x-ray 4.12 DE

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Ausgabe 04/2012 . 17. Jahrgang . ¤ 6.90

Drivestyle und Lifestyle Motorkultur in Los Angeles, Hamburg und London Sneaker, gibt’s dich noch? Entwicklung und Werdegang eines Klassikers Eine willkommene Abwechslung Londoner Pop-up-Einkaufsmeile Trends 2013 Die wichtigsten Looks von den Messen Coverdesign by Swanski




PEPE MADE ME DO IT.


pepejeans.com


Editorial

Nach vorne schauen Während die europäische Wirtschaft nicht zur Ruhe kommt, kann die Modebranche nicht einfach so tun, als sei alles so wie immer. Denn frische Konzepte für veränderte Märkte müssen her. Die Messen könnten als Kommunikationsplattform helfen.

Auf dem Cover

D

ie Berliner Modewoche zeigte sich in dieser Saison so vielfältig wie nie, Übersichtlichkeit gehörte aber nicht zu ihrer Stärke. Der frühere Start der Bread & Butter wird dazu beitragen, die Terminsituation zu entzerren. Das klare Bekenntnis von Karl-Heinz Müller zu Berlin hat gut getan, um die nicht versiegenden Gerüchte zu beruhigen, die um andere Standorte kreisen. Die Branche hat zurzeit wirklich andere Sorgen als die Frage, wohin sie demnächst kollektiv verreisen möchte. Die südeuropäischen Länder stöhnen unter mangelnder Kaufkraft, der miserable Sommer verregnete in Nordeuropa das Geschäft, so manche Traditionsmarke kämpft um Umsatz und Image. In Bezug auf Mode gibt es einige Lichtblicke. Denim scheint sich aufzurappeln. Furios inszeniert im Temple of Denim, setzen viele Anbieter ab Herbst auf den Evergreen. Mehr über Farben, Themen und Materialien erfahren Sie in unserem Trend-Review ab Seite 34. „What’s your job“ heißt unsere neue Rubrik, in der Sie ab Seite 24 mehr über Brancheninsider lesen können – in dieser Ausgabe mit Franz Alt, dem Spezialisten in puncto Waschung. Wer sein Auto lieber fährt als wäscht, erfahren Sie in unserem „Fahr mal hin“, in dem es um die weltweit heißesten Hotspots des Kults rund um fahrbare Untersätze geht – in Los Angeles, Hamburg und London. Ab Seite 56. Viel Vergnügen beim Lesen wünscht Ihnen Ihr x-ray-Team. 06 ––

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22.02.2012 14:13

„Irgendwann habe ich gemerkt, dass ich Kunst hauptberuflich mache.“ Pawel Swanski

Höhenangst und hauswandfüllende Artworks gehen irgendwie schlecht zusammen. Bei dem 32-jährigen Künstler Swanski funktioniert es dennoch ziemlich gut. Der gebürtige Warschauer hat ein Faible für Kunst in schwindelerregenden Höhen, deshalb haben wir uns auch besonders gefreut, dass er sich für die Gestaltung unseres Covermotivs auf ein Downgrade auf A4 eingelassen hat. Steht Swanski mal nicht auf einem Kran an einer Zehn-MeterWand, gestaltet er Artworks für Skateboardfirmen wie Girl, Cliché oder MOB, macht Animationen für MTV und hat seine eigene Modemarke namens Turbokolor. Zusammen mit M-City, Zbiok, Will Barras, Flying Fortress und The London Police malt er in einer Crew namens „The Team of Enthusiasts“. Danke Swanski für die Gestaltung unserer aktuellen Ausgabe, a pleasure for us!



inhalt

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06 Editorial 10 Jetzt

so läuft’s

16 Schuh wie Du Wie aktuell ist das Thema Sneakers? 20 Globaler Kosmos ganz lokal Zwei Schuhmarken in Familienhand 22 Pop-up auf ganz hohem Niveau Die Mode kehrt auf die Straße zurück

What’s your job

24 Freshtex Geschäftsführer Franz Alt über ökologische Produktionstechnologie

Lass uns reden

26 Frischer Wind in München Sven Mederer über die Lifestylemesse bREEZE 28 „Eigentlich habe ich Höhenangst“ Coverkünstler Swanski im Interview

MODE

30 Finden wir gut 34 Schau mal! Die Trends für Frühjahr/Sommer 2013 46 Zurück in die Zukunft Future Fashion trifft Old School Style

Fahr mal hin

56 Drivestyle und Lifestyle Motorkultur in Los Angeles, Hamburg und London

vor ort

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78 Und da wäre noch ... / Impressum

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Retailnews „Wir sind keine Fashiondesigner“ Elternhaus, Hamburg Das Erbe einer Generation Early, München Die Geschichte vom Perlentaucher Riders Room, Hamburg Radikal pur Wali Store, München Die Essenz einer Frau Saffeels, München

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JETZT Text Isabel Faiss, Ina Köhler, Alexandra Hawel Fotos Marken

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Liga Nova Berliner Impressionen

Das Antidot für den verregneten Sommer: Die Agentur Liga Nova hat mit dem Guide „Berlin Inspires“ die zweite Ausgabe ihres Hauptstadtguides als Pocket Guide oder mobile App herausgebracht. Lokale Szene-Insider aus Mode, Design, Film sowie Musik und Medien geben ihre ganz persönlichen Tipps preis, um gut durch den Sommer zu kommen – den besten Lunch, das beste Café, der schönste Shop in Berlin und obendrauf noch viele Trends rund um Fashion Week, Music Week und Berlinale. Mit Hilfe von so viel Information kann man schließlich auch Schlechtwettertage und den anstehenden Herbst genießen… Den Guide gibt es im Buchhandel und in Stores für 6,95 Euro oder online unter www.liganova.com. www.berlininspires.net

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H.I.S. Führungswechsel

Seit April hat Lutz Mai die Position des Division Manager Brand bei H.I.S. übernommen und verantwortet damit die Führung der Marke. Er leitet bereits seit 2009 den Vertrieb der Denimmarke. Wolfgang Sahm, der H.I.S. seit 2008 als geschäftsführender Gesellschafter im deutschen Markt erfolgreich aufgebaut hatte, hat das Unternehmen verlassen. Seine Gesellschafteranteile gehen an die Otto Group. Diese hat eine neue Gesellschaft für Fashion- und Lifestylemarken gegründet, die House of Brands GmbH, der H.I.S. künftig angehören wird. Neuer Geschäftsführer des Unternehmens ist Wolfgang Müller-Tonder, der bislang für den Konzern in unterschiedlichen Positionen arbeitete. Unter dem Dach der House of Brands GmbH sollen sich künftig auch weitere Lifestylemarken sammeln und neu entwickelt werden. So gehört beispielsweise das maritime Label Arqueonautas neben H.I.S. zum Portfolio. www.his-jeans.com

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Chris Sports/Qloom Kooperation und Wachablöse

Chris Sports Europe und Qloom Sports GmbH kooperieren künftig im Vertrieb miteinander. Das Distributionsunternehmen Chris Sports übernimmt den Vertrieb der Schweizer Bikeund Bikewear-Marke für die deutschsprachigen Länder. Damit verbunden ist auch eine personelle Änderung: Harry Gunz, bislang verantwortlich für Vertrieb und Marketing bei Qloom, hat für die Frühjahr-/Sommer-Saison die Vertriebsleitung für Deutschland und Österreich bei Chris Sports übernommen. Er tritt an die Stelle des bisherigen Geschäftsführers Thomas Stumpp, der das Unternehmen verlassen hat, um die neue Marke Super.Natural in Europa einzuführen. Chris Sports wurde 1990 in der Schweiz gegründet und vertritt als Distributeur 20 Marken in der Schweiz, Österreich und Deutschland. Qloom wurde 2006 von Didi Ruegg in St. Gallen gegründet. Die Marke legt Wert auf nachhaltige Produktion gemäß dem Bluesign-Standard. www.chrissports.ch, www.qloom.ch

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Bread & Butter Verlegung nach vorne

Die Bread & Butter wird ihre nächste Veranstaltung um einen Tag nach vorne ziehen. Statt wie bisher am Mittwoch wird sie ihre Tore bereits am Dienstag öffnen, dafür bereits am Donnerstag schließen. Die stärkere Bedeutung Berlins als Messestandort und die starke terminliche Konzentration führen dazu, dass der professionelle Besucher Berlin in drei Tagen nicht mehr bewältigen kann. „Als internationale Leitmesse haben wir eine Verantwortung gegenüber der Branche und gegenüber Berlin“, so Messechef Karl-Heinz Müller. Dadurch könne der Veranstaltungskalender entzerrt werden, Marken und Designer könnten Schauen und Abendtermine besser koordinieren, zudem passe die terminliche Einbindung besser in den Terminkalender der internationalen Einkäufer zwischen Florenz, Mailand, Paris und Berlin. Für Winter 2013 sind folgende Termine bestätigt: Dienstag, 15. Januar bis Donnerstag, 17. Januar 2013. Der Vorabend am Montag ist für die Opening-Party geplant. www.breadandbutter.com


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Arc’teryx Wauters folgt auf Jordan

Das kanadische Outdoor-Unternehmen, spezialisiert auf hochwertige, innovative Outdoor-Bekleidung, hat einen neuen General Manager: Tyler Jordan, Mitarbeiter der ersten Stunde und seit 2005 CEO, hatte sich von seinem Posten im Mai zurückgezogen. Sein Nachfolger ist der Belgier Vincent Wauters. Er ist bereits seit 15 Jahren bei Amer Sports, dem Mutterkonzern von Arc’teryx, tätig. Zuletzt war er für IT und Beschaffung verantwortlich. „Vincent Wauters wird die Arc’teryx-Erfolgsstory weiterschreiben und die mit dem rasanten Wachstum einhergehenden Herausforderungen meistern“, so Andy Towne, President von Amer Sports Bekleidung. Arc’teryx gehört seit 2005 zu dem Konzern, zu dem unter anderem auch Sport- und Outdoor-Marken wie Salomon, Wilson, Suunto oder Atomic gehören. www.arcteryx.com

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Meltin’Pot Unterstützung durch Managing Director

Die italienische Jeansmarke hat Armando Belleri als Managing Director verpflichtet. Belleri, der für Brands wie Chevignon oder Jet Set arbeitete und zuletzt G-Star in Italien verantwortete, soll künftig die internationalen Märkte für Meltin’Pot erschließen. „Unser Fokus lag in den letzten Jahren auf der Weiterentwicklung der Produktrange“, so Augusto Romano, CEO der Romano SpA, dem Unternehmen hinter Meltin’Pot mit Sitz im süditalienischen Matino. Neben den bereits bestehenden Märkten in Italien, Frankreich, Deutschland, den Niederlanden und Spanien sollen künftig Länder und Regionen wie Großbritannien, Skandinavien, Belgien, Russland, China und Japan in Augenschein genommen werden. Meltin’Pot ist bei rund 1.500 Kunden in Europa präsent. Die Kollektion mit Fokus auf Denim führt neben der mittelpreisigen Hauptkollektion auch die Capsule-Line KLSH. www.meltinpot.com

07 Timberland/ The North Face VF besetzt Spitzen neu

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Die Outdoor-Marke The North Face hat mit Arne Arens einen neuen Geschäftsführer und Vice President für die Region EMEA (Europa, Mittlerer Osten, Afrika). Er folgt auf Timo Schmidt-Eisenhart, der seit Juni als Vice President/General Manager für Timberland Europe arbeitet. Timo Schmidt-Eisenhart war 2007 zu The North Face gekommen und seit 2010 als Vice President für die Expansion in den europäischen Märkten verantwortlich. Beide Marken gehören zur US-amerikanischen VF-Corporation. Arne Arens war bereits seit 2010 Vice President Sales von The North Face, zuvor arbeitete er für Nike. In seiner neuen Position wird er von Lugano aus an Rick Wood, Coalition President von Outdoor & Action Sports VF, berichten. Auch im Produktmanagement gibt es bei der Outdoor-Marke einen Wechsel: Ende Mai war Oliver Lang zum Vice President Product für The North Face ernannt worden, er kommt von der Intersport International Corporation. www.thenorthface.com www.timberland.com

Die langjährigen Lizenzpartner Bogner und Mustang haben ihren Vertrag für Bogner Jeans verlängert. Das Team von Bogner Jeans in Künzelsau verantwortete bisher in enger Abstimmung mit Bogner Design, Vertrieb und Marketing. „Mustang gilt in Fachkreisen als absoluter Denimspezialist“, so Willy Bogner, Inhaber der Willy Bogner GmbH & Co KgaA. „Aus diesem Grund lag es nahe, diese Zusammenarbeit auch zukünftig erfolgreich weiterzuführen“, berichtet er. „Wir freuen uns, dass wir den Vertrag mit Bogner verlängern konnten“, so Dietmar Axt, CEO der Mustang Gruppe. Mit der Verlängerung ist auch ein Wechsel im Team verbunden: Ab Juli übernimmt Alexander Groutars als Brand-Manager die Gesamtverantwortung für Bogner Jeans, er berichtet direkt an Dietmar Axt. Groutars bringt Erfahrung in der Markenführung und im Vertrieb für Marken wie Hugo Boss, Max Mara oder Falke mit. Jacqueline Sefranek ist im August 2012 aus der Geschäftsleitung ausgeschieden, bleibt allerdings bis Ende 2012 beratend für Bogner Jeans tätig. www.bogner.com

Bogner Jeans/Mustang Lizenzverlängerung und Teamwechsel

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Return-to.me Fundbüro 2.0

Verlorene Gegenstände ganz easy mit Hilfe des Internets wiederfinden? Eine innovative Idee mit hohem Nutzfaktor hatte ein Trio aus Deutschland. John Appoldt, Manuel Ströh und Peter Weißenbach gewannen mit ihrer Erfindung den Gründerwettbewerb Start-up Pioniere 2012. Und so funktioniert’s: Einfach alle wichtigen Dinge wie Laptop, Handy oder Schlüssel mit einem sogenannten „Täg“ markieren – das kann ein Sticker oder Anhänger sein, der mit eigenem Nickname versehen wird. Geht der Gegenstand verloren, kann der Finder über die Website eine Benachrichtigung abgeben und mit dem glücklichen return-to.me-User in Kontakt treten, natürlich anonym, geschützt durch den Nickname. Manuel Ströh über erste Ergebnisse: „Bei Tests in München wurden mehr als 80 Prozent der verlorenen Tägs gefunden und gemeldet.“ www.return-to.me

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Eastpak/Wood Wood Für moderne Nomaden

Zusammen mit der dänischen Streetstyle-Marke Wood Wood hat der Accessoirehersteller Eastpak eine Capsule-Kollektion herausgebracht: Inspiration ist das Thema Wüste – daraus entstand eine zehnteilige Linie von Taschen und Accessoires wie Rucksack, Weekender oder Schultertasche. Ungewöhnlich ist die Materialauswahl: Gewachstes Canvas, Leder und Wildleder sowie folkloristische Stickereien unterstreichen den Nomadenlook. Die Preise liegen zwischen 40 und 220 Euro. Die Linie ist seit Juni im Handel. www.eastpak.com, www.woodwook.dk 11

Protest und Keikisurfer Nachwuchsförderung

Von den Großen lernen: Das Boardsport-Label Protest unterstützt die Initiative der Keikisurfer. Hier können wellenbegeisterte Jugendliche in unterschiedlichen Projekten kostengünstig Kite- und Windsurftrainings absolvieren. In zweitägigen Wind- und Kitesurfcamps steht ein professionelles Lehrteam in Kooperation mit den lokal ansässigen Surfschulen zur Verfügung. Dabei werden sie und ihre Trainer mit Material von Protest ausgestattet. Im Sommer trafen sich die Nachwuchssurfer zusammen mit den Profis beim Kite Worldcup in St. Peter-Ording vom 6. bis 15. Juli 2012. Dort konnten sie ihr Können parallel zu den Großen unter Beweis stellen. www.keikisurfer.com, www.protest.com

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Skechers Charity Marketing

Skechers gab im Juni bekannt, dass die erste Million Paar Schuhe an hilfsbedürftige Kinder verschenkt wurden. Liest sich großzügig, wäre da nicht die Koppelung an den regulären Verkauf eines Paars neuer Schuhe. Das Prinzip ist nicht neu. Kauft ein Kunde ein neues Paar Schuhe, wird ein (rein hypothetisch) Restpostenmodell an Kinder in Not gespendet. So dezimiert sich der Überhang zugunsten des SaubermannImages. Welchen Kunden begeistert diese Charity-Blase noch? Den Kindern kommt es trotzdem zugute. US-Schauspielerin Brooke Burke unterstützt das BOBS Spendenprogramm in einer globalen Werbekampagne, deren Kosten den tatsächlichen Sachwert der Spenden weit übersteigen dürfte. www.skechers.com

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Khujo Sales Director gefunden

Die Hamburger HTS Textilvertriebs GmbH hat seit 1. Juli einen neuen Sales Director. Marten Schulze wird künftig das Khujo Sales-Team leiten und tritt damit an die Stelle von Guido Wolf, der das Unternehmen im März verlassen hat. Schulze soll unter anderem die Entwicklung der europäischen Exportmärkte von Khujo verantworten. Bei Mustang hat er in den vergangenen Jahren als Head of Wholesale Central Europe gearbeitete. Er bringt langjährige Erfahrungen in der Modebranche mit: Nach Stationen bei H&M und im Außendienst von Mustang und Timberland führte er in der Zwischenzeit auch eine eigene Vertriebsagentur. www.khujo.com


JETZT

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Henrik Vibskov Ausgezeichnet

Der dänische Designer Henrik Vibskov wurde in die französische Chambre Syndicale de la Mode Masculine in Paris als offizielles neues Mitglied aufgenommen. Diese besondere Auszeichnung erhielt zeitgleich Maison Martin Margiela. Damit gehören diese beiden künftig zum erlauchten Kreis von Häusern wie Christian Dior, Hermès, Jean Paul Gaultier, Lanvin und Yves Saint Laurent. „Ich kenne Henrik Vibskovs Arbeit seit 2003, als er beim Festival in Hyères teilnahm“, so Didier Grumbach, President der Fédération Francaise de la Couture. „In einer Zeit, in der viele proklamieren, dass es keinen Bezug zwischen Kunst und Mode gebe, beweist er das Gegenteil.“ Vibskov zeigt seine Kollektion seit 2003 in Paris und ist der einzige skandinavische Designer auf der offiziellen Agenda. Mit seinen künstlerischen Installationen und Kollektionen hat sich Vibskov international einen Namen gemacht. www.henrikvibskov.com

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O’Neill Lizenzvergabe

Die Active-Marke O’Neill hat ihre europäische Lizenz für Footwear an die niederländische Bos Group vergeben. Der Vertrag umfasst sämtliche Produktlinien wie Männer-, Frauen- und Kinderschuhe, Sandalen, Boots und Accessoires wie Socken. „Wir freuen uns, mit der Bos Group zusammenzuarbeiten“, so Willem Haitink, CEO von O’Neill. „Sie hat bewiesen, dass sie die Marke O’Neill und ihre Tradition versteht.“ Haitink arbeitete bis 2011 als General Manager für Converse EMEA. Die Bos Group steht als Distributeur hinter Schuhmarken wie beispielsweise Converse, Gant Footwear, Brooks oder Wolverine, die sie in verschiedenen europäischen Ländern vermarktet. Das Ergebnis der Kooperation zwischen O’Neill und der Bos Group soll ab der Saison Herbst/Winter 2013/2014 in die Läden kommen. www.oneill.com, www.bosgroup-int.com

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55 DSL Ein Herz für den Nachwuchs

Die Lifestyle-Brand 55 DSL kürte im Sommer zusammen mit dem österreichischen Fachverband für Ambient Media & Promotion das beste Guerilla-Marketing-Konzept. Ausgeschrieben war der Wettbewerb an den Fachhochschulen Wien, Sankt Pölten und Wieselburg. Gewinnerin des ersten Platzes war Lisa Vockenhuber von der FH Wien, deren Kampagne in Kooperation mit der Longboard-Community in Wien überzeugte. Platz zwei ging an eine Team der FH St. Pölten, der dritte Platz ging ebenfalls nach Wien. Gefeiert wurde mit Burger und Hotdogs und einer Pop-up-Modenschau des Labels. www.55dsl.com

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Sport Muenzinger Willkommen im FuSSballhimmmel

Euro 2012 und kein Ende: Zum Start der Europameisterschaft eröffnete der Münchener Klassiker Sport Münzinger nach sechsmonatiger Umbauphase Anfang Juni seinen Store im Rathaus am Marienplatz neu. Der 650 Quadratmeter große Store hat sich auf Fußball spezialisiert und so ist eine einzigartige Heimat für Fußballverrückte entstanden. Neben Spielertrikots, individuell bestickten Schuhen, Bundesliga- und Nationaltrikots sowie Bällen bis hin zum DFB-Shop findet sich hier fast alles, was Kickerherzen höher schlagen lässt. Im Untergeschoss kommen Fans in den Fußballhimmel: Ein Deckenfresko bietet den passenden Rahmen für ein kleines Sneaker-Museum, außerdem Streetwear von Adidas über Nike bis Puma und Converse. So lässt sich die Zeit bis zur WM 2014 prima überbrücken. www.sport-muenzinger.de 19

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Fornarina/ISKO Capsule-Kollektion lanciert

Die italienische Marke Fornarina hat auf der Bread & Butter eine neue Capsule-Kollektion für Frauen präsentiert: Fornarina Perfect Shape pusht die Figur mit einem Ultraslim-Fit und soll den Körper perfekt formen. Die Linie ist in Kooperation mit dem türkischen Stoffhersteller ISKO entstanden, der für seine innovativen Denims bekannt ist. Dessen patentierte Recall-in-ShapeMaterialien sollen in der Kollektion extrem hohe Elastizität und Komfort garantieren. Die Linie gibt es in zwölf Waschungen von Dark Blue bis Light Blue und zusätzlich in sieben modischen Farben. www.fornarina.com

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Diesel All-under Denim

Wahre Freaks unter den Jeansfreunden können jetzt auch unter ihrer Lieblingsbux Blau tragen. Diesel hat mit Underdenim eine Linie mit authentischer Optik kreiert: Klassische oder Boxerform, weiches Cotton, elastisches Taillenband mit eingewebtem Diesel-Branding sind die Rahmendaten. Der Clou sind die Details: Typische Stitchings und die dreifarbige Blaupalette ergänzen den jeansigen Look. Die Wäschelinie wurde aktuell bereits im Sommer ausgeliefert und ist für rund 25 Euro in den Stores erhältlich. www.diesel.com

Ahmet Mercan

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Thomas Reichsthaler

Lacoste Footwear Aufgestiegen

Die Kultmarke erweitert ihr internationales Footwear-Vertriebsteam um zwei Player: Thomas Reichsthaler und Ahmet Mercan sind künftig für die strategische Vertriebsentwicklung verantwortlich. Reichsthaler, bislang Key-Account-Manager Österreich/Kroatien/ Slowenien übernimmt EMEA North in Nord- und Osteuropa. Ahmet Mercan war bislang Key-Account-Manager Deutschland. Er ist künftig für EMEA East in Südosteuropa mitverantwortlich. Beide berichten an Robert Stöckl, Regional Vice President EMEA, Pentland Chaussures Ltd. „Wir freuen uns sehr, mit Thomas Reichsthaler und Ahmet Mercan zwei fähige und dynamische Mitarbeiter aus den eigenen Reihen im internationalen Team zu haben, die für die gute Betreuung unserer Distributoren und Handelspartner auf internationaler Ebene verantwortlich sein werden“, so Stöckl. www.lacoste.com


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Mavi Go for Gold

Designkooperationen gehören schon lange zum guten Ton. Die Jeansmarke Mavi hat jetzt eine ganz besondere Persönlichkeit ins Boot geholt. Der britische Designer Hussein Chalayan hat die erste Premiumkollektion Mavi Gold by Hussein Chalayan entworfen. Diese hatte auf der Bread & Butter in Berlin Premiere. Künftig sollen für Mavi Gold jährlich unterschiedliche internationale Modeschöpfer arbeiten – Chalayan ist der erste in der Reihe. Präsentiert wurden 15 bis 20 Styles, für die er mit Passformen und sogenannten Shape-Shifting-Styles experimentiert hatte: Dark Denim und das flexible Stretchmaterial x-fit kommen ebenso zum Einsatz wie Gummibänder oder schwarzes Mesh. „Ich wollte mit Mavi zusammenarbeiten, da die Marke für eine außergewöhnliche Denimqualität und exzellente Passform ihrer Jeans bekannt ist“, so Chalayan, der sich mit innovativen und experimentellen Kollektionen einen Namen gemacht hat. Mavi Gold by Hussein Chalayan beinhaltet Skinny Jeans, Kleider, Shorts und Tops. Der Preis liegt zwischen 99 und 150 Euro/VK. Die Linie wird ab Sommer 2013 in ausgewählten Denim-Stores und eigenen Mavi-Flagship-Stores in New York, Montreal, Istanbul, Berlin, Frankfurt und Düsseldorf zu sehen sein. www.mavi.com

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Pepe Jeans London Vettel zu Gast

In der Formel 1 fightet er mit der starken Konkurrenz um Platz eins. Doch die Popularität von Rennfahrer Sebastian Vettel ist nach wie vor ungebrochen. Der Weltmeister des Red Bull Teams war Stargast auf dem Stand von Pepe Jeans auf der Bread & Butter in Berlin. Pepe Jeans London sponsert das Formel-1-Team von Red Bull. Am Morgen zuvor hatte Sebastian Vettel noch als prominentes Model beim Fotoshooting in der Berliner U-Bahn posiert, am Nachmittag stellte er sich auf der größten Denimmesse der Welt den zahlreichen Medien. www.pepejeans.com

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Frontlineshop Fashion-Show inszeniert

Nicht nur in der digitalen Welt zu Hause: Der Hamburger Onlinehändler Frontlineshop wird im November seine zweite Fashion-Show präsentieren. Rund 60 Runway Looks aus den Frühjahr-/Sommer-Kollektionen von Streetstyle-Marken sollen zu sehen sein. Mit dabei sind Brands wie Adidas, Carhartt, Fornarina, Fred Perry, Lee, Levi’s oder Vans. Bereits 2010 hatte man zum ersten Mal den Schritt auf den Catwalk gewagt, Pop-upStores in Hamburg und Berlin zeigten darüber hinaus Teile des umfangreichen Sortiments des Handelsunternehmens. www.frontlineshop.com

Replay Event im Garten

Draußen milde Sommernacht – drinnen laue Temperaturen im Secret Garden von Replay. Die italienische Marke lud in Berlin zum stilvollen Sommer-Event und verwandelte die Alte Münze in Berlin in eine Party Location – fast wie in Bella Italia. Später präsentierte CEO Matteo Sinigaglia neue Produkte aus der Frühjahr-/Sommer-Kollektion 2013. Star-DJ Mark Ronson ließ das bunt gemischte Mode- und Promipublikum bis in die frühen Morgenstunden tanzen, unterstützt wurde er von der US-Sängerin Reva de Vito. www.replay.com

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Sneakerhandel –– so läuft’s

Schuh wie du Keinem anderen Lifestylesegment wird traditionell so viel Innovationspotenzial zugesprochen wie dem der Sneakers. Aber das Bild, das sich heute im breiten Sneakerhandel bietet, lässt einem beinahe das Gesicht einschlafen. Hat das Thema Turnschuh nach dem großen Hype an Zugkraft verloren oder ist der Handel zum Flaschenhals geworden? Text Isabel Faiss Illustration Henning Weskamp/Typeholics Fotos Marken

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s ist richtig, dass in den letzten Jahren mit dem Casual- oder Hybrid-Sneaker ein komplett neues Segment im Markt entstanden ist“, so Till Jagla, Sales-Manager bei Adidas. „Getrieben durch einen sehr angezogenen Look wurden Casuals im FootwearBereich immer beliebter und gefragter im Handel und waren als Thema mehr als präsent. Allerdings möchte ich den Vorwurf entkräften, dass Casuals den innovativen Turnschuh verdrängt haben. Es ist viel mehr so, dass die Marken neben dem klassischen Turnschuhgeschäft einen neuen Konsumenten mit dem neuen Segment erreicht haben“, erklärt Jagla. Die Marke aus Herzogenaurach hat es als eine der wenigen geschafft, sich trotz der breiten Distribution von Casuals im kommerziellen Bereich bei den wenigen verbliebenen Key-Accounts für erlesene Sneakers ein gewisses Standing zu erhalten. Mit der Philosophie der Diversifikation steht das Produktportfolio von Adidas sinnbildlich für die gesamte Entwicklung im Markt, denn die Schere zwischen dem Angebot für die breite Masse und der Sahnespitze für Sneakerheadz geht weiter und weiter auseinander. Es sind nicht mehr viele, vielleicht ein Dutzend Stores, die der optischen Verödung der Sneakerlandschaft durch Casuals im breiten Handel mit aller Vehemenz und Leidenschaft entgegentreten und in ihren Läden nach wie vor zeigen, was ihr Segment so wertvoll macht. Diese fast schon Monopolstellung im deutschen Markt hat sie zu einer kleinen Elite zusammengeschweißt,

Sneaker als eine Art Statussymbol – lang ist’s her. Zumindest im Handel scheint man in punkto Innovation eher einen Gang zurückzuschalten.

in der man sich gegenseitig austauscht, sich gegenseitig schätzt und die unprätentiöse Sneakerleidenschaft gemeinsam feiert. Konkret betrifft das Stores wie A Few in Düsseldorf, Solebox in Berlin, 43einhalb in Fulda, Amen in München, The Good Will Out in Köln, Glory Hole in Hamburg, Azita in Frankfurt, Beatnuts in Regensburg, Asphaltgold in Darmstadt, Overkill und Stickabush in Berlin oder die Hype Gallery in Bochum.

Wende zum Besseren Nach dem großen Run auf Sneakers, den wir vor rund acht Jahren auf allen Ebenen erleben durften, ist es inzwischen wieder leiser geworden. „Der Massenmarkt, der aus dem einstigen Nischenmarkt entstanden ist, macht das Thema zunehmend uninteressant, weil auch der Endkunde immer mehr gesättigt wird. Daher ist es enorm wichtig, immer wieder neuen Input in diesen Markt zu bringen“, sagt Hikmet Sugoer von Solebox. Stark vereinfacht lief die Sache so: Viele neue Marken haben es nicht geschafft, den Hype von damals zu überleben, auch, weil sie für das Brot und Butter Geschäft zu spitz waren. Im Fachhandel hat sich wie immer das Gesetz des Stärkeren bewahrheitet. Die lang gehypten neuen und alten Skatemarken verschwanden am Ende wieder in der kleinen Nische, aus der sie gekommen waren. Die entstandene Lücke im kommerziell ausgerichteten Handel füllten No-NameSneakers und billigere Varianten zu Markenprodukten, aber auch die breit ausgelegten Kollektionssegmente einiger Key-Player wie Puma, Nike, Adidas oder Converse. Was blieb, war die Eintönigkeit auf der einen Seite und die wieder entfachte Leidenschaft der Sneakerheadz auf der anderen. Gleiches

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01 „Wir haben von Anfang an darauf geachtet, dass wir uns keinen großen Kostenapparat ans Bein hängen, der uns dazu zwingt, die ganz großen Umsätze zu machen. Deshalb und aufgrund dessen, dass wir bereits sehr viele Stammkunden haben, können wir zu 80 Prozent echt das einkaufen, was wir richtig gut finden. Wir würden uns wünschen, dass die Vertriebe uns noch eine größere Auswahl an Schuhen, ähnlich wie in Asien oder den USA, zur Verfügung stellen. Da wir selbst auch informierte Kunden sind, sind wir natürlich immer hinterher, das ‚heiße Zeug‘ für unseren Laden zu bekommen, damit wir es selbst nicht woanders bestellen müssen.“ Andreas Biergen, A Few Store

02 „Momentan sind viele Diskussionen im Gange, wie lange der Casual-Trend wohl noch anhält. Aus unserer Sicht werden Casuals allerdings ein langfristiger und fester Bestandteil in einem ausgeglichenen Produktportfolio bleiben. Dennoch beobachten wir gerade, dass viele Kunden sich wieder ein Stück weit umorientieren und ein Produkt suchen, das nicht so vergleichbar und austauschbar ist. Nicht nur der Handel möchte sich zum Wettbewerb differenzieren, auch der Konsument möchte wieder auffälligeres Schuhwerk tragen. So ist momentan im Handel wieder deutlich sichtbar, dass vermehrt farbige Schuhe die dunklen Schuhwände bzw. -regale auffrischen. Diese Entwicklung wird in den Aufträgen für das zweite Halbjahr 2012 deutlich unterstrichen.“ Till Jagla, Adidas

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43einhalb: Die Sneaker-Connaisseurs Oliver Baumgart und Mischa Krewer garantieren ihren Kunden, zu jedem Modell in ihrem Store in Fulda einen zehnminütigen Vortrag halten zu können.

„Wir gestalten zwei Drittel unseres Sortiments progressiv und ein Drittel kommerziell. Ein bisschen was Beklopptes muss man einfach machen, auch wenn das erst mal keiner kauft. Wir sehen gewisse Investitionen beim Einkauf wie unser Marketingbudget. Bestes Beispiel ist ein Paket von Adidas, das Ende des Jahres rauskommen wird. Dazu gehören Hosenträger und ein Pullover mit überdimensionalen LED-Bären, was ziemlich verrückt ist. Das Paket kostet 700 bis 800 Euro. Wenn man nur den Einheitsbrei macht und das, was alle erwarten, kann man auch Mamas Schuhladen draufschreiben und Gabor verkaufen.“ Mischa Krewer, 43einhalb, Fulda

Bild auf der Straße. Etwas Besseres hätte der Core Community nicht passieren können. Durch die Verknappung im Markt stieg die Begehrlichkeit nicht kommerzieller Produkte wieder an. Nach der massenkompatiblen Überdistribution kommerzieller Casuals reduziert sich das Geschäft jetzt wieder auf seine Essenz und hat die Chance, seine Position als Image- und Innovationsmotor zurückzugewinnen. Denn inoffiziell gibt es den Vorwurf seitens der Industrie, dass der Handel immer mehr zum Flaschenhals werde, der sich auf die Verkaufbarkeit eines Produktes konzentriere, anstatt eine stimmige Kollektion als Gesamtaussage zu sehen und auch die Imagestücke einzukaufen. „Wenn man Schuhe einkauft, greift man gerne zu dem, was einem entweder schon bekannt ist oder am einfachsten und sichersten hinsichtlich des Abverkaufs erscheint. Das sind meistens Modelle, die schon am Markt gewesen sind, jedoch erscheinen diese einem selbst eher langweilig oder wenig innovativ“, sagt Michael Preß vom Beatnuts in Regensburg. „Wir würden uns dabei selbst ins Knie schießen, wenn wir keinen Mut mehr hätten, Innovationen oder Trends zu schreiben. Wir dürfen im Allgemeinen nicht kurzfristig denken und die Saison nur vor zwölf sehen. Genau das erwarten auch vie-

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le unserer Kunden.“ Der Store zählt zu der kleinen Elite von Läden, die wirklich noch in der Lage sind, Trends zu setzen und Hypes zu kreieren. „Für uns ist es wichtig, auch sehr spitze Produkte zu zeigen, die vielleicht vom Kunden noch nicht angenommen oder verstanden werden. Aber das genau ist unser Image, dass wir gewisse Themen und Trends als Erste in unserer Region zeigen. Davon leben wir“, so Michael Preß.

Gemeinsam statt einsam Off-the-records ist in den Gesprächen von einer Store-Liste die Rede, die Marken wie Adidas, Puma und Nike auf den Messen aufsetzen und in der sie ihre Top-Ranking-Kandidaten für mögliche Kooperationen ausschreiben. Wer es auf diese Liste schafft, kommt in den Genuss einiger Privilegien, wie sie einst nur der Tier-Zero-Account von Nike versprach. Richtig, wenn man Tier Zero hört, glaubt man sich in die 00-Jahre zurückversetzt, aber der Exklusivservice steht gerade wieder hoch im Kurs, wenn es gilt, die wenigen verbliebenen Image-Stores bei der Stange zu halten. Gleichzeitig ist die Zusammenarbeit mit den Marken deutlich sympathischer geworden, man trifft sich wieder auf Augenhöhe. „Als wir angefangen haben mit Solebox, war es schwer, überhaupt einen Account bei den Marken zu bekommen. Heute ist der Markt zugepflastert mit

Shops, die das Gleiche machen. Im Vergleich zu von vor acht Jahren bekommt man heute als neuer Shop recht einfach die exklusivsten Produkte“, erklärt Sugoer. „In der Zusammenarbeit mit den Marken hat sich definitiv etwas verschoben. Das ist eine logische Konsequenz aus der Entwicklung der letzten Jahre. Viele Marken verkaufen ihre Produkte wesentlich breiter, zudem sind natürlich auch sehr viele neue dazugekommen“, resümiert Michael Preß. „Viele, die in den Lifestylemarkt hinein wollten, mussten sich erst mal Gehör und Aufmerksamkeit von den Händlern verschaffen. Das Gleiche galt für die, die in den Core Skatemarkt hinein wollten. Manche große Marken sind mit ihren Action-SportsKollektionen und dem Grad an Exklusivität dahinter auch erst mal gar nicht wirklich ernst genommen worden. Weil deren bisheriges Image so gar nicht zum Core Skate Image gepasst hat. Es gibt Marken, zu denen wir auch klar nein sagen, weil wir genau wissen, dass es darum geht, ein Thema groß aufzublasen, das sie zuvor mit einer Hand voll Image-Stores getestet haben, um das Thema danach in kürzester Zeit in die Breite gehen zu lassen. Das ist nicht unser Ziel als Laden. Durch eine saubere und nicht zu schnell gewachsene Händlerstruktur kann der Markt besser von den Marken kontrolliert werden. Nur so haben beide Seiten was davon“, meint Preß.


Sneakerhandel –– so läuft’s

Zum zehnjährigen Jubiläum präsentiert Solebox in diesem Jahr spezielle Kooperationen mit allen Marken, mit denen sie zusammenarbeiten.

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Wer hat’s drauf? Die Nachfrage seitens der Image-Stores nach mehr Exklusivität im Produktportfolio und Selektivität in der Vertriebsstrategie beantworten allen voran Adidas und Nike mit einem so facettenreich aufgefächerten Sortiment, dass für jeden Kunden und jeden Anspruch etwas dabei ist. Auf die Frage nach Innovation kommen diese zwei Marken an erster Stelle, immer gefolgt von Asics, New Balance und K1X. Und Lacoste, die bedingt durch ihre Geschichte zwar nie besonders nah an der Szene dran waren, den Weg aber durch kluge Kooperationen erfolgreich rückwärts gegangen sind. Puma wird wieder besser besprochen, nachdem die Marke für ihre Überdistribution ebenso wie Reebok hart abgestraft wurde. „Wir erleben gerade einen spannenden Themenwechsel. Viele Hersteller haben diese ganze Retro-Thematik viel zu lange ausgeschlachtet. Jetzt stellen sie fest, dass es großes Wachstumspotenzial im Lifestyle- und Streetwear-Bereich gibt, und springen voll auf diesen Zug auf. Auch Sportartikelhersteller trauten sich dadurch mehr in den Fashionbereich rein. Aber, was nicht mehr funktioniert, ist, alte Modelle aus dem Archiv zu ziehen und neu aufzulegen“, sagt Mischa Krewer von 43einhalb. „Im Moment kommt es einem echt so vor, als ob man schon alles gesehen hätte und man kann sich nur schwer vorstellen, dass sich da in Zukunft noch einiges tut. Vor 50 Jahren hätte aber wohl auch niemand damit gerechnet, dass es irgendwann Schu-

he mit Miniprozessoren geben würde, die einem sagen können, wie hoch man springt oder wie schnell man läuft. Deshalb bin ich mir sicher, dass wir in Zukunft noch mit einigen Innovationen rechnen können, die wir uns heute noch nicht mal vorstellen können“, sagt Andreas Biergen von A Few Store. Ernüchternd ist aber die Feststellung, dass es Innovation kaum über neue Marken in die Läden schafft. Mischa Krewer setzt als neue Marke auf Fleak Footwear, handgefertigte Sneakers made in Germany. Weitere Namen bleiben aber leider sowohl die einschlägigen Sneaker-Nerd-Blogs als auch die StoreManager schuldig. Wenn es dem Markt also an Innovationsgeist mangelt, dann könnte das doch die ideale Lücke für Newcomer mit guten Ideen sein. Nur mal als Gedanke in den Raum gestellt... x

WWW –––––––––– www.solebox.de www.afew-store.com www.overkill.de www.amen-store.com www.43einhalb.com www.beatnuts.de

03 „Das größte Problem ist, dass sich der Sneakermarkt seiner eigenen Basis beraubt, weil Exklusivität inflationär geworden ist. Wir haben in einer Zeit angefangen, wo Limitiertes limitiert war und Selektives selektiv. Das Segment, in dem wir uns bewegen, reagiert extrem sensibel darauf, was unter Selektion und Limitierung verstanden wird. Dank Globalisierung ist Exklusivität ja noch nicht mal mehr auf nationaler Ebene möglich. Früher hat man im Ausland nach einem besonderen oder seltenen Produkt suchen können, da es regionale Produkte gab. Heute sucht man nach dem günstigsten Preis, weil die Produkte ohnehin identisch sind. Regionale Produkte wären also ein Ansatzpunkt, damit steigert man wieder die Begehrlichkeit in der Nische. Produkte, die nicht einfach zu bekommen sind, sind einfach gefragter. Wir sind ein Marketingtool für Marken. Das hat aber leider noch nicht jede Marke verstanden.“ Hikmet Sugoer, Solebox 04 „Vor allem im Sneakerbereich hängt es stark von den Menschen ab, die die Ware ein- und verkaufen. Man muss regelmäßig Innovationen bringen. Selbst wenn sie im ersten Moment ein Null-Geschäft darstellen, bekommt man meistens ein oder zwei Saisons später wesentlich mehr davon zurück. Und das muss in einem Image-Store auch so sein: Hier geben wir unserem Kunden die Möglichkeit, sich zu informieren. Es macht jedoch keinen Sinn, jedes Jahr zu versuchen, eine neue ganz große Innovation zu bringen. Die Differenzierung zwischen Masse und Spitze ist so weit vorangeschritten, dass pro Saison ein paar gute und richtige Modelle im Laden ausreichen, um genug Erfahrung und Feedback von Kunden für die nächste Einkaufsrunde sammeln zu können.“ Michael Preß, Beatnuts

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Repräsentative Räume: Die ehemalige Schuhfabrik Neuffer am Park ist Sitz von Kangaroos und flip flop.

Globaler Kosmos ganz lokal

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Das Universum des Unternehmens Bernd Hummel liegt am Ende einer idyllischen Straße im süddeutschen Pirmasens. Hier finden sich unter einem Dach mit Kangaroos und flip flop zwei ganz unterschiedliche Schuhmarken – beide fest in Familienhand. Text Ina Köhler Fotos Kangaroos, flip flop

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rüher war Pirmasens für seine Schuhproduktion bekannt. Noch in den 1960er-Jahren wurde fast jedes zweite Paar in Deutschland hier hergestellt. Von der einst stolzen Industrie ist kaum etwas übrig geblieben. Die Produktion ist abgewandert, die oft leer stehenden Fabriken sind nur noch stumme Zeugen der einst glanzvollen Vergangenheit. Doch nach wie vor gibt es hier eine Reihe von Unternehmern, die im internationalen Footwear-Business mitspielen. Bernd Hummel ist einer davon. Mit viel Sachverstand hat er eine ehemalige Schuhfabrik aus der

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Gründerzeit als Firmensitz wiederbelebt und damit Architekturpreise eingeheimst. Neuffer am Park beherbergt heute neben Büros, Café, Fitnessstudio und Konferenzräumen auch Ausstellungen von internationalen Künstlern. Seit seine Töchter Julia (bei Kangaroos) und AnneKatrin Hummel (bei flip flop) mit in die Geschäftsführung eingestiegen sind, ist auch die Nachfolge gesichert. Beide Marken, die sehr unterschiedlich sind, arbeiten weitgehend unabhängig voneinander. Dennoch ist der enge Kontakt innerhalb des Familienunternehmens

flip flop

2006 hatte Bernd Hummel die Rechte an der Schuhmarke flip flop gekauft, seine Tochter Anne-Katrin Hummel prägte den neuen Look. Unter ihrer Leitung wurde die Linie zur vollwertigen Kollektion ausgebaut. Eigene Stores gibt es in Berlin, Amsterdam und Köln. Vertrieben wird die Marke an rund 250 Händler, darunter KaDeWe in Berlin, Breuninger oder Ludwig Beck. www.flip-flop.de


bernd Hummel –– so läuft’s 02

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„Kangaroos steht für frischen Urban Lifestyle.“ Brand-Manager Marco Lachner deutlich zu spüren. Ursprünglich hatte Anne-Katrin von Berlin aus gearbeitet, um jetzt nach Pirmasens zurückzukehren. „Ich habe hier einfach andere Möglichkeiten und die Wege sind viel kürzer“, meint die 34-jährige Unternehmerin. Das wird klar, wenn man die weitläufigen Showrooms und Designateliers im Loftstil mit Blick auf den grünen Pfälzer Wald besichtigt – so viel Raum ist anderswo unbezahlbarer Luxus. Unter ihrer Leitung wurde flip flop von der simplen Zehensandale zu einer vollwertigen Kollektion umgebaut, die zusätzlich erfolgreich Beklei-

Kangaroos

Die Bernd Hummel GmbH wurde 1976 vom gleichnamigen Inhaber gegründet. 1981 schließt er in den USA einen Lizenzvertrag über Design, Produktion und Vertrieb für die Marke Kangaroos ab. Heute ist er der weltweit größte Lizenznehmer von Kangaroos und vertreibt diese in über 20 Länder Europas und Osteuropas. 2010 werden die Heritage-Linien Roos Red und Black (globale Lizenz) gegründet. Julia Hummel ist gemeinsam mit ihrem Vater Geschäftsführerin der Marke, Marco Lachner BrandManager, Sven Bürkle Marketingmanager. Kooperationskollektionen mit dem Amsterdamer Schuh-Store Patta sowie Wemoto und eine Capsule-Kollektion, die im Pariser Colette verkauft wurden, sind imageprägend. www.kangaroos.de

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dung anbietet. Zusammen mit Kostas Murkudis entwickelte sie eine Capsule-Kollektion. Von Haus aus ist sie Architektin, was ihr nicht nur im Entwurfsprozess hilft. „Es ist wichtig, eine Linie von Anfang bis zum Schluss durchzudenken – von den ersten Skizzen bis hin zur Kampagne und dem Design der Stores.“ Und die ist pur, geradlinig und reduziert, so wie die Kollektion. flip flop steht für erschwinglichen Luxus: Ballerinas, Stiefel, Wedges und Sandalen gibt es in vielen Farbreihen. Auf die Qualität achtet Anne-Katrin Hummel ganz besonders. So sind die Innensohle der Ballerinas unterpolstert, die Zehensandalen aus Naturkautschuk, alle Schuhe werden auf Komfort getestet. Mit dem Konzept hat Anne-Katrin Hummel schnell den deutschsprachigen Markt und Italien erobert. Auf der Wunschliste steht zurzeit Skandinavien. In der Kölner Ehrenstraße hat sie im Mai den dritten Laden in Europa eröffnet, weitere kann sich die junge Unternehmerin gut vorstellen. „Im eigenen Laden kann man die Tiefe der Kollektion viel besser darstellen.“

Zwei Marken mit Charakter Eine Etage tiefer taucht man in eine andere Welt ein: in die Welt von Kangaroos. Showroom und Designlabor sind ebenfalls im großzügigen Industrieloft untergebracht. Ursprünglich stammt die Marke aus den USA, für den europäischen Markt jedoch kommt der Look aus Deutschland, wo mit viel Herzblut das Markenimage geprägt wird. „Kangaroos steht für frischen Urban Lifestyle“, so Brand-Manager Marco Lachner. Die jüngste Zusammenarbeit mit Szenegrößen wie dem Amsterdamer Kult-

Familienbande: Anne-Katrin und Bernd Hummel stehen gemeinsam hinter der Kollektion flip flop. Der Unter- nehmensgründer ist auch für Kangaroos verantwortlich. Cool und klar: Der neue flip flop Store in Köln zeigt den farbenfrohen Look der Kollektion. Kreative Ideenschmiede: Im Loftambiente arbeiten Brand-Manager Marco Lachner und sein Designteam an den aktuellen Entwürfen von Kangaroos.

Store Patta ist für die Marke fruchtbar: „Die Jungs bringen unheimlich viel Input ins Design auf Basis unseres Schuharchivs“, erzählt Lachner. Zwar werden mit dem Ergebnis der CapsuleKollektion nur eine Handvoll Läden weltweit beliefert, dennoch sind diese Linien, auch die Kooperation mit Brands wie Wemoto, wichtig für die Repositionierung. Gleiches gilt für die Premiumlinie Roos Red. „Es ist wichtig fürs Sneakersgeschäft, weil wir dadurch unsere Kompetenz und Glaubwürdigkeit verstärken“, so Marco Lachner. Kangaroos indes steht nicht nur für Sneakers, sondern produziert eine breite Range von Schuhmodellen sowie die erfolgreiche Kidslinie. Funktionalität spielt eine wichtige Rolle, zum Beispiel die dämpfende DynacoilSohle. Für die Marke hat Lachner mit seinem Designteam strenge Richtlinien erarbeitet – von der Typo bis hin zum Branding. „Jeder Kangaroos-Schuh muss mit einer funktionierenden Tasche ausgestattet sein“, so Lachner. Für die Zukunft arbeitet er an einer noch klareren Positionierung. Ideen dafür gibt es in der Kreativschmiede in Pirmasens schon viele. Dazu gehört beispielsweise auch, die Produktion teilweise in Deutschland wieder aufzunehmen. In einem Nachbarort hat das Unternehmen eine Schuhfabrik gekauft, in der künftig limitierte Auflagen für Kangaroos und flip flop gefertigt werden sollen. Schuhe made in Germany – lohnt sich das? „Es gilt für ausgewählte Modelle, die auch preislich entsprechend positioniert sind“, so Lachner. Ein kleiner Anfang jedoch, der Schule machen könnte – schließlich gibt es noch jede Menge ungenutztes Know-how in der Gegend. x

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Pop-up auf ganz hohem Niveau Mode dahin zurückbringen, woher sie ursprünglich kommt – auf die Straße. Das ist die Intention von Roger Wade, Gründer der Marke Boxfresh und Initiator des Projektes Boxpark in London-Shoreditch. Text Nicolette Scharpenberg Fotos Boxpark

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D „Boxpark will radikal sein. Es soll nicht wie eine der zigtausend Einkaufsmeilen sein, die in jeder Großstadt gleich aussehen. Boxpark ist eine Community mit Attitüde, die sich gegenseitig inspiriert.“ Roger Wade, CEO Boxpark

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as Projekt Boxpark ist einzigartig in seiner Art. Es handelt sich um die erste Pop-up-Einkaufsmeile der Welt, direkt im Zentrum des pulsierenden Szeneviertels Shoreditch im Londoner East End. Rund 61 neben- und übereinander gestapelte Wellblechcontainer an der Shoreditch Highstreet Station bilden seit Herbst 2011 ein Shoppingimperium. Ihre Fracht sind Fashion, Kunst und Köstlichkeiten. Damit passen sie perfekt in das Kreativumfeld des Stadtteils, bestehend aus Galerien, Künstler-


Boxpark –– so läuft’s

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WWW –––––––––– www.boxpark.co.uk

ten Capsule Kollektionen. Newcomer und junge Designer sprechen stolz von ihrem ersten eigenen Store. Stiftungen wie Art Against Knife und Amnesty International launchten hier ihre erste eigene Galerie. „In Zeiten der zunehmenden Digitalisierung von Mode war es unser Anliegen, einen radikalen Gegenentwurf zu entwickeln. Boxpark soll Mode wieder dahin zurückbringen, woher sie ursprünglich kommt – auf die Straße“, erklärt Roger Wade, Projektinitiator und Gründer der Streetwear-Marke Boxfresh. „Boxpark ist eine XL-Einzelhandels-Community aus vielen kleinen Concept-Stores, die jungen Designern die Chance auf einen eigenen Laden gibt und etablierten Marken eine Plattform für die Präsentation von Below-the-Line-Trends.“

Spielwiese für Marken

ateliers, Designern, Boutiquen, Szenecafés und Clubs. Das Konzept besteht darin, leere Schiffscontainer zu Box-Shops umzufunktionieren. Daraus entstand ein völlig neues Retail-Konzept, welches die oft so festgefahrene Einkaufszonenatmosphäre revolutioniert, einen erlesenen Mix aus Streetwear- und FashionBrands beherbergt und zudem noch rund 200 Arbeitsplätze geschaffen hat. Für etablierte Marken sind die Container Spielwiese für die Präsentation von limitier-

So findet sich Carhartt neben Calvin Klein, The North Face neben NikeID Studio, Lacoste Live neben Abuze London, Levi’s neben Vans oder Smiley neben 55 DSL – allesamt verpackt in zwölf Quadratmeter großen Containerboxen. Holzpaneele oder Regalsysteme aus Baugerüststangen bilden das Interieur. „Nike hat hier seinen weltweit ersten Concept-Store realisiert, aber es gibt auch viele kleinere Marken wie beispielsweise Abuse, die hier die Möglichkeit bekommen haben, ihren ersten eigenen Store überhaupt zu launchen“, erzählt Wade. Die Facetten sind bunt, so hat Levi’s jüngst zum Launch ihrer Levi’s Commuter Range, einer Kollektion die speziell auf die Bedürfnisse eines Radfahrers abgestimmt ist, einen Popup Bike Shop im Innenhof des Parks eröffnet. Kunden können ihre alten Fahrräder aufpimpen lassen und dazu gleich die passenden Styles shoppen. Abgerundet wird das Retail-Konzept durch regelmäßige Konzerte, Kunstausstellungen und Partys. Bistros und Bars verwenden ausschließlich frische Produkte, hausgemachte Soßen und Fleisch von lokalen Märkten aus der Region. Das Projekt verbindet Nachhaltigkeit mit Innovation, denn die Boxen lassen sich innerhalb von zwei Wochen auf- und wieder abbauen. Geplant ist das Projekt zunächst für fünf Jahre. Der Termin und die Location für ihren nächsten Stopp bleibt bislang noch geheim hinter Containerwänden verborgen. x

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01 Die Pop-Up-Einkaufsmeile Boxpark in London-Shoreditch revolutioniert seit Herbst 2011 die festgefahrene Mall Atmosphäre. 02 Boxpark ist eine XL-Einzelhandels-Community mit einer bunten Mischung aus Jungdesignern und etablierten Brands. 03 Kleine Bistros und Cafés bieten ausschließlich Bioprodukte.

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What’s your job? Franz Alt ist ein Mythos, glaubt man, wenn man wochenlang versucht, ihn auf seinem Zweitwohnsitz auf den Philippinen zu erreichen, wo auch Produktionsstätten von Freshtex stehen. Für Mythos spricht auch, dass ihm sein Ruf als Innovationsmotor und Pionier auf dem Gebiet der ökologischen Produktionstechnologie vorauseilt. Vorstufe ist Spannung pur, wer hätte das gedacht. Und wer hätte gedacht, dass wir den Geschäftsführer dann doch noch vors Mikro bekommen haben … Interview Isabel Faiss Fotos Freshtex

Als einer der Ersten hat dieses Unternehmen aus der textilen Vorstufe das Thema Nachhaltigkeit für sich entdeckt und umgesetzt: Freshtex produziert unter anderem auf den Philippinen.

„Ich würde die Designer in die Produktion stecken und die Margen der Vorstufe an die der Marken anpassen.“

Ansprechpartner haben, der weiß, wie das westliche Business funktioniert und wie die Uhr auf den Philippinen tickt.

Franz Alt, Inhaber Freshtex 01

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err Alt, Sie sind gerade auf den Philippinen. Urlaub oder Job? Franz Alt: Wir haben uns intern vor einiger Zeit dafür entschieden, dass es Sinn macht, wenn einer von uns auf den Philippinen in unseren Produktionsstätten vor Ort ist. Mehr und mehr europäische Topmarken lassen von uns hier produzieren. Sie schätzen es, wenn sie vor Ort einen europäischen

Modediktator für einen Tag: Was würden Sie ändern, wenn sie für einen Tag allmächtig wären? Ich würde die Designer in die Produktion stecken und ich würde die Margen der Vorstufe an die der Marken anpassen. Gab es für Ihr Unternehmen in letzter Zeit eine Sternstunde? Es gab in diesem Jahr schon einige solcher Sternstunden. Ob man es nun als Sternstun-


Freshtex –– What‘s your Job?

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Freshtex

Freshtex wurde 1954 in Heilbronn, Deutschland, gegründet. Seit dem ersten Tag verpflichtete sich die Unternehmensführung dem Prinzip, dass Gewinne fair und nach ökologischen sowie ethischen Prinzipien erwirtschaftet werden. Heute agiert Freshtex weltweit als Textildienstleister. Das Unternehmen ist GOTS-zertifizert. www.freshtex.com

de bezeichnen will, sei dahingestellt. Aber besonders gefreut hat mich der Moment, in dem mein Sohn nach Beendigung seines Studiums nun in die Firma eingetreten ist. Er bringt eine neue Herangehensweise und frische Perspektiven mit ein. Modische Innovationen seitens Silhouetten, Stil und Neuinterpretationen vergangener Epochen sind gegenüber den Möglichkeiten auf Materialebene in den Hintergrund gerückt. Damit übernimmt die Vorstufe eine immer wichtiger werdende Funktion als Ideengeber und ist unmittelbar am kreativen Entstehungsprozess einer Kollektion beteiligt. Vor diesem Hintergrund betrachtet: Wie haben sich die Ansprüche an Ihr Unternehmen in den letzten Jahren verändert? Es wird immer mehr von uns erwartet und zwar in allen Bereichen: Nachhaltigkeit, Innovationen in den Bereichen Waschen und Färben, Kombinationen von Stoffen mit diversen Finishes zusammenzuführen und vor allem der Preis soll immer weiter runtergehen. Das ist schon ein ordentliches Paket, das wir da stemmen müssen. Deshalb ist es besonders wichtig, dass man sein Spezialgebiet hat, wie wir als Pionier im Bereich nachhaltiger Waschungen und Finishes. Welche Vorteile sehen Sie in diesen neuen Ansprüchen? Nicht jeder Wettbewerber kann bei dieser Upward-Spirale mitgehen. Das heißt, ich erwarte nicht, dass neue Spieler dazukommen, sondern eher, dass einige auf der Strecke bleiben. Wenn man gut ist, kann man in dieser Situation erst Recht sein wahres Potenzial zeigen. In welchen Bereichen und Themen sehen Sie derzeit das größte Innovationspotenzial? Im Bereich des Garment Dye und bei der Weiterentwicklung der Ozontechnik. Es ist unheimlich spannend, was sich da gerade tut und was hier an Fortschritt möglich ist. Immer mehr Unternehmen aus der Vorstufe gehen inzwi-

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Firmeninhaber Franz Alt hat seinen Wohnsitz auf die Philippinen verlegt, um ständig vor Ort in den Produktions- stätten des Unternehmens zu sein. Der Innovationsgrad einer Kollektion hängt stark von den Neuerungen auf Materialebene ab. Viele neue Herausforderungen, denen sich Freshtex stellt.

schen den Schritt, eine eigene Marke mit Kollektion zu etablieren. Wie stehen Sie zu diesem Ansatz? Gute Idee, aber das ist nichts für uns. Wir sind Dienstleister und Innovator der Branche und das wollen wir auch bleiben. Auch getrieben durch das steigende Interesse der Endkonsumenten an Herkunft und Produktionsart eines Produktes, wird die Vorstufe immer mehr unter die Lupe genommen. Wir spüren keinen Druck, wahrscheinlich, weil wir sehr transparent sind und unsere Betriebe unter anderem GOTS-zertifiziert sind. Da bleiben nicht mehr so viele Fragen offen. Was wir feststellen, ist vielmehr das Verlangen nach Produkten, die Fashion und Sustainability miteinander verbinden. Davon gibt es offensichtlich noch zu wenig am Markt. Aber nochmal zum Thema Herkunft und Transparenz: Wenn ich sehe, was die Verbraucher zum Teil bei den Vertikalen kaufen, dann kann ich nicht glauben, dass sich irgend jemand wirklich für das Herkunftsland oder die Produktionsmethode interessiert. Sicherlich gibt es eine informiertere Kundenschicht, aber die Masse ist noch lange nicht so weit. Leider! Welche Risiken sind Ihrer Meinung nach mit Marketinglügen wie der Null-Wasser-Hose verbunden?

So sehr mich das ärgert, aber wahrscheinlich ist das Risiko noch nicht mal so groß. Wie gesagt, ein Großteil der Verbraucher hat leider nicht das Fachwissen, um wirklich beurteilen zu können, ob eine Null-Wasser-Hose eine Marketinglüge ist oder nicht. Firmen, die diesen Mist propagieren, müssen erst von der Presse herausgefordert werden. Oder von Organisationen wie Greenpeace. Erst mit ihrer Aufklärungsarbeit kann sich der Verbraucher ein Bild machen. Freshtex setzt auf Innovationen wie die Zero Chemicals Washes. Wie funktioniert das Verfahren? Das ist ein technisches Betriebsgeheimnis. Nur soviel: Man muss nicht unbedingt einen blauen Denim herunterbleichen. Damit sparen wir nicht nur Farbe, sondern auch Wasser und Chemikalien ein. Es geht auch andersherum. Das funktioniert nur mit modernster Technologie. Spannend ist auch ihr Ansatz für die Kollektion Planet Future. Was können Sie uns darüber erzählen? Planet Future ist unser Aushängeschild in Sachen Nachhaltigkeit. Hier zeigen wir, was alles möglich ist. Wir entwickeln, fertigen, waschen und färben nach den Richtlinien des Organic Textile Standards und nach unseren internen Sustainability Guaranteed Guidelines. Wir verbinden modernste Technologien mit dem nötigen Fachwissen, eine Kollektion zu entwickeln, die diesen hohen Standards entspricht. Dabei geht es uns nicht nur um das Fabric oder das Waschen, sondern wir berücksichtigen zum Beispiel auch, wie wir Dampf erzeugen – natürlich ohne Big Oil, sondern mit lokalen Brennstoffen – und wie wir das Abwasser behandeln – natürlich biologisch und nicht mit Chemikalien. Gerade diese Woche ist mit Freshtex Bulgaria unser zweiter Betrieb auf lokale Brennstoffe und eine Biokläranlage umgestellt worden. Das alles steht hinter unserer Kollektion Planet Future. Vielen Dank für das Gespräch! x

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Lass uns reden –– breeze

Zu den Ausstellern gehörten lokale und nationale Marken, Shops und Designer. Warum diese Fusion? Viele junge Labels mit kleinen Marketingbudgets haben es heute schwer, gegenüber den Großen zu bestehen. Deshalb gefiel uns der Gedanke, lokale Labels mit internationalen Brands zu mischen, was gleichzeitig zu einer spannenden Interaktion geführt hat.

Frischer Wind in München Eine Lifetylemesse in München? Die süddeutsche Metropole scheint dafür genau der richtige Ort zu sein. Vom 16. bis 17. Juni 2012 gab es die erste Ausgabe der der bREEZE in der Münchner Whitebox auf dem Gelände der Kultfabrik. Die Consumermesse will sowohl internationalen Brands als auch lokalen Labels eine Bühne geben. Wir fragten Mitinitiator Sven Mederer nach dem Resultat. Text Nicolette Scharpenberg Fotos bREEZE

„Kunden sehnen sich nach einer Entschleunigung, nach dieser ‚guten alten Zeit‘‚ in der Mode. Diesen Spirit wollen wir wiederbeleben.“ Sven Mederer, bREEZE

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ie ist das Feedback nach der ersten Veranstaltung? Sven Mederer: Durchweg positiv, sowohl von den Besuchern, die glücklich darüber waren, solch ein Event endlich auch in München zu haben, als auch von den Ausstellern, die sich einer größeren Masse potentieller Kunden präsentieren konnten. Das Datum der Messe war antizyklisch zum Berliner Tradeshow-Run angesetzt. Warum? Die erste Ausgabe der bREEZE war nicht als Tradeshow gedacht. Ziel war es, mit kleinen lokalen Shops aus München und Upcoming Labels aus der Region einen Startschuss zu setzen. Deshalb waren wir nicht termingebunden.

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Worin liegt die Einzigartigkeit Ihrer Veranstaltung? Wir legen den Schwerpunkt eindeutig auf das lokale Business und wollen den Besuchern zeigen, dass man nicht immer nur online ordern muss. Uns ging es vor allem auch um die Kombination der einzelnen kulturellen Ansätze: Egal ob Fashion, Kunst, Musik – es ist die Kultur, die wir präsentieren wollen und die sich immer weiterentwickelt. Nennen Sie uns mal ein paar Fakten: Wie viele Sneaker und Sandwiches wurden verkauft? Auf 1.200 Quadratmetern Fläche hatten wir 26 Aussteller und knapp 1.000 Besucher an zwei Tagen. Ich denke, dass zirka 150 bis 200 Paar Sneaker den Besitzer gewechselt haben, dazu unzählige T-Shirts, Jacken und Accessoires. Sandwiches & Co gingen wie geschnitten Brot.

In Ihrem Portfolio ist die Rede von dem Drang nach Individualismus in der jungen Zielgruppe mit dem Thema Customizing. Inwieweit geht die Veranstaltung auf diese Entwicklung ein? Vier oder fünf der Aussteller entwickeln nur auf Bestellung hin ihre Produkte und schneiden diese auf Kundenwünsche zu. Da waren unter anderem Fahrräder (als Upcycling-Projekte), T-Shirt-Designs, iPhone-Hüllen und Jacken bzw. Westen, was alles in direktem Dialog zwischen Aussteller und Konsumenten stattfand. Was haben Sie aus der ersten Veranstaltung gelernt? In München zählt die Lage der Location – deshalb werden wir versuchen, bei den kommenden Ausgaben in der Innenstadt zu sein und stärker lokale Shops und Brands zu aktivieren und diese mit internationalen Größen zu mischen. x

WWW –––––––––– www.breeze-muc.com

Was hat Sie so sicher gemacht, dass ein derartiges Konzept in einer scheinbar gesättigten Messelandschaft trotzdem funktioniert? Das hat viel mit Leidenschaft und Herzblut zu tun. Wir kommen alle aus dieser Kultur, ich selbst habe in verschiedensten Shops gearbeitet. Wir kennen das Business der Shops, die sich in einem nimmer endenden Kampf mit den Onlinestores dieser Welt befinden. Nach vielen Gesprächen sowohl mit Shopinhabern, Designern und auch Endkonsumenten haben wir herausgehört, dass sich die Kunden nach einer Entschleunigung in der Mode sehnen, nach dieser „guten alten Zeit“. Diesen Spirit wollen wir wiederbeleben.

breeze

bREEZE, Intoxicated Demons GmbH, Raiko Schwabe, 81673 München/Deutschland, T 0049.1577.3881151, Veranstaltungsort: Whitebox, Grafingerstraße 6, 81671 München/Deutschland Nächster Termin: November 2012

Die erste Veranstaltung der breeze ging zwei Tage und hatte knapp 1.000 Besucher.



Der polnische Künstler Swanski hat ein Faible für hauswandfüllende Motive.

Swanski hat bereits mit 15 Jahren begonnen Designs für T-Shirts zu entwerfen.

Neben seiner freien Kunst betreibt Swanski zusätzlich eine eigene Modemarke namens Turbokolor.

Pawel Swanski

Pawel Swanski wurde am 1. November 1980 in Warschau geboren. Er arbeitet heute als freier Illustrator, Grafiker und Maler. 2007 gründete er sein eigenes Label namens Turbokolor und betreibt zudem noch eine eigene Kreativagentur unter dem Namen Swanarts. Zusammen mit M-City, Zbiok, Will Barras, Flying Fortress und The London Police malt er in einer Crew namens „The Team of Enthusiasts“. art portfolio www.swanofobia.com commercial work www.swanarts.com clothing company www.turbokolor.com

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Swanski –– Lass uns reden

„Eigentlich habe ich Höhenangst“ Swanski ist Maler, Grafiker und Illustrator. Skateboarding und Kunst sind seine Leidenschaft. Seine Sucht sind hauswandfüllende Artworks in schwindelerregenden Höhen. Text Nicolette Scharpenberg Fotos & Illustrationen Swanski

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wanski, Sie haben eigentlich ein Faible für große Flächen, deshalb danken wir Ihnen, dass Sie sich für x-ray auf ein Downgrade zu einem DIN-A4-Cover eingelassen haben. Woher kommt die Leidenschaft für hauswandfüllende Motive? Swanski: Ich bin mit Skateboarding groß geworden und von seinem Kosmos beeinflusst. Dabei war ich nie ein Graffiti-Künstler, obwohl ich immer einen Marker oder ein paar handgemachte Sticker dabei hatte. Angefangen hat es mit Illustrationen, dann folgten Wände. Nachdem mich mein Freund Coskun von der A.F. Gallery aus Köln gebeten hat, ein riesiges Wallpaint nahe seiner Galerie zu machen, war ich angefixt. Denn das Gefühl, vor einer 20 oder 40 Meter hohen Wand zu stehen, die dein Bild trägt, ist einfach unbeschreiblich. Warum haben Sie dieses Motiv für das x-ray Cover gewählt? Die meisten meiner Motive zeigen Natur und Tiere. Ich bezeichne es als Dickicht. Das Covermotiv zeigt meine Interpretation des Dachthemas dieser Ausgabe: Schuhe im Swanski-Kleid. Wie kamen Sie eigentlich zur Kunst? Ich zeichne, seit ich denken kann, und bin nebenbei Designer und Illustrator. Nach dem Abitur bin ich nach Deutschland gekommen, um hier zu studieren, und begann als freier Grafiker zu arbeiten. Angefangen habe ich mit Skateboard-Designs für Hessenmob und Cliché zum Beispiel. Somit habe ich eigentlich eher das Leben im Studio und auf dem Skateboard studiert als richtig an der Uni. Sie haben sich mittlerweile in der Streetwear- und Skateboardszene einen Namen gemacht. Wo hat diese Verbindung ihren Ursprung? Streetwear und Skateboarding sind eng miteinander verknüpft. Als Skater haben wir bereits früh Dress Code Statements gemacht,

die wiederum extremen Einfluss auf andere Labels genommen haben. Meine StreewearHistorie hat eigentlich ganz typisch angefangen. Wir sind eine Do-It-Yourself-Generation. Ich habe bereits mit 15 angefangen, Prints für T-Shirts und Hoodies zu entwerfen, die ich anschließend an meine Freunde verkauft habe. Extrem limitierte Kleinsteditionen von 30, manchmal auch nur zehn Stück. Und so kam der Streetwear-Stein ins Rollen. Ihre Motive zeigen oft Fabelwesen aus dem Tierreich. Warum? Meine Malereien sind eigentlich eine Studie des Ökosystems, welches eigentlich viel wichtiger für uns heute ist als Dinge wie beispielsweise Kapitalismus. Das Dickicht ist unabhängig, es ist der Anfang und das Ende, ein Nährstoff und Verbraucher in einem. Sie haben zusätzlich eine eigene Modemarke namens Turbokolor. Wie kam es dazu? Ich wollte immer selber entscheiden, was ich trage und wie es aussieht. Turbokolor macht meine Kunst erschwinglicher, denn nicht jeder kann sich ein Bild von mir leisten, aber ein T-Shirt schon. Irgendwann wurde aus der Sache ernst und wir haben uns dazu entschlossen, eine gesamte Kollektion bestehend aus Tops, Hosen, Hoodies, Accessoires und auch einer kleinen experimentellen Line namens i by Turbokolor herauszubringen. Alle Teile sind von Kunst und Skateboarding inspiriert. Sie dienen uns als textiler Code, um diese Kultur zu unterstützen.

Sie haben bereits Produkte für Brands wie Nike, Mob Skateboards oder Lakai Footwear gestaltet. Welchen Background braucht eine Marke, um für Sie als Kooperationspartner interessant zu sein? Ich muss hinter der Marke stehen. Die Leute hinter Mob, Girl oder Lakai stehen voll hinter ihrer Marke. Das Wichtigste für mich ist gegenseitiger Respekt. Ich bin nicht käuflich und arbeite für nichts, an das ich eigentlich nicht glaube. Sie betreiben neben Ihrer Marke und freien Artworks auch eine Kreativagentur namens Swanarts. Aus welchen Bereichen kommen Ihre Kunden? Swanarts ist der kommerzielle Teil von dem, was ich mache. Es ist ein One-Man-Studio, in dem ich zum Beispiel Designs, Illustration oder Animationen für Kunden wie MTV oder VH1 mache. Was steht auf Ihrer Agenda für die Zukunft? Ich plane, in die USA zu fahren und ein paar Projekte zu realisieren: Zwei Ausstellungen sind in diesem Jahr noch geplant und ein paar Kooperationen. Ich liebe es, zu malen, zu reisen und Zeit mit meiner Familie zu verbringen. Im Grunde steht einfach nur glücklich sein auf meiner Agenda. Wenn Sie die freie Wahl hätten, welchem Gebäude würden Sie gerne ein Swanski Wholepiece verpassen? Mein Traum ist es, einmal ein richtig großes Piece zu malen. Totaler Irrsinn, denn, um ehrlich zu sein, ich habe Höhenangst. Vielen Dank für das Gespräch. x

„Urban Culture umfasst längst nicht mehr nur Dinge, wie vorm Laden zu übernachten, um den Must-Have-Sneaker zu ergattern. Es ist eine Kultur mit Leuten, die kompromisslos nach vorne gehen, oft auch was riskieren, aber immer das tun, was ihr Herz ihnen sagt.“ Pawel Swanski –– 29


FinDen wir gut Text Isabel Faiss, Nicolette Scharpenberg, Ina Köhler, Claudia Janka, Julia Lauber Fotos Marken

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01 Imaginary Foundation Künstlerischer Anspruch

Prints in Fotoqualität sind das Markenzeichen von Imaginary Foundation aus San Francisco. In den 1970er-Jahren als Künstlerkollektiv mit Schweizer Wurzeln gegründet, machen die Designer bereits seit 2002 in Mode. Seit 2011 gibt es die Styles nun auch in deutschen Shops wie Plazmalab in Berlin oder Funbox in Stuttgart. Der europäische Vertrieb läuft mit Ausnahme von UK über Modano Germany in Ludwigshafen. Von dort werden jährlich zwei Kollektionen, bestehend aus T-Shirts, Longsleeves und Hoodies, in ausgewählte Auslagen verkauft. Unwirkliche Prints, knallige Farben und bis ins Absurde gehende Details, wie ein Gitarrist, der sich winzig klein im Visier eines Astronautenhelms widerspiegelt, sind wesentliche Designmerkmale der US-Marke. Preislich liegt ein T-Shirt bei 16,90 Euro im Einkauf. Kalkuliert wird mit einer Marge von 2,4. Kontakt: Modano Germany, Andreas Böll, 78351 Bodman-Ludwigshafen/Deutschland, T 0049.1577.2732328, www.imaginaryfoundation.com

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Super.Natural Power aus Fernost

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Gitta Plotnicki das swingt

Mit dem eigenen Label Super.Natural will sich der chinesische Produzent Shanghai Challenge Textile Ltd. auf dem europäischen Markt positionieren. Das Unternehmen gehört zu den führenden Herstellern von Sportswear, die für viele der internationalen Outdoor- und Sportmarken produziert. Mit der eigenen rund 50-teiligen Kollektion hat man sich auf die Kombination von Merinowolle und hochwertigen Kunstfasern spezialisiert. Dabei ist eine lässige Sportswear-Kollektion mit hohem Tragekomfort entstanden. Die EK-Preise liegen zwischen zehn und 40 Euro, die Kalkulation liegt zwischen 2,5 und 3,0. Thomas Stumpp, ehemaliger Geschäftsführer von Rossignol Deutschland und Chris Sports Europe, baut zurzeit die Distribution auf. Im Fokus stehen neben den deutschsprachigen Ländern Skandinavien, Benelux, UK, Frankreich, Italien, Spanien und Russland. Die Kollektion wurde erstmals auf der Outdoor in Friedrichshafen dem europäischen Publikum präsentiert.

Handarbeit ist für Designerin Gitta Plotnicki kein Fremdwort, sondern ein schönes Kontrastprogramm zur Massenproduktion. Mit ihrer Linie „Gitta Plotnicki – gefertigt in Deutschland“ setzt sie ihr Credo konsequent um. Für jeden Arbeitsschritt ihrer in liebevoller Detailarbeit gefertigten Kollektion hat sie in Deutschland ansässige Spezialisten gewonnen. Das reicht vom Blaudruckverfahren für Seidentücher bis hin zum handrollierten Saum und die Etiketten in Jacquard-Weberei. In ihrer Kollektion steht Feminines im Mittelpunkt: Kleider, Seidentücher, Blusen, auf der schwäbischen Alb gestrickte Shirts und formschöne Taschen. Ihre Kollektion ist damit ein Kontrapunkt zur maskulinen Kollektion ihres Partners Peter Plotnicki, der mit Merz b. Schwanen eine kleine feine Linie von in Deutschland gefertigten Oberteilen entwickelt hat. Der eigene Blog zeigt ein Kaleidoskop von schönen Orten und Dingen – von Clärchens Ballhaus in Berlin, bekannt für seine Swingabende bis hin zur besten Bäckerei der Hauptstadt.

Kontakt: Super.Natural Europe GmbH, Thomas Stumpp, 82266 Inning/Deutschland, T 0049.8143.447012, www.supern8ural.com

Kontakt: Gitta Plotnicki, Dirk Thomas, 10178 Berlin/Deutschland, T 0049.176.23344122, www.gitta-plotnicki.com, www.gitta-plotnicki.blogspot.de


finden wir gut –– mode

04 Abury Alles pro bono

Die Presseagentur, der Rechtsanwalt, die Grafiker, alle, wirklich alle Beteiligten an dem Projekt Abury machen es für den guten Zweck. Dieser ist in erster Linie die Förderung von Näherinnen in Marokko, die die kunstvollen Handarbeiten für Ledertaschen und Lederaccessoires herstellen. Seit dem Launch der Marke im Mai 2011 konnten bereits zwei Nähschulen in Marokko gegründet werden. Denn das Know-how der traditionellen Stickerei geht mit den weltweiten Dumpingpreisen immer mehr verloren. Die Abury Foundation engagiert sich daher weltweit, dass diese Traditionen der Handwerkskunst durch angemessene Bezahlung erhalten bleibt. Mit speziellen Aktionen, beispielsweise Customized-Produkten zu Weihnachten, finanziert sich Abury über den Verkauf durch den eigenen Webshop. Außerdem werden mit zusätzlichen Spenden in den entsprechenden Regionen Bildungs- und Trinkwasserprojekte umgesetzt. Anita Tillmann, CEO der Premium in Berlin, hat Abury von Anfang an unterstützt. Kontakt: Abury, Andrea Kolb, 10999 Berlin/Deutschland, T 0049.174.9208641, www.abury.org

07 Rubber di nero Reifen zum Umschnallen

08 Titi Madam Löwen, Tiger und Bären

Nix ohweh! Bei diesen Tieren braucht Dorothy sich nicht zu fürchten. Die Tiere von Titi Madam sorgen beim Zauberer von Oz eher für eine aalglatte Stilvorlage. Das 2007 von Tina Hakala und Adam Rowe gegründete Londoner Accessoirelabel zaubert die Tierwelt an Hals, Hände und Ohren. Als Motive an Ketten, Ohrringen, Armbändern, Broschen und Ringen dient alles, was Zoo und Wald hergeben. Materialien sind hauptsächlich Holz und verspiegeltes Plastik. Zusätzlich bietet das Label eine kleine Range aus Wohnaccessoires wie beispielsweise Spiegel in Tierform. Preislich liegen die Pieces zwischen vier und zwölf Euro im Einkauf, Spiegel bei 17 Euro. Vertreten ist die Marke bereits bei La Seda in Berlin, Köln und Dortmund, bei Busstop in Finnland und bei Dare to Just in London. Kontakt: Sales Affairs, Jamila, 50672 Köln/Deutschland, T 0049.221.29391488, www.sales-affairs.de, www.titimadam.com

05 Astrid jane Ohne schnörkel

06 Mein Herzblut Schluss mit Klischees!

Reduktion auf das Wesentliche ist bei Astrid Jane das Motto der gleichnamigen Kollektion. Die Hosen werden in Belgien designt und in Italien genäht. Dabei erhält sich die Kollektion von Astrid Jane, die in Nashville Tennessee geboren ist, ihren typisch amerikanischen Casual-Charakter. Highlights sind vor allem die bunten Coloured-Denim-Modelle und die engen Silhouetten in Stretch-Qualitäten. Ergänzt werden sie durch eine Chino-Linie aus einem Satin-Baumwoll-Mix und einem Leinen-Stretch-Stoff. Vertrieben wird die Hosenkollektion bereits in den BeneluxLändern, Österreich, Deutschland, der Schweiz, England und den USA.

Trachten und Tradition werden nördlich des Weißwurst-Äquators ungefähr so begeistert gefeiert wie Zahnhalskaries. Das bayerische Label Mein Herzblut tritt den alten Klischees mit einer mutigen Kollektion entgegen: Sie besteht aus zeitgemäßen Interpretationen von Dirndln, Jankern, Trachten-Shirts und -Röcken, Taschen und Schmuck. 2004 gründete die Straubingerin Christina Kronawitter Mein Herzblut. Neu ist die Idee der Street-Trachten, einem Mix aus Streetwear und Tracht, alltagstaugliche Looks. Die Liste der Stores, in denen die Marke bereits vertreten ist, ist jedenfalls lang – mit Städten von Hamburg über Berlin bis Kassel und Weimar.

Eine innovative Recyclingidee, die für Nachhaltigkeit steht. Der dänische Fahrraddesigner Jan Herskind verwendet alte Fahrradreifen, um daraus Gürtel herzustellen. Jeder ist ein Unikat. Aus alten Reifen Gürtel zu entwickeln, ist nicht nur eine kreative, sondern auch umweltschonende Idee. Die Rubber-di-Nero-Gürtel sind gleichsam filigran, robust und langlebig. Produziert werden sie in Dänemark, die Reifen dafür stammen aus aller Welt. Jeder Gürtel trägt das Welcome-StoppMann-Logo, das der Bruder des Designers, Jacob Herskind, entworfen hat. Die Gürtel von Rubber di Nero sind in den Größen 85, 90 und 95 zu einem Verkaufspreis von 60 Euro erhältlich. Geliefert werden die Unikate in schwarzen Stoffsäcken, über die Website www.rubber-di-nero.de können sie bezogen werden.

Kontakt: Astrid Jane, Marion Hoferer, 80807 München/Deutschland, T 0049.89.327298315, www.astridjane.com

Kontakt: Mein Herzblut, Christina Kronawitter, 94315 Straubing/Deutschland, T 0049.9931.8959171, www.meinherzblut.com

Kontakt: Herskind & Herskind, Jan Herskind, 1437 Kopenhagen/Dänemark, T 0045.26322727, www.rubber-di-nero.de, www.herskind-herskind.com

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mode –– finden wir gut

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Made in Europe Feinstes Leder

Die Begegnung mit einem 88-jährigen Schuhdesigner, einem Profi in der hohen Kunst der Lederverarbeitung, inspirierte Sophie De Bluze und Katherine Batliner. Das bewegte sie 2008 dazu, ihr eigenes Taschenlabel zu gründen. Made in Europe vereint traditionelles Handwerk mit minimalistischem Design. Das Designteam arbeitet über zahlreiche europäische Städte verstreut. „Wir leben und arbeiten in Paris, Wien, Istanbul, Berlin, Zürich und Mailand“, sagt Batliner. 2011 entstand ihre erste Kollektion. Grundlage für jedes ihrer Produkte ist hochwertiges italienisches Leder. Der Fokus liegt dabei insbesondere auf Fischleder von Lachs und Barsch, das besonders strapazierfähig und reißfest ist. Das Design ist außen schlicht und innen raffiniert. Die Handtaschen, Clutches, Portemonnaies und Pencilcases sind mit traditionellem Mühlviertler Leinen aus Österreich gefüttert. Für limitierte Serien werden französische Vintage-Möbelstoffe von Marcel Boussac verarbeitet. Vertrieben werden die Produkte aktuell noch über ihre eigene Website. Alle Preise auf Anfrage. Kontakt: Made in Europe, Katherine Batliner, 1050 Wien/Österreich, T 0043.1.2369057, www.madeineurope.at

10 MeerBrueder Piraterie und Meeresgetier

11 Sutsu Clothing British Boardsport Company

MeerBrueder ist ein Label aus dem Herzen Hamburgs mit einer großen Affinität zu maritimen Themen. MeerBrueder ist für alle, die diese Stadt genauso lieben wie die Gebrüder Sönke und Tobias Meergarten, die die Marke im März 2009 ins Leben gerufen haben. „Wir bieten bedruckte Shirts, Hoodies, Longsleeves oder Einkaufsbeutel für Frauen und Männer an. Bei unseren Produkten achten wir stets auf hohe Qualität, die fair gehandelt wird und die Umwelt nicht belastet“, sagt Tobias Meergarten. Die Motive befassen sich natürlich mit allem, was das Meer so liefert, ob es sich dabei um Legenden rund um die Piraterie, giftiges Meeresgetier oder um die Tiefsee handelt. T-Shirts und Longsleeves liegen aktuell bei 13 bis 15 Euro im Einkauf, Hoodies liegen bei zirka 20 Euro. Erhältlich ist die Marke derzeit nur online über Dawanda, Etsy und den eigenen Onlineshop.

Den Erfolg australischer und amerikanischer Surf-Brands vor Augen gründete Jon Wallhouse 2009 Sutsu Clothing in London. Sein Ziel war, ein britisches Pendant zu schaffen, das mit Charme, Qualität und ökologischer Korrektheit mithalten kann. Inzwischen gibt es Sutsu Clothing in acht Ländern, darunter Frankreich, Deutschland und den USA. Ein Ausbau des Vertriebs in Skandinavien ist in Planung. Zwei Hauptkollektionen, bestehend aus 60 T-Shirts, Longsleeves und Hoodies sowie eine zehnteilige Zwischenkollektion zum Hochsommer, werden jährlich in Deutschland, Österreich und der Schweiz über Modano Germany an Shops wie Boarders in München oder Operation Green in Düsseldorf vertrieben. Der Einkaufspreis liegt zwischen zehn und 25 Euro bei einer Marge von 2,5. Ergänzt wird das Angebot durch Bambus-Skatedecks.

Kontakt: Sönke & Tobias Meergarten GbR, 20459 Hamburg/Deutschland, T 0049.172.4370935, www.meerbrueder.de

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Kontakt: Modano Germany, Andreas Böll, 78351 Bodman-Ludwigshafen/Deutschland, T 0049.1577.2732328, www.sutsu.com

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Untitled denim mal anders

Als Mode- und Grafikdesigner Federico Batelli ein Reststück Denim in die Finger bekam, warf er diesen naturgemäß nicht einfach weg, sondern hatte eine ziemlich gute Idee. Aus der Idee ist inzwischen eine coole Kollektion aus Denimfliegen für Männer und Frauen mit Modellen in 20 verschiedenen Waschungen und Ausfertigungen geworden. Als Textilexpertin kam schließlich noch Annalisa Petroni mit an Bord. Highlights sind unter anderem die Used-Optiken. Alle Produkte sind von Hand gefertigt und das ausschließlich in Florenz. Der Vertrieb befindet sich gerade im Aufbau und zielt auf die Länder Italien, Deutschland, die Niederlande und Spanien. Preislich liegen die Fliegen zwischen 35 und 45 Euro, je nach Waschung und Verarbeitung. Kontakt: Untitled – Since Now, Federico Batelli, 50019 Florenz/Italien, T 0039.055.4493134, www.untitledsincenow.com


out now! www.ucm-verlag.at/app


Frühjahr/Sommer 2013

Check it out! Das Team der x-ray ist auf Trendsuche gegangen und fündig geworden. Auf den folgenden Seiten sind die schönsten Entdeckungen der neuen Frühjahr-/Sommer-Kollektionen 2013 zusammengefasst.

Text Julia Lauber Fotos Veit Ritterbecks, Marken

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Bright colours Von wegen 80ies! Knallfarben und Neon geben im Sommer 2013 den Ton an. Mal als akzentgebendes Accessoire, als Schnürsenkel, Sneakers oder Uhr, mal als leuchtendes Key-Piece, als Tee oder Röhre – Knalliges rockt! Gelbe Jeans, orangefarbenes Lederjackett, grüne Boots? Oh yes. Dabei werden die reinen Farben gerne gebrochen – als BatikShirts à la 70ies oder als Denimwaschungen.

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01 –– Gsus, 02 –– Adidas Originals, 03 –– Converse, 04 –– Palladium, 05 –– Diesel, 06 –– Skunkfunk, 07 –– Fydelity

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08-09 –– Norrona, / 10 –– Mavi, 11 –– Topman, 12 –– Campus, 13 –– Antony Morato, 14 –– Lacoste, 15 –– Vanishing Elephant, 16 –– Nixon, 17 –– Kangaroos, 18 –– Diesel

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Move with Flowers

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Der kommende Sommer wird blumig! Inspiriert vom Duft blühender Blumenwiesen kommen filligrane Millefleurs und prächtige Blütenprints auf alles, was tragbar ist. Dabei stehen heiße Hotpants, schmale Röhren, sexy Bustiers und klassische Blusen nebst luftigem Sommerkleid und bequemen Schuhen im Mittelpunkt. Motivisch mal romantisch verspielt, mal tropisch laut. Und für die ultimative SommerSorglos-Laune auch alternativ als Hippie-Look-Alike erhältlich.

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01 –– Fornarina, 02 –– Antony Morato, 03 –– Fornarina, 04 –– Drykorn, 05 –– Yerse, 06 –– Joe’s, 07 –– Yerse, 08 –– Timezone, 09 –– Timezone, 10 –– Hilfiger Denim

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Pretty Patterns Eine Schwäche für Flamingos? Oder vielleicht Fan von Marylin? Der kommende Sommer bietet DIE Gelegenheit, seine Vorlieben ganz plakativ und stylisch nach außen zu tragen. Ob auf Shorts, Shirts oder Sneakers, kein Kleidungsstück oder Accessoire, das 2013 nicht als Leinwand benutzt werden darf. So erlebt das legendäre Hawaiihemd sein Revival und wird künftig weniger zur Jeans als zu ebenso auffällig gemusterten Hosen und Accessoires kombiniert.

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01 –– Andy Warhol by Pepe Jeans, 02 –– Pepe Jeans, 03 –– New Era, 04 –– Paradise Found, 05 –– Street Style, 06 –– Mavi, 07 –– Raphael Hauber, 08 –– J’ai mal à la tête, 09 –– Firetrap, 10 –– Pointer, 11 –– Adidas, 12 –– Converse

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„Jeans sind der gemeinsame Nenner zwischen Männern und Frauen, Alt und Jung.“ Donna Karan

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01 –– Converse, 02 –– Diesel, 03 –– ADenim, 04 –– Kuyichi, 05 –– Gsus, 06 –– Firetrap

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Denim meets denim Vorbei sind die Zeiten, in denen ein jeansiger Komplettlook als No Go verpönt war. Denim darf wieder zu Denim kombiniert werden. Dabei bietet die Vielfalt von Waschungen und Cuts genügend Spielraum für individuelle Interpretation. Mal rough and dirty oder raw, mal stone washed oder metallisch beschichtet – gerade bei den Pants zeigt sich die neue Formenvielfalt: in XXL, Skinny, Tapered Fit oder Bootcut.

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07 –– K.O.I, 08 –– Mavi, 09 –– Campus, 10 –– Mavi, 11 –– 7 For All Mankind, 12 –– Hilfiger Denim, 13 –– Antony Morato, 14 –– Mustang, 15 –– Sparks, 16 –– G-Star, 17 –– Freeman T. Porter

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sweet like candy Inspiriert von South Beachs Art-deco-Viertel halten zarte Pastelltöne Einzug in die Mode. Als Pendant zur schrillen Farbinvasion stehen im Sommer pudrige Nuancen hoch im Kurs. Dabei kommen sie mal als monochrom durchgestylter und durchgefärbter AllOver-Look daher, mal als verspielte Kombination mit Batikeffekten. Die Farbpalette mit zarten Blau-, Gelb-, Rosé- und Grüntönen gleicht einem pastelligen Regenbogenspektrum.

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01 –– Joe’s, 02 –– Hummel, 03 –– Pointer, 04 –– Drykorn, 05 –– Mavi, 06 –– Gsus, 07 –– Lunettes Selection

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08 –– Zebratod, 09 –– Campus, 10 –– Fornarina, 11 –– Bench, 12 –– Sparks, 13 –– ADenim, 14 –– Firetrap, 15 –– Drykorn

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Denim meets Black

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keep on rocking Angelehnt an den Stil von Filmlegende James Dean, gehen Denim und Black im Sommer 2013 eine heiße Liaison ein. Ob schwarz gefärbt oder zu Schwarz kombiniert – Denim liebt es cool, derbe und runtergerockt. Dabei sind kräftige Waschungen im ausgeblichenen Used-Look ebenso bedeutend wie nachtschwarz durchgefärbte Qualitäten und rougher Raw Denim. Kombiniert werden die lässigen Jeans und knappen Kleider stilecht mit derben Lederjacken und lässigen Baumwollshirts.

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01 –– The Local Firm, 02 –– ADenim, 03 –– Guess, 04-05 –– Diesel, 06 –– Diesel Black Gold, 07 –– Nixon, 08 –– Palladium

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L ight denim take it easy Leicht fließende Denimstoffe, Tencel – der Sommer wird soft! Locker geschnitten und mit liebevollen Details versehen, bleibt Light Denim gern unter sich und wird – wenn überhaupt – nur mit soften Baumwoll- oder Seidenqualitäten der gleichen Farbfamilie kombiniert. Waschungen, zarte Prints und Stickereien unterstreichen den leichten Charakter der Stoffe. Weite Schnitte und Details wie Gummizüge fördern den angenehmen Tragekomfort bei heißen Temperaturen.

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01 –– Yerse, 02 –– Andy Warhol by Pepe Jeans, 03 –– Firetrap, 04-05 –– Diesel, 06 –– Patrick Mohr, 07 –– Antony Morato, 08 –– Campus, 09 –– Hilfiger Denim, 10 –– Wrangler, 11 –– Mavi, 12 –– Mustang

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Back to School Der College-Style ist zurück! Die frisch aufgelegten OldSchool-Klassiker kommen in ebenso bunten wie kontrastreichen Designs daher. Ganz retro mit auffälligen Stickereien und Trikotanleihen interpretiert, werden Baseballjacken, Caps und Tees in der kommenden Saison klassisch zu Denim und Chinos kombiniert. Wer lieber preppy als Hip Hop unterwegs ist, der findet mit sportlich-schicken Polos, Cardigans und Chinos sein Outfit für den Sommer.

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01 –– Wrangler, 02 –– Pepe Jeans, 03 –– Lacoste, 04 –– Campus, 05 –– Ebbets Field, 06 –– New Era, 07 –– Diesel, 08 –– Monsieur Lacenaire

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09 –– Replay, 10 –– Merc, 11 –– Kangaroos, 12 –– ADenim, 13 –– Hummel, 14 –– Ebbets Field, 15 –– Yerse, 16 –– Raphael Hauber

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zurück in die Zukunft Fotos Federica Roncaldier represented by tobiasbosch.com Assistenz Alexander Wohlrab Haare & Make-up Memo Schmage Styling Friederike von Bock Assistenz Christina van Zon Models Josina und Caroline/www.seedsmodels.de Produktion Friederike von Bock/www.sowow.de

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zurück in die Zukunft –– MODE

Stripes Links Kleid –– Starstyling Rock –– American Apparel Haarreif –– Die Zwillingsnadeln Schuhe –– Lise Lindvig Rechts Sweater –– Adidas Originals via frontlineshop.de Kragen –– Klara Kadlecova Rock –– American Apparel Socken –– Stylist’s Own Schuhe –– Sydney Brown

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Hangman Oben Overall –– G-Star Bra –– Stylist’s Own Hip-Bag –– Cleptomanicx Wedges –– Jeffrey Campbell Uhr –– Nixon via frontlineshop.de Unten Kette –– Klara Kadlecova Bluse –– Ethel Vaughn Rock –– American Apparel Sneakers –– New Balance

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zurück in die Zukunft –– MODE

Climbing Cape –– Starstyling Rucksack –– Monki Shirt –– Weekday Hose, Boots –– Adidas Originals

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Cones Links Pullover –– Baum und Pferdgarten Hose –– Henrik Vibskov Sneakers –– Adidas Originals Hut –– New Era Kette –– Stella & Dot Armreife –– Sabrina Dehoff Tasche –– Stylist’s Own Rechts Cape –– Diesel Rock –– Karlotta Wilde Shirt –– LookyLooky Schuhe –– Jeffrey Campbell via frontlineshop.de Cap –– Stylist’s Own Brille –– Mykita

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zurück in die Zukunft –– MODE

Steps Kragen –– Starstyling Jacke –– Muubaa Top –– American Apparel Hose –– Drykorn Schuhe –– Buffalo via frontlineshop.de

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Strangers Links Kleid –– Drykorn Hose –– Hui-Hui Schuhe –– Jeffrey Campbell Hut –– Die Zwillingsnadeln Kette –– Stella & Dot Kragen –– Klara Kadlecova Rechts Kleid –– f.rau Hose –– Karlotta Wilde Schuhe –– Friis & Company via frontlineshop.de Hut –– Die Zwillingsnadeln Flügel –– Monki

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zurück in die Zukunft –– MODE

Hiding Cap –– Cleptomanicx Hose –– Baum und Pferdgarten Pullover –– Starstyling Uhren –– Casio via frontlineshop.de Schuhe –– Monki

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he magical mystery tour is waiting to take you away, Waiting to take you away. The magical mystery tour is hoping to take you away, Hoping to take you away. The magical mystery tour is dying to take you away, Dying to take you away, take you away.

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zurück in die Zukunft –– MODE

Tube-Skating Tanktop –– LookyLooky Shorts –– Hui-Hui Mütze –– Adidas Originals Schuhe –– Converse-Chucks via frontlineshop.de Gürtel –– Cleptomanicx

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Drive Style

Metalflakes, Customizing, Raw Denim und Root Beer. x-ray zeigt Drivestyle aus Los Angeles, London und Hamburg – Muahahaha...

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Los angeles Rod ’n’ Roll & Rock ’n’ Bob

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Los Angeles, die Stadt der Lowrider und Rods und Chopper. Seit den 1940er-Jahren ist die Stadt die Wiege des Customizing. Es gibt nichts, was man nicht choppen, channeln, tunen oder flaken kann. Wer den Ursprung des Customizings sucht, sollte hier anfangen... Text & Fotos Jo Fischer, www.jofischer.com

Burger, Beer und Hot Rods

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Landeanflug auf Los Angeles – ich werde von einer schrabbligen Stimme aus dem Schlaf gerissen, schaue aus dem Fenster und betrachte das Meer von kleinen Häusern und langen Straßen. Mein Körper ist schwach. Geplagt von Schlafmangel und schlechtem Essen im Flugzeug, hebe ich meinen Koffer und begebe mich zur Immigration. Der Beamte hackt seinen Stempel in meinen Reisepass: ab jetzt drei Monate Rock ’n’ Roll.

V8 mit einem lauen Lüftchen Als ich vor dem Flughafengebäude meine erste Zigarette anzünden will, kommt auch schon mein Kontaktmann mit seinem Pick-up Truck um die Ecke. Little Daddy Roth ist der Sohn von Big Daddy Roth, der in den späten Fünfzigern maßgeblich an der Entwicklung amerikanischer Autokultur beteiligt war. Aus meiner Sicht ein Punk der Custom-Szene. So machte er mit V8motorisierten Glaskuppeln auf vier Rädern auf sich aufmerksam, schrägstes Design im Metalflake-Gewand. Der Ratfink, eine grüne Ratte, schreiend als Lenker eines Hot Rod in Plastik, geht auch auf seine Kappe. Wer so etwas entwirft, hat nicht alle Latten am Zaun. Da mir aber auch schon welche fehlen, fühle ich mich sofort wie zu Hause. Es ist schon Abend, wir fahren gemütlich über den Freeway Richtung City of Bell und hören dabei Musik von Del Mar, einer befreundeten Band von Little Daddy. Der Sonnenuntergang, die Freewayschilder und die Geräuschkulisse – das ist Drivestyle. Dieser lässt sich kaum auf

deutsche Straßen übertragen, da hier einige wichtige Gundvoraussetzungen fehlen. Das laue Lüftchen Kaliforniens, die Leichtigkeit und die gnadenlose Übermotorisierung.

Toast in RootbeEr, Muahahaha City of Bell – eine stark von mexikanischen Einwohnern geprägte Gegend. Hier wohnt Little Daddy. Es ist spät und ich schlafe für etwa zwei Stunden hervorragend auf der Couch im Wohnzimmer, für mich ist einfach noch Mittag. Am nächsten Morgen werde ich mit „Roth Revenge“ von Del Mar und einem lauten Muahahaha von Little Daddy geweckt. Er ser-

viert mir einen großen Teller mit Steak, buttergeschwängertem Toast und Rootbeer. Mit einem Stein im Bauch fahren wir zu Masterson Kustoms nach Lynwood nahe South Gate, 01 Bill Hines The Leadslinger: Nachdem er 1958 begonnen hat, für George Barris und Barris Kustoms zu arbeiten, wurde er zu einer Ikone der Custom-Szene aus L. A.. 02 Dan Collins ist Tätowierer, Hot Rod- und Bikebauer aus Los Angeles. Dieses Schmuckstück stand vor seiner „Old Gold Garage“ in Ventura. 03 Hollywood Hot Rods. 04 Outlaw Biker und Hot Rodder Mike Parti in seiner Werkstatt in Los Angeles. Parti hat bereits die Motorräder von Steve McQueen gepimpt und ist ehemaliges Mitglied der Galloping Goose MC.

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sen in der Regel geflaket, gechannelt und gechoppt den Hof. Hier entwickelte in den 1960er-Jahren Barris Customs den Wagen für Bat Man, den kutschigen Rod für die Adams Family ebenso. Mittlerweile ist Barris in Richtung Down Town gewandert. Die MastersonJungs haben den Ort bewusst gewählt. Auf einem beseelten Gelände lässt sich besser schrauben. Jedenfalls kann man tatsächlich den Geist der alten Zeit spüren.

The Leadslinger

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einer Gegend, in der man nach Einbruch der Dunkelheit besser ohne professionelle Kameraausrüstung unterwegs sein sollte. Die Jungs von Masterson betreiben hier einen Customshop. Edelste Custom Cars verlas-

Wir graben noch tiefer in der amerikanischen Custom-Geschichte und stoßen am späten Nachmittag auf Bill Hines, the Leadslinger, eine lebende Legende. In schrottplatzähnlicher Umgebung liegen sowohl die Werkstatthalle als auch das Wohnhaus. Der erste Customizer, nun fast 90, hat einst einen neuen Ford Shoebox Mitte der 1950er-Jahre gechoppt. Damals ein Skandal in der konservativen Autowelt Amerikas. Er zündet sich eine Zigarre an, ich schieße ein Porträt und bedanke mich.

„Das Beste daran ist die Umgebung, die Landschaft, der Rock ’n’ Roll und die Mischung unterschiedlichster Kulturen. Die Kombination macht den Drivestyle, nicht der Wagen allein.“ Jo Fischer 58 ––

Thursday Night Thunder Die ersten beiden Tage in L. A. vergehen viel zu schnell. Mein Jetlag hat sich fast in Luft aufgelöst und wir beschließen, spontan zum Thursday Night Thunder nach Irwindale auf den ältesten Dragstrip der USA zu fahren. Dort treffen sich jeden Donnerstagabend rennbegeisterte, um in Privatfahrzeugen die Viertelmeile zu knacken. Teils in professionellen Dragstern, aber auch in Diesel-Pickups, deren rußige Anfahrt mit Vollgas an das Ablegen der Queen Mary vom Hamburger Hafen erinnern. Ein runder Abend mit außergewöhnlichen Fahrzeugen, schrägen Leuten und viel Lärm. Auch diese Art von Drivestyle lässt sich leider auch nicht auf deutschen Boden übertragen.

Hot Rods, Tattoos & Rock ’n’ Roll Wir besuchen Dan Collins, Inhaber von Old Gold Garage, in seiner Halle in Ventura. Er ist Musiker, Tätowierer und Customer. Wenn er so musiziert und Farbe unter die Haut bringt wie er Autos baut, dann hat der Mann einiges auf dem Kasten. Ein grüner Ford Pick-up Truck, gewaltig modifiziert. Nebenbei hat er in zwei Wochen aus Resten und Altteilen einen Rod für seine Frau in weißen und lila Flakes gezimmert. Am nächsten Morgen geht’s nach Huntington Beach zu Donuts Derelicts. Was für ein


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„Drivestyle in L.A. lässt sich kaum auf deutsche Straßen übertragen, da hier einige wichtige Gundvoraussetzungen fehlen. Das laue Lüftchen Kaliforniens, die Leichtigkeit und die gnadenlose Übermotorisierung.“ Jo Fischer

01 Dan Collins vor seiner „Old Gold Garage“ in Ventura. 02 Marc Ventura, eine Legende der Hot Rod Szene in Los Angeles. 03 Lil Daddy Roth ist Inhaber von Roth Flake aus Los Angeles und Spezialist, wenn es um gepflegten Metalflake-Style geht.

web-Adressen

Dan Collins, Old Gold Garage. www.oldgoldgarageco.blogspot.de Masterson Kustom, Little Daddy Roth, Customs, wirklich abgedrehter Kram. www.mastersonkustoms.com Wer sein Gefährt noch mal anständig lacken will. www.rothoriginals.com Hier gibt es Flakes in verschiedenen Größen. www.rothmetalflake.com Greenspans, ältester originaler Klamottenshop von L. A., von Hacke bis Nacke alles auf Lager. www.greenspans.com Wer den Drehzahlmesser zum Platzen bringen möchte, fährt nach Irwindale. www.irwindalespeedway.com Die mit Abstand besten Donuts, der wässrigste Kaffee und das früheste Carmeeting der kalifornischen Hemisphäre. www.donutderelicts.com Hollywood Hot Rods: gewaltige Neuaufbauten, Umbauten, Restaurationen. www.hollywoodhotrods.com

Cruise an der Küste südlich von L. A. entlang. Ankunft um kurz vor sechs, Sonnenaufgang. Wenn die Morgensonne auf den Asphalt trifft und die ersten Lowrider langsam die Straße runterblubbern, wird es höchste Zeit, sich am kleinen Donutshop einzufinden. Dort treffen sich samstags viele Chrom-Junkies, ein paar Rat Rodder und allerhand antikes Gefährt. Witzigerweise verlassen alle Anwesenden den Parkplatz zwei Stunden später wieder.

Feinster Zwirn Wenn man dann eh schon wach ist, sollte man sich auf keinen Fall den wahrscheinlich ältesten Vintage-Store in L. A. entgehen lassen: Greenspans, eröffnet 1928. Alles New Old Stock, also keine nach Mottenkugeln riechende Gebrauchtware. Feinster Zwirn aus den späten 1930er-Jahren für den stilbewussten Hepcat, stylische Gehstöcke, Hüte, Sonnenbrillen, Handschuhe, Denim. Wer nach dem Besuch bei Greenspans noch nicht genug hat, begibt sich mit einer Kreditkarte gleich zu Hollywood Hot Rods. Hier werden nur die feinsten Zutaten verbaut. Was nützt einem schon der feinste Zwirn ohne das passende Gefährt. Auch Mooneyes USA in Santa Fe sollte man sich auf keinen Fall entgehen lassen. Dort gibt es einfach alles rund ums Altblech auf zwei und vier Rä-

dern. Das wahrscheinlich größte Sortiment von allem, was das Customizer-Herz begehrt. Vom klassischen Kettenlenkrad, Diagonalreifen für den klassischen Look bis hin zu Metalflake-Griffen fürs Moped. Gemächlich über die Straße blubbern oder auch 30 Liter auf 100 Kilometer durchballern. Beides macht mächtig Laune. Aber das Beste daran ist die Umgebung, die Landschaft, der Rock ’n’ Roll und die Mischung unterschiedlichster Kulturen, welche sich hinter fast jeder Hausecke verstecken. Die Kombination macht den Drivestyle, nicht der Wagen allein. x

06 04 Drivestyle in Hollywood. 05 Highnoon Drive am Huntington Beach. 06 Dan Collins Ford – ein Schmuckstück aus seiner Garage in Ventura.

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London Glam Rock mit Selvage-Kante Die alte Feindschaft zwischen Rockern und Mods ist in London schon lange vergessen, es gibt keine Straßenschlachten mehr wie in den 1960er-Jahren. Man trinkt gemeinsam Tee oder Bier und diskutiert über technische Feinheiten seines Hot Rods, Café-Racers oder Scooters. Text & Fotos Fritz Heinrich

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ondon ist, was Motorkultur angeht, eine Schatztruhe. Ein bunter Kosmos aus Menschen, Mode und Motoren. Stores mit eigenem Sprachcode und Gesichter, auf die das Leben Geschichten geschrieben hat. Dies verleiht der britischen Metropole ihren Charme. Meine Geschichte beginnt mit einem Treffen mit Guy West. Er betreibt die Schuhmanufaktur Jeffery-West – unglaublich elegante, extrovertierte Herrenschuhe. Guy fährt einen alten, snobistischen Bristol – viel exklusiver, als jeder Rolls-Royce oder Bentley. Der Wagen ist innen komplett mit Schlan-


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„London ist, was Motorkultur angeht, ein bunter Kosmos aus Menschen, Mode und Motoren.“ Glam-Rock-Mottoparty, Männer in Schlaghosen und offenen Hemden, die Frauen in bunten Minikleidern und Plateaustiefeln. Die Engländer kennen bei Geschmacklosigkeiten keine Grenze und keinen Schmerz, um Spaß zu haben.

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Rockers Basics

genleder ausgekleidet. So exzentrisch wie der Wagen ist auch der Fahrer: Leider wird das Interview kurzfristig abgesagt, weil Guy zu einer Geschäftsreise unterwegs ist. So treffe ich mich mit John und Simon. Beide fahren Brough Superior, 1924 das weltweit erste Serienmotorrad, das damals schon 100 Meilen, also 160 Kilometer pro Stunde schnell war. Zusammen gehen wir auf eine Party in einer Werkstatt für alte Aston Martins. Die Hälfte der 30 Autos schätze ich auf einen Wert von jeweils mindestens einer halben Million Pfund. Allerdings treffe ich keine stylischen Herrenfahrer á la James Bond. Es ist eine

Der nächste Besuch gilt Hiroyuki (der einen tollen Blog namens „Mode by Rockers“ schreibt) im Lewis Leathers Store. Lewis steht insbesondere für extrem hochwertige Motorrad- und Bomberjacken, meist aus Rinds- oder Pferdeleder. Es sind alte Schnitte oder Interpretationen, hochwertig in England gearbeitet. Sehr praktisch und extrem cool. Nach diesem Vorbild arbeiten auch Aero Leathers aus Schottland, die einen guten Ruf für klassische Motorradkleidung genießen. Diese findet man in London beispielsweise im John Simons Laden nahe der Baker Street. Auf der Suche nach einer ordentlichen Jeans aus japanischem Denim mit Selvage-Kante schicken mich Nel und Nigel zu Albam, einem englischen Hersteller. Hier kostet eine Hose faire 85 Pfund. Später fährt mich mein Kumpel Steve in seinem Ford Pick-up zu American Classics, wo es die üblichen speziellen Sachen gibt: Lee, Big-ELevis, aber auch Studio D’Artisan und Sugar Cane – Rockers Basics.

01 Streetstyle in Shoreditch: Freddy mit seinem selbstgebauten Fixie. 02 T-Rex-Party in der Aston-Martin-Werkstatt. 03 John mit der berühmten Brough Superior Cunliffe Racer Maschine.

Veranstaltungen

www.acecafelondon.de www.baritaliasoho.co.uk www.vintagefestival.co.uk www.goodwood.co.uk/motorsport www.hemsbyrocknroll.co.uk www.hotrodhayride.com www.rockabillyrave.co.uk

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„Die alte Feindschaft zwischen Rockern und Mods ist lange vergessen, es gibt keine Straßenschlachten mehr wie in den 1960er-Jahren.“ Fritz Heinrichs

Geschäfte

www.lewisleathers.com www.johnsimons.co.uk www.jeffery-west.co.uk www.peckhamrye.com www.albamclothing.com www.crazymancrazylondon.co.uk www.heritageresearch.co.uk www.americanclassicslondon.com www.aeroleatherclothing.com

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Bespoke Style Paul Weller, der als Vater des ersten Mod-Revivals gilt, wird manchmal als Savile-Row-Sozialist beschrieben. Vermutlich waren seine Maßanzüge aber selten oder nie aus der Savile Row. Die Straße ist bekannt für ihre konservativen Bespoke-Herrenschneider (Bespoke bedeutet das Besprechen der Einzelheiten von Kunde und Schneider). Aber die Mods wollten moderne Schnitte und ausgefallene Details, die die alteingesessenen Schneider nicht anbieten wollten. Die schon in der Schwu-

lenszene bekannten kleinen Geschäfte in der Carnaby Street boten ungewöhnlich farbige und modische Kleidung an, die häufig aus Italien importiert oder hier maßgefertigt wurde. Die Carnaby Street lebt auch heute noch von ihrem Ruhm aus den 1960er-Jahren. Mittlerweile sind die großen internationalen Modeketten von H&M bis Boss vertreten und haben eine moderne Shoppingmeile gebildet. Jedoch gibt es noch ein paar dieser kleinen, feinen Ausstatter. Einer von ihnen ist zum Beispiel Peckham Rye, der neben Maßanzügen eine große Auswahl an Krawatten

01 Die Bar Italia in Soho ist regelmäßig Treffpunkt von Scooterfahrern. 02 Ein Klassiker: das Scooter Caffé. 03 Jaguar D-Type.


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anbietet. Hier kauft auch Paul Weller ein. Übrigens bezieht sich der Geschäftsname nicht auf die Herkunft aus dem Londoner Bezirk Peckham, sondern ist ein Begriff aus dem Cockney-Englisch. Der zu beschreibende Begriff wird ersetzt durch einen mehrteiligen Ausdruck, der sich auf das Wort reimt: Baked Beans – Jeans; Tennis Racquet – Jacket; Whistle and Flute – Suit; Peckham Rye – Tie (Krawatte).

Vintage meets Concept Ist man auf der Suche nach Vintage-Klamotten, geht man am besten auf einen der bekannten Märkte wie Camden Market oder besser Brick Lane, wo in und um die alte Truman-Brauerei unzählige Second-HandGeschäfte und Boutiquen eröffnet haben. Hier finden wir mittlerweile auch moderne Concept Stores wie Number Six oder, etwas weiter in Shoreditch, Goodhood. Es gibt aber auch Retroläden, die in altem Stil und zum Teil in alter Handwerkstradition hergestellte Kleidung anbieten. Vor so einem Laden treffe ich Freddy, Freddy, der mit seinem selbstgebauten Fixie und dazu passenden Klamotten stilecht unterwegs ist.

Rockern und Mods ist lange vergessen; es gibt keine Straßenschlachten mehr wie in den 1960er-Jahren. Man trinkt gemeinsam Tee oder Bier und diskutiert über technische Feinheiten. Die Mod- und Scooterfahrer-Treffs sind kleiner. Altbekannt ist die Bar Italia in Soho, aber es gibt auch neuere, liebenswerte Orte wie das Scooter Caffé in Waterloo. Nach der Hot-Rod- und RockabillyWelle mit Swing-Tanz und bunten Tattoos gibt es einen neuen Trend: klassische Fahrräder aus den 20er bis 60er Jahren und die passende Kleidung. Der Tweed-Run ist so eine Veranstaltung, wo die authentische Kleidung mindestens so wichtig ist wie das alte Fahrrad. Und eben Fixies-Bahnräder ohne Bremse. Es gibt viele Veranstaltungen, bei denen immer mehr als nur ein Lebensgefühl einer Epoche zu reproduzieren versucht wird. Zum Lifestyle gehören eben Musik, das richtige Fahrzeug und der passende Look – und nicht nur ein Teil davon. x

04 Glam-Rock-Party in einer Aston-Martin-Werkstatt, Aston Martin DB 6. 05 Auf Shoppingtour am Sloane Square. 06 Steve mit seinem Ford F-1 Pick-up. 07 Drivestyle Essentials.

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Sehen und staunen Auf den größeren Motorradtreffpunkten Chelsea Bridge oder in Box Hill sieht man fast ausschließlich moderne Motorräder. Nur das Ace Cafe ist Anlaufstelle für klassische Fahrzeuge. Hier stehen auch Hot Rods und Scooter. Die alte Feindschaft zwischen 06

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hamburg Die stadt der Klassiker Es ist schon paradox. Da baut Deutschland, respektive Europa, seit über 125 Jahren die besten Automobile – aber wenn es um das Thema Motorkultur geht, dann herrscht erstmal Schweigen im germanischen Walde. Trotz Autobahn und (Nürburg-)Ring. Aber in Bezug auf individuelle Leidenschaften, die über die typisch deutschen Bauspartugenden hinausgehen, ist Deutschland traditionell eher schwach aufgestellt. So kann Deutschland beispielsweise weder einen Volksrennsport wie England vorweisen, noch gibt es traditionelle Wurzeln wie die der amerikanischen Hot Rod Kultur. Text Ralf Becker, www.ralfbecker.com, www.chromjuwelen.com Fotos Oliver Breitweiser 01

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abei hat Deutschland einen großen Teil der weltweit wertvollsten Chromjuwelen auf dem Gewissen und setzt regelmäßig Maßstäbe, wenn es um das Thema Perfektion, Präzision und Höchstgeschwindigkeit geht. Man ist sich also der eigenen Ingenieurskunst durchaus bewusst. Vielleicht entpuppt sich das Gütesiegel German Engineering gleichzeitig als Bürde für das Land der Dichter und Denker. Denn die international hoch angesehene Auszeichnung lässt

„Hamburg förderte nicht nur eine feine Subkultur, sondern sorgte auch für einen selbstbewussten ‚Leben und leben lassen‘-Habitus.“ Ralf Becker, Chromjuwelen

Heliumcowboy Artspace Jörg Heikhaus, Galerist mit Benzin im Blut und Mittler zwischen den Welten. Prototyp Automuseum Detailverliebt bis in die letzte Ecke. Zu bewundern im Automuseum Prototyp: Polensky Monopoletta, Eigenbau mit 500 Kubikzentimeter BMW-Motorradmotor und ein VW Kübelwa- gengetriebe. Keine musealen Stehzeuge, sondern klassische Fahrzeuge. Die meisten Exponate des Automuseums Prototyp sind angemeldet und werden regelmäßig bewegt.

in ihrem Wertesystem, das nach konstanten Verbesserungen und Optimierungen strebt, wenig Raum für individuelle Kreativität oder schrullige Improvisationen. Es gibt aber eine Stadt, die sich frei geschwommen hat: Hamburg. Die Hansestadt musste sich, bedingt durch den Hafen, in der Vergangenheit von jeher mit allerhand bunten und internationalen Einflüssen arrangieren. Das förderte nicht nur eine feine Subkultur, sondern sorgte auch für einen selbstbewussten „Leben und leben lassen“Habitus. Hinzu kommt, dass es Hamburg nie nötig hatte, sich über einen Hipster-Status zu definieren, noch lief man als Hamburger Gefahr, von alten Zöpfen stranguliert zu werden. In Hamburg passiert also das, was ansonsten im nationalen Vergleich eher untypisch ist: Der Lenker eines Luxussportlers trifft die Achterbahnbremser der Muscle-CarFraktion auf ein kühles Blondes und tauscht sich – ohne Vorurteile – über die besten Flaniermeilen aus. Denn davon hat Hamburg sehr viele zu bieten, mal ganz abgesehen von namhaften Events wie beispielsweise dem Hamburger Stadtpark-Revival oder den Hamburg Harley Days. Eine solche Kultur ist sonst in einem Land, das für seine strukturierte und akribische Schubladendenkweise bekannt ist, schwer zu finden und macht Hamburg mit seiner extrem hohen Klassikerdichte zu so etwas wie einem Oldtimer Freilichtmuseum. Wer sich also traut, die als unterkühlt geltenden Fischköppe zu besuchen – hier ein paar Tipps.

Motorkultur par exellence Wenn man das Thema perfekt angehen möchte, dann kommt man an dem Automuseum Prototyp Hamburg (www.prototyphamburg.de) nicht vorbei. Die beiden Kuratoren Oliver Schmidt und Thomas König haben es sich zur Aufgabe gemacht, Prototypen und Rennwagen aus verschiedenen Epochen zu sammeln und in ihrem aufwändig restaurierten Fabrikgebäude in der HafenCity

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Oldtimer Tankstelle „In rust we trust.“ Tief liegender Rost-Käfer an der Oldtimer Tankstelle. Jules W Julia aka Jules Wenzel: Hamburg neu interpre- tiert. Noch auf Papier, gleich unter der Haut – verständlich, dass diese Motive begehrt sind.

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Hamburg auszustellen. Es sind aber nicht nur die einzigartigen Exponate, die den Besuch des privaten Museums zu einem Muss werden lassen. Es ist viel mehr die gesamte Form der Inszenierung, die auf allen Sinnen vermittelt, was automobile Leidenschaft ist. Ein paar Straßen weiter, an der historischen Großtankstelle Brandshof, kurz Oldtimer Tankstelle (www.tankstelle-brandshof.de), kann man etwas hemdsärmeliger bewundern, was die Hamburger bewegen. Das Tankstellengebäude aus dem Jahr 1953 avanciert jedes Wochenende zu einem beliebten Ausflugsziel für die Altautogesellschaft. Hier treffen sich Brot-und-Butter-Klassiker aus hiesigen Gefilden, schweres und übertrainiertes Geschütz aus Amerika sowie allerhand bunte Zweiräder. Der Besuch ist wie eine Zeitreise, denn die Betreiber Alex Piatscheck und Jann de Boer haben großen Wert darauf gelegt, alles möglichst original zu gestalten. An dieser Stelle unbedingt zu empfehlen: Kalter Hund und dazu eine Tasse Filterkaffee. Wer es lieber großvolumiger mag, dem sei der Hafenbahnhof (www.hafenbahnhof.com) empfohlen. Schon seit Jahren ist der sonntägliche MotoClub die erste Adresse für alle, die eine Vorliebe für viel zu große Hubräume und sonstige Waffen für die Großwildjagd haben.

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Zwar ist die Parkplatzsituation etwas abenteuerlich, was aber weder die Gäste, noch die ansässige Rennleitung nachhaltig zu beeindrucken scheint. Frühes Kommen (14.00 Uhr) sichert die besten Plätze – zumindest, wenn man den eigenen Wagen vorführen möchte.

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Wer jetzt auf der Suche nach Steve-McQueen-Gedächtnisjacken oder geflammten T-Shirts ist, der wird sicher auch irgendwo in Hamburg fündig. Aber für den Rest gibt es eigentlich nur eine Adresse: Rider’s Room (www.ridersroom.de). Seit Jahren kümmert sich Sven Eden darum, dass die Hamburger

Zweirad- und Autoszene das richtige Schuhwerk trägt, sich mit den richtigen Beinkleidern schützt und Jacken bekommt, die garantiert den noch so robustesten Ansprüchen gerecht werden. Das Beeindruckendste ist allerdings nicht die überwältigende Auswahl an Red Wing Boots oder das unendliche Denimangebot. Den Rider’s Room zeichnet aus, dass Sven Eden zu jedem Produkt das richtige Hintergrundwissen parat hat. Das ist Beratung. Stilsicher gekleidet empfiehlt sich jetzt ein Kontrastprogramm. Zum Beispiel ein Ausflug in die Kunst. Auch der Kunstszene ist nicht verborgen geblieben, dass sich in punkto Mo-

„Hamburg hatte es nie nötig, sich über einen Hipster-Status zu definieren.“ Ralf Becker, Chromjuwelen 66 ––


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torkultur Hamburg bewegt. Feststellen lässt sich auf jeden Fall, dass immer wieder ein Name fällt: Jörg Heikhaus. Jörg Heikhaus, oder besser seine Galerie Heliumcowboy Artspace (www.heliumcowboy.com), ist über die Zeit so etwas wie eine Drehscheibe zwischen den Welten geworden. Möglich, dass es daran liegt, dass Jörg Heikhaus selber eine gehörige Portion Benzin im Blut hat, oder einfach daran, dass er den richtigen Ton trifft, wenn es darum geht, einer oktanfixierten Klientel das Thema Kunst näher zu bringen. So war es auch Jörg Heikhaus, der Jules Wenzel (www.juleswenzel.de) vorstellte. Jules heißt eigentlich mit bürglichem Namen Julia und stammt ursprünglich aus dem klassischen Kommunikationsdesign. Das war jedoch bevor sie sich gänzlich dazu entschloss, ihrem Faible für lebenslange Tinte nachzugehen. Mittlerweile sticht Julia aka Jules Tattoos bei Zsolt (www.artistocrat.de) und kann sich über eines nicht beklagen: ein leeres Auftragsbuch. Aber jeder, der sich Julias Stil ansieht, der wird auch sofort verstehen warum: Julias Strich ist einzigartig. Einen weiteren Namen, den man sich mer-

ken sollte, ist David Einsiedler. Dass Einsiedler eng mit dem Thema Motorkultur verwurzelt ist, hat er mit seinem Vespa- und LambrettaBildband „Beziehungskisten – Schalt- und Blechroller“ hinreichend unter Beweis gestellt hat. Mittlerweile hat es Einsiedler in den Bereich Vintage- und Industrial-Design verschlagen und sein Laden PLY unestablished furniture (www.ply.de) gehört zu den Topadressen, wenn es um industrielle Möbel, Leuchten und Dekoratives aus den Jahren 1920 bis 1960 geht.

www.motorevival.de Hamburger Stadtpark-Revival www.hamburgharleydays.de Hamburg Harley Days www.prototyp-hamburg.de Automuseum Prototyp www.tankstelle-brandshof.de Oldtimer Tankstelle www.hafenbahnhof.com Hafenbahnhof www.ridersroom.de Rider’s Room www.heliumcowboy.com Heliumcowboy Artspace www.juleswenzel.de Jules www.artistocrat.de Zsolt www.20flightrock.de 20 Flight Rock www.queencalavera.de Queen & King Calavera

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Oldtimer Tankstelle Ein ganz gewöhnlicher Sonntag an der Oldtimer Tankstelle für alle, die ihr hochoktaniges Coming-out hinter sich haben. Rider’s Room Kein schnelles Angebot, weil es gerade hip ist. Dafür viel mehr langjährige und authentische Tradtionspflege. Sven Eden, Rider’s Room.

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Ausgehen In punkto Ausgehen bedarf Hamburg sicherlich keiner Erklärung, denn die Reeperbahn ist ein weltweiter Begriff. Dennoch gibt es zwei Adressen, die man sich merken sollte: 20 Flight Rock (www.20flightrock.de) und King und Queen Calavera (www.queencalavera.de). Beide Läden sind ein Garant für einen kurzweiligen Vollgasabend. Vorausgesetzt natürlich, dass man die Burlesque-, Rockabilly- und Punkrock-Welt schätzt. Aber zur Beruhigung sei erwähnt, dass es auch zahlreiche Adressen gibt, die den elektronischen Geschmack bedienen. x

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Offen: Text Isabel Faiss, Ina Köhler, Kay Alexander Plonka Fotos Marken

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Sessùn Berliner Nonchalance

Ein Hauch Südfrankreich-Flair durchweht die deutsche Hauptstadt. Ende Mai eröffnete in Berlin-Mitte unweit des Hackeschen Markts auf der Alten Schönhauser Straße der erste Sessùn Flagship-Store außerhalb Frankreichs. Das Interieurdesign ist von einer Mischung aus moderner Einfachheit und Akzenten aus vergangenen Epochen geprägt. Auf insgesamt 52 Quadratmetern, unterteilt in einen hinteren und einen vorderen Raum, wird die feminine Kollektion aus dem sonnigen Marseille in klassisch-gediegener Hauptstadtaltbau-Wohnzimmeratmosphäre präsentiert. Den Ladenausbau und die stilsicheren Interieurgestaltung mit unterschiedlichen Holzarten übernahm der deutsch-französische Architekt Caspar Muchalek, der bereits dem Pariser Sessùn-Shop in der Rue de Charonne seinen charakteristischen Look verpasste. Betrieben wir der Shop von der Agentur Philippe Nowotny, die als langjähriger Vertriebspartner in Deutschland und Österreich 80 ausgewählte Kunden und den Onlineshop für Sessùn betreut. Kontakt: Sessùn, Alte Schönhauser Straße 44, 10119 Berlin/Deutschland, www.sessun.com

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Esprit Store Düsseldorf Redesign der Stores

Mit der Wiedereröffnung seines Düsseldorfer Stores auf der Schadowstraße realisierte Esprit seinen nunmehr dritten Store im neuen Lighthouse Designkonzept. Das Unternehmen orientiert sich damit in Richtung Concept-Store. Nach Antwerpen (Meir) und Köln (Ehrenstraße) kam im Juni auch Düsseldorf an die Reihe: 1.700 Quadratmeter wurden im Stil eines kalifornischen Stadthauses neu gestaltet: Helle Wände, Holzoberflächen, Raumteiler, eine begrünte Wand und viele individuelle Details und Accessoires sollen Wohnzimmeratmosphäre vermitteln. Für das Konzept, das in jeder Stadt etwas anders umgesetzt wird, haben die Esprit-Architekten mit dem New Yorker Büro Anderson Architects zusammengearbeitet. Bis 2015 sollen alle eigenen Esprit-Stores weltweit nach dem Lighthouse-Prinzip umgestaltet sein, wofür ein Investitionsvolumen von 280 Millionen Euro veranschlagt wird. Zusätzlich sollen sich auch die Partner-Stores des Wholesale künftig im neuen Gewand zeigen. In Zusammenarbeit mit der I:Collect AG präsentierte Esprit auch eine neue Idee zum Recycling: Ausgediente Kleidung und Schuhe sollen im Shop entsorgt werden können – als Dankeschön winkt ein Rabatt von zehn Prozent auf den nächsten Einkauf. Kontakt: Esprit Store, Schadowstraße 17–21, 40212 Düsseldorf/Deutschland, www.esprit.com


retailnews –– vor ort

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Freeman T. Porter Zweimal 1A-Lage

Der französische Markt spielt für Freeman T. Porter eine zentrale Rolle. Diesen hohen Stellenwert unterstrich das Unternehmen im vergangenen Mai mit der Meldung, zwei weitere Läden in Paris und Lille eröffnen zu wollen. Diese beiden Neueröffnungen seien die ersten in Frankreich seit vier Jahren. Der neue 200 Quadratmeter umfassende Store in der Rue de Marseille in Paris soll am 6. September seine Türen öffnen. Die Adresse ist bewusst gewählt, denn sie setzt die Marke Freeman T. Porter in direkten Kontext zu benachbarten Marken-Stores von beispielsweise APC, Element, Wesc oder dem Vejy Concept-Store. Der neue Laden in Lille mit 170 Quadratmeter in der Rue des Chats Bossus soll am 11. Juni 2013 folgen. Kontakt: Freeman T. Porter Store Paris, 8 rue de Marseille, 75010 Paris/Frankreich Freeman T. Porter Store Lille, 11 rue des Chats Bossus, 59000 Lille/Frankreich, www.freemantporter.com

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Denham Womens Store Ladies first

Lange galt Denham als Männerdomäne, jetzt sind die Frauen dran: Ende Mai eröffnete in Amsterdam eine eigene 85 Quadratmeter große Dependance mitten im Kreativviertel De Negen Straatjes um die Ecke des Dam. Neben der Womenswear gibt es auch andere Produkte zu sehen. Kooperationen mit der holländischen Schmuckdesignerin Eva Schreuder und dem Taschenlabel Bagism sowie Kunstausstellungen mit einer Galerie ergänzen das Portfolio. Das Interieur ist eine bewährte Mischung aus Vintage-Möbeln, Holzelementen und cleanem Look. Die pittoreske Schaufensterfront mit Blumenkästen bietet ein passendes Entree, weiße Wände und Decke kontrastieren mit dem gebürsteten Fischgrat-Parkett. Im hinteren Teil des Ladens fällt der Blick in einen idyllischen Hinterhof und auf das blau bezogene Sofa im Boudoir-Stil. Im März 2012 hatte Denham im japanischen Osaka noch einen Concept-Store in einem Einkaufscenter eröffnet und verfügt nun weltweit über insgesamt fünf eigene Stores, nämlich in Amsterdam, Tokio, Osaka und London. Kontakt: Denham Womens Store, Runstraat 17, 1016 GJ Amsterdam/Niederlande, www.denhamthejeanmaker.com

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Alle Styles sind Teile aus der neuen, fair produzierten Kollektion Ethikette.

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elternhaus, hamburg –– vor ort

„Wir sind keine Fashiondesigner“ Tragbare Mittel zur Wiederbelebung des Widerspruchs – so erklärt Inhaberin Stefanie Mayr ihr Ladenkonzept. Das Hamburger Elternhaus an der Karolinenstraße transportiert Haltungen durch Text auf Textil. Ihr Ausstellungsraum ist die Straße. Text Nicolette Scharpenberg Fotos Elternhaus, Nicolette Scharpenberg

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rsprünglich war das Elternhaus als Künstleragentur gedacht. Sie wurde 1997 mit dem Namen Mägde und Knechte gegründet. Die Ladenfläche sollte im Karolinenviertel Kreativen eine Plattform zur Präsentation ihrer Werke bieten. Verkauft wurde jedoch kaum etwas, bis auf die hauseigenen Logo-T-Shirts. So zeigt seit 2001 das Konzept in Richtung Handdruckkunst mit einer Auswahl von Ideengebern, die mithilfe von Text Themen auf Brust, Tasche, Jacke, Kerze, Kulturbeutel oder Kissen transportieren. Produziert wird alles inhouse im klassischen Schneiderstübchen im hinteren Teil des Hauses. „Es geht darum, mit unseren Themen Menschen zum Nachdenken und auch zum Kommunizieren anzuregen“, erklärt Mayr. „Letzten Endes ist alles Kommunikation. Wir verpacken unsere Themen einfach in eine schöne Hülle.“

Opium fürs Volk Jede Kollektion läuft unter einem Dachthema. „Unser aktuelles Thema ist die Zeit – langsam wird es Zeit“, erklärt Mayr. „Die Menschen hetzen durch ihr Leben, keiner hat mehr Zeit. Unsere Erfahrungen machen wir aus zweiter Hand aus dem Internet, werden krank vor Stress, sehen unsere Freunde nicht mehr. passen uns an. Immer schneller, besser, weiter. Wir widmen uns somit der Entschleunigung mit Produkten wie beispielsweise unserer Burn-out-Kerze, Tee ‚Eine Tasse Zeit‘, T-Shirts, Pullovern oder Kissen mit den Aufschriften ‚Langsam wird es Zeit‘, ‚Zeit ohne Druck‘, ‚Work less do More‘ oder ‚„Mach ich morgen‘.“

Versuchsanstalt für Nachhaltigkeit Was zu Beginn noch mit dem Credo „Wir machen nur Kunst und es hat nichts mit Fashion zu tun“ startete, geht heute vermehrt zu Produkten, die man als Mode bezeichnen würde. „Ich habe einfach ein Faible für Klamotten. Dabei ist es mir jedoch wichtig, dass die Sa-

chen ethisch vertretbar produziert werden und dass es sich nicht um Massenware handelt“, sagt Mayr. So entstand vor einigen Saisons neben bedruckten Basics eine eigene Cut-and-Sew-Kollektion, die Elternhaus Ethikette, bestehend aus Hoodies, Pullovern, Kleidern, Jacken, Jeans und Chinos ohne jegliche Schriftzüge. Alle Produkte stammen aus fairem Handel und sind zum Teil aus Biomaterialien. „Zu Beginn haben wir alte Sachen recycelt, wie zum Beispiel alte Armeejacken. Wir haben sie aufgekauft und neu geschneidert. So etwas bieten wir auch heute noch. Zusätzlich gibt es Produkte, die wir komplett selber produzieren wie zum Beispiel Jacken, Stempel, Kleider, Textmarken, Mützen, Kissen, Kleider, Klebeband, T-Shirts, Taschen, Bücher“, erklärt Mayr. Zu den Highlights gehören aktuell ein glänzender Samtblouson mit asiatischem Blumenmuster oder eine Handgranate aus Ton mit Blumensamen gefüllt. Wirft man sie in den Garten oder in den Park, löst sich der Ton auf und eine Blume wächst auf der Grünfläche. x

„Es geht um Widerspiegelung alles Realen und Irrealen, alles Möglichen und Unmöglichen – unvollkommen, pur und auf dem Punkt.“ Stefanie Mayr, Elternhaus

Elternhaus

Marktstraße 29 20357 Hamburg/Deutschland T 0049.40.4308830 www.elternhaus.com www.elternhaus-blog.blogspot.com Eröffnung: 1997 Inhaber: Stefanie Mayr Verkaufsfläche: 60 qm Mitarbeiter: 2–3 Marken: Elternhaus Basic, Elternhaus Ethikette

Seit einigen Saisons produziert Elternhaus die eigene Kollektion Elternhaus Ethikette. Alle Produkte stammen aus fairem Handel und sind zum Teil aus Biomaterialien.

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Das Erbe einer Generation

Wie ihre ganze Generation ist das Trio hinter dem Sneaker-Store Early in München immer mit den passenden Sneakers an den Füßen aufgewachsen. Heute geben sie diesen Lifestyle an jene weiter, die gerade ihre ersten Schritte machen. Text Isabel Faiss Fotos Frieder Schneider, Early

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ir setzen hauptsächlich auf die klassischen Marken und deren OldSchool-Modelle. Es kommt oft vor, dass Eltern für ihre Kleinkinder Sneakermodelle bei uns entdecken, die sie selbst in ihrer Jugend getragen haben“, erzählt Maja Feldrappe, die gemeinsam mit ihrem Bruder Daniel Feldrappe und ihrem Freund Mark Achmüller im September 2011 den ersten Münchner Sneaker-Store für Babys und Kinder eröffnet hat. Sneakers not Diapers ist das Motto der kleinen Boutique, die sich in der Westenriederstraße direkt an die Haupteinkaufsstraßen rund um den Münchner Marienplatz gesellt hat. Das Early-Trio wollte mit diesem Konzept eine Nische besetzen, die von Seiten der Industrie schon seit Längerem stark gefeatured wird, sich im Handel aber eher am Rande abspielt. Obwohl prominente Anläufe seitens der großen Messen, endlich eine entsprechende Plattform für Kidswear zu etablieren, regelmäßig scheitern – was den Einkauf für Early bislang auf ShowroomTermine und die enge Zusammenarbeit mit Agenturen wie Säck & Nolde reduziert – sieht Maja Feldrappe in dem Thema Kindersneaker enormes Potenzial. Ergänzt wird das Angebot mit Schuhen in kleinen Größen für Frauen (bis Größe 36) und für Männer (bis Größe 42).

gefassten Turnmatten, das Regal ist eine klassische Sprossenwand und vor Kurzem kamen ein paar ausrangierte Ballettstangen hinzu. Turnbälle, Kästen und ein Springbock – man hört fast das vertraute Quietschen der Gummisohlen am Hallenboden. Als kreativer Kopf, Inspirationsgeber und gelernter Einzelhändler kam Mark Achmüller ins Team, dessen Artworks auch den Eingangsbereich des Stores zieren. Als Profi-Skateboarder kennt er sich vor allem mit den funktionalen Ansprüchen an einen gut gemachten Sneaker aus. Dass dieser Aspekt auch bei den echten Hardlinern und Sneakerfans für den Schuh der Wahl für ihre Kleinsten eine enorm große Rolle spielt, hatte Maja Feldrappe anfangs unterschätzt. In der zweiten Orderrunde legte sie daher noch mehr Wert auf die Ansprüche und Bedürfnisse von Kindern an ihr Schuhwerk, denn Style ist sogar in diesem Segment längst nicht mehr alles. Der Store bietet eine große Lifestylewelt für die Kleinsten – und auf jeden Fall eine Steilvorlage für deren Eltern zum Flashback zurück in die eigene Jugend. x

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Early – Sneakers not Diapers

Von den GroSSen lernen Ihre langjährige Erfahrung im Sneakerhandel sammelte die studierte Modedesignerin Maja Feldrappe zuletzt im Sneaker-Store Kickz Monacco, wodurch sie das nötige Know-how und die Kontakte für den Einkauf gleich mitbrachte. Ihr Bruder Daniel übernahm als gelernter Schreiner die Innenausstattung des Stores. Auch dabei standen Assoziationen und Erinnerungen der heutigen Elterngeneration an ihre eigene Kindheit im Vordergrund. Das Ladeninnere ist mit OldSchool-Requisiten aus Turnhallen bestückt. Als Sitzpolster dienen die typischen in blau

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Im September 2011 wurde Early, der erste Sneaker-Store für Babys und Kinder, in München eröffnet. Das Laden- innere ist mit Old-School-Requisiten aus Turnhallen bestückt. Als Sitzpolster dienen Turnmatten, klassische Sprossenwände als Regale und ausrangierte Ballettstangen als Kleiderständer. Das Trio, das Early regiert: Maja Feldrappe (Mitte), ihr Bruder Daniel Feldrappe (rechts) und Pro-Skater Mark Achmüller (links).

Westenriederstraße 18, 80331 München/Deutschland T 0049.89.23547806 www.early-sneakers.com Eröffnung: September 2011 Inhaber: Maja, Daniel und Ludwig Feldrappe Verkaufsfläche: 60 qm Schuhe: Adidas, Aigle, Alife, Asics, Beck, Clarks, Converse, Hip, Keds, Minnetoka, Moonboots, New Balance, New World, Nike, Onitsuka Tiger, Puma, Robeez, Saucony, Superga, Timberland, Vans Mode: Adidas, Converse, Nike, Vans Accessoires/Sonstiges: Bergal & Solitaire, Converse, Coloud, Fjäll Räven, Mr. Lacy, Nike, Paula, Puma, Sneaker Freaker, Stüssy, Uglydoll, Vans


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Riders room

Thadenstraße 4 22767 Hamburg/Deutschland www.ridersroom.de Eröffnung: August 1995 Inhaber: Sven Eden Mitarbeiter: 1 Verkaufsfläche: 88 qm Marken: Aeroleathers, Aigle, Big E, Blundstone, Carhartt Workwear, Davida Helmets, Dickies Workwear, Eat Dust Clothing, Edwin, Filson Luggage and Garments, Fred Perry, Lee, Levi’s, Pendelton Shirts, Pike Brothers, Red Wing Shoes, Skorpion Helmets, Stetson Hats and Caps, Vanson Leathers, Wolverine 1000 mile boots

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ffiziell gibt es den Riders Room seit 1995. Inoffiziell begann seine Geschichte schon vor 20 Jahren: Damals, als Sven Eden in der Garage eines Freundes seines Vaters eine alte BMW R 27 mit Steib LS 200 aufgestöbert hatte. „Ich habe mich sofort in diese Maschine verliebt und wollte natürlich auch dementsprechend cool darauf aussehen. Es war ein Schlüsselmoment, der Mode und Motorräder zu meinem Hobby gemacht hat.“ Und der ihn dahin gebracht hat, wo er heute steht – in einem Stilparadies für Biker.

Learning by doing

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Von Red Wing Boots bis Carhartt Workwear – im Riders Room haben nur True Authentics vornehmlich aus Amerika ihren Platz. Neben Apparel findet man hier – von Handschuh bis Helm – alles, was das Rider-Herz begehrt.

Die Geschichte vom Perlentaucher Der Hamburger Riders Room hat eine harte Tür: Möchte-gern-Originale haben hier keinen Platz. Hier gibt es nur True Authentics. Text & Fotos Nicolette Scharpenberg

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Stilvorbild war der Gasoline Alley Store in München, den er während eines Roadtrips 1994 zufällig entdeckte. „Gasoline Alley war ein Universum für Biker, ausschließlich mit original US-Workwear-Brands, Helmen und weiteren Gadgets. Ich war sofort fasziniert, so etwas kannte ich damals nur aus den USA“, erzählt er. So entstand die Idee zum eigenen Laden. „Ich hatte zu Beginn gar keine Ahnung vom Modebusiness, es lief alles eigentlich durch Learning by doing“, erzählt der Hamburger. Erste Anlaufstelle war die Kölner Interjeans, auf der er seine ersten Kontakte zu klassischen Jeansmarken knüpfen konnte. Angefangen hat er in einem kleinen, schlecht beleuchteten Ladenlokal in der Thadenstraße in St. Pauli. Zu Beginn lief es eher schleppend. „Es passierte mir oft, dass Kunden dachten, ich habe geschlossen, weil der Laden so dunkel war“, erzählt er. „Um meine Fixkosten decken zu können, habe ich deshalb regelmäßig auf Motorradtreffen und Roadster Events verkauft. So konnte ich nach und nach einen kleinen Pool von Stammkundschaft aufbauen.“


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Nach einer Komplettrenovierung des Gebäudes 2010 hat sich die Verkaufsfläche verdoppelt. Auch die Beleuchtung setzt heute Lederjacken, Raw Denims, Flanellhemden, Workwear von Carhartt oder Dickies und insbesondere die zehn Quadratmeter große Wand mit Red Wing Boots adäquat in Szene. Es ist die größte Red-Wing-Boots-Sammlung im norddeutschen Raum. „Ich war damals ihr erster Händler in Deutschland. Es sind für mich die einzigen ehrlichen Schuhe und je älter sie sind, desto schöner werden sie“, schwärmt er. Heute ist nicht nur die gesamte Hamburger Motorszene regelmäßig bei ihm zu Gast, sondern auch Non-Biker, die einfach nur eine Leidenschaft für ehrlichen Raw Denim, ein gutes Karohemd, original amerikanische M65 Field Jackets oder gute Boots hegen.

„Ich halte nicht viel von Marken, die plötzlich versuchen, auf den Authentic-Zug mit aufzuspringen, nur weil es gerade Trend ist.“ Sven Eden, Riders Room 05

True Authentics Eden ist Perlentaucher, vornehmlich US-Marken, die eigentlich schon längst in Vergessenheit geraten waren, wie beispielsweise Aeroleathers, Bluntstone, Vanson Leathers, Skorpion oder Davida Helmets findet man in seinem Portfolio. Möchte-gern-Originale haben in seinem Laden keinen Platz. „Ich halte nicht viel von Marken, die eigentlich aus einem anderen Metier kommen und plötzlich, weil es gerade Trend ist, auf den AuthenticZug aufspringen“, erklärt er. Das versucht er auch stets seinen Kunden zu vermitteln. „Fragen Sie mich nach Belstaff-Jacken zum Motorradfahren, bekommen sie von mir erstmal eine Markenbelehrung hin zum Original“, lacht er. Aber genau das lieben die Kunden an ihm – seine Ehrlichkeit. x

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vor ort –– wali Store, münchen

riert. An der Wand stehen rund zwölf Modelle, alle eingepackt in Frischhaltefolie, echte Liebhaberstücke. Sein Quickstrike Account bei Nike soll möglichst bald wieder dem von Tier Zero weichen.

Walis world Wenn man Walis Geschichte hört, fragt man sich, warum er ausgerechnet Nike als Partner für seinen Laden gewählt hat. Wali ist erfahrener Einzelhändler, der zuvor den MartinMargiela-Laden in München aufgebaut und geführt hat. Danach ist er in den gehobenen Menswear-Facheinzelhandel gewechselt. Seit 2006 designt und vertreibt er zudem seine eigene T-Shirt-Kollektion Wali World, die in Stores wie Pool oder Colette neben Marken wie Comme des Garçons hängt. 2009 eröffnete er dann den Wali Store. Die Zusammenarbeit entstand über einen persönlichen Kontakt und über die bloße Tatsache, dass Nike Wali partnerschaftlich in allem unterstützt hat, was er macht.

Wali himself. Der Tausendsassa führt nicht nur seinen eigenen Store, er designt auch eine eigene Linie und verwirklicht nebenher Projekte wie dieses mit Mini.

Radikal pur Der Wali Store ist ein eigener kleiner Kosmos, sieht nach Berlin-Mitte aus, ist aber genau das Gegenteil, nämlich 100 Prozent München-Lehel. Der Wali Store lässt sich nicht so schnell einordnen oder verstehen. Umso spannender ist es, ihn kennen zu lernen. Für den Inhaber gilt das Gleiche. Text Isabel Faiss Foto Frieder Schneider

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leibt der Laden so oder baust du gerade um?“ „Ne, das ist der Laden, genau so.“ „Also kommen auch keine weiteren Sneaker dazu, oder Kleidung?“ „Ne“. „Auf den Bildern der Website...“ „Das war ’ne kurzfristige Aktion mit einer Special-Edition-Kollektion von Nike während der letzten WM. Seitdem habe ich keine Kleidung mehr. Es geht um die Sneaker.“ Mohammad Wali Wasiri, genannt Wali, steht in seinem zirka zwölf Quadratmeter großen Laden und sieht meistens auf die Straße. Da draußen rund um den Sankt-Anna-Platz tut sich immer was. Laufkundschaft hat Wali hier wenig, wer in seinen Laden kommt, weiß meistens schon vorher sehr genau, was er will: eines der heißesten neuen Nike-Modelle. Denn darauf hat sich Wali radikal konsequent konzent-

Was als Frage im Raum stehen bleibt: Ist München überhaupt für diese radikal auf ihre schönste Essenz reduzierte Sneakerleidenschaft bereit? Wali kann viele Geschichten über seine Kunden erzählen, die Spanne reicht vom neureichen Snob-Kid, das mit einer ausgerissenen Magazinseite kommt und den Schuh haben will, den Miley Cyrus gerade trug, bis zum Inhaber einer renommierten Galerie in München, der den gekauften Sneaker als Sammlerstück ins Regal stellt. Trotzdem spricht der Laden eher den Insider, den Kenner und den informierten Kunden an. Trotzdem freut sich Wali auch über jeden Kunden, der sich neu für das Thema begeistert. Das Besondere am Wali Store ist, dass jeder ernst genommen wird und dass die echten Nerds über den persönlichen Kontakt mit Wali an die neuesten Modelle und Infos exklusiv herankommen. x

wali store

An-der-Sankt-Anna-Straße 13, 80538 München/Deutschland T 0049.89.92566102 www.waliworld.tv Inhaber: Mohammad Wali Wasiri Eröffnung: 2009 Fläche: 12 qm Marken: Comme des Garçons, DMS, Nike, Wali World


Saffeels, München –– vor ort

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Die Essenz einer Frau Vintage ist eine Lebenseinstellung. Im Fall von Sandy Saffeels, Inhaberin von Saffeels in München, ist es die tiefe Leidenschaft zu vergangenen Stilepochen wie den 1950er-Jahren und den Diven aus alten Hollywood-Filmen. Text Isabel Faiss Fotos Saffeels 02

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iese Auswahl an Kleidern sieht man sonst nicht in München, eigentlich überhaupt nirgends. Von der Türschwelle aus betrachtet, wirkt der Laden fast wie eine Filmrequisite. Und diese Assoziation liegt auch ziemlich nahe, denn eigentlich ist Sandy Saffeels erfolgreiche Film-Cutterin. Zu ihren größten Projekten zählten Filme wie Sonnenallee und Harte Jungs oder Adam Resurrected mit Jeff Goldblum und Willem Dafoe. Sortiert nach Farben hängen dicht gedrängt an zwei Kleiderstangen Kleider, die einen kurzen Abriss über die Kostümgeschichte der letzten 60 Jahre bieten. Während große Modehäuser und Marken-Stores mit puristisch herabfallenden Hängerkleidchen bis zum Oberschenkel jede weibliche Rundung hartnäckig negieren, hat sich Sandy Saffeels auf Kleider für Frauen spezialisiert, die das Besondere jedes Charakters unterstreichen sollen. „An jeder Frau ist etwas, das wunderschön ist und das man hervorheben kann und sollte“, erklärt sie. Von XL bis XS reicht die Spanne, von Petticoats der amerikanischen Marke Bettie Page bis hin zu romantischen Cocktailkleidern der Marke Fever, die aussähen, als hätten sie einst große Hollywood-Diven getragen. Aber hier ist nichts Second-Hand, bis auf die Brillen, die Sandy Saffeels über einen befreundeten Vintage-Brillenhändler im East Village in New York bezieht. „Das Wort Vintage sagt alles und nichts. Daher füge ich immer das Wort Style an, schließlich verkaufe ich keine Flohmarktware aus alten Zeiten.“

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Sandy Saffeels ist selbst jeden Tag in ihrem Laden und berät jede Kundin höchst persönlich und individuell. Die originalen Vintage-Brillen im Saffeels sprechen auch die männliche Zielgruppe an und vervollständigen die Aussage des Ladens.

Nicht ver-, sondern bekleiden Jedes Kleid macht Lust, es einfach mal auszuprobieren. Trotzdem geht es der ambitionierten Store-Inhaberin immer darum, dass sich ihre Kundinnen wohl fühlen und nicht verkleidet wirken. „In meinem Laden sieht man immer die Essenz eines Menschen. Es ist unglaublich spannend, was man aus manchen Menschen durch ein Kleid herauskitzeln kann, ohne sie zu verkleiden. Bei manchen Frauen bekomme ich direkt Herzklopfen, wenn ich sehe, wie sie in einem Kleid strahlen.“

Fenster wechsle dich Die Schaufensterdekoration im Saffeels übernehmen im Sechs- bis Acht-Wochen-Rhythmus ausgewählte Künstler, wobei Sandy Saffeels ihnen für die Gestaltung völlig freie Hand lässt. Im Mai gestaltete die Modefotografin Sunghee Seewald nach dem Motto „I love myself“ das Schaufenster mit Spiegel und Selbstauslöser von außen. „Das passt so ideal zu meinem Laden, weil die Schönheit der Frau auch mein zentrales Thema ist“, sagt Sandy. x

„In meinem Laden sieht man immer die Essenz eines Menschen.“

Saffeels

Barerstraße 63, 80799 München/Deutschland T 0049.89.45214660 www.saffeels.com Inhaberin: Sandy Saffeels Eröffnung: Juni 2011 Marken Frauen: 3Free Design NYC, Amarillo Limon, Bettie Page, Fever London, Flirt NYC, Hookahey, Mein Herzblut, UVR Connected Berlin Brillen: Vintage Eyewear, Spectaculars Accessoires: Lenorables, Tuk Tuk Ltd.

Sandy Saffeels

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Und da wäre noch …

Wider den Alarmismus Text Stephan Huber, Herausgeber style in progress und x-ray

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ie Modebranche leidet an einer überaus lästigen, ansteckenden und unbehandelt nicht ganz ungefährlichen Krankheit. Es gibt dafür meines Wissens keinen medizinischen Fachausdruck. Ich nenne es mal „offensives Schlechtreden“. Und so gut wie niemand ist dagegen immun. Auch ich nicht. Auch ich habe mich im Vorfeld der jüngsten Berlin Fashion Week, irritiert durch diverse mehr oder weniger groß kommunizierte Absagen von Marken, die gefühlt zum festen Inventar der Berlin-Lokomotive Bread & Butter gehört haben, an sehr oberflächlichen Spekulationen beteiligt. Dumm! Dumm, weil es völlig am Thema vorbeigeht, die Entwicklung des Standortes Berlin an der aktuellen und individuellen Entscheidung einzelner Unternehmen festzumachen. Auch wenn es sich um große Namen handelt. Dumm, weil es sehr wohl Diskussions- und auch Handlungsbedarf gibt, was die künftige Entwicklung des Standortes Berlin betrifft. Aber eben jenseits des wohligen Alarmismus, mit dem wir uns so gerne die Zeit vertreiben. Betrachten wir doch einmal den Stand der Dinge: Die Fashion Week hat in ihrer Gesamtheit erneut überzeugt. Wer da wieder nach Hause gefahren ist, ohne etwas mitzunehmen, Kontakte, Ideen, Business, Orientierung, hat individuell etwas falsch gemacht. Ob tatsächlich oder nur vermutet insgesamt weniger Fachbesucher in Berlin waren, ist irrelevant, solange von den richtigen ausreichend viele kommen. Ständige Rekorde brauchen wir gar nicht. Und mir persönlich wäre es ohnehin lieber, wenn all jene, die eigentlich gar keine Fachbesucher sind, gar nicht im Weg herumstehen würden. Etwas grob formuliert. Alles bestens also? No need for change? Nein! Denn zum einen gibt es das oben erwähnte offensive Schlechtreden. Und dem muss man begegnen. Und zum anderen ist der Zeitpunkt für eine Evaluierung des Standortes Berlin und seiner wichtigsten Protagonisten durchaus richtig. Und ich hätte da ein paar Bitten und Anregungen: – Ich muss der Bread & Butter und Karl-Heinz Müller nicht ihr Geschäft erklären. Wirklich nicht. Ich will nur feststellen, dass zwischen all dem Großen das Kleine oft untergeht. Das Kleine ist aber so wichtig, damit das Große interessant bleibt und funktioniert. – Der Premium bzw. ihren Machern, die mit Recht stolz auf die Entwicklung ihrer Veranstaltung sind, darf ich folgenden Eintrag ins Poesiealbum schreiben: Wer groß geworden ist sollte nicht vergessen, wie es war, als man selbst noch klein gewesen ist. Und deshalb Größe zeigen im Umgang mit jenen, die heute kleiner sind. – Die Stadt Berlin bzw. die politisch Verantwortlichen haben irgendwie noch immer nicht ganz übernasert, welchen enormen Gewinn die Fashion Week für die Stadt bedeutet. Ja ... ok, der Herr Regierende Oberbürgermeister macht überall seine Aufwartung. Eine vernünftige Verkehrslösung für diese Tage wäre aber vielleicht etwas hilfreicher als die Gruppenfotos mit Wowi. – Liebe Berliner Hoteliers: Ich hab eh keine Sekunde daran geglaubt, dass Ihr den Verlockungen der Marktwirtschaft widerstehen könnt.

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Angebot und Nachfrage ... kein Problem. Aber ihr habt damals halt sooooo treuherzig versprochen, dass Berlin auch in diesem Punkt anders sein wird. Und deshalb darf ich jetzt wenigstens lästern. – Und der gesamten, vertratschten, immer so schnell unzufriedenen und trotzdem so lässigen Modebranche noch mit auf den Weg: Uns wird in Berlin Herausragendes geboten, zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Und dass das Gras auf der anderen Seite des Zaunes grüner ist, ist eine optische Täuschung. Hab nachgeschaut. x Noch einen schönen Sommer wünscht Ihr Stephan Huber

Impressum Eigentümer, Verleger, Redaktion & Anzeigen UCM Verlag B2B Media GmbH & Co KG Salzweg 17, 5081 Salzburg-Anif Österreich T 0043.6246.89 79 99 F 0043.6246.89 79 89 office@ucm-verlag.at www.ucm-verlag.at Geschäftsführer Stephan Huber, Nicolaus Zott Herausgeber Stephan Huber stephan.huber@ucm-verlag.at Chefredakteurinnen Ina Köhler ina@ucm-verlag.at Isabel Faiss isabel.faiss@ucm-verlag.at Chefin vom Dienst Alexandra Hawel alexandra.hawel@ucm-verlag.at Art Direction/Assistenz Stephanie Hoffmann steffi.hoffmann@ucm-verlag.at Michaela Aschauer michaela.aschauer@ucm-verlag.at Autoren Ralf Becker, Jo Fischer, Fritz Heinrich, Claudia Janka, Julia Lauber, Kay Alexander Plonka, Nicolette Scharpenberg

Fotografen & Illustratoren Jo Fischer, Fritz Heinrich, Pawel Swanski, Henning Weskamp, Federica Roncaldier, Veit Ritterbecks Styling Agi Habryka, Friederike von Bock Bildbearbeitung Anouk Schönemann anouk.schoenemann@ucm-verlag.at Anzeigenleitung Stephan Huber stephan.huber@ucm-verlag.at Verlagsassistenz Sigrid Staber sigrid.staber@ucm-verlag.at Christina Hörbiger christina.hoerbiger@ucm-verlag.at Lektorat Johannes Seymann, Ute Maria Hauber Übersetzung transmit-Deutschland Druck Laber Druck, Oberndorf Druckkoordination Manfred Reitenbach Bankverbindung Volksbank Salzburg 105 627, BLZ 45010



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