogullari von Fashion Point. „Wenn Sie eine gleichwertige Qualität in China haben wollen, ist der Preisunterschied nicht so groß.“ In den vergangenen zehn Jahren wurde viel Geld mit Textilien verdient und reinvestiert. Beim Rundgang durch die Fabriken in und rund um Istanbul wird das mehr als deutlich. Die meisten verfügen über einen hochmodernen Maschinenpark und qualifizierte Mitarbeiter. Fragt man nach, zum Beispiel den General Manager von Özak Tekstil, Tamer Eyerci, dann hört man die immer gleichen Gründe für den Erfolg des türkischen Modells: An erster Stelle stehe die hohe Produktivität an den Standorten. Die allermeisten verfügen über eine eingespielte Belegschaft – vom Zuschneider bis hin zum mittleren Management. „Wir haben sehr gut ausgebildete Mitarbeiter im Unternehmen, die eine hohe Qualität gewährleisten“, erzählt auch Çetin Akay, Member of the Board von Erak, dem Unternehmen, das ursprünglich als Produktionsunternehmen begann, bevor es vor 20 Jahren die eigene Marke Mavi ins Leben rief. Das bestätigen all seine Kollegen. „Nirgendwo in der Welt habe ich Mitarbeiter gesehen, die härter arbeiten als hier
in der Türkei“, sagt auch Hadi Karasu. „Sie sind wirklich engagiert und effizient. Außerdem interessieren sie sich für Technologie.“ In der Türkei werden laut Gesetz 45 Stunden in der Woche gearbeitet, oft sind es mehr, Urlaub gibt es lediglich zwei Wochen pro Jahr. Das Durchschnittseinkommen liegt bei rund 600 Euro im Monat, der Mindestlohn beträgt rund 400 Euro. Trotz der geringen Löhne liegen die Sozialstandards viel höher als in den Fabriken in Asien.
06
Die nächsten Jahre: Schnelligkeit, Qualität, Kreativität Doch wie wird sich die Türkei in Zukunft entwickeln? Hält sie ihren Status als wichtiger Produktionsstandort für Denim? Noch kann sie mit Schnelligkeit, Flexibilität und Qualität punkten. Die eigentliche Stärke liegt in der Nähe zu Europa. Spätestens sechs Wochen nach Bestellung ist die Ware in Frankfurt, Amsterdam oder London, kaum drei Flugstunden entfernt. Die beste Denimproduktion Europas, einst in Italien angesiedelt, ist ostwärts gewandert. Spinner, Weber und Produzenten von Accessoires sitzen im Land: Orta, Isko, Bossa, Dynamo – sie sind in der Lage, die Denimmanufakturen schnell mit den entsprechenden Qualitäten zu beliefern. Der Stoffhersteller Dynamo hält NoS-Programme parat, die sofort geliefert werden, so Inhaber Kamil Coskun. Damit bleiben die Bekleidungshersteller flexibel. Auf dieses Thema hat sich zum Beispiel auch Fashion Point spezialisiert. Inhaber Teoman Ademogullari achtet darauf, dass er sich nicht in zu große Abhängigkeit von einem Kunden begibt: „Mir war der Volumenmarkt nie wichtig, wir setzen lieber auf kleinere Kapazitäten und bessere Qualität. Monatlich produzieren wir rund 250.000 Teile, könnten aber sehr leicht mehr machen. Aber ich möchte flexibel bleiben. Große Schiffe können ihren Kurs nicht so schnell ändern.“
Design – made in Turkey Die Anforderungen an die Unternehmen sind höher geworden. Kreativität ist ein wichtiger Faktor. Die eleganten und repräsentativen Offices und Showrooms der Stoff- und GarmentProduzenten, die in und rund um Istanbul entstanden sind, spiegeln die Entwicklung einer ganzen Branche: Es geht nicht darum, möglichst günstig zu produzieren, sondern gemeinsam mit den Kunden Stil und Geschmack der europäischen Konsumenten zu prägen. Alle Produzenten haben in eigene Designabteilungen investiert, in den Showrooms hängen eigene Kollektionen. Das Unternehmen
07
08
06 „Mir war der Volumenmarkt nie wichtig, wir setzen lieber auf kleinere Kapazitäten und bessere Qualität.“ Teoman Ademogullari, Fashion Point 07 „Meiner Ansicht nach gibt es keinen Weg der Türkei zurück in die Massenproduktion.“ Reinhart Oberstein, CP Fashion
08 „Es gibt hier eine textile Kultur, die man nicht von einem Tag auf den anderen auf andere Länder übertragen kann.“ Hadi Karasu, Denim Village
Erak fördert junge türkische Nachwuchsdesigner an den Universitäten – eine Investition in die Zukunft. Italien habe den Markt deshalb verloren, weil es dort keine Produktion mehr gebe, glaubt Teoman Ademogullari von Fashion Point. „Deshalb gibt es auch kaum mehr Innovation. Natürlich haben sie uns gezeigt, wie es geht – aber nun liefern wir das volle Programm: Research, Design, die Stoffe, Produktion und Finishing.“ Mit seinen Produktmanagern und Designern stellt er Designkompetenz, die sich die Unternehmen in Nordeuropa möglicherweise bald einsparen können. Auch das Unternehmen Denim Village, das
–– 49
so läuft’s –– Türkei Special
01
02
01 „Wir haben sehr gut ausgebildete Mitarbeiter, die eine hohe Qualität gewährleisten.“ Çetin Akay, Erak
02 „Pakistan, Indien und China verbessern ihre Produktion. Aber der türkische Export wächst weiterhin.“ Kamil Coskun, Inhaber Dynamo
auszuwählen – sie können hier mehr als 3.000 Muster sehen, im Showroom hängen immer unsere aktuellsten Entwicklungen.“ Die Designer der Kunden arbeiten eng mit den Designern vor Ort zusammen wie mit Head Designer Gökhan Ildeniz. „Wir stellen den Designern eine eigenen Kollektion zur Verfügung“, so Emre Selcuk, CRM Director von Denim Village. „Kommerzieller oder innovativer, je nachdem, was gewünscht ist. Dadurch werden wir zum wichtigen Partner für das Unternehmen. Alle Kunden, die hier herkommen, wollen ein bestimmtes Denim-Statement in ihrem Produkt haben. Und wir kreieren zusammen mit den Kunden dieses Statement.“ Damit übernehmen die Produzenten als Partner einen Teil der Arbeit für die europäischen Designteams. So hat sich Istanbul zum wichtigsten Labor für Jeans gemausert – hier entstehen die Looks für die (europäische) Denimwelt, hier wird produziert, hier gibt es die passenden Maschinen und das Know-how, sie zu bedienen, hier weiß man, wie man wäscht. „Die Türkei hat in den letzten Jahren im Design viele innovative Designer hervorgebracht“, sagt Malik Kardakli von Fuga Denim, die in Izmir produzieren. „Man konzentriert sich also nicht nur auf die Produktion, sondern auch auf die Produktentwicklung. Das Unternehmen VAV mit seinen innovativen Maschinen ist zum Beispiel ein Produkt dieser Entwicklung in der Türkei. Man produziert also nicht nur die Hose, sondern auch die Maschine dazu.“
Nachhaltigkeit als Innovationsthema
zwei Stunden außerhalb von Istanbul in Richtung Edirne liegt, ist ein Spiegelbild dieser Entwicklung – einst eine der wichtigsten Produktionsstätten für die massenhaft verkaufte Levi’s 501, heute Produzent, Innovationsmotor und strategischer Partner für viele Brands. Kollektionen von Brands wie Levi’s Made & Crafted, Levi’s Vintage Clothing, Lee 101, Kuyichi oder Replay werden nicht nur hier gefertigt, sondern entstehen auch hier. „Wir sind nicht besonders gut darin, irgendwelche Jeans zu kopieren, darin sind unsere Leute nicht ausgebildet“, sagt Hadi Karasu von Denim Village. „Stattdessen ermutigen wir die Designer der Brands, etwas aus unserer eigenen Kollektion
50 ––
Nahezu alle Hersteller in der Türkei beschäftigen sich mittlerweile intensiv mit nachhaltiger Produktion. Strenge Standards wie GOTS (Global Organic Textile Standard) können von türkischen Produzenten eingehalten werden, sofern ihre Markenkunden das wünschen. Dies sei allerdings eher die Ausnahme, lautet das Feedback der allermeisten Produzenten. Man gewinnt den Eindruck, dass die Marken sehr viel mehr tun könnten, wenn sie oder die Konsumenten es nur wollten. Sowohl für Materialien als auch für die Finishing-Prozesse gibt es in der Türkei Alternativen, die noch nicht einmal wesentlich teurer sind, sie müssten lediglich zum Einsatz kommen. Ein Beispiel ist das Sandstrahlen, das in der Türkei seit März 2009 verboten ist und in vielen Unternehmen zuvor schon nicht mehr verwendet wurde. Das, was von vielen internationalen Brands jetzt in der Kommunikation als Errungenschaft gepriesen wird, ist in der Türkei schon
lange gelebte Praxis. Abgesehen vom Produkt sind auch innerhalb der Unternehmen Themen wie Einsparung von Energie, Wiederverwendung und Klärung von Wasser ein riesiges Thema. Nicht nur deswegen, weil die lokalen Energiepreise gerade kräftig steigen.
Inlandsmarkt als Motor Die Türkei produziert nicht nur für Europa, sondern hat vor allem auf ihrem Inlandsmarkt ein großes Potenzial. Bis 2014 prognostiziert man dem türkischen Einzelhandel ein Wachstum von 20 Prozent, vorangetrieben durch eine gut ausgebildete, dynamische Mittelschicht, die gerne und viel konsumiert. Allein in Istanbul stehen mehr als 70 Einkaufsmalls, darunter hochmoderne Zentren wie Istinyepark, in der ganzen Türkei sind es mehr als 200. Die Kaufkraft ist in den vergangenen Jahren kräftig gestiegen: Laut einer Studie der GfK liegt sie im Durchschnitt bei rund 5.100 Euro im Jahr – bei sehr großen lokalen Unterschieden. In Istanbul ist sie generell höher als im Rest des Landes – es gibt einige Bezirke wie das innerstädtische Sisli, wo die Kaufkraft mit über 16.000 Euro vergleichbar ist mit anderen europäischen Regionen. Viele Hersteller, darunter auch Mavi, betrachten daher den Inlandsmarkt als lohnendes Investment und wichtigen Motor ihrer Entwicklung. Nicht umsonst hat sich mit der CPI eine neue Modemesse in Istanbul angesiedelt.
Zukunft ungewiss Zwar sind die Europäische Union und insbesondere Deutschland noch der wichtigste Handelspartner der Türkei. Dennoch sind die Stimmen, die auf einen Beitritt in die EU drängen, leiser geworden. Das mag daran liegen, dass auch andere Märkte spannender werden – Russland liegt ebenso vor der Tür wie der Nahe und Mittlere Osten. Keiner wagt es momentan, eine langfristige Prognose für die türkische Textilindustrie abzugeben. Denn so schnell sich das Denim-Knowhow entwickelt hat, so rasch könnte es auch wieder abwandern – an andere attraktive Standorte wie die Maghrebstaaten, Indien oder Pakistan, die möglicherweise ebenso schnell dazulernen wie die türkischen Produzenten in den vergangenen Jahren. Dagegen hält Hadi Karasu von Denim Village: „Kreativität setzt sich aus Wissen und Disziplin zusammen “, so der General Manager. „Die Türkei ist in dem Business seit mehr als 100 Jahren. Es gibt eine textile Kultur hier, die man nicht von einem Tag auf den anderen auf andere Länder übertragen kann.“ x
GREEN ZONE The New Way TisT-TommorroW is Today Visionary itmes aW 13/14 GRUNGE NOUVEAU Trends ss 2013 R.M.S. ready made solutions
31.01. + 01.02.2012
so läuft’s –– Türkei Special
Geballtes Denim-Know-how Auf einem Fleck: Die Großräume Istanbul und Izmir zählen zu den wichtigsten Standorten für die Denimproduktion in Europa. x-ray stellt eine Auswahl der Denimproduzenten und Stoffhersteller in dieser Region vor. Text Ina Köhler
mehr Know-how. Heute beschäftigt Erak 1.700 Angestellte und verfügt über eine Kapazität von rund 400.000 Teilen. Darüber hinaus unterhält man eine Produktion in Ägypten. Erak fördert den türkischen Designernachwuchs in Form von Wettbewerben. Kunden: Mavi, Esprit, Mexx, Calvin Klein, Tommy Hilfiger www.erak.com 08
Özak Tekstil
Özak Tekstil wurde 1985 von der Familie Akbalik gegründet. Heute leitet Ahmet Akbalik das Unternehmen. Mitten in Istanbul wurde ein neuer hochmoderner Fertigungskomplex mit rund 560 Maschinen eröffnet. Insgesamt arbeiten rund 1.700 Menschen für das Unternehmen, das monatlich an den Standorten Istanbul, Malatya und Catalca rund 500.000 Stück fertigen kann. Neben Denim sind es auch Non-Bottoms wie Jacken, Kleider und Overalls, die kurzfristig realisiert werden können. Marken: Fornarina, Guess Italy and USA, Replay, Emporio Armani, Zara, Massimo Dutti, Esprit, Liu Jo, Hugo Boss, Gap www.ozaktekstil.com.tr 09 Taypa 01
Baykanlar
02
Çak Tekstil
1999 gegründet, ist Baykanlar eines der führenden Produktionsunternehmen in der Türkei. Das Unternehmen verfügt über eine Kapazität von 450.000 Stück pro Monat. Die Fabriken stehen in Kütahya und Malatya. www.baykanlar.com Mit einer Produktionskapazität von rund 1,4 Millionen Stück pro Monat zählt Çak Tekstil zu den großen Produzenten des Landes. Die eigene Marke LTB wurde in den vergangenen Jahren erfolgreich zum Komplettanbieter ausgebaut. LTB wird in unterschiedliche Länder Europas sehr erfolgreich vertrieben, darunter auch in Deutschland. Hier gibt es mittlerweile sechs eigene Stores plus Franchise-Stores. www.caktekstil.com.tr 03 Cross Jeans
Das Unternehmen wurde von der Familie Kolunsag 1939 gegründet, die eigene Marke Cross wurde in den 1970er-Jahren ins Leben gerufen. Sie richtet sich an die Zielgruppe der 18- bis 24-Jährigen. Darüber hinaus produzierte das Unternehmen auch für Kunden wie DKNY, H&M, Zara sowie Abercrombie & Fitch. Das deutsche Tochterunternehmen in Berlin, das die Marke Cross vertreibt, existiert seit 1995. www.crossjeans.com 04 Denim Village
Das Unternehmen Denim Village gibt es seit 2001. Die Produktionskapazität liegt bei rund 400.000 Stück im Monat. Durch eine gezielte Innovationspolitik stehen kreative Kollektionen im Fokus. Jährlich werden rund 50.000 Musterteile entwickelt. Denim Village bietet den Kunden Workshops an, die sie in der Erstellung ihrer Kollektion unterstützen, ebenso engagiert man sich für
52 ––
das Thema Nachhaltigkeit. Bei Denim Village kann man unter anderem nach GOTS-Standard produzieren. Ein weiterer Standort ist in Bulgarien angesiedelt. Kunden: LVC, Lee 101, Levi’s Made & Crafted, www.denimvillage.com 05 Fashion Point
1983 von Teoman Ademoğullari gegründet, ist das Unternehmen auf sehr innovative Denim-Looks in kleineren Stückzahlen spezialisiert, die sehr schnell realisiert werden können. Verfahren wie Laser oder Ozone-Wash werden intensiv genutzt und weiter verfeinert. Das Unternehmen hat eine Kapazität von rund 250.000 Stück im Monat. Kunden: Philipp Plein, Freeman T. Porter, Replay, Mac, Guess, Miss Sixty, Joop Jeans www.fashionpoint.com.tr 06 FG Tekstil
Fuga Denim ist eine deutsche Denimmarke der Fashion Generation GmbH mit Sitz in Pulheim bei Köln. Das Produktionsunternehmen FG Tekstil und die Fashion Generation GmbH ist an den Standorten Izmir und Istanbul für die Denimproduktion von Fuga verantwortlich. FG Tekstil setzt auf neue Technologien wie Lasertechnologie oder Sprayroboter, die vom Tochterunternehmen VAV entwickelt werden. Fuga Denim ist neben den europäischen Märkten auch in Japan und Osteuropa vertreten. www.fuga.eu, www.vavtechnology.com 07 Erak
Das Unternehmen Erak wurde 1984 von Sait Akarlilar im Istanbuler Viertel Cerkezköy gegründet. Er machte es zu einem der führenden Jeansproduzenten in der Türkei. Mit der eigenen Jeansmarke Mavi, die seit 1994 ein eigenständiges Unternehmen ist, gewann man noch
Das Unternehmen ist seit 37 Jahren auf dem Markt. Es verfügt über eine eigene Product Development Unit, die ständig neue Designs entwickelt. Nach eigenen Angaben wird 100 Prozent der Energie aus Windkraft gewonnen. An den Standorten Istanbul, Corlu und Bolu verfügt man über eine Kapazität von weit über einer Million Stück, eine weitere Fabrik steht in Ägypten. Kunden: Dockers, Levi’s, THD, All Saints www.taypa.com.tr
Stoffe 10 Bossa
Das 1951 gegründete Unternehmen hat sich auf die Bereiche Denim und Sportswear, Shirting sowie Formal und Smart Casualwear spezialisiert. www.bossa.com.tr 11 Dynamo
Das Unternehmen ist auf Baumwolle, Flachgewebe, Baumwollmischungen, Elastanmischungen und innovative gewaschene Optiken spezialisiert. www.denimkumas.com 12 isko
Das türkische Unternehmen mit Sitz in Bursa gehört zu den größten Stoffherstellern der Welt und ist Marktführer bei Denim. www.isko.com.tr 13 Orta Anadolu
Einer der renommiertesten türkischen Denimspinner und -weber hat sich schon früh auf innovative Qualitäten und auf Biobaumwolle fokussiert. www.ortaanadolu.com
01
W
ie wichtig ist der türkische Inlandsmarkt für Mavi? Cüneyt Yavuz: Sehr wichtig, weil wir hier Marktführer sind. Wir können in finanzieller Hinsicht darauf bauen und können so global stabil wachsen. Mavi ist die größte Marke in der Türkei, wir haben mehr als elf Prozent Marktanteil. Diese Position haben wir seit 15 Jahren. Das Geschäft hat sich hier in der Türkei ziemlich dynamisch entwickelt und wächst stetig. Worin sehen Sie Ihre Stärken? CY: Zu Beginn waren wir Jeansproduzent. Aber sehr früh – vor mehr als 20 Jahren – haben wir unsere eigene Marke aufgebaut. In den letzten fünf Jahren hat sich die gesamte Einzelhandelsstruktur in der Türkei regelrecht revolutioniert. Es gibt mehr als 200 Malls. Allein wir haben mehr als 200 Monobrand-Läden. 2010 war für uns ein historischer Moment. Wir hatten zum ersten Mal mehr Umsatz im Retail als im Großhandel. In den vergangenen drei Jahren haben wir uns zum richtig guten Einzelhändler entwickelt. Unsere Produktpalette hat sich insofern verändert, dass wir jetzt stärker eine Lifestyle-Brand als eine Denimmarke sind. Die Hälfte besteht aus Denim, der Rest aus Non-Denim. Und vergessen Sie nicht: Wir sind schon sehr früh in die globale Arena gestiegen, in Märkte wie die USA, Kanada oder Deutschland. Dort sind wir seit 15 Jahren.
„Wir sind schon sehr früh in die globale Arena gestiegen“ Die Denimmarke Mavi gehört in der Türkei zu den wichtigsten Playern. Mit General Manager Cüneyt Yavuz sprachen wir in Istanbul über den Inlandsmarkt, die Rolle als Produzent und die Inspiration durch die Heimatstadt. Text Ina Köhler Fotos Mavi Jeans
54 ––
Wo sehen Sie die türkischen Wurzeln der Marke? CY: Ich persönlich denke, es ist mehr Istanbul als die Türkei. Wir lieben das Wort „Maviterrean“. Istanbul hat ein Erbe von mehreren tausend Jahren, mit sehr viel Kultur und Geschichte. Rund um diese Fakten bauen wir unseren Lifestyle. Natürlich sind wir eine türkische Marke, aber unsere Stadt ist unsere Inspiration, unser Firmensitz. Wie kann man den Look globaler aussehen lassen? Im Grunde sind wir eher eine südeuropäische Marke. Sehen Sie sich als Gegenpart zu italienischen Marken? CY: Sicher, das könnte man so sagen. Wir gehen allerdings unseren eigenen Weg. In der Zwischenzeit haben sich einige der besten Unternehmen hier angesiedelt. Hier gibt es die Näh-
Türkei Special –– so läuft’s
02
03
01 02 03
technologie, die Wäschereien, das Finishing – es ist ein ziemlich guter Ort für eine Denimmarke. Produzieren Sie immer noch hier? CY: Ja, rund 75 Prozent unserer Produktion stammt aus der Türkei, der komplette Denim beispielsweise. Was wir hier nicht machen, ist die Produktion von Leinen, das kommt aus China. Ein paar Oberteile und Strick stammen auch aus Asien. Wenn Sie besondere Stickereien haben möchten, müssen Sie es in Indien produzieren. Wie würden Sie die Zukunft der türkischen Produktion beurteilen? Es gab ja eine große Bewegung in Richtung Asien in den vergangenen Jahren, der Massenmarkt in der Türkei ist geschrumpft. Kommen die Marken irgendwann zurück? CY: Mein derzeitiger Standpunkt zu diesem Thema ist für die nächsten drei bis fünf Jahre gültig: Ich sehe für Denim die Kapazitäten nicht verschwinden. Die Türkei ist ein wunderbares Land. Wir haben sehr gut ausgebildete Arbeiter. Das kann man nicht mit China vergleichen und auch nicht mit anderen Märkten, die näher an Europa liegen wie Ägypten, Tunesien oder Marokko. Ich glaube immer noch an das Ingenieurwesen und die gut ausgebildete Arbeitskraft hier. Sie haben
Dynamisch, jung und sehr kosmopolitisch – so sehen viele den Denimmarkt in der Türkei. In der Mavi-Zentrale in Istanbul entsteht Denimdesign für die ganze Welt. Cüneyt Yavuz, General Manager von Mavi, glaubt an den Produktionsstandort Türkei.
bilität, europäische Bedürfnisse zu verstehen und zu realisieren, welche Preise notwendig sind. Beim Blick auf den Export liegen Textilien immer noch auf Platz drei oder vier.
„Unsere Stadt Istanbul ist unsere Inspiration.“ Cüneyt Yavuz, Mavi Jeans
darin recht, dass Firmen wie Wal-Mart nicht zurückkommen werden. Aber wenn wir es schaffen, generell mehr Qualität zu produzieren, gefällt mir der Gedanke. So lange wir in der Nähe des europäischen Marktes sind, profitieren wir von unserer Schnelligkeit, Aktualität und der Fähigkeit, nachzuliefern. Türkische Geschäftsmänner haben die Flexi-
Machen Sie sich keine Sorgen darüber, dass Pakistan und Indien die Produktionsprozesse sehr schnell lernen können? Warum sollten sich diese Länder nicht innerhalb der nächsten fünf bis zehn Jahre zur zweiten Türkei entwickeln? Die Türkei war ja auch in der Lage, komplett die italienische Produktion zu ersetzen. CY: Zunächst einmal mache ich mir keine Sorgen. Wir haben mit unserem Produktionsunternehmen Erak gerade eine Fabrik in Ägypten eröffnet. Meine Strategie für die Zukunft sieht so aus, dass wir uns eines Tages mit Indien und China als Konsumentenmarkt auseinandersetzen müssen. Dann ist meine Antwort klar – in diesem Fall muss die Produktion dort sein. Solange wir aber noch in der Türkei sind, funktioniert unser Aufbau gut. x
–– 55
Der Preis hat seinen Preis Ein Greenpeace-Team bereiste letztes Jahr die Region um die Welthauptstadt der Jeans, Xintang, im Südosten Chinas, und berichtet von verheerenden Umweltschäden. 260 Millionen Stück verlassen jährlich die dortigen Fabriken und sind offenbar für alarmierende Konzentrationen von Schwermetallen und anderen giftigen Stoffen in Wasser und Sediment verantwortlich. Das heißt nicht, dass alle Fabriken in China derart rücksichtslos agieren. Aber dass der niedrige Preis mancherorts seinen Preis hat, ist keine neue Erkenntnis. Nur der Verbraucher nimmt sie stärker wahr als in der Vergangenheit. Der Wertewandel in der Gesellschaft lässt so manche Denimmarke umdenken. „Wir können definitiv von einem Trend back home sprechen, also eine Verlagerung der Produktion von Asien nach Europa“, sagt Panos Sofianos, Entwicklungsexperte beim Denimhersteller Tejidos Royo in Spanien.
Go West Viele Denimmarken, gerade im höheren Genre, entdecken die Mittelmeerländer und Osteuropa wieder als attraktive Produktionsstandorte, die vor allem beim Thema Nachhaltigkeit punkten können.
Zaghaftes Umdenken 01
Text Sonja Ragaller Fotos Marken
C
hina ist die Nummer eins in der Denimproduktion – nicht nur im Massenmarkt, sondern zunehmend auch für QualitätsBrands. Chinas Image als Produktionsstandort ist jedoch nicht unumstritten. Auf der Homepage von Greenpeace werden die Produktionsbedingungen der Denimindustrie in China scharf kritisiert: „Blue Jeans – eine Katastrophe für Chinas Umwelt.“ Doch nicht Enthüllungen wie diese, sondern der Preisdruck auf Hersteller und Marken lassen einen Teil der Karawane in andere Länder wie Indien, Pakistan, Bangladesch oder Vietnam weiterziehen. Daneben gibt es allerdings einen kleinen, aber durchaus beachtlichen Trend zurück nach Europa. Der Wertewandel in der Gesellschaft und das Thema Nachhaltigkeit könnten die Chance für Produktionsländer in Osteuropa oder im nordafrikanischen Mittelmeerraum werden. Mancher träumt gar wieder von Deutschland als Produktionsstandort. Aber wie massentauglich sind solche Überlegungen und wie können sich europäische Länder auf Dauer im erbitterten Preiskampf der globalisierten Welt behaupten?
56 ––
02
03
01 „Der Standort Europa wird durch das Thema Nachhaltigkeit interessanter. Es müsste aber gerade auf Markenseite mehr in der Richtung passieren.“ Mathias Braunagel, Freshtex 02 „In Deutschland zu fertigen, ist theoretisch machbar. Allerdings sind die Eckpreislagen in Deutschland nach wie vor extrem sensibel.“ Oliver Schultz, Mustang
03 „Die Fixkosten, also Baumwolle, Indigo, Maschinen sind überall gleich. Es geht um die Arbeitskosten. Aber es ist schon die Frage, ob man bei einem Euro weniger in Asien produzieren soll.“ Michael Oswald, Boss Orange
Auch wenn der Endverbraucher momentan noch wenig Bereitschaft zeigt, für umweltschonende und ressourcensparende Verfahren mehr Geld auszugeben, sind sich alle einig, dass das Thema in Zukunft eine weitaus größere Rolle spielen wird. „Der Verbraucher ist da noch ein bisschen schizophren“, sagt Erwin Licher von Herrlicher. „Er will zwar mehr Nachhaltigkeit, aber nicht mehr dafür zahlen.“ Trotzdem investieren Produktionsbetriebe und Marken wie Boss Orange oder Marithé et François Girbaud schon jetzt viel Energie und Geld in Techniken, die Wasser sparen und umweltschonende Bleichmittel einsetzen. Auch das Thema Lasertechnik, das die aufwändigen Wasch- und FinishingProzesse eines Tages zumindest partiell ersetzen könnte, von Denimguru Girbaud und dem Produktionsspezialisten US Denim Mills vehement propagiert, ist für viele interessant. „Ich schaue mich stark um in dem Bereich. Wenn das einmal ausgereift ist, dann bietet es sicher sehr interessante Möglichkeiten“, sagt Michael Oswald, Denimexperte bei Boss Orange. „Wir können nicht ignorieren, dass sich China auch weiterentwickelt. Aber es ist immer noch chaotisch dort. Europäische Hersteller sind effizienter und mehr auf das Thema Nachhaltigkeit eingestellt“ , bestätigt auch Panos Sofianos, Tejidos Royo. Hier liegen die Chancen für die europäischen Standorte und die afrikanischen Mittelmeerländer. „Nachhaltigkeit, Umweltschutz, Sozialstandards. Diese Themen werden immer
Türkei Special –– so läuft’s
wichtiger. Wir hoffen, dass daraus noch eine größere Welle wird“, sagt Mathias Braunagel von Freshtex. Das schwäbische Unternehmen wäscht und färbt an Standorten in Asien (Indien, Sri Lanka, Philippinen) genauso wie in europäischen Ländern wie Polen und Bulgarien. Eine gewisse Rückreisewelle beobachtet auch er – Bulgarien gehört mittlerweile zu den stärksten Freshtex-Standorten – einen pauschalen Trend kann er aber nicht ausmachen. Sowohl Massenmarkthersteller wie die Inditex-Gruppe als auch Marken wie ADenim oder Alberto lassen in Marokko produzieren – Zollfreiheit und die Nähe zu den Konsumentenländern in der EU mit Lieferzeiten von drei bis sechs Tagen bieten große Vorteile im globalen Wettbewerb. Für den Massenmarkt wird wohl weiterhin in Asien produziert – China und Indien haben zusammen einen Anteil am Weltmarkt von rund 50 Prozent – auch wenn sich Filialisten wie H&M nicht dazu bekennen bzw. sich nicht äußern wollen: kein Kommentar aus Hamburg, kein Kommentar aus dem Headquarter in Schweden zu dem Thema.
Mehr Innovation, mehr Qualität Marken im mittleren und gehobenen Preissegment dagegen schauen vermehrt nach Europa und nach Nordafrika mit starken Produktionsländern wie Tunesien, Ägypten und Marokko. Nicht nur die gestiegenen Kosten in China spielen eine Rolle. „Die Qualität hat sich nicht weiterentwickelt. Ich sehe wenig Bewegung in puncto Innovation und Nachhaltigkeit“, sagt Tony Tonnaer, Gründer des Labels Kings of Indigo. „Es geht darum, so viel wie möglich so billig wie möglich zu produzieren, aber nicht unbedingt so gut wie möglich.“ Auch Patrick Stupp, Inhaber von Rich & Royal ist ein Verfechter europäischer Fertigung: „Wir haben den Asientrend nie mitgemacht, da bei uns an erster Stelle Innovation, Qualität und Schnelligkeit stehen. Europa hat einen großen Vorteil im gehobenen Segment.“
Osteuropa profitiert. Länder wie Bulgarien, Rumänien und Mazedonien spüren den Aufwind. Alleine in Rumänien hat sich laut dem Verband German Fashion die Ausfuhr von Jeans nach Deutschland von 2006 bis 2010 verdoppelt. Die Vorteile liegen auf der Hand: die bessere Erreichbarkeit, die Schnelligkeit, die Flexibiliät, die Mentalität. „Für kleinere Marken, also für den Nischenmarkt, ist auch Polen hochinteressant geworden“, so Braunagel.
Sogar chinesische Produzenten investieren in Fabriken in Osteuropa. Ihnen machen die gestiegenen Arbeitskosten, fehlende Arbeitskräfte sowie die hohen Zölle zu schaffen. „Mit ca. zwölf Prozent Zollaufschlägen muss man in China rechnen. Das fällt in Europa, in der Türkei und Nordafrika weg und macht diese Länder attraktiver“, sagt Oliver Schultz, Global Brand Director bei Mustang.
Italienischer Know-how-Export In Italien, der Wiege der Jeans, sehen die Zahlen wieder besser aus als in der Vergangenheit. Trotzdem ist die italienische Textilindustrie weit von ihren Glanzzeiten entfernt. Laut dem Mailänder Marktforschungsinstitut Databank wurden 2010 rund 2,2 Milliarden Euro in der Denimproduktion umgesetzt, plus 3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Denimproduktion im Ausland erwirtschaftete gut eine Milliarde, plus 6,5 Prozent. Diese Zahlen spiegeln den italienischen Knowhow-Export in alle Welt wider. Die berühmte Wäscherei Martelli beispielsweise unterhält heute Produktionsstätten in Marokko, Tunesien, der Türkei und Rumänien. „Das Beste, was Italien tun konnte, war, in Fabriken im Ausland zu investieren. So können sie großartige, innovative Produkte zu einem vernünftigen Preis anbieten“, sagt Tony Tonnaer. Er gilt als Vorreiter in puncto Nachhaltigkeit und findet dementsprechende Produzenten heute vorwiegend in Nordafrika, hauptsächlich in Tunesien. „Dort gibt es viele gute Denimhersteller und Wäschereien sowie viel italienisches und französisches Know-how“, sagt er. Nicht nur er lobt die Qualität, die schnellen Wege, die niedrigen Mindestmengen. Erwin Licher von Herrlicher lobt die Erreichbarkeit und Flexibilität des Standorts: „Man ist einfach schnell da, wenn es was zu besprechen gibt. Und als kleine Firma kann man bei den Stückzahlen, die in Asien gefordert werden, nicht mitspielen. Die kleinen Einheiten, das ist unser Hauptpunkt.“ Die Unruhen im Land haben die Produktivität offenbar kaum beeinträchtigt, bestätigt auch Florian Gonser vom schwäbischen Textilunternehmen Gonser, das seit Jahren in Tunesien Denimwäschereien betreibt: „Die arabische Revolution hat die Produktionsstätten überraschenderweise nicht groß beeinträchtigt. Die Lage ist sehr stabil.“ Unruhen in Nordafrika, Überschwemmungen in Pakistan und Thailand, Zollpolitik in China – diese Unwägbarkeiten bestehen immer und
machen das Geschäft für Sourcing-Experten oft unberechenbar. Kein Wunder, dass da so mancher von der Produktion vor der Haustür oder gar in Deutschland träumt. „Irgendwas Spannendes passiert immer. Aufgrund dieser ganzen Thematiken muss man sich die Standorte schon genau aussuchen“, sagt Oliver Schultz von Mustang. „Zumindest theoretisch ist es machbar, in Deutschland zu fertigen. Das wäre schon was, als deutsche Marke made in Germany in den Etiketten zu haben.“ x
04
05
06
04 „China ist aufgrund der steigenden Kosten nicht mehr so attraktiv. Auf der anderen Seite begünstigt die Eurokrise die lokalen Produktionsbedingungen.“ Panos Sofianos, Tejidos Royo 05 „Ich sehe immer mehr Denimproduzenten aus China und Indien in die Türkei und nach Tunesien zurückkommen. Die Preise in China sind immer noch niedriger, aber die Qualität und die Flexibilität in Europa und Nordafrika sind besser.“ Tony Tonaer, Kings of Indigo 06 „Europa steht für Innovation, Qualität, Schnelligkeit, Verlässlichkeit. Außerdem können wir durch die Nähe Trends schneller auf den Markt bringen.“ Patrick Stupp, Rich & Royal
–– 57
Born to be young? Jeansmarken haben in jüngster Vergangenheit für Teenager stark an Begehrlichkeit verloren. Vertikale wie H&M, Esprit oder New Yorker sind die größte Konkurrenz für Denim-Brands. Haben die Jeanser die junge Generation abgeschrieben? Text Ina Köhler Fotos Marken
D
ie Lee-Kampagne von Terry Richardson wirbt mit Andre van Noord, einem kernigen Typen jenseits der 40, und dem Slogan „A Lee never ages“. Levi’s hat seinen Kundinnen eine Passformoffensive verordnet, Diesel eine hochwertige und hochpreisige Frauenlinie eingeführt. Sind das Ideen, mit denen man die Generation Zahnspange aus der Reserve locken kann? Viele Jeansmarken sehen – wenn man sie sich aus der Perspektive einer 15-Jährigen anschaut – ziemlich alt aus. In Markenumfragen nennen Teenager vertikale Brands wie H&M, C&A oder New Yorker als wichtig für ihren persönlichen Konsum. Im Ranking tauchen allenfalls Sportmarken wie Puma, Converse, Adidas oder Nike auf. Jeans-Brands dagegen? Fehlanzeige. Noch bedenklicher – Marktforschungsstudien zeigen, dass ein guter Teil der 14- bis 25-Jährigen viele Denimmarken gar nicht kennt. Was bedeutet das für eine Branche, die sich sehr stark über Markenbindung und Jugendlichkeit definiert?
lerdings fehlen die Mittel oder der Wille, für eine Jeans mehr als 40 Euro auszugeben. Es geht eher um schnelle Trends und angesagte Looks die günstig nachgeshoppt werden.“ Bei Wrangler ist die Kernzielgruppe sogar noch ein wenig älter: „Wir haben die Teenager nicht im Fokus. Die breite Masse startet bei uns Mitte bis Ende 20“, sagt Marc Svojanovsky, Sales Director Wrangler EMEA. „Das ist das Alter, in dem sich viele eher mit Marken identifizieren können. Wir müssen die Kunden mit 25 erst wieder abholen.“ Die Jüngeren seien generell viel wankelmütiger als die Älteren, ihnen sei das Produkt wichtiger als Marke.
„Wir versuchen alle Pole anzusprechen – ob es die ganz jungen Progressiven sind oder die etwas Konventionelleren.“ Torsten Widarzik, Levi‘s
Verschiebung der Kernzielgruppe „Als traditionelle und demokratische Marke bedienen wir den Massenmarkt“, sagt Judith Jahnke, Marketingmanagerin von Lee. „Wir müssen es schaffen, für verschiedene Zielgruppen relevant und attraktiv zu sein. Das gelingt uns zum Beispiel mit Kampagnen, die den alterslosen Spirit der Marke kommunizieren.“ Lee definiert sich als Marke für Erwachsene, wobei sich Judith Jahnke gegen eine Kategorisierung nach Altersgruppen ausspricht. Jedoch seien die unter 20-Jährigen für Lee nicht ganz so wichtig. „Kommerziell spielt diese Zielgruppe für uns eine geringere Rolle. In dieser Zielgruppe sind traditionelle Marken zwar bekannt und oft auch beliebt, al-
58 ––
01
erwachsen werden –– so läuft’s 02
03
„Daher fokussieren wir uns auch nicht auf Teenager. Wir möchten den Kunden ein Produkt bieten, mit dem sie Akzeptanz finden.“ Auch Diesel zielt mit der Linie Diesel Female auf eine erwachsene Kundin ab 25: Das Unternehmen setzt auf angezogene Styles und höhere Preislagen. „Wir mussten eine solventere und ältere Kundin ansprechen“, so Thorsten Link, Deutschland-Chef von Diesel. „Das hat sich in den vergangenen Jahren total gewandelt. Es gab die Notwendigkeit, die ständig schwindende Frequenz auf den Flächen durch eine strategische Positionierung auszugleichen“, so Link. Die Kernzielgruppen der Big Player sind also sichtlich älter geworden – aber was passiert mit den Jungen?
Raphael Sommer, Country Manager von Pepe Jeans für Österreich und die Schweiz. „Unsere Stärke liegt darin, in der Kinderkollektion ein ähnliches Image wie das der Erwachsenen zu vermitteln. Später können wir Teenager in der Portobello-Linie mitnehmen, später mit der Pepe-Kollektion“, so Sommer. Eine andere Strategie verfolgt G-Star: „Wir haben so viel Potenzial in der Kollektion, dass wir sie nicht über Alterszielgruppen hinweg diversifizieren müssen“, sagt Joris Aperghis, Chief Marketing Officer der Marke.
Erwachsene ansprechen – Teenager nicht verlieren Die allermeisten Brands wie Levi’s oder Replay setzen auf eine Diversifizierung der Marke oder gleich mehrere Submarken, um unterschiedliche Altersgruppen bedienen zu können. „Mit unserem Markenpaket können wir Kunden von vier bis 50 bedienen“, sagt auch
Kids-Kollektionen dagegen, wie Replay & Sons, Diesel Kids, Lee Youth oder die junge Linie von Wrangler, erfüllen einen pragmatischen Zweck: „Interessant ist es für uns, den Konsument früh mit einer Kids-Kollektion anzusprechen – hier können wir die Konsumenten schon mit der Marke vertraut machen, um ihn später mit Mitte 20 wieder abzuholen“, so Marc Svojanovsky von Wrangler. Die Crux der Kidswear: In der Regel sprechen die Linien maximal 15-Jährige an. Und dann? Eine Antwort hat Diesel: „Wir überlegen, un-
04
01-04 Von G-Star über Killah, Lee und Diesel: Denim-Brands haben ganz unterschiedliche Generationen im Visier. 1: G-Star, 2: Killah, 3: Lee, 4: Diesel
ser Label 55DSL dort zu positionieren, wo wir das Diesel Kidswear-Segment verlassen“, sagt Thorsten Link. Bislang ist 55DSL sehr streetig aufgebaut. Als ein Teil der DieselFamilie sollen die Teenager künftig stärker mit dem Label angesprochen werden. Explizit an Teenager richtet sich zum Beispiel auch die Kollektion Killah der Sixty Gruppe: „Wir begleiten die Kundinnen auf dem Weg in die Erwachsenenwelt“, beschreibt es Jörg Korfhage, Geschäftsführer von Sixty Deutschland. Wichtig seien nicht nur die richtigen Fits, Styles und der richtige Preis, sondern vor allem das richtige Timing: „Man muss die Taktung der Kollektion erhöhen, damit man mit der vertikalen Konkurrenz mithalten kann. Das ist als Unternehmen eine richtige Herausforderung.“
Zu teuer wirkt abschreckend Die Politik des Upgrading hat dazu geführt, dass Jeans immer hochpreisiger wurden
–– 59
so läuft’s –– erwachsen werden 01
„Man muss für eine junge Zielgruppe die Taktung der Kollektion erhöhen, damit man mit der vertikalen Konkurrenz mithalten kann. Das ist als Unternehmen eine richtige Herausforderung.“ Jörg Korfhage, Sixty Group 02
„young modern“ Modelle um 70 bis 75 Euro. Bei den Skatern engagiert sich die Marke in jüngster Zeit erfolgreich mit hochmodischen und günstigen Skinny-Modellen. „Die Nachfrage von Handelsseite bestätigt das“, so Levi’s Deutschland Chef Torsten Widarzik. Lee setzt ebenfalls auf junge Skatekids mit angepassten Preislagen: „Wir schließen die ganz junge Zielgruppe keineswegs aus und sind durchaus erfolgreich bei StreetwearHändlern vertreten, die auch eine sehr junge Zielgruppe ansprechen, wie z. B. Titus in Berlin, The Flashgib in Stuttgart oder Laden 12 in Nürnberg“, erzählt Judith Jahnke.
Kommunikation für alle
01-02 Ewig jung – doch viele Jeansmarken können oder wollen Teenager nicht mehr ansprechen. 1: Levi’s, 2: Wrangler
und damit automatisch ältere Kunden ansprechen. „Das Produkt Jeans darf aber nicht zu teuer sein“, erläutert Thomas Wirth, Geschäftsführer von Fashion Box Deutschland (Replay). „Wir wollen mit Replay auch für junge Leute gute Produkte liefern. Das heißt, dass wir auch für 99 Euro eine Jeans anbieten wollen, die gut aussieht.“ Auch Levi’s hat für seine jungen Kunden unten angebaut: Innerhalb seiner Damenkollektion gibt es
60 ––
Der Spagat zwischen Jung und Alt spiegelt sich auch in der Kommunikation wider: „Wir sind von der Markenansprache immer eine sehr junge Marke gewesen“, meint Thorsten Link. „Es ist die Balance, Jugendlichkeit zu kommunizieren, sodass der Kunde dieses Image mitkaufen kann.“ Wrangler kommuniziert in seinen preisgekrönten Kampagnen mit zeitlosen Mitteln und Protagonisten, Levi’s spricht mit der Kampagne „Go Forth“ sowohl junge als auch alte Menschen an, die sich als Pioniere sehen. Replay sponsert die MTV European Music Awards und zeigt damit sein Engagement in der jungen Musikszene. G-Star setzt auf Charakter und das Produkt statt auf platte Jugendlichkeit – Stars wie Liv Tyler oder Schachmeister Magnus Carlsen stehen für Persönlichkeiten, mit denen sich unterschiedliche Altersgruppen identifizieren können. Auch Teenager? Charakter sei keine Frage des Alters, so Joris Aperghis. „Social
Media wie Facebook spielt für unsere jungen Customer eine ganz entscheidende Rolle“, ergänzt er.
Positionierung entscheidet Auch im Handel ist es nicht immer einfach, allen Alterszielgruppen gerecht zu werden. „Wir versuchen alle Pole anzusprechen – ob es die ganz jungen Progressiven sind oder die etwas Konventionelleren“, so Torsten Widarzik von Levi’s. „Wir müssen unsere Marke segmentieren und dort an den PoS bringen, wo der entsprechende Konsument einkauft, das ist das Wichtigste.“ Theoretisch müsste sich so manche Denimmarke in drei verschiedenen Platzierungen wiederfinden: In der ganz jungen Abteilung, in der Stammabteilung und im einem Bereich, der sich mit Contemporary umschreiben ließe, den es aber so noch nicht zu geben scheint: „Gerade in den Männerabteilungen fehlt etwas“, so Marc Svojanovsky. Viele Männer kauften weder in der klassischen Stammabteilung noch in der Designerboutique noch bei den Teenies. Svojanovsky sieht in Deutschland eine Lücke für den modeinteressierten Mann, den im Ausland beispielsweise Stores wie Selfridges bedienen würden. „Alle Kaufhäuser und Warenhäuser denken gerade darüber intensiv nach“, sagt er. „Contemporary Departments, wie wir sie in anderen Ländern finden, gibt es hierzulande noch nicht so konsequent“, bedauert auch Thorsten Link von Diesel. Es müssten hier andere Wege gefunden werden, um künftig mit den Marken strategisch zusammenzuarbeiten. Und der Handel müsste sich überlegen, ob er den Wettbewerb um die ganz junge Kundschaft doch noch nicht aufgegeben hat. x
Freeman T. Porter –– so läuft’s
„Die Kunden sind nicht mehr so risikobereit“ Vor drei Jahren übernahm der französische Distributeur Ep6 die Marke Freeman T. Porter von dem deutschen Gründer Rainer Geilfus. Heute werden Marketing, PR, Design und die gesamte Produktion von Paris aus gesteuert. Ep6 Generaldirektor Pascal Muller über den Neustart, seine Ziele und die Freude am Risiko. Text Nicolette Scharpenberg Fotos Freeman T. Porter
S
ie haben Freeman T. Porter damals als langjähriger Distributeur in Frankreich übernommen. Was waren die Beweggründe? Pascal Muller: Freeman T. Porter hatte von seinem Charme und seiner Begehrlichkeit verloren. Der deutsche Markt verlangte plötzlich günstigere Preise. Die Marke lag damals noch in der Hand von Rainer Geilfus und geriet in einen Dumpingpreissog, der nicht unserer Markenstrategie entsprach. Unsere Philosophie war es, ein Produkt zu verkaufen, das nach etwas Hochwertigem aussieht und nicht nach einem Preis. In Deutschland funktionierte dies leider nicht und die Marke sackte ab. Wir standen vor der Entscheidung, wer wen aufkauft und der Ball fiel zu uns. Wäre das nicht geschehen, hätte das den Tod beider Firmenstandorte bedeutet. Unser primäres Ziel war es, den Fokus wieder auf Qualität und das Produkt zu legen. Wie hat sich Freeman T. Porter seit der Übernahme entwickelt? PM: Wir konnten Freeman T. Porter auf lokaler Ebene extrem stärken. Unser Team vor Ort ist gewachsen und wurde neu strukturiert. Seit der Übernahme haben wir uns im letzten Jahr in Frankreich um 20 Prozent gesteigert und in diesem Jahr sind wir bereits bei 15 Prozent Steigerung. Der Export in unsere ehemaligen Hauptmärkte Deutschland, Österreich und die Schweiz gestaltet sich bislang noch etwas schwieriger. Momentan arbeiten wir daran, unseren ehemaligen Kundenstamm zu bereinigen und gleichzeitig neue, hochwertigere Handelspartner im Fashionbereich zu akquirieren. Welche internationalen Perspektiven sehen Sie mit Free-
man T. Porter? Gerade in den deutschsprachigen Märkten war die Marke über lange Zeit sehr erfolgreich und wichtiger Partner des Fachhandels. Sollen diese Märkte nun wieder offensiv bearbeitet werden? PM: Unser Fokus liegt weiterhin auf den deutschsprachigen Märkten. Wir klopfen jedoch an andere Türen an. Hochwertig ist das Ziel, nicht billig. Langfristiges Ziel sind 300 bis 400 Kunden in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Das wollen wir durch eine strategische Neuaufstellung des bestehenden Verkaufsteams, neue Marketing- und PR-Maßnahmen und besonderen Fokus auf Service erreichen. Die meisten Kunden sind nicht mehr so risikobereit wie früher und sie möchten Lagerware möglichst vermeiden. Bei uns haben sie die Möglichkeit nachzuordern und haben die Ware am nächsten Tag im Laden.
gesetzt? Mit welcher Strategie wollen Sie diese Ziele erreichen? PM: Wir planen, neben der Akquise neuer, hochwertiger Handelspartner im deutschsprachigen Raum, eigene Stores zu eröffnen. In Frankreich haben wir bislang vier Monolabel-Stores und drei Partnership-Stores zusammen mit Partnern, denen wir die Ware auf Kommission zur Verfügung stellen, was bei uns bereits gut funktioniert. Dies ist jetzt auch für die Exportländer geplant. x
Fundament des Erfolges war ursprünglich die Kompetenz für Hosen. Ist das auch heute der Schwerpunkt? PM: Unser Schwerpunkt liegt natürlich immer noch auf Hosen: Freeman T. Porter war und ist eine Hosenfirma. Seit einem Jahr versuchen wir auch die Oberteile zu pushen. Wir haben die Kollektion von 500 auf 300 Teile verkleinert. Sie war einfach viel zu groß und hat die Händler überfordert. Unser Fokus liegt dabei nach wie vor auf Jeans, wir bieten aber auch andere Styles wie Chinos, Leinen- und klassische Stoffhosen mit speziellen Passformen und Details. Coated Denim und Stretch läuft gerade besonders gut. Welche mittelfristigen Ziele hat sich Freeman T. Porter
„Sophisticated, innovativ und serviceorientiert – das ist Freeman T. Porter heute.“ Pascal Muller, Generaldirektor von Ep6
Hosen mit einer besonderen Passform waren schon immer die Kernkompetenz des Labels. Zusätzlich wird der Fokus jetzt auch auf Oberteile gelegt.
–– 61
01
Für echte Männer Von der klassischen Menswear in den Denimmarkt: Mit dem jungen Ableger ADenim hat sich der Hosenspezialist Alberto auf blaues Terrain gewagt. Den Spagat zwischen Klassik und Trend schafft das Unternehmen spielend. Text Ina Köhler Fotos ADenim, Alberto
62 ––
W
as bewegt einen Hosenspezialisten für Menswear, die eigene Jeansmarke zu kreieren? Eigentlich liegt es recht nahe: In der Hauptkollektion Alberto Pants We Love, die der klassisch orientierte Mann trägt, bestehen bereits 63 Prozent der Teile aus Denim. Als man in Casablanca eine neue Produktionsstätte fand, gab es die Idee mit der eigenen Denimmarke. Sie sollte einfach eine Spur jünger, trendiger
02
01+05 02 03+04
For men only: Die schönen Waschungen von ADenim gibt es bislang nur für Herren. In der Musternäherei werden die Modelle auf alten Maschinen gefertigt. Am traditionsreichen Firmensitz wird 2012 das 80-jährige Jubiläum gefeiert.
und jeansiger als die bisherigen Produkte sein. 2009 fiel der Startschuss – ADenim wurde als Säule neben Alberto und Alberto Golf positioniert. „Unsere Kunden suchen ehrliche Produkte mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis. Hier sind wir prima aufgestellt“, sagt Marco Lanowy, Geschäftsführer von Alberto, „Wir können einfach das Produkt Hose sehr gut.“ Mit seinen Hosen hat das Unternehmen eine Marktnische
ADenim –– so läuft’s
03
erfolgreich besetzt, ohne sich mit Komplettkollektionen, eigenem Retail oder Systemgeschäft zu verzetteln. „Der Handel soll als Dachmarke funktionieren – wir unterstützen ihn dabei“, erklärt Lanowy das Konzept.
Jedes Teil ein Unikat ADenim besteht aus Jeans, Chinos und Leinenhosen in rund 25 verschiedenen Styles. Italienischer Denim, innovative Waschungen, typischer Jeansfit – so einfach scheint das Rezept für den Look. Philipp Walendy, Sohn des Firmeninhabers Georg Walendy, ist Produktmanager der jungen Kollektion und damit wie seine Schwester Anna ins Familienunternehmen integriert. Unter seiner Federführung werden Styles wie Andy oder Alex oder die Chino Ashton von Hand in Marokko gebrusht, geschliffen und gewaschen, sodass jedes Stück wie ein Unikat wirkt. Auch Leinen-, Cord-, Satin- und Wollhosen bekommen durch Waschungen und Spezialbehandlungen ihr typisches Touch-andfeel-Element und einen lässigen Knitterlook. Bei aller Lässigkeit: Wer weiß, wie aufwändig das Qualitätssicherungsverfahren im Haus Alberto ist, kann sich vorstellen, dass auch an ADenim sehr hohe Ansprüche gestellt werden. „Manchmal bestehen Stoffe einfach nicht das interne Prüfverfahren“, bedauert Philipp Walendy, „dann können wir leider das Material nicht einsetzen.“ Im Erdgeschoss des Firmensitzes steht die Abteilung für Qualitätssicherung, die Materialien und Zutaten vor dem Einsatz in der Produktion testet. Das führe zu Retourenquoten unter einem Prozent, erzählt Lanowy. „Der Markt sucht verlässliche Produkte“, ist er überzeugt. Eine weitere Stärke des Unternehmens kann er ebenfalls bei ADenim ausspielen. 2005 hatte man durch einen Umbau in ein großes Logistikzentrum am Mönchengladbacher Standort investiert. Im modernen Lager gibt es Platz für 85.000 Teile, die teilweise schon sehr früh in der Saison verfügbar sind. Ein Service, den auch ADenim-Kunden schätzen, die vier bis fünf Styles aus der Kollektion unkompliziert nachziehen können. „Prinzipiell liegt der Engpass in Nachlieferungen weniger in der Produktion als bei den Webern“, bedauert Lanowy. Wo sieht sich die Marke ADenim? „Irgendwo im Dreieck zwischen Alberto, Drykorn und Tommy Hilfiger“, sagt Marco Lanowy, der ganz bewusst keine Referenzkunden nennen möchte. „ADenim wird sich neben Alberto als moderne Brand positionieren, wir wachsen mit den Marken und die Marken wachsen mit
uns.“ Das sagt er, ohne Umsatzziele zu nennen, denn für das Traditionsunternehmen stehe organisches Wachstum im Vordergrund. Von Beginn an setzt man nicht nur auf Kunden in den deutschsprachigen Ländern, sondern auch auf die Märkte in Skandinavien und Russland. Das Unternehmen hat eine Exportquote von über 50 Prozent und liefert in 42 Länder. 2012 feiert man in Mönchengladbach am traditionellen Standort das 90-jährige Bestehen. Nicht unbedingt ein Grund für Lanowy, die lange Historie des Textilunternehmens zu betonen, er ist eher für neue Projekte offen. Eines davon wird der eigene Shop, der im Erdgeschoss der Firmenzentrale in der Rheydter Straße eingerichtet werden soll. Kein Factory Outlet Store, sondern ein normaler Laden, in dem man Erfahrungen mit dem Kunden sammeln könne. Im Obergeschoss entsteht gerade für das Kreativteam ein eigener Raum, bestehend aus Produktmanagement, Vertrieb und Custom Management. Die Aussicht auf den traditionsreichen Mönchengladbacher Abteiberg täuscht: In der alten Textilstadt geht der Blick eher in die Zukunft als in die Vergangenheit. x
Infos in Kürze
Die Alberto GmbH & Co. KG ist ein Mönchengladbacher Familienunternehmen, das von den Geschäftsführern Georg Walendy (Inhaber), Marco Lanowy (teilhabender Geschäftsführer) und Jürgen Schmiedel (kaufmännischer Geschäftsführer) geleitet wird. Das Traditionsunternehmen ging aus dem 1922 gegründeten Produktionsbetrieb Albert Dormanns Hosenfabrik hervor. Seit den 1990erJahren wird in Mönchengladbach nicht mehr produziert, es gibt allerdings noch ein Muster- und Schnittatelier. 2005 investierte man in den Bau eines modernen Logistikzentrums am 10.000 Quadratmeter großen Firmensitz. Insgesamt arbeiten rund 90 Mitarbeiter für das Unternehmen. Neben Design, Administration, Vertrieb und Showroom ist dort auch die Qualitätskontrolle untergebracht. Die Alberto GmbH erzielt mit 1,4 Millionen Teilen jährlich einen Umsatz von 37 Millionen Euro. Das Unternehmen verfügt über 600 Flächen und 2.400 Kunden in 42 Ländern. Schwerpunkte sind die DACHRegion, Skandinavien, die Benelux-Länder und Russland. Marken: Alberto, Alberto Golf, ADenim
04
„ADenim wird sich neben Alberto als moderne Brand positionieren.“ Marco Lanowy, Geschäftsführer Alberto 05
www.alberto-pants.com, www.alberto-golf.com www.a-denim.com
–– 63
Chiemsee revisited! Eine Kultmarke feiert ihr 30-jähriges Bestehen und begibt sich auf die Suche nach den eigenen Wurzeln. Text Stephan Huber Fotos Chiemsee
Chiemsee ist mit einem neuem alten Selbstverständnis wieder da. Aber auch mit Demut gegenüber der Arbeit, die noch bevorsteht. Cornelia Schmidt: „Wir sind immer noch dabei, unsere Hausaufgaben zu machen.“
64 ––
CHIEMSEE –– So läuft‘s
American Dream in Oberbayern Persönliche Leidenschaft ist immer der beste Antrieb. 1982 wurde aus der persönlichen Leidenschaft der Brüder Christoph und Martin Imdahl für den Surfsport zunächst eine Geschäftsidee und in weiterer Folge ein Phänomen. Aus den Anfängen in der elterlichen Garage im idyllischen Grabenstätt entwickelte sich die zunächst folgerichtig Windsurfing Chiemsee benannte Marke zum Pionier einer Lifestylebewegung, für die Jahre später der eigentlich seltsame Begriff Funsport erfunden und zu einem Goldesel gemacht wurde. Denn die Verbindung aus wirklich neuem Design, Authentizität und der gesunden und gleichzeitig rebellischen Ästhetik einer surfinspirierten Subkultur wurde beinahe über Nacht zu einem Kult, mit dessen Rückenwind es gelang, Chiemsee weit über die ursprüngliche Zielgruppe hinaus als Zeitgeistphänomen zu etablieren. Eigentlich der American Dream, aber eben im schönen Oberbayern. Noch heute erzählen Händler davon, dass sie wie Bittsteller mit einer sauberen Bewerbung anfragen mussten, um Chiemsee verkaufen zu dürfen. Aber auch davon, wie ihnen die Kunden die für das Segment revolutionär hochpreisigen Teile aus den Händen gerissen haben.
What Goes Up... Diesem bis Mitte der 1990er-Jahre andauernden Höhenflug folgte ein Absturz in geradezu klassischer Form. Chiemsee entfernte sich mit diversen Subkollektionen und Zweitlinien zusehends vom authentischen Markenkern. Eher wahllos wurden Lizenzen vergeben. Alles Gift für das exklusive Image. Dazu kam, dass Chiemsee massiv unter Markenpiraterie zu leiden hatte. Vor allem aber begann der Motor der Leidenschaft spürbar zu stottern. 1999 stieg mit Martin auch der zweite Imdahl-Bruder aus.
Zurück zu den Wurzeln
„W
ir sind eigentlich von einem weißen Blatt Papier ausgegangen“, so Cornelia Schmidt, seit 2010 in der Geschäftsführung von Chiemsee, um dann zu erklären: „Nach Jahren der Verwässerung ist es darum gegangen, den Kern der Marke wieder freizulegen und dabei auch den Mut zu zeigen, alles abzuschneiden, was diesen Kern verwässert hat.“ Um das zu verstehen, bedarf es eines kurzen Rückblicks.
2003 wurde Chiemsee dann von der SchmidtGruppe übernommen. Das hanseatische, sehr leise Familienunternehmen mit 100 Jahren Geschichte im Textilgeschäft erregte 1999 öffentliche Aufmerksamkeit mit der Übernahme der Deutschlandlizenz für die Marke Kappa. Das markierte den Einstieg ins Markengeschäft und den Einstieg von Cornelia Schmidt in das von Vater Peter geführte Unternehmen. Sie konnte in der Folge nicht nur den Erfolg von Kappa selbst feiern, sondern auch die Fußballmeistertitel von Werder
„Chiemsee musste sich nicht neu erfinden, sondern wiederfinden“, Cornelia Schmidt, GF Chiemsee
Bremen und Borussia Dortmund in Kappa. Bei Chiemsee mischte sich der neue Eigentümer lange nur im Hintergrund ein. Neues Headquarter, neue Software – dezent und leise eben –, um 2010 dann doch einen Cut zu machen und den Neuaufbau der Marke Chiemsee strategisch anzugehen. Mit Cornelia Schmidt in Verantwortung für Produktion und Logistik und Feodor von Wedel, dem vormaligen Chef der Münchner Werbeund Kreativagentur Saint Elmo’s, als strategischem Kopf des Markenaufbaus. Cornelia Schmidt bringt es auf den Punkt: „Chiemsee musste sich nicht neu erfinden, sondern wiederfinden. Wir sind nicht Alpin Ski, nicht Formel 1, nicht Fashion, sondern unsere Wurzeln sind Boardsport.“ Das klingt simpel, ist aber in der Umsetzung anspruchsvoll, denn, um Chiemsee wieder zu altem Glanz zu führen, bedarf es zunächst massiver Anstrengungen und Investitionen, vor allem ins Produktdesign. Cornelia Schmidt: „Die Marke Chiemsee muss wieder für funktionale Produkte mit einem individuellen und coolen Design stehen, aber modern und zeitgemäß interpretiert.“ Chiemsee definiert diesen neuen Markenkern als „funktionale Lässigkeit“. Das bedeutet natürlich auch neue, höhere Preislagen. Auch da will man zurück zu den Wurzeln. Cornelia Schmidt: „Aber davon müssen wir Händler und Endverbraucher erst einmal überzeugen. Wir dürfen nichts versprechen, was wir nicht auch einlösen.“ X
Über die Marke
2012 wird Chiemsee 30 Jahre jung und startet in das Jubiläumsjahr mit einer Kampagne, die alle sportaffinen Menschen zum „sportlichsten Jahr Ihres Lebens“ aufruft. 2013 erlebt das von einer Jury ausgewählte Gewinnerteam alle Boardsportarten, in denen Chiemsee in der Vergangenheit immer aktiv war und noch bis heute ist. www.chiemsee.com
–– 65
66 ––
Bitte zu Tisch! –– so läuft’s
Bitte zu Tisch! Eigenmarken waren mal ein großes Thema, das alle wollten. Zwischenzeitlich ist es verdächtig still geworden. Neuer Stern am Himmel sind Brandto-Retail-Kooperationen die auf Flexibilität und Qualität setzen. Alleine das Umsatzpotenzial von Table Tees macht wieder Lust auf ein Thema, das zuletzt einen faden Beigeschmack hatte. Text Isabel Faiss Illustration Van Data Illustration & Design Fotos Omen (Gisi Rameken)
„M
it Table Tees drehen wir noch nie da gewesene Stückzahlen auf extrem überschaubarem Raum. Obwohl unsere Table Tees keine klassischen Markenprodukte sind, merkt man einfach, dass die Designs so zeitgemäß sind, dass die Kunden darauf anspringen“, erzählt Mark Petereit, Geschäftsleitung für den Einkauf bei Snipes und zuständig für die strategische Leitung der Eigenmarken. Von einer so hohen Quadratmeterproduktivität können Multibrand-Händler sonst nur träumen: 30 bis 40 Prozent mehr Ware schaffen die Tisch-T-Shirts im Vergleich zu anderen Produktgruppen im Store. Seit Januar 2011 arbeitet Snipes mit Mr. Tee zusammen, einer kleinen Designagentur, die regelmäßig und in enger Absprache mit dem Snipes-Einkaufsteam und anderen KeyAccounts neue Designs für Table Tees liefert. Noch eindrucksvoller und auf die internationale Ebene übertragen sind die fünfstelligen Stückzahlen, die der Filialist Footlocker in seinen europäischen Stores mit Table Tees der Eigenmarke Sneaker Freak umsetzt. Die Designs liefert die Münchner Designagentur FPMD, ein Zweimannteam. Sie müssen sich gegen die ganz großen wie Nike, Adidas, Puma oder Converse, die das Potenzial der Produktgruppe längst für sich entdeckt haben, behaupten. Table Tees, der Definition nach T-Shirts, die im Eingangsbereich der Stores auf Tischen präsentiert werden, mit Preisaktionen werben und über Masse funktionieren, garantieren eine enorme Lagerdre-
hung, haben so gut wie keinen Erklärungsbedarf, holen junge Kunden auf einem niedrigen Preisniveau ab und sind vor allem der Türöffner für die ganz junge Zielgruppe. Sie sind das beste Beispiel dafür, dass Eigenmarken immer noch Relevanz haben, dass ihre Umsetzung aber inzwischen ganz anders abläuft. Bisher stand am Anfang diese Grundsatzentscheidung: Eine vollwertige Designkollektion als starke Marke aufziehen, in der sich eigene Ideen und Kompetenzen im Design umsetzen lassen oder den Fokus auf niedrige Einstiegspreislagen legen und eine möglichst hohe Marge mit einzelnen abverkaufsstarken und sicheren Warengruppen wie T-Shirts realisieren. Für Imagestores nicht ohne Risiken hinsichtlich ihrer Reputation und ihrem Vertrauen bei der Zielgruppe. Das Unternehmen Snipes hat beide Wege ausprobiert und dabei einige Erfahrungen in der Private-Label-Produktion gemacht, positive wie negative. Nachdem 2007 das Segment Urban als Kernmarkt von Snipes stark zu schwächeln begann und immer mehr Marken wegbrachen, entschied man, mit Eigenmarken Lücken im Sortiment zu schließen. „Wir wollten die besten Warengruppen, die über die letzten Jahre planbar gewesen sind, selbst abdecken. Als Alternative hätten wir uns auch an anderen Marken bedienen können, doch das hätte zur Verwässerung unseres Konzeptes geführt“, erklärt Mark Petereit. 2007 kam die erste Marke Black und bald darauf die Mädchenmarke Very Berry hinzu. Ein Jahr später folgte mit 9Iron, eine völlig eigenständige Kollektion mit einer unabhängigen Designaussage, in der eigene Ideen durch ein In-House-Designteam umgesetzt wurden. Im Herbst/Winter 2009 wurde 9Iron zum letzten Mal produziert. Very Berry fiel dem schrumpfenden Marktanteil der Frauenkollektionen in der Streetwear zum Opfer. An Black hält Snipes nicht mehr als eigenständige Kollektion, dafür aber auf Produktebene zur Komplettierung des Sortiments fest. Das Thema Eigenmarke behandelt Snipes nicht mehr aktiv, sondern reaktiv und wickelt es über Labels wie Mr. Tee ab. Darin sieht Mark Petereit auch die Zukunft, in professionellen Brand-to-RetailKooperationen: „Die 1990er-Jahre waren die Zeit der starken Marken. Da haben Marken wirklich noch Massentrends nach sich gezogen. Durch die Konkurrenz der Vertikalen hat sich das in den letzten Jahren relativiert. Entsprechend sucht jede Marke nach einem starken Partner, um überhaupt noch ein Schaufenster nach draußen zu haben. Die Kooperation Brand-toRetail, vertikale Integration oder enge Partner-
„Am Anfang geht man mit der Gießkanne ran und bestückt sämtliche Stores mit den T-Shirts. Nach zwei Wochen weiß man, welche Designs durch die Decke gehen. Damit hat man die Flexibilität, die man sich wünscht.“ Mark Petereit, Snipes
schaft ist hundertprozentig das Modell für die Zukunft. Die Informationen fließen in beide Richtungen und man ist viel flexibler. Das Business ist so auch planbarer, weil man Synergien nutzt und das Risiko auf beide Seiten verteilt.“
Drei zentrale Barrieren Die Rentabilität der Table Tees unter eigenem Namen lässt sich klar abzeichnen, wie auch die Barrieren, die mit Eigenmarken verbunden sind. In erster Linie betrifft das die Integration in die Wertschöpfungskette, also die Produktion selbst. Eines der zentralen Ziele ist Flexibilität und die hängt stark vom Produzenten ab. Die Zweite ist die Positionierung der Marke, die sich aus der Zielsetzung ergibt. Muss die Eingangsmarge besonders hoch sein oder ist die Lagerdrehung, also die Ausgangsmarge entscheidend? Als dritte Entscheidung gilt es, die Preislage zu definieren, die man abbilden möchte, gerade in Bezug auf das restliche Markensortiment. „In jedem Vertriebskanal muss man mit der Eigenmarke preislich unter den tatsächlichen Marken im Store sein. Das Kriterium lautet mindestens gleiche Qualität zu einem geringeren Preis. Da stellt sich die Frage, wo genau geht man preislich hin? Verzichte ich auf Teile der Eingangsmarge und besetze eine Preislage, die ich mit einer Marke niemals erreichen würde? „Mit 9Iron haben wir gemerkt: Je näher man preislich an Markenniveau dran ist, desto
–– 67
so läuft’s –– Bitte zu Tisch!
Die Kollektion von Omen verfolgte von Anfang an eine eigenständige Designhandschrift und den Anspruch, in der Menswear bestehende Lücken zu schließen.
mehr wird vom Kunden gefordert, dass man auch was für das Brandbuilding tut“, erklärt Mark Petereit. Richie Löffler hat mit der Marke Trap das Pferd sozusagen von hinten aufgezäumt und damit wahrscheinlich unbewusst ein Exempel statuiert, wie man eine Eigenmarke in einem so anspruchsvollen und misstrauischen Umfeld wie der Core-Skategemeinde etabliert. 1992 launchte er unter Trap einige Skateboards und andere Hardware. Irgendwann kam die Kleiderkollektion mit dazu. Seit 2000 betreibt er zusätzlich den Mantis Lifestore in Hamburg, der Trap im Vollsortiment verkauft. Außerdem ist Trap in Stores
68 ––
wie Goodstuff in München, Rocs in Berlin oder Street City in Zürich vertreten. Hinter der Marke hat sich inzwischen auch ein eigenes Team, bestehend aus Pro-Skatern wie Jürgen Horrwarth, Paco Elles, Kilian Heuberger und Pat Lindenberger zusammengefunden und in regelmäßigen Abständen finden Kooperationen mit Künstlern wie beispielsweise der Kingdrips Crew aus Hamburg statt. Der Vertrieb von Trap läuft über Löfflers eigene Vertriebsagentur MDCN Distribution (1998), die heute neben Trap auch Marken wie Close Up, King Kong, Randal oder Selfish Skateboards vertreibt. Neben Trap als mittlerweile eigenständiger Marke mit eigenem Vertrieb und Händlern weltweit hat Richie Löffler in seinem Store Mantis an der Großen Theatherstraße 7 in Hamburgs Innenstadt noch zusätzlich die Eigenmarke Mantis gelauncht, die durch Motive wie I skate HH oder die Zuckerstange (designt von dem Hamburger Illustrator S-Fly) gedruckt auf TShirts und Hoodies für Jungs und Mädchen berühmt geworden ist.
Als Reaktion auf den Markt Pionier auf dem Gebiet Eigenmarke ist das Unternehmen Thomas I Punkt aus Hamburg mit der Marke Omen. Thomas Friese hatte bereits in den 1960er-Jahren seinen ersten Laden eröffnet und ein Konzept vorgestellt, das bis heute wegweisend ist. 1984 kam die Eigenmarke Omen als Antwort auf eine Marktlücke, die der Modehändler mit
„Wir sind keine strategisch getriebene Eigenmarke. Omen ist eine eigenständige Kollektion, in der wir Designs verwirklichen, die unserer Meinung nach auf dem Markt fehlen.“ Alexandra Friese, Thomas I Punkt Fingerspitzengefühl ausgemerzt hatte, mit hinzu: klassische Menswear, in der sich Männer wohlfühlen können. „Mein Vater hat festgestellt, dass sich keine der Marken mehr die Mühe gemacht hat, sich mit gewissen Styles und Details und Qualitäten so auseinanderzusetzen, wie er sich das vorstellte. Es fehlte etwas. Die Japaner wie Yamamoto waren schon zu abgedreht für den deutschen Markt und die Klassik war auch irgendwo stecken geblieben“, erklärt Alexandra Friese, seit über 20 Jahren die rechte Hand ihres Vaters im Unternehmen und Leiterin des Ursprungsladens am Hamburger Gänsemarkt. Die komplette Kollektion wird immer noch in Norddeutschland, schwerpunktmäßig in Hamburg, Lübeck und Bremen produziert. Omen ist das Vorzeigebeispiel für eine Eigenmarke, die den Sprung zur Handelsmarke geschafft und sich völlig unabhängig etabliert hat. Gleichzeitig ist Omen auch Sinnbild dafür, dass eine respektable Eigenmarke einen enormen Mehrwert schaffen muss, um vom Kunden angenommen zu werden. Wenn man es schafft, wie Thomas Friese durch die Eigenmarke seine modische Kompetenz auszudrücken, ist man definitiv in der Königsklasse gelandet. x
fashion box Deutschland –– so läuft’s
Leidenschaft für Blau Mit Thomas Wirth hat die Marke Replay für Deutschland einen Geschäftsführer gefunden, der sich mit dem Produkt Denim gut auskennt. Nicht nur seine berufliche, sondern auch seine private Passion gilt der blauen Ware. Text Ina Köhler Fotos Replay
01+02 03
Nach dem Vorbild der Flagship-Stores in Mailand, Paris und Barcelona sollen die Replay-Läden in Deutschland umgebaut werden. Köln ist als erster Shop an der Reihe. Thomas Wirth leitet die deutsche Fashion Box Niederlassung.
01
WWW –––––––––– www.replay.it
E
s ist nicht ganz einfach, mit Thomas Wirth einen Termin zu finden, denn in den ersten Monaten nach dem Antritt seines Postens ist er viel unterwegs. Auf die Frage, was ihn an der Marke Replay gereizt habe, lächelt er und sagt: „Wenn man sich den Namen auf der Zunge zergehen lässt, ist Replay einer der großen Jeanser mit Geschichte. Eine richtige Marke eben. Da habe ich ja gesagt, ohne groß darüber nachzudenken.“ Mit Marken kennt sich der Essener aus, mit Denim ebenso – Wirth ist ein langjähriger Sammler von Denimteilen. „Meine Frau verzweifelt manchmal, wenn es keinen Platz mehr in der Garage gibt“, erzählt er. Die Grundchemie stimmt also bei Wirth für das Produkt, für die Fashion Box (mit den Marken Replay, Replay & Sons, We are Replay, Red Seal und White Seal) und die Mehrheitseigner der Marke, Matteo und Massimo Sinigaglia. Erfahrung in der Denimbranche bringt der erfahrene Vertriebsmann mit: Nach Stationen bei Tommy Hilfiger Denim, Sixty und LTB wartet jetzt ein neues Abenteuer auf den 40-Jährigen. Er trat die Nachfolge von Wolfgang Friedrichs an, der im März 2011 das Unterneh-
02
men verlassen hatte. Den Übergang will er evolutionär gestalten, ohne zu große Brüche: „Ich bin jemand, der sehr gut zuhören kann“, sagt Wirth. „Und ich habe nicht vor, alles anders zu machen.“ Sven Adam betreut weiterhin als Verkaufsleiter die Herrenlinie. Seit Januar ist die Verkaufsleitung für Women, die vakant war, neu besetzt. Düsseldorf soll auch künftig Headquarter bleiben, auch wenn man sich nach einer anderen Location für die Zentrale und den Showroom umschaut. Das deutsche Lager wird geschlossen, die Logistik umstrukturiert. „Dadurch gewinnen wir für viele Artikel zwei bis drei Wochen“, so Wirth. Zusätzlich könnten NOS-Teile innerhalb von 48 Stunden aus Italien geliefert werden. „Darüber sind die Kunden sehr dankbar. Schnelligkeit ist entscheidend, außerdem wollen wir dafür sorgen, dass künftig die Ware zum richtigen Zeitpunkt auf den Flächen ist.“ Denim als wichtigste Produktgruppe soll künftig früher, bereits im Mai und im November, geliefert werden, damit man genug Zeit für den Abverkauf hat. Service für seine Handelspartner schreibt Wirth ganz groß. „Ich will näher am Kunden sein und mich intensiver mit ihm austauschen.“ Begonnen hat er damit schon, die Lieferrhythmen sind die ersten Ergebnisse. „Wir haben den Anspruch, ein hochwertiges Produkt zu liefern, das so besonders ist, dass es zu Replay passt. Dann ist es aber auch wichtig, dass wir uns fragen: Wo sehen wir unsere Preislagen und wo steht der Markt?“ Hier wolle man sich als Konsequenz wieder intensiver der Damenlinie widmen: „Es geht einerseits darum, die Produkte in der Passform femininer zu machen, dann aber auch zu prüfen, ob man nicht durch Materialmix die Preise attraktiver machen kann. Schließlich wollen wir kein Nischenanbieter sein. Der Fachhandel ist uns wichtig, nicht nur die ganz hochwertige Boutique.“
Sponsoring und Flagship-Stores
03
„Ich will näher am Kunden sein und mich intensiver mit ihm austauschen.“ Thomas Wirth, Replay
Auch die eigenen Läden stehen vor Veränderungen: Bislang gibt es Replay-Stores in Düsseldorf, Köln, Berlin, Hamburg, München, Frankfurt und Oberhausen. Nach dem Vorbild der internationalen Flagships in Paris, Mailand und Barcelona werden sie visuell überarbeitet. Nummer eins ist der Kölner Store, der im Februar 2012 umgebaut wird, die anderen folgen schrittweise. Und noch eins ist neu: Replay wird im Januar nicht auf der Bread & Butter ausstellen, sondern plant eine Alternative. Seit 2011 ist das Unternehmen auch offizieller Sponsor des MTV European Music Awards. Es weht also doch ein neuer Wind in Düsseldorf. x
–– 69
Schluss mit dem (Schluss-)Verkauf? Nachdem die gesetzlichen Regelungen zum Schlussverkauf abgeschafft wurden, herrscht Rabattchaos im Einzelhandel. Gleichzeitig wächst der Unmut über die individuellen Lösungen mancher Kollegen, die ohne Rücksicht auf Verluste den Rotstift ansetzen. Generell stellt sich wieder die Frage nach einer sinnvollen Terminierung. Alle Welt klagt darüber, dass sich das Rad immer schneller dreht, aber keiner tut etwas dagegen. Acht Experten liefern ihren persönlichen Lösungsansatz. Text Isabel Faiss Fotos Marken, Läden
Christian Greiner, Ludwig Beck AG Wer Durst hat, trinkt! Meiner Meinung nach ist die wichtigste Überschrift „Ready to wear“. Die meisten Menschen befriedigen beim Konsumieren konkrete Bedürfnisse. Wenn ich Durst habe, kaufe ich mir ein Getränk, und wenn ich müde bin, lege ich mich ins Bett. In der Modebranche versuchen wir, den Menschen klar zu machen, dass sie sich erst einmal etwas zu Essen kaufen sollen, wenn sie eigentlich müde sind und dann schon einmal etwas trinken sollen, weil es ja sein könnte, dass sie durstig werden. Da schüttelt doch jeder normale Mensch den Kopf! Was ist die Lösung? Also, entweder drehen wir das Karussell immer weiter, bis es wieder stimmig ist, oder wir hören mehr auf die Bedürfnisse unserer Kunden und bieten ihnen die Ware dann an, wenn sie danach verlangen. Denn wenn sie durstig sind, diskutieren sie nicht über den Preis einer Flasche Wasser. Man muss versuchen, möglichst lange Ruhe zu bewahren. Außerdem ist das eine Frage, wie ich meine Kunden erziehe bzw. erzogen habe. Umso weniger sie Rabattaktionen ge-
70 ––
wohnt sind oder über diverse Programme Punkte sammeln können, umso mehr rückt das Sortiment, der Service und das Produkt in den Vordergrund. Das kostet Zeit, aber so selektiert man klarer seine tatsächliche Zielgruppe. Den Kunden muss klar gemacht werden, dass die Produkte den ursprünglichen Preis wert sind und dass sie nicht „die Dummen“ sind, nur weil sie regulär kaufen. Wir haben uns auf die zwei üblichen Schlussverkaufsphasen im Jahr fokussiert. Daneben gibt es keine Rabatte! Sogar während des 150-jährigen Jubiläums haben wir nach dem Vorsatz „Klasse statt Masse“ nur eine ganz geringe Anzahl an Sonderposten angeboten. Die Wiedereinführung der gesetzlichen Rahmenbedingungen würde meiner Meinung nach das Problem nicht beheben. Ich denke vielmehr, dass man sich auf seine Stärken konzentrieren und wissen muss, welchen Kunden man eigentlich bedient. Nur weil ich hochpreisige Produkte führe, bedeutet das nicht automatisch, dass ich auch die zahlungskräftige Klientel anspreche. Je größer hier das Ungleichgewicht ist, desto eher komme ich in Notlage, mit Abschriften verkaufen zu müssen.
fashiondiskurs –– Lass uns reden
Rainer Ksoll, MOD Das Chaos schadet allen Es wäre auf jeden Fall eine Lösung, die gesetzlichen Rahmen für den Schlussverkauf wieder einzuführen. Alle, auch die Großen haben sich vergaloppiert, wenn sie bereits im November Winterjacken reduzieren müssen. Für uns bedeutet das in der Konsequenz, dass wir gar nicht mehr die Möglichkeit haben, ein reguläres Geschäft zu machen, weil Saisonartikel zu früh in die Reduzierung kommen. Grundproblem ist: Der eine gönnt dem anderen nichts. Anstatt also vernünftigerweise gemeinsam rückwärts zu gehen, versuchen wir weiterhin, uns gegenseitig zu überholen, und der einzige, der davon profitiert, ist der Konsument. Wenn wir irgendwann Winterjacken Mitte Oktober reduzieren, wird vielleicht ein Umdenken stattfinden. Meiner Meinung nach müsste dieses aber auf eine zentral organisierte Initiative zurückzuführen sein. Denn, was es heute leider nicht mehr gibt, sind individuelle Absprachen zwischen Händlern. Darin läge sehr viel Potenzial. Als Einzelhändler hat man heute gegen die geballte Power der Shoppingcenter und Billiganbieter anzukämpfen, da wäre es eine echte Chance, wieder zu mehr Solidarität zu finden. Denn ein wirkliches Problem ist, dass der Kunde das Gefühl dafür verloren hat, was ein Schnäppchen ist und was nicht. Heute ist ein Artikel, der nicht reduziert gekauft wurde, automatisch ein schlechter Kauf. Als Marke können wir in diesen Mechanismus nicht mehr eingreifen. Das Problem ist, dass wir heute gar nicht mehr die Gesetze des Marktes bestimmen. Sobald H&M anfängt, zu reduzieren, ist der Markt nervös. Der benachbarte Multilabel-Händler muss mitziehen. Marken haben gar nicht mehr die vordergründige Gewichtung, sondern die vertikal ausgerichteten Großkonzerne haben so eine Marktdominanz, dass der Fachhandel sich an deren Fahrplan orientieren muss. Ich würde den Einzelhandel gerne zum Kontra gegen diese Entwicklung aufrufen. Wer sich gute Marken sucht, die eine gute Performance bieten und eine Nische abdecken und mit denen man als Händler Kernkompetenz zeigen kann, hat ein sehr gutes Argument gegen die Reduzierungswut in Händen.
team A-Game Distribution Regeln auf EU-Ebene Der modische Jahreskalender krankt daran, dass sich Konzerne und Einzelhändler in ihren Terminen erheblich unterscheiden. Ein Konzern bringt meist Monate früher das gleiche
Programm auf den Markt wie ein kleinerer Store. Der ideale Liefertermin für die Frühjahr-/Sommer-Kollektion ist bei Konzernen schon im Dezember, während der kleine Einzelhändler die neue Ware nicht vor Februar/ März haben möchte. Das führt zum Konflikt und hat zur Folge, dass sich die Jahreszeiten verschieben und verfrühte Rabattaktionen die Regel sind. Es klemmt also, weil der Handel keine einheitlichen Termine mehr hat. Wir würden eine einheitliche Regelung für den Schlussverkauf auf jeden Fall begrüßen. Wichtig wäre allerdings, dass auch der Onlinehandel mit einbezogen wird. Dafür müsste dann schon fast eine Regelung auf EU-Ebene erfolgen. Momentan kann man nicht mehr von einem Schlussverkauf sprechen, weil es einfach zu viele verschiedene Aktionen wie Mid-Season-Sale usw. gibt. Dadurch kommt es sehr schnell zur Entwertung der neu gelieferten Ware. Das ist auch für uns ein Problem. Wir versuchen, bestmöglichen Service zu bieten, und bieten an, bei uns nachzubestellen. Allerdings sind die Artikel schon nach wenigen Wochen entwertet, da Stores schon wieder beginnen, mit Rabatten zu arbeiten. Das heißt, dass auch wir unsere Lagerware für den Handel reduzieren müssen, was es uns erheblich erschwert, viel Ware auf Lager zu legen. Wir sehen mittelfristig keine Lösungsansätze, weil jeder verfahren kann, wie er möchte. Manche Hersteller versuchen, dem Einzelhandel gewisse Regeln aufzuzwingen, und drohen bei Verstoß damit, nicht mehr zu liefern. Allerdings kann sich so etwas nur ein sehr gut etabliertes Label leisten, das einen sehr guten Abverkauf garantiert. Sinnvoll ist nur eine Lösung, die für alle gilt. Für unsere Marken wäre es auf jeden Fall von Vorteil, wenn gesetzliche Rahmen wieder eingeführt würden. Für Marken, die alle zwei Monate eine neue Zwischenkollektion auf den Markt bringen, sind zwei Schlussverkaufstermine im Jahr wahrscheinlich schwierig. Für unsere Kunden ist dieser Saisonrhythmus ideal.
Onlinehandel angeht, müssen Vertriebsagenturen endlich anfangen, eine klare Vertriebsstrategie zu entwickeln. Prinzipiell ist zu viel Ware auf dem Markt. Es werden angeblich zwei Milliarden Euro im Jahr konsumiert, aber wenn alleine vier Milliarden Euro Warenwert auf dem Markt sind, kann das nur ein Minus ergeben. Im europäischen Raum rund um Deutschland ist der Modehandel um 20 Prozent eingebrochen, die Vertriebe geraten dadurch enorm unter Druck, was nicht zur Qualität der Distributionspolitik beiträgt. Bestes Beispiel: Element, seit neuestem beim Otto Versand gelistet, obwohl es ein absolutes Core-Produkt ist. Meine Kunden sagen zu mir wortwörtlich: Warum soll ich regulär noch was kaufen? Im Netz ist immer Sale. Das ist ein globales Prob-
Björn Müller, Dresscode Ansbach Ich mache nicht mit
01 „Den Kunden muss klar gemacht werden, dass sie nicht die Dummen sind, nur weil sie regulär kaufen.“ Christian Greiner, Ludwig Beck
Das Problem beginnt schon auf Vertriebsebene. Die Vertriebe setzen die Händler mittlerweile so unter Druck, durch strenge Vorgaben auf der einen Seite und eine kaum selektive Vertriebsstrategie auf der anderen Seite, die auch eigene Monolabel-Stores und Outletshopping mit einschließt. Gerade was den
01
02
03
02 „Anstatt vernünftigerweise gemeinsam rückwärts zu gehen, versuchen wir weiterhin uns gegenseitig zu überholen.“ Rainer Ksoll, MOD 03 „Sinnvoll ist nur eine Lösung, die für alle gilt.“ Aylin Diarra, A-Game Distribution
–– 71
Lass uns reden –– fashiondiskurs
lem geworden. Bei uns in Ansbach sieht man schon Ende Oktober Wellensteyn Jacken um 50 Euro reduziert. Im Dezember, im stärksten Monat im Jahr, wird alles auf Sale gesetzt, damit die Ladenbestände heruntergefahren sind, bevor im Januar/Februar die Sommerware eintrifft. Ein konkreter Lösungsansatz für Händler wie mich sind natürlich All-Season-Produkte wie Jeans oder Chinos, die unanfälliger sind für Sales-Aktionen. Und damit auch unanfälliger für eine Markenentwertung. Wir haben es ohnehin ständig mit sinkender Qualität auf Produktebene zu tun, und auch hinsichtlich des Angebots. Sieht man sich auf den großen Messen um, muss man leider feststellen, dass alle ins gleiche Horn blasen. Meine Devise für die Zukunft ist, eine klare Haltung gegenüber dem Vertrieb zu haben.
04
05
06
04 „Im Netz ist immer Sale. Das ist ein globales Problem geworden.“ Björn Müller, Dresscode 05 „Leider gibt es keine einfachen Lösungsansätze für das Problem, die in markigen zwei Sätzen hingeschmettert sind.“ Frank Götz, Firetrap 06 „Im deutschsprachigen Raum ist es für einen Multibrand-Händler fast nicht mehr möglich, Mid-Season-Sales zu umgehen.“ Henrik Soller, Komet und Helden
72 ––
Ich mache das nicht mehr mit. Wir müssen wieder runterkommen. Das Geschäft hat ja mal Spaß gemacht. www.my-dresscode.com
Frank Götz, Geschäftsführer Firetrap Germany Wir missionieren nicht den Markt Warum wird eigentlich immer nach den Marken, der Industrie oder gar dem Gesetzgeber gerufen, wenn es um das Thema Schlussverkauf geht? Wir richten uns doch nach dem Bedarf unserer Einzelhändler. Die Missionierung des Marktes funktioniert nicht, da wirst du als Marke sofort abgestraft. Wir arbeiten mit acht Lieferterminen im Jahr plus Lager, um die Gratwanderung zwischen all den Bedürfnissen bestmöglich abzuwickeln. Da steckt viel Arbeit drin, da wir zusätzlich noch die Unterschiede zwischen einzelnen Regionen und Ländern berücksichtigen müssen. Es wird in solchen Diskussionen gerne vergessen, dass Südeuropa auch noch existiert – und viel Umsatz macht. Die Marken jonglieren hier permanent. Leider gibt es keine einfachen Lösungsansätze für das Problem, die in markigen zwei Sätzen hingeschmettert sind. Wir würden uns eine einheitlichere Praxis wünschen. Alleine weil wir selbst mit der Problematik durch unseren Online-Store doppelt betroffen sind. Einerseits möchten wir nicht unsere Wholesale-Kunden mit zu frühen Abschriften verprellen, andererseits sind wir auch dort zu kommerziellem Handeln verpflichtet. Es nützt der Marke und damit unserem Kunden nichts, wenn wir uns als allerletzte auf die neuen Saisons vorbereiten. Trotzdem schreiben wir eisern erst dann ab, wenn es die Mehrzahl unserer Kunden längst tut. Trotzdem wäre ein offiziell vorgegebener Rahmen mit einem zeitlichen Schwerpunkt zu begrüßen. Hier sind aber meines Erachtens die Verbände, nicht der Gesetzgeber oder etwa die Industrie gefordert. Gesetzliche Eingriffe in solche Details sind in der Regel realitätsfremd. Die unternehmerische Initiative wird beschnitten, meist ist das kontraproduktiv. Der modische Jahreskalender müsste in vielen Punkten nachjustiert werden. Aber es gibt zu viele auseinanderlaufende Meinungen und Ansprüche. Bei vielen Einzelhändlern beginnt der Sommer im November und der Winter im Mai. Andere sind mehr am Bedarfszeitpunkt orientiert: Keine Shorts oder T-Shirts vor März. Winterjacken sind ab Dezember rot gepreist, obwohl der Winter
im Januar richtig anfängt. Im Februar kriegst du dann keine warme Jacke mehr. Für Branchenfremde klingt das doch pervers. Trotzdem muss man mit den Wölfen heulen. Wenn einer meint, sich schlau gegen den Markt zu stemmen, geht er meist unter.
Henrik Soller, Komet und Helden GmbH, KuH Retail GmbH Der Lagerdruck ist das Problem Wir versuchen mit Superdry, den regulären Warenfluss zu erhalten und die traditionellen Verkaufsregeln beizubehalten. Mid-SeasonSales sind größtenteils eine Sache für Händler, die enormen Lagerdruck haben, Unternehmen wie Weekday, H&M oder All Saints. Bei denen ist quasi immer Sale. Im deutschsprachigen Raum ist es für einen Multibrand-Händler fast nicht mehr möglich, diese Zwischenverkäufe zu umgehen. Wenn das gesetzlich überhaupt noch zu regeln ist, müsste es auf europäischer Ebene passieren. Gerade im Onlinebereich findet ja fast täglich irgendwo ein neuer Sales statt. Free Shipping ist innerhalb Europas inzwischen Standard, vor allem in den Sales-Phasen, davon lässt sich heute keiner mehr abhalten. Wir haben allerdings die Erfahrung gemacht, dass die hochwertigen Multibrand-Händler und Marken versuchen, diese Sales zu umgehen, und sich an den traditionellen Schlussverkaufsphasen orientieren. Jeder Modefachhändler, der von der Marge lebt, versucht diese Politik natürlich tunlichst zu vermeiden. Der Modefachhandel ist für uns mit Superdry ein ganz wichtiger Partner, daher sind wir natürlich bestrebt, unsere Markenpolitik sehr hoch zu halten, auch im kommerziellen Bereich. Das ist meiner Meinung nach der einzig mögliche Weg, als Marke in dieses ganze Geschehen einzugreifen. Wir können unseren Handelspartnern nicht Angebote wie Kommission, Discount oder Warentausch anbieten. Wenn wir das anfangen, brauchen wir wieder neue Ventile und dann kommen wir genau in diesen Kreislauf rein, wo die Ware am Ende bei Online-Sellern wie Brands for Friends landet. Viele Marken stellen das als Customer Service dar, ich sehe darin ein zugrunde liegendes Problem für den Warenfluss im Einzelhandel. Der Kunde muss die Verantwortung für das übernehmen, was er einkauft. Wir appellieren immer an den Handel, dass wir alle im gleichen Boot sitzen. Und solange wir versuchen, klug und clever einzukaufen und zu verkaufen, wird uns das Thema nur im Positiven beschäftigen. Bisher konnten wir das gut halten. x
ASSERTIVENESS IS BASED ON RELIABILITY.
strong people, strong portfolio, strong business ---------------
a very strong show! ---------------
heritage signature brands & authentic contemporary newcomers sharing their passion for craftsmanship, precision & quality, united at one place, one platform, one tradeshow:
the L.O.C.K. BREAD & BUTTER BERLIN januar y 18–20th, 2012 w w w. br e a d a n d bu t t e r.c o m /lo ck
01
Im Galopp nach vorn Heiner Sefranek, geschäftsführender Gesellschafter der Mustang-Gruppe, hat umgesattelt. Im vergangenen Jahr verkaufte er die Mehrheit des Familienunternehmens an eine Investorengruppe. Dietmar Axt tritt an seine Stelle als Geschäftsführer. Text Ina Köhler Fotos Mustang
„Wenn man eine solche Marke aufgebaut hat, ist es wichtig, eine langfristige Basis zu schaffen, um das Unternehmen mit seinen Mitarbeitern weiterzuführen.“ Heiner Sefranek
74 ––
I
m Hohenloheschen blüht das Unternehmertum: Im gerade mal knapp 15.000 Einwohner zählenden Künzelsau sind gleich mehrere Weltunternehmen wie die WürthGruppe oder die Berner SE angesiedelt. Albert Berner und Schraubenkönig Reinhold Würth, beides Gründer von milliardenschweren Imperien, haben durch Fleiß und eisernen Erfolgswillen in der Nachkriegszeit bleibende Werte geschaffen. Milliarden werden bei Mustang zwar nicht umgesetzt, allerdings gibt es in der Geschichte der Künzelsauer Jeansmarke durchaus Parallelen mit den prominenten Nachbarn: Albert Sefranek, der 2010 seinen 90. Geburtstag feierte, baute in den Wirtschaftswunderjahren den Be-
rufsbekleidungsproduzenten von kleinen Anfängen zur ersten erfolgreichen europäischen Jeansmarke auf. Sohn Heiner trat nach dessen Rückzug 1995 die alleinige Nachfolge an und erweiterte das Geschäft. Die Mehrheit des 80-jährigen Familienunternehmens hat im vergangenen Jahr Heiner Sefranek an die Investorengruppe ACapital verkauft. Sicher kein leichter Schritt, aber ein durchaus sinnvoller, um den Bestand der Marke und des Unternehmens zu sichern. Bei Mustang fehlte es letztlich an einem Nachfolger innerhalb der Familie, denn Sefraneks Kinder haben andere Pläne. „Wir haben uns überlegt, wie wir langfristig das Unternehmen sichern können“, so Heiner Sefranek. „Es macht keinen Sinn, den Kopf in den Sand zu stecken. Wenn man eine solche Marke aufgebaut hat, ist es wichtig, eine langfristige Basis zu schaffen, um das Unternehmen mit seinen Mitarbeitern weiterzuführen. Außerdem haben wir in der Vergangenheit sehr viel expandiert und möchten diese Expansion auf eine solide Basis stellen. Mir war auch wichtig, dass die Firmenkultur respektiert wird und man die Marke mit viel Passion weiter nach vorne bringt.“
Mustang –– lass uns reden
Unter neuer Führung
02
03 04
Mit dem Verkauf stand auch ein personeller Wechsel an: Heiner Sefranek, bislang Geschäftsführer von Mustang, wird am 1. April 2012 in den Vorsitz des Beirats wechseln. Eine neue Rolle für ihn, der im vergangenen Jahr nach dem Weggang von Theo Birkemeyer wieder aktiv die Zügel bei Mustang übernommen hatte. Er macht den Platz für seinen Nachfolger Dietmar Axt frei, der am 1. Januar als Geschäftsführer in Künzelsau begonnen hat. Dietmar Axt, zuletzt Mitglied der Geschäftsführung bei der Schmallenberger Falke Gruppe, freut sich auf seine neue Aufgabe: „Mustang ist eine authentische Denimmarke mit einer unglaublich tollen Geschichte.“ Seine beruflichen Stati-
„Mustang ist eine authentische Denimmarke mit einer unglaublich tollen Geschichte.“ Dietmar Axt Jeanspioniere der ersten Stunde
05
– 1920 wird Albert Sefranek, Vater von Heiner Sefranek, geboren. – 1932 gründet seine Schwiegermutter Luise Hermann eine Produktion für Berufsbekleidung, die auf Initiative von Albert Sefranek 1948 unter der Bezeichung Hermann Cowboyhosen die ersten Jeans außerhalb der USA produziert. – 1958 nutzt Albert Sefranek erstmals richtigen Denim und gründet die Marke Mustang. – 1973 firmiert die L. Hermann KG in Mustang Bekleidungs- werke GmbH & Co um, die Produktpalette wird in den 1970er-Jahren um Oberteile erweitert. – Heiner Sefranek steigt 1974 ins Unternehmen ein, 1995 zieht sich Albert Sefranek aus der operativen Leitung zurück. In den 1990er-Jahren macht das Unternehmen zusammen mit Walter von Beirendonck und dessen Label W & L.T. Furore. 2003 wird die Bekleidungslinie eingestellt. Erfolgreiche Lizenzen gibt es mit Joop Jeans (1989 bis 2003) und Bogner Jeans (2001 bis heute). Die Marke Mustang erweitert sich in den vergangenen Jahren schrittweise als Lifestylemarke mit Lizenzen für Leder, Bodywear, Schuhe und Uhren. Die Gruppe investiert stark in den eigenen Retail, der Anteil beträgt heute rund 30 Prozent am Umsatz. Mustang betrieb 2011 noch 110 Stores. Die EU und Osteuropa sind wichtige Märkte für den Anbieter, in Indien gibt es Stores mit einem Partner, das Engagement in China wurde gestoppt. Weltweit gibt es über 1.400 Kunden, davon die Hälfte in Deutschland. Für 2011 erwartet man einen Umsatz von 127 Millionen Euro. – 2012 feiert das Unternehmen sein 80-jähriges Bestehen. www.mustang-jeans.com
onen vor Falke waren Denim-affin bei Tom Tailor Denim und Diesel. Diese Erfahrungen können ihm bei der Arbeit mit Mustang recht nützlich sein. „Das Unternehmen hat frühzeitig mit der Erweiterung zur Lifestylemarke begonnen, sowohl beim Produkt als auch bei der Vertikalisierung. Als starker Partner des Handels möchte ich diese Erfolgsgeschichte fortschreiben.“ Auch für die neuen Investoren ist Axt kein Unbekannter: „Ich kenne Dietmar Axt sehr gut aus seiner Zeit bei Tom Tailor und freue mich, die damals sehr erfolgreiche Zusammenarbeit mit ihm bei Mustang fortzusetzen“, so Thomas Schlytter-Henrichsen, Partner der ACapital Beteiligungsberatung. Mit dem Investment von ACapital fließt auch frisches Geld in das Unternehmen, um weiter zu expandieren. Die Investoren erwarten sich in den kommenden Jahren eine Verdopplung der Umsätze, die zurzeit bei 127 Millionen Euro liegen. „Die Marke hat das Potenzial dazu“, sagt Sefranek. „Auch wenn Mustang in der sehr konkurrenzintensiven Marktmitte positioniert ist.“ Zunächst steht jedoch die Konsolidierung an: In den vergangenen Jahren hatte man sehr auf das vertikale Retail-Geschäft gesetzt, zu stark nach Ansicht von Sefranek. „Das Tempo war nicht optimal. Es haben sich einige Standorte herauskristallisiert, die nicht funktioniert haben und die wir jetzt geschlossen haben.“ Das Wholesale-Geschäft mit den bestehenden Kunden sei gerade für den deutschen Markt immens wichtig. Zusätzlich soll die Kollektion optimiert werden. „Man muss wieder mehr Marke erkennen können, wir brauchen ein profilierteres Produkt. Gerade bei Denim haben wir so viel Know-how, das muss wieder sichtbarer werden“, so Sefranek. Potenzial gibt es genug – am Standort Künzelsau steht das eigene kleine Jeansmuseum, das die 80-jährige Unternehmensgeschichte mit vielen Produkten und Bildern liebevoll dokumentiert. In Zeiten, in denen sich Marken künstlich Heritage kreieren, um authentischer zu wirken, ein Schatz, der neu gehoben werden könnte. x
02 03 04 01+05
Er gibt die Zügel weiter: Heiner Sefranek wechselt im April in den Beirat des Unternehmens. Dietmar Axt, bislang bei Falke, ist seit Januar neuer Geschäftsführer in Künzelsau. Heritage in Hülle und Fülle: Mustang bringt eine Geburtstagsedition heraus. Fokus aufs Produkt: Die Kollektion soll wieder stärker sichtbar werden.
–– 75
76 ––
Pepe –– lass uns reden
„Eine Firma, eine Strategie“ Während der europäische Jeansmarkt über die gestiegenen Baumwollpreise, die schwächelnde Konjunktur und die sinkende Konsumbereitschaft jammert, verzeichnet Pepe Jeans London stetiges Wachstum. Managing Director Carlos Ortega hat in den letzten zehn Jahren einige Grundsteine für den Erfolg gelegt, viele davon außerhalb Europas, wo er großes Potenzial für Pepe Jeans sieht. Interview Stephan Huber Text Isabel Faiss Fotos Pepe Jeans
V
or rund zehn Jahren haben Sie die Führung, insbesondere die strategische Führung von Pepe Jeans London übernommen. Diese zehn Jahre kann man ohne Schmeichelei als Erfolgsgeschichte bezeichnen. Carlos Ortega: Meiner Meinung nach gibt es drei Faktoren, die Pepe Jeans inzwischen zu einem der drei Key Player im europäischen Markt gemacht haben. Der erste ist das Produkt. Wir entschieden uns, tief in das Thema Produktentwicklung einzusteigen und jede Saison das bestmögliche Produkt für den Kunden zu entwickeln. Der zweite Schritt war, uns auf unseren Kernmarkt zu konzentrieren. In der Vergangenheit hat Pepe Jeans oft versucht, alles selbst zu machen. Es gab Tochterfirmen von der Schweiz bis Südafrika oder Australien, um Beispiele zu nennen. Das hat zu einer diffusen Strategie geführt. Für uns geht es jetzt, nachdem ich das Management übernommen habe, um die großen Märkte in Europa, wie Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien und England. Daher haben wir einige Distributeure in diesen Märkten zurückgekauft und uns für die weniger starken europäischen Märkte nach starken Partnern vor Ort umgesehen. Wir konzentrieren uns auf die Kernmärkte und darauf, die richtigen Partner zu finden, die über den lokalen Vertrieb unsere neue Strategie verbreiten. Und der letzte Punkt war, ein richtig gutes Team zu bilden, und daran arbeiten wir immer noch. Was waren die wichtigsten Meilensteine dieses Erfolges? CO: 1989 gab es einen Eigentümerwechsel und wir kauften die Markenrechte für Spanien und Portugal. In Europa war die Kollektion damals noch in zwei Segmente geteilt, eine für den Süden und eine für den Norden. Zu dieser Zeit bekamen wir durch den Vorstand sehr viel UnterDie aktuelle Kampagne von Pepe Jeans unterstreicht den britischen Spirit der Marke und den London Lifestyle.
stützung, auch in Form von Kapital. Und mit der Hilfe von 3i konnten wir das Geschäft und die Markenrechte für Pepe für diese beiden Länder kaufen. Im Jahr 2000 kauften wir die restlichen Anteile für Südeuropa. In dieser Phase waren wir quasi zwei Firmen. 2002 wurde daraus wieder ein Unternehmen. Das war ein echter Meilenstein: Wir wurden ein Unternehmen mit einem Management, einer Strategie und einer Kollektion. Es gab keine Missverständnisse mehr zwischen der nord- und südeuropäischen Kollektion. Von da an konnten wir von Europa aus eine globale Markenstrategie aufbauen. 2005 stieg Torreal S.A. als Investor ein, was ein sehr wertvoller Partner für uns ist, weil sie Erfahrungen in vielen verschiedenen Branchen haben. In diesem Jahr haben wir auch Hackett London gekauft. 2005 war also ein weiterer Meilenstein in unserer Firmengeschichte. Und 2010 stiegen dann L Capital und Artá Capital als Investoren mit ein und wir entschieden gemeinsam, in neue Märkte zu expandieren. Der letzte große Schritt war 2011, als wir die Markenrechte für die USA und Kanada vom Lizenznehmer zurückgekauft haben. Mal abgesehen von dieser Entwicklung, wo steht Pepe heute im Markt? Wir gehören zu den Premium-Brands in Europa und haben ein festes Standing in allen Märkten, in denen wir sind. Verglichen mit Fußball, würde ich sagen, wir spielen in der Champions League in diesen Märkten. In diesem Jahr werden wir die 300-Millionen-Euro-Grenze schaffen. Diesen Erfolg erwirtschafteten wir zu 70 Prozent mit dem Handel und zu 30 Prozent mit den eigenen Stores. Nun geht es für uns darum, außerhalb Europas zu wachsen. Wir haben bereits Tochterfirmen in Lateinamerika, beispielsweise in Mexiko, und wir haben Partner in Chile, Peru und Panama. Dabei verfolgen wir
die gleiche Strategie wie immer: Die wichtigsten Märkte wie Mexiko oder Brasilien machen wir selbst und für die kleineren Märkte suchen wir uns kompetente Partner vor Ort. Neben Lateinamerika konzentrieren wir uns auch auf den Nahen Osten, Indien und Asien. In Südasien haben wir bereits Partnerverträge in Malaysia und Thailand abgeschlossen und stehen kurz davor, Indonesien und die Philippinen zu erschließen. Diesen Märkten schreiben wir in Zukunft viel Potenzial zu. In China suchen wir nach einem starken Partner für ein Joint Venture mit Leuten vor Ort, die sich auskennen und nicht zu viele Fehler machen. Was ist heute für den Erfolg als Denim- oder FashionBrand wichtiger? Das Produkt oder das Image? Eindeutig das Produkt. Ohne das richtige Produkt kann man die beste Strategie haben, ein tolles Image aufbauen und einige Zeit lang überleben. Aber auf lange Sicht gesehen funktioniert das nicht. Die Konsumenten sind zu clever. 70 Prozent macht das Produkt aus, 30 das Image. Hat sich das in den letzten Jahren zu Gunsten des Produkts verschoben? Absolut. Es wird immer wichtiger das richtige Produkt zum richtigen Preis zu haben. Die Zeiten der Überteuerung sind vorbei. Heute gibt es einfach zu viele Alternativen auf dem Markt, als dass man sich das noch leisten könnte. In der Werbung hat Pepe über Jahre regelmäßig Celebritys aus den unterschiedlichsten Bereichen eingesetzt. Fußballer wie Christiano Ronaldo, Schauspieler wie Ashton Kutcher, Supermodels wie Laetizia Casta. Was ist entscheidend, damit eine internationale Berühmtheit Markenbotschafter für Pepe werden kann? Wir suchen immer nach Menschen, die unsere Marken in allen Aspekten repräsentieren, mit ihrem Alter, ihrem Look und ihrem Lifestyle. Das müssen keine Models sein, aber sie müssen dieses Potenzial haben, in gewisser Hinsicht
„Die Zeiten der Überteuerung sind vorbei. Im Zentrum steht das Produkt.“ Carlos Ortega –– 77
lass uns reden –– Pepe
In der Frühjahr/Sommer Kollektion 2012 präsentiert Pepe Jeans den modischen Anspruch der Marke, der weit über eine reine Jeanskollektion hinaus geht.
das neue Gesicht von morgen zu sein. Diesen Anspruch versuchen wir gerade wieder mehr auf London und die Briten zu konzentrieren, weil wir eine britische Marke sind. Wir wollen unsere britische DNA unterstreichen. Für Aufsehen hat auch der Kauf der britischen Stilikonen-Menswear-Brand Hackett gesorgt? Wie kam es zu dieser auf den ersten Blick ungewöhnlichen Verbindung? Um ehrlich zu sein, war das ein spontaner Schritt. Wir waren alle Fans der Marke und haben darin eine große Chance gesehen. Als sie zum Verkauf stand, kamen wir erst sehr spät hinzu und mussten uns schnell entscheiden. Wir haben sie nicht blind gekauft, aber es musste schnell gehen. Heute sind wir sehr froh über diese Entscheidung. Das Geschäft läuft sehr gut. Hackett läuft absolut unabhängig in allen Geschäftsbereichen wie Sales, Sourcing und Design. Das ist ein wichtiger Teil des Erfolgs. In diesem Jahr werden wir die 100 Millionen Euro schaffen, nur fünf Jahre nachdem wir in Europa richtig gestartet sind. Mit Hackett haben wir eine eigene Strategie, die der Marke eine starke Identität verleiht. Wir behandeln Hackett als einen Teil der Gruppe, aber es läuft alles sehr unabhängig ab. Dafür haben wir Shops in Europa eröffnet und führen gerade Gespräche mit wichtigen Leuten in den USA. Auch in Japan haben wir Shops eröffnet, die sehr gut
78 ––
laufen. In Korea laufen gerade die Verhandlungen. Meiner Meinung nach gibt es überall auf der Welt eine Zielgruppe für Hackett. Planen Sie weitere Marken aufzunehmen? Ja, aber das hängt stark von der einzelnen Marke ab und den Möglichkeiten, die sie unserer Gruppe bieten würde. Wir sind immer offen für neue Ideen, beispielsweise für eine Frauenmarke – das fehlt uns noch im Portfolio. Wir haben einen Joint-Venture-Vertrag mit der amerikanischen Accessoiremarke Cult von Coach Accessories für den europäischen Markt abgeschlossen. Damit haben wir auch dieses Segment im Portfolio abgedeckt. Momentan bauen wir das für Europa weiter aus und eröffnen erste Stores in England, Spanien und bald auch in Deutschland. Also ja, wir expandieren, aber man muss heute sehr vorsichtig sein, in was man investiert. Für uns geht es um Konzepte, die uns einen gewissen Mehrwert für die gesamte Gruppe bringen. Daher wären wir sehr glücklich, eine starke Frauenkollektion zu finden. Der Jeansmarkt in seiner Gesamtheit hat sich im vergangenen Jahrzehnt radikal verändert. Der Boom der sogenannten Premiumdenims hat das Preisniveau insgesamt stark angehoben. War das in Ihren Augen eine gute Entwicklung? Und welchen Einfluss hatte das auf Pepe? Meiner Meinung nach begann das alles mit dem
Währungswechsel zum Euro in Europa. Aber das ging nicht nur dem Jeansmarkt so, das hat sich durch viele Segmente durchgezogen. Vor dem Euro gab es in vielen Märkten Preisobergrenzen. In England waren das um die 55 oder 50 Pfund, in Dänemark waren es 100 dänische Kronen. Als der Euro eingeführt wurde, hat jeder die Chance ergriffen, neue Preislevels festzulegen. Demnach haben sich einige Marken unterhalb der 100-Euro-Grenze angesiedelt, manche darüber. Und manche sind in den obersten Premiummarkt abgewandert. Einer der Hauptgründe, warum Pepe Jeans so erfolgreich wächst, ist die Tatsache, dass wir sehr realistisch und konservativ in unserer Preisgestaltung sind. Wir mussten anfangs erst einmal lernen, wie man mit geringeren Preisen im Markt umgeht, aber nicht mit Denimprodukten, deren Preise in die Höhe schnellen. Für mich ist es ein zentrales Anliegen, die Marke im richtigen Preissegment zu positionieren. Unsere VK-Preise liegen zwischen 90 und 120 Euro. Nur fünf bis zehn Prozent der Kollektion liegen darüber, das hängt vom jeweiligen Markt ab. Wir denken lokal und handeln global. Meiner Meinung nach sollten die Marken wieder zu realistischeren Preisen zurückkehren. Im Bereich über 100 Euro ist genug Platz für alle Marken. Aber man muss ehrlich gegenüber seiner Marke und seinem Kunden sein. Was sind Ihre Erwartungen für die kommende Saison? Wir rechnen mit einem zehnprozentigen Wachstum für unser Europageschäft. Das ist ziemlich gut, vor allem, weil einige Märkte momentan wegen des sinkenden Konsumverhaltens gerade in Südeuropa schwächeln. Aber ich denke, dass Konsumenten immer noch bereit sind, Geld auszugeben, wenn man die richtigen Dinge tut und das richtige Produkt zum richtigen Preis hat. Unser Ziel ist es, auch in neuen Märkten zu wachsen. Ganz oben auf der Liste stehen Lateinamerika und Asien. Unser Business außerhalb Europas auszuweiten, ist ganz entscheidend für uns und unser zukünftiges Wachstum. Was das Wachstum der Gruppe angeht, bin ich für die kommenden fünf Jahre sehr optimistisch. Und es gibt noch einen Trend, den ich als sehr wichtig einstufe: Nachhaltigkeit und eine größere Sensibilität dafür, sich umweltfreundlich zu verhalten. Dieses Thema nehmen wir sehr ernst. Wir entwickeln gerade eine neue Linie, für die wir 80 bis 90 Prozent weniger Wasser und keine Chemikalien für den Waschprozess verwenden. Diesen Teil der Kollektion nennen wir True Blue und er wird erstmals auf der Bread & Butter im Januar 2012 vorgestellt. In den Stores ist True Blue dann ab Mai/Juni 2012. x
levi‘sxx –– lass uns reden
Raus aus der Nische Vom Start-up in die Denimwelt: Die Premiumdenim-Linie Made & Crafted wurde nach einer Testphase jüngst in die Hauptkollektion integriert. Nach fünf Saisons hat das Label 500 Verkaufspunkte weltweit. Miles Johnson, Design Director von Levi’s XX über die Zukunft von Made & Crafted. Text Miranda Hoogervorst
Weitere Flagship-Stores sind der nächste logische Schritt für die Premiumdenim-Linie. Dies soll bereits 2012 realisiert werden.
Fotos Levi’s Made & Crafted
W
as waren damals die Beweggründe, eine Linie wie Made & Crafted zu realisieren? Wir wollten testen, wie unsere Marke im Premiumdenim-Segment funktioniert, und suchten nach einer Produktrange, mit der wir auch die etwas reifere Zielgruppe ansprechen konnten. Made & Crafted sollte eine hochwertige und teurere Linie werden, gemäß unseres Claims „Quality never goes out of style“. Wir beziehen unsere Stoffe von überall aus der Welt. Hauptsächlich aus North Carolina, wo wir seit 1915 unsere Stoffe von Cone Denim kaufen. Wir arbeiten auch mit einigen der besten Denimweber aus der Türkei. Die Linie wurde kürzlich in die Hauptlinie integriert. Warum? Maurizio Donadi, Senior Vice President von Levi’s XX, spielte bei dem Aufbau der XXAbteilung und der Entwicklung von Made & Crafted eine sehr wichtige Rolle. Wir haben die Linie vor knapp zwei Jahren als Start-up gegründet. Entwickelt und aufgebaut wurde sie von einem externen Team in einem separaten Designbüro. Heute ist die Linie ausgereift und hat sich als erfolgreich erwiesen, sodass wir beschlossen haben, sie in unsere Hauptlinie mit zu integrieren, um sie einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Worin sehen sie bei Made & Crafted das meiste Potenzial? In der Damenkollektion. Es ist faszinierend, denn die Styles für Frauen von Made & Crafted verkaufen sich im Verhältnis besser als die aus der Hauptkollektion. In Europa liegt das Verhältnis bei 50 zu 50 Prozent. Wir haben keinen großen Background im Segment Womenswear, außer ein paar Jeans und Ja-
„Mit Made & Crafted schaffen wir es ein neues Kundensegment zu erreichen: die Frauen.“ Miles Johnson, Levi‘s XX cken. Mit den Styles der Kollektion Made & Crafted ist es uns möglich, ein neues Kundensegment zu erreichen, und das überrascht uns. Die hochgeschnittene Skinny Jeans ist zum Beispiel besonders beliebt, deshalb investieren wir gerade besonders in die Damenkollektion. Ziel ist es, das Sortiment auszuweiten und etwas experimenteller zu gestalten. Im Herbst/Winter 2012 wird es bereits viel mehr und interessantere Styles, Farben und Stoffe für Frauen geben. Wie sieht ihre Distributionsstrategie für die Zukunft aus? In den USA haben wir das Label verstärkt in Department-Stores wie Barneys, Bergdorf und Saks Fifth Avenue etabliert. In Japan haben wir gerade erst mit Fokus auf Fachgeschäfte und Concept-Stores begonnen. In
Rom haben wir bereits einen Shop-in-Shop in einem Levi’s Store, ebenfalls in Berlin und London. Von diesen einmal abgesehen, würden wir auch gerne eine ganze Reihe eigener Made & Crafted Stores eröffnen. Wichtig ist, dass dies bereits 2012 passiert. x
Infos in Kürze
Made & Crafted wurde im Sommer 2010 als Premiumdenim-Linie des Levi’s XX Departments ins Leben gerufen. Im Herbst 2011 kündigte Levi’s an, die Linie in die Levi’s Hauptkollektion zu integrieren. Maurizio Donadi, ehemaliger Senior Vice President von Levi’s XX, wird das Unternehmen im März 2012 verlassen. Er war über vier Saisons hauptverantwortlich für den Aufbau von Made & Crafted.
–– 79
M
it Graffiti begann er in der zehnten Klasse, gemalt hat er schon als kleines Kind. Mit zwölf zeichnete er seine ersten Characters. Dann kam das Sprayen. Dosen waren zu teuer und Klauen kam nicht in Frage. Also Abschluss auf der Fachhochschule für Kunst, dann die erste Anstellung als Designer. Nach drei Jahren bei der Münchner BasketballBrand K1X kam die Selbständigkeit. 2010 gründete er gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Christian Boszczyk die Designagentur FPMD. Heute hat Paul Hintermeier kaum noch Zeit, seine Seite auf Myspace mit neuen Werken von I ARE UGLY zu bespielen, die Auftragsbücher sind voll. Seine letzte Ausstellung MartialArts – gemeinsam mit Beastiestylez – widmete der erklärte Comicfan seinen persönlichen Helden wie unter anderem Wolverine, Hulk oder Homer Simpson.
01
80 ––
Herr Hintermeier, vielen Dank, dass Sie unser aktuelles Cover designt haben. Ihre Hände haben darauf ordentlich Stoff zwischen die Finger bekommen. Warum sind es eigentlich nur vier Finger? Paul Hintermeier: Das hab ich mir nicht selbst ausgedacht, im Grunde ist es ein Stilmittel aus dem Comiczeichnen, das sich bei mir über die Jahre so eingebürgert hat. Meine Hände sind generell ziemlich verfremdet
i are ugly –– Lass uns reden
We is all ugly Ein Gespräch über Graffiti, Comic-Helden, Antihelden, die Diskrepanz von Kunst und Kommerz und die Frage nach der Notwendigkeit politischer Statements an denkmalgeschützten Gebäuden. Für x-ray nahm sich der Münchner Ausnahmekünstler Paul Hintermeier alias I ARE UGLY Zeit und gestaltete das aktuelle Cover der Ausgabe. Text Isabel Faiss 02
Illustrationen I ARE UGLY
um Mimik und mehr Dynamik in den Characters realisieren zu können. Seit wann ist diese Hand das Markenzeichen von I ARE UGLY? PH: Noch gar nicht so lange. Ich habe eine Zeit lang Characters gemalt, die maskenartig aussahen, als hätten sie eine Kapuze auf oder als steckten sie in einem Kostüm. Das haben dann irgendwann so viele gemacht, dass ich mich davon gelöst habe. Die Hand als Character habe ich erstmals für eine Ausstellung gemacht, damals war das die Blue Hand Group, Characters aus Holzplatten ausgeschnitten. Später hat man mich oft gefragt, ob die Hände angelehnt seien an die Screaming Hand von Santa Cruz. Da kann ich nur sagen, diese Parallele war reiner Zufall. Aktuell kenne ich keinen Streetartist, der überwiegend Hände malt und schon gar nicht mit Gesicht. Sie sind momentan einfach typisch für mich und funktionieren auch sehr gut plakativ als Eyecatcher. Wenn man von Ihrer Kunst oder Ihnen als Künstler spricht, korrigieren Sie als erstes. Warum eigentlich? PH: Ich bezeichne mich nicht als Künstler, sondern als Designer oder Dienstleister. Wenn es um meine Arbeit geht, stelle ich mich darauf
ein, was der Kunde möchte. Das ist eine Herausforderung, die mindestens genauso viel Spaß machen kann, wie eigene Kunst zu entwerfen. Ich versuche, immer so effektiv wie möglich zu sein. Neue Sachen auszuprobieren, ist das Spannendste an meinem Job. Natürlich ist das eine endlose Diskussion über Idealismus, Kopieren und kopiert werden und Kommerzialisierung. Wenn es um meine Illustrationen geht, die ich als I ARE UGLY mache, sehe ich mich nicht als Künstler, da ich aus meiner Sicht nichts absolut neuartiges mache, sondern die Illustration nur als Ventil nutze, mich auszudrücken. Wie kam es eigentlich zu dem Grammatikfehler in Ihrem Namen? PH: Der Name ist aus der Not entstanden. Ich habe schon während des Studiums T-Shirts bedruckt, die unter dem Namen „Ugly People Clothing“ liefen. Damals habe ich die Shirts übrigens noch von Hand an der Siebdruckmaschine bedruckt, was mir heute wertvolles Know-how liefert. Ursprünglich waren die Shirts Teil meiner Abschlussarbeit. Ärgerlich war nur, dass ich erst ziemlich spät herausgefunden habe, dass sich schon eine Modelagentur in Mailand Ugly People als Namen gesichert hatte. Daher musste ich noch
mal kurzfristig alles umschmeißen und habe dann auf den Claim I ARE UGLY zurückgegriffen. Mich hat die Diskrepanz zwischen Klei-
03
01-03
Die Ausstellung Martial Arts widmeten die Künstler I ARE UGLY, Beastiestylez und 110specialblack ihren persönlichen Comic-Helden. Paul Hintermeier setzte dafür unter anderem Venom als Venom Hand in Szene.
–– 81
lass uns reden -- i are ugly
01
lung bis zur Kollektion –, das sich 10.000 Mal verkauft, dann habe ich doch tausendmal mehr Ruhm. Auch wenn nicht mein Name draufsteht, weil sich so viele Leute über das Shirt gefreut haben. Ich habe damit noch nie Probleme gehabt. Braucht es diesen Geschäftssinn, wenn man nicht in Schönheit sterben will? PH: Wenn jemand etwas drauf hat, soll er es auch zeigen. Kooperationen mit großen Marken sind natürlich ein Sprungbrett. Wer sagt denn bitte nein zu Nike? Da geht es doch gar nicht um Idealismus oder ums Geld, sondern um coole Projekte und Möglichkeiten, die man sonst vielleicht nie bekommen hätte.
01 Auch die Hand gewordene Darstellung von Homer entstammt der Ausstellung Martial Arts, die im Februar 2011 in München stattfand. 02 Paul Hintermeier alias I ARE UGLY; ein Selbstportrait.
dung als Kommunikationsmittel und Schmuckelement und dem Begriff hässlich gereizt. Das wirft Fragen auf und man kommt gleich ins Gespräch. Ich habe I ARE UGLY T-Shirts nie gemacht, um einen Trend zu bedienen, sondern um meiner Kreativität freien Lauf zu lassen. Als das mit meinen Händen wirklich anlief, habe ich eine ganze Kollektion für Pyromaniac Clothing entworfen, die Pyromanos, die Feuerhände, eine Latinogang, die nur aus Händen besteht. Aus dieser Koop ist auch das I ARE UGLY x Pyromaniac Vinyl Toy entstanden. Der Grammatikfehler zieht sich übrigens durch, das gehört zum Konzept, nach dem Motto: Ich bin nicht nur hässlich, sondern auch dumm. Natürlich steckt da eine Menge Selbstironie dahinter. Und ganz ursprünglich ist das aber auf den Anti-Hero aus der Cartoon Network Serie „I Am Weasel“, dem Baboon, zurückzuführen. Er hat immer das Nachsehen, aber er ist, aus meiner Sicht, auch immer tausendmal cooler als das Wiesel. Er wird nur immer verkannt. Man darf sich selbst nicht immer so ernst nehmen. Im Trailer zeichnet Baboon jedenfalls auf sein Shirt „I R Baboon“. Daher der Name. War der Designjob eine Notwendigkeit nach dem Motto: I’d rather have money than fame? PH: Wenn ich ein T-Shirt für Footlocker mache – einer unserer größten Kunden für den wir inzwischen die komplette Private-LabelGeschichte machen, von der Logoentwick-
82 ––
Gibt es in München eigentlich eine Streetart-Szene? PH: Wenn ich jetzt nein sage, sitzen sie mir alle im Nacken. Aber, um es diplomatisch zu lösen, ich denke die Graffiti-Szene in München ist deutlich stärker. Ein schöner Tag an einer guten Stelle ist mir auch tausendmal lieber als eine Schablone, die aussieht wie Banksy. Klar kann man über dieses Schablo-
nen-Graffiti seine politischen Einstellungen mitteilen. Ich bin allerdings null politisch. Das interessiert mich nicht, ohne ignorant rüberkommen zu wollen. Also keine politischen Statements an Gebäuden? PH: Es gibt definitiv Gebäude, an denen Streetart und Graffiti aus meiner Sicht nichts zu suchen haben. Einen Tag auf einer alten Kirche braucht kein Mensch. Ich freue mich über Sticker auf Straßenschildern. Leider ist das inzwischen genauso kriminell wie Sprayen. Da gab es in München eine Zeit lang einen richtigen Run und prominente Vertreter wie Senior B oder Förtress, Emka hat sogar mal eine Litfaßsäule am helllichten Tag mit seinen Postern eingekleistert. Es gibt auch in München Leute, die das richtig cool machen. Die Graffiti-Szene in München ist jedoch immer noch stärker, Won und die ganze ABC Crew, die Writers Corner, die Mitglieder von CSB, das sind ein Haufen großartiger Vertreter der Graffitikunst in München. x www.i-are-ugly.de, www.fpmd-design.com www.myspace.com/i_are_ugly
„Wenn jemand etwas drauf hat, dann soll er es auch zeigen.“ Paul Hintermeier
02
NoNe of us are gettiNg aNy youNger, but at least we’re all improviNg with age! some of us aNyway ... :-)
forza bread & butter!
UCM-Verlag, Salzweg 17, 5081 Salzburg-Anif, Austria T 0043.6246.897999, office@ucm-verlag.at, www.ucm-verlag.at
01 Bula I’m naked without my Bula
Mit diesem vielversprechenden Claim startete die kanadische Snowwear-, Sports- und Accessoiremarke Bula im Jahr 1983. Ihre Kernkompetenz sind dabei vor allem Mützen, die eine ordentliche Portion Farbe in die weiße Powderlandschaft bringen sollen, denn jedes Modell gibt es in bis zu acht verschiedenen Farbvarianten und verschiedenen Mustern. Die Produktpalette umfasst Styles aus Acryl, Merinowolle, Alpaka und natürlichen Wollgarnen. Die EK-Preise rangieren zwischen zehn und 30 Euro, je nach Modell und Material. Neben Mützen umfasst das Sortiment inzwischen auch Streetwear und Outerwear für Männer, Frauen und Kinder. Topseller sind neben Mützen auch Socken, Skibrillen, Taschen, Rucksäcke, Kopfhörer, Handschuhe und Funktionsunterwäsche aus Mikrostretch, die es seit neuestem auch für Kids gibt. Bula ist bereits bei Gleis 4 in Bregenz, Tom Klee in Hamburg und online bei powderforce.com erhältlich. Kontakt: Chris Sports Europe GmbH, 80939 München/Deutschland, T 0049.89.32195571, office@chrissports.eu, www.chrissports.eu, www.bulabula.com
84 ––
02 Ginger & Ruby Independent Kidswear
03
Kein Quietschrosa und kein Pastellblau, keine Glitzerapplikationen und kein Vichy-Karo. Kindermode für Kinder. Mit ihrer Kinderkollektion Ginger & Ruby konzentriert sich die Münchner Designerin Aylin Krueger auf Strickkollektionen für Kinder und Babys von zwei Monaten bis acht Jahren. 2007 stellte sie erstmals Teile ihrer Kollektion vor, die heute in ausgesuchten Kinderläden und Boutiquen und deren Onlineshops, nicht aber bei reinen Onlineshops vertreten ist. Jetzt gibt es die Kollektion auch über ihren eigenen Webstore. Die Kalkulation der Strickteile, die teilweise aus zweifädigem mongolischem Cashmere in der Mongolei auf Handstrickmaschinen hergestellt werden, liegt zwischen 2,4 und 2,6. Aylin Krueger plant bereits, die AccessoiresRange der Kollektion weiter auszubauen bzw. auch für Frauen anzubieten und Home-DecoArtikel wie Decken mit aufzunehmen.
Stolen Thunder, die englische Schmuckmarke wurde 2008 von Joy Frost und Alice Burlinson gegründet. Ihr Spezialgebiet sind Ringe, Ketten, Ohrstecker, Broschen und Armbänder, inspiriert von originalen Vintage-Teilen der 1950er- und 1980er-Jahre. Klassiker wie der goldene Querlenker-Ring (16 Euro EK), der English-Rose-Ring (20 Euro EK) oder Ketten mit Anhängern aus Holz (12,80 Euro EK, bei einer 2,5er-Kalkulation) sind die Herzstücke der Kollektion. Gefertigt wird der Schmuck aus umweltfreundlichen Materialien wie Bambus, Seide, Leder und antiken Ketten. Vertreten ist die Marke bereits online bei Frontlineshop, Modcloth in den USA oder in den Joy Stores in England. Händler müssen keine Vororder schreiben, sondern können den Schmuck direkt online über ihre Website beziehen.
Kontakt: Ginger & Ruby, Agentur für Kindermoden, Bettina Ramin, 80807 München/ Deutschland, T 0049.89.35899451, agentur@bettina-ramin.de, www.gingerandruby.com
Kontakt: Stolen Thunder, Joy Frost, DE44FB Derbyshire/UK, T 0044.1629.826664, wholesale@stolenthunderboutique.com, www.stolenthunderboutique.com
stolen Thunder Vintage mit Seele
finden wir gut –– mode
FinDen wir gut Text Nicolette Scharpenberg, Isabel Faiss Fotos Marken
05
House of Montague Bekennender Sneaker-Nerd
Weil er Sneakers liebt. Dieser simple, aber triftige Grund bewegte Martin Ahn nach seinem Studium am Fashion Institut for Technology in New York und nach einem Praktikum bei Staple Design in New York dazu, sein eigenes Sneaker-Label zu gründen. Zusammen mit seinem Partner Ronni Rasmussen, der heute für Marketing und Vertrieb zuständig ist, launchte er im April 2011 House of Montague. „Ich war schon immer ein Sneaker-Nerd, als Kind habe ich ständig Schuhe gezeichnet“, erzählt Ahn. Seine erste Kollektion besteht aus acht verschiedenen Modellen für Männer. Darunter überwiegend High-Tops aus Nappa-, Nubuck- oder Wildleder teils mit Holzdetails oder Tassels. Preislich bewegen sich die Schuhe zwischen 62 und 87,90 Euro im Einkauf bei einer 2,6er-Kalkulation. Bereits vertreten ist das dänische Label im Shusta Salon in Berlin. Kontakt: House of Montague, 2450 Kopenhagen/Dänemark, T 0045.42411321, sales@houseofmontague.dk, www.houseofmontague.dk
04 Sandqvist Streetwear Level 2
Es begann alles mit einer Laptoptasche im Jahr 2004. Heute hat Anton Sandqvist mit seiner gleichnamigen Taschen- und Accessoiremarke einiges mehr im Repertoire: Rucksäcke, iPhone Sleeves, Messenger Bags, Portemonnaies, Weekend Bags, Gürtel und eine kleine Strickkollektion für Männer, Frauen und Kinder. „Zu Beginn waren wir mit unseren Produkten nur in Design- und Apple Stores vertreten. 2007 haben wir uns entschlossen, von den industriellen Materialien wegzugehen, und begannen, modischere Styles aus Canvas oder Cordura mit Lederapplikationen zu entwickeln. Unser Ziel war es, unsere Produkte in Menswear- und Streetfashion-Stores zu verkaufen“, erzählt Sandqvist. Mit Erfolg. Zwischen 2009 und 2010 folgte der Durchbruch. Heute ist die schwedische Marke in Stores wie Number Six in London, Harvest in München, Streetmachine in Kopenhagen oder Odin in New York vertreten. Die EK-Preise liegen zwischen 14 Euro für kleine Accessoires wie den Apple Sleeve, 67 Euro für Rucksäcke aus Cordura und 122 Euro für Aktentaschen bei einer 2,5er-Kalkulation. Kontakt: Sandqvist Bags and Items AB, 11848 Stockholm/Schweden, T 0046.705276910, daniel@sandqvist.net, www.sandqvist.net
06
Vibe Harsløf Bling Bling mit Bling
Angstlos und unverwechselbar verspielt ist das Universum der dänischen Schmuckdesignerin Vibe Harsløf. Inspiriert von rebellischen Subkulturen und klassisch skandinavischem Design, kreiert Harsløf seit 2008 kunstvollen Schmuck. Elemente sind Silberschmuck mit Kork, Harz, Plexiglas, Holz oder anderen Materialien bis hin zu Tabakpfeifen. Ihre Produkte sind minimalistisch und sollen als zeitlose Designobjekte stehen. Das wichtigste ist ihr jedoch die Tragbarkeit. „Mein Stil ist clean und pur, ohne überflüssigen Schnickschnack“, erklärt Harsløf. Preislich liegt der Schmuck zwischen 75 und 200 Euro im Verkauf und ist bereits bei Wood Wood in Kopenhagen und Wien vertreten, sowie bei Betulla in Rom und bei Henrik Vibskov in New York. Kontakt: Vibe Harsløf, 2100 Kopenhagen/Dänemark, T 0045.26331514, vibe@vibeharsloef.dk, www.vibeharsloef.dk
–– 85
07 Nomis Connected for Life
Als ein gehütetes Geheimnis wird die 2004 gegründete Streetwear- und Snowboardmarke Nomis bis heute in der Szene gehandelt. Kopf der Marke ist Profi-Snowboarder Simon Chamberlain aus Kanada, der unter anderem auch für die Marken Thirtytwo, Stepchild, Dragon und Vestal fährt. Nomis ist sein eigenes Label und berühmt für flashige Farbkombinationen und Prints. Die Streetwear-Kollektion für Männer, Frauen und Kinder umfasst knapp 170 Teile wie beispielsweise Hoodies, Hemden, T-Shirts, Jeans, Kleider, Jacken und Accessoires wie Rucksäcke, Mützen, Caps und Gürtel. Die EK-Preise liegen zwischen 16 Euro für T-Shirts und 90 Euro für Jacken. 2009 wurde das Sortiment um eine Outerwear-Kollektion erweitert. Snowboardjacken, Hosen und Accessoires wie Bandanas, Handschuhe und Mützen liegen zwischen zwölf Euro für Accessoires, 70 Euro für Snowboardhosen und 90 Euro für Snowboardjacken. Nomis ist in Europa bislang online bei Blue Tomatoe, Hotzone und Chido erhältlich. Kontakt: Chris Sports Europe GmbH, 80939 München/Deutschland, T 0049.89.32195571, office@chrissports.eu, www.chrissports.eu, www.nomisdesign.com
08 Sevant Dem Skateboard zu Diensten
Rasmus Åhrberg studierte Produktdesign an der Danmarks Design Skole in Kopenhagen. Zusammen mit Patrik Sundberg, Designer und Teammanager, und Magnus Evergård, gelernter Schuhentwickler, gründete Åhrberg 2009 die schwedische Skateschuhmarke Sevant. Als Designer, der seit den 1980er-Jahren Skateboarding als einen festen Bestandteil seines Lebens betrachtet, war es nur eine logische Konsequenz, ein eigenes Label an den Start zu bringen, das die Szene und seine Kultur unterstützt. „Unser Ziel war es, eine Alternative zu den amerikanischen Megabrands zu bieten“, sagt Åhrberg. Sevant bietet neben Schuhen auch T-Shirts, Hoodies und Accessoires. Die Einkaufspreise für Schuhe liegen zwischen 30 und 35 Euro. In Deutschland ist die Marke bereits bei Mantis in Hamburg vertreten sowie online unter www.junkyard.se und bei www.streetlab.nu. Kontakt: MDCN Distribution, 20097 Hamburg/Deutschland, T 0049.40.23532744, stefan@mdcn.de, www.mdcn.de
86 ––
09 Arpenteur Aktuell traditionell
10 Svensson Schwedischer Gusto
Marc Asseily und Laurent Bourven beschreiben ihre Kollektion für Arpenteur selbst als „traditionelle französische Sportswear für heute“. Zur Frühjahr-/Sommer-Saison 2012 feiert die neue Marke aus dem französischen Lyon ihre Premiere. Stilistisch orientierten sich die beiden Designer an traditionellen Fertigungstechniken, typisch französischen Detaillösungen und Ideen aus den Bereichen Workwear, Outdoor und Military. „Uns begeistert, wie Kleidung früher gemacht wurde. Wie Handwerker ihr Wissen dazu benutzten, ohne technische Hilfsmittel ein Kleidungsstück so herzustellen, dass es den Träger bei seiner Arbeit, in der Wildnis oder beim Sport ideal unterstützte. Das Resultat war immer ein perfekter Mix aus Funktionalität, genialer Handwerkskunst und robuster Qualität“, erklärt Marc Asseily. „Genau diesen Mix wollen wir in jedem unserer Teile garantieren.“ Stores wie Burg und Schild, Merci oder Nitty Gritty sind bereits Fans. Mit VK-Preisen zwischen 150 und 180 Euro für Hosen, 200 bis 400 Euro für Jacken und 150 bis 180 Euro für Hemden richtet sich die 15 Teile umfassende Kollektion an Stores im mittleren bis gehobenen Preissegment. Produziert wird übrigens ausschließlich in Frankreich, überwiegend in Kooperation mit alt eingesessenen Traditionsbetrieben.
Svensson versteht was von Edelhandwerk. Die Stärke liegt dabei ganz klar bei Denims und Strick, der in einem kleinen Dorf nahe Florenz gefertigt wird. „Wir verdanken einen Großteil unserer Qualitäten der italienischen Handwerkskunst“, erzählt Mariano Leone, der die Marke 2005 zusammen mit seinem Bruder Matias Alfieri und Therese Lilja gegründet hat. „Unsere Produkte überzeugen eher durch Qualität als durch saisonale Trendadaption“, erklärt Lilja. Seit drei Saisons ergänzen Schuhe ihr Sortiment. Diese lassen sie in dem kleinen italienischen Dorf Montegranaro fertigen, das bereits seit dem Zweiten Weltkrieg für seine Qualitätserzeugnisse berühmt ist. Die kommende Frühjahr-/SommerSaison wird klassischer denn je ausfallen: „Der Svensson-typische Fisherman- und Military-Stil ist kaum noch erkennbar. Die Teile werden sportlich, klassisch und zeitlos“, so Alfieri. Preislich bewegen sich die Styles zwischen 44 und 52 Euro im Einkauf bei einer 2,5er-Kalkulation. Svensson ist bereits bei On y va in Zürich, bei Oi Polloi in Manchester und bei Tenue de Nîmes in Amsterdam vertreten.
Kontakt: Arpenteur, Marc Asseily, 69007 Lyon/ Frankreich, T 0033.6311.470018, marc@arpenteur.tv, www.arpenteur.tv
Kontakt: Katwick Distribution UG, Matthias Meyer, 20357 Hamburg/Deutschland, T 0049.40.38680471, mm@katwick.de, www.katwick.de
finden wir gut –– mode
11 Derbe Friesen Juppe
„Derbe, jedes zweite Wort war derbe“, erzählt Thomas Köhlert. 2001 hörte der Hanseat ein Interview mit der Hamburger HipHop-Combo Fünf Sterne Deluxe. Genau in dem Moment hatte er es gefunden: das Wort, das die coole Seite seiner Geburtsstadt mit dem Charme der steifen Brise kombiniert. Gemeinsam mit seiner Partnerin Sandy Baumgarten packte er den norddeutschen Schnack auf schlichte Trainingsjacken, sein Streetwear-Label Derbe war geboren. Neben dem Herzstück, dem ,,Friesen“, einem Ölparka mit Tunnelzug, umfasst die Kollektion T-Shirts mit derben Prints, Polos, Kleidern für Deerns, Sweater, Trainingsanzüge und Accessoires. Die EK-Preise liegen zwischen 12,50 Euro für T-Shirts und 40,50 Euro für den „Friesen“. Erhältlich ist die Marke glücklicherweise auch außerhalb Hamburgs, zum Beispiel bei Streetpoint in Dresden oder Rail Slide in Darmstadt. Derbe Digger! Kontakt: Derbe Hamburg, 22525 Hamburg/ Deutschland, T 0049.4321.5585860, info@derbe-hamburg.de, www.derbe-hamburg.de
12
Kron By KronKron Farbe satt
2008 startete das isländische Pärchen Hugrun Arnadottir und Magni Thorsteinsson mit einer kleinen Schuhkollektion. Inzwischen haben sie das Sortiment ihrer Marke Kron by KronKron mit Mode und Accessoires für Frauen ergänzt. Besonderes Merkmal all ihrer Teile sind starke Farben wie leuchtendes Pink, Grün, Blau, Rot und Orange. „Die kommende Frühjahr-/Sommer-Kollektion 2012 ist unsere bislang größte. Sie besteht aus Schuhen, Kleidung und einer breiten Range an Strumpfhosen“, sagt Arnadottir. Ihre Schuhe, die für ihren Regenbogenlook bekannt sind, kosten 140 Euro im Einkauf und sind bislang bei Luccio in Berlin, bei Antecedens in Siegen und bei MGH2O in Rotterdam vertreten. Weltweit sind sie in insgesamt über 80 Stores gelistet. Kontakt: Kron by KronKron, Rannveig Kristjánsdóttir, 101 Reykjavik/Island, kron@kron.is, www.kron.is
13 Amongst Friends Street Contemporary Casual Prep
So beschreiben die Macher des New Yorker Menswear-Labels Amongst Friends den Stil ihrer Kollektion, die seit 2007 im Handel vertreten ist. Mit einer Kundenkartei von Urban Outfitters bis Atrium NYC stellt sich die Marke im Handel vergleichsweise breit auf, was auch die Preise der Kollektion widerspiegelt. Die VK-Preise liegen zwischen 28 und 280 US-Dollar. Inhaltlich drehen sich die Styles um Sportswear-Looks gemischt mit Einflüssen aus den Themen Vintage, Workwear und Streetfashion. Amongst Friends möchte eine erschwingliche Alternative zur Mainstream-Sportswear für Männer bieten. Auf der Wunschkundenliste stehen daher die besten Menswear-Stores wie unter anderem Oden, Opening Ceremony, J. Crew Liquor Store, Collette oder Soto. Derzeit ist das Team noch auf der Suche nach einem Vertrieb für den europäischen Markt. Kontakt: Amongst Friends, BPMW Agency, NY 10011 New York/USA, T 001.212.2068310, bahr@bpmw-agency.com, www.amongstfriendsnyc.com
–– 87
14 PEdALED Velo a Porter
Seine Passion fürs Fahrrad inspirierte den japanische Designer Hideto Suzuki, eine dazu passend abgestimmte Apparelkollektion und zu entwerfen. Schöne Kleidung zu schönen Fahrrädern war sein Ansatz. So gründete er 2007 die Marke Pedaled. Heute besteht die Kollektion aus 35 Teilen mit Jacken, Hosen, Shorts, Hemden, T-Shirts und Accessoires für Männer. Alles made in Japan. Biobaumwolle, Leinen oder Hanf dienen als Grundlage. Ausgeklügelte Schnittführungen sorgen für optimalen Komfort beim Radfahren. Highlights sind die12-ozDenims mit reflektierender Oberfläche. Die Verkaufspreise bewegen sich zwischen 320 und 395 Euro. 2011 fusionierte Suzuki mit Brooks England Ltd., einer Manufaktur für Ledersättel, und präsentierte seine Marke 2011 erstmalig dem europäischen Markt. Handelspartner sollen zukünftig Streetfashion-Stores und ausgewählte Bike-Shops werden. Kontakt: McAlpine Consulting, Jeremy McAlpine, 80803 München/Deutschland, T 0049.89.38476388, info@mcalpine.de, www.pedaled.com
88 ––
15 One Piece Jump-Suiter
16 Isaora Premium Sportswear
Eigentlich für den praktischen Hausgebrauch gedacht, entwickelten die drei Norweger Thomas Adams, Henrik Norstrud und Knut Gresvig das erste Homeouftit schlechthin. Sweater und Jogginghose in einem – eben One Piece. „Unser Anspruch ist es, unseren Kunden das bequemste Kleidungsstück zu präsentieren, dass sie jemals getragen haben und tragen werden“, sagt Adams. Das schaffen sie mit hochwertiger, gebürsteter Baumwolle und ultraweichen Reißverschlüssen. Man hat die Wahl zwischen Unisex- und Slim-fit-Modellen in 20 verschiedenen Farbvarianten und Musterungen (120 bis 140 Euro VK). Für die Ladys gibt es eine körperbetonte Strech-Variante und One Pieces für den Sommer in Hotpant-Länge und mit Träger-Tops (75 Euro VK). Neu im Sortiment ist der Teddy aus KorallenFleece (250 Euro VK), der auch bei eisigen Temperaturen outdoortauglich ist. One-Piece-Fans sind bereits Lady Gaga und Justin Bieber. Die Marke ist in zirka 60 Lifestyle- und Fashionshops in den USA, Skandinavien, England und Europa vertreten. Der Hauptvertrieb läuft über den eigenen Onlineshop, der Händlern kurze Lieferfristen bietet und keine Mindestorder vorschreibt. 2012 soll der Vertrieb in Deutschland ausgebaut werden.
Isaora ist ein Kunstbegriff und leitet sich aber vom südamerikanischen „Ahora Si“ ab, das so viel heißt wie: „Auf geht’s, pack ma’s.“ 2009 nahmen sich das Marc Daniels und Ricky Hendry zu Herzen und launchten ihre Menswear-Kollektion. Beide sind passionierte Snowboarder, was die vielen technischen Aspekte ihrer Mode erklärt und den Anspruch, diesen Look endlich auch modisch entsprechend der erwachsen gewordenen Zielgruppe weiterzuentwickeln. „Wir nennen es Advanced Sportswear. Unsere Kollektion ist eine Mischung aus progressiver Menswear und anspruchsvoller Sportswear mit technisch hoch entwickelten Materialien und Zusammensetzungen“, erklären die Designer. „Bisher gab es keine genügend große Auswahl für Leute, die auf der Suche nach Teilen sind, die Style und Funktionalität verbinden. Bisher war das immer ein Kompromiss. In der Distribution richtet sich Isaora daher an zwei verschiedene Kanäle, Concept-Stores wie Opening Ceremony, Steven Allen, Isetan, American Rag oder Slam Jam, aber auch an Sport-Stores wie Paragon Sports in New York. Isaora ist derzeit am stärksten in den USA und Japan vertreten, hat die Distribution aber auch auf Länder wie Italien, Deutschland, Großbritannien, die Schweiz, Russland und Mexiko ausgeweitet. Die Preise beginnen bei 80 US-Dollar für Strick und gehen bis 800 US-Dollar für Outdoor-Jacken.
Kontakt: Eyegasm Textilhandelsvertrieb GmbH, Bernhard Obwaller, 10997 Berlin/ Deutschland, T 0049.30.60031330, info@eyegasm-fashion.com, www.eyegasm-fashion.com
Kontakt: Medium Concepts, Paul Conrad, 10003 New York/USA, T 001.646.6844525, paul@mediumconcepts.com, www.isaora.com
finden wir gut –– mode
17 Human Made Neues aus Japan
Ein weiteres Projekt von A Bathing Ape Designer Nigo. 2011 ging Human Made erstmalig in Europa an den Start. Fokus der japanischen Streetwear-Kollektion liegt auf Styles angelehnt an amerikanische Vintage-Kleidung der frühen 1960er-Jahre. „Es ist faszinierend, man merkt plötzlich auch in Europa, dass sich immer mehr Menschen für amerikanische Vintage-Kleidung interessieren“, erzählt der Designer. Das Sortiment besteht aus Jacketts, Wollmänteln, College- und Pilotenjacken mit bunten Patches im Vintage-Look, Mänteln und Overalls mit Camouflagemuster und American-Baseball-Trikots, Logoshirts und Latzhosen aus Vintage-Denim. Preislich liegen die Teile in Europa zwischen 200 und 600 Euro im Einkauf. Erhältlich ist die Marke in Deutschland bislang über Firmament in Berlin. Kontakt: A Number of Names, E1 6JE London/UK, T 0044.20.70336718, info@anumberofnames.org, www.anumberofnames.org, www.humanmade.jp 18 Sykum Alte Bekannte
19 The Blue Uniform Worker, nicht Cowboy!
20 CTRL Atelier de la Stasi
„Sykum ist unser Baby und eine Wortneuschöpfung aus dem lateinischen Begriff Secundum, also der Zweite. Unser zweites Schuhprojekt sozusagen, nachdem wir früher nur als Footwear-Vertrieb fungierten und uns dann erst entschlossen haben, eine eigene Marke zu launchen“, sagt Jochen Bauer, der die Marke1999 als erste europäische SkateshoeBrand zusammen mit seinem Bruder Armin gründete. Die Brüder sind zusätzlich auch die Inhaber der Beatnuts GmbH & Co KG mit Sitz in Regenstauf. Die Kernkompetenz von Sykum liegt zweifelsfrei bei Schuhen, allerdings wird die jeweilige Kollektion um Accessoires ergänzt. Die Schuhkollektion unterteilt sich in zwei Linen: Skate und Lifestyle plus diverse limitierte Editionen in Kooperation mit Künstlern. Der EK-Preis liegt bei 29,99 Euro bei einer 2,3er-Kalkulation. Zu den größten Kunden zählen unter anderem Planet Sports und Skate Deluxe.
„Viele haben Angst davor, von der Klippe aufzusteigen und ihre Flügel zu testen. Wir nicht“, sagt Marcus Boson, der 2010 zusammen mit seinem Vater Tony und seinem Kollegen Erik Pettersson die schwedische Marke The Blue Uniform gegründet hat. Ihr Fokus liegt auf kerniger Workwear im 1950er-Jahre-Stil. „The Blue Uniform ist nicht Cowboy, sondern Worker. Wir waschen fast all unsere Teile extrem runter, erst dann bekommen sie den perfekten Vintage-Look“, erklärt Boson. Die Kollektion mit Namen „A day of the former worker“ besteht bislang aus 15 verschiedenen Jeansmodellen, 20 Oberteilen wie T-Shirts, Jacken, Hemden und natürlich einer blauen Uniform im Used-Look aus schwerem Twill. 20-oz-Denims im 1950er-Jahre-Stil liegen preislich zwischen 44 bis 66 Euro im Einkauf; Hemden aus rauem Flanell zwischen 36 und 44 Euro bei einer 2,5erKalkulation. The Blue Uniform ist bislang nur in ausgewählten Authentic Stores in Schweden vertreten.
... ziert als Claim ein T-Shirt von CTRL, um nur einen der poetischen Ergüsse der beiden Finnen Freeman und Esa Hytönen zu nennen, die hinter der Marke stehen. Das Designkonzept von CTRL folgt einer Hard-To-Understand-Theorie. Übersetzt bedeutet das: „Niemand versteht die Message unserer Prints, weil es auch keine gibt. Genau das ist unser Konzept“, erklärt Freeman. Das Sortiment besteht aus knapp 200 Teilen für Männer und Frauen und Accessoires. Von Basic-T-Shirts zum Preis von 14,95 Euro im Einkauf und Regenmänteln bis hin zu Unterwäsche und Cut-&-Sew-Teilen ist CTRL inzwischen zur Komplettkollektion ausgebaut worden. „Anfangs hatten wir auch Skateboards, aber wir konzentrieren uns seit drei Jahren wieder verstärkt auf Mode. Unsere Roots bleiben jedoch im Skateboarding“, sagt Freeman. CTRL beliefert heute zirka 100 Streetwear- und Skateshops in Deutschland, darunter Le Gang in Berlin, The Flashgib in Stuttgart oder Ailaik in Wiesbaden.
Kontakt: Beatnuts Distribution, 93128 Regenstauf/Deutschland, T 0049.941.6985971210, steve@beatnuts.de, www.beatnutsdistribution.com
Kontakt: The Blue Uniform, Erik Pettersson, 11726 Stockholm/Schweden, T 0046.706781022, erik@theblueuniform.com, www.theblueuniform.com
Kontakt: Boardwalk-Berlin, Fred Schulz, 10969 Berlin/Deutschland, T 0049.30.25928096, fredschulz@boardwalk-berlin.com, www.boardwalk-berlin.com, www.ctrlclothing.com
–– 89
90 ––
Little Less Conversation –– MODE
Little Less Conversation Die Hose ist nicht neu. Das Hemd war Zufall. Die Jacke passt irgendwie. Mode ist kein Thema unter Männern. Sie sind einfach wie zufällig verdammt gut gekleidet. Fotos Anja Frers, www.anja-frers.de
Produktion Sabine Berlipp, Nicolette Scharpenberg, Dank an: Frontlineshop
Fotoassistent Benjamin Gerull
Haare & Make-up Corina Friedrich, www.sternen-faenger.com
Styling Sabine Berlipp
model Johnny Harrington via www.modelwerk.de
Hose –– LTB Shirt –– Antony Morato Hemd –– Nudie Jacke –– Folk Schuhe –– Diesel
–– 91
Linke Seite: Hose –– Drykorn Gürtel –– Drykorn Hemd –– Lacoste Trenchcoat –– Diesel Krawatte –– Vito Rechte Seite: Hemd –– Tommy Hilfiger Jackett –– Rochambeau Krawatte –– Tommy Hilfiger
92 ––
Little Less Conversation –– MODE
–– 93
94 ––
Little Less Conversation –– MODE
Linke Seite: Hemd –– Beastin’ Hose –– Diesel Krawatte –– Tommy Hilfiger Jacke –– G-Star Schal –– Revolution Schuhe –– Antony Morato Socken –– Burlington Rechte Seite: Pullover –– Revolution Hose –– A Kind of Guise Gürtel –– Folk Schuhe –– Lacoste Socken –– Burlington
–– 95
Linke Seite: Hose –– Levi’s Hemd –– Lifetime Collective via Frontlineshop Jacke –– Twothirds Schuhe –– Folk Rechte Seite: Jeans –– G-Star Hemd –– Ben Sherman via Frontlineshop Jacke –– Folk Schuhe –– Diesel
96 ––
Little Less Conversation –– MODE
–– 97
Linke Seite: Jacke –– Firetrap Longsleeve –– Nudie Jeans Hose –– Salsa Denim Tuch –– Jeans Only Schuhe –– Camper Gürtel –– Folk Clothing Rechte Seite: Jacke –– Diesel Jeansjacke –– Bench T-Shirt –– Eleven Paris Gürtel –– Pepe Jeans Hose –– ADenim
98 ––
denim –– MODE
Indignez vous – Empört Euch! Es gibt viele Gründe, zu rebellieren, jeden Tag aufs Neue. Widerstandskämpfer Stéphane Hessel ermutigt dazu, zivilen Ungehorsam zu leisten: „Neues schaffen, heißt Widerstand leisten; Widerstand leisten, heißt Neues schaffen.“ Los geht’s. Fotos Yorick Carroux, www.carroux.com Styling Sabine Berlipp, www.blossommanagement.de Haare & Make-up Vangelis Tzimikas, www.fame-agency.de Produktion Nicolette Scharpenberg, Sabine Berlipp Dank an: Jeans Only Salzburg, Frontlineshop
–– 99
Linke Seite: Hose –– Drykorn Gürtel –– Drykorn Hemd –– Lacoste Trenchcoat –– Diesel Krawatte –– Vito Schuhe –– Diesel Rechte Seite: Hemd –– Tommy Hilfiger Jackett –– Rochambeau Krawatte –– Tommy Hilfiger
100 ––
denim –– MODE
Linke Seite: v.l.n.r. Jacke –– Freeman T.Porter T-Shirt –– MOD Langarmshirt –– Nudie Jeans Hose –– We are Replay Schuhe –– Models own Tuch –– We are Replay Latzhose –– Lee Jeansbluse –– Miss Sixty Bluse –– Pepe via Frontlineshop Gürtel –– Jeans Only Schuhe –– Buffalo Rechte Seite: Kleid –– Bench
–– 101
Linke Seite: Hose –– Levi’s via Jeans Only Hemd dunkel –– G-Star Hemd hell –– Pepe Jeans Schuhe –– Red Wing Rechte Seite: Hose –– Mavi Shirt –– Levi’s via Jeans Only Jacke –– Rules by Mary Schuhe –– Vagabond
102 ––
denim –– MODE
–– 103
Linke Seite: Hose –– Mustang Hemd –– Wrangler Gürtel –– Replay via Jeans Only Tuch –– Replay Rechte Seite: Hose –– Adidas Jacke –– Energie Hemd –– Denim Demon Gürtel –– Nudie Jeans Krawatte –– Tommy Hilfiger
112 –– 104 ––
denim –– MODE
–– ––105 113
Offen Text Isabel Faiss, Ina Köhler, Nicolette Scharpenberg Fotos Marken
01
Ben Sherman Shop offensive
Dieses Mal fiel die Wahl auf Islington. Am 5. November 2011 eröffnete in einem denkmalgeschützten, georgianischen Reihenhaus, in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Antiquitätenmärkten an der Camden Passage, der fünfte Ben Sherman Store in London. Ben Sherman betreibt damit – nach Eröffnungen in Toronto und den jüngsten in London (Portobello Road, Carnaby Street und Islington) weltweit 33 Stores. Auf 130 Quadratmetern Verkaufsfläche präsentiert die britische Marke ihre Premiumlinie Plectrum by Ben Sherman, Hemden, die EC1 Chinos sowie Accessoires. Das Interieur aus schwarzen und weißen Fliesen, hellem Holzboden und klassischen Elementen des britischen Innendesigns schafft ein Ambiente, das an die traditionellen Gasthäuser der Stadt erinnert und gleichzeitig Assoziationen an die Londoner U-Bahn weckt. Herzstück des Stores ist die Shirt Bar – eine Theke ausschließlich für Hemden, die, ähnlich wie im neuen Store in der Carnaby Street, Kunden einen besseren Überblick über Modelle und Farbe erleichtern soll. Neben Produkten von Ben Sherman wird es auch Artikel anderer Marken geben wie iPad Cases von Alkr, Socken von Corgi, Taschen von Chapman und original Nato-Uhrenarmbänder, die die Erlebniswelt der 1963 gegründeten Heritage-Marke aus Brighton abrunden. Kontakt: Ben Sherman, 1/1a, Camden Walk, Islington N1 8DY, www.bensherman.com
106 ––
02 G-Star GröSSter Store in Los Angeles
Am 6. Dezember 2011 eröffnete G-Star auf dem Rodeo Drive in Beverly Hills einen Flagship-Store. Es ist der dritte und größte Store der Marke in der Umgebung von Los Angeles. Das markante Gebäude erstreckt sich über zwei Etagen, die zusammen fast 450 Quadratmeter Präsentationsfläche bieten. Bei der Eröffnung stellt G-Star die Reisegalerie Raw Objects and Curiosities vor – eine Deniminstallation, mit der sie die Jeans als sammelbares Kunstobjekt auf eine Ebene der Handwerkskunst setzt. Derzeit verfügt G-Star über mehr als 6.000 Verkaufsstellen in 65 Ländern unter anderem in Städten wie Tokio, New York, Sydney und Paris. Kontakt: G-Star Store, Rodeo Drive, Beverly Hills, Los Angeles/USA, www.g-star.com
retailnews –– vor ort
03 Mavi Neue Denim Kitchen
Das Unternehmen Mavi hat damit begonnen, seinen Auftritt im Einzelhandel weiter nach dem Konzept der Denim Kitchen umzusetzen. Die Idee ist ziemlich gut: Die aktuellen Kollektionen werden im Ambiente einer Feinschmeckerküche präsentiert, umgeben von Dekorationselementen wie Flechtkörben, farbigen Scheren, Kochlöffeln und Holzkisten mit Knöpfen, Garnrollen und Nieten. Ganz nach dem Motto, Mavi würzt seine Jeans sehr speziell. „In der sogenannten Denim Kitchen wird der perfekte Fit gekocht. Dahinter steht die Idee, dass Mavi seine Jeans fortwährend neu erfindet und mit ausgefallenen Waschungen, Indigo-Tönen oder Handarbeitstechniken würzt und individualisiert“, erklärt Manuel Gomez, Marketingmanager der Mavi Europe AG. Premiere feierte dieses neue Gestaltungskonzept am 1. November 2011 in der Peek & Cloppenburg Filiale in der Frankfurter Zeil, nachdem Mavi das Konzept auf der Bread & Butter im Juli 2011 vorgestellt hatte. 2012 soll das Thema durch unterstützende Marketingmaßnahmen weiter an Kraft gewinnen und weltweit in den Stores und Shop-in-Shops umgesetzt werden. Kontakt: Peek & Cloppenburg, Zeil 71-75, 60313 Frankfurt am Main/Deutschland, www.mavi.com
05 Superdry Gelandet im hohen Norden
04 Tommy Hilfiger „Flagge zeigen“ GroSSbritannien
Am 1. Dezember 2011 eröffnete Tommy Hilfiger seinen bislang größten FlagshipStore auf der Insel in Knightsbridge London. Der Store zeigt auf 770 Quadratmetern, verteilt über zwei Etagen, unterschiedliche Kollektionen für Männer und Frauen. Men’s Runway, Sportswear, Denim und Accessoires sowie die neue Tailored Kollektion, die in dieser Saison ihr Debüt im Handel feiert, werden im Erdgeschoss präsentiert. Der erste Stock ist für die Damenkollektionen aus Women’s Runway, Sportswear, Denim, Accessoires und auch die Tommy Hilfiger Kinderkollektion reserviert. Das Interieur besteht aus poliertem Walnussholz, Eichenböden, zeitgenössischen Designund Kunstobjekten kombiniert mit Vintage-Möbeln. Weltweit gibt es über 1.000 Tommy Hilfiger Stores.
Im April 2012 eröffnet das britische Label Superdry seinen ersten Store am Hamburger Gänsemarkt. Der 260 Quadratmeter große Store in der Gänsemarkt-Passage ist bereits der sechste seiner Art im deutschsprachigen Raum. „Am Gänsemarkt hat sich mittlerweile ein gutes Geschäftsumfeld gebildet. Urban Outfitters, Planet Sports, Pepe Jeans und Replay bilden den perfekten Lifestylerahmen für unseren Superdry Store“, so Henrik Soller, Geschäftsführer der Komet und Helden Retail GmbH. Der Store beherbergt die Linien Superdry Black Label, die günstigere Linie Superdry Orange, Basics aus der Kollektion Orange Sewn, Superdry White Label mit Unterwäsche für Damen und das verspielte Sublabel Vintage-Thrift, für Ladies only. Das Interieur wird, wie auch bei den vorherigen Stores, von Hofmann & Losch Retailsystems gebaut..
Kontakt: Tommy Hilfiger, 63 – 65 Brompton Road, Knightsbridge, SW6 London/UK, www.tommy.com
Kontakt: Superdry Store Hamburg, Gänsemarkt 50, 20354 Hamburg/Deutschland, www.superdry.com
06 Marithé et Francois Girbaud Premiere in Deutschland
Die französische Marke Marithé et Francois Girbaud eröffnete im Dezember 2011 einen Store in Stuttgart. Die 200 Quadratmeter große Boutique ist die erste in Deutschland und zeigt die Mens- und Womenswear-Linien SPQR sowie Le Jean de. Das futuristische Interieur, entwickelt von Designer Patrick Norguet, besteht aus Materialien wie Metall, Epoxydharz, Bergahorn, Aluminium und Glas. Würfelförmige Strukturen aus Holz, die wie zufällig angeordnet scheinen, sollen den Eindruck einer Werkstatt oder eines Ruderclubs vermitteln. Der Stuttgarter Laden ist Teil einer Shopoffensive in Frankreich und den Exportländern, die 2010 mit der Renovierung des Flagship-Stores in der Rue Etienne Marcel begann. 2011 eröffneten zusätzlich Montpellier, Biarritz und Toulouse mit dem neuen Ladenkonzept. Amiens und Grenoble sollen im Jahr 2012 folgen, ebenso erweiterte Flächen im Kaufhaus Printemps und Galeries Lafayette. Bereits umgesetzt ist eine Fläche in Beirut, zusätzlich sind noch Shops in Xian und Hangzhou in Planung. Kontakt: Marithé et Francois Girbaud, Calwerstraße 19, 70173 Stuttgart/Deutschland, www.girbaud.com
–– 107
„Es macht Spaß, Qualität zu verkaufen.“ Ansgar Dorenkamp und Eugenij Leschiner, Greenwich Man Time
01
108 ––
Greenwich man time, köln –– vor ort
Sanfte Rebellion Der Shop ist nur 45 Quadratmeter groß und versteckt sich am Rande des Belgischen Viertels in Köln. Doch was hat dieser kleine Modeladen mit Punklegende Iggy Pop zu tun? Text Nicoletta Schaper Fotos Greenwich Man Time 02
I
n Kölns Engelbertstraße hat sich eine ganz eigene Szene netter, kreativer Kleinläden angesiedelt, angefangen bei Tausend fliegenden Fischen über Himbeertörtchen bis hin zu Madamski und Le Fou. Nun ist seit Juni mit Greenwich Man Time ein neuer, besonderer Laden dazugekommen. Doch am Anfang war das Label Peng Caesar. Das gründete Ladeninhaber Ansgar Dorenkamp vor vier Jahren, nachdem er zuvor drei Jahre bei dem Frauenlabel Joe Fleming mitwirkte. „Ich habe viel gelernt, aber dann war es für mich Zeit, etwas eigenes zu machen“, erklärt Dorenkamp rückblickend. Nur noch hochwertig arbeiten, mit Liebe zu ausgefeilten Einzelstücken, sagte er sich und entwarf in Zusammenarbeit mit einer schottischen Ledermanufaktur eine Lederjacke, zu der später Herrensakkos aus Samt in perfekter Passform kamen. Mit eingesticktem PengCaesar-Schriftzug im Unterkragen, ironisiertem Adelswappen auf der Brusttasche und einem kleinen Totenkopf als unterstem Ärmelknopf, denn Ansgar Dorenkamp, der eigentlich aus der Richtung Medien und Marketing kommt, hat eine Leidenschaft für Punk und für Iggy Pop. Der ist tatsächlich ein Fan von Peng Caesar, nicht nur, weil ihm der Untertitel des Labels „Nice boys don’t wear“ so gut gefällt. Davon zeugen Bilder auf der Website mit Iggy Pop im blauen Samtblazer. „Ich habe ihm zwei Sakkos ins Hotel geschickt“, erzählt Ansgar Dorenkamp. „Letztendlich hat ihn dann das Produkt überzeugt.“
alten Rentnerpärchen, das letztens begeistert bei Greenwich Man Time eingekauft hat. Ergänzt wird das Sortiment von Shirts und Chinos des Kölner Labels Forvert, Gürteln und Schals von Fieldpieces, die wie Peng Caesar nur in Europa produziert werden, sowie Schuhe von Hamlet und Prime. Latenight-Shopping ist in der Straße etabliert, und dass am Abend oft immer noch Leute da sind, etwas anprobieren oder einfach nur miteinander plaudern, als säßen sie im Wohnzimmer, gehört einfach dazu. Ebenso wie die Musik von Tom Waits, Bob Dylan und natürlich Iggy Pop. Denn Greenwich Man Time soll nicht einfach nur ein Modeladen sein, sondern viel mehr eine Art kultureller Treffpunkt. x 01 Cooles Statement: Dorenkamp und Leschiner im Samtsakko des Labels Peng Caesar. 02 Nette Details, die dem kleinen Laden noch mehr Persönlichkeit geben. 03 Schuhe von den Marken Hamlet und Prime machen das Angebot rund. 04 Das Sortiment fokussiert Klassisches für Männer, aber mit Twist – und manchmal einem Hauch Punk-Melancholie.
03
Greenwich Man Time
Engelbertstraße 12 50674 Köln/Deutschland www.greenwichmantime.de, www.pengcaesar.com Eröffnung: 4. Juni 2011 Inhaber: Ansgar Dorenkamp, Eugenij Leschiner Mitarbeiter: 2 Vollzeit, 1 Teilzeit Verkaufsfläche: 45 qm Menswear: Burlington, Falke, Forvert, Peng Caesar Accessoires: Falke, Fieldpieces, Hamlet, Homeboy, Jonas Povel, Prime 04
Kultureller Treffpunkt Nun also der eigene Laden, den Dorenkamp mit Eugenij Leschiner eröffnet hat. Leschiner vertreibt neben Peng Caesar Falke und Burlington in Osteuropa, er selbst stammt aus Kiew. Eben diese Marken bestücken den Shop mit ausgewählter Menswear. Es gibt sehr Tragbares, Klassisches, manchmal mit Twist, und das gefällt jungen Studenten ebenso wie dem
–– 109
01
Streetwear Baumhaus Mit Neuseeland verbindet man zuerst einmal weites Land, unberührte Natur, wenig Menschen. Da erwartet man nicht unbedingt einen ConceptStore mit dem Who is Who der internationalen Streetwear. Text Nicolette Scharpenberg Fotos Good as Gold 01 02-04 05-06
110 ––
175 Quadratmeter Ladenfläche. Das gesamte Interieur besteht aus neuseeländischem Macrocarpa-Holz und wurde von den Besitzern eigenhändig gebaut. Qualität und Originalität ist Ruben Bryant bei der Auswahl der Marken besonders wichtig. Jedoch müssen auch die Leute hinter der Marke zum Vibe des Stores passen. 2011 erhielt Good as Gold Silber in der Kategorie bestes Interieurdesign vom Design Institute of New Zealand.
I
n diesem Jahr haben sie Silber in der Kategorie Ladendesign vom Design Institute of New Zealand erhalten. Zu recht. Der 2004 eröffnete Concept-Store Good as Gold in der Hauptstadt Wellington gilt seit acht Jahren als Topadresse für Streetfashion in Neuseeland, und das durchaus über die grünen Hügellandschaften und Wälder hinaus. Im Juni 2011 sind die Inhaber aus ihrer Ursprungslocation, einer kleinen Boutique nebenan, umgezogen. Jetzt stehen ihnen 175 Quadratmeter für eine „natürlich konzipierte“ Produktpräsentation zur Verfügung. Betritt man den Store in der Victoria Street, fühlt man sich wie in einem Dorf der Ewoks – ein Baumhaus für Streetfashion. „Als Kind liebte ich es, hinter dem Haus meiner Eltern Holzhütten zu bauen. Mit diesem Store habe ich mir sozusagen einen Wunschtraum erfüllt“, erzählt Ruben Bryant, Inhaber von Good as Gold. Er hat den Store zusammen mit seinem Vater Ken Bryant, Architekt und Designer, entworfen. „Das Ladendesign ist von meiner nostalgischen Baumhausvergan-
02
genheit inspiriert. Regale, Umkleidekabinen, Schränke – alles ist aus Macrocarpa-Holz eigenhändig gebaut.“ Das Interieur erzeugt eine warme und einladende Atmosphäre, ist simpel, aber dennoch funktional.
Label-Abenteuerland Auf drei Etagen zeigen sie ein erlesenes Sortiment für Männer und Frauen mit Brands
good as gold, neuseeland –– vor ort
03
04
05
„Als Kind liebte ich es, hinter dem Haus meiner Eltern Holzhütten zu bauen. Mit diesem Store habe ich mir einen Wunschtraum erfüllt.“ Ruben Bryant, Good as Gold
wie Deadly Ponies, Henrik Vibskov, Aiaiai, Wood Wood, Medicom, Karen Walker, Chronicles of Never, Beau Coops und Complex Geometries. Insgesamt führen sie 60 verschiedene Streetwear- und Urban-Fashion Brands überwiegend aus Neuseeland, aber auch aus Australien, Kanada, den USA, Japan, Schweden, Dänemark und Frankreich. „Bei der Markenauswahl legen wir besonders großen Wert darauf, dass der Vibe und die Leute hinter der Marke zu
uns passen. Neben großen Marken zeigen wir auch kleine Newcomer aus Wellington. Das macht unseren Store zu dem, was er ist: ein Abenteuerland“, erzählt Bryant. Zusätzlich betreibt Good as Gold auch einen gut gepflegten Onlineshop der StreetwearPassionierten das Sortiment auch über die Grenzen Neuseelands zugänglich macht. Wir empfehlen jedoch: Roadtrip! Auf nach Wellington und verdammt gut angezogen wiederkommen. x 06
Good as gold
120 Victoria Street Wellington City 6011/Neuseeland www.goodasgold.co.nz Eröffnung: September 2004, Umzug Juni 2011 Inhaber: Ruben Bryant Mitarbeiter: 9 Verkaufsfläche: 175 qm Marken: Aiaiai, Alife, AM Eyewear, April 77, Arktip, Beau Coop, Blak Basics, Blak Luxe, Brixton, B-store, Cameo, Casio, Cheap Monday, Chester Wallace, Chronicles Of Never, Claude Maus, Colab, Complex Geometries, Deadly Ponies, Dr Denim, D_luxe, Elke Kramer, Finders Keepers, Folk, Generic Surplus, Gram, Happy Socks, Herschel, Hixsept, Henrik Vibskov, Incase, Karen Walker Eyewear, Kokoon, Ksubi Eye, Luuk, Lover, Maaike, Meadowlark, Medicom, Moreporks, Monster Children, Norse Projetcs, On & On, Nike, Nobody Denim, Perks & Mini (PAM), Power Shovel Cameras, Quiet Life, Shakuhachi, Something Else, Sperry Top Siders, Stolen Girlfriends Club, Soulland, Tobe, Twenty Seven Names, WESC, Why Who, Wood Wood
–– 111
01
112 ––
amsterdams blauw, amsterdam –– vor ort
Inspirierend blau
02
Es gibt viele europäische Jeansmarken, aber keine davon hält die holländische Fahne so hoch wie die Kollektion Amsterdams Blauw von Scotch & Soda. Text Miranda Hoogervorst Fotos Scotch & Soda 01-04 Die Außenfassade sowie das Interieur des ersten Denim Stores von Scotch & Soda sind nicht nur ein Querverweis zum Indigo, sondern auch eine Reverenz an das berühmte Delfter Blau der goldenen Zeit der holländischen Fayencen.
D
ie Berenstraat im idyllischen Jordaan-Viertel hat viele beliebte Plätze, um sich zu treffen. Hier einen Laden zu eröffnen, garantiert Aufmerksamkeit und Laufkundschaft bestehend aus Einheimischen, Touristen, Shopaholics und Studenten. Mit der Eröffnung ihres ersten Denim-Stores in der Nine Streets Area gab die Marke Scotch & Soda dem Konzept ihrer Denimlinie für Männer und Frauen ein neues Gesicht. Die hölzerne Fassade des monumentalen Gebäudes ist dunkelblau gestrichen – nicht nur ein Querverweis zum Indigo, sondern auch eine Reverenz an das berühmte Delfter Blau aus der goldenen Zeit der holländischen Fayencen. Die Inneneinrichtung strahlt frisch und weiß im Kontrast zu wuchtigen Materialien wie handgemachten Fliesen, einem antiken Holzboden, gemauerten Wänden und Decken voller historischer Ornamente. Das Geschäft versprüht einen internationalen Charme, ist aber dennoch unmissverständlich holländisch. Es ist mit holländischem Design und Amsterdamer Schätzen voll gestopft, wie zum Beispiel die Umkleidekabinen: eine augenzwinkernde Hommage an die alten Amsterdamer Urinale, die grünen „Krullen“, die (immer der Nase nach) im Zentrum der Stadt zu finden sind.
Internationale styles treffen sich bei Amsterdams Blauw Der Monolabel-Store erweckt das Konzept von Amsterdams Blauw zum Leben: Ein ambitioniertes, junges Denimprojekt inspiriert von amerikanischer und japanischer Denim-
03
04
dams Blauw ist die Location perfekt. Die Nine Streets Gegend ist für ihre Vielseitigkeit von kleinen, originellen inhabergeführten Shops berühmt. Zwar nehmen in dieser Gegend die großen Marken mit ihren Monobrand-Stores zu, nichtsdestotrotz hat sie sich ihre einzigartige Atmosphäre bewahrt, was nicht zuletzt an den typischen, kleinen Häusern im Amsterdamer Stil liegt. Der entspannte Vibe der zahlreichen Cafés und Hang-outs tut sein Übriges dazu. Diesen Vibe nutzt der Shop, der nicht nur ein Geschäft sein will, sondern ein Ort, an dem man sich bei einem guten Kaffee entspannt mit gleichgesinnten Denimliebhabern austauschen kann. Streunt man durch diese charmanten Straßen, so ist Amsterdams Blauw eine gute Adresse für einen Besuch. Laut Farbexperten ist Blau eine entspannende und inspirierende Farbe. Amsterdams Blauw versetzt Besucher in Shoppinglaune: komplett entspannt und inspiriert für eine neue Garderobe. x ästhetik und den Vibes der niederländischen Hauptstadt. Hier findet man in einer breiten Auswahl von Stoffen und Waschungen die neuesten Designs der Saison und die Bestseller, wie zum Beispiel Cinq-P, La Parisienne, Mademoiselle und Rebelle für die Frauen. Für die Herren gibt es außerdem die Premiumlinie LOT 22: das Denimlabor des Designteams, das ausschließlich in Italien gewaschene Denims verwendet. Für einen spezialisierten Shop wie Amster-
Amsterdams Blauw
Berenstraat 15 1016 GG Amsterdam/Niederlande www.scotch-soda.com Eröffnung: 1. September 2011 Verkaufsfläche: 85 qm Mitarbeiter: 5 bis 6 Bekleidung, Accessoires: Amsterdams Blauw
–– 113
Und da wäre noch…
Wir Türkenversteher Text Stephan Huber, Herausgeber style in progress und x-ray
W
ir leben in Zeiten des allgemeinen Expertentums. Zu vielen Themen, in erster Linie natürlich zu Themen, von denen alle real oder gefühlt betroffen sind, hat so ziemlich jeder eine „Meinung“. Und so ziemlich jede dieser „Meinungen“ kann mit Hilfe des allwissenden World Wide Web mindestens unwiderlegbar unterfüttert werden. Beim Fußball war das schon vor der digitalen Revolution so. Heute gibt es außerdem Massen von Globalisierungsexperten, Self-Made-Internisten, Krisenverstehern, Klimawandelinsidern usw. Und es gibt, vor allem im deutschprachigen Raum, unzählige Türkeikenner und Türkenerklärer. Ich will mich da jetzt gar nicht ausnehmen. Auch ich bin Teilopfer einer medialen Philospohie die da lautet: „If you can’t win by reason go for volume.“ Ich will schon gleich gar nicht Diskussionen aufwärmen, die in den letzten Jahren viel Schaden angerichtet haben, und zwar nicht deshalb, WEIL sie geführt worden sind, sondern WIE... von allen Beteiligten. Ich will vielmehr, ganz pragmatisch, meinen Blick auf eine Entwicklung richten, die unsere Modebranche sehr direkt betrifft und verändert. Wie eigentlich immer funktioniert die Modebranche auch in diesem Fall als Spiegel der Gesamtgesellschaft. Dass die Türkei als textiler Produktionsstandort, insbesondere in der Denimproduktion, eine international bedeutende Rolle spielt, ist nicht neu. Das hat in den 1980er-Jahren begonnen und ist damals, vor allem aufgrund des enormen Kostenvorteils rasch auf ein bedeutendes Niveau gewachsen. Billig konnten bald andere noch billiger. Im Zuge der globalen Wirtschaftskrise ist die türkische Textilproduktion 2008 und 2009 durch ein Tal der Tränen gegangen. Aber es hat für die Protagonisten der Zukunft am Bosporus dieses Signals nicht bedurft, um zu erkennen, dass diese Zukunft nicht in der Massenproduktion liegen kann. Die Vorbereitungen auf eine neue Rolle innerhalb des immer komplexeren Gefüges des globalen Produktions- und Sourcingwettbewerbs, haben bereits wesentlich früher begonnen. Einer modernen, selbstbewussten Unternehmergeneration war klar, dass diese Rolle nicht mehr die des billigen Hinterhofs Europas sein kann. Die Zukunft der Türkei liegt vielmehr in Qualität, Flexibilität, Schnelligkeit und Innovation. Die Zukunft der Türkei liegt in ihrer Nähe, ihrer Nachbarschaft zur EU, in ihrer schnellen Erreichbarkeit, ihrer schon heute bestehenden engen Anbindung an diesen allem Untergangsgeheule zum Trotz wichtigsten demokratischen Kultur- und Wirtschaftsraum der Welt. Die Zukunft der Türkei liegt vor allem aber auch in einem reichen Repertoire an (nicht zuletzt in Deutschland und anderen EU-Ländern) gut ausgebildeten jungen Menschen, die richtig Bock darauf haben, etwas zu leisten und etwas zu erreichen. Jungen Menschen, die Bock haben auf ein Wirtschaftswunder. Diese jungen Menschen sind übrigens auch eine hochattraktive Zielgruppe, die ernst genommen werden will – berechtigterweise. Wer die Türkei ausschließlich als nervige Exklave in Wien-Ottakring oder Berlin-Neukölln wahrnimmt, hat für diesen Teil der Realität kein Auge frei.
114 ––
Dass vieles nervt, steht völlig außer Frage. Aber eben nicht nur an den Türken und der Türkei, sondern auch an den Deutschen, wahrscheinlich, auch wenn man es kaum glauben möchte, sogar an den Österreichern. Aus allem, was nervt, ein Pauschalurteil abzuleiten, ist aber nicht nur (immer) ungerecht, sondern eben auch dumm. Es verhindert immer Chancen, es vernichtet immer Potenziale. Die türkische Bekleidungsindustrie wird in den kommenden Jahren nicht zuletzt einen Beitrag gegen die Dummheit leisten. x
Impressum Eigentümer, Verleger, Redaktion & Anzeigen UCM-Verlag B2B Media GmbH & Co KG Salzweg 17, 5081 Salzburg-Anif Österreich T 0043.6246.89 79 99 F 0043.6246.89 79 89 office@ucm-verlag.at www.ucm-verlag.at Geschäftsführer Stephan Huber, Nicolaus Zott Herausgeber Stephan Huber stephan.huber@ucm-verlag.at Chefredakteure Ina Köhler ina@ucm-verlag.at Isabel Faiss isabel.faiss@ucm-verlag.at Chefin vom Dienst Nicolette Scharpenberg nicolette.scharpenberg@ucm-verlag.at
Anzeigenleitung Stephan Huber stephan.huber@ucm-verlag.at Verlagsassistenz Sigrid Staber sigrid.staber@ucm-verlag.at Christina Hörbiger christina.hoerbiger@ucm-verlag.at Lektorat Johannes Seymann Übersetzung David Luther, Michael Ginthör Druck Laber Druck, Oberndorf Druckkoordination Manfred Reitenbach Bankverbindung Volksbank Salzburg 105 627, BLZ 45010
Art Direction/Assistenz Stephanie Hoffmann steffi.hoffmann@ucm-verlag.at Michaela Aschauer michaela.aschauer@ucm-verlag.at Autoren Miranda Hoogervorst, Nicoletta Schaper, Sonja Ragaller Fotografen & Illustratoren Yorick Carroux, Anja Frers, Andreas Klammt, Van Data Illustration & Design, Stefan Milev, Tunçsel Ülkü Styling Sabine Berlipp Bildbearbeitung Anouk Schönemann anouk.schoenemann@ucm-verlag.at
29.02.12 –––––––––– Erscheinungstermin nächste Ausgabe
PORTRAITS FOR SUCCESSFUL LIVING.
DISCOVER MORE AT DIESEL.COM
DRYKORN FOR BEAUTIFUL PEOPLE DRYKORN.COM